Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah ...
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Nr. 107 / August 2020 Unregelmässig erscheinende Hauszeitschrift für interessierte Personen Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah ... Der alljährliche Ausflug des Altersheims Ruhesitz musste dieses Jahr, auf Grund der Corona-Kriese, leider gestri- chen werden. Doch selbstverständlich nicht ersatzlos! Frau Vögeli und Frau Schwaninger von der Aktivierung zauberten einen Plan B aus dem Zylinder. Hinter dem «Haus Frühling» wurde ein gemütlicher Fest- platz mit Feuerstelle, Partyzelt, Grill und bequemen Stüh- len aufgebaut. Gruppenweise wurde das Mittagessen zum abwechslungs- reichen Brätel-Plausch. Am Morgen bereiteten die jewei- ligen Bewohnerinnen und Bewohner zuerst die Beilagen selber vor. Fleissig wurden Kartoffeln und Salat gerüstet. Auch die Tischdekoration wurde von den Bewohnerinnen und Bewohnern selber gestaltet. Viele kleine Sträusslein aus frischen Wiesenblumen wurden gebunden. Gegen Mittag trudelten alle beim grossen Feuer ein. Für musikalische Unterhaltung sorgte Frau Klingler mit ihrer Handorgel. Es ertönten altbekannte Volkslieder. Wer Lust hatte, konnte sich selber einen Cervelat am Stecken über dem Feuer grillieren. Unter dem Partyzelt wurde ausgiebig getafelt. Selber Zubereitetes schmeckt einfach immer köstlich. Mit Wein, Bier und Tee pros- teten wir einander zu und sangen fröhlich das Beringer Randenlied und viele andere. Zum Dessert wurden feine Schokoladen-Bananen in der Glut zubereitet und rundeten so geschmackvoll das fröh- liche Beisammen sein ab. Felix Maurer
Ruhesitz-News Nr. 107 August 2020 Seite 2 Das Jahr 2019 – Bericht des Heimleiters «Wo kämen wir hin, wenn alle sagten, wo kämen Ich beobachte in meinem Arbeitsfeld leider die Tenden- wir hin, und keiner ginge, um zu sehen, wohin wir zen, dass unsere Arbeit effizient organisiert wird, sich kämen, wenn wir gingen.» Kurt Marti (1921–2017) jedoch nicht effektiv an den Bedürfnissen der betroffe- nen Menschen orientiert. Vorgaben des Krankenversi- Was erwartet uns am Ende unse- cherungsgesetzes, in der Theorie erarbeitete Konzepte res Weges? Erst wenn ich mich oder Vorgaben zu Ausbildungsabschlüssen und mess- auf den Weg mache, werde ich bare Personalschlüssel stehen im Vordergrund. Bei vie- es erfahren. Mein Weg im Ruhe- len QM-Systemen ist es nicht wichtig, dass die richti- sitz dauert bereits über 25 Jahre gen Personen anwesend sind, sondern dass die richtige und hat schon viele Etappen Anzahl von Personen mit den richtigen Ausweisen und erreicht. Wohin wir noch kom- Zertifikaten abgehakt werden kann. men werden – darauf bin ich Ich werde die Vermutung nicht los, dass in unserer derart gespannt. zahlengläubigen Welt all das, was sich nicht in Zahlen Mit Zuversicht erwarte ich, dass die letztjährigen Ent- ausdrückt, zum Störfaktor wird. Der Wert der Menschen scheidungen und die aufgebrachte Energie zugunsten oder viele Handlungen von Pflege und Betreuung sind des Zentrums für Altersfragen Früchte tragen werden. nicht messbar und bilden somit bei QM-Systemen einen Dafür stehen die Vorzeichen gut und die Perspektive ist Störfaktor. Sogar der Schweizer Ökonomieprofessor greifbar. So gab sich der Gemeindepräsident von Berin- Matthias Binswanger schreibt: «Man glaubt den Zah- gen, Hansruedi Schuler, gegenüber der Schaffhauser len – selbst wenn sie nicht stimmen. Dabei verwechselt Nachrichten anfangs Januar 2020 erwartungsvoll: Er man die Indikatoren, die man messen kann, mit Quali- hofft, dass im Verlauf dieses Jahres nicht nur der Quar- tät. Echte Qualität kann man nie messen.» So wird der tierplan vom Kanton bewilligt wird, sondern auch das Mensch als unberechenbare Grösse zum Unterbrecher Bauprojekt. All das ist ein Ergebnis intensiver Arbeit eines ansonsten gut funktionierenden Systems. Bei aller während des Berichtsjahrs. Ich bin gespannt, wo wir im Kritik an den QM-Systemen: Sie sind nicht ersetzbar. nächsten Jahr hinkommen. Denn das Problem sind nicht diese Systeme und deren Instrumente. Das Problem liegt in der Annahme, dass Sich mit der Qualität der Arbeit auseinanderzusetzen, sie eine umfassende Qualität garantieren können, was ist eine meiner Hauptaufgaben. Dabei beobachte ich, nicht der Fall ist. Die Sozialarbeiterin und Buchautorin dass der von vielen geforderte Qualitätswettbewerb im Judith Giovannelli-Blocher drückt das Dilemma rund Gesundheitswesen zunehmend auf Kritik stösst, insbe- um das Thema Qualität wie folgt aus: «Das Leben kann sondere von Verantwortungsträgern in der Pflege. Die man nicht in einem Punktesystem abhaken. Es ist unbe- Kritik besagt, dass sich Qualität im Gesundheitswesen rechenbar und unmessbar. Ebenso alle Menschen, die gar nicht quantitativ messen lässt. Qualitätsmanage- in diesen Berufen tätig sind, in denen es zentral um das mentsysteme verlangen aber gerade messbare Krite- geht, was im Erfassungsformular gar nicht abhakbar ist, rien, die aus Zielen und Prozessen abgeleitet werden. im Qualitätssystem, das