Was Potsdams Wirtschaft bewegt - IHK Potsdam

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Was Potsdams Wirtschaft bewegt - IHK Potsdam
Was Potsdams Wirtschaft bewegt

Impressum

Herausgeber:       Industrie- und Handelskammer (IHK) Potsdam
                                                                                                                               Die Industrie- und Handelskammer Potsdam
                   Breite Str. 2a-c                                                                                            zur Oberbürgermeister-Wahl der Landeshauptstadt Potsdam 2018
                   14467 Potsdam
Ansprechpartner:   IHK Potsdam,
                   RegionalCenter Potsdam/Potsdam-Mittelmark
                   Tel.: 0331 / 2786-0
                   E-Mail: ppm@ihk-potsdam.de
Bildnachweis:      ©pit24 - stock.adobe.com, Elisa Sonnenschein, IHK Potsdam
Copyright:         Nachdruck, Vervielfältigung oder Weiterverbreitung nur mit Quellenangabe und vorheriger Genehmigung durch
                   die Industrie- und Handelskammer Potsdam.
Stand              August 2018
Was Potsdams Wirtschaft bewegt - IHK Potsdam
Am 23. September 2018 wird in Potsdam eine neue Oberbürgermeisterin bzw. ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Damit
werden Weichen gestellt, wie sich die Landeshauptstadt künftig weiterentwickelt. Als bedeutender Wachstumsmotor und Ver-
waltungszentrum des Landes Brandenburg übernimmt Potsdam bereits heute mit Berlin viele zentrale Funktionen in der
Hauptstadtregion. Die Stadt fußt auf einer bedeutenden Geschichte, wächst stetig und bietet unzählige Perspektiven und
Potenziale. Allerdings stellt die Stadtpolitik aus unserer Perspektive keine ausreichenden Lösungen für die zahlreichen kom-
plexen Herausforderungen der Zukunft bereit.
Wie soll die Verkehrsführung bei wachsenden Pendlerströmen aussehen? Wo entstehen neue Gewerbegebiete, damit Potsdam
nicht Schlafstadt, sondern selbst ein pulsierender Wirtschaftsmotor ist? Wie können Ausgründungen und Start-ups in Potsdam
gefördert werden und wachsen? Wo wird bezahlbarer Wohnraum geschaffen – für Auszubildende, Studenten bis hin zu Fami-
lien? Werden Chancen im Tourismus ausreichend genutzt und wie ist eine wirtschaftsfreundliche Verwaltung aufgestellt?
Wirtschaft bedeutet Wertschöpfung und Wohlstand. Zahlreiche Branchen haben sich in den vergangenen zehn Jahren in Pots-
dam gut entwickelt. Pro Jahr sind so durchschnittlich mehr als 1.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden. Die Landeshaupt-
stadt ist traditionell stark von Dienstleistungen geprägt. Insbesondere ist Potsdam mittlerweile ein bedeutender Biotech- und
IKT-Standort, die Medienstadt Babelsberg und die zahlreichen Forschungseinrichtungen genießen internationale Anerkennung.
Als Gesamtinteressenvertretung von fast 12.000 Unternehmerinnen und Unternehmern aller Branchen in Potsdam adressieren
wir die Kandidatinnen und Kandidaten für die Oberbürgermeister-Wahl. Wir regen an, auf die benannten Fragen und Heraus-
forderungen im Interesse einer weiteren dynamischen Standortentwicklung, innovative und zukunftsweisende Antworten zu
finden. Die nachstehenden Positionen und Forderungen dienen hierbei als Orientierung. Gern möchten wir die konstruktive
Zusammenarbeit mit der zukünftigen Oberbürgermeisterin oder dem zukünftigen Oberbürgermeister fortsetzen und den Wirt-
schaftsstandort Potsdam erfolgreich weiter voranbringen.

