Vom Warengeld zum Bitcoin - Verfasst von: Reto Lötscher, CFA & Brian Mandt - LUKB

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Verfasst von: Reto Lötscher, CFA & Brian Mandt

1     Vom Warengeld zum Bitcoin

1.1 Wie entwickelte sich Geld?
 Das Sprichwort «Geld regiert die Welt» ist nur eines von vielen, das zeigt, welche Bedeutung Geld heute für Wirt-
 schaft und Gesellschaft hat. Dem war aber nicht immer so. Alte Kulturen pflegten oft die Tradition des Schenkens.
 Als die Gesellschaft immer grösser wurde, hat man vermehrt Warengeld (z.B. Muscheln oder Felle) verwendet, um
 den Handel zu erleichtern. Aber auch das war umständlich, was dazu führte, dass zur Vereinfachung des Handels
 Münzen geprägt wurden. Als der Warenhandel immer grössere Bedeutung fand, waren enorme Mengen an Mün-
 zen erforderlich, um die Handelsvolumen bewältigen zu können. Daher wurden Noten eingeführt, die ursprünglich
 mit Münzen oder Gold hinterlegt waren. Mit der Zeit änderte sich die Deckungspflicht und Noten wurden in immer
 geringerem Ausmass mit Realwerten hinterlegt.

 Heute sind Währungen nicht mehr mit Realwerten hinterlegt. Zudem wird das Bargeld immer stärker durch Buch-
 geld oder Giralgeld ersetzt bzw. komplementiert. Heute sind die Notenbanken für eine unabhängige Geld- und
 Währungspolitik verantwortlich. Da die Zentralbanken aber Giralgeld nicht durch Realwerte decken, spricht man
 heute auch von Fiatgeld. Fiatgeld ist somit das Gegenteil des Warengelds, das mit Realwerten hinterlegt war. Auch
 wenn es nicht mehr mit Realwerten hinterlegt ist, so erfüllt Fiatgeld die klassischen drei Funktionen von Geld: Zah-
 lung, Wertaufbewahrung und Recheneinheit.

1.2 Was ist Bitcoin?
 Anfang 2008 wurde das Konzept von Bitcoin von einer unbekannten Person oder Personengruppe unter dem Pseu-
 donym «Satoshi Nakamoto» veröffentlicht. Dieses legte den Grundstein zur Lancierung der Kryptowährung Bitcoin
 im Jahr 2009. Bitcoin ist im Umfeld der Finanzmarktkrise entstanden, als das Vertrauen der Menschen in die Stabi-
 lität der Zahlungssysteme, die Solidität der Geschäftsbanken und die Möglichkeiten der Zentralbanken deutlich ge-
 litten hatten. Bitcoin sollte also eine Alternative zu den bestehenden Zahlungssystemen darstellen. Bitcoin ist grund-
 sätzlich ein Zahlungssystem sowie eine Recheneinheit und basiert auf der sogenannten Distributed Ledger Techno-
 logie (dezentrale Datenbank, DLT) bzw. Blockchain-Technologie. Damit wurde eine von Staaten, Zentralbanken und
 Finanzinstituten unabhängige Währung geschaffen. Kein Staat und keine Zentralbank steht hinter Bitcoin und es ist
 auch durch keinen physischen Wert, wie zum Beispiel Gold, hinterlegt. Bitcoin ist eine virtuelle Währung, die im
 Internet von sogenannten «Minern» erzeugt und verifiziert wird. Alle jemals getätigten Transaktionen werden kryp-
 tographisch verschlüsselt und im Internet auf einer dezentralen Datenbank hinterlegt. Diese Datenbank ist wiederum
 auf der Blockchain-Technologie basiert und wird auf jeden Rechner verteilt. Aufgrund der kryptographischen Ver-
 schlüsselung des Instruments, wird es als Kryptowährung bezeichnet.

 Bitcoin wurde in den letzten beiden Jahren einem breiten Publikum bekannt, was den Kurs zwischenzeitlich auf na-
 hezu USD 20'000 hoch getrieben hat.