heute in all den Institutionen so Die Ableitung ist in vielen Fällen jedoch schwierig. Die viel Zeit wegfrisst, dass man keine Zeit mehr hat zum Qualitätskriterien − vor allem im Bereich der Ergebnisse Lachen und Spazieren und Zusammensitzen mit den − sind künstlich und erscheinen weit hergeholt. Trotz- Menschen. Um das geht es aber eigentlich. Und darum dem müssen sie dann erhoben, evaluiert und diskutiert dürfen alle Menschen, die in diesen Berufen tätig sind, werden. stolz sein. Wir können stolz sein, dass wir etwas vertre- ten, das nicht messbar ist – aber zu tun hat mit echter, Wir organisieren unsere Arbeiten möglichst effizient, lohnender Lebensqualität.» denn das können wir messen und hoffen, damit Quali- tät abzubilden. Nun stellen Sie sich jedoch einmal Fol- Zeitgemässe Führung besteht darin, einen Sinn in einer gendes vor: Sie wollen eine Leiter hochklettern und Sie Aufgabe zu wecken, ja sogar den Mitarbeitenden die- beginnen zu überlegen, wie Sie möglichst schnell nach sen Sinn aufzudecken, was wiederum ihre Motivation oben gelangen. Sie kommen auf die Idee, zwei Leiter- steigert. Führen heisst im Ruhesitz: Sinn stiften. Nicht sprossen aufs Mal zu nehmen. Auch könnten Sie durch Führung durch Gehorsam, sondern Führung durch Dis- zusätzliches körperliches Training die Leistungsfähig- ziplin führt zum Ziel. Mit anderen Worten heisst das, keit erhöhen – Sie werden damit schneller. Nun klettern Menschen in ihre eigene Disziplin, oder anders ausge- Sie also diese Leiter hoch und merken am Ende, dass drückt, in ihre eigene Verantwortung zu führen. Im hie- sie an der falschen Stelle steht. Na super! Dabei waren rarchischen Führungsmodell gab es einen Leader. Er Sie zwar effizient, doch keineswegs effektiv – das Ziel war ganz oben auf dem Organigramm und sagte stets, wurde verfehlt! wo es lang geht und wie es gemacht werden muss – und
Ruhesitz-News Nr. 107 August 2020 Seite 3 das wurde von den Untergebenen so ausgeführt. Das ist len und Grafiken geben Ihnen Einblick in das Funkti- nicht mehr zeitgemäss – denn die Eigenmotivation und onieren des Ruhesitzes. Die Personalkosten bilden wie somit auch das Verantwortungsbewusstsein von Mitar- üblich den Hauptteil unserer Ausgaben. beitenden kann man nur steigern, wenn man ihnen einen Sinn, ja gar eine Vision vermittelt. Ein grosses Dankeschön gebührt dem Ehepaar Kehl, welches uns bei der Gestaltung unserer Hauszeitung Einen grossen Dank spreche ich unseren Kadermitarbei- unterstützt. Im November 2003 ging die erste Informa- tenden aus. Sie helfen mit, das bereits erstellte Grundge- tionszeitung im Ruhesitz in den Druck. Ein Jubiläum rüst mit einer hohen Qualität aufrechtzuhalten. Zusam- durften wir im April 2019 mit der hundertsten Ausgabe men mit unseren zahlreichen weiteren Mitarbeitenden unserer Zeitung feiern. Bei der Durchsicht der ersten leisten sie sehr viel – denn wir wollen bewusst nicht Exemplare ist mir bewusst geworden, dass wir grosse nur dem «Mainstream» folgen. Danke an alle für den Wegstrecken zurückgelegt haben. Zum Glück haben wir motivierten Einsatz und alles Sinn stiften. Im Speziellen vieles gewagt und wissen jetzt, «wo wir hingekommen danke ich allen für das Übernehmen von Verantwortung sind, weil wir gegangen sind». – in der Ausübung ihres Berufs, aber auch auf der zwi- schenmenschlichen Ebene. Wir im Ruhesitz wollen weiterhin den Mut aufbrin- gen, um vorwärtszugehen und auch eine möglichst Unterstützt werden wir dabei durch die Bevölkerung hohe Effektivität zu erreichen. Das Ziel bleibt dasselbe: der Zweckverbandsgemeinden. Sowohl die finanziel- Die Schaffung einer hohen Lebensqualität für unsere len Unterstützungen als auch die Ermunterungen und Bewohnerinnen und Bewohner. Diesen Mut wünsche Zusprüche, welche uns erreichen, motivieren uns bei ich auch Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser. unserer Arbeit. Im Speziellen möchte ich an dieser Stelle den vielen Personen danken, welche mit einer Spende Die grosszügigen Spenden, welche wir im Jahr 2019 mithelfen, die Weiterentwicklung des Ruhesitzes und erhalten haben, tragen dazu bei, den Bewohnern im seinen Dienstleistungen zu ermöglichen. Ruhesitz eine angenehme Wohnumgebung zu schaffen; herzlichen Dank für Ihre Unterstützung. Wir betrachten Wiederum durften wir vielen Menschen eine gute die Zuwendungen als Zeichen der Wertschätzung und Lebensqualität im Alter bieten. Dank der hohen Nach- Bestätigung für unsere Arbeit. frage und der guten Nutzung unserer Angebote erleben wir finanziell eine stabile Situation. Die folgenden Zah- Beringen, im März 2020 Daniel Gysin Jahresrechnung 2019 Dank der guten Belegung und der Unterstützung vieler Spender im Berichtsjahr durften wir die Jahresrechnung erfolg- reich abschliessen. Herzlichen Dank! Aufwand Ertrag Personalkosten 5’848’286.42 Pensionstaxen 3’268’710.00 Medikamente und Pflegematerial 115’309.65 Betreuungstaxen 789’091.00 Lebensmittel und Getränke 324’341.63 Pflegetaxen Versicherer 1’717’956.00 Textilien und Textilersatz 16’547.85 Pflegetaxen