Mario Tobias
Hauptgeschäftsführer der IHK Potsdam
Inhalt

    1. Verkehrsinfrastruktur                                  4

    2. Einzelhandel und Tourismus                             6

    3. Gewerbeflächenentwicklung und Wohnbebauung             8

    4. Gewerbesteuer-, Gebühren- und Abgabenentwicklung       10

    5. Wirtschaftsfreundliche Verwaltung                     12

    6. Ansiedlung, Start-ups, Standortimage                  14

    7. Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz               16

2                                                                  3
1. Verkehrsinfrastruktur                                                                                                                                     Forderungen der Industrie- und Handelskammer Potsdam

    Status quo
                                                                                                                              쮿 Das Straßenverkehrsnetz muss dem zunehmenden Individualverkehr angepasst und wenn notwendig ausgebaut
    Potsdam ist die größte kreisfreie Stadt im Land Brandenburg - und sie wächst rasant. Ein Ende der Entwicklung, die vor       werden. Die Behinderungen des Wirtschaftsverkehrs, auch durch Modellvorhaben wie z.B. an der Zeppelinstraße
    allem im Zuzug begründet liegt, ist nicht absehbar. In den kommenden Jahren werden mehr als 200.000 Einwohner in der         oder durch Pförtnerampeln, müssen ein Ende haben – was wir brauchen sind langfristige Lösungen und kein
    Landeshauptstadt leben. Doch der Andrang stellt die Stadt vor große Herausforderungen. Intensive Pendlerverflechtungen       Stückwerk.
    mit dem Umland und die direkte Nachbarschaft zur Metropole Berlin verschärfen die Verkehrsbelastung.
                                                                                                                              쮿 Um die Innenstadt für Pendler und Besucher attraktiv zu halten, müssen preiswerte, leicht zu erreichende, zusätz-
    Potsdam muss den Zuzug verträglich gestalten, aber vor allem innovative und schnelle Lösungen zur Anpassung der Ver-         liche Stellplatzkapazitäten (z. B. Park and Ride System) geschaffen werden.
    kehrsinfrastruktur entwickeln. Ein optimierter, reibungsloser Wirtschaftsverkehr ist hierbei dringend zu gewährleisten,   쮿 Der öffentliche Personennahverkehr ist einschließlich des Straßenbahnnetzes zügig auszubauen. Sowohl die
    während gleichzeitig attraktive Angebote für den öffentlichen Personennahverkehr zu schaffen sind. Sowohl die Erwei-         Anbindung nach Berlin als auch ins wachsende Potsdamer Umland muss verbessert werden. Der zweigleisige Aus-
    terung des Straßenverkehrsnetzes als auch leistungsfähige ÖPNV-Angebote zwischen Potsdam, seinem Umland sowie der            bau der S-Bahn zwischen Potsdam und Berlin-Wannsee hat dabei Priorität. Sowohl Taktung als auch Waggonan-
    Bundeshauptstadt können und müssen Entlastung schaffen. Bei dem dafür notwendigen Verkehrsinfrastrukturausbau                zahl des RE 1 sind schnellstmöglich zu erhöhen. Die Potsdamer Stammbahn ist in den kommenden zehn Jahren
    muss ein optimales Baustellenmanagement zur Selbstverständlichkeit werden.                                                   bis zum Berliner Hauptbahnhof wiederaufzubauen. Dabei ist zu prüfen, ob eine (Schnell-) S-Bahn oder eine
                                                                                                                                 Regionalbahn für die Verkehrsnachfrage am sinnvollsten ist.
                                                                                                                              쮿 Potsdam benötigt zudem eine direkte Bahnanbindung nach Berlin-Spandau mit eigenen Bahnhöfen in den Orts-
                                                                                                                                 teilen Grube, Marquardt und Satzkorn.
                                                                                                                              쮿 Für den zentralen Wachstumsraum im Potsdamer Norden braucht es dringend einen Masterplan „Wachstum und
                                                                                                                                 Verkehr“, um der künftigen Nachfrage gerecht zu werden.
                                                                                                                              쮿 Potsdams Fahrradfreundlichkeit muss sich an Münster oder der Metropolregion Frankfurt/Main orientieren. Wir
                                                                                                                                 brauchen attraktive Radwegenetze mit Schnellwegen für E-Bikes und Pedelecs.
                                                                                                                              쮿 Es ist dringend ein vorausschauendes und flexibles Baustellenmanagement einzurichten. Die Umbauarbeiten am
                                                                                                                                 Leipziger Dreieck ab 2019 sollten ein Prüfstand dafür sein.
4                                                                                                                                                                                                                                                   5
2. Einzelhandel und Tourismus                                                                                                                                 Forderungen der Industrie- und Handelskammer Potsdam

