WÄRMEORGANISATION UND FIEBER

 
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WÄRMEORGANISATION UND FIEBER
Penter R.: Wärmeorganisation und Fieber.
In: Jungmedizinergruppe am Goetheanum, „Durch der Natur Examen“, Reihe „Persephone - Anregungen zum Studium der
anthroposophischen Medizin“, Verlag am Goetheanum, Dornach 1998

                         WÄRMEORGANISATION UND FIEBER
                                               REINER PENTER

   Im 1. Vortrag des sog. „Jungmedizinerkurses“ spricht Rudolf Steiner von dem
„Wärme-Menschen“, dem „vierten Menschen“ neben dem physischen, dem flüssigen
und dem luftförmigen Menschen.1 Während er die letzteren zum physischen Leib,
ätherischen Leib und astralischen Leib bezieht, weist er den Wärmeorganismus der
Ich-Organisation zu. Nach Steiner zeigt sich die Wärme als organismischer Zusam-
menhang dadurch, dass sie sich im Gesamtorganismus sehr differenziert gestaltet
äußert, d.h. dass „die Wärmegrade ... überall verschieden“ sind.
   Die folgenden Ausführungen suchen sich in einer ersten Form diesem differenzier-
ten Wärmeorganismus zu nähern. Im Sinne eines von R. Steiner geforderten „Zu-
sammenschauenkönnens von Wärme“ mit einem sich neu zu erwerbenden „inneren
Natursinn“2, könnte das mit auf J. W. von Goethe fußender Methode (sog. ‚goethe-
anistische Methode’3) Entdeckte eine Grundlage sein, die von R. Steiner erwähnte
noch genauere Differenzierung der Wärmeorganisation intensiver zu untersuchen
und zu verstehen.

Die Wärmeorganisation
  Überschaut man zuerst die Körperwärme als ein Ganzes, so fällt auf, dass sie ei-
ne große Variabilität zeigt. Je nach Umgebungswärme fällt die Temperaturmessung
an den verschiedensten Stellen des Organismus anders aus.4

Abb.1: Wärmefeld des menschlichen Organismus in einer Umgebung von 20°C (A) und 35°C (B)
Penter R.: Wärmeorganisation und Fieber.
In: Jungmedizinergruppe am Goetheanum, „Durch der Natur Examen“, Reihe „Persephone - Anregungen zum Studium der
anthroposophischen Medizin“, Verlag am Goetheanum, Dornach 1998

   Der Organismus geht in seinem Wärmeverhalten differenziert auf die Wärme- und
Kälteeinflüsse von außen ein. Dabei zeigt sich ein Bereich, der weitgehend unab-
hängig ist von den Außeneinflüssen und relativ konstant bleibt und dem die Innen-
räume des Rumpfes (Brust und Bauch) und des Kopfes angehören. Wie aus der
Abb.1 ersichtlich wird, zeigt bei einer Umgebungstemperatur von 35°C, die also nahe
ist der menschlichen Körperkerntemperatur, dass sich die Wärme sehr gleichmäßig
über den gesamten Organismus verteilt. Die Wärmeverteilung erweist sich dabei
sehr homogen verbreitet, und es ist nur an der Peripherie des Organismus eine ge-
wisse leichte Differenzierung bemerkbar. Bei einer Umgebungstemperatur von 20°C
ergeben sich nun die unterschiedlichsten Temperaturzonen. Der Rumpf-/Kopfbereich
behält die Wärmeverteilung wie bei 35°C Umgebungstemperatur bei – je weiter man
aber die Wärme vom Rumpf zu den Gliedmaßen und deren äußerster Peripherie als
Hände und Füße verfolgt, um so geringer wird die Temperatur.
   So lassen sich in einer ersten Differenzierung zwei sehr verschiedene Tempera-
turbereiche des Menschen feststellen: Erstens der Kernbereich des Menschen mit
dem Inneren des Rumpfes und Kopfes und der damit existierenden Kerntemperatur
als relativ konstant auf eine bestimmten Höhe sich haltend, und zweitens die Peri-
pherie des Menschen, insbesondere als Gliedmaßenbereich (Arme und Beine) und
den äußeren Schichten des Thorax mit einer sehr variablen, auf Umwelteinflüsse
reagierenden Temperatur. Das Äußere des Kopfes zeigt aber im Vergleich zu den
Gliedmaßen eine polare Geste, da dort im Zuge einer starken Wärmeabgabe die
Temperatur annähernd hoch ist wie im Kernbereich des Menschen. Die Stirn als Ort
der stärksten Wärmeabgabe zeigt dabei bekanntermaßen auch einen ähnlichen
Temperaturverlauf wie die Kerntemperatur.
    Es liegen nun einige Untersuchungen über die Kerntemperatur im Tagesverlauf
vor: Der Tagesgang der Körpertemperatur in Abb. 2+35 zeigt folgende Charakteristi-
ka: Es besteht eine Gesamttagesschwankungsbreite von ungefähr 0,7°C (bei den
einzelnen Menschen kann die Schwankungsbreite bei ca. 0,5 bis 1,0 °C liegen). Um
ca. 3 Uhr in der Nacht besteht die tiefste Kerntemperatur (etwa 36,2-36,6°C). In der
Folgezeit steigt die Kerntemperatur langsam an und hat ihren ersten Höhepunkt um
die Mittagszeit. Nach einem leichten Abfall steigt sie erneut an und erreicht ihr Maxi-
mum am Abend um ca. 18-19 Uhr mit etwa 36,9-37,2°C (der Zeitpunkt der höchsten
Kerntemperatur variiert individuell etwa zwischen 17 und 20 Uhr und ist konstitu-
tionsabhängig6). Anschließend fällt sie wieder ab – aber schneller als sie angestiegen
ist – und erreicht ihren Tiefstpunkt wieder um 3 Uhr in der Nacht.
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In: Jungmedizinergruppe am Goetheanum, „Durch der Natur Examen“, Reihe „Persephone - Anregungen zum Studium der
anthroposophischen Medizin“, Verlag am Goetheanum, Dornach 1998

Abb. 2: Tagesgang der Körpertemperatur (Rektaltemperatur). Die untere Kurve ist in der ersten Hälfte
(präovulatorisch), die obere Kurve in der zweiten Hälfte (postovulatorisch) des Menstruationszyklus
aufgenommen worden (Mittelwerte von 8 Probandinnen). (Modifiziert nach Schmidt/Thews, 1985)

Abb. 3: Mittlerer Tagesgang der Rektaltemperatur von 17 Versuchspersonen sowie der Hauttempera-
tur an Stirn, Hand und Fuß (linke Körperseite) von 10 Versuchspersonen. Die Klammern bezeichnen
den Bereich des mittleren Fehlers des Mittelwertes. Bei den Hauttemperaturen ist die unterlegte Kurve
das Ergebnis einer einmaligen Glättung durch übergreifende Dreiermittelung.
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   Die periphere Körpertemperatur (in Ruhe) zeigt dagegen eine andere Tagesperio-
dik. In Abb. 37 sind neben der Rektal- und Stirntemperatur die Tagesverläufe der
Hauttemperaturen von Hand und Fuß von Versuchspersonen dargestellt, die wäh-
rend des gesamten Untersuchungszeitraumes in der Klimakammer unter konstanten
Bedingungen lagen und wie zur Nacht bekleidet waren, wobei Hände und Füße zu-
sätzlich in Wattetaschen gehüllt waren. Die Werte für die Temperaturen an Hand und
Fuß steigen ab 15 Uhr deutlich an und bleiben bis ca. 2-3 Uhr auf einem hohen Ni-
veau. Der anschließende Temperaturabfall erfolgt im Vergleich zum Anstieg am
Nachmittag relativ langsam und erreicht die tiefsten Temperaturen in der Mittagszeit.
   Diese Charakteristik trifft sich nun näherungsweise mit den allgemeinen Tenden-
zen der peripheren Wärme im normalen Alltagsleben, wobei natürlich bei stärkerer
körperlicher Anstrengung die allgemeine Tendenz aufgrund der entstehenden Bewe-
gungswärme verwischt werden kann. Aufgrund von Befragungen und Beobachtun-
gen an anderen Menschen und am eigenen Organismus stellte sich heraus, dass
allgemein morgens eine stärkere Neigung zu kühleren Extremitäten besteht – beson-
ders zu kühleren Händen und Füßen. Gegen Mittag, besonders nach dem Mittages-
sen, wird die ‚Peripherie’ wärmer, kann danach wieder etwas abkühlen und ist ten-
denziell gegen Abend sehr warm. In der Nacht nähert sich der periphere Wärmezu-
stand der Wärme des Körperkerns an.
   Die Beziehung von Kern- und Peripheriewärme lässt sich nun in ein folgendes Bild
bringen:

Abb. 4: Kerntemperatur und peripheres Wärmeverhalten

  Eine erste Zusammenschau von Kernwärme und Peripheriewärme ergibt, dass
der Mensch in der Nacht ein (relativ) kühles ‚Zentrum’, aber eine warme ‚Peripherie’
hat. Tags dagegen ergibt sich ein umgekehrtes Bild: Da ist der Kern - allgemein ge-
sehen - wärmer, aber die Peripherie kühl.
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In: Jungmedizinergruppe am Goetheanum, „Durch der Natur Examen“, Reihe „Persephone - Anregungen zum Studium der
anthroposophischen Medizin“, Verlag am Goetheanum, Dornach 1998

  Das Tagesverhalten der Wärme ist aber viel differenzierter. Während morgens die
Wärme des Zentrums noch relativ niedrig ist – aber im Verlauf sich langsam stei-
gernd – ist die Peripherie die kühlste des gesamten Tages. Am Nachmittag und A-
bend zeigt sich dann die höchste Kernwärme und die wärmste Peripherie des Tages.
   Bei der Betrachtung der Wärmeverhältnisse von Tag und Nacht fällt eine Kon-
gruenz mit dem menschlichen Bewusstsein auf. Um hierzu genaue Differenzierungen
auszuarbeiten, müssen innerseelische, u.a. an sich selbst gemachte Beobachtungen,
hinzugenommen werden. Zu den äußeren Beobachtungen nehmen wir also ein an-
deres Erfahrungsfeld (das der inneren Beobachtung) hinzu und betrachten die Be-
ziehungen der beiden. Bei der inneren Beobachtung können die Beobachtungen oft
nicht unmittelbar und gegenwärtig gemacht werden, sondern lediglich aus der Retro-
spektive. Weil diese Seelenvorgänge aber selber vollzogen wurden, sind sie später
auch erinnerbar und beschreibbar. Das Beschreiben dieser Vorgänge erweist sich
außerdem als schwierig, da man Begriffe aus dem Umgang mit der äußeren, gegen-
ständlichen Welt gebrauchen muss. Die Begriffe sind demzufolge nur hindeutend auf
das jeweilige Erlebnis zu verstehen.
   Der auffälligste Zusammenhang zwischen der Körperwärme und dem Bewusst-
sein zeigt der Tag-/Nacht-Vergleich. Tendenziell gesprochen bestehen am Tag mit
dem Wachbewusstsein des Menschen eine hohe Kern- und eine niedrige periphere
Wärme. Umgekehrt dagegen in der Nacht. Während des Schlafes zeigen sich ein
niedriger Kern- und ein hoher peripherer Wärmezustand.
   Es deutet sich damit eine besondere Beziehung der Wärme zu dem Seelisch-
Geistigen des Menschen an, wie es sich in unterschiedlicher Weise zu den leiblichen
Gegebenheiten verhält. Bei der Betrachtung der verschiedenen Wärmezustände ist
schon auf die unterschiedliche Wärmebewegung des Organismus während des
Wachzustandes hingewiesen worden. Nimmt man den morgendlichen Zustand mit
der ansteigenden Kernwärme und der Neigung zur kühlen Peripherie, so zeigt sich
im Seelischen eine Art von verstärkter ‚antipathischer Geste’ zur Umgebung, eine
innere empfindungsmäßige Distanz zu den äußeren Gegebenheiten. ‚Schlechte Lau-
nen’ zeigen sich öfter, bekannt ist auch der ‚Morgenmuffel’. Der Mensch neigt mehr
zum isolierten, mehr ‚Für-Sich-Arbeiten’. Von der geistigen Qualität her gesehen ist
man aber sehr wach und konzentriert, vom Erlebnis her besteht eine Verstärkung
des punktuellen Bewusstseins. Die durch das seelische Erleben hindurchscheinende
Qualität kann man ein ‘punktuelles, vom Umgebenden eher distanziertes ‚Ich-
Bewusstsein’ nennen.
    Abends zeigt sich demgegenüber ein ganz anderes seelisch-geistiges Erleben.
Seelisch gesehen könnte man von verstärkter ‚sympathischer Geste’ sprechen, man
ist ‚offener’ als morgens für die Umgebung. Man denke z. B. an Partys und an Knei-
penbesuche am Abend, oder auch an die Gesprächsbereitschaft und Redseligkeit
der Patienten auf den Krankenstationen (besonders gegenüber den Pflegenden).
Während morgens mit den dazubeschriebenen Wärmeprozessen eine Form von ver-
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stärkter ‚Wachheit für sich’ einhergeht, die vom Erleben her eine gewisse ‚Enge’
zeigt, kann man nachmittags/abends von einem ‚entspannten Wachen’8 sprechen.
Die morgens erlebte ‚Enge’ wird zur ‚Weite’, und die Wachheit für sich selbst dämpft
sich ab. Einher geht die schon beschriebene ‚Öffnung zur Außenwelt’. Eine Situation,
bei der man die letztgenannten Qualitäten erleben und an die man sich erinnern
kann, ist ein lauer Sommerabend, den man draußen sitzend und redend mit Freun-
den verbracht hat. Die Seele ist ‚weit’ und entspannt-wach, und man fühlt sich leib-
lich-seelisch sehr warm.
   Zusammengefasst zeigen sich Wärmeprozesse und seelisch-geistige Prozesse
kongruent verhaltend. Mit morgendlicher Kernwärme und kühleren peripheren Zu-
ständen ist das Ich-Bewusstsein oder Ich-Erleben tendenziell wie ‚zusammenge-
schnürt’, der Mensch ‚stößt wie an sich selbst’ stärker an und das Wachheitserlebnis
ist ein überwaches. Dabei erlebt man sich mehr distanziert von der Außenwelt als
sonst am Tag in einem eher antipathischen Gestus. Mit steigender Wärme im weite-
ren Verlauf kommt der erste Kernwärmehöhepunkt mit wärmerer Peripherie um die
Mittagszeit – mit anschließendem leichten Kerntemperaturrückgang während der
sog. ‚Mittagssenke’. Am Nachmittag und gegen Abend steigt die Kernwärme weiter
an, bis sie gegen 18-19 Uhr ihre größte Quantität erreicht hat. Auch die periphere
Wärme nimmt ebenfalls weiter zu – und einhergehend mit diesen Wärmeverhältnis-
sen geht das entspannte, geweitete Bewusstsein des Menschen, das sich wie in ei-
ner Sympathiegeste über die Gegenstände der Außenwelt erstreckt. Gegen Ende
des Tages fällt die Kerntemperatur ab - der Mensch wird müde. Müde heißt, dass die
Konzentrationsfähigkeit abnimmt, der Bewusstseinszustand dumpfer wird, ins ‚Träu-
merische’ hinübergeht. Im Schlaf zeigt sich nun der vollständige Abfall der Kernwär-
me mit einhergehender wärmster Peripherie des gesamten Tages, die fast Kernwär-
mequantität erreicht. Dabei sind Wach- und Ich-Bewusstsein des Menschen in der
Nacht ausgelöscht.
   Es lässt sich einiges an dem oben Beschriebenen noch deutlicher fassen, wenn
man leiblich-seelische Veränderungen berücksichtigt, die durch Einnahme von Sub-
stanzen herrühren. Beim Kaffeegenuss z. B. wird eine erhöhte Wachheit hervorgeru-
fen, die zu einer verstärkten Konzentration und logischen Denktätigkeit führt. Dabei
neigt die Peripherie der Gliedmaßen des Menschen aber zur Kühle. Wird sogar zu-
viel Kaffee genossen, können seelische ‚Engezustände’ entstehen, die Angstgefüh-
len ähnlich sind. Herzklopfen, das normalerweise nicht bewusst wahrgenommen
wird, kann plötzlich empfunden werden. Dabei spielt der Zeitpunkt der Kaffeeein-
nahme natürlich auch eine Rolle. Kaffee z. B direkt im Anschluss an das Mittagessen
eingenommen, kann auch zu verstärkter Müdigkeit führen. Konstitutionelle Unter-
schiede spielen bei der Kaffeewirkung ebenfalls eine große Rolle. Mehr in Richtung
leptosomal dominierte Menschen neigen dazu, empfindlicher auf Kaffee zu reagieren
als pyknisch dominierte. Auch Nikotin führt tendenziell zu kühler Peripherie und er-
höhter Wachheit.
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     Überdies lassen sich Morgen- und Abendprozesse noch in anderen Extremen vor-
stellen. Man denke an ‚eiskalte’ Hände und Füße mit Frösteln, z. B. im Winter beim
langen Verweilen draußen. Hierbei entsteht ein Körperbewusstsein, dass sich wie ein
‚Anstoßen an den eigenen Körper’ ausnimmt – die Konzentration auf äußere Dinge
fällt dabei sehr schwer. Das seelische Leben und Erleben zeigt sich gleichzeitig noch
beengter bis hin zu wirklichem Unwohlsein.
     Auf der anderen Seite denke man an ein heißes Bad oder Erlebnisse an heißen
Sommertagen oder in der Sauna. Die Körperperipherie ist überwarm, der Körperkern
wärmemäßig erhöht. Im Extrem entsteht auch ein Körperbewusstsein, was aber nicht
mit einem ‚anstoßenden’ oder ‚beengenden’ Seelenerlebnis einhergeht, sondern im
Gegenteil sich wie ein ‚Zerfließen in die Peripherie’ ausnimmt. Der Mensch ist dabei
‚flirrend’ wach, doch ist er nicht oder schwer in der Lage, sich auf etwas zu konzent-
rieren.

   Wenn nun nach Rudolf Steiner die Wärmeorganisation Grundlage für die Ich-
Organisation ist, die Ich-Organisation in der Wärme lebt9, so zeigt sich in dem darge-
stellten Wärmeverhalten des menschlichen Organismus ein Ausdruck für das Verhal-
ten, die Eigenschaften der Ich-Organisation. Am Tag ist der Mensch wach und sich
seiner selbst bewusst. Charakteristisch sind die ansteigende und hohe Kernwärme
und der vergleichsweise kühle periphere Zustand. Dies ist Ausdruck für die Anwe-
senheit und das leibliche Wirken der Ich-Organisation. In der Nacht dagegen, wenn
der Mensch schläft – also kein Wach- und Selbstbewusstsein hat – ist die Kernwär-
me auf dem niedrigsten Niveau; die periphere Wärme ist dagegen sehr hoch und
erreicht fast den Grad des Kerns. Dies ist ein Ausdruck für die (graduelle) Lösung der
Ich-Organisation.
   Dass das Wirken der Ich-Organisation in der Wärme kein statisches ist, zeigt sich
in der permanenten Veränderung der Wärmeorganisation und deren Ausdruck im
Temperaturverlauf. Die Kernwärme erhöht sich kontinuierlich am Tage (wobei am
Mittag sich eine leichte Senkung zeigt) und vermindert sich ab 18 bis 20 Uhr kontinu-
ierlich. Das heißt, die Ich-Organisation ist nicht nur im Leib tätig oder nicht tätig, son-
dern das jeweilige Tätigsein umfasst ein in verschiedenem Grade Agieren. Da die
Wärmeverhältnisse (zentral und peripher) gegen Nachmittag und Abend sich verstär-
ken, darf man hier von einem immer stärkeren Eintauchen und Sich-Verbinden der
Ich-Organisation mit dem Leib sprechen. Genauso gut ist das Lösen der Ich-
Organisation vom Leib kein auf einen Moment beschränkter Vorgang, sondern zieht
sich über einen längeren Zeitraum hin, was sich am kontinuierlichen Abfall der Kern-
temperatur in der Nacht zeigt.
  Dieses prozessuale Geschehen lässt sich jetzt noch genauer Betrachten: Um ca.
3 Uhr in der Nacht besteht die niedrigste Kernwärme des Menschen mit der sehr ho-
hen peripheren Wärme. Im weiteren Verlauf nimmt die Kernwärme zu bei gleichblei-
bender peripherer Wärme. Im Zuge dieses Ansteigens wacht der Mensch auf. Die
schon im Schlaf ansteigende Wärme scheint eine Voraussetzung für das Erwachen
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des Menschen sein. In diesem erwachten Zustand ist der Mensch in der Peripherie
normalerweise noch warm. Bewusstseinsmäßig ist der Mensch aber noch nicht voll-
ständig präsent – man kann diese Zeit auch das ‚Erwachen’ nennen. Nach einer ge-
wissen Zeit – am deutlichsten nach dem Frühstück – wird die Peripherie nun kühler
und das Bewusstsein bekommt diese konzentrierte, punktuelle und den äußeren
Dingen gegenüber distanzierte Färbung. Gegen Mittag ist – von der Kernwärme her
gesehen – ein erster Höhepunkt vorhanden. Hier – subjektiv aber besonders deutlich
nach dem Mittagessen – tritt anschließend eine Ermüdung als Ausdruck der Mittags-
senke ein, bei der u. a. die Kerntemperatur, die Atemfrequenz, die Herzfrequenz, die
Vitalkapazität und der elektrische Hautwiderstand10 abfallen. Das ist die Zeit der Mit-
tagsruhe oder des Mittagsschlafs. Danach steigt die Kernwärme wieder an. Die Erfri-
schung und die verbesserte Konzentrationsfähigkeit äußern sich anschließend oft
durch eine leicht verminderte periphere Wärme. Insgesamt zeigt sich die Bewusst-
seinssituation aber verändert. Sie hat nicht mehr diesen dominant punktuellen, dis-
tanzierenden Charakter wie am Morgen, und man fühlt sich seelisch allgemein auch
nicht mehr so ‚beengt’. Es zeigt sich seelisch-geistig eine ‚leichtere Situation’ – man
fühlt sich bewusstseinsmäßig ‚weiter’. Die Mittagszeit erweist sich somit als ein Um-
schwungspunkt in der allgemeinen Tagessituation.
   Am Abend ist schließlich die Kernwärme am stärksten ausgeprägt und die Peri-
pherie des Menschen normalerweise sehr warm. Bewusstseinsmäßig ist der Mensch
wach, ‚geweitet’ - aber nicht mehr so wach für Einzelheiten, für das Punktuelle, son-
dern mehr eine Art Gesamtwahrnehmung vorherrscht. Der Mensch ist wacher für
Zusammenhänge (‚Ganzheiten’). So kann auch zu dieser Zeit intensiver der Kunst-
genuss Erfüllung finden - abends geht man z.B. in der Regel ins Konzert, ins Kino
etc.
    Nach 20 Uhr die Kernwärme wieder langsam ab. Gegen 22-23 Uhr (je nach Kon-
stitution) tritt dann die Ermüdung auf. Einher geht damit oft ein Frösteln – bei aber
warmer Peripherie. Nach dem Einschlafen sinkt die Kernwärme in Relation zur ablau-
fenden Zeit sehr schnell und ist gegen 3 Uhr an ihrem Tiefstpunkt angelangt, wäh-
rend die periphere Wärme ihre höchste Intensität erreicht.
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Das Dargestellte lässt sich folgendermaßen in ein Gesamtbild fassen:

Abb.5: Wärmevorgänge im Zusammenhang mit dem Schlafen und dem Wachen

   Es zeigen sich nun hierbei polare Prozesse. Um eine Achse ‚Nacht’ und ‚Mittag’
gruppiert sich gegensätzlich Orientiertes. Steigende und fallende Kernwärme stehen
sich in der Nacht polar gegenüber, wie denn auch der Erwachensprozess mit stei-
gender Kernwärme und langsam kühler werdender peripherer Wärme dem Ermü-
dungsprozess mit fallender Kernwärme und steigernder Peripheriewärme. Am Tag
stehen sich dann der Vormittagsprozess mit noch kühlem Kern und kühler Peripherie
dem Nachmittagsprozess mit warmem Kern und warmer Peripherie gegenüber. Die-
se beiden Prozesse sind im eigentlichen Sinne aber nicht polar, denn die Tendenz
des Vormittags – steigende Kernwärme, kühle, aber auch steigende „Peripherie“ –
wird am Nachmittag nur fortgeführt und erreicht am Abend einen Zustand, der nur am
weitesten das erreicht hat, was vormittags angelegt wurde. Insofern beziehen sich
die eigentlichen Gegensätzlichkeiten auf das ‚Ermüden-Erwachen’ und das ‚Zum-
Tiefsten-Punkt-Hin/Vom-Tiefsten-Punkt-Weg’. Die Zeit um ca. 3 Uhr in der Nacht
stellt somit eine Art Umkehrung/Umstülpung dar. Vormittags- und Nachmittagspro-
zess sind in diesem Sinne ein Zusammengehöriges, eine Einheit. Von dieser setzen
sich der „Ermüdungsprozess“ und der „Erwachensprozess“ ab. Sie stellen jeweils die
Übergangsphase zum Schlaf hin, bzw. vom Schlaf weg dar.
   Es lassen sich damit drei verschiedene Qualitätsebenen erkennen: Der Schlaf mit
bis zum tiefsten Punkt absteigender Kernwärme und dann wieder ansteigender; der
‚Erwachensprozess’ und der ‚Ermüdungsprozess’ mit weiter steigender Kern- und
langsam sinkender peripherer Wärme, bzw. sinkender Kernwärme mit Wärmerwer-
den in der Peripherie; der Vormittagsprozess mit steigendem Kern und kühler Peri-
pherie und der Nachmittagsprozess mit bis zum höchsten Punkt steigendem Kern
und warmer Peripherie.
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  Hierbei stehen sich der eigentliche Tag als Vormittags- und Abendprozess und die
Nacht polar gegenüber - der Tag mit seiner zu erstrebenden hohen Kern- und niedri-
gen peripheren Wärme; die Nacht mit dem relativ erniedrigten Kern und der über-
warmen Peripherie. Dabei zeigt aber die Mittagssenke mit ihrer leicht absinkenden
und wieder ansteigenden Kernwärme eine Verwandtschaft zum Nachtprozess.
   Zwischen diesen beiden erstrecken sich als eigentlicher ‚Abend’ der Ermüdungs-
prozess und als der eigentliche ‚Morgen’ der Erwachensprozess, die sich auch je-
weils polar gegenüberstehen. Beide Phasen zeigen als Vermittlungsphasen sich
durchdringende Elemente des Nachtprozesses und Elemente des Tagprozesses in
Gleichzeitigkeit. So ist beim Ermüdungsprozess, ebenso wie in der Nacht, eine fal-
lende Kernwärme vorhanden und eine stärker wärmer werdende Peripherie – der
Mensch ist aber noch wach. Beim Erwachensprozess ist, wie in der zweiten Nacht-
hälfte und im weiteren Tag, eine steigende Kernwärme vorhanden – die Peripherie ist
aber, wie in der Nacht, noch warm, nimmt jedoch langsam ab. Andererseits ist der
Mensch auch hier wach, erlebt sich jedoch wie ‚gegenstandsfern.
  Von den Wärme- und Bewusstseinsprozessen zeigen sich demnach vier Phasen
im Gesamttagesablauf: ‚Nacht’, ‚Morgen’, ‚Tag’, ‚Abend’. (Verwiesen sei hier auf Mi-
chelangelos Werk ‚Grabmal des Giuliano de Medici’ in Florenz in der Capelle Medi-
cee, das vier menschliche Skulpturen als ‚Tag’, ‚Nacht’, ‚Morgen’, ‚Abend’ darstellt.)
    Diese vier Phasen lassen sich nun unter dem Aspekt der vier Wesensglieder er-
fassen. Wie gesehen sind Ich-Organisation und astralischer Leib in der Nacht gradu-
ell vom physisch-ätherischen Organismus gelöst – der Mensch schläft. Berücksichtigt
man, dass ‚Wachsein’ bei Tieren vorkommt, so ist dies eine astrale Äußerung. Erwa-
chensprozess und Ermüdungsprozess bezeichnen sich hierdurch als vom astrali-
schen Leib dominierende Prozesse. Die eigentliche Ich-Qualität zeigt sich am Tag
mit dem Vormittags- und Nachmittagsprozess mit der steigenden Kernwärme und der
erst kühlen, später warmen Peripherie und den damit verbundenen Bewusstseins-
vorgängen des punktuellen, distanzierten Ich-Bewusstseins, bzw. des umfassenden,
hinneigenden geweiteten Bewusstseins.
   Es ist ein täglich sich abspielender, metamorphosierter ‚Inkarnationsprozess’ und
‚Exkarnationsprozess’ und damit eine prozessuelles Verweben und Lösen der We-
sensglieder. So wie der Schlaf der ‚kleine Bruder des Todes’ ist, so zeigen sich ‚Mor-
gen’, ‚Tag’ und ‚Abend’ als ‚kleine Brüder des Lebens’. Der ‚Inkarnationsprozess’ be-
ginnt dabei schon in der Nacht mit der ansteigenden Kernwärme als Ausdruck einer
1. Phase. Weitere Anzeichen sind auch die abnehmende Tiefe des Schlafes und die
Zunahme der Träume zum Aufwachen hin. In einer 2. Phase erfolgen das Aufwachen
und der Prozess des Erwachens mit der weiter ansteigenden Kernwärme und der
abnehmenden peripheren Wärme. In einer 3. Phase ist der Mensch gesteigert punk-
tuell wach, führt dies aber im Laufe des Tages zu einem geweiteten Bewusstsein
aus. Einher geht dies mit steigender Kern- und Peripherwärme. Die Mittagssenke ist
die 4. Phase und zeigt mit Ermüdung, Schlaf (Ruhe) und Erwachen eine Metamor-
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phose des Abend-, Nacht- und Morgenprozesses. Als 5. Phase ergibt sich der
Nachmittagsprozess mit zuletzt höchster Kernwärme und warmer Peripherie. Der
metamorphosierte Inkarnationsprozess damit erst am späten Nachmittag vollendet,
nimmt somit etwa 2/3 des gesamten Tages in Anspruch. Mit der Ermüdung und sin-
kender Kern- und weiter steigender peripherer Wärme zeigt sich die 6. Phase, als
Übergangsphase zum ersten Teil der Nacht als 7. Phase des gesamten Tages mit
Schlaf, weiter fallender Kern- und steigender peripherer Wärme. Der metamorpho-
sierte Exkarnationsprozess’ verläuft damit insgesamt kürzer, beginnt mit dem Ermü-
dungsprozess und der sinkenden Kern- bzw. steigenden Periphertemperatur und ist
vollendet gegen ca. 3 Uhr. Dieser Prozess beansprucht ca. 1/3 der Zeit des gesam-
ten Tages.
   An dem Beschriebenen wird deutlich, dass das Wechselverhältnis der verschied-
nen Qualitäten und damit das Wechselverhältnis der Wesensglieder ein sich pha-
senweise metamorphosierendes ist. Bezüglich letzterer ist es eben kein kontinuierli-
ches Sich-Verbinden und Sich-Lösen mit- und voneinander, sondern ein sprungweise
diskontinuierliches. Ein Kontinuum besteht jedoch während einer jeweiligen Phase.
Das Arbeiten der Wesensglieder ineinander ist (unbewusste) Willenstätigkeit und
somit zukunfts- und zielorientiert. (Dieses metamorphosierende Prozesshafte lässt
sich besonders an der Pflanze mit ihrer kontinuierlichen und diskontinuierlichen
Blattmetamorphose studieren, s. Bockemühl 198211.)

Das Fieber
  Fieber ist nicht gleich Fieber. Fieber existiert hauptsächlich in Verbindung mit einer
speziellen Erkrankung, meist einer infektiösen. Trotz dieser Gebundenheit an über-
geordnete Vorgänge lassen sich allgemeine Charakteristika des Fiebers entdecken.
Diese sollen lediglich in Bezug zu dem bisher Dargestellten angeführt werden.
   Das Fieber zeigt generell drei qualitativ verschiedene Phasen des Verlaufes: Der
Fieberanstieg, das Fieberkontinua und der Fieberabfall. Der Fieberanstieg ist charak-
terisiert durch eine verstärkte Erhöhung der Kernwärme bzw. Kerntemperatur bei
starker Abkühlung der Peripherie im Zuge einer Zentralisierung der Durchblutung.
Der Anstieg kann relativ langsam erfolgen, z. B. über viele Stunden, oder auch sehr
schnell. Das langsame Ansteigen wird vom Patienten als Frösteln empfunden, was
beim schnellen Ansteigen zum Extrem im Schüttelfrost wird.
   Zu Beginn der zweiten Phase hat das Fieber seinen Höhepunkt erreicht, das Frös-
teln bzw. der Schüttelfrost ist vorbei und die Peripherie ist jetzt sehr, sehr warm. Jetzt
ist z. B. die Möglichkeit gegeben, Wadenwickel zu verabreichen, was in der ersten
Phase kontraindiziert ist. Das Fieberkontinua kann nun einen oder mehrere Tage
andauern, zeigt dabei eine circadiane Rhythmik.
  In der dritten Phase fällt die Kerntemperatur wieder ab. Dies kann langsam über
mehrere Tage geschehen (lytischer Abfall) oder auch in einer Nacht (kritischer Ab-
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fall). Die Peripherie des Menschen wird dabei überwarm – besonders beim kritischen
Abfall – was bis zu einem extrem starken Schwitzen führen kann.
    Vergleicht man nun das Beschriebene mit den Qualitäten des Tagesverlaufes der
Wärme, so zeigen sich auffälligerweise gleiche Grundtendenzen. Wie im normalen
Tagesverlauf die Kernwärme steigt und der periphere Zustand relativ kühl ist, so
zeigt der Fieberanstieg ebenfalls die zunehmende Kernwärme mit der reduzierten
Peripherie – nur in einer extrem verstärkten Form. Und so wie am Abend der wärms-
te Kernzustand mit einer warmen Peripherie erscheint, so ist im Fieberkontinua die
höchste Stufe des Fiebers erreicht mit einer entsprechend stark erwärmten Periphe-
rie. Auch wie normalerweise am späten Abend bis nachts gegen 3 Uhr sich eine ab-
fallende Kernwärme mit einer sehr warmen Peripherie ergibt, die sich dem Kernzu-
stand annähert, so sind beim Fieberabfall selbst diese Vorgänge verstärkt. Die Kern-
wärme fällt wesentlich stärker ab und kann sogar - beim kritischen Abfall - bis zur
Untertemperatur unter 36°C gehen. Die Peripherie dagegen wird überwarm - im Ex-
trem kommt es zu einem überstarken Schwitzen.
  Somit ergeben sich dieselben Wärmebewegungen – zentral/peripher und stei-
gend/fallend – beim Fieberverlauf wie im normalen Tagesverlauf. Die Quantität der
Wärmebildung und -rücknahme sowie der Begleitreaktionen ist jedoch wesentlich
verstärkt.
   Auch die Zeitordnung ergibt wesentliche Unterschiede. Die Wärmeanstiegszeit
beim Fieber ist im Vergleich zum normalen Tagesverlauf erheblich kürzer, möglich
von einer Stunde. Die Phase der höchsten Kernwärme mit der warmen Peripherie ist
beim Fieber wesentlich verlängert und kann mehrere Tage oder Wochen andauern
(je nach Krankheit und Fiebertyp). Der Fieberabfall nähert sich in der zeitlichen Län-
ge dem normalen täglichen Wärmeabfall an. Der kritische Fieberabfall vollzieht sich
in einer Nacht, der lytische Fieberabfall kann dagegen mehrere Tage andauern.
   Beim allgemeinen Fieberverlauf ergeben sich also ähnliche die Grundtendenzen
der Wärmebewegung von Zentrum und Peripherie wie in gesunder Form an einem
normalen Tag. Bezüglich der Stärke der Wärmebildung bzw. Höhe der Temperatur
(also quantitativ) und im zeitlichen Ablauf (qualitativ) erweist sich das Fieber jedoch
sehr verschieden. Das Fieber ist demzufolge eine Metamorphose des Tagesverlau-
fes der Wärme. Es offenbart dieselben Grundgesten wie beim gesunden Wärmeta-
gesverlauf, gleichwohl in verwandelter Form.
   Die innere Verwandtschaft des Wärmeorganismus beim Fieber zum normalen Ta-
gesverlauf der Wärme ist augenscheinlich, soll aber noch genauer betrachtet wer-
den. Bei den Wärmebewegungen des Tages wurde der Zusammenhang mit dem
menschlichen Bewusstsein beschrieben. Beim Fieber beherrschen nun die wärme-
bildenden Vorgänge den ganzen Organismus. Dabei ist das Ich-Bewusstsein stark
herabgedämpft. Der Mensch erlebt alle Vorgänge wie in einem traumartigen Zustand.
Die Seele des Menschen ist nicht mehr Ich-geführt, sondern leibliche Vorgänge mit
ihrer Gesetzmäßigkeit beherrschen und überfluten die Seelenäußerungen. Konkret
Penter R.: Wärmeorganisation und Fieber.
In: Jungmedizinergruppe am Goetheanum, „Durch der Natur Examen“, Reihe „Persephone - Anregungen zum Studium der
anthroposophischen Medizin“, Verlag am Goetheanum, Dornach 1998

zeigt sich dies folgendermaßen: Beim Fieberanstieg mit dem stärker steigenden
Wärmekern, der kalten Peripherie und dem einhergehenden Frösteln und Frieren
ergibt sich für die eigene Beobachtung bei selber durchgemachtem Fieber ein star-
kes seelischen Beengungsgefühl, das sich im Schüttelfrost bis zu angstähnlichen
Zuständen steigern kann. Es ist wie ein seelisches ‚Zusammengezurrtsein’, das in
unmittelbarem Zusammenhang mit dem der Zentralisierung im Wärmeanstieg und
der peripheren Kälte steht. Auf die Sinneseindrücke hat sich eine Art ‚Schleier’ gelegt
mit einem deutlich distanziertem Empfinden gegenüber der Außenwelt, so als ob
man ‚wie-weiter-weg’ ist. Dabei kann man in dieser Situation auch sinnesüberemp-
findlich sein. Beim Fieberanstieg existiert das, was als Distanz oder ‚antipathischer
Gestus’ zur Außenwelt bei dem Vormittagsprozess beschrieben wurde, in überstei-
gerter Form. Selbst unsichere Bewegungen und Gleichgewichtsstörungen können
auftreten.
   Beim Fieberkontinua verändert sich das seelische Erleben radikal. Statt des
‚Beengtseins’ entsteht ein ‚Geweitetsein’, das aber - wie ersteres - einhergeht mit
einem stark abgeschwächten Ich-Bewusstsein bzw. Ich-Empfinden. Auch hier wird
alles wie traumhaft erlebt, nur ist es kein seelisches ‚Zusammengezurrtsein’, sondern
ein seelisches ‚Geweitetsein’, wie ‚zerstäubend’ oder ‚zerfleddernd’. Vorstel-
lungsbilder kommen und gehen - sie zeigen kein Verweilen, sondern ‚huschen’ durch
die Seele und entfernen sich rasch, ohne gehalten werden zu können. Ein Extrem
dieser Zustände zeigen die Fieberphantasien.
   Wiederum vollständig anders ergeht es dem Menschen beim Fieberabfall. Ähnlich
wie beim normalen Wärmerückgang in der Nacht schläft der Mensch. Beim kritischen
Fieberabfall in einer Nacht schläft der Mensch jedoch subjektiv traumlos und sehr,
sehr tief. Die Empfindung des Tief-Geschlafen-Habens tritt auch dann auf, wenn man
eventuell mehrmals in der Nacht wegen des starken Schwitzens aufgewacht war.
Charakteristisch für den folgenden Morgen ist dann die auffällige Empfindung des
Gesundseins oder des Gesundens, ein sich ‚Wie-Neu-Geboren-Fühlen’, auch wenn
man eventuell noch eine leicht erhöhte Temperatur hat oder sich nicht körperlich
kräftig fühlt. Beim lytischen Fieberabfall ist der Schlaf – im Vergleich zum normalen
Schlaf – sehr oberflächlich und mit oftmaligem Aufwachen sowie fehlendem Erho-
lungsgefühl verbunden.
  So zeigen auch die Bewusstseinsprozesse, was vorher schon durch die äußere
Phänomenologie offenbar wurde – dass das Fieber eine Metamorphose des Ta-
gesverlaufes der Wärme ist.

   Die tägliche und metamorphosierende Wärmebewegung des Organismus ergibt
ein Bild und einen Ausdruck für die Tätigkeit der Ich-Organisation, die „in der Wärme
lebt“. Auf das Fieber angewandt lässt sich daher sagen: Im Fieberanstieg greift die
Ich-Organisation verstärkt in die organischen Prozesse ein, was sich ausdrückt in
Penter R.: Wärmeorganisation und Fieber.
In: Jungmedizinergruppe am Goetheanum, „Durch der Natur Examen“, Reihe „Persephone - Anregungen zum Studium der
anthroposophischen Medizin“, Verlag am Goetheanum, Dornach 1998

einer stark und schnell ansteigenden Kerntemperatur, der eiskalten Peripherie und
dem Frösteln bzw. Schüttelfrost des Menschen.
   Wie lässt sich dabei das Frösteln verstehen? Eine typische Situation des Fröstelns
und Frierens zeigt sich in der Nacht, wenn man aufwacht, weil man z. B. auf die Toi-
lette muss. Im Bett fühlt man sich noch warm, steht man aber auf und legt dabei die
Bettdecke ab, so fröstelt man oft. Nach einigen Minuten des Auf-Seins legt sich die-
ses wieder. In der Nacht hat der Mensch einen niedrigen Kernwärmezustand ent-
sprechend der Schlafsituation mit graduell gelöster Ich-Organisation. Ein Wachsein
geht aber mit einer höheren Kernwärme einher. Beim nächtlichen Aufwachen exis-
tiert insofern ein Missverhältnis zwischen der in den Leib eintauchenden und Wach-
heit bedingenden Ich-Organisation und der bestehenden Körperwärme. Erst nach
einigen Minuten des Eintauchens der Ich-Organisation lässt das Frösteln nach.
   Beim Fieberanstieg ist die Kraft der in den Leib eintauchenden Ich-Organisation
besonders stark bei (noch) nicht adäquaten Wärmegegebenheiten. Dieses Missver-
hältnis erlebt der Mensch demnach als Frösteln, bei einem größeren Missverhältnis
als Frieren und Schüttelfrost.
   In der zweiten Phase, dem Fieberkontinua, ist die Ich-Organisation nun weitestge-
hend in den Organismus eingetaucht, was sich in der hohen Kerntemperatur und der
sehr warmen Peripherie ausdrückt. Dieser Zustand kann - mit circadianen Schwan-
kungen - tagelang anhalten, zeigt somit gegenüber dem Tagesverhalten der Wärme
damit eine extreme Steigerung. Neben dem schnellen und tiefen Verbinden bleibt die
Ich-Organisation auch noch länger in dieser Situation verstärkt tätig.
  Der Fieberabfall zeigt im Idealfall des kritischen Abfalls ein schnelles (von der
Temperaturdifferenz her) und verstärktes Lösen der Ich-Organisation vom Organis-
mus. Dieses äußert sich in dem Sinken der Kerntemperatur bis möglicherweise in
Temperaturen unter 36°C hinein und dem sehr tiefen Schlaf.
   Rudolf Steiner weist auf das Beschriebene im 7. Vortrag des Zyklus „Geisteswis-
senschaft und Medizin“ hin12 Zuerst bezeichnet er das Fieber als „Kampf des Ich“
(den Begriff Ich-Organisation benutzt er 1920 noch nicht) mit den drei anderen We-
sensgliedern (Astralleib, Ätherleib, physischer Leib) und sieht in der gezeichneten
Fieberkurve „den genauen Abdruck dieses ... Kampfes darinnen.“ Am Beispiel der
Pneumonie zeigt sich anhand der Fieberkurve der „Kampf, dann (der) Rückschlag
beim kritischen Abfall unter die Normaltemperatur. Da ist eben die Möglichkeit gebo-
ten, durch die Anstrengungen, die vorher gemacht worden sind, nachher den Rück-
schlag auszuführen. Bei dem anderen, dem lytischen Verlauf, ist es weniger möglich,
die Rückwirkungen in die eigenen Kraft einzufügen, daher das andere, unregelmäßi-
gere Absteigen auch der gefährlichere Verlauf ist.“
   Rudolf Steiner zeigt hier, dass das Eintauchen und Lösen der Ich-Organisation
beim Fieber zwei sich gegenseitig bedingende Vorgänge sind. Wie die Erfahrung
zeigt, gibt es bei einem Fieber unter 39°C nur selten kritische Fieberabfälle. Diese
finden hauptsächlich dann statt, wenn das Fieber über 39°C und mehr erreicht. Hier-
Penter R.: Wärmeorganisation und Fieber.
In: Jungmedizinergruppe am Goetheanum, „Durch der Natur Examen“, Reihe „Persephone - Anregungen zum Studium der
anthroposophischen Medizin“, Verlag am Goetheanum, Dornach 1998

bei kann der Fieberabfall erst die Dynamik der verstärkten Loslösung bekommen.
Das nennt Rudolf Steiner „den Rückschlag ausführen.“ Hierdurch werden die „Rück-
wirkungen in die eigene Kraft eingefügt“, was heißt, dass die vollzogenen „Anstren-
gungen“ der Ich-Organisation zu einer bleibenden Kraft werden, die umgewandelt
weiter im Gesunden wirken. Wird der „Rückschlag“ schwächer ausgeführt, z. B. beim
lytischen Fieberabfall, ist es somit „weniger möglich, die Rückwirkungen in die eigene
Kraft einzufügen.“
   Ein tiefes Eintauchen der Ich-Organisation in die organischen Vorgänge im Zuge
des „Kampfes“ mit den drei anderen Wesensgliedern und das dadurch mögliche Lö-
sen der Ich-Organisation als „Rückschlag“ kann damit als ideale Form des Fiebers,
als ideale Metamorphose des Tagesverlaufes bezeichnet werden.
    Wenn beim lytischen Fieberabfall, trotz hohen Fiebers, dasselbe nur langsam ab-
fällt, so steht dem tiefen Eintauchen nicht - wie beim kritischen Abfall - ein weites Lö-
sen, sondern nur ein unzureichendes Pendant gegenüber. Die Metamorphose der
Nacht ist in diesem Sinne nicht vollständig vollzogen, was nach Steiner den ganzen
Ablauf gefährlicher macht.
  Der ideale Verlauf eines Fiebers zeigt einen stärkeren metamorphosierten ‚Inkar-
nationsprozess’. Die Ich-Organisation verbindet sich intensiver mit den anderen We-
sensgliedern, durchdringt und verwandelt sie – und vollzieht im Idealfall auch kräfti-
ger den metamorphosierten ‚Exkarnationsprozess’. Der kritische Fieberabfall zeigt
damit eine stärkere Todesnähe.

    Dass Sinne Fieber nicht nur ein Krankheitssymptom, sondern auch ein Heilmittel
   13
ist , zeigen Geschehnisse während des zweiten Weltkriegs. Man hatte zufällig ent-
deckt, dass bei Patienten mit Typhus abdominalis eine bakteriell infizierte Kochsalz-
infusion hohes Fieber herbeiführte mit anschließender kritischer Entfieberung – aber
auch Ausheilung des Typhus abdominalis. Daraufhin entwickelte man die sog.
„Schockbehandlung“, bei der man ein standardisiertes fiebererzeugendes Mittel (Py-
rifer) spritzte14, wodurch noch höheres als bei Typhus schon vorhandenes Fieber
hervorgerufen wurde mit anschließendem kritischen Temperaturabfall und Aushei-
lung des Typhus abdominalis.
   In dem schon zitierten 7. Vortrag aus „Geisteswissenschaft und Medizin“ empfahl
Rudolf Steiner gerade die Fieberkurve des Typhus abdominalis zum Studium, da
man daran in besonders eindrucksvoller Weise den „Kampf des Ich mit den anderen
Wesensgliedern“ studieren könne. Hier sei - ohne übrige Symptomatologie und Pa-
thologie - kurz darauf eingegangen (Abbildungen aus Höring, 194315).
Penter R.: Wärmeorganisation und Fieber.
In: Jungmedizinergruppe am Goetheanum, „Durch der Natur Examen“, Reihe „Persephone - Anregungen zum Studium der
anthroposophischen Medizin“, Verlag am Goetheanum, Dornach 1998

   Das Fieber bei Typhus abdominalis beginnt gewöhnlich mit einem sattelförmigen
Anstieg. Die Fieberhöhe und -dauer ist einem starken Wechsel unterworfen. Höring:
„Das kontinuierliche Fieber hält meist zwischen 10 und 20 Tagen gleichmäßig an, oft
mit der Tendenz, allmählich niedriger zu werden und etwa von einer anfänglichen
Höhe von um 40°C auf um 39°C abzusinken. Gewöhnlich geht es dann mehr und
mehr in ein remittierendes Fieber und damit ins Tertiärstadium über. Manchmal aber
sinkt es auch ohne Remittenz gleichmäßig bis zur Entfieberung ab, woraufhin sich
das tertiäre remittierende Stadium sofort oder nach 1-3tägiger, fast fieberfreier Pause
Penter R.: Wärmeorganisation und Fieber.
In: Jungmedizinergruppe am Goetheanum, „Durch der Natur Examen“, Reihe „Persephone - Anregungen zum Studium der
anthroposophischen Medizin“, Verlag am Goetheanum, Dornach 1998

unter steigender Höhe der Abendtemperaturen erst entwickelt (Abb.6), oder auch
ganz ausbleiben kann (Abb.7). Selten sieht man auch einmal, dass ein Typhus ab-
dominalis im unmittelbaren Anschluss an eine plötzliche Verschlimmerung mit 1-
2tägiger hoher Temperatur kritisch entfiebert.(Abb.8) (Hervorhebung vom Verfasser)
. . . „Das Fieber kann auch von vornherein einen undulierenden Verlauf nehmen . .
.“16 Nach Höring sieht man also in der Regel ein langsames Ansteigen des Fiebers
und eine Temperatur, die zwar auf 40°C steigen kann, schließlich aber langsam wie-
der absinkt und lange Zeit auf einer mittleren Stufe sich erhält. Die Ausheilung erfolgt
tendenziell mit einem lytischen Temperaturabfall.
   Durch die bisherigen Ausführungen und in der Begrifflichkeit der Anthroposophie
ergibt sich, dass die Ich-Organisation beim Typhus abdominalis nicht stark genug die
übrigen Wesensglieder ergreift, durchdringt und verwandelt. Sie ist nicht in der Lage,
kraftvoll, schnell und tief in die anderen Wesensglieder einzutauchen, wodurch letzt-
lich auch nur langsame und schwächere Heilungstendenzen eintreten. Tendenziell
sind die übrigen Wesenglieder ‚stärker’ gegenüber der Ich-Organisation. Es erfolgt
kein „Rückschlag“ – also kein kritischer Fieberabfall. Die Fieberkurve zeigt damit das
Abbild des „Kampfes der Ich-Organisation mit den übrigen Wesengliedern“ mit einer
‚weniger erfolgreichen’ (bei langer Krankheit und langsamer Ausheilung des Typhus
abdominalis) und evtl. auch ‚unterliegenden’ Ich-Organisation bei Erkrankungen mit
Todesfolgen.
   Bei der Gabe von fiebererzeugenden Mitteln, wie z. B. ‚Pyrifer’, findet die Ich-
Organisation nun scheinbar die Möglichkeit, das bisher ungenügende Ringen mit den
anderen Wesensgliedern für sich zu entscheiden. Wie eine Art ‚Bahnung’ für die Ich-
Organisation scheint die Gabe des fiebererzeugenden Mittels zu sein, was sich in
dem schnell und stark ansteigenden Fieber und dem daraufhin kritischen Abfall der
Kerntemperatur äußert. Durch diese Anstrengung und Wirkung der Ich-Organisation
kann jetzt der „Rückschlag“ vollzogen werden kann, durch den „die Rückwirkungen in
die eigene Kraft eingefügt werden können“ – der Typhus abdominalis heilt aus.

   Fieber kann auch bei nicht fieberhaften Erkrankungen als „Heilmittel“ eingesetzt
werden. Brettschneider (1985)17 erwähnt die Anwendung der „Impfmalaria“ (Malaria
tertiana) zwischen den beiden Weltkriegen bei der progressiven Demenz der Spät-
Syphilis. Auch wird die fiebererzeugende Wirkung der Mistel als notwendig zur
Krebsbehandlung erachtet. Wenn Fieber aber – wie dargestellt – eine in sich ge-
schlossene Ganzheit mit Fieberanstieg, -kontinua und -abfall ist, müsste nicht des-
halb bei der Mistelanwendung auf den gesamten Ablauf solch einer Ganzheit geach-
tet werden – also nicht nur auf den Anstieg des Fiebers und die Dauer, sondern auch
auf Rückgang des Fiebers als möglicher kritischer Fieberabfall?
   So darf es als ein Ideal ausgesprochen werden, wenn beim Fieber die Temperatur
bzw. Wärmebildung auf ein hohes Niveau steigt (die Ich-Organisation folglich tief in
die anderen Wesensglieder eingreift), wodurch erst der besondere, schnelle „Rück-
Penter R.: Wärmeorganisation und Fieber.
In: Jungmedizinergruppe am Goetheanum, „Durch der Natur Examen“, Reihe „Persephone - Anregungen zum Studium der
anthroposophischen Medizin“, Verlag am Goetheanum, Dornach 1998

schlag“ erfolgt (die Ich-Organisation sich demnach weiter als üblich wieder lösen
kann), so dass im Zuge dessen die eigentliche ‚ideale Gesundung’ eintreten kann
(„die Rückwirkungen in die eigene Kraft“ eingefügt werden können).
   Das Fieber als einen Freund und Helfer anzusehen, zu verstehen, zu unterstützen
und eventuell auch beim erkrankten Menschen hervorzurufen, ist eine große Aufga-
be. Gerade heute im Verständnis der rein naturwissenschaftlich orientierten Medizin
wird das Fieber oft als ‚Feind’ angesehen und schon beim Auftreten oftmals mit fie-
bersenkenden Mitteln unterdrückt. Natürlich kann das hohe Fieber gefährlich werden
– aber andererseits kann es auch die Gesundungstendenz anzeigen.
  Der hohe Fieberzustand ist für den behandelnden Arzt eben eine Gratwanderung,
genauso wie für den Patienten.

Anmerkungen und Literatur
   1) Steiner R.: Meditative Betrachtungen und Anleitungen zur Vertiefung der Heil-
       kunst. GA 316, Dornach 1980, S.17
   2) s.o., S. 24-27
   3) Penter R.: Goethes naturwissenschaftliche Methode - Zur Einheit von Natur
       und Forscher. Dissertation, Freiburg 1996
   4) Schmidt R.F./Thews G.: Physiologie des Menschen. Berlin Heidelberg New
       York Tokio, 1985, S. 586
   5) s.o. S. 587
   6) Flaskamp H.: Abhängigkeit der Körpertemperatur von Tagesperiodik, Konstitu-
       tion und     Bädern. Dissertation, Tübingen 1965
   7) Hildebrandt G.: Untersuchungen über den Tagesgang von Hautdurchblutung
       und Hauttemperatur unter besonderer Berücksichtigung der physikalischen
       Temperaturregulation. In: Physikalische Medizin und Rehabilitation, Zeitschrift
       für praxisnahe Medizin, Heft 1, Januar 1974, S. 2. Vgl. auch Johannes Ipsen:
       Hauttemperaturen. Kopenhagen Leipzig 1936, S. 79f
   8) Simon S.: Schmerz, Vergessen, Schlaf und Tod – Gesichtspunkte zum anth-
       roposophisch-menschenkundlichen Verständnis von Narkose und apparativer
       Intensivmedizin. In: Der Merkurstab - Beiträge zu einer Erweiterung der Heil-
       kunst, 6/91 und 1/92
   9) Steiner: Die Brücke zwischen der Weltgeistigkeit und dem Physischen des
       Menschen. GA 202, Dornach 1980, 10. Vortrag, Seite 170 und 11. Vortrag, S.
       183 und Rudolf Steiner/Ita Wegman: Grundlegendes für eine Erweiterung der
       Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen. GA 27,Dornach
       1976, Kapitel XII, S. 67
   10) Roßlenbroich B.: Die rhythmische Organisation des Menschen. Stuttgart:
       Verlag Freies Geistesleben, 1994; Kap.2: 44–75.
Penter R.: Wärmeorganisation und Fieber.
In: Jungmedizinergruppe am Goetheanum, „Durch der Natur Examen“, Reihe „Persephone - Anregungen zum Studium der
anthroposophischen Medizin“, Verlag am Goetheanum, Dornach 1998

   11) Bockemühl J.: Bildebewegungen im Laubbereich höherer Pflanzen. In: Goe-
       theanistische Naturwissenschaft. Hrsg. Schad W., Band 2 Botanik. Stuttgart
       1982, S. 17-35.
   12) Steiner R.: Geisteswissenschaft und Medizin, GA 312, Dornach 1976, 7. Vor-
       trag, Seite 148
   13) Brettschneider H.: Fieber als Heilmittel. In: Tycho de Brahe - Jahrbuch für
       Goetheanismus 1985, Niefern-Öschelbronn, Seite 245-254
   14) Höring F.O.: Typhus abdominalis. In: Vorträge aus der praktischen Medizin,
       Stuttgart 1943.
   15) s.o. S.25
   16) s.o. S.24-26
   17) s.o. Brettschneider H.,1985
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