Bewohner 694’144.80 Haushaltsartikel 55’449.49 Pflegetaxen Gemeinde 1’682’320.90 Wasch- und Reinigungsmittel 27’342.40 Ertragsminderung – 9’186.60 Hauswirtschaftliche Fremdleistungen 309’872.45 Pflegematerial, diverse Verkäufe 108’144.70 Investitionen/Unterhalt Immobilien 57’852.37 diverse Einnahmen 23’905.00 Abonnemente 34’755.50 Kapitalzinsertrag 4’000.00 Investitionen in Mobilien 22’928.89 Umsatz Cafeteria 90’920.25 Unterhalt/Reparaturen Mobilien 38’579.32 Verpflegung, Leistungen an Dritte 149’641.15 Werkstattmaterial 6’193.25 Liegenschaftsergebnis 46’880.95 Unterhalt/Betrieb Fahrzeuge 5’257.75 Strom/Fernheizung/Wasser 187’411.90 Gewinn 34’406.19 Abschreibungen/Rückstellungen/Miete 1’262’389.30 Büromaterial/EDV/Diverses 112’878.07 Auslagen für Heimbewohner 39’084.77 Versicherungen/Abwasser/Deko 67’610.95
Ruhesitz-News Nr. 107 August 2020 Seite 4 Am 31. Dezember 2019 lebten 86 Bewohnerinnen und Bewohner im Ruhesitz. Im Diagramm erkennen Sie die Verteilung nach Herkunftsort. Am 31. Dezember 2019 belief sich die Aufenthaltsdauer auf durchschnittlich 3 Jahre, 8 Monate und 2 Tage. Ende 2002 dauerte ein durchschnittli- cher Aufenthalt 3 Jahre und 9 Monate. Das Durchschnittsalter betrug Ende 2019 87 Jahre und 15 Tage. 2002 war es etwas tiefer und lag bei 86 Jahren, 8 Monaten und 4 Tagen. BESA-Einstufungen Je mehr Hilfe benötigt wird, desto höher die BESA-Stufe Unsere 61 Vollzeitstellen wurden von 95 Personen besetzt.
Ruhesitz-News Nr. 107 August 2020 Seite 5 Das Jahr 2019 – Bericht des Stiftungsratspräsidenten Wie im April 2018 anlässlich der Leistungsschau in Beringen vorgestellt, sollten 2019 in Bezug auf das Zentrum für Altersfragen nachfolgende Meilensteine verankert werden: die Verabschiedung der finanziellen Verbindlich- keiten zwischen der Stiftung Ruhesitz und den Ver- bandsgemeinden die Projekteingabe zwecks behördlicher Freigabe die Erstellung des Quartierplans und die eventuelle Umzonung von Flächen und Grundstücken Das Jahr 2019 sollte in vielerlei Hinsicht ein wegwei- Einige dieser genannten Etappen haben wir im Laufe sendes Jahr werden! des Berichtsjahres vorantreiben und gar verabschieden ein 25-jähriges Dienstjubiläum können. So wurde im frühen Sommer das Vorprojekt um die ersten behördlichen Rückmeldungen ergänzt verschiedene Entscheidungen im Zusammenhang und konnte so Mitte Juli 2019 beim Gemeinde rat mit dem Neubauprojekt Frühling eingereicht werden. Nach der Genehmigung des Vor- projektes durch den Gemeinderat wurde in der Kon- 2019 – ein vielversprechendes Jahr! sequenz die Ausarbeitung des Bauprojektes sowie die Entwicklung des Quartierplans in Auftrag gegeben. Jubiläum Die Projektentwicklung sieht Ende 2019 einen leich- Am 1. August 1994 durfte Daniel Gysin die Heim- ten zeitlichen Verzug auf der geplanten Zeitachse vor leitung des Alters- und Pflegeheims Ruhesitz über- – alle involvierten Verantwortlichen sind aber zuver- nehmen und am 1. August 2019 sein 25-jähriges sichtlich, dass 2021 mit der ersten Bauetappe gestartet Dienstjubiläum feiern! Als Stiftungsrat haben wir werden kann. uns anlässlich unserer Sitzung vom 23. Oktober 2019 sehr gefreut, dieses Ereignis zu feiern. 25 Jahre lei- Ende November – anlässlich des Mitarbeiter-Weih- denschaftliches Engagement in die Altersarbeit, in nachtsessens – wurde einmal mehr sichtbar, welch die Weiterentwicklung eines Alters- und Pflegeheims wertschätzendes und respektvolles Betriebsklima und 25 Jahre persönliche Investition zugunsten älterer den «Ruhesitz» prägt. Allen Mitarbeitenden wurde es Mitmenschen! Herzlichen Dank, Daniel Gysin. ermöglicht, an den Feierlichkeiten teilzunehmen. Ein Jahresabschluss, der durch verschiedenste Beiträge – Zentrum für Altersfragen / Projekt Frühling musikalisch und in Worten – Dankbarkeit widerspie- Im September 2012 wurde es der Stiftung Alters- gelte. und Pflegeheim Ruhesitz ermöglicht, die Parzelle «Frühling» zu erwerben. Die Überzeugung, dadurch Ganz persönlich die wachsenden und angepassten Bedürfnisse und Wir stehen als Stiftungsrat und als gesamte Erkenntnisse einer zeitgemässen und wertschätzen- «Ruhesitz»-Mannschaft vor grossen Herausforderun- den Altersbetreuung sicherstellen zu können, war gen. Die nächsten Etappen wollen wir mit viel Elan, vom Stiftungsrat in jeder Hinsicht gegeben. Sieben Überzeugung und Gottvertrauen angehen. Und weil Jahre später sollten endlich erste sichtbare Schritte wir uns weiter gemeinsam dafür hingeben und einset- dieser Überzeugung folgen. Dank einem guten Jahres zen, werden wir diese «unter die Füsse» nehmen kön- abschluss 2018 konnten sodann auch die finanziellen nen. Ich danke der gesamten «Ruhesitz»-Mannschaft, Grundlagen dafür geschaffen werden. Anlässlich der der Heimleitung, den Stiftungsratskolleginnen und Stiftungsratssitzung vom 18. März 2019 konnte der -kollegen für ihr Commitment! Stiftungsrat einen erfreulichen Jahresabschluss ver- Lohn, im April 2020 abschieden. Dieser ermöglichte es, weitere Rückstel- lungen für die geplanten Investitionen in das Neubau Ralf Oberli projekt zu bilden.