    Status quo

                                                                                                                               쮿 Der Tourismus muss als Wirtschaftsfaktor noch mehr Wertschätzung erfahren. Schlüsselprojekte und Maßnahmen
    Potsdams Freizeit- und Naturangebote machen die Stadt zu einem der beliebtesten Orte Deutschlands. Steigende Besu-
                                                                                                                                  aus der Tourismuskonzeption zur zielgerichteten Optimierung von touristischen Angeboten sind schneller umzu-
    cher- und Übernachtungszahlen belegen dies eindrucksvoll, wenngleich der Anteil ausländischer Gäste noch gering ist.
                                                                                                                                  setzen.
    Das UNESCO-Welterbe „Schlösser und Parks von Potsdam und Berlin“ ist mit der Seenlandschaft und den natürlichen
    Fließgewässern ein Alleinstellungsmerkmal. Das 2015 veröffentlichte Tourismuskonzept sollte eine zukunftsorientierte       쮿 Potsdams Einzelhandelskonzept muss konsequent angewendet werden. Einzelhandel darf nicht in Gewerbegebie-
    Entwicklung vorantreiben. Jedoch sind regionsübergreifende Angebote für das breite Kulturangebot kaum vorhanden.              ten zugelassen werden. Dies ist in der Fortschreibung zu berücksichtigen.
    Auch die Chance, das Einkaufserlebnis mit dem historischen Ambiente zu kombinieren, wird zu selten genutzt. Ein Beispiel
                                                                                                                               쮿 Damit benachbarte Straßenzüge besser von der Brandenburger Straße profitieren können, sind Angebot, Aufent-
    dafür sind die derzeit fehlenden Möglichkeiten der Einzelhändler, den Ansprüchen der vielen Tagestouristen auch an ver-
                                                                                                                                  haltsqualität und Citymarketing auszubauen. Ziel muss es sein, marktführende bzw. größte Anbieter jedes innen-
    kaufsoffenen Sonntagen gerecht zu werden.
                                                                                                                                  stadtrelevanten Sortimentes in der Innenstadt vorzufinden.
    Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Einzelhandel in Potsdam sind gut: Im Vergleich der ostdeutschen Städte      쮿 Potsdam braucht ein Citymanagement mit der Funktion eines Scharniers und Kümmerers zwischen Verwaltungs-
    liegt die Arbeitslosenquote auf niedrigem Niveau. Jeder Potsdamer gibt pro Jahr durchschnittlich 6.900,- Euro im Einzel-      abteilungen, Politik, Gewerbetreibenden und Immobilieneigentümern.
    handel aus. Es gelingt jedoch nicht, die Kaufkraft der in Potsdam und Umgebung lebenden Bewohner zu binden. Etwa ein
                                                                                                                               쮿 Die Stadt Potsdam muss sich auf Landesebene für ein Business Improvement District (BID)-Gesetz stark machen,
    Viertel des Einzelhandelsumsatzes fließt als Kaufkraft aus Potsdam ab. Großflächig errichtete Center konkurrieren mit
                                                                                                                                  um BID-Projekte zur Standortaufwertung zu ermöglichen.
    vergleichbaren Einkaufszentren im Umland. Von der Brandenburger Straße als Premiumprodukt des Einzelhandels der
    Potsdamer Innenstadt könnten noch weitaus mehr benachbarte Straßenzüge profitieren.                                        쮿 Potsdams Einzelhandel braucht dringend wieder rechtssichere verkaufsoffene Sonntage.
                                                                                                                               쮿 Die Neugestaltung der Brandenburger Straße (z. B. Neupflasterung, Glasfaseranschluss, einheitliche Stadtmöblie-
                                                                                                                                  rung, Aktualisierung der Werbesatzung) sollte höchste Priorität erlangen.
                                                                                                                               쮿 Die Wege in der Innenstadt sind für Radfahrer, Rollstuhlfahrer, Menschen mit Kinderwagen und mobilitätseinge-
                                                                                                                                  schränkte Personen mit Rücksicht auf stadtgestalterische Belange zu verbessern.

