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Vortrag „Integrierte Doppelstudiengänge - Annäherungen an ein Projekt: Deutsch-französische duale Studiengänge Ingenieurswissenschaften und digitale Technologien“ Dorothee Wassener ehemalige Leiterin des Büros des Bevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland für kulturelle Angelegenheiten im Rahmen des Vertrags über die deutsch-französische Zusammenarbeit
Annäherung 1 Im Januar 2015 wurde der damalige Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz, mit dem Amt des Bevollmächtigten der Bundesrepublik Deutschland für die kulturellen Angelegenheiten im Rahmen des Vertrages über die deutsch-französische Zusammenarbeit betraut; dieses Mandat wandert alle vier Jahre zu einem der 16 Ministerpräsident*innen mit dem Auftrag, die deutsch-französische Bildungskooperation zu koordinieren in den Handlungs- feldern der Kultusministerkonferenz (KMK) auf nationaler und regionaler Ebene: Allgemeinbildung, Berufliche Bildung, Partnersprache in einem mehrsprachigen Ökosystem, Mobilität; im Portfolio außerdem die Deutsch-Französische Hochschule und ARTE. Schwerpunkt des Bevollmächtigten Scholz und später des Bevollmächtigten Dr. Tschentscher war die Exzellenz der beruflichen Bildung sowie die Mobilität. Ich durfte für die vier Mandatsjahre das Büro II des Bevollmächtigten in der Hamburger Senatskanzlei leiten (mein Name ist Dorothee Wassener). Seit Januar 2019 ist der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet mit dem Mandat betraut. Annäherung 2 Die Deutsch-Französische Hochschule wurde 1997 anlässlich des deutsch-franzö- sischen Gipfels in Weimar gegründet. Ihre Aufgabe besteht hauptsächlich darin, deutsch-französische oder auch trilaterale Studiengänge zu initiieren, zu evaluieren und finanziell zu fördern. Diese decken diverse Fachrichtungen ab: Ingenieurwissen- schaften, Geistes- und Sozialwissenschaften, Naturwissenschaften, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Lehrerbildung. Die Programme für Studierende und Doktorandenwerden von einem Netzwerk aus über 190 Universitäten, Fachhoch- schulen und Grandes Écoles in mehr als 100 deutschen und französischen Städten angeboten. www.dfh-ufa.org Annäherung 3 In Gesprächen und Beratungen mit deutschen und französischen Partnern wurden pragmatische Formen der Begegnung und des voneinander Lernens entwickelt, die das Handlungsfeld der beruflichen Bildung in den Fokus nehmen; Netzwerke fanden zusammen und wurden geknüpft. Das Deutsch-Französische Jugendwerk, Pro Tandem, Kammern in Deutschland und Frankreich – hier vor allem die deutsch-französische Industrie- und Handelskammer (AHK) und das Bundesnetzwerk SchuleWirtschaft - sowie Unternehmen, die Deutsch-Französische Hochschule, Ministerien, deutsch- französische Expertenkommissionen und KMK-Gremien sowie die beiden Botschaften und Kulturinstitute sind hier zu nennen; viele sind Partner bei Projekten wie der deutsch-französischen Plattform Ecoles-Entreprises (www.ee-francoalle- mand.com) oder Marketing-Kampagnen für das Franco-Allemand. Annäherung 4 Deutsch-Französischer Ministerrat am 13. Juli 2017 in Paris: Erziehungsminister Jean-Michel Blanquer und Bevollmächtigter Olaf Scholz vereinbaren als ein konkretes und innovatives Projekt (neben anderen) Berufsbildungskooperationen von 20 fran- zösischen Campus des métiers et des qualifications (CMQ) mit deutschen Beruflichen Schulen im Handlungsfeld Klima / Energie / Nachhaltigkeit. 1