Ruhesitz-News Nr. 107 August 2020 Seite 6 Abschlussfeier Lernende 2020 Die Abschlussfeiern 2020 sind gezeichnet von die Feier begleitet. Seine «Message» an die vier erfolg- der Corona-Pandemie. Es gibt weder grosse Feste reichen Absolventen hat er in einen Rap verpackt und noch feierliche Zusammenkünfte. Trotzdem ist ein brachte die Anwesenden sogar dazu, mitzutanzen. Abschluss auch in diesem Jahr etwas wert – viel Daniel Gysin lobt während seiner Rede ebenfalls die sogar, denn er markiert den Übergang zu einem neuen Berufsbildnerinnen, welche mit grossem Engagement Lebensabschnitt. Daher wollten wir den erfolgreichen die Lernenden begleitet und ausgebildet haben. Er Abschluss der erwähnt auch alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Absolventinnen welche Zeit und Energie in die Lernenden investiert und des Absol- haben, damit der Ruhesitz qualitativ gut ausgebildete venten mit einer Fachpersonen beschäftigen kann. Was ihn besonders kleinen Feier im freut, ist, dass alle vier weiterhin im Ruhesitz tätig Ruhesitz würdi- sein werden und er sie als Berufskolleginnen und gen. Am Mitt- Berufskollegen begrüssen darf. woch, 1. Juli, war es soweit. Die Burim und Vlora stellen sich neuen Herausforde- Absolventen, ihre Berufsbildner und wenige Gäste rungen. Sie machen einen Wechsel! Vlora arbeitet treffen sich im Mehrzwecksaal für eine kleine Feier. zukünftig in der Funktion einer ausgebildeten Fach- frau Gesundheit und nicht mehr als Pflegehelferin. Daniel Gysin betont während seiner Ansprache, dass Die Qualifikation von Burim Bahtijari entspricht die vier etwas Grossartiges geleistet haben und sie einem HF-Absolventen. Selina und Leonora treten als stolz darauf sein können. Mit der kleinen Feier wolle Fachfrauen Gesundheit ins Berufsleben ein. er dies würdigen und auf sie anstossen. Daniel Gysin stellt den Anwesenden folgende Fragen: Was ist unser Ziel im Beruf? Welchen Sinn verfolgen wir? Sinn in der Arbeit zu finden, ist viel wichtiger als viel Geld oder Ansehen. Mit «sinnerfüllten Aufgaben» brennt man weniger aus – das ist erwiesen. Die beste Burn-out-Prophylaxe: sinnvolle Arbeit! Er regt mit folgender Geschichte zum Nachdenken an: «Drei Mitarbeiter sind dabei, einem älteren Menschen bei der Körpertoilette zu helfen. Der erste Mitarbeiter wird gefragt: «Was tun Sie da?» «Ich wasche einen Nebst der schönen musikalischen Einleitung durch Menschen!», brummt der und sieht dabei nicht ein- Thomas Braun und seiner Tochter Rahel konnten mal auf. «Was machen Sie?», wird der zweite Mit- die Anwesenden einen zusätzlichen Leckerbissen arbeiter gefragt. Seufzend antwortet der: «Ich muss geniessen. Patrick Portmann hat zusammen mit zwei Geld verdienen, um meine grosse Familie ernähren zu jugendlichen Sängerinnen und einem weiteren Sänger können!» Schliesslich wird auch der dritte Mitarbeiter gefragt: «Und was tun Sie?» Der blickt auf den Fra- genden, dann auf den älteren Menschen und sagt leise: «Ich versuche, einem Menschen eine gute Lebensqua- lität zu bieten. Es ist die gleiche Antwort, aber es sind ganz verschiedene Motive.» (Diese Geschichte finden Sie auch im Artikel «Vom Sinn der Arbeit» von Daniel Gysin.) Welche Motive oder welchen Sinn prägen unser Han- deln? Lebensqualität zu ermöglichen und dass man Sinn in der Arbeit findet und der Arbeitsalltag immer
Ruhesitz-News Nr. 107 August 2020 Seite 7 gabe von Blumen und je einem Gutschein für einen wohlverdienten Brunch im Schloss Laufen sowie fürs El Bertin und lädt nach dem musikalischen Ausklang wieder durch «sinnhafte Arbeit» gefüllt wird. In die- von Thomas und Rahel Braun alle Anwesenden zu sem Sinne entlässt Daniel Gysin die erfolgreichen einem leckeren Apéro ein. Absolventinnen und den Absolventen nach der Über- Doris Frosini Carte Blanche: Zu viele Köche verderben den Brei Wenn bei den Qualitätsvorgaben für die Pflegeheime Bundesrat festgelegte Qualitätsziele und Empfeh- nicht mehr klar ist, wer wofür zuständig ist, geht dies lungen der neuen Eidgenössischen Qualitätskommis- zu Lasten der Heimbewohner. sion umzusetzen. Diese Neuerungen gelten auch für Behinderteneinrichtungen, die Pflegeleistungen über Oberstes Ziel der Dienstleister das KVG abrechnen. Das führt zu einem Governance- für Men schen mit Unterstüt- Problem: Welches sind genau Aufgaben, Kompeten- zungsbedarf ist die Lebensqua- zen und Verantwortung von Kantonen, Bundesrat, lität der Menschen, die sie pfle- Qualitätskommission, Krankenversicherern und Leis- gen, betreuen und begleiten. Für tungserbringern bei der Festlegung von Qualitätsvor- die Pflegeheime ist dieses Ziel gaben? Wer ist für welche Qualitätsfragen zuständig? im nationa len Qualitätsbericht Selbst wenn diese Fragen beantwortet sind, ist nicht des BAG ausdrücklich genannt. sichergestellt, dass die Akteure über ein gemeinsames Um eine gute individuelle Qualitätsverständnis verfügen. Wie kann sicherge Lebensqualität zu erreichen, stellt werden, dass die Qualitätsvorgaben der Akteure benötigen die Heime einen umfassenden Ansatz auf inhaltlich