6                                                                                                                                                                                                                                                  7
3. Gewerbeflächenentwicklung und Wohnbebauung                                                                                                               Forderungen der Industrie- und Handelskammer Potsdam

    Status quo

    Eine steigende Anzahl gewerblicher Unternehmen ist für eine wachsende Stadt existenziell. Für die Ansiedlung und Erwei-
    terungen von Unternehmen wird ausreichend Platz benötigt. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch das Flächenan-        쮿 Die Verdrängung von Gewerbe durch Wohnbebauung muss dringend verhindert werden.
    gebot für Industrie und Gewerbe in Potsdam kontinuierlich verringert. Zudem fand trotz eines Sicherungskonzeptes für
                                                                                                                              쮿 Die Beschlüsse der Stadtpolitik zur Sicherung von Gewerbeflächen wie das Stadtentwicklungskonzept Gewerbe
    Gewerbeflächen eine Flächenumwidmung von Gewerbe zu Wohnen statt, um die Nachfrage nach Wohnraum zu bedienen.
                                                                                                                                 (STEK-Gewerbe) oder das Gewerbeflächensicherungskonzept müssen mit Blick auf eine Planungssicherheit
    Die zunehmende Nähe von Wohnen und Gewerbe schafft neues Konfliktpotenzial.
                                                                                                                                 Bestand haben.
    Innovative Gründer, Spin-offs und Start-ups haben besondere Anforderungen an geeignete Gewerbestandorte. Seit 2016        쮿 Geeignete Flächen und Gebäude sind für die Etablierung von Start-ups und die Entfaltung von Bestandsunterneh-
    ist in Potsdam mehr Dynamik bei der Entwicklung von Gewerbeflächen für diese Betriebe erkennbar. Noch sind die neuen         men unerlässlich – die Stadt muss dafür entsprechende Angebote schaffen. Junge und schnell wachsende Unter-
    Flächen jedoch nicht am Markt verfügbar. Potsdam braucht dringend die Flächen des GO:IN 2 in Golm, die der RAW-Bra-          nehmen müssen für die jeweilige Entwicklungsphase jeweils passend qualifizierte Räume und unterstützende
    che am Hauptbahnhof für ein Start-up-Zentrum sowie den Lok-Zirkus im Babelsberger Areal. Die Umsetzung dieser und            Angebote vorfinden. Dies gilt auch für studentisches Leben und für die Arbeitsbedingungen der kreativen Szene
    weiterer qualifizierter Vorhaben muss in der Stadt einen hohen Stellenwert haben.                                            der Stadt.
                                                                                                                              쮿 Potsdam muss ein sachkundiges Flächenmanagement durch eine Realisierungsgesellschaft oder durch externe
    Die Nachfrage nach geeignetem Raum betrifft allerdings auch den Wohnungsmarkt in hohem Maße. Ein Nebeneinander
                                                                                                                                 Dritte umsetzen. Die Stadt benötigt eine professionelle Steuerung von Ansiedlungsprozessen und bei der Gewer-
    von Wohnen und Gewerbe im Sinne einer integrierten Entwicklung erfordert die Neuausweisung beider Flächenkatego-
                                                                                                                                 beflächenentwicklung.
    rien. Dabei ist die Stadt in der Pflicht, Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen auch im Potsdamer Umland zu
    sichern. Das setzt eine gute Kooperation zwischen Potsdam und den umliegenden Kommunen voraus.                            쮿 Um die Nachfrage nach Gewerbeflächen weiterhin bedienen zu können, muss die Stadt Potsdam finanzielle Mittel
                                                                                                                                 für einen weiteren Flächenerwerb im Haushalt bereitzustellen.
                                                                                                                              쮿 Die Stadt-Umland-Kooperation muss verstärkt und professionalisiert werden.