Annäherung 6 Im Oktober 2017 besuchte (ich als) die damalige Leiterin des Büros des Bevollmächtig- ten gemeinsam mit dem Inspecteur pour la mobilité dans l’enseignement technique et professionnel, Rémy Cortell, und der Leiterin der Abteilung Aus- und Fortbildung in der dt.-frz. Industrie- und Handelskammer (AHK) Paris, Margarete Riegler-Poyet, die Académie d’Amiens. Im Verlauf der Beratung beschrieb die damalige Rectrice Béatri- ce Cormier das Konzept der Exzellenzcluster Campus des Métiers et des Qualificati- ons (CMQ) in Frankreich: Schulen, Lycées, Unternehmen und Universitäten bilden ein branchenorientiertes Cluster von der Erstausbildung bis zur Promotion; die Rectrice nannte ausdrücklich die positive Wirkung von Mobilitätsphasen und Alternance / dua- ler Ausbildung für die berufliche Biografie der Schüler*innen und Studierenden und betonte den Wert dieses Formats von Exzellenz. Kurz danach besuchte der damalige Bevollmächtigte Olaf Scholz die Ministerin für Hochschulbildung, Forschung und In- novation, Frédérique Vidal. Die Ministerin beschrieb ihre Handlungsfelder und nannte dabei u.a. duale Ausbildung / Alternance. Beim anschließenden Besuch bei Bosch France beschrieb die Unternehmensleitung - Präsident Heiko Carrie, Vize-Präsident Harald Frank-Lerendu, Christoph Gramley, Abteilungsleiter Personalentwicklung und Human Ressources Service - die duale Aus- bildung als Praxisphasen im Unternehmen und Theorie- bzw. Reflexionsphasen in der Universität und äußerte sich sehr zufrieden hinsichtlich Qualität und Anschlussfähig- keit. Beim Kongress der DFH am 14./15.12.2017 in Saarbrücken griff ich diese Hinweise auf Exzellenzformate im dualen Studium in Frankreich auf und schlug vor, Exzellenz- konzepte in der Forschung, im dualen Studium und in der dualen Ausbildung (weiter-) zu entwickeln. Annäherung 5 Die damalige Rectrice der Académie de Dijon, Madame Frédérique Alexandre-Bailly (seit 2019 Directrice générale de l‘Office national d‘information sur les enseignements et les professions ONISEP, pour une période de trois ans) stellte 2018 das Projet acadé- mique 2018-2022 vor, das in einem umfassenden Beteiligungsprozess erarbeitet wur- de. Unter dem Motto Dijon académie apprenante – pour l’école de la confiance werden EXCELLENCES und RESPECT in das Zentrum gerückt. Hinzu kommen Bienveillance, Ega- lité, Accompagnement, Exigence, Différenciation, Autonomie. Exzellenzen - im Plural – ein heterogenes, differenziertes Konzept von Exzellenzen. Annäherung 7 Alternance und Duale Ausbildung / Duales Studium: In Arbeitsgruppensitzungen unter Leitung der DFH wird die Klärung von französischen und deutschen Konzepten von Alternance und Dualer Ausbildung / Studium angeregt: die Organisation von Leh- re und betrieblicher Praxis, die juristische, arbeitsrechtliche Konzeption, die Prü- fungsordnungen von Schulen, Hochschulen, Fachhochschulen, Universitäten und die gegenseitige Anerkennung sind zu prüfen. Die Frage ist zu klären, welche Rolle die Unternehmen bei der Konzeption dualer Studiengänge haben. In Deutschland sind sie Arbeitgeber, sie stellen dual Studierende ein mit allen arbeitsrechtlichen Konsequen- zen. Wie werden die Bedarfe der Unternehmen berücksichtigt? Wie ist die französi- sche Konzeption mit der deutschen zu verknüpfen? 2
Wie werden Curricula und Mobilität gestaltet, wenn der Ausbildungsort Betrieb in Deutschland und in Frankreich sein wird, wenn die wissenschaftliche Ausbildung in je einer deutschen und französischen Universität / Hochschule verortet ist? Wie kann nach einer erfolgreichen Pilotphase das Projekt zu einem Unternehmenskonsortium erweitert werden? Wie gehen interkulturelle Kompetenz und Mehrsprachigkeit in die Curricula ein? Wie wird der Rahmen Europa und Internationalisierung berücksichtigt? Aber auch: Von welchen dualen deutsch-französischen bzw. internationalen Studien- gängen lässt sich lernen, wie lassen sie sich weiterentwickeln, insbesondere für das Fachfeld der Ingenieurswissenschaften? Annäherung 8 Die DFH (Präsidium zu der Zeit David Capitant, Olivier Mentz, Generalsekretäre Jo- chen Hellmann, Marjorie Berthomier) nahm 2018 die Anregung des Büro II auf und bekräftigte das Vorhaben in einer Presseerklärung (16.7.2018), der damalige Bevoll- mächtigte und Erste Bürgermeister unterstützte das Vorhaben politisch. Es gelang, duale integrierte Studiengänge in den neuen Elysée-, jetzt Aachener Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration vom 22. Januar 2019 aufzunehmen. Annäherung 9 In Vorgesprächen und Arbeitsgruppensitzungen mit interessierten Unternehmen und Hochschulen, Ministerien, AHK Paris und Botschaften wurde das Handlungsfeld unter dem Vorsitz und der Koordination der DFH erkundet. Mit Airbus Deutschland (Matthias Havekost / Ausbildungsleiter Deutschland und Pierre-Hugues Batteux / Projektleiter) und der TU Hamburg (Prof. Frank Thielecke) konnte das Büro des Bevollmächtigten zwei Partner für ein Pilotprojekt Deutsch-französischer integrierter, internationaler dualer Masterstudiengang Engineering mit der DFH als Plattform zusammenführen. Eine französische Universität in Toulouse – voraussichtlich dortige INSA - und der Campus des métiers et qualifications Aéronautique et spatial Occitanie (in Blagnac) sind noch zu gewinnen. Dieses CMQ ist – nach Auskunft seines Directeur opérationnel François Vives im Juni 2019 im Rahmen der Versammlung der Mitgliedshochschulen der Deutsch- Französischen Hochschule in Hamburg (Impulsvortrag: „Duales Studium, Mobilität und Ausbildung in Europa: Welche Herausforderungen für die deutsch-französische Hochschulausbildung?“) bestrebt, sich um die Anerkennung des neuen Labels Campus d’excellence zu bewerben. Das Konzept CMQ hatte ich vorher skizziert. 3
Annäherung 10: Konkretisierung und Annäherung an den Stand der Dinge: Unter dem Dach der DFH als Netzwerk- und Fördereinrichtung sind integrierte bi- und trilaterale Studiengänge mit dem Ziel eines doppelten/dreifachen Hochschulab- schlusses das etablierte Format. Der Begriff „integriert“ bezeichnet hierbei eine aus- gewogene Bilateralität der Ausbildung, die sowohl fachliche als auch interkulturelle Kompetenzen umfasst. Das Format eines deutsch-französischen / internationalen in- tegrierten dualen Studiengangs kombiniert den binationalen Ansatz mit dem Wechsel zwischen Betrieb und Hochschule. Die DFH bietet bereits die Plattform für einen dualen Doppelstudiengang ING / Mechatronik, Informatik der INSA Strasbourg und der DHBW Karlsruhe sowie einige wenige duale Studiengänge im Bereich Management. Eine erste Projektskizze mit Jochen Hellmann im Januar 2018 im damaligen Büro II; die DFH richtet eine Arbeitsgruppe ein; Kontakte mit Unternehmen werden direkt (Airbus – damaliges Büro II) oder in Vermittlung der deutsch-französischen Industrie- und Handelskammer (AHK Paris) angebahnt; Kontakte mit Hochschulen / Universitäten, CMQ und Ministerien bzw. Botschaften werden angebahnt und auf Einladung der DFH in Sitzungen der AG für den Prozess der Entwicklung erster Pilotprojekte genutzt. Die politische Unterstützung wird in gemeinsamer Arbeit eingeholt und ist im Aachener Vertrag vom 22. Januar 2019 dokumentiert. Erste Pilotvorhaben stehen, getragen von Unternehmen, Universitäten / Hochschulen und unter dem Dach der DFH dank der Begleitung des gesamten Präsidiums kurz vor der Realisierung. Das Prinzip: Eine Technische Universität / Hochschule in Deutschland und eine Universität / Grande École in Frankreich beschließen, gemeinsam - einen deutsch-französischen Bachelor-Studiengang nach dualem Konzept in Computertechnik - einen dualen d-f Masterstudiengang für Engineering zu entwickeln. Die Hochschultandems legen jeweils zusammen mit den Unternehmen, in denen ihre Studierenden die Praxisphasen in Deutschland und Frankreich absolvie- ren, einen Zeitplan sowie die Ausbildungsmodalitäten fest. Sodann wählen sie gemein- sam den Ausbildungsbetrieben beider Länder diejenigen Studierenden aus, die ihre duale, d.h. wissenschaftliche wie auch praktische Ausbildung in beiden Ländern verbringen wer- den. Die Studierenden erhalten in ihrem Heimatland einen Ausbildungsvertrag. Die DFH fördert die Konzipierung von Ausbildungsprojekten durch die Hochschulen und zahlt über die jeweilige Hochschule eine Mobilitätsbeihilfe. Szenarien: 4
- ein d-f Unternehmen hält Ausschau nach Absolventen eine d-f Studiengangs in Ingenieurswissenschaften oder aus dem Bereich digitale Technologien. Das Unternehmen bietet bereits gemeinsam mit einer deutschen oder französischen Hochschule eine duale Ausbildung an oder strebt eine solche Kooperation an. - Eine deutsche oder französische Hochschule kooperiert mit einer Hochschule jenseits des Rheins, mit der sie d-f Studiengänge Ing-Wiss. / digitale Technol. durch- führen könnte. Sie bietet gemeinsam mit einem d oder f Unternehmen, das eine Niederlassung im Partnerland hat, bereits eine duale Ausbildung an. - Das Konzept spricht Sie an, birgt aber derzeit zu viele Unwägbarkeiten. Die DFH - unterstützt beim Aufbau eines strukturierten dualen deutsch-französischen Studiengangs - stellt den Kontakt zwischen Hochschulen und Unternehmen her - Stand November 2019 möchte die DFH in Kürze eine Ausschreibung zum Thema Duale Hochschulbildung für eine Testphase veröffentlichen. Im Vorfeld sind juristische, sprachliche und interkulturelle Fragestellungen zu klären: - Dauer des Studiums – vertragliche Ausbildungszeit - Flexibilität - Status der Studierenden / Arbeitsrecht / Anwendung grenzüberschreitender Vertrag für alle Regionen - Finanzierung - Rhythmus Universität – Betrieb - Curriculum: Sprachen und interkulturelle Kompetenz Weitere Schritte: Ausbau der Beziehungen zu Ministerien und Regionen, zu Wirtschaftspartnern, auch mit Hilfe der AHK, Ausbau der Plateforme Écoles Entreprises um das Suchfeld dua- les Studium, Nutzung des INSA-Netzwerks und weiterer Universitätspartnerschaften, Ausbau der Kommunikation. - Beispiel INSA Strasbourg – Offenburg – Karlsruhe: dualer Studiengang Mechatronik, Koop.-Abkommen (Bachelor und Master) geplant o Curricula akkreditieren lassen o Unternehmen zur Beratung hinzuziehen o Credit-Transfer (im Rahmen des Bologna-Prozesses) - Vertragsgestaltung: einen Teil des dualen Studiums international verbringen - Entsenderichtlinie (EU-Vorschrift A1): Präzedenzfälle schaffen - AHK: organisiert Tagung zu dualem Studium, bindet DUAL in neue Version der Plate- forme EE ein - Kommunikation: Hochschulen / Unternehmen / Studierende von dualen Studiengän- gen überzeugen - Formate entwickeln, ggf. Blended learning nutzen - Evaluation - Mehrere französische Hochschulen suchen deutsche Partnerhochschule füpr dualen Studiengang 5
Hinweis: Versammlung der DFH / Hochschulen 2020 in Bordeaux. Der neue Bevollmächtigte, Ministerpräsident Armin Laschet / NRW und sein Büro ha- ben den Stab übernommen. Ein großer Dank an die DFH, Marjorie Berthomier, und Olivier Mentz und Carole Reimeringer für die großartige Unterstützung bei der Pro- jektentwicklung, ebenso an die Unternehmen und Universitäten und Kammern, Minis- terien und Botschaften, die ihre Kompetenz und ihre Bedarfe in das Vorhaben einbrin- gen. 6
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