kompatibel sind und sich am übergeordne- betrieblicher Ebene, der verschiedenste Lebensbedin- ten Ziel der Lebensqualität ausrichten? gungen berücksichtigt: Sicherheit, soziale Zugehörig- keit und Selbstbestimmung. Absehbar ist zurzeit eine einseitige Ausrichtung an der medizinischen Versorgungssicherheit, ein wachsender Zwei Verordnungsänderungen, die der Bundesrat in administrativer Aufwand für weitere Indikatoren und eine Vernehmlassung ge geben hat, gefährden die- immer weniger Zeit für das Pflege- und Betreuungs- sen integralen Ansatz. Aktuell erlassen die Kantone personal, sich den betroffenen Menschen direkt zuzu als Aufsichtsbehörden Qualitätsvorga ben. Gestützt wenden. Das schmälert die Attraktivität für Berufe, auf das KVG erheben die Pflegeheime seit letztem bei denen wir mit einem Fachkräftemangel konfron- Jahr zudem medizinische Qualitätsindikatoren. Neu tiert sind. Und es trägt definitiv nicht zu einer besseren will der Bundesrat den Kantonen detaillierte Quali- Lebensqualität bei. Curaviva Schweiz setzt sich vehe- tätskriterien vorschreiben, die für die Aufnahme in ment dafür ein, dass es nicht so weit kommt. die kantonale Pflegeheimliste gelten sollen. Zudem sollen die Verbände der Krankenversicherer und der Daniel Höchli Leistungser bringer Verträge abschliessen, um vom Direktor von Curaviva Schweiz
Ruhesitz-News Nr. 107 August 2020 Seite 8 Vom Sinn der Arbeit in der Corona-Krise Eine Sonderprämie Die gleiche Geschichte könnte im Ruhesitz so lauten: für Corona-Zeiten. Drei Mitarbeiter sind dabei, einem älteren Menschen Macht das Sinn? bei der Körpertoilette zu helfen. Der erste Mitarbeiter wird gefragt: «Was tun Sie da?» «Ich wasche einen Die Corona-Krise hat alle in einem nie erwarteten Aus- Menschen!», brummt der und sieht dabei nicht ein- mass getroffen. Es sind grosse Herausforderungen, mal auf. «Was machen Sie?», wird der zweite Mit- die wir meistern müssen. arbeiter gefragt. Seufzend antwortet der: «Ich muss Diese Gedanken schreibe ich Ende Juni nieder. Ich bin Geld verdienen, um meine grosse Familie ernähren zu gespannt, welche Entwicklung ich bis zum Drucken können!» Schliesslich wird auch der dritte Mitarbei- der Hauszeitung im August 2020 erfahren werde. ter gefragt: «Und was tun Sie»? Der blickt auf den Fragenden, dann auf den älteren Menschen und sagt Es wurden Entscheidungen getroffen, welche die leise: «Ich versuche, einem Menschen gute Lebens- Lebensqualität der Bewohner/innen, der Mitarbeiter/ qualität zu bieten.» Es ist die gleiche Arbeit, aber es innen und auch der Angehörigen beeinflusste. Rück- sind ganz verschiedene Motive. blickend haben wir im Ruhesitz vieles richtig – aber bestimmt auch Fehler gemacht. Welche Motive oder welchen Sinn prägen mein Han- deln? Alle in der Not getroffenen Anordnungen und Mass- nahmen wurden erlassen, weil diese Entscheidungen Ich wünsche uns, dass wir Sinn in der Arbeit finden für uns Sinn gemacht haben. Leider war es oftmals und ich wünsche uns, dass unser Arbeitsalltag weniger nicht möglich, allen Bedürfnissen gerecht zu werden. durch ergebnislosem Dokumentationswahn bestimmt Dieser Realität bin ich mir bewusst. wird und wir nicht unsere Energie dafür aufwenden müssen, den Forderungen der Rechtfertigung nachzu- Der Ruhesitz basiert auf einer Grundhaltung, die auf rennen. Wir wollen Lebensqualität mit Sinn fördern Liebe aufbaut, Individualität zulässt und gegenseiti- können. In der Corona-Notzeit erlebte ich nebst der gem Respekt. Die Liebe gilt somit als eine tragende grossen Anspannung eine Reduktion der administrati- Säule. Die Haltung, Liebe zu leben, das ist es, was mir ven Aufgaben. Das Controlling durch Krankenkassen Sinn gibt und mich glücklich macht. Ich weiss es und z.B. wurde reduziert. Im Ruhesitz erlebte ich, dass wir spüre es auch in meinem Herzen und doch – im All- uns verstärkt «an den Bedürfnissen der Menschen» tag hinke ich manchmal hinterher. Trotz diesem zeit- orientiert haben. Nebst aller Anspannung, der Angst weiligen Scheitern lohnt es sich, diese Grundhaltung und dem Druck erlebte ich auch viele «schöne Begeg- zu leben. Ich erlebe es als förderlich, dass ich trotz nungen». Rückschlägen immer wieder den Sinn meiner Arbeit erkenne. Eine Sonderprämie für Corona-Zeiten. Folgende Geschichte regte mich zum Nachdenken an: Macht das Sinn? Drei Bauarbeiter sind dabei, Steine zu schleppen, als ein Vorübergehender sie anspricht. Er fragt den ers- Noch wichtiger als Geld sollte meiner Meinung nach ten Arbeiter: «Was tun Sie da?» «Ich trage Steine!», eine gute Arbeitsatmosphäre sein und eine Arbeit, die brummt der und sieht dabei nicht einmal auf. «Was Sinn macht. machen Sie?», fragt er den zweiten Arbeiter. Seufzend antwortet der: «Ich muss Geld verdienen, um meine Daniel Gysin grosse Familie ernähren zu können!» Schliesslich wird auch der dritte Arbeiter gefragt: «Und was tun Sie»? Der blickt auf den Fragenden, dann auf das Bauwerk und sagt leise: «Ich baue mit an einem Krankenhaus!» Es ist die gleiche Arbeit, aber es sind ganz verschie- dene Motive.