 Luzerner Kantonalbank AG, Finanzanalyse, Pilatusstrasse 12, 6003 Luzern
 Die in diesem Dokument verwendeten Informationen stammen aus Quellen, welche die Luzerner Kantonalbank als zuverlässig erachtet. Trotz sorgfältiger Bearbeitung übernimmt die LUKB keine
 Garantie für die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Veröffentlichung und der dargestellten Informationen. Die Publikation hat ausschliesslich informativen Charakter und ersetzt keinesfalls die
 persönliche Beratung durch unsere Kundenberater vor einem allfälligen Anlage- oder anderen Entscheid. Die Informationen können sich jederzeit und ohne vorherige Ankündigung ändern.

 Stand: 21.02.2018
Grafik 1: Bitcoin Kurs in USD per 19. Februar 2018
  20'000

  15'000

  10'000

    5'000

          0
           2014                           2015                          2016                           2017                           2018

                                                                                                             Quelle: Bloomberg

1.3 Was unterscheidet Bitcoin von Fiatwährungen?
 Bitcoin basiert auf zwei wesentlichen Grundsätzen, wodurch sich die Kryptowährung von Fiatwährungen unter-
 scheidet:

 a) Dezentralität
 Im Gegensatz zu Fiatwährungen (Schweizer Franken, Euro oder US-Dollar) wird Bitcoin nicht durch eine Zentral-
 bank geschaffen. Bitcoins entstehen indem sogenannte «Miner» Blöcke von Zahlungen verifizieren, indem sie hoch
 komplexe Rechenaufgaben lösen. Der erste, der jeweils einen Block mit Zahlungen verifiziert hat, wird dafür ent-
 schädigt und zwar mit Bitcoins und Transaktionskommissionen. Alle anderen «Miner» akzeptieren die Verifikation
 und die Lösung der mathematischen Aufgabe zur Verifikation eines weiteren Blocks beginnt wieder. Der jeweils ge-
 löste Block wird kryptographisch verschlüsselt der Blockchain hinzugefügt. Durch dieses Vorgehen wird rund alle
 zehn Minuten ein Block mit Zahlungen verifiziert.

 Die Verifizierung der Zahlungen verhindert das «double spending». Also die Gefahr, dass eine Geldeinheit doppelt
 ausgegeben wird. In den gängigen Zahlungssystemen kommt diese Aufgabe einer zentralen Institution (z.B. einer
 Bank) zu. Diese stellt sicher, dass Geld nicht doppelt ausgegeben wird, indem sie Zahlungen nur ausführt, wenn
 das Belastungskonto die nötige Deckung aufweist.

 Durch die Verifizierung von Transaktionen stellen die «Miner» sicher, dass ein Bitcoin erst ausgegeben werden
 kann, wenn dessen Eingang bestätigt wurde. Dadurch wir die Möglichkeit geschaffen, Zahlungen direkt von Käufer
 zu Verkäufer abzuwickeln, ohne eine vermittelnde Instanz (z.B. eine Bank) dazwischen zu schalten.

 b) Begrenzte Anzahl
 Wie oben beschrieben, werden die «Miner» für ihre Arbeit, also die Verifizierung von Blöcken, durch Bitcoins be-
 lohnt. Dafür erhalten sie zurzeit 12.5 Bitcoin. Etwa alle vier Jahre wird die Belohnung halbiert. Die gesamte Anzahl
 Bitcoins ist auf 21 Millionen beschränkt. Bislang wurden etwa 16.5 Millionen Einheiten geschürft, nach Schätzun-
 gen wird der letzte Bitcoin wohl im Jahr 2140 generiert.

 In einem traditionellen Währungssystem haben Zentralbanken grundsätzlich die Möglichkeit beliebig viel einer Fi-
 atwährung zu drucken. Diese Möglichkeit bzw. Gefahr ist bei Bitcoin ausgeschlossen.

1.4 Gibt es noch weitere Kryptowährungen?
 Bitcoin war die erste Kryptowährung. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von alternativen Kryptowährungen, soge-
 nannten «alt coins». Gemäss der umfassenden Übersichtsseite www.coinmarketcap.com gibt es am 19. Februar
 2018 mehr als 1'500 Kryptowährungen. Die grösste ist Bitcoin, die am selben Stichtag einen Marktwert von rund
 USD 185 Mrd. aufwies. Der Marktwert der über 1'500 Kryptowährungen auf www.coinmarketcap.com aufgeliste-
 ten «alt coins» hat am 19. Februar 2018 über USD 500 Mrd. betragen. Die grössten 20 Kryptowährungen sind

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 Stand: 21.02.2018
aber für mehr als 80 % der gesamten Marktkapitalisierung verantwortlich. Das zeigt, dass viele der kleineren
 «alt coins» praktisch keinen Wert haben und sich in der Bedeutungslosigkeit bewegen.