8                                                                                                                                                                                                                                                9
4. Gewerbesteuer-, Gebühren- und Abgabenentwicklung                                                                                                         Forderungen der Industrie- und Handelskammer Potsdam

     Status quo

     Potsdam hat einen hohen Gewerbesteuerhebesatz, die Abwassergebühren sind sogar bundesweit am höchsten und keine
     andere Landeshauptstadt fordert höhere Abfallgebühren. Auch Standortfaktoren wie Straßenausbaubeiträge, Wasser-
     oder Energiekosten sind hoch und belasten die Unternehmen. Die Hotelbranche wird zusätzlich mit einer „Bettensteuer“
                                                                                                                               쮿 Die Belastung aus kommunalen Steuern und Abgaben darf kein Wettbewerbsnachteil sein.
     finanziell und bürokratisch strapaziert.
                                                                                                                               쮿 Touristische Abgaben sind ausgewogen zu gestalten und fair zu verteilen.
     Zugleich muss die Landeshauptstadt ihre Einnahmesituation zukunftssicher gestalten, insbesondere, wenn öffentliche
                                                                                                                               쮿 Potsdam braucht ein Gewerbesteuerentwicklungskonzept, das auf einen Zuwachs von Gewerbepflichtigen setzt.
     Zuweisungen in den kommenden Jahren reduziert werden oder sogar wegfallen. Die Erschließung anderer Einnahmequel-
                                                                                                                                  Ansiedlungsanreize schaffen zusätzliche Einnahmequellen während erhöhte Steuerbelastungen
     len und eine an die veränderte Situation angepasste Ausgabenmentalität sind wichtig, will man eine deutlich ansteigende
                                                                                                                                  Bestandsunternehmen und Investoren eher abschrecken.
     Verschuldung in den kommenden Jahren verhindern. Die Mittel der öffentlichen Hand müssen vorrangig investiert werden,
     vor allem in die Instandhaltung und den Ausbau von Infrastrukturen der wachsenden Stadt. Die beste Voraussetzung für      쮿 Die Entsorgungsgebühren in Potsdam stellen im überregionalen Vergleich eine große Belastung dar. Für die
     mehr Handlungsspielräume der öffentlichen Hand schafft eine prosperierende Entwicklung der Potsdamer Wirtschaft.             Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Standortes sind diese auf ein verträgliches Maß zu reduzieren. Die
     Hierzu müssen die Gebühren- und Abgabenentwicklung für die Wirtschaft wettbewerbsfähig sein, um gerade kleinen und           Höhe der Abwasser- und Abfallgebühren sind nur mit Größe und Alter der Entsorgungsnetze zu rechtfertigen. Die
     mittleren Unternehmen nicht das notwendige Kapital für die weitere Zukunftssicherung zu entziehen. Geringere Steuer-         Abgaben sind an vergleichbar große Städte anzugleichen.
     und Abgabesätze und ein Zuwachs von Gewerbepflichtigen durch Ansiedlung und Bestandspflege sind ein geeigneter
                                                                                                                               쮿 Zu Potsdams Einnahmequellen gehören auch die Gebühren kommunaler Unternehmen. Diese städtischen Gesell-
     Weg.
                                                                                                                                  schaften müssen zukünftig stärker in die Finanzierung der nötigen Infrastruktur eingebunden werden.
     Bisher ist keine Strategie bekannt, wie Potsdam sich der zukünftig verändernden Einnahmesituation nähert. Dies hat        쮿 Die Unternehmen brauchen eine Berechnung des neuen Grundsteuermodells für Potsdams.
     jedoch wesentliche Auswirkungen auf die Attraktivität des Standortes für die Wirtschaft. Dazu zählt auch die Ausgestal-
     tung eines neuen Grundsteuermodells.

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5. Wirtschaftsfreundliche Verwaltung                                                                                                                         Forderungen der Industrie- und Handelskammer Potsdam

     Status quo

     Die Potsdamer Wirtschaft ist vielfältig. Vom traditionell starken Dienstleistungssektor über das verarbeitende Gewerbe
     bis hin zu innovativen Gründungen – die Wirtschaft der Landeshauptstadt deckt ein breites Spektrum ab. Die Verwaltung
     der Stadt muss entsprechend sehr verschiedene Dienstleistungen bereitstellen und zugleich eine hohe und breit aufge-
                                                                                                                                쮿 Die Oberbürgermeisterin/der Oberbürgermeister und die Politik müssen Wirtschaftsfreundlichkeit zu einer Priori-
     stellte Wirtschaftskompetenz besitzen. Als Stadt des Wissens, der Bildung und zukunftsweisender Technologien (u. a. Bio-
                                                                                                                                   tät machen. Die Interessen der Wirtschaft müssen sich stärker im Verwaltungshandeln wiederfinden.
     tech, IKT, Medien) verfügt Potsdam mit seinen zahlreichen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen gute Möglich-
     keiten des Wissenstransfers.                                                                                               쮿 Die Wirtschaftskompetenz in der Verwaltung ist durch einen „Wirtschaftsbeigeordneten“ und durch einen
                                                                                                                                   Ausschuss “Wirtschaft und Finanzen“ in der Stadtverordnetenversammlung aufzuwerten.
     Wirtschaftsfreundliches Verwaltungshandeln muss auf Lösungen statt auf Probleme orientiert sein. Die Praxis zeigt häufig
                                                                                                                                쮿 Den Unternehmerservice der Stadt Potsdam muss zu einem One-Stop-Shop weiterentwickelt werden. Dies setzt
     jedoch ein anderes Bild. Kritik üben die Unternehmen weniger an der kommunalen Wirtschaftsförderung direkt, sondern
                                                                                                                                   eine bessere interne Vernetzung mit anderen Geschäftsbereichen voraus.
     vielmehr an anderen Geschäftsbereichen der Stadtverwaltung. Die Bearbeitungsdauer, die diversen Zuständigkeiten und
     unterschiedlichen Ansprechpartner für Verfahren und Anliegen werden am häufigsten beanstandet. Ein Unternehmerser-         쮿 Verwaltungsprozesse sind durch die Nutzung von digitalen Lösungen zu straffen.
     vice als One-Stop-Shop für Verwaltungsverfahren und eine lösungs- statt problemorientierte Herangehensweise der Ver-
                                                                                                                                쮿 Wirtschaftsfreundliches Verwaltungshandeln muss sich an Lösungen und weniger an Problemen orientieren.
     waltung käme der Standortattraktivität sehr zu Gute.
                                                                                                                                   Erforderlich sind verbindliche Qualitätsmerkmale, näher am Kunden ausgerichtete Abläufe sowie Selbstverpflich-
                                                                                                                                   tungen der Verwaltung auch gegenüber den Unternehmen (z. B. Bearbeitungszeiten).
     Entlastungen für die Wirtschaft kann die konsequente Nutzung von Digitalisierungschancen und E-Government-Anwen-
     dungen schaffen. Das bedeutet auch mehr Mut auf dem Weg zur Smart City, in dem digitale Pilotprojekte gestartet wer-       쮿 Potsdam ist auf dem Weg zur Smart City voranzubringen, indem Pilotprojekte gestartet werden (z. B. freies W-
     den.                                                                                                                          Lan, smarte Entsorgung).

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6. Ansiedlung, Start-ups, Standortimage                                                                                                                       Forderungen der Industrie- und Handelskammer Potsdam

     Status quo

     Der Hochschul- und Wissenschaftsstandort Potsdam sowie eine hohe Beschäftigung in der Forschung sind ein Marken-
     zeichen Potsdams – ein Profil, das ausgebaut werden muss, vor allem im Zusammenhang mit der Ansiedlung wissensba-
     sierter Dienstleistungen, Technologien und Industrien. Werden Breitbandausbau, Flächenverfügbarkeit und smarte Pilot-
     projekte zügig umgesetzt, kann Potsdam eine intelligente Stadt werden. Bisher schöpft die Landeshauptstadt ihr Potenzial   쮿 Potsdam muss sich als technologie- und wissensbasierte Wirtschaftsstandort profilieren und weiterentwickeln.
     als Innovations-, Gründungs- und Wirtschaftsmotor nicht aus.                                                                  Dazu gehören wettbewerbsfähige Ansiedlungsbedingungen und eine professionelle Außendarstellung. Das Stand-
                                                                                                                                   ortmarketing muss dabei als integrierter Ansatz der Wirtschaftspolitik gelebt werden.
     Das Digital Media Hub, das GO:IN 2, die neuen RAW-Hallen als Start-up-Biotop und der Lok-Zirkus sind Beispiele dafür,
     wie sich Potsdam das Image eines modernen, zukunftsorientierten Wirtschaftsstandortes erarbeiten kann. Weitere sollten     쮿 Potsdam muss die Ansiedlung wissensbasierter Dienstleistungen und Industrien vorantreiben. Sie bereichern den
     folgen. Dafür muss die Stadt mehr Engagement in wirtschaftsrelevanten Bereichen zeigen und für die Unternehmen und            Standort vor allem als Umgebung für die Start-up-Szene. Ein Umfeld aus Wissen, Flächen, Infrastruktur und Kul-
     deren Beschäftige attraktivere Rahmenbedingungen schaffen. Dazu zählen beispielsweise glasfaserbasierte Anschlüsse.           tur ist wichtig für die Gründungen der Zukunft.
     Derzeit können nur ein Viertel der Haushalte, verteilt auf wenige innerstädtische Bereiche, mit Breitband auf FTTB/H-      쮿 Die einzigartigen Chancen aus der räumlichen Nähe zu Berlin als einer international führenden Start-up-Metro-
     Basis versorgt werden. Bezogen auf 50 Mbit/s hat Potsdam keine Breitbandförderung beim Bund beantragt, obwohl Städte          pole müssen intensiv genutzt werden.
     wie Cottbus einen höheren Versorgungsgrad aufweisen. Ob vor allem die Ortsteile mit mehr als 50 Mbit/s vollumfänglich
     versorgt werden, kann bezweifelt werden.                                                                                   쮿 Der Breitbandausbau ist zu forcieren, insbesondere in den Ortsteilen fernab der Innenstadt.
                                                                                                                                쮿 Die Landeshauptstadt muss sich als intelligente Stadt in der Hauptstadtregion positionieren. Dafür ist die konse-
     Start-ups benötigen optimale Entwicklungsbedingungen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Dazu          quente Umsetzung digitaler Pilotprojekte notwendig.
     gehören auch attraktive und innovative Angebote – von der Ausstattung über die Räumlichkeiten bis hin zur Finanzierung.
     Gründer, Start-ups und Spin-offs benötigen ein Umfeld aus Flächen, Infrastruktur, Kulturangebot und Netzwerken, das
     noch geschaffen werden muss.

14                                                                                                                                                                                                                                                    15
7. Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz                                                                                                                     Forderungen der Industrie- und Handelskammer Potsdam

     Status quo

     Die nachhaltige Mobilität bietet viele Lösungsansätze, die das Energie- und Klimaschutzkonzept einer Stadt unterstützen.
     In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Maßnahmen eingeführt, von denen jedoch auch einige, wie die Park and
     Ride-Flächen im Norden der Stadt, das gewünschte Ziel nicht erreichten. Potsdam hat sich dazu bekannt, die Treibhaus-       쮿 Zur Erreichung der auferlegten Klimaschutzmaßnahmen muss Potsdam innovative und nachhaltige Maßnahmen
     gasemissionen bis 2050 um 95 Prozent und die Endenergie um 50 Prozent gegenüber 1990 senken zu wollen. Die gegrün-             in der Mobilität und dem Erschließen von Immobilien initiieren.
     dete Mobilitätsagentur, die KlimaAgentur sowie das Solarflächenkataster und die Repowermap als Informationsangebote
     sind gute Ansätze, jedoch müssen sie mehr in die öffentliche Wahrnehmung gerückt werden.                                    쮿 Verkehrsnetze und ÖPNV-Angebot zusammen müssen eine attraktive Alternative zum PKW-Pendlerverkehr bilden.
                                                                                                                                    Dafür sind Angebote an allen Verkehrsachsen der Stadtgrenze zu schaffen (z. B. Park and Ride)
     Dies gelingt nur mit Pilotprojekten, die aus den bereits zahlreich veröffentlichten Studien entstehen müssen. Das schafft   쮿 Die Versorgungsverträge müssen stärker in die Klimaschutzziele der Stadt eingebunden werden.
     zusätzliche Anreize für weitere Klimaschutzaktivitäten. Hier kann Potsdam aufgrund der ansässigen Institute und regio-
     naler Unternehmen auf ein breites Know-how zurückgreifen. Potenziale gibt es bei grüner Kraftwerkstechnik, in der Elek-     쮿 Das auf Klimaschutz orientierte Informationsangebot der Stadt Potsdam ist weiter auszubauen, damit es einen
     tromobilität und im nachhaltigen Bauen.                                                                                        Nährboden für zusätzliche Aktivitäten bildet.
                                                                                                                                 쮿 Die KlimaAgentur der Stadt Potsdam muss angesichts der Herausforderungen ausgebaut werden. Dazu gehören
     Die Betriebe leisten bereits einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz, der jedoch seitens der Verwaltung zu wenig             sowohl personelle als auch zeitliche Kapazitäten.
     Berücksichtigung findet. Aufgrund der derzeit praktizierten Zonenausweisung für erneuerbare Energien bei der Installa-
     tion von Photovoltaik- und Solarthermieanlagen gehen Potenziale verloren, die durch individuelle Einzelfallprüfung Rea-     쮿 Die Stadtverwaltung sowie städtische Unternehmen müssen hinsichtlich des Klimaschutzes stärker ihre Vorbild-
     lisierungschancen hätten. Der zusätzliche Druck, innerstädtische Flächen zu erschließen, darf nicht zu Lasten von Grün-        funktion wahrnehmen.
     flächen und Kulturdenkmälern (z.B. Glienicker Horn, Potsdam-Center, Brache am Babelsberger Park) gelöst werden. Hier        쮿 Die Betriebe sind durch die Klimaschutzpläne der Stadt nicht zu gefährden.
     können erhebliche Auswirkungen drohen (z. B. Rote Liste der UNESCO).

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Fragen an die neue Oberbürgermeisterin/den neuen Oberbürgermeister

쮿 Was tut Potsdam, um verstärkt wissensbasierte Dienstleistungen und Industrien für den Standort zu gewinnen? Wie
   werden größere Ansiedlungsvorhaben bedient?
쮿 Wie soll angesichts des Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums und zunehmender Pendlerströme zeitgleich ein
   motorisierter Individualverkehr, ÖPNV und Wirtschaftsverkehr ausgebaut werden?
쮿 Wie sorgt Potsdam zukünftig für ausreichend Gewerbeflächen? Wie wird in absehbarer Zeit bezahlbarer Wohnraum
   realisiert? Wird bald ein aktives Flächenmanagement im Haushalt eingeplant?
쮿 Wie kann Potsdam als Technologie- und Forschungsstandort ausgebaut werden? Was wird für die
   Weiterentwicklung der Start-up-Szene getan? Wie kann die Zahl der Ansiedlungen und Gründungen vor Ort erhöht
   werden?
쮿 Wie kann der Einzelhandel – vor allem in der Innenstadt – zukünftig mehr vom wachsenden Tourismus in der Lan-
   deshauptstadt profitieren? Durch welche Maßnahmen will Potsdam die Attraktivität der Innenstadt und des Einzel-
   handels steigern? Kann ein BID-Gesetz dabei helfen? Wie verbessert die Stadt eine preiswerte Erreichbarkeit aus
   dem Potsdamer Umland?
쮿 Wo und wie kann Potsdam die Belastung der Unternehmen durch hohe Steuern und Abgaben senken? Wo plant die
   Stadt angesichts sinkender öffentlicher Zuweisungen zukünftige Einnahmen?
쮿 Wo muss die Verwaltung mehr auf die Interessen der Wirtschaft eingehen? Wo sind Verbindlichkeiten gegenüber
   den Unternehmen möglich? In welchen Bereichen sind zukünftig digitale Lösungen denkbar?
쮿 Wie will Potsdam als dynamische Stadt die auferlegten Klima- und Emissionsschutzziele, vor allem im Verkehr,
   erreichen?
쮿 Wie kann Potsdam in absehbarer Zeit auch die umliegenden Ortsteile vollumfänglich mit schnellem Internet versor-
   gen?                                                                                                              19
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