Ruhesitz-News Nr. 107 August 2020 Seite 9 Essen in Gesellschaft und Mahlzeitendienst Immer mehr ältere Menschen leben in der Schweiz. An 365 Tagen im Jahr bringt Ihnen ausserdem unser Viele davon bleiben so lange wie möglich im eige- nen Heim. Damit das möglich ist, braucht es einige Mahlzeitendienst Vorkehrungen. Unter anderem ist eine gute Ernährung das Mittagessen nach Hause. Transportiert werden die sehr wichtig. Der Ruhesitz ist ein Kompetenzzentrum, Mahlzeiten fertig gekocht in einem speziellen Kunst- welches sich seit der Gründung mit allen Belangen stoffbehälter. Sie müssen die Speisen nicht mehr des Alterns auseinandersetzt und ein optimales Leben zusätzlich aufwärmen und benötigen daher weder für unsere Gäste, Bewohner des Ruhesitzes sowie die einen Mikrowellenherd noch eine andere Vorrichtung. Senioren der drei Dörfer anstrebt. Dazu gehört auch Dieser Service gewährleistet eine kontinuierliche Mit- eine gute und ausgewogene Ernährung. tagsmahlzeit und kann für Sie eine zusätzliche Sicher- Eine Möglichkeit ist, sich bei uns im Ruhesitz zu heit darstellen, da Ihnen unser Fahrer das Essen bis an verpflegen. Jeden Monat, ausser im Dezember, tref- die Haustüre bringt. fen sich Bewohner des Ruhesitzes und Senioren aus Sollten Sie im Notfall Hilfe benötigen, kann unser Beringen, Siblingen sowie Guntmadingen zu einem Fahrer die nötigen Schritte einleiten. gemeinsamen Die Mahlzeiten werden in der Regel zwischen 11.00 Senioren-Mittagstisch im Ruhesitz und 11.45 Uhr ausgeliefert. Sie können diesen Service Nach längerer Pause wegen der Corona-Pandemie fin- täglich, nur an einzelnen Wochentagen oder zeitlich den diese Mittagstische seit 4. August wieder statt. befristet in Anspruch nehmen. Sollten Sie einmal die Mahlzeit nicht benötigen, können Sie sich bis ca. 9.30 Das Mittagessen wird um 11.45 Uhr serviert. Die Uhr telefonisch bei uns abmelden. Siblinger treffen sich am ersten Dienstag im Monat, die Beringer am Mittwoch der Folgewoche und die Der Ausbruch der Corona-Pandemie hatte auch auf Löhninger und Guntmadinger ebenfalls am Mittwoch, diesen Bereich unserer Dienstleistungen ihren Ein- eine Woche später. Die genauen Daten werden jeweils fluss: Wie vom Bund im März 2020 vorgegeben, auf der Homepage publiziert und liegen im Eingangs- sollten Menschen über 65 und Menschen mit Vor bereich des Ruhesitzes auf. So ist es möglich, sich mit erkrankung nicht mehr unter die Leute gehen, und im Freunden, Bekannten und Nachbarn ungezwungen bei Ruhesitz wurde ein Besuchsverbot verhängt. Dies war uns zu treffen und die Geselligkeit zu pflegen. der Auslöser für einen Aufruf nach freiwilligen Hel- fern für den Auslieferdienst, den wir im Coop Berin- Wir bieten aber auch die Möglichkeit, das gen ausgehängt hatten. Mittagessen in der Cafeteria Die Resonanz auf den Aufruf war beeindruckend, und des Ruhesitzes zu geniessen. Das Mittagessen wird schnell haben 10 Helfer den Fahrdienst selbständig jeweils um 11.30 Uhr serviert, und Sie können diesen mit Hilfe einer WhatsApp-Gruppe koordiniert. Dies Service täglich, nur an einzelnen Wochentagen oder bedeutete für uns eine grosse Entlastung, und wir zeitlich befristet in Anspruch nehmen. möchten uns hiermit bei allen freiwilligen Helfern bedanken, die sich während der letzten drei Monate für den Ruhesitz engagiert haben. Sind Sie interessiert an einem oder mehreren unserer Angebote? Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme unter Telefon 052 685 16 51. Unseren Menüplan finden Sie auf unserer Homepage www.pflegeheim-ruhesitz.ch. Wir hoffen, mit dieser Veröffentlichung unsere Mahl- zeiten-Dienstleistung zeitgemäss zu ergänzen und freuen uns jederzeit über Rückmeldungen. Dominique Fischer
Ruhesitz-News Nr. 107 August 2020 Seite 10 Interview mit Frau Heidi Zurfluh ser Zeit vier Jahre alt. Wir besuchten sie noch einen Tag vor ihrem Tod im Spital und brachten ihr Orangen und Bananen, die sie so sehr mochte. Nach dem Tod mei- ner Mutter war mein Vater mit uns vier Kindern auf sich gestellt. Dazu kam, dass er arbeitslos war. Das war keine einfache Zeit für uns alle. Wir ernährten uns mehr oder weniger von Fischen, die er im Rheinfallbecken angeln durfte, und von Kaninchen, die wir im Garten hielten. Ich mochte die Kaninchen sehr und durfte sie jeweils Heute stellen wir Ihnen mit Möhren oder Brot füttern oder was sonst vorhanden Frau Heidi Zurfluh vor. war. Mich stimmte es immer traurig, wenn es dann wie- Sie wohnt seit dem 31. Mai der Kaninchen zum Essen gab. Deshalb habe ich bis vor 2006 im Ruhesitz. kurzem kein Kaninchenfleisch mehr gegessen. Mein Vater hat später eine Witfrau geheiratet. Leider war i Wie geht es Ihnen Frau Zurfluh? unser Verhältnis nicht so gut. Mehr oder weniger recht. Manchmal habe ich wegen Nach 9 Jahren Schulzeit, die ich allesamt in Neuhausen dem Rheuma starke Schmerzen, dann gibt es Tage, die absolviert habe, reiste ich mit 15 Jahren für ein Haus- besser sind. Ich fühle mich hier sehr gut umsorgt; es geht haltsjahr nach Porrentruy auf einen Bauernhof. Ich hatte mir soweit gut. mich um den Haushalt und die fünf Kinder zu kümmern. iE rzählen Sie uns doch von Ihrem Werdegang, Frau Ich habe bei der Familie auch im Stall mitgearbeitet, Zurfluh. Wo sind Sie aufgewachsen? hatte aber nach einem Zwischenfall mit einer Kuh keine Freude mehr daran. Eine der Kühe hat mir mit dem Ich wuchs in Neuhausen in der «Villa Fürchterlich» an Schwanz um den Kopf geschlagen … der Neubergstrasse 14 (s. Bild) auf. Das Wohngebäude wurde so genannt, weil es für die damalige Zeit mit sei- Ich mochte es sehr, während dem Betten- und Sauber- nen fünf Stockwerken das höchste Haus in Neuhausen machen zu singen und zu jodeln. Das habe ich seit mei- war. Die Toilette befand sich im Treppenhaus, war sozu- ner frühen Kindheit immer gerne getan, zumal mein sagen öffentlich. Um in die Waschküche zu gelangen, Vater mich dazu animiert hat; er hat sogar den Jodelclub mussten wir nach draussen und ums Haus herum gehen. Schaffhausen gegründet. Da ich eine ziemlich kräftige Selbstverständlich besassen wir damals noch keine Stimme hatte, hörte man mich in der Gärtnerei unterhalb Waschmaschine, d.h. wir wuschen die Wäsche mühsam des Hofes und auch im Sanatorium oberhalb. Ich wurde von Hand auf dem Waschbrett. eingeladen, im Sanatorium zu singen und auch da und dort an Anlässen. Elsie, die Frau des Hauses, hat mich einmal heimlich an einen Gesangswettbewerb angemel- det und für mich eine schöne Tracht gemietet. Ich war überrascht, als ich bei einem vermeintlichen Unterhal- tungsabend aufgerufen wurde zum Singen. Nach kurzer Nervosität sang ich «Det enne am Bergli am Trueb» und gewann den 1. Preis!! Sogar das Radio «Sottens» war mit dabei. So kam es, dass ich recht oft an Anlässen sang, und dabei wurde getanzt und Kuchen genossen. Es war einen schöne Zeit in Porrentruy; leider lernte ich nicht so gut Französisch, da die Frau der Familie von Eschenz kam und mit mir eher Deutsch als Französisch sprach. Das Haus Sonnenheim war mit seinen fünf Stockwer- Schön war, dass ich ein tolles Verhältnis mit der Familie ken Anfang des 20. Jahrhunderts eines der höchsten hatte. Lange Zeit blieben wir schriftlich in Kontakt; sie Wohngebäude in Neuhausen. Keine 100 Meter entfernt baten mich auch immer wieder um Besuche bei ihnen. soll nun auf dem RhyTech-Areal bis zu 75 Meter hoch Nach zwei Jahren im schönen Porrentruy kam ich nach gebaut werden. Neuhausen zurück. Leider konnte ich keinen Beruf erler- Ich wuchs mit drei Geschwistern auf. Meine Mutter nen, da das Geld dazu fehlte. Dafür half ich bei meiner starb leider, als sie erst 40 Jahre alt war. Ich war zu die- Stiefmutter überall mit, sei es in der Kantine der SIG
Ruhesitz-News Nr. 107 August 2020 Seite 11 oder im Garten. Meinen Mann habe ich dann in der Kan- i Wie erleben Sie das Leben im Ruhesitz? tine der SIG kennengelernt. Ich kannte ihn zwar schon Für mich ist das Altersheim Ruhesitz meine Heimat vor meiner Zeit in Porrentruy, da er bei meiner Stief- geworden. Ich wurde schnell heimisch, und ich finde, mutter in der Pension übernachtete, wenn er als «Visi- dass sich alle Mühe mit den Bewohnerinnen und Bewoh- teur» zur SIG kam. Wir «schätzelten» miteinander als nern geben. ich 21 Jahre alt war und verlobten uns bald. Leider hatte ich plötzlich Probleme mit einer Niere und begab mich i Wie erleben Sie das Älterwerden? in Behandlung zu Herrn Professor Schellenberg, einem damals bekannten Spezialisten in Zürich. Er musste mich Ich habe immer wieder grosse Schmerzen, was manch- schwer enttäuschen, denn wegen der kranken Niere, mal auf das Gemüt schlägt. meinte er, könne ich keine Kinder bekommen. Ich war sehr traurig, aber trotzdem so froh, dass ich einen lieben i Wie sieht heute ein normaler Tagesablauf aus? Mann an meiner Seite hatte. Er meinte nur, dass wir ja Um 6.30 Uhr ist bei mir Tagwache, dann werde ich auch Kinder adoptieren könnten. Wir heirateten im Jahr gewaschen und mir wird geholfen, die Kleider anzuzie- 1951 in Erstfeld. Zu Beginn der Ehe arbeitete ich bei der hen. Danach frühstücke ich. Später lege ich mich noch- Schaffhauser Wolle. Eines Tages brach ich bei der Arbeit mals hin, höre Musik oder Hörspiele. Ich mache auch zusammen; da kam heraus, dass ich schwanger war. Der jeden Tag meine Übungen. Mein Sohn kommt sehr oft Professor aus Zürich hat mir das nicht geglaubt, da ich zu Besuch, was ich sehr geniesse. Manchmal bringt ja wegen der Niere keine Kinder bekommen würde. Er er mir einen Schübling oder Schwartenmagen, die ich meinte dann, mein heranwachsendes Kind sei ein Wun- genüsslich verspeise. derkind, und ich solle mich sehr schonen, was ich natür- lich auch befolgte. i Sind Sie politisch aktiv? Informieren Sie sich über das Weltgeschehen? Ernst, unser Sohn kam als Frühgeburt im Jahr 1952 zur Welt und die Tochter Regula im Jahr 1957. Ich bin weder politisch aktiv, noch daran interessiert. Da ich nicht fernsehen kann, höre ich mir Sendungen am Mein Sohn wohnt heute in Beringen, was natürlich sehr Radio an. schön ist, da er keinen grossen Weg zurücklegen muss, um mich zu besuchen. i Was denken Sie über die Digitalisierung und die Mein Mann hatte einen Bruder, der etwas speziell war. Er moderne Technik? schaute ihm gut, aber leider verstarb mein Mann mit 64 Ich kann damit nicht viel anfangen, da ich ja schon so Jahren, d.h. vor ca. 30 Jahren. So kam es, dass ich mich lange nichts mehr sehe. dem Seppli während vieler Jahre widmete. Irgendwann wurde die Belastung für mich zu stark, und er siedelte i Was hatte bei Ihnen Tradition? ins Altersheim Rabenfluh über, wo es ihm gut gefallen hat. Er war sehr dankbar, dass ich immer für ihn da war. Von Kindheit an habe ich gejodelt und gesungen. Mein Vater machte es mir vor, da er selber ein passionierter iW ann und warum entschlossen Sie sich, in den Ruhe- Jodler war. sitz einzutreten? i Gab es einen glücklichsten Moment in Ihrem Leben? Ich konnte leider nicht wählen, da ich von einem Tag auf den anderen erblindete. Ich wohnte nämlich noch lange Die Geburt der Kinder war für mich natürlich etwas an der Badischen Bahnhofstrasse in Neuhausen, wo es ganz besonderes, da ich gemäss Professor Schellenberg mir sehr gut gefiel. Nach einer Knieoperation wurde es wegen meiner angeschlagenen Niere eigentlich keine recht schwierig für mich, immer in die 5. Etage zu stei- Kinder bekommen konnte. gen. Später war ich immer am glücklichsten, wenn ich nach Eines Tages bekam ich tränende Augen und suchte glei- einer der OPs nach Hause gehen durfte. Einmal hatte chentags den Augenarzt auf, um ein Medikament dage- ich einen Thrombose-Notfall und landete auf der Inten- gen zu verlangen. Er gab mir Tropfen, welche ich gleich sivstation. Herr Daniel Gysin hat mich schon am ersten anwendete. Ich begab mich anschliessend zum Friedhof, Tag auf der Intensivstation besucht; das fand ich einfach besuchte noch die Messe, um mich dann auf dem Balkon wunderbar. auf den Liegestuhl zu legen, als ich plötzlich ein Gefühl Herzlichen Dank für das Gespräch mit Ihnen! Ich wün- hatte, eine Faust schlage mir ins Auge. Ich konnte innert sche Ihnen alles Gute, vor allem Gesundheit. weniger Tage nichts mehr sehen, und so wurde ich not- gedrungen in den Ruhesitz gebracht, wo ich seither lebe. Doris Frosini
Ruhesitz-News Nr. 107 August 2020 Seite 12 Mitarbeiter/innen des Monats Das Team Zelg hat im Juni 2020 seine drei Lernenden als Mitarbeiter des Monats vorgeschlagen. Gerne greifen wir diesen Vorschlag auf und erweitern ihn auf alle Ruhesitz- Lernenden. Die vergangenen Monate haben auch unsere Lernenden besonders gefordert. Trotz mehr Präsenz im Betrieb schu- lisch am Ball bleiben zu können, forderte viel Selbstdiszi- plin in der «schulfreien» Zeit. Wir nehmen unsere Lernenden als sehr verantwortungs- bewusst, teamorientiert und wertschätzend wahr. Sie meisterten diese Mehrarbeit sehr gut, sind mit Elan und Herz dabei, auch wenn es manchmal strenger ist. Sie sind immer bereit, Dienste zu übernehmen oder zu tauschen, wenn Not am Mann oder an der Frau ist. Wir wissen dies sehr zu schätzen und freuen uns, allen Lernenden als kleines Dankeschön einen Gutschein für ein feines «El Bertin»-Glacé zu überreichen. Dominique Fischer Eintritte Bewohner Wir freuen uns, Herrn Hans Ulrich Egli im Ruhesitz begrüssen zu dürfen Herrn Hans Gmür und heissen Sie herzlich will- Herrn Eugen Wüger kommen. Schön, dass Sie bei uns Frau Hanni Roost wohnen, respektive als Ferien- Herr Werner Brandenberger oder Tagesgast bei uns sind. Austritt Personal Pema eine neue Herausforderung. Pema Ratutsang per 31.7.2020 Wir bedauern, dass eine fröhliche und hilfsbereite Mitarbeiterin Nach beinahe fünf Jahren Mithilfe weiterzieht und wünschen Pema bei der Gestaltung einer guten auf ihrem weiteren Lebensweg Lebensqualität im Ruhesitz sucht viel Freude. = Traurig nehmen wir Abschied von Herrn Rocco Centrone = 24.06.2020 ABSCHIED Herrn Eduard Ramel = 27.06.2020 Frau Verena Pfister = 01.07.2020 Frau Emmy Schwaninger = 05.07.2020 Frau Lily Emma Wettstein = 20.07.2020 «Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das weige Leben haben.» (Johannes 3, 16)
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