 Bitcoin ist grundsätzlich ein Zahlungssystem und eine Recheneinheit. Weitere Kryptowährungen verfügen über an-
 dere, zum Teil weiterentwickelte Eigenschaften, und können daher weiteren Zwecken dienen. So dient zum Beispiel
 Ethereum dem Ausführen von bedingten Verträgen (Smart Contracts) und die Geldeinheit Ether, die damit verbun-
 den ist, dient lediglich als Mittel zum Zweck. Das heisst, bedingte Verträge können zum Beispiel Zahlungen in Kryp-
 towährung (Ether) auslösen, wenn bestimmte vordefinierte Kriterien erfüllt sind.

2     Distributed Ledger Technologie

2.1 Was ist die Technologie hinter Kryptowährungen?
 Die Distributed Ledger Technologie (DLT) ist eigentlich eine dezentrale Datenbank bzw. ein dezentrales Journal, das
 aufzeichnet, wem ein bestimmtes Aktivum im Moment gehört. Das können eine Vielzahl von Aktiva sein: Währun-
 gen, Immobilien, Aktien usw. Bislang wurden solche Informationen in einer zentralen Datenbank bzw. einem zent-
 ralen Journal (z.B. Sparkonto für Währungen oder Grundbuchamt für Immobilien) gespeichert.

 Die bekannteste Anwendung der DLT ist die Blockchain. Sie ist die dem Bitcoin zugrundeliegende DLT. Alle Bitcoin
 Transaktionen sind auf der Blockchain erfasst und werden über diese abgewickelt. Damit kann jede Bitcoin-
 Transaktion auf der Blockchain nachvollzogen werden. Die Fälschung der Blockchain ist nahezu unmöglich, da ei-
 ne validierte Transaktion nicht mehr rückgängig gemacht werden kann.

2.2 Was sind mögliche Anwendungsgebiete von DLT?
 Das Anwendungsgebiet der DLT ist aber nicht auf Zahlungstransaktionen beschränkt. Es gibt viele weitere mögliche
 Anwendungen, wie zum Beispiel bedingte Verträge (Smart Contracts), Online-Wahlen oder -Abstimmungen, digita-
 le Grundbücher, Herkunftsbestimmung von Diamanten usw. Alle haben eine gemeinsame Eigenschaft: Die Daten
 sind dezentral auf der DLT gespeichert.

 Grundsätzlich gibt es öffentliche und geschlossene Anwendungen der DLT. Ein Beispiel für eine öffentliche DLT ist
 die Blockchain, auf der Bitcoin basiert. Jeder kann teilnehmen, mitmachen und zugreifen. Es gibt keine Aufsicht und
 es herrscht Anonymität der Nutzer. Es kann keinerlei Kontrolle über die Weiterentwicklung der Anwendung oder
 die Nutzer ausgeübt werden. In der geschlossenen DLT gibt es hingegen einen Betreiber der Technologie. Das
 kann eine Aufsichtsbehörde, eine Bank oder eine autonome Organisation sein. Der Kreis der Nutzer ist bekannt
 und der Zugang wird nur den berechtigten Nutzern gewährt. Ein Beispiel für eine geschlossene Anwendung könnte
 ein Wahlsystem sein, wo der Staat als zentraler Betreiber auftritt und nur den berechtigten Wählern, also einem
 bekannten Nutzerkreis, einen Zugriff auf das System ermöglicht.

3     Volkswirtschaftliche Implikationen

3.1 Werden Kryptowährungen die neuen Leitwährungen?
 Auf absehbare Zeit wird das nicht der Fall sein, denn neben den technischen Voraussetzungen, die im Moment
 noch nicht vorhanden sind, um die Menge an täglichen Transaktionen rasch abzuwickeln, fehlen andere wichtige
 Elemente. So zeigt die Geschichte des Geldes, dass es eine zentrale Autorität braucht, die den Wert einer Wäh-
 rung gewährleistet und Sicherheiten bietet. Die Rolle der zentralen Autorität übernehmen in den meisten Volkswirt-
 schaften die Zentralbanken. Hinter dem US-Dollar, der nach wie vor den Charakter der globalen Leitwährung hat,
 steht die mächtige amerikanische Notenbank, die Fed. Eine zentrale Autorität wurde aber in der Bitcoin und Block-
 chain Technologie bewusst ausgespart. Darüber hinaus bedarf es Regulierungen und Sicherheiten, um das Vertrau-
 en der Bevölkerung in den Wert von Bitcoin und anderen Kryptowährungen herzustellen. Zudem fehlt Bitcoin & Co
 noch eine wichtige Geldeigenschaft: Sie sind kein allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel. Auch die Eigenschaft des
 Wertaufbewahrungsmittels erfüllen Kryptowährungen nur unzureichend. Einerseits schwanken die Kurse erheblich.
 Andererseits hängt ihre Aufbewahrung von Software oder Hardware ab, die teilweise noch unsicher sind.

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 Stand: 21.02.2018
Grafik 2: Marktwert von Bitcoin im Vergleich zur Geldmenge (M1) in Mio. CHF
   10'000'000

     8'000'000

     6'000'000

     4'000'000

     2'000'000

                -
                               Eurozone                         USA                         Schweiz                        Bitcoin

                                                                                                             Quelle: Datastream

3.2 Was wäre wenn…?
 Was wäre wenn Bitcoin das einzige Zahlungsmittel in einer Volkswirtschaft wäre? Ein wichtiger Unterschied im
 Vergleich zum bestehenden Geld- und Bezahlungssystem ist, dass es bei Bitcoin keine zentrale Autorität gibt, die
 die Höhe der Geldmenge bestimmt. Bitcoin ist auf 21 Mio. Einheiten begrenzt. Aufgrund der Limitierung der Men-
 ge an Bitcoins besteht daher nur eine geringe Inflationsgefahr innerhalb des Bitcoin Systems. Der Nachteil ist aber,
 dass die Bitcoin-Menge nicht an die konjunkturelle Entwicklung eines Landes abgestimmt werden kann. So versucht
 eine Zentralbank die Geldmenge üblicherweise auf die jeweilige Konjunkturphase anzupassen. In Rezessionspha-
 sen wird sie die Geldmenge ausweiten, um die Konjunktur zu stimulieren. Die Entwicklung der letzten Jahre hat ge-
 zeigt, wie wichtig die Geldpolitik der Zentralbanken für Volkswirtschaften ist. Das beherzte Eingreifen der Zentral-
 banken nach der Finanzkrise von 2008/2009 hat die Konjunktur in vielen Industrieländern zweifelsohne gestützt
 und Schlimmeres verhindert. Doch das Manko, dass die Menge an Bitcoins nicht auf die Konjunktur angepasst
 wird, könnte behoben werden. So kann die Schöpfung der Kryptowährung nach einem Algorithmus erfolgen, der
 die Konjunkturentwicklung einer Volkswirtschaft berücksichtigt. Hierbei könnte es sich um einen intelligenten Algo-
 rithmus handeln, der aus vergangenen Konjunkturphasen lernt und sich damit stetig anpasst. Es würde sich also um
 einen dynamischen Algorithmus handeln.

3.3 Zentralbanken evaluieren Einsatz von eigenen Kryptowährungen
 Die Bitcoin & Co haben noch nicht das Potenzial die traditionellen Geldformen wie Bar- und Giralgeld zu verdrän-
 gen. Dennoch rücken die Kryptowährungen zunehmend in den Fokus von Zentralbanken. Manche Zentralbanken
 prüfen sogar, ob sie eine eigene Kryptowährung einführen sollten. Kryptowährungen von Zentralbanken bzw. digi-
 tales Zentralbankgeld würde dann als weitere Ausprägung des Zentralbankgeldes neben Bargeld, das Münzen
 und Noten umfasst, und Guthaben bei der Zentralbank, die im Wesentlichen Geschäftsbanken und staatlichen Stel-
 len vorbehalten sind, auftreten. Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) schlägt dabei vor, Geld an-
 hand von vier Merkmalen zu klassifizieren. Diese Merkmale sind: Emittent (Zentralbank oder anderer Emittent),
 Form (elektronisch oder physisch), Verfügbarkeit (generell oder eingeschränkt) und Art des Transfers (zentral oder
 dezentral). Somit können Kryptowährungen von Zentralbanken als elektronische Form von Zentralbankgeld defi-
 niert werden, bei der der Transfer dezentral erfolgt, also nicht über eine zentrale Stelle, sondern direkt zwischen
 dem Sender und dem Empfänger (Peer-to-Peer).

 Kryptowährungen für private Haushalte haben den Vorteil, dass das Peer-to-Peer-Element der neuen Technologie für
 eine ähnliche Anonymität von Zahlungen sorgen könnte, wie sie bei Bargeldtransaktionen existiert. Zudem wäre es
 eine wichtige Alternative zum elektronischen Geld, das durch private Geschäftsbanken und Kreditinstitute bereitge-
 stellt wird, aber keine Anonymität gewährleistet.

 Allerdinges könnte es zu Substitutionseffekten der verschiedenen Geldformen kommen. So könnten Nichtbanken
 ihre Sichtguthaben bei Banken in digitales Zentralbankgeld umwandeln. Wenn aber signifikante Teile der Sicht-
 guthaben der Nichtbanken in eine Blockchain verlagert würden und nicht mehr als praktisch unverzinsliche Refi-
 nanzierung den Kreditinstituten zur Verfügung stünden, dann könnte dies erhebliche Auswirkungen auf die Zins-

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 Stand: 21.02.2018
marge, das Ausmass der Kreditgewährung sowie die Geschäftsmodelle im Bankensystem und dessen Struktur ha-
 ben. Die Rolle der Banken als Intermediäre wäre beeinträchtigt und folglich wären sie weniger in der Lage, wichti-
 ge wirtschaftliche Funktionen wahrzunehmen, beispielsweise die Überwachung von Kreditnehmern.

3.4 Kryptowährung als Ergänzung zu aktuellen Währungen
 In Ländern, die nur über schwache institutionelle Finanzmarktrahmenbedingungen verfügen, eine unstabile Wäh-
 rung und hohe Inflationsraten haben, ist das Vertrauen in das Geld- und Zahlungssystem des Landes gering. Hier
 kann die Verwendung einer Kryptowährung, also der Rückgriff auf eine andere, externe Währung, eine sinnvolle
 Alternative sein und einen möglichen Schutz vor Inflation darstellen. Der wesentliche Vorteil liegt darin, dass Bitcoin
 und andere Kryptowährungen eine dezentrale Struktur aufweisen, die unabhängig von einer Regierung oder einer
 zentralen Autorität funktioniert. Es braucht keine intermediären Institutionen, wie Kreditinstitute, Geschäftsbanken
 und Zentralbanken. Die Zahlungen erfolgen wie beim Bargeld Peer-to-Peer. Darüber hinaus kann der Einsatz von
 Blockchains bzw. DLTs die Finanzinfrastruktur in solchen Ländern verbessern.

 Ein Beispiel für den Einsatz einer Kryptowährung ist Venezuela. Das südamerikanische Land hat 2017 eine Inflati-
 on von über 650 % gehabt. Für dieses Jahr erwartet der Internationale Währungsfonds eine Inflation von mehr als
 2'300 %. Anfang des Jahres veröffentlichte die Regierung Venezuelas Pläne, eine eigene Kryptowährung einzufüh-
 ren, die Petro heissen wird. Im Unterschied zu den meisten anderen Kryptowährungen soll der Petro mit den Ölre-
 serven Venezuelas abgedeckt werden. Allerdings handelt es sich dabei wohl eher um ein Zahlungsversprechen des
 Staates als um eine Unterlegung mit Ölreserven. So ist geplant, dass der Petro gegen einen Abschlag zum aktuel-
 len Ölpreis in die Landeswährung Bolivar eingetauscht werden kann. Die Höhe des Abschlags wird allerdings von
 der Regierung festgesetzt und kann damit der Willkür des Staates zum Opfer fallen. Darüber hinaus ist unklar, wo-
 für die eingenommenen Mittel aus dem Verkauf der Petros verwendet werden sollen. Zwar sollen 15 % der Mittel in
 die Entwicklung des Ökosystems gesteckt werden. 55 % fliessen allerdings in einen nicht näher spezifizierten
 Fonds. Inwiefern die venezolanische Bevölkerung davon profitieren wird bleibt ungewiss. Eines ist aber jetzt schon
 sicher: der Petro wird die Venezuelas Hyperinflation nicht bändigen können.

3.5 Der Fall Schwedens
 In Schweden hat der Gebrauch von Bargeld in den letzten Jahren deutlich abgenommen, während der Einsatz von
 Kartenzahlungen signifikant gestiegen ist. Der Anteil von Bargeldzahlungen im Einzelhandel sank zwischen 2010
 und 2016 von fast 40 % auf rund 15 %. Zweidrittel der schwedischen Konsumenten geben an, dass sie ohne Bar-
 geld auskommen können. Etwa die gleiche Anzahl von Konsumenten sagt, dass sie Kartenzahlungen bevorzugen.

 Aus Sicht der Zentralbank Schwedens kann es längerfristig zu Problemen aufgrund von unzureichender Effizienz
 und Belastbarkeit des Zahlungssystems kommen, wenn es kein Bargeld mehr geben sollte. Grund hierfür ist, dass
 die Finanzinfrastruktur, in der elektronische Zahlungen vermittelt werden, in wenigen Systemen mit wenigen Eigen-
 tümern konsolidiert wird. Die Konsolidierung ist bereits heute hoch und dürfte sich weiter verstärken. Zudem wird er
 Zugang der breiten Öffentlichkeit zu risikofreien Anlagen in Form von Zentralbankgeld wahrscheinlich fast voll-
 ständig eingestellt.

 Die Riksbank erwägt daher den Einsatz von digitalem Geld bzw. einer eigenen Kryptowährung, der sogenannten
 e-krona, komplementär zum Bargeld. Sie wäre ein staatlich garantiertes Zahlungsmittel ohne Kreditrisiko und wür-
 de der Allgemeinheit in digitaler Form zur Verfügung stehen. Sie wäre eine Ergänzung zu den derzeit im Privatsek-
 tor angebotenen elektronischen Zahlungsformen. Dies würde dem Wettbewerb und den Möglichkeiten auf dem
 Zahlungsverkehrsmarkt zugutekommen. Darüber hinaus könnte die e-krona, ähnlich wie Bargeld heute, ein alterna-
 tives Zahlungsmittel in Krisensituationen darstellen. Aus Sicht der schwedischen Notenbank hat die Einführung einer
 e-krona nur begrenzte Effekte auf die Geldpolitik.

3.6 Welche Risiken gehen von Bitcoin für eine Volkswirtschaft aus?
 Auch wenn Bitcoin und andere Kryptowährungen in aller Munde sind, so ist der Teilnehmerkreis global betrachtet
 im Vergleich zu den etablierten Währungen wie dem USD, CHF, EUR überschaubar. Auf der globalen Bühne der
 Geld- und Währungspolitik spielt Bitcoin daher noch keine Rolle. Kommt es zu einem Einbruch des Bitcoin Kurses,

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 Stand: 21.02.2018
dann werden davon in erster Linie die Halter von Bitcoin betroffen. Die Auswirkungen auf andere Bereiche der Re-
 alwirtschaft bleiben daher noch überschaubar. Nichtsdestotrotz kann es zu grösseren volkswirtschaftlichen Schäden
 kommen. Das ist dann der Fall, wenn sich beispielsweise Personen in hohem Ausmass verschulden, um Bitcoins zu
 erwerben. Wenn es in einem solchen Fall zum Preiseinbruch des Bitcoins kommt, wären nicht nur Bitcoin-Halter
 sondern auch Kreditgeber negativ betroffen. Negative Effekte können auch dadurch entstehen, wenn systemrele-
 vante Kreditinstitute oder Unternehmen nicht abgesicherte Positionen in signifikanter Höhe in Bitcoin halten. Durch
 einen deutlichen Rückgang des Bitcoin Kurses kann es also zu negativen Vermögenseffekten dieser Gruppen kom-
 men, die damit auch deren Konsum bzw. Investitionen negativ beeinträchtigen. Besonders kritisch darf in diesem
 Zusammenhang das Wachstum der Future-Kontrakte auf Bitcoin gesehen werden. Sie tragen dazu bei, dass die
 Verflechtung mit der Realwirtschaft grösser wird. Ein weiteres Risiko ist, dass Bitcoin und andere Kryptowährungen
 aufgrund ihrer Eigenschaften (Anonymität, nicht reguliert) zur Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder für krimi-
 nelle Transaktionen genutzt werden.

4     Kryptowährungen und DLT in der Zukunft

4.1 Chancen und Risiken von Bitcoin
 Bitcoin stösst an Grenzen. Im Code der digitalen Währung sind maximale Blockgrössen von 1 Megabyte vorgese-
 hen, das bedeutet, dass bis zu 7 Transaktionen pro Sekunde verifiziert werden können. Da die Nachfrage nach
 Bitcoin in den letzten beiden Jahren enorm zugenommen hat, reicht diese Kapazität längst nicht mehr aus. Die Ka-
 pazität wurde zu einem kostbaren Gut und dementsprechend wurden hohe Gebühren fällig, wenn man sicherstel-
 len wollte, dass eine Bitcoin Transaktion schnell in einem Block verifiziert wurde. Ansonsten drohten lange Warte-
 zeiten. Zum Vergleich: Visa kann über ihr elektronisches Zahlungssystem VisaNet pro Sekunde mehr als 65'000
 Transaktionen abwickeln. Transaktionen über Bitcoin sind somit zu langsam und zu teuer. Die Kryptowährung kann
 nicht mit traditionellen Zahlungsanbietern mithalten.

 Ziel von Bitcoin war es, Intermediäre auszuschalten und direkte Transaktionen zwischen Käufer und Verkäufer zu
 ermöglichen. Heute muss man aber sagen, dass vor allem neue unregulierte Intermediäre geschaffen wurden. So
 muss man Bitcoin an einem unregulierten Marktplatz kaufen, braucht ein Aufbewahrungsmedium «Wallet», das von
 einer nicht kontrollierten Instanz zur Verfügung gestellt wird, und ist auf die Verifizierung der Transaktion von ano-
 nymen «Minern» angewiesen. Zudem hat der normale Nutzer keinerlei Einfluss auf die weitere Entwicklung von Bit-
 coin.

4.2 Bitcoin als Anlageinstrument
 Die Transaktionskosten von Bitcoin sind aufgrund der fehlenden Block-Kapazitäten teuer. Es ist auch nicht gewähr-
 leistet, dass Bitcoins zum gewünschten Zeitpunkt verkauft werden können. Oft kommt es zu Ausfällen und tagelan-
 gen Verzögerungen bei den Handelsplattformen für Kryptowährungen. Angesichts der enormen täglichen Volatilität
 dient das Instrument nicht als Zahlungsmittel und nur bedingt als Wertaufbewahrungsmittel. Bitcoin-Transaktionen
 sind zwar weitgehend fälschungssicher, es kommt aber immer wieder zu Diebstahl von Bitcoins. Damit gingen
 schon Millionen US-Dollar an Wert verloren.

 Bitcoin kann als höchst riskantes Spekulationsobjekt betrachtet werden. Wir glauben nicht, dass sich Bitcoin mit
 den heutigen Eigenschaften langfristig durchsetzen wird. Ob sich andere heute bestehende Kryptowährungen lang-
 fristig etablieren werden ist schwierig zu sagen, da sich die Technologie im Wandel befindet.

4.3 Distributed Ledger Technology bzw. Blockchain Technologie
 Die Distributed Ledger Technology ist eine hoch interessante Entwicklung, die das Potenzial hat, Industrien (z.B. die
 Finanzindustrie), aber auch öffentliche Register (z.B. Grundbuch) oder das Vertrags-, Wahl- und Abstimmungswe-
 sen zu revolutionieren. DLT bietet Vorteile durch die gemeinsame Datenhaltung, die Abstimmungsprozesse bei
 komplexen arbeitsteiligen Wertschöpfungsketten erleichtern kann. Allerdings müsste sie die Identifizierbarkeit der
 Teilnehmer und die Vertraulichkeit der Transaktionen gegenüber Dritten gewährleisten. Beispielsweise wollen das
 Technologieunternehmen IBM und der dänische Logistikkonzern Moeller-Maersk im Rahmen eines Joint Ventures
 eine weltweite Handelsplattform auf Blockchain-Basis entwickeln. Moeller-Maersk erhofft sich mit der neuen Techno-

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logie, die Kosten für die schriftliche Dokumentation des Warenverkehrs zu senken und die Dokumentationsprozesse
zu vereinfachen.

Die geschlossene DLT dürfte wohl mehr Anwendung finden als die offene DLT, da sie eine bessere Kontrolle erlaubt
und somit besser vor Missbrauch geschützt ist. Die Entwicklung der Technologie steckt aber noch in den Kinder-
schuhen. Flächendeckende Anwendungen sind wohl eher mittelfristig realisierbar. Die Zukunft der Distributed Led-
ger Technologie lässt sich wohl mit Amaras Gesetz (ein amerikanischer Ingenieur) gut zusammenfassen:

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