WAS WIR ERSEHNEN VON DER ZUKUNFT FERNEN - SPÖ Tirol
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Die Anfänge – ein steiniger Weg .............................................................................. Seite 4 Die Gründung der SDAP Tirol .................................................................................... Seite 6 Schauplätze der Sozialdemokratie ......................................................................... Seite 8 Pionierarbeit ..................................................................................... Seite 12 Programme ..................................................................................... Seite 18 Die Vorsitzenden der SPÖ-Tirol ................................................................................ Seite 20 Landtag ..................................................................................... Seite 31 Nationalrat ..................................................................................... Seite 33 Die Bezirksorganisationen: Innsbruck................................................................... Seite 34 Landeck ..................................................................... Seite 36 Reutte......................................................................... Seite 38 Imst ............................................................................. Seite 40 Innsbruck-Land ........................................................ Seite 42 Kufstein ...................................................................... Seite 43 Kitzbühel ................................................................... Seite 45 Schwaz ....................................................................... Seite 45 Lienz ........................................................................... Seite 46 SPÖ-Frauen ..................................................................................... Seite 50 Jugend ..................................................................................... Seite 54 Der Erste Mai ..................................................................................... Seite 58 Die Gewerkschaft ..................................................................................... Seite 59 Der neue Mensch – Sport ..................................................................................... Seite 61 Impressum: Natur ..................................................................................... Seite 62 Was wir ersehnen von der Zukunft Fernen Kultur ..................................................................................... Seite 63 130 Jahre SPÖ Tirol 1934 ..................................................................................... Seite 64 Autorisiertes Update der Broschüre „125 Jahre SPÖ Tirol“ aus dem Jahr 2015 Widerstand und Anpassung ..................................................................................... Seite 68 Der Mensch im Mittelpunkt ..................................................................................... Seite 76 Herausgegeben vom Renner Institut Tirol, September 2020 Die neue SPÖ Tirol ..................................................................................... Seite 77 Salurner Straße 2, 6020 Innsbruck Zukunft ..................................................................................... Seite 79 3
Mit der voranschreitenden Industrialisierung im Als die Pioniere der sozialdemokratischen Be‐ nalrat vertreten, Franz Gruener war bis 1928 so‐ 19. Jh. entstand die Arbeiterbewegung, die in wegung im späten 19.Jh. versuchten, ihre An‐ In der Ersten Republik wurde die Sozialdemo‐ zialdemokratischer Landeshauptmann‐ Anlehnung an die Ideen von Karl Marx Rechte sichten unters Volk zu bringen, stießen sie auf kratie eine starke politische Kraft in Österreich, stellvertreter. Die Sozialdemokratie wurde in Ti‐ für das Proletariat, die Arbeiterklasse, forderte. erhebliche Widerstände. In vielen Dörfern und die bestehenden Vorurteile und Anfeindungen rol jedoch nie zu einer großen Der deutsche Dichter Ferdinand Freiligrath Gemeinden war es nicht möglich, einen Wirt zu blieben jedoch aufrecht, was ein Wahlplakat der Massenbewegung, zu tief war die Identifikation brachte in seinem „Arbeiterlied“ die Werte und finden, der sein Gasthaus für eine sozialdemo‐ Tiroler Volkspartei von 1919 zeigt. Darin werden der Tiroler Bevölkerung mit bäuerlichen Idealen Ziele zum Ausdruck, die die Sozialdemokratie kratische Versammlung zur Verfügung stellte. die Tiroler SozialdemokratInnen als untirole‐ und der Kirche, zu gering ein proletarisches weltweit zu verwirklichen trachtete: Gelang dies, so wurden die sozialdemokrati‐ risch, von „Wiener Juden“ dominiert und sitten‐ Klassenbewusstsein. Zudem wuchs für sozialde‐ los bezeichnet, ihnen wird sogar die Schuld am mokratische Vereine sehr bald die Konkurrenz „Was wir ersehnen von der Zukunft Fernen, Verlust Südtirols gegeben aus dem bürgerlichen Lager, da auch christliche dass Brot und Arbeit uns gerüstet stehen, Arbeitervereine gegründet wurden. dass unsere Kinder in den Schulen lernen Doch auch in Tirol wuchs in der Ersten Republik und unsere Alten nicht mehr betteln gehen.“ der politische Einfluss der Sozialdemokratie. Ferdinand Freiligrath (1810 – 1876) Zwei Tiroler Sozialdemokraten waren im Natio‐ Die Ideen der Sozialdemokratie zu verbreiten, erwies sich in Tirol als besonders schwierig. Eine Arbeiterschaft war nur in wenigen Orten, im Ti‐ roler Unterland und in Innsbruck, vorhanden, sonst war die Tiroler Bevölkerung vorwiegend bäuerlich geprägt. Obwohl die Forderungen der Sozialdemokratie nach besseren sozialen Bedin‐ gungen, gerechter Entlohnung, politischer Mit‐ bestimmung, Bildung und Sozialgesetzen für alle Benachteiligten in Tirol interessant gewesen wären, waren es die Ablehnung des klerikalen Einflusses und der Wunsch nach einer Trennung von Staat und Kirche, die die streng katholische Wahlwerbung der Tiroler Volkspartei 1919 „Tiroler Wähler!“ Bauernschaft und die einflussreichen Tiroler Vertreter der Kirche gegen die Sozialdemokra‐ schen Redner oft von wütenden Bauern am Er‐ tInnen aufbrachten. Viele betrachteten die ers‐ greifen des Wortes gehindert und mussten un‐ ten SozialdemokratInnen als „Feind der Religion, verrichteter Dinge abziehen, nicht selten kam es der den Christus aus der Kirche entfernen, dem auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, Kinde die Religion aus dem Herzen reißen, mit wie bei der legendären „Schlacht von Ratten- den Bauern das Eigentum teilen und die Weiber berg“, wo es zu einer Rauferei zwischen Bauern Südtirolkundgebung der Tiroler SozialdemokratInnen 1920 vor dem damaligen Stadttheater. Simon Abram setzte sich bei den italienischen GenossInnen für den Verbleib Südtirols bei Österreich ein. zum Gemeingut machen will“. und Genossen kam. 4 5
Ausführlicher Bericht des Telfer Postenkomman‐ danten an die Bezirkshauptmannschaft nach der Versammlung. Text zu Dokument 3: (Übersetzung) An die kk Bezirkshauptmannschaft zu Inns‐ bruck, Telfs, am 29. September 1890 Gestern fand hier in Telfs im Gasthause zur Traube des Joseph Schweigl von 10 Uhr vormittags bis 9 Uhr abends eine von dem in Innsbruck sich aufhal- tenden bekannten Arbeiterführers Ignaz Saska veranstaltete Landesversammlung statt, woran sich Delegierte der Arbeitervereine in Wien, Graz, Linz, Innsbruck, aus Orten Vorarlbergs etc und Ver- treter der (….) beteiligten. Die Versammlung be- schränkte sich nur auf geladene Gäste und war der Im Gasthof „Zur Traube“ in Telfs fand am 28.9.1890 die Gründungsversammlung Eintritt auch nur auf Vorweisung von auf Namen der Sozialdemokratischen Partei Tirols statt lautende Karten gestattet. Die Versammlung ver- lief ohne jede Störung und Unordnung und wie ich Nachdem es zum Jahreswechsel 1888/89 in der Gründung der Landesorganisation Tirol der auf vertraulichem Wege in Erfahrung brachte, bil- Hainfeld Victor Adler gelungen war, die öster‐ Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) en‐ deten 1. Allgemeines über die Arbeiterbewegung, reichische Arbeiterbewegung zu vereinen und dete, wurde von den Behörden misstrauisch 2. Organisation in politischer Hinsicht, 3.Partei- die Sozialdemokratische Partei (SDAP) zu grün‐ beobachtet, wie das Telegramm und der Bericht presse, 4.Gewerkschaften, 5. Freie Anträge die den, war es das Bestreben der Tiroler Hainfeld- des Telfer Gendarmeriepostens belegen, sie Punkte der Tagesordnung, worüber…über „Allge- Teilnehmer Josef Holzhammer und Ignaz Sas- meines Stimmrecht“ und … verschiedene Anträge ka, eine Tiroler Parteiorganisation ins Leben zu innerhalb der gesetzlichen Grenzen gemacht und rufen. Reden gehalten wurden. Als Einberufer dieser Ver- Ignaz Saska rief zu der am 28.September 1890 sammlung waren Leimgruber, Saska, Protiwa,Wil- anberaumten Versammlung in Telfs auf, mit dem lomitzer, Zelger, Stephan und Radlbeck, angeblich Ziel der „Vereinigung aller klassenbewussten Ar- sämtliche in Innsbruck genannt. Hierzu wird der beiter zu einer wirksamen, strammeren Organisa- kk. Bezirkshauptmannschaft die Anzeige erstattet tion nach dem Programm und Principien des Hain- und beigefügt, dass sich ca. 150 Personen felder Parteitages“. beteiligten. 135 bis 150 Delegierte folgten Saskas Einladung, Kohla Postenführer nur Teilnehmer, die die Einladungskarte vorwei‐ sen konnten, wurden zugelassen. Einladungskarte für die geladenen Delegierten Die Versammlung im „Gasthaus Traube“, die mit 6 7
Hortbetrieb in der Leopoldstraße Der Theatersaal des Kinderfreundeheimes Im Oktober 1902 gründeten Funktionäre der Ti‐ Bereits während des Ersten Weltkrieges erwarb roler sozialdemokratischen ArbeiterInnenbewe‐ die Kinderfreundeorganisation eine Villa samt gung den Verein „Arbeiterheim“, über den Geld Grundstück auf der Innsbrucker Hungerburg, in für den Ankauf von Gebäuden gesammelt wur‐ den 1920er Jahren die Liegenschaft „Seehof“ de. 1910 erwarb der Verein ein ehemaliges Gast‐ ebendort. 1918 kauften die Kinderfreunde ein haus in der Innsbrucker Mentlgasse 12. Das Ar‐ Grundstück in der Leopoldstraße in Innsbruck, beiterheim Mentlgasse wurde daraufhin die auf dem ein modernes Kinderfreundeheim er‐ Zentrale der Sozialdemokratischen Partei Tirols richtet wurde. und ihres Presseorgans „Volkszeitung“. Die „VZ“ wurde von Ignaz Saska 1892 gegründet und bis Im Hortbetrieb in der Leopoldstraße wurden zu dessen Tod 1896 herausgegeben, danach zeitweise mehr als 1000 Kinder aus Arbeiterfa‐ wechselte die Redaktion nach Dornbirn und milien versorgt. Der Theatersaal des Heimes bot Linz, kehrte 1905 endgültig nach Innsbruck zu‐ Gelegenheit für manches Schauspiel der „Mär- rück, wo sie bis zur Einstellung der Zeitung chenbühne“ und Kinderveranstaltungen. Das Kinderfreundeheim am Seehof auf der Hungerburg bei Innsbruck, damals noch mit See zum Rudern, ca.1930. verblieb. 8 9
Die wichtigste Erwerbung für die Partei war der „Arbeiterbank“ (heute BAWAG) eingerichtet. zweifellos 1924 der Kauf des Hotels „Goldene Am 12. Februar 1934 besetzte die Polizei ge‐ Sonne“ gegenüber dem Hauptbahnhof meinsam mit Abteilungen der Heimatwehr das Innsbruck. Parteihaus und beschlagnahmte es. Von 1936 bis 1945 diente das Gebäude als Polizeipräsidi‐ Das Gebäude wurde von Partei und Gewerk‐ um und Gefängnis. Der 15. Luftangriff der Alli‐ schaft als Zentrale und Versammlungsort ge‐ ierten am 25.12.1944 verwandelte das Haus in nutzt, der Gastbetrieb eingeschränkt aufrecht‐ eine Ruine. In der Zweiten Republik erhielten erhalten und verpachtet, im Parterre eine Filiale Partei und Gewerkschaft die Liegenschaft zu‐ Jugendfunktionäre umringen bei einer Schulung im Rapoldiheim unmittelbar nach dem 2.WK Franz Hüttenberger. Einweihung des Rapoldiparks in Innsbruck 1983. Das Rapoldiheim in Innsbruck Kranebitten wur‐ nach dem Sozialdemokraten Martin Rapoldi, de Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre Innsbrucker Vizebürgermeister von 1919 bis zu vom sozialdemokratischen Verein „Waldfreunde“ seinem frühen Tod 1926, benannt. Rapoldi für die Parteijugend finanziert und errichtet. sorgte während seiner Amtszeit für die Elektri‐ Mittels Anteilscheinen konnte das Heim für die fizierung Innsbrucks, für einen sozialen Wohn‐ Parteijugend finanziert werden, das nach der bau nach Vorbild des „Roten Wien“ und war Mit‐ Beschlagnahme durch Ständestaat und NS-Re‐ begründer der Vorgängergesellschaft der gime in der Zweiten Republik wieder seinem heutigen TIWAG. ursprünglichen Zweck zugeführt wurde. Es war 10 11
Josef Holzhammer Holzhammers politisches Wirken war vielfältig, hes Ansehen innerhalb der Partei, er war Abge‐ Die politische Entwicklung Österreichs ab 1934 (1850-1942) prägte so war er von 1908 bis 1911 im Reichsrat der ordneter im Nationalrat, im Tiroler Landtag und und persönliche Enttäuschungen brachen Si‐ die sozialdemokrati‐ Monarchie vertreten, in der Ersten Republik ge‐ im Innsbrucker Gemeinderat. mon Abrams Lebenswillen und er wählte 1940 sche Bewegung und hörte er dem Tiroler Landtag und dem Innsbru‐ die politische Aus‐ cker Stadtrat an. richtung der jungen An der Gründung der ArbeiterInnen-Kranken‐ Partei als gemäßig‐ kasse, deren Leitung er bis 1922 innehatte, war ter Reformsozialist. er maßgeblich beteiligt, außerdem lagen ihm 1889 nahm er am Bildungsfragen am Herzen. Vehement trat er für Hainfelder Einigungsparteitag der Sozialdemo‐ einen unentgeltlichen und konfessionslosen kratischen Partei Österreichs teil und berief ge‐ Unterricht ein und kritisierte den Einfluss der meinsam mit Ignaz Saska die Gründungsver‐ Kirche auf das Bildungswesen. sammlung der Sozialdemokratischen Partei Den aufkeimenden Antisemitismus nationalisti‐ Tirols in Telfs 1890 ein. 1893 wurde er auf der scher Prägung verurteilte er scharf als Resultat ersten Landeskonferenz in die Landesparteiver‐ von Dummheit und Unbildung. Ab 1925 zog er tretung gewählt. sich aus dem politischen Leben zurück. Simon Abram (1871-1940) war ein enger Ver‐ Als Abgeordneter trauter Josef Holzhammers und wurde dessen im Reichsrat ab 1907 würdiger Nachfolger in der Sozialdemokrati‐ setzte sich Abram schen Partei. Der Einsatz für das allgemeine, unter anderem für gleiche, geheime und direkte Wahlrecht domi‐ bessere Arbeits‐ Republikfeier vor dem Innsbrucker Hauptbahnhof 1928. Simon Abram war ein begnadeter Redner, der Massen begeistern konnte. nierte die ersten Jahre seines politischen Wir‐ bedingungen ein, kens. Auch wenn die sozialdemokratische Bewe‐ verurteilte den Ein‐ gung die Einführung des allgemeinen, gleichen fluss der Kirche auf Wilhelm Scheibein (1869 -1936) gründete nach Landtag einzog. und direkten Männerwahlrechts 1907 als Erfolg die Universitäten seiner Versetzung nach Innsbruck 1897 die dort 1919 wurde er sogar verbuchen konnte, blieb die Arbeiterschaft in Ti‐ und zeigte Missstände im Schulwesen auf. Da‐ aufgelöste Eisenbahnergewerkschaft neu und in den Nationalrat rol durch eine diskriminierende Landtagswahl‐ bei vergaß er nie die Situation in seiner Tiroler setzte sich in der Folgezeit intensiv für die Be‐ entsandt. ordnung benachteiligt. Trotzdem schafften es Heimat, besonders das Schicksal der Schwaben‐ lange der Eisenbahner ein. Ab 1905 stellte er Von 1921 bis 1934 Simon Abram und Cesare Battisti als sozialde‐ kinder rückte er in den Fokus der Öffentlichkeit. sich immer wieder Gemeinderatswahlen in übte Scheibein das mokratische Abgeordnete 1914 in den Tiroler Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs bremste Innsbruck, 1907 führte er einen Reichsratswahl‐ Amt des ersten Tiro‐ Landtag. Abrams politisches Wirken in den Gremien, da‐ kampf, 1914 bewarb er sich für den Tiroler Land‐ ler Arbeiterkammer‐ 1911 beim Parteitag in Innsbruck unter Abrams für war er in der Kriegszeit in der Genossen‐ tag. Wegen der Ungerechtigkeiten im Tiroler präsidenten aus. Vorsitz konnte er zahlreiche Erfolge präsentie‐ schaft aktiv, um die Not der Bevölkerung zu Wahlrecht konnte er keinen Sieg erringen. 1934 wurde er aller Ämter enthoben und er ren, wie beispielsweise die Eröffnung des Arbei‐ lindern. Seine Stunde kam in der Ersten Republik, als er musste mit seiner Familie ums Überleben kämp‐ terheims in der Mentlgasse. In der Ersten Republik genoss Simon Abram ho‐ sowohl in den Gemeinderat als auch in den fen. Enttäuscht und verzweifelt starb er 1936. 12 13
Johann Orszag Die Kombination von Gewerkschafts- und Pres‐ lernte als Interes‐ searbeit sorgte für eine effizientere Verbreitung sensvertreter der des sozialdemokratischen Gedankengutes. Buchdrucker 1905 Am Aufbau der Genossenschaften war Orszag in Bozen Simon Ab‐ maßgeblich beteiligt, während des Ersten Welt‐ ram kennen und es kriegs kümmerte sich Orszag als Vorstandsmit‐ entstand eine in‐ glied des „Arbeiter-Konsumvereins“ in Innsbruck tensive Zusammen‐ vor allem um die Versorgung der Bevölkerung. arbeit und Ab 1914 war er Direktor der ETAB, der ersten Ti‐ Freundschaft. roler Arbeiterbäckerei. Sie wurde unter Orszags Innerhalb kürzester Zeit füllte Orszag zahlreiche Führung in der schwierigen Nachkriegszeit eine Funktionen aus, besonders wichtig war seine moderne Brotfabrik, die ihr Angebot um die Pro‐ Rolle als Vorsitzender der Gewerkschaftskom‐ duktion von Teigwaren erweitern konnte. mission. Gemeinsam mit dem 1. Sekretär Her‐ Besonders engagiert war Johann Orszag im Be‐ mann Flöckinger betrieb er die Vereinheitli‐ reich der Jugendarbeit, die Gründung der „Kin- chung der Gewerkschaften. derfreunde“ und die damit verbundenen Aktivi‐ Die „Volkszeitung“ lag ebenfalls in den Händen täten gehen auf ihn zurück. Orszags, er konnte die Verbreitung der Arbeiter‐ 1938, nach der Besetzung Österreichs durch die zeitung steigern und eine eigene Parteidrucke‐ Nationalsozialisten, beging Johann Orszag Die dritte Säule der Arbeiterbewegung neben vereine, deren Grundgedanke die Zusammen‐ rei ins Leben rufen. Selbstmord. Partei und Gewerkschaft waren die Konsum- fassung der ArbeiterInnen als KonsumentIn‐ vereine und die Genossenschaftsbewegung. nen war, erhielten durch die Arbeiterbildungs‐ Dabei galt das Prinzip der genossenschaftli‐ vereine und Gewerkschaften Auftrieb in ihren chen Selbsthilfe. Bestrebungen zur Verbesserung des Lebens‐ Die vor 1867 entstandenen wenigen Konsum‐ standards der arbeitenden Bevölkerung. 14 15
Ernesto Tamburini Die Großeinkaufsgesellschaft österreichischer (1883-1971) übernahm Konsumvereine (GÖC) wurde 1905 nach briti‐ Prinzipienerklärung der Sozialdemokratischen 1938 nach dem Selbst‐ schem Vorbild gegründet und bestand bis 1978. Arbeiterpartei Österreichs. mord Johann Orszags Die Einkaufsmacht der Ortsvereine sollte ge‐ („Hainfelder-Programm“ 1888/1889 und die „Ei- die Leitung der ETAB bündelt und die Unabhängigkeit von privaten nigungs-Resolution“) und baute den Betrieb Großhändlern gewährleistet werden, außerdem I. Prinzipienerklärung noch leistungsfähiger konnte die genossenschaftliche Eigenprodukti‐ ... Das Proletariat politisch zu organisieren, es mit aus. on auf großindustrieller Basis erfolgen. 1934 dem Bewußtsein seiner Lage und seiner Aufgabe Von den italienischen wurden die Sozialdemokratische Partei und alle zu erfüllen, es geistig und physisch kampffähig zu Faschisten verfolgt, ge‐ ihr nahestehenden Organisationen verboten, machen und zu erhalten, ist daher das eigentliche lang ihm 1922 die Flucht nach Österreich, indem nicht aber die GÖC. So fanden sich junge Sozia‐ Programm der sozialdemokratischen Arbeiterpar- er sich in der Dampflok des Tiroler Sozialdemo‐ listInnen im „GÖC-Klub“ zusammen und hielten tei in Österreich.. . kraten und Eisenbahners Michael Hirschegger die Idee des Sozialismus bei gemeinsamen Aus‐ … wird sie das allgemeine, gleiche und direkte versteckte. flügen aufrecht. Wahlrecht für alle Vertretungskörper mit Diäten- bezug anstreben, als eines der wichtigsten Mittel der Agitation und Organisation. …so muß eine lückenlose und ehrliche Arbeiter- schutzgesetzgebung…angestrebt werden. …der obligatorische, unentgeltliche und konfessi- onslose Unterricht in den Volks- und Fortbildungs- schulen sowie unentgeltliche Zugänglichkeit sämtlicher höheren Lehranstalten unbedingt er- Die Prinzipienerklärung und die Einigungsreso‐ forderlich; die notwendige Vorbedingung dazu ist lution von 1888/1889 stehen am Beginn der so‐ die Trennung der Kirche vom Staate und die Erklä- zialdemokratischen Programmatik. Sie bilden rung der Religion als Privatsache. den Rahmen des politischen Handelns für die …die allgemeine Volksbewaffnung einzutreten. österreichische Sozialdemokratie. Die Program‐ …Beseitigung aller indirekten Steuern und Einfüh- matik wurde im Laufe der Geschichte immer rung einer einzigen, direkten, progressiven wieder an die gesellschaftlichen Erfordernisse Einkommenssteuer. angepasst. Die Grundwerte Gleichheit, Gerech‐ Einigungs-Resolution tigkeit, Freiheit und Solidarität blieben stets die‐ Der Parteitag erklärt den Parteizwist durch die An- selben. Sie bilden den roten Faden der SPÖ- nahme des Programms für beendet und erwartet Politik. von jedem Parteigenossen ehrliches und brüderli- ches Eintreten für die Gesamtpartei sowie energi- An den Verhandlungen des Einigungsparteita‐ sche und unerschrockene Arbeit auf dem gemein- ges in Hainfeld nahmen die Tiroler Delegierten samen Boden unseres Programms zum Besten des Josef Holzhammer und Ignaz Saska teil. Emanzipationskampfes der Arbeiterklasse. 16 17
«Unser Programm versucht darzustellen, was der Sozialismus unserer Tage sein könnte. Es ist das Großartige und gerade jetzt Sichtbare an ihm, dass er immer deutlicher sich zu einer Philosophie der menschlichen Gesellschaft entwickelt und dass er deshalb das menschenwürdigste gesellschaftliche System darstellt, weil er das Unvernünftige und Brutale in der Gesellschaft beseitigen will und der menschlichen Persönlichkeit in ihrer Beziehung zu anderen und zur Gemeinschaft neue Dimensionen verleiht. Und so bedeutet die Verwirklichung sozialistischer Ideale in dieser Zeit mehr als die Verwirklichung bloßer politische Zielvorstellungen. Sie ist die Antwort schlechthin auf die Frage Bruno Kreisky, 1978 Sein oder Nichtsein.« Das Programm von 1978 war für zwei Jahrzehnte die Richtschnur sozialdemokratischer Politik in den späten 1970er und 1980er Jahren. Die moderne Sozialdemokratie passte ihre stellt die Wohlfahrtsgesellschaft, Frauen- For‐ Programmatik von 1945 bis heute viermal den schungs- und Umweltpolitik, ein modernes gesellschaftlichen Entwicklungen an: 1947 mit Staatsverständnis sowie Bildung, Medien und dem sogenannten „Aktionsprogramm“, 1958 die Zusammenarbeit in der Europäischen Uni‐ mit dem „Pittermann-Programm“, 1978 mit dem on in den Vordergrund. Dabei bleibt eine alle „Kreisky-Programm“ und schließlich mit dem Klassengegensätze überwindende demokrati‐ 1998er Programm Vranitzky/Klima. sche, friedliche, humane und gerechte Gesell‐ schaft das Ziel. Das Programm von 1998 wurde in einer breit angelegten Diskussion erarbeitet und stellt Zudem wird ein klares Bekenntnis gegen Ge‐ eine mögliche politische Antwort auf die Zu‐ walt, Extremismus und Rassismus formuliert. kunftsfragen der Gesellschaft in den 2000er Die Sozialdemokratie versteht sich außerdem Jahren dar. mit diesem Programm als Vorreiter der demo‐ Das gegenwärtige Parteiprogramm von 1998 kratischen Erneuerung Österreichs. Auszug aus dem Kreisky-Programm 1978 18 19
Franz Hüttenberger (1884 bis 1966) Hüttenberger mit Karl Kunst (1904 bis 1989) 1960 als Landeshaupt‐ Als Franz Hüttenberger 1966 starb, ging ein be‐ anderen GenossIn‐ Das politische Leben des Dr. Karl Kunst begann mannstellvertreter und wegtes Leben zu Ende. Der in Schärding gebo‐ nen ins Lager Inns‐ mit seinem Engagement für die Sozialdemokra‐ Mitglied der Landesre‐ rene Bauernbub schloss sich schon früh als Bä‐ bruck –Reichenau tie als Mittelschüler im Innsbruck der 1920er Jah‐ gierung. In seiner Eigen‐ ckergeselle der sozialistischen Bewegung an gesperrt. Nach der re und endete als Vorsitzender der SPÖ Tirol und schaft als Gesundheits- und trat 1909 in Tirol der Partei bei. Bereits mit Befreiung gehörte Landeshauptmannstellvertreter in den späten und Sozialreferent der 26 Jahren bekleidete er die Funktion des Tiroler er der ersten provi‐ 1960er Jahren des 20. Jhs. Dazwischen lag eine Landesregierung konzi‐ Gewerkschaftsvorsitzenden, die er bis 1934 in‐ sorischen Landesre‐ radikale Zeit, die den jungen Karl Kunst prägte. pierte er den Zehnjah‐ nehatte. Seit 1910 war er auch Mitglied des gierung unter Karl 1932 rief er als vehementer Gegner der National‐ resplan zum Ausbau der Landesparteivorstandes, mit dem Jahre 1922 Gruber als Stellvertreter an und blieb dies bis sozialisten zum Kampf gegen die braune Gefahr Landeskrankenanstalten, im Besonderen der Uni‐ Landesparteisekretär und beruflich Leiter der zu seiner Pensionierung 1960. Ihm ist der Wie‐ zur „Höttinger Saalschlacht“ auf und wurde dafür versitätskliniken, unter seiner Ägide wurde die Kreiskrankenkasse Innsbruck (Vorläuferin der deraufbau des Tiroler Sozialsystems zu danken, inhaftiert, bis 1938 übrigens insgesamt viermal Chirurgische Universitätsklinik fertiggestellt. Im TGKK). Nach der Übersiedelung Simon Abrams war er doch auch erster Leiter der Tiroler Ge‐ aus politischen Gründen. Nach dem Verbot der Sozialbereich schuf er die gesetzlichen Bedin‐ nach Salzburg wurde Hüttenberger 1927 mit bietskrankenkasse. Als Sozialreferent der Lan‐ Partei 1934 lebte er ausschließlich für seinen gungen für eine landesweite Besserstellung be‐ dem Vorsitz der Sozialdemokratischen Partei desregierung war er maßgeblich am Neubau Rechtsanwaltsberuf. Im Jahre 1945 trat er sofort tagter und behinderter Menschen und deren be‐ Tirols betraut. Er gehörte dem ersten Tiroler des Krankenhauses Natters und am Ausbau des der wiedergegründeten sozialistischen Partei ruflicher Rehabilitation. Dr. Karl Kunst folgte auf Landtag 1918 und folgend bis 1934 als Abge‐ Gesundheitswesens in Tirol beteiligt. Ebenso bei, wurde kurzzeitig juristischer Referent der Franz Hüttenberger als Vorsitzender der Partei ordneter an. Mit der austrofaschistischen und verdienstvoll war sein Engagement für die Wie‐ provisorischen Landesregierung, 1948 bis 1960 von 1961 bis 1969. Für seine Verdienste wurde er anschließenden nationalsozialistischen Dikta‐ dererrichtung der SPÖ Tirol, deren erster Vor‐ Mitglied des Innsbrucker Gemeinderates, davon mehrfach von Land, Bund und Partei tur ruhte die politische Tätigkeit Hüttenber‐ sitzender nach dem Krieg er bis zum Jahre 1960 6 Jahre Stadtrat. Von 1953 bis 1970 gehörte er ausgezeichnet. gers, er verlor auch seine Arbeit. Im Zuge des blieb. Für seine Verdienste wurden ihm zahlrei‐ dem Tiroler Landtag an, zuerst als Abgeordneter, Attentates auf Hitler am 20. Juli 1944 wurde che Ehrungen zuteil. von 1957 bis 1960 als 2. Vizepräsident und ab Kunst mit dem Innsbrucker ÖVP Bürgermeister Alois Lugger ( Mitte, Lugger links) und Michael Viertler, einem Hüttenberger (2. von links) bei einer Maikundgebung in den 1950er Jahren vor dem Innsbrucker Stadttheater. sozialdemokratischen Funktionär der Zwischenkriegszeit, am Birgitzköpfl vor dem Naturfreundehaus. 20 21
Herbert Salcher (*1929) Salcher der Staatsanwaltschaft eine Sachver‐ Ernst Fili (*1932) durchsetzen. Ebenso veranlasste er 1980 ein Dr. Herbert Salcher zog sich im Jahre 1984 aus haltsdarstellung in der Steuersache Hannes Fili begann seine politische Arbeit an der Basis Sonderprogramm zur Verkehrserschließung in sämtlichen politischen Ämtern zurück. In der Androsch übermittelte. Als Gesundheits- und als Subkassier, beim Plakatieren und vielen Höhe einer halben Milliarde Schilling. Außer‐ davor liegenden Zeit hatte er eine politische Sozialreferent in Tirol sind mit ihm der weitere kleineren Tätigkeiten für die SPÖ- Ortsorgani‐ dem setzte Fili ein Projektteam zur Fertigstel‐ Bilderbuchkarriere durchlaufen. Seine Wurzeln Ausbau und die Modernisierung des Gesund‐ sation Matrei am Brenner, für die er auch zum lung der Universitätsklinik für Frauen und Neu‐ lagen in der SJ, der er schon 1946 beitrat. 1960 heitswesens verbunden. Als Gesundheits- und Gemeinderat kandidierte. Der Eisenbahnerge‐ rologie ein, das die Baukostenentwicklung zog der promovierte Jurist und leitende Ange‐ Umweltminister sind die Initiativen in Bezug werkschafter Fili erlangte in seiner Heimatge‐ penibel kontrollierte. Nachdem Herbert Sal‐ stellte der TGKK in den Innsbrucker Gemeinde‐ auf Prävention, insbesondere seine Kampagne meinde 1963 mit den Stimmen von SPÖ und cher 1979 dem Ruf Kreiskys nach Wien als Mi‐ rat ein, dem er bis zu seiner Bestellung zum „Ohne Rauch geht´s auch!“ in lebhafter Erinne‐ ÖVP Mandataren das Bürgermeisteramt und nister gefolgt war, wurde Ernst Fili im Oktober Landesparteivorsitzenden der SPÖ Tirol 1969 rung. Außerdem wurde die „Akademie für Ar- machte bei den darauffolgenden Wahlen 1968 zum Landeshauptmannstellvertreter gewählt. angehörte. Er folgte Dr. Kunst 1970 als Landes‐ beitsmedizin“ auf seinen Vorschlag hin vorbe‐ die SPÖ zur Mehrheitsfraktion. Er blieb bis 1974 1981 übernahm er von Salcher auch den Par‐ hauptmannstellvertreter, Sozial- und Gesund‐ reitet, das Arzneimittel- und Bürgermeister. Ab 1969 wirkte er im Tiroler teivorsitz, den er bis 1985 ausübte. Nach dem heitsreferent in der Landesregierung nach, bis Fleischbeschaugesetz beschlossen, sowie der Landtag als Vorsitzender des Finanzkontroll‐ Ende seiner aktiven Karriere 1987 war er noch ihn Bundeskanzler Bruno Kreisky 1979 als Ge‐ „Verein für Gesundheitserziehung und -beratung“ ausschusses . Seit 1975 Mitglied der Landesre‐ einige Zeit als Obmann des ASKÖ Tirol tätig. In sundheits- und Umweltminister nach Wien hol‐ gegründet. Herbert Salcher hat sich durch sei‐ gierung konnte er als Hoch- und Straßenbaure‐ den verschiedensten Funktionen bewahrte er te. 1981 wurde Salcher nach dem Bruch Kreis‐ ne politische Korrektheit einen bleibenden Na‐ ferent damals jährliche Mittel in der Höhe von überaus guten Kontakt zur Bevölkerung. Er war kys mit Finanzminister Androsch zu dessen men in den Annalen der österreichischen In‐ etwa 40 Millionen Schilling für die Erhaltung der erste Bürgermeister, der zum Vorsitzenden Nachfolger ernannt. Seine Ablöse erfolgte nenpolitik erworben. und Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur der SPÖ Tirol gewählt wurde. 1984 durch Bundeskanzler Sinowatz, nachdem Salcher und sein Nachfolger Ernst Fili während der Landtagswahlkampagne „Zuviel schwarz in Tirol“ Salcher, Fili und Landesrat Fritz Greiderer bei einem Landesparteitag Ende der 1970er Jahre. 22 23
Hans Tanzer (*1936) seiner Wiederwahl 1997 nur noch 78 Prozent war der erste Parteivorsitzende der Tiroler SPÖ, der Delegiertenstimmen. Beim Landespartei‐ der Ende Oktober 1985 mittels Direktwahl von tag 2000 gab es nur noch 66 Prozent. Neben zwei Dritteln der 372 Delegierten des Landes‐ dem Festhalten an der Regierungskoalition mit parteitages gewählt wurde. Er stellte sich als der ÖVP war unter anderem auch sein „Flinserl“ Herausforderer des amtierenden Vorsitzenden im Ohr beliebter Kritikpunkt bei Prock-Geg‐ Ernst Fili zur Wahl. nern. Herbert Prock entsprach für einige nicht Hans Tanzers politischer Werdegang begann in dem Bild des durchschnittlichen Parteiführers, seiner Heimatgemeinde Rum bei Innsbruck. im Gegensatz dazu verkörperte er für viele den Zunächst wurde der 26jährige 1962 Vizebür‐ Aufbruch ins 21. Jahrhundert und in ein mo‐ germeister, dann leitete er von 1968 bis 1987 derneres Zeitalter in Tirol. Bei den Landtags‐ als Bürgermeister die Geschicke der Gemeinde. wahlen im März 1999 gingen Procks berechtig‐ 1975 ereilte ihn der Ruf der Partei für den Tiro‐ te Hoffnungen auf einen satten Zugewinn für ler Landtag zu kandidieren, dem er seitdem als die SPÖ Tirol im Paznauner Lawinenwinter un‐ Abgeordneter, ab 1984 als 2.Vizepräsident und ter. Eine Ministerkarriere im Kabinett Viktor Kli‐ ab 1987 als Landeshauptmannstellvertreter Tanzer und sein Nachfolger Herbert Prock, den er ma II galt für ihn als sicher, kam aber wegen der für die SPÖ Tirol als Landesgeschäftsführer arbeitete und Mitglied der Tiroler Landesregierung bis schwarz-blauen Regierung unter Wolfgang März 1994 angehörte. Herbert Prock (*1955) Schüssel nicht zustande. 2002 trat Herbert Sein Ziel war es, der SPÖ Tirol ein kantiges Profil Herbert Prock übte das höchste Parteiamt acht Prock als Landeshauptmannstellvertreter und zu geben: „Zunächst geht es darum mit dem nö- Jahre lang aus. Er übernahm es nach der Land‐ Parteivorsitzender zurück. Er arbeitet seit sei‐ tigen Selbstbewusstsein klare Abgrenzungen zur tagswahlniederlage 1994 von seinem „politi- ner Übersiedelung nach Südamerika 2003 in ÖVP herzustellen.“, so seine Botschaft. Damit schen Ziehvater“ Hans Tanzer, der ihn als Partei‐ unterschiedlichen Managementpositionen bei meinte Hans Tanzer beinahe alle politischen geschäftsführer 1987 in die SPÖ Tirol geholt VW Argentina. Bereiche: die Arbeitswelt, die Wirtschaftspoli‐ hatte. Beim Landesparteitag 1994 erreichte tik, demokratiepolitische Fragen der Mitbe‐ Sein Verdienst als Parteivorsitzender war es, Herbert Prock 85,6 Prozent der Delegierten‐ stimmung in den Gemeinden oder Kammern den Paradigmenwechsel zwischen den Gene‐ stimmen. Im selben Jahr folgte er Hans Tanzer sowie Maßnahmen gegen die drohende Ju‐ rationen innerhalb der SPÖ Tirol einzuleiten. Er in der Landesregierung nach und führte das gendarbeitslosigkeit oder fehlende Sozialpoli‐ ebnete jüngeren GenossInnen den Weg für ihre Ressort Soziales, Bildung und tik. Ein besonderes Anliegen war Tanzer schon politischen Karrieren. Seinen Nachfolger Her‐ Fachhochschulen. früh die Umweltpolitik. Bereits als Rumer Bür‐ bert Prock holte Tanzer aus dem Prock studierte an der Universität Innsbruck germeister setzte er Maßnahmen in diese Rich‐ Medienbereich. Germanistik und Vergleichende Literaturwis‐ tung, indem er Sammeleinrichtungen für Müll‐ Hans Tanzer war nach seiner aktiven Laufbahn senschaft. Vor seiner politischen Karriere war er trennung, Heizungsprüfungen, von 2001 bis 2014 Vorsitzender des Tiroler zehn Jahre beim ORF als Journalist tätig. Er war Begrünungsaktionen durchsetzte. „Mit Sonn- PensionistInnenverbandes. einer der Gründer des Innsbrucker tagsreden lassen sich Umweltfragen, insbeson- Kellertheaters. dere das Waldsterben nicht lösen.“, meinte Tan‐ Im Laufe seiner politischen Karriere scheute er Herbert Prock und Walter Guggenberger, der zer schon damals im Tiroler Landtag. die Auseinandersetzung mit dem ÖGB und der langjährige Nationalrat und spätere Klubobmann im Tiroler Landtag. Frauenorganisation wegen personeller Ent‐ scheidungen nicht. Die Folge davon waren bei 24 25
Hannes Gschwentner (*1957) mannstellvertreter angelobt. Als Mitglied der Hannes Gschwentners erstes politisches Betäti‐ Tiroler Landesregierung umfasste sein Zustän‐ gungsfeld war die Gemeindepolitik. 1986 zog digkeitsbereich die Umwelt- und europäische er mit einer eigenen Liste in den heimatlichen Verkehrspolitik. Kundler Gemeinderat ein. 6 Jahre später er‐ Nach der für die Tiroler SPÖ überraschend er‐ oberte er für die SPÖ den Bürgermeistersessel folgreichen Landtagswahl 2003 übernahm und regierte Kundl bis 2002. Ab 1993 war er Hannes Gschwentner in der ÖVP-SPÖ-Koalition Vorsitzender des sozialdemokratischen Ge‐ wieder die Ressorts Umwelt- und europäische meindevertreterverbandes und Mitglied im Verkehrspolitik sowie Sportangelegenheiten. Landesparteivorstand der SPÖ Tirol. Bei der 2006 erfolgten Regierungsumbildung 1999 übernahm er den Bezirksvorsitz von Kuf‐ gab er die Zuständigkeit für die Umwelt- und stein, den er bis ins Jahr 2002 innehatte. Im sel‐ die europäische Verkehrspolitik an seinen Par‐ ben Jahr wurde er in den Tiroler Landtag ge‐ teifreund Hans Lindenberger ab und über‐ wählt und war für die Bereiche Budget, Recht, nahm selbst das Sozialressort. 2012 übergab er Gemeinde, Energie und Sport zuständig. sein Amt als Landeshauptmannstellvertreter Im Mai 2002 wurde Gschwentner nach dem Ab‐ und Parteivorsitzender an Gerhard Reheis. Gerhard Reheis schwört die Delegierten beim Sonderparteitag 2013 auf die kommenden Landtagswahlen ein. gang Herbert Procks am Landesparteitag in Hannes Gschwentner wechselte unter opposi‐ Innsbruck zum Parteivorsitzenden der SPÖ Ti‐ tioneller Kritik als zweiter Direktor in die „Neue rol gewählt und im Juli 2002 als Landeshaupt‐ Heimat“. Gerhard Reheis (*1955) bis 2014 aus. Im Juli 2008 wechselte Reheis Gerhard Reheis wurde in der Gewerkschafts‐ wieder nach Tirol und wurde als neuer Sozi‐ bewegung politisiert, der er sich schon als allandesrat in der Landesregierung angelobt. Lehrling bei der Imster Druckerei Egger ange‐ Sein Aufgabenbereich umfasste die Themen schlossen hatte. 1980 wechselte Reheis als Be‐ Grundsicherung, Sozialberatung, Pflegegeld, zirksgeschäftsführer zur SPÖ Imst. Von 1997 Sozialversicherungswesen, Flüchtlingswesen, bis 1999 betreute er zusätzlich die SPÖ Integration von MigrantInnen, Jugendwohl‐ Landeck. fahrtswesen und Sozialbetreuungsberufe. Die Gerhard Reheis gehörte seit 1992 dem Ge‐ Entschädigung von Missbrauchsopfern der Ti‐ meinderat von Imst an. Von 1998 bis 2001 war roler Erziehungsheime der Nachkriegszeit ist er Stadtrat, ab April 1999 vertrat er die SPÖ sein bleibendes Verdienst. Im Juni 2012 über‐ neun Jahre lang im Nationalrat, wo er zuletzt nahm er von Hannes Gschwentner geschäfts‐ in den Ausschüssen für Kultur, Land- und führend den Vorsitz der SPÖ Tirol und das Amt Forstwirtschaft, Sportangelegenheiten, Rech‐ als Landeshauptmannstellvertreter. Nach der nungshof sowie Verkehr zuständig war. 2001 Landtagswahl 2013 bildeten ÖVP und Grüne wurde er zum Bürgermeister seiner Heimatge‐ überraschend erstmals eine Koalition unter meinde Imst gewählt. Bei der darauffolgenden Ausschluss der SPÖ. Seitdem führt Gerhard Re‐ Gemeinderatswahl 2004 erlangte er in der Bür‐ heis als Klubobmann die SPÖ Tirol in der Op‐ Hannes Gschwentner mit Tiroler Adler germeisterdirektwahl annähernd 66 Prozent position an. 2014 übernahm der Roppener der WählerInnenstimmen. Reheis übte das SPÖ Bürgermeister Ingo Mayr die Amt des Imster Bezirksvorsitzenden von 1994 Parteiführung. 26 27
Ingo Mayr (*1965) Elisabeth Blanik (*1966) Der Bürgermeister von Roppen und Betriebs‐ Elisabeth Blanik arbeitete seit Ende der 80er- ratsvorsitzende beim AMS Tirol, Ingo Mayr, folg‐ Jahre in verschiedenen Architekturbüros und te am 28. Juni 2014 beim Landesparteitag als schloss 1998 ihr Studium der Architektur mit neu gewählter neunter Landeparteivorsitzender dem akademischen Grad Dipl-Ing. ab. in der Geschichte der SPÖ Tirol seit 1945 auf den 2003 zog Blanik als Abgeordnete in den Tiroler scheidenden Vorsitzenden Gerhard Reheis. Landtag ein, wo sie sich über die Jahre einen Na‐ Mayrs politische Wurzeln liegen einerseits in der men als beschlagene Rhetorikerin und ausge‐ Gemeindepolitik, anderseits in der Berufswelt. wiesene Expertin im Bereich der Wohnbau‐ Der ausgebildete Berufsberater des AMS Imst politik machte. engagierte sich früh in der betrieblichen Ge‐ werkschaftsfraktion und wurde 2006 zum Be‐ leiteten Parteireform mit der Neuformulierung Auf kämpferischem Wege, in einer notwendig triebsratsvorsitzenden des Tiroler AMS gewählt. der Listenerstellung vor Wahlen, wie der Gleich‐ gewordenen Wahlwiederholung wurde sie 2011 Im gleichen Jahr gewann er die Wahlen zum berechtigung der Geschlechter, sowie Chancen zur Bürgermeisterin der Stadt Lienz gewählt. Roppener Gemeinderat und wurde Bürgermeis‐ für junge Menschen, will Mayr in Zukunft kon‐ 2016 wurde sie trotz gleich mehrerer Gegenkan‐ ter seiner Heimatgemeinde. Seit 2007 ist er Mit‐ krete Maßnahmen folgen lassen. Der begeister‐ didatInnen eindrucksvoll in diesem Amt bestä‐ glied im Landesparteivorstand der SPÖ Tirol. te Hobbymusiker möchte die SPÖ Tirol nach bit‐ tigt und konnte mit ihrer Liste 10 der 21 Sitze im netenriege in der Folge als Klubobfrau im Lan‐ Seine Ziele sind es, die Lebensbedingungen in teren Wahlniederlagen mit neuem Schwung bei Gemeinderat erreichen. desparlament an. Tirol zu verbessern und gegen Rassismus und den Menschen wieder attraktiver machen. Im gleichen Jahr wurde sie als erste Frau und auf Im November zog sie sich von der Position der Demagogie aufzutreten. Der von Reheis einge‐ dem ersten mitgliederoffenen Landesparteitag Vorsitzenden zurück und empfahl dem Landes‐ zur Vorsitzenden der SPÖ Tirol gewählt. Blanik parteivorstand ihren Stellvertreter, Dr. Georg führte die Landespartei 2018 als „Die neue SPÖ Dornauer, zum gf. Vorsitzenden zu bestellen. Tirol“ in den Landtagswahlkampf und konnte dabei das beste SP-Ergebnis seit 15 Jahren ein‐ fahren: 17,25 Prozent und ein Plus von 3,5 Pro‐ zentpunkten standen für ihr junges Team am Ende zu Buche. Blanik führte die neue Abgeord‐ Auf „Rote Werte in bewegten Zeiten“ setzte Ingo Mayr beim Landesparteitag am 28. Juni 2014 in Innsbruck. 28 29
Dr. Georg Dornauer (*1983) Dr. Georg „Schorsch“ Dornauer promovierte 2009 an der Universität Innsbruck mit einer Dis‐ sertation über Ursachen und Hintergründe für die Hegemonie der ÖVP in Tirol zum Dr. phil. Nachdem Großvater und Vater bereits das Amt des Vizebürgermeisters bekleideten, wurde Dornauer 2016 in seiner Heimatgemeinde Sell‐ rain zum Bürgermeister gewählt, nachdem er im Jahr 2015 maßgeblich das Krisenmanagement in Folge einer Hochwasserkatastrophe im Sell‐ rain übernahm. Nach der Landtagswahl 2018 zog Dornauer als Abgeordneter in den Tiroler Landtag ein, im No‐ Der Landtagsklub nach den Wahlen von 2018: BBenedikt Lentsch, Claudia Hagsteiner, Philip Wohlgemuth, Elisabeth Blanik, Elisabeth Fleischanderl und Georg Dornauer (v.l.n.r.) vember desselben Jahres wurde er vom Landes‐ parteivorstand der SPÖ Tirol zum gf. Vorsitzen‐ den bestellt. Das Bestreben der Sozialdemokratie nach ei‐ ßen für die SozialdemokratInnen im Tiroler nem gerechten Wahlrecht ist so alt wie die Be‐ Landtag. Der Stimmenanteil bei den vier Wahlen 2019, auf dem bislang größten Landesparteitag wegung selbst. In der Einigungsresolution von bis 1929 bewegte sich zwischen 18 und 22 der SPÖ Tirol, wurde Dornauer mit 85% Prozent 1889 wurde ausdrücklich gefordert, mittels ei‐ Prozent. der Delegiertenstimmen zum neuen Vorsitzen‐ nes gleichen für alle StaatsbürgerInnen gülti‐ den gewählt. gen Wahlrechts parlamentarische Mehrheiten In der Zweiten Republik waren für die Tiroler zu ermöglichen. Der erste Schritt war die Ein‐ SozialdemokratInnen bis heute insgesamt 70 führung des „Männerwahlrechts“ 1907, nach MandatarInnen im Landtag tätig, davon 7 Frau‐ 20jähriger Wahlrechtsagitation. Der Durch‐ en. Die Tiroler SPÖ war seit 1945 als Teil der Re‐ bruch gelang nach dem Ersten Weltkrieg 1919 gierung maßgeblich an der Gestaltung des mit den ersten allgemeinen, gleichen, freien Landes beteiligt. Bis ins Jahr 2013 gehörten der und geheimen Wahlen für Frauen und Männer Tiroler Landesregierung jeweils zwei Regie‐ in allen Vertretungskörperschaften der Ersten rungsmitglieder der SPÖ Tirol an, seit 1999 in Republik. einer Koalitionsregierung mit der ÖVP Tirol. Die SPÖ stellte bis zu diesem Zeitpunkt stets den Im Tiroler Landtag fanden sich in der Zeit von zweiten Landeshauptmannstellvertreter. 1918 bis zum Parteiverbot 1934 insgesamt 22 Der Anteil der WählerInnenstimmen bei Land‐ MandatarInnen der Sozialdemokratie, davon 2 tagswahlen schwankte im Zeitraum 1945 bis Frauen. Bis 1928 war Dr. Franz Gruener als 2013 zwischen ca. 14 und 33 Prozent, wobei zweiter Landeshauptmannstellvertreter Mit‐ der Höchststand 1970 mit 33,5 Prozent erreicht glied der Landesregierung. Zwischen elf und wurde. neun MandatarInnen pro Legislaturperiode sa‐ 30 31
Bis zur Auflösung des Parlamentes durch Doll‐ Personen, wobei die SPÖ in den 1970er Jahren fuß im März 1933 gehörten ihm die Tiroler Ab‐ in Tirol Traumergebnisse erzielte, beispielsweise geordneten Abram und Scheibein für die Sozi‐ 1979 mehr als 37 Prozent der WählerInnenstim‐ aldemokratie an. men. In der Zweiten Republik stellte die SPÖ Tirol bis Gegenwärtig vertritt Landesfrauenvorsitzende heute insgesamt 26 MandatarInnen, davon 4 Mag.a Selma Yildirim die SPÖ Tirol im Nationalrat Frauen. Die Anzahl der NationalrätInnen wech‐ selte je nach Stärke bei den Wahlen von 2 bis 5 Die SPÖ-Landtagsfraktion 1953: vorne von links Landtagssitzung 1975: Im Vordergrund die SPÖ-Fraktion Franz Hüttenberger, LR Alois Heinz, Karl Kunst, mit Herbert Salcher, Hans Tanzer, LR Rupert Zechtl, Josef Wilberger, dahinter Josef Rimml, dahinter zweite Reihe von links Karl Hackl, Fritz Walther Gerstenbräun, Alois Kühllechner, Greiderer, Ernst Fili, Walter Kantner. Nicht auf dem Josef Leitner und Anton Wieser. Bild Alfons Kaufmann, späterer Klubobmann. NR-Team der 1970er Jahre (von li.): Karl Reinhart, Herbert Egg, Wanda Brunner, Helmut Weinberger und Josef Lenzi. Landtagsfraktion 1999: vorne links Ernst Pechlaner (später Klubobmann), daneben Klubobmann Walter Guggenberger, dahinter Gabi Schiessling, daneben Alois Leiter, schräg rechts hinter ihm Klaus Gasteiger, links neben ihm verdeckt Hannes Gschwentner. Ganz hinten rechts (mit Rose) Maria Unterlercher, nicht auf dem Bild LRin.Christa Gangl , LHstv. Herbert Prock, Gehard Mimm und Helmut Bachmann. Das Nationalratsteam 1986 mit Parteivorsitzendem Hans Tanzer (Zweiter von links): Lothar Müller, Herbert Tieber, Irene Crepaz, Robert Strobl, Helmut Weinberger und Walter Guggenberger (von links nach rechts) 32 33
Bereits 1893 beschloss die Sozialdemokrati‐ gegründet worden, er umfasste 80 Mitglieder. sche Arbeiterpartei die Gründung von Bezirks‐ Ab 1890 gelang es der Sozialdemokratie in organisationen. Innsbruck mit der Maikundgebung erstmals In Innsbruck, Rattenberg, Schwaz, Wörgl, Kuf‐ Massen, ca. 1200 bis 1500 ArbeiterInnen, zu stein, Kitzbühel, Lienz, Bozen, Meran und Vor‐ mobilisieren, Pioniere wie Holzhammer, Ab- arlberg waren die ersten Bezirksorganisationen ram wirkten unter anderem in Innsbruck. zu finden. Bis heute besteht die SPÖ-Tirol aus der Landes‐ Bis in die Gegenwart konnte die SPÖ-Innsbruck organisation, den 9 Bezirksorganisationen, den immer wieder mit Aktionen für Bürgeranliegen Ortsorganisationen und einzelnen Stützpunk‐ punkten, besondere Erfolge wurden in den ten bzw. Sektionen in der Landeshauptstadt. 1970er und 1980er Jahren erzielt In 24 Gemeinden stellt die SPÖ momentan den SPÖ Veranstaltung vor dem Landestheater Die Innsbrucker Sektion Lohbach veranstaltete in den 1980er Jahren ein Fest für die Bevölkerung. / die BürgermeisterIn. