Währungsunion: Impulse für Stabilität richtig setzen! - Netzwerk EBD

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Währungsunion: Impulse für Stabilität richtig setzen! - Netzwerk EBD
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                                                                              '(5&+()92/.6:,57(

Währungsunion:
Impulse für
Stabilität richtig
setzen!

  Die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finnanzgruppe begrüßen, dass die EU mit        Juni 2017
  LKUHP5HÀH[LRQVSDSLHUGLH5HLKHYRQ,PSXOVSDSLHUHQ]XU=XNXQIWGHU(8XQG        Autoren:
  GHU(XURSlLVFKHQ:lKUXQJVXQLRQ ::8 IRUWVHW]W'DV=HLWIHQVWHUIU5HIRU-        Uwe Burkert - LBBW
  men ist günstig, und sollte daher genutzt werden, um Europa den Bürgerinnen       Uwe Dürkop - Berliner Sparkasse
  und Bürgern wieder näher zu bringen.                                              Folker Hellmeyer - Bremer Landesbank
                                                                                    Jochen Intelmann - Haspa
  Die EU-Kommission betont in ihrem Papier richtigerweise die Bedeutung von        Dr. Ulrich Kater - DekaBank
  Reformen in den einzelnen Mitgliedstaaten zur Erhöhung der Wettbewerbs-           Dr. Jürgen Michels - BayernLB
  fähigkeit. Auch wenn eine vorgeschlagene Verknüpfung von Reformmaßnah-            Dr. Cyrus de la Rubia - HSH Nordbank
  PHQPLWGHU$XVVFKWWXQJYRQ(6,)RQGVVRUJIlOWLJ]XSUIHQLVWLVWGLHVHLQ    Dr. Gertrud Traud - Helaba
  Lösungsansatz zur Verbesserung der Stabilitätsgrundlagen der WWU. Denn            Prof. Dr. Carsten Wesselmann
  Eigenverantwortung und Kontrolle sowie die regionale Vielfalt werden gestärkt.    - Kreissparkasse Köln
                                                                                    Torsten Windels - NORD/LB
  Die EU-Kommission strebt mit einer „echten Finanzunion“ die Vollendung nicht
  nur der Banken-, sondern auch der Kapitalmarktunion an. Angesichts der Lage       Koordinator
  in Europa sind die Schritte auf dem Weg dorthin aber abgewogen und in der         Dr. Reinhold Rickes
  richtigen Reihenfolge zu setzen. Auf eine vollvergemeinschaftete Europäische      Reinhold.Rickes@dsgv.de
  (LQODJHQVLFKHUXQJXQGHLQH¿VNDOLVFKH/HW]WVLFKHUXQJLVW]XYHU]LFKWHQ²GHU     Co-Koordinatoren
  Umgang mit den zum Teil sehr hohen Beständen an leistungsgestörten Krediten       Georg Huber
  in Bankbilanzen ist vordringlich zu klären, da ansonsten alle weiteren Schritte   Georg.Huber@dsgv.de
  behindert werden.                                                                 Wolfgang Neumann
                                                                                    Wolfgang.Neumann@dsgv.de
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Währungsunion:
Impulse für Stabilität richtig setzen!
'LH(8.RPPLVVLRQKDWDP0DLHLQVRJHQDQQWHV5HÀH[LRQVSDSLHU]XU
=XNXQIWGHU:LUWVFKDIWVXQG:lKUXQJVXQLRQ ::8 YRUJHOHJW'LHGDULQ
]XU'LVNXVVLRQJHVWHOOWHQ9RUVFKOlJHKDEHQXQWHUDQGHUHPGDV=LHOGLH
WWU nachhaltig zu stabilisieren.

Es ist uneingeschränkt zu begrüßen, dass die EU-Kommission die Reihe
YRQ,PSXOVSDSLHUHQEHUGLH=XNXQIWGHU(8XQGGHV(XURUDXPVIRUW-
setzt. Die Mahnung zu Reformen der EU und des Euroraumes ist nicht nur
                                                                              Politisches und ökonomisches
LQ.ULVHQ]HLWHQZLFKWLJVRQGHUQDXFKLQ=HLWHQGLH²ZLHDNWXHOO²YRQ     Momentum für Reformen nutzen!
relativer Stabilität geprägt sind. Für die Umsetzung müssen die Vorschlä-
JHDEHUQRFKZHVHQWOLFKVWlUNHUDXIGDV=LHOHLQHVZHWWEHZHUEVIlKLJHQ
(XURSDVDXVJHULFKWHWZHUGHQ,QGHU7DWVFKHLQWGDV=HLWIHQVWHUIUQHXH
Reformen günstig: Konjunkturell ist der Euroraum in einer vergleichswei-
VHJXWHQ9HUIDVVXQJ'LH(=%GUIWHPLWLKUHUXOWUDH[SDQVLYHQ*HOGSROLWLN
auch noch zumindest bis 2020 für vergleichsweise günstige geldpoliti-
sche Konditionen sorgen. Auch wenn die Staatsschuldenkrise noch nicht
überwunden ist und die politische Lage in einigen Ländern (insbesondere
,WDOLHQ VFKZLHULJEOHLEWXQGGLHHXURSlLVFKHQ,QVWLWXWLRQHQPLWGHP
%UH[LWVFKZLHULJHDQGHUHSROLWLVFKH7KHPHQ]XEHZlOWLJHQKDEHQJLEW
es positive politische Entwicklungen. Hier bestehen insbesondere die
&KDQFHQGDVVVGLHSROLWLVFKH=XVDPPHQDUEHLW]ZLVFKHQ%HUOLQXQG3DULV
wieder erstarkt. Schließlich dürfte die anhaltend drohende protektionisti-
sche Handelspolitik der USA vielen Mitgliedsländern deutlich die Vorteile
eines gemeinsamen Auftretens der EU vor Augen führen.

Ankerpunkte für Weiterentwicklungen des Euroraums
%HYRUDXIGLHHLQ]HOQHQ3XQNWHGHV5HÀH[LRQVSDSLHUVHLQJHJDQJHQZLUG
soll zunächst kurz rekapituliert werden, wo grundsätzlich in der WWU
Handlungsbedarf besteht. Vor diesem Hintergrund werden dann die Vor-
schläge zur Weiterentwicklung und Stabilisierung der WWU erörtert.

1. Eine WWU ist nur so stabil wie ihr Bankensektor. Es ist daher not-
  wendig, Maßnahmen zu ergreifen, die zu einem nachhaltig stabilen
  Bankensektor führen.

2. Für eine stabile WWU sind gesunde öffentliche Finanzen erforderlich,
  so dass auch in konjunkturellen Schwächephasen die Staaten hand-
  lungsfähig bleiben und Ansteckungseffekte vermieden werden, die
  YRQ¿QDQ]VFKZDFKHQ6WDDWHQDXVJHKHQN|QQHQ)UGLH6WDDWHQGLHLQ
  der Vergangenheit trotz der Überwachungsmachanismen der Europäi-
  schen Kommission in Bezug auf die öffentlichen Finanzen vom Pfad der

                                                                                                              2
Tugend abgekommen sind, müssen Wege gefunden werden, um die Ver-
  schuldung wieder auf ein nachhaltiges Niveau zurückzuführen. Dazu ist
  es unabdinglich, die selbst gesetzten Regeln, die nach der Krise auf ein
  stabiles neues Fundament gesetzt wurden, auch tatsächlich einzuhalten.

3. ,QGHU::8N|QQHQasymmetrische Schocks nationale Volkswirtschaf-            Risiko des Moral Hazard vermeiden
  WHQGHVWDELOLVLHUHQ,KUH:LUNXQJLVWSRWHQWLHOOQRFKVWlUNHUDOVLQGHQ
  vorherigen Währungssystemen, in denen der Wechselkurs noch in
  begrenztem Umfang zur Verarbeitung von Schocks fungiert hat. Neue
  ,QVWLWXWLRQHQXQGDOWHUQDWLYH0HFKDQLVPHQ]XU$EIHGHUXQJYRQ6FKRFNV
  dürfen kein moralisches Risiko des „sich Hängenlassens“ auf Kosten
  anderer (Moral Hazard) enthalten und Eigenverantwortung und Kontrolle
  LQV*OHLFKJHZLFKWEULQJHQ

4. ,QHLQHU::8ZLUGHVLPPHU3URGXNWLYLWlWVXQWHUVFKLHGHJHEHQVRZLH
  es in jedem Land auch regionale Produktivitätsunterschiede gibt. Die-
  se sektoralen Unterschiede führen zu Anpassungsprozessen und können
  damit das Wachstum beleben. Daher sind die regionale Vielfalt und der
  WettbewerbHQWVFKHLGHQG=XP3UREOHPZHUGHQGLHVH3URGXNWLYLWlWV-
  unterschiede, wenn sich die Lohnentwicklung von ihnen abkoppelt und
  die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Länder beeinträchtigt wird.
  ,QGLHVHQ)lOOHQNRPPWHVKlX¿J]XHLQHUK|KHUHQ9HUVFKXOGXQJXQG
  zu Ungleichgewichten in Form von überdurchschnittlichen Leistungsbi-
  ODQ]GH¿]LWHQ'LHEHWURIIHQHQ/lQGHUVLQGNULVHQDQIlOOLJHUDOV/lQGHUPLW
  HLQHUJHULQJHUHQ*HVDPWYHUVFKXOGXQJ0D‰QDKPHQ]XU(UK|KXQJGHU
  Produktivität und der Wettbewerbsfähigkeit auf Ebene der Mitgliedstaa-
  ten sind daher notwendig, wenn man den Euroraum krisenresistenter
  PDFKHQZLOO'DKHUPXVVDXFKGHQ/HLVWXQJVELODQ]GH¿]LWOlQGHUQPHKU           Steigerung der Produktivität und Wett-
  strukturpolitische Aufmerksamkeit geschenkt werden als den Über-              bewerbsfähigkeit bleibt entscheidend

  schussländern.

5. Einkommensunterschiede müssen im Sinne der Einheit in Vielfalt in
  einer WWU dazu genutzt werden, Wachstumsprozesse im Sinne von
  Nachholprozessen zu nutzen. Übermäßige Unterschiede bergen jedoch
  auf Dauer das Potential politischer Spannungen. Maßnahmen zum
  Abbau eines zu starken Wohlstandsgefälles durch die Stärkung der
  :HWWEHZHUEVIlKLJNHLWEHLDQ$XÀDJHQJHEXQGHQHQ8QWHUVWW]XQJHQ
  wie bspw. im Rahmen der Kohäsionspolitik erscheinen daher sinnvoll.
  Dabei sind auch die von der Europäischen Kommission veröffentlichten
  Überlegungen zur Sozialunion im Sinne einer Beachtung von sozialen
  Standards beim Wettbewerb im Binnenmarkt zu beachten.

6. ,QHLQHU::8PLWHLQHU.RRUGLQLHUXQJGHUQDWLRQDOHQ:LUWVFKDIWV
  Finanz- und Sozialpolitik hat die Zentralbank eine besondere Verantwor-
  WXQJIUGLH6WDELOLVLHUXQJGHU.RQMXQNWXU'LH=HQWUDOEDQNLVWDOOHUGLQJV

                                                                                                                         3
überfordert, die oben erwähnten Aufgaben von Wettbewerbsstärkung
     XQGGHU¿QDQ]LHOOHQ$EVLFKHUXQJGHU6WDDWHQ]XJHZlKUOHLVWHQ'LHVLVW
     QLFKW$XIJDEHGHU*HOGSROLWLNZLHGLHVDXFKGLH(XURSlLVFKH.RPPLVVLRQ
     HUVWPDOLJLP5HÀH[LRQVSDSLHUEHVFKUHLEW8QGLQVRIHUQZLUGHVLPPHU
     wichtiger, dies auf europäischer Politikebene zu einer erklärten Prämisse
     zu erheben.

Bewertung der Vorschläge der Europäischen Kommission

Echte Finanzunion – vorrangig notleidende Kredite abbauen
Die EU-Kommission spricht sich für eine „echte Finanzunion“ aus und
möchte damit vor allem die nachhaltige Stabilisierung des Bankensektors
vorantreiben, aber auch die „Kapitalmarktunion“ fördern.

Notleidende Kredite im Euroraum und im internationalen Vergleich

40                                                                                  Euroraum, Durchschnitt
                                                                         36,30      Deutschland
35
                                                                                    Frankreich
30                                                                                  ,WDOLHQ
25
                                                                                    Spanien
                                                                                    *ULHFKHQODQG
20                                                                                  USA
                                                                         17,50
15                                                                                  Japan

10                                                                        9,59
                                                                          5,64      4XHOOH,0)*OREDO)LQDQFLDO6WDELOLW\
5                                                                         3,92
                                                                          2,00      Report (2017): Notleidende Kredite
0                                                                         1,47      im Verhältnis zu allen Krediten eines
           2008          2010           2012          2014           2016           Landes (NPL- Quote)

Richtigerweise stellt die EU-Kommission fest, dass der hohe Anteil not-
leidender Kredite die Ertragskraft des Bankensektors der WWU in Mitlei-
GHQVFKDIW]LHKWXQGGHQ6HNWRUZHLWHUKLQDQIlOOLJIU6FKRFNVPDFKW=X
begrüßen ist, dass entsprechende Maßnahmen zur Reduktion der notlei-
denden Kredite vor Ort umgesetzt und Priorität eingeräumt werden soll.
Die Kommission sieht sich dabei offenbar in einer koordinierenden Funktion.
,Q(XURSDVLQGQHXH5HJHOQIUGLH$EZLFNOXQJOHLVWXQJVJHVW|UWHU.UHGLWH
mit zahlreichen neuen Regulierungen für Banken und Sparkassen vereinbart
worden. Daher sollten neue regulatorische Lasten, die mit dem Aufbau einer
zentral angelegten Abbaubank („Bad Bank“) verbunden sind, vermieden
ZHUGHQ²DEJHVHKHQYRQGHQUHFKWOLFKHQ6FKZLHULJNHLWHQHLQHVGHUDUWLJHQ
.RQVWUXNWV=HQWUDOHV$UJXPHQWEOHLEWKLHUGDVV$OWVFKXOGHQYRUHLQHUJH-       Abbau notleidender Kredite hat
meinsamen Kontrolle des europäischen Bankenwesens nicht gemeinschaft-            Priorität für die Stabilität des
lich aufgelöst werden können.                                                    Bankensektors

                                                                                                                      4
Parallel zur Bereinigung der Bankbilanzen möchte die EU-Kommission ein
vollvergemeinschaftetes Europäisches Einlagensicherungssystem (',6 
]XVDPPHQPLWHLQHU¿VNDOLVFKHQ/HW]WVLFKHUXQJ GLHVRZRKOIUGLH(LQODJHQ-
sicherung als auch für die Bankenabwicklung gilt) aufbauen. Angestrebt wird,
diese Einrichtungen bis 2019 zu beschließen und bis 2025 voll einsatzfähig
zu haben.

'LH*ODXEZUGLJNHLWGHV(LQODJHQVLFKHUXQJVV\VWHPVKlQJWYRQGHUJHSODQ-           ESM nicht für Europäisches Einlagen-
WHQ¿VNDOLVFKHQ/HW]WVLFKHUXQJDE'DIUVFKOlJWGLH(8.RPPLVVLRQHLQH          sicherungssystem (EDIS) missbrauchen
Kreditlinie des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) vor. Unseres
Erachtens sollte der ESM - wie ursprünglich konzipiert - auf die Stützung von
6WDDWHQIRNXVVLHUWZHUGHQ1DFKGHQQHXHVWHQGHP*HLVWGHU(XURSlLVFKHQ
Bankenunion widersprechenden Ausnahmeregelungen für einzelne Banken
ist es strikt abzulehnen, hier schon weitere Diskussionen über neue Verge-
meinschaftungen dann auch noch über den ESM zu führen.

Daher bleibt mit Blick auf die Bankenunion die vorrangige Aufgabe sicher zu
stellen, dass die Bankensektoren mit nationalen Haushaltsmitteln und/oder
privatwirtschaftlichen Lösungen von den Altbeständen leistungsgestörter
Kredite entlastetZHUGHQ'LHVH%HVWlQGHVWDPPHQDXV=HLWHQRKQHJHPHLQ-
VDPH.RQWUROOHXQGN|QQHQJHPl‰GHP*HERWGHU=XVDPPHQIKUXQJYRQ
Verantwortung und Kontrolle nicht gemeinschaftlich gelöst werden.

=XHLQHU)LQDQ]XQLRQ]lKOWGLH(8.RPPLVVLRQDXFKGLHangestrebte Kapital- 'LYHUVLßNDWLRQYRQ)LQDQ]LHUXQJV
marktunion'DVHUNOlUWHXQG]XXQWHUVWW]HQGH=LHOLVWHVKLHUQDFKKDOWLJH quellen nicht auf Bank- versus Kapital-
                                                                             PDUNWßQDQ]LHUXQJUHGX]LHUHQ
XQGGLYHUVL¿]LHUWH)LQDQ]LHUXQJVTXHOOHQEHUHLW]XVWHOOHQ$OOHUGLQJVWHLOHQ
wir nicht die Auffassung, dass der europäische Finanzmarkt zu „abhängig“
vom Bankkredit“ sei. Denn mit dem klassischen Bankkredit sind erhebliche
6WDELOLWlWVZLUNXQJHQYHUEXQGHQ6LFKHUOLFKVROOWHQ8QWHUQHKPHQLKUH5H¿-
QDQ]LHUXQJVP|JOLFKNHLWHQGLYHUVL¿]LHUHQN|QQHQ$OOHUGLQJVPXVVVLFKGLHV
NHLQHVZHJVLQHLQHP*HJHQVDW]YRQ%DQN¿QDQ]LHUXQJYHUVXV.DSLWDOPDUNW-
¿QDQ]LHUXQJPDQLIHVWLHUHQ(LQ8QWHUQHKPHQGDVPLWXQWHUVFKLHGOLFKHQ
%DQNHQ]XVDPPHQDUEHLWHWGLHLKUHUVHLWVXQWHUVFKLHGOLFKH*HVFKlIWVPRGHOOH
KDEHQ UHJLRQDOYHUVXVEHUUHJLRQDOLQWHUQDWLRQDOWlWLJH,QVWLWXWH HUUHLFKW
auch dadurch bereits erhebliche 'LYHUVL¿]LHUXQJVHIIHNWH. Allein die Tatsache,
dass das amerikanische System stärker kapitalmarktbasiert ist, während das
kontinentaleuropäische stärker die traditionelle Kreditvergabe präferiert, gibt
keine Auskunft darüber, welches System stabiler ist. Empirische Studien sind
in dieser Frage nicht eindeutig.

,QGLHVHP=XVDPPHQKDQJYHUZHLVWGDV3DSLHUGDUDXIGDVVGLH.RPPLVVLRQ
derzeit einen Vergleich der Regelungen zur Darlehensvollstreckung durch-
IKUWLQGHP%HVWUHEHQGLH5LVLNHQQDFKKDOWLJ]XVHQNHQXQGGHQ=XJDQJ]X
Finanzmitteln zu fördern. Eine vollständige Harmonisierung der Darlehens-
vollstreckungVRZLHGHV,QVROYHQ]UHFKWVDXIGHU(EHQHDOOHU::80LWJOLHGHU

                                                                                                                       5
bleibt unerwünscht, lediglich die Angleichung der Darlehensvollstreckung
LVWHUZQVFKWXP%DQNHQPLWEHUUHJLRQDOHU5HLFKZHLWHPHKU*HVFKlIWV-
möglichkeiten zu eröffnen. Die Segmentierung der Kreditmärkte würde
reduziert. Dies könnte auch ein Weg sein, um asymmetrische Schocks in der
WWU besser zu absorbieren. Es wäre zu begrüßen, wenn die EU-Kommission
an dieser Stelle mit noch mehr Nachdruck agiert.

=LHOIKUHQGHUDOVHLQH(UVHW]XQJYRQNUHGLWEDVLHUWHQ)LQDQ]LHUXQJHQGXUFK      Markt für Risiko- und Beteiligungs-
Wertpapiere anzustreben, erscheint uns das Anliegen der EU-Kommission,          kapital stärken
GHQ=XJDQJ]X5LVLNRXQG%HWHLOLJXQJVNDSLWDO]XYHUEHVVHUQ*HPl‰.I:
wurden in den USA im Jahr 2014 etwa sieben Mal so viele Venture Capital
,QYHVWLWLRQHQJHWlWLJWDOVLQ'HXWVFKODQG MHZHLOVJHPHVVHQLP9HUKlOWQLV
]XP%,3 (LQH(QWZLFNOXQJGLHVHV0DUNWHVLVWYRQJUR‰HU:LFKWLJNHLWXP
GLH,QQRYDWLRQVNUDIWGHV(XURUDXPV]XVWlUNHQ

Als konkreteste Maßnahme zur Verwirklichung der Kapitalmarktunion bringt        Zusätzliche regulatorische Bürden
die EU-Kommission die Einführung einer einheitlichen europäischen Kapi-         vermeiden!
tal-marktaufsicht ins Spiel. Man will damit ein „wahrlich integriertes“
)LQDQ]LHUXQJVXPIHOGVFKDIIHQ*UXQGVlW]OLFKVDJHQZLUDQGLHVHU6WHOOH.HL-
ne neuen regulatorischen Lasten für die Finanzdienstleistungsunternehmen!
Banken und Sparkassen sind vollauf damit beschäftigt die neue Regulie-
rungswelt nach der Finanzkrise zu bewältigen. Ob eine neue Aufsichtsinsti-
tution zu einem besseren Funktionieren des Kreislaufs von Ersparnissen und
Kapitalnachfrage führen würde, ist sehr fraglich. Eine Koordinierungsstelle
IUGLHQDWLRQDOHQ$XIVLFKWHQUHLFKWGDEHLDXV:LFKWLJLVWHVKLHULP*HJHQ-
teil sicherzustellen, dass Finanzmarktprodukte, die sich in bestimmten Län-
GHUQGXUFKJHVHW]WKDEHQLP=XJHYRQ+DUPRQLVLHUXQJVEHPKXQJHQQLFKW
ÄZHJKDUPRQLVLHUW´ZHUGHQGDGLHVIUGLHEHWURIIHQHQ/lQGHULP=ZHLIHO
kontraproduktiv wirkt.

Schließlich sieht die EU-Kommission die Notwendigkeit, eine sichere An-
lage in Form von staatsanleihebesicherten Wertpapieren bzw. Sovereign
Bond-Backed Securities (SBBS) zu entwickeln. Vorgesehen ist eine Struktur,
die eine Vergemeinschaftung von Schulden der Mitgliedsländer ausschließt.
0LWGLHVHQ%RQGV²VRGLH,GHH²VROOGDV3UREOHPGHU9HUÀHFKWXQJHQ]ZL-
schen Staaten und Banken angegangen werden, da Banken gemäß empiri-
scher Befunde einen überproportionalen Teil ihrer Anlagen in Staatsanleihen
ihres Herkunftslandes investiert haben. Außerdem soll auch hier eine desta-
ELOLVLHUHQGH.DSLWDOÀXFKWYRQ¿QDQ]VFKZDFKHQ]X¿QDQ]VWDUNHQ/lQGHUQ
YHUPLQGHUWZHUGHQLQGHPHLQHVLFKHUH$VVHWNODVVHLP(XUR²lKQOLFKGHU
DPHULNDQLVFKHQ6WDDWVDQOHLKHQ²JHVFKDIIHQZLUGDQGHUDOOH0LWJOLHGVOlQ-
der beteiligt sind.

Es ist richtig, dass das Problem der in der Krise beobachteten Abwärts-
spirale]ZLVFKHQ%DQNHQXQG6WDDWVYHUVFKXOGXQJ ZLHHWZDLQ,UODQGXQG

                                                                                                                      6
Spanien) angegangen werden muss. Auch die beobachtete Überforderung
GHU(XURSlLVFKHQ=HQWUDOEDQNDOVÄ/HQGHURI/DVW5HVRUW´IU%DQNHQXQG
6WDDWHQVWHKWKLHUPLWLP=XVDPPHQKDQJ0LWGHU9HUVFKlUIXQJGHU5HJX-
lierung und der Eigenkapitalvorschriften ist dazu auch bereits ein Beitrag
geleistet worden. SBBS scheinen auf den ersten Blick geeignet, dieses Prob-
lem weiter zu vermindern. Es stellt sich allerdings die Frage, warum es diese
Anleihen nicht bereits gibt. Denn grundsätzlich können Banken schon heute
derartige Anleihen strukturieren. Die Tatsache, dass dies nicht geschieht, ist
wohl einer mangelnden Nachfrage nach derartigen Papieren sowie deren re-
gulatorischen Nachteilen geschuldet. Die Aussichten, die Entwicklung dieses
Marktes durch Änderungen eben dieser Regulatorik zu fördern, erscheinen
uns nicht zielführend. Wir teilen hier die Kritik des wissenschaftlichen Bei-
rats beim Bundesministerium der Finanzen.

Ein vielversprechenderer Ansatz dürfte eher sein, Nachranganleihen bzw.          Accountability Bonds
so genannte Accountability Bonds für Staaten einzuführen, auch wenn              zielführender als SBBS

damit aus Schuldnersicht aktuell mit Blick auf die Niedrigzinsphase kaum
ZLUWVFKDIWOLFKH9RUWHLOHHU]LHOWZHUGHQN|QQWHQ*HPl‰GLHVHV0RGHOOV
von Johannes Becker und Clemens Fuest würde jeder Euromitgliedstaat
YHUSÀLFKWHWVHLQVWUXNWXUHOOH%XGJHWGH¿]LWHGLHEHUGHV%,3KLQDXV-
JHKHQPLW1DFKUDQJDQOHLKHQ]X¿QDQ]LHUHQ6ROOWHGDV/DQGHLQ(603UR-
gramm in Anspruch nehmen müssen, wäre die Voraussetzung für die
,QDQVSUXFKQDKPHGHQ6FKXOGHQGLHQVWIUGLH1DFKUDQJDQOHLKHQHLQ]XVWHO-
len. Die erstrangigen Staatsanleihen blieben hingegen von dieser Regelung
unberührt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Marktdisziplin würde auf die
(PLWWHQWHQZLUNHQXQGGLH(=%GHUGHU$QNDXIYRQ1DFKUDQJDQOHLKHQYHUER-
WHQZlUHZUGHQLFKWLQHLQH¿VNDOLVFKH5ROOHJHGUlQJWZHUGHQ

6FKOLH‰OLFKYHUZHLVWGDV5HÀH[LRQVSDSLHULP.RQWH[WGHU)LQDQ]XQLRQQRFK
auf die Möglichkeit, die regulatorische Behandlung von Staatsanleihen
(bislang: keine Eigenkapitalunterlegung im Standardansatz bspw. für den
(XURUDXP ]XYHUlQGHUQ=LHOGLHVHU0D‰QDKPHZlUHHEHQIDOOVGHQ1H[XV
zwischen Staaten und Banken zu vermindern. Solche Maßnahmen können
DEHUQLFKWQXUGLH6WDDWHQ¿QDQ]LHUXQJVRQGHUQJHUDGHDXFKGLH)LQDQ]LH-
rung des Mittelstands als Antreiber des Aufschwungs in Europa gefährden,
da das Banksystem beträchtliche Summen an Eigenkapital zusätzlich gene-
rieren muss, die unter Umständen nicht mehr für die Darlehensvergabe an
Unternehmen zur Verfügung stehen. Um eine Destabilisierung der Finanz-
märkte zu vermeiden, müssten hier sehr lange Übergangsfristen vereinbart
ZHUGHQ=XGHPPVVWHHLQH'LIIHUHQ]LHUXQJQDFKGHP6FKXOGHQVWDQGMHGHV
/DQGHVVRZLHLQQHUKDOEGHU0LWJOLHGVWDDWHQMHQDFK$XIEDXGHV*HVDPWVWDD-
                                                                                 Eingenkapitalunterlegung von Staats-
tes die innerstaatliche Verbundenheit erfolgen. Auf die Notwendigkeit einer      anleihen nur unter verschiedenen
globalen Regelung verweist richtigerweise die EU-Kommission zumindest in         Bedingungen sinnvoll
Ansätzen.

                                                                                                                        7
Wirtschaftliche und soziale Konvergenz: Wettbewerbsfähigkeit nicht
vergessen
'LH(8.RPPLVVLRQEHWRQWLQLKUHP5HÀH[LRQVSDSLHUGLH%HGHXWXQJGHU
wirtschaftlichen und sozialen Konvergenz. Diese ist, so die Kommission, am
EHVWHQEHUHLQH9HUWLHIXQJGHUZLUWVFKDIWOLFKHQ,QWHJUDWLRQ]XHUUHLFKHQ
'HU%LQQHQPDUNW IUHLHU*WHU'LHQVWOHLVWXQJVXQG.DSLWDOYHUNHKUVRZLH
)UHL]JLJNHLWGHU$UEHLWVNUlIWH VROOGDEHLÀDQNLHUWZHUGHQYRQHLQHPVR
genannten digitalen Binnenmarkt, einer Energieunion sowie einer Banken-
und Kapitalmarktunion.

'HU|NRQRPLVFKH*HGDQNHKLQWHUGLHVHUhEHUOHJXQJOLHJWDXIGHU+DQG(V
geht um die optimale Allokation der Produktionsfaktoren innerhalb der EU
E]ZGHU::8-HWLHIHUGLH,QWHJUDWLRQGHVWRVWlUNHUNDQQVLFKGDV:DFKV-
tumspotential der Union entfalten. Vor allem soll durch die Konvergenz die
Widerstandsfähigkeit der einzelnen Mitgliedsländer gegenüber Schocks
erhöht werden.

,QGLHVHP=XVDPPHQKDQJVLHKWGLH(8.RPPLVVLRQHLQHQYHUVWlUNWHQ%H-
darf der wirtschaftspolitischen Koordination. Eine wichtige Rolle wird dem
Europäischen Semester zugesprochen, mit dessen Hilfe wirtschaftspoliti-
sche Maßnahmen koordiniert werden und die Überwachung der Haushalts-
regeln sowie des Stabilitäts- und Wachstumspaktes erleichtert werden soll.
Das Europäische Semester soll zudem in einer Weise ergänzt werden, dass
produktivitätserhöhende Reformen in den einzelnen Mitgliedsländern bes-
ser umgesetzt werden. Hier wird aber leider nicht die Bedeutung regionaler
:LUWVFKDIWVNUHLVOlXIHKHUYRUJHKREHQ=XGHPVROOWHDXFKDOV)RUWVFKULWW
bezeichnet werden, dass mittlerweile durch die intensiven Dialoge
LQGHQ/lQGHUQGLH/lQGHUVSH]L¿VFKHQ(PSIHKOXQJHQLQGHQOHW]WHQ-DKUHQ
deutlich an Wert gewonnen haben.

Uns erscheinen die Vorschläge für „mehr Konvergenz“ sehr ad hoc und            Das Prinzip der Subsidiarität muss mit
wenig durchdacht. Konvergenz im Sinne der Angleichung von Pro-Kopf-Ein-        Leben gefüllt werden
kommen ist hier nicht mehr gemeint, sondern es geht um die Konvergenz
von Wirtschaftspolitik bis hin zur Angleichung von Verwaltungsmecha-
nismen. Es ist eine fundamentale Frage, wie der Begriff der Subsidiarität
praktisch auf das vielfältige Wirtschaftsleben angewendet werden soll. Vor
der Einführung von Angleichungsmechanismen wünschen wir uns eine
konzeptionelle Diskussion darüber, auf welchen Gebieten eine solche
Angleichung sinnvoll ist und wo die Vorteile der europäischen Vielfalt
LKUH1DFKWHLOHDXIZLHJHQ=XGHPLVWHVXQNODUDXIZHOFKHQ3XQNWKLQGLH
Politiken der einzelnen Länder konvergieren sollten. Es fehlt in Europa eine
wirtschaftspolitische Konzeption, wie sie etwa in den Mitgliedstaaten in
*HVWDOWGHU6R]LDOHQ0DUNWZLUWVFKDIWIU'HXWVFKODQGRGHUGHU3ODQL¿FDWLRQ
IU)UDQNUHLFKYRUOLHJHQXQGDQGHQHQVLFKZLUWVFKDIWVSROLWLVFKH*UXQGVDW-
zentscheidungen, wie etwa die der Angleichung von Rahmenbedingungen
orientieren können.

                                                                                                                        8
=XGHPPXVVGHU(LQZDQGHUQVWJHQRPPHQZHUGHQGDVVeuropäische
Empfehlungen oder auch Regeln, etwa beim Stabilitäts- und Wachstum-
VSDNWRKQHKLQQLFKWHLQJHKDOWHQZUGHQ,QGHU7DWYHUVWLH‰HQYLHOH/lQGHU
mehrere Jahre in Folge gegen den Stabilitäts- und Wachstumspakt. Wertlos
ist er dadurch aber nicht. Vielmehr muss er revitalisiert werden. Nehmen wir
HLQ%HLVSLHODXVGHP6WUD‰HQYHUNHKU=ZDUEHUWUHWHQYLHOH$XWRIDKUHUHLQ
Tempolimit von 120 km/h und fahren stattdessen 140 oder 150 km/h. Aber
HVJLEWQXUZHQLJHGLHPLWNPKIDKUHQ,QVJHVDPWWUlJWGDV7HPSROLPLW
daher dazu bei, die Autobahnen sicherer zu machen. Die Tatsache, dass bei
zu schnellem Fahren ein Führerscheinentzug (220 km/h) oder drastische
*HOGVWUDIHQ NPK GURKHQLVWDOOHUGLQJVDXFKHLQ+LQZHLVGDUDXIGDVV
man in Europa über wirksame und ökonomisch sinnvolle Sanktionsmecha-
nismen nachdenken sollte. So stellt sich schon die Frage, mit wie vielen
Ausnahmetatbeständen die Sanktionsmechanismen belastet werden sollen
(120 km/h, außer es „scheint die Sonne“ ... etc.) und wer diese Sanktionen
umsetzt.

,Q5FNJULIIDXIGHQ%HULFKWGHUIQI3UlVLGHQWHQYRP-XQLVFKOlJWGLH
EU-Kommission die Schaffung von Standards für öffentliche Ausgaben, Bil-
dungsinvestitionen, Wettbewerb sowie Steuer- und Sozialversicherungssys-
teme vor. Auch soziale Mindeststandards werden in die Diskussion gebracht.

*HJHQEHUUHLQHQStandards ist Skepsis angesagt, Benchmarking hinge-           Benchmarking ist gegenüber reinen
gen ist fruchtbar. Wenn ein Land es versteht, seine Bildungsinvestitionen      Standards zu bevorzugen
besonders produktiv einzusetzen, dann können andere Länder davon lernen.
'DVJOHLFKHJLOWIUHLQHHI¿]LHQWDUEHLWHQGH9HUZDOWXQJRGHUGDVGXDOH
Ausbildungssystem in Deutschland. Deutlich schwieriger ist dies bei den
Steuer- und Sozialversicherungssystemen. So sind die Höhe der Steuern
XQG$EJDEHQVWHWVLQHLQHP=XVDPPHQKDQJPLWGHQGDUDXVUHVXOWLHUHQGHQ
öffentlichen Leistungen zu sehen. Je nach der Struktur und den Kompe-
WHQ]HQGHU*HELHWVN|USHUVFKDIWHQGHUHLQ]HOQHQ/lQGHUHUJHEHQVLFKJDQ]
unterschiedliche Systeme, die eine Angleichung auf Standards sehr schwie-
rig machen und auch mit Blick auf die angestrebte Einheit in Vielfalt nicht
erstrebenswert sind.

,Q%H]XJDXIGDV$QOLHJHQSURGXNWLYLWlWVHUK|KHQGHReformen umzusetzen,
schlägt die Kommission vor, die Verwendung von EU-Mitteln (EU-Struktur-
XQG,QYHVWLWLRQVIRQGV VWlUNHUPLWGHQ8PVHW]XQJVHUIROJHQEHL5HIRUPHQ]X
verknüpfen. Derzeit sind die Mitgliedsländer aufgefordert, die Länderspe-
]L¿VFKHQ(PSIHKOXQJHQGHU(8.RPPLVVLRQLQGLH*HVWDOWXQJGHUYRQGHQ
(6,)RQGV¿QDQ]LHUWHQ3URJUDPPHHLQÀLH‰HQ]XODVVHQ'DV9RUHQWKDOWHQ
YRQ0LWWHOQIDOOVGLH*HJHQOHLVWXQJIHKOWLVWELVODQJQLFKWYRUJHVHKHQ

Eine derartige Vorgehensweise ist zu begrüßen, wenn es dabei strikt um
Maßnahmen geht, die nicht unter das Subsidiaritätsgebot fallen, sondern
offensichtlich für die Vertiefung der Integration innerhalb der EU bzw. der

                                                                                                                   9
WWU von wesentlicher Bedeutung sind. Der Ausbau von Strom- und von
Breitbandnetzen gehört dazu zweifellos genauso wie der Ausbau von gren-
züberschreitenden Verkehrswegen für LKW, PKW und Bahn. Dabei sind ge-
PHLQVDPHHXURSlLVFKH,QWHUHVVHQ]XEHJUQGHQGLHGDQQLQGHU8PVHW]XQJ
die regionalen Wirtschaftskreisläufe stärken.

(XURSDPXVVJHPHLQVDPH0DUNWUHJHOQLP6LQQHHLQHV´OHYHOSOD\LQJ¿HOGµ         È/HYHOSOD\LQJßHOGÆEHLGHU
weiter ausbauen. So sind Gewinnverschiebungen nur durch die Ausnutzung          Unternehmensbesteuerung anstreben

YRQ8QWHUVFKLHGHQLQGHU6WHXHUJHVHW]JHEXQJ]XEHJUHQ]HQ=XU9HUPHL-
dung dieser Strategien können sich Mindestbesteuerungssätze als sinnvoll
erweisen.

Makroökonomische Stabilisierungsfunktion: EU nicht überfordern
Als dritten Punkt schlägt die EU-Kommission vor, dass für die WWU eine ma-
kroökonomische StabilisierungsfunktionHLQJHIKUWZLUG=ZHL,QVWUXPHQWH
ZHUGHQLQV*HVSUlFKJHEUDFKW(LQ,QVWUXPHQW]XP6FKXW]GHU|IIHQWOLFKHQ
,QYHVWLWLRQVWlWLJNHLWXQGHLQHEuropäische Arbeitslosenrückversicherung.
Außerdem werden ein gemeinsamer Finanzminister und ein gemeinsames
Budget diskutiert.

,Q%H]XJDXIGLHEHLGHQ,QVWUXPHQWHÄ6FKXW]GHU|IIHQWOLFKHQ,QYHVWLWLRQVWl-
tigkeit“ und „Europäische Arbeitslosenrückversicherung“ liefert die Kom-
PLVVLRQNDXP'HWDLOV]XU$XVJHVWDOWXQJ²DXIJHQDXGLHVH'HWDLOVNRPPWHV
KLHUDOOHUGLQJVDQ=XU(XURSlLVFKHQ$UEHLWVORVHQYHUVLFKHUXQJNXUVLHUHQ]ZDU
einige Modelle, es wird aber nicht deutlich gemacht, wie die Eigenverantwor-
tung zum Abbau der Arbeitslosigkeit in den Ländern gestärkt werden soll.

Arbeitslosigkeit im Euroraum und internationalen Vergleich
30                                                                                Euroraum, Durchschnitt
                                                                                  Deutschland
25                                                                                Frankreich
                                                                      23,6
                                                                                  ,WDOLHQ
20                                                                    19,6        Spanien
                                                                                  *ULHFKHQODQG
15                                                                                USA
                                                                      11,7        Japan
10                                                                    10,1
                                                                      10,0
                                                                      4,9
5
                                                                      4,1
                                                                      3,1         Quelle: Eurostat (2017): Anteil der Ar-
0                                                                                 beitslosen an allen Erwerbspersonen
        2008          2010           2012          2014          2016             eines Landes

                                                                                                                   10
*UXQGVlW]OLFKN|QQWHHLQHArbeitslosenversicherung als automatischer             Europäische Arbeitslosenversicherung
Konjunkturstabilisator funktionieren, ohne dass über Ausgabenkürzungen           als automatischer Stabilisator unter
                                                                                 bestimmten Voraussetzungen möglich
und -erhöhungen debattiert werden muss. Denn im Aufschwung sinken die
Staatsausgaben für Arbeitslose und wirken wachstumsdämpfend und im
Abschwung wird die Rezession durch die Mehrausgaben für den Arbeits-
markt gemildert. Dass sie auch auf europäischer Ebene diskutiert werden
kann, zeigen die USA. Dort gibt es neben den Versicherungssystemen auf der
Bundesstaatenebene zusätzlich eine zentrale Arbeitslosenversicherung in
Washington, die in Krisen als Stabilisator wirken kann und damit hilft, asym-
metrische Schocks abzufedern.

Befürchtungen, dass Euroländer mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit
EHVRQGHUVSUR¿WLHUHQZUGHQN|QQWH]ZDUHLQ5LHJHOYRUJHVFKREHQZHUGHQ
indem mit der Europäischen Arbeitslosenversicherung die Bezugsdauer des
Arbeitslosengeldes relativ kurz gestaltet wird, so dass in den Mitgliedslän-
dern ein Anreiz besteht, die Arbeitslosen wieder schnell in den Arbeitsmarkt
zu integrieren. Langzeitarbeitslose bzw. die strukturelle Arbeitslosigkeit
PVVWHZHLWHUKLQYRQGHQ1DWLRQDOVWDDWHQ¿QDQ]LHUWZHUGHQ=X$EJUHQ-
zungsproblemen zur nationalen Arbeitslosenversicherung könnte es mög-
licherweise dennoch kommen. Die Europäische Kommission legt nicht dar,
was sie mit einer Rückversicherung konkret meint. Hier könnte nur eine
Fazilität gemeint sein, die bei besonders schweren, nur auf eines oder wenige
Länder treffenden Schocks die Arbeitslosenversicherungen dieser Länder
unterstützt, und damit lediglich die konjunkturelle Arbeitslosigkeit temporär
auffangen hilft. Die Teilnahme an einem solchen System sollte jedoch ebenso
wie bei allen anderen Umverteilungsmechanismen mit Reformen zu einem
leistungsfähigen Arbeitsmarkt verknüpft werden. Entscheidend bleibt somit
bis auf weiteres, dass die Verantwortung für die Bekämpfung der Arbeitslo-
sigkeit auf nationaler Ebene angesiedelt ist, und damit nur mit der nationalen
politischen Verantwortlichkeit Hand in Hand geht.

Ein weiterer Vorschlag ist, ein Schatzamt für den Euroraum einzuführen.
Diesem Schatzamt wäre nach der Vorstellung der EU-Kommission die wirt-
schafts- und haushaltspolitische Überwachung, eine Fiskalkapazität für die
makroökonomische Stabilisierungsfunktion (beispielsweise die Europäische
Arbeitslosenversicherung), die Ausgabe einer möglichen sicheren Anlage
(SBBS) sowie der ESM bzw. ein zu schaffender Europäischer Währungsfonds
XQWHUVWHOOW,P=XVDPPHQKDQJPLWGHPJHPHLQVDPHQ6FKDW]DPWZLHGHUKROW
GLH(XURSlLVFKH.RPPLVVLRQDXFKGLH,GHHHLQHQgemeinsamen Finanzmi-
nister]XLPSOHPHQWLHUHQGHU²VRGLH(8.RPPLVVLRQ²GHU9RUVLW]HQGHGHU
(XURJUXSSHE]ZGHV(FR¿Q5DWVZlUH

*UXQGVlW]OLFKEOHLEHQKLHUZLFKWLJH)UDJHQZLHGLHQDFKGHUdemokratische
Legitimation bzw. der Einnahmeseite des Schatzamtes unbeantwortet, die

                                                                                                                   11
aber unseres Erachtens essentiell sind. So bleibt ungeklärt, wie ein gemein-      *HPHLQVDPHU)LQDQ]PLQLVWHURKQH
VDPHU)LQDQ]PLQLVWHUSROLWLVFK²]%GXUFKGDV(XURSlLVFKH3DUODPHQWRGHU       Neuverhandlungen der Europäischen
                                                                                  Verträge nicht möglich
XQGGHQ(XURSlLVFKHQ5DW²OHJLWLPLHUWZHUGHQVROO'DUEHUKLQDXVZlUHGLH
Schaffung des Amtes eines gemeinsamen Finanzministers mit einer Neuver-
handlung der Europäischen Verträge verbunden. Denn ein gemeinsamer Fi-
nanzminister für die WWU müsste auch eine Einnahmekompetenz haben, d.h.
eigene Steuern erheben. Das geben aber die Europäischen Verträge nicht her.

*OHLFK]HLWLJEHVWQGHPLWHLQHPJHPHLQVDPHQ)LQDQ]PLQLVWHUGLH&KDQFH
VLFKDXILQWHUQDWLRQDOHU%KQHPLWHLQHPJU|‰HUHQ*HZLFKWLQ7KHPHQHLQ]X-
bringen wie beispielsweise Finanzmarktregulierung und Steuergesetzgebung
(Stichwort: Steueroasen).

'LH,GHHGHQ(60LQHLQHQEuropäischen Währungsfonds umzuwandeln, der
dann im Krisenfall nach einem konkreten Mechanismus eingreifen kann, dürf-
WHGLH::8EHLDXVUHLFKHQGHU$XVVWDWWXQJGLHVHV)RQGVVWlUNHQ,Q%H]XJ
auf die Art und das Volumen dieses ESM müsste dann auch das Europäische
Parlament einbezogen und der Vorbehalt des Deutschen Bundestages gesi-
chert bleiben. Damit wäre ein weiterer Schritt hin zur Stärkung der Stabilisie-
rungsfunktion für Europa, seine Mitgliedsländer und Regionen erreicht.

Fazit
,QVJHVDPWYHUVWHKHQZLUGDV5HÀH[LRQVSDSLHUGHU(8.RPPLVVLRQ]XU
9HUWLHIXQJGHU::8DOVHLQH$QWZRUWDXIGLH9HUXQVLFKHUXQJGLHDXV%UH[LW
XQGGHPKRKHQ=XVSUXFK]XSRSXOLVWLVFKHQ%HZHJXQJHQLQQHUKDOEGHU(8
UHVXOWLHUW'HU=HLWSXQNWIUGLHVH'HEDWWHLVWMHW]WQDFKGHQ3DUODPHQWVZDK-
len in Frankreich günstig gewählt, da durch den Machtwechsel in Frankreich
die politische Arbeit vor einem Neuanfang steht und dies den Euroraum und
Europa insgesamt voranbringen kann.

Die meisten Vorschläge und Forderungen der Europäischen Kommission sind Das Momentum nutzen, um die
hinreichend offen formuliert, damit die Mitgliedsländer und die sie tragenden Währungsunion richtig voranzubringen
,QVWLWXWLRQHQLKUHHLJHQHQ9RUVWHOOXQJHQHLQEULQJHQN|QQHQ*OHLFK]HLWLJLVW
GLH5LFKWXQJNODU'LH,QWHJUDWLRQVROOYRUDQJHWULHEHQZHUGHQ'DVVLQGLHVHP
Prozess die Eigenverantwortung der Mitgliedsländer eine entscheidende
Rolle spielt, ist zu betonen und es ist positiv, dass dies durch die Kommission
aufgegriffen wurde. Lässt sich jetzt das Momentum generieren, die Wäh-
rungsunion richtig voranzubringen, könnte dies die Mitgliedsländer in den
nächsten Monaten und Jahren gegenseitig zu noch mehr Anstrengungen
animieren. Aus ordnungspolitischer Sicht müssen dabei übergreifende euro-
SlLVFKH,QVWLWXWLRQHQXQG5HJHOQGXUFKGLH6FKDIIXQJYRQPHKU7UDQVSDUHQ]
und Belohnungssystemen als Katalysator fungieren. Das ist eine gute Chance,
die Europäische Soziale Marktwirtschaft in Europa zu verwirklichen, die die
besten Elemente der nationalen Erfahrungen vereint.

                                                                                                                  12
Disclaimer
Das vorliegende Positionspapier der Chefvolkswirte entspricht nicht notwendigerweise der Haltung der
DekaBank oder der Haltung der jeweiligen Landesbanken und Sparkassen.

Impressum
Herausgeber                                               Verantwortlich
'HXWVFKHU6SDUNDVVHQXQG*LURYHUEDQG                     Pia Jankowski ²'6*9
Abteilung Volkswirtschaft und Finanzmärkte                Leitung Abteilung Volkswirtschaft, Finanzmärkte
Charlottenstraße 47                                       und Wirtschaftspolitik
10117 Berlin                                              3LD-DQNRZVNL#'6*9'(
Telefon: 030 20225-5303
'6*99RONVZLUWVFKDIW#'6*9GH                              Dr. Reinhold Rickes ²'6*9
ZZZ'6*9GH                                               /HLWHUGHU*UXSSH9RONVZLUWVFKDIW5HIHUDW(XURSlLVFKH
                                                          Wirtschatfts- und Währungspolitik, Finanzstabilität
Redaktionsschluss dieser Ausgabe                          5HLQKROG5LFNHV#'6*9'(
19. Juni 2017
                                                          Hinweis
Gestaltung                                                $OOH3XEOLNDWLRQHQGLHVHU5HLKH¿QGHQ6LHXQWHU
Franz Metz, Berlin                                        http://www.dsgv.de/de/fakten-und-positionen/
                                                          Standpunkte_Chefvolkswirte.html
Bildnachweis
Seite 1: Plainpicture/Sabine Vielmo                       ISSN
                                                          2509-3851

                                                                                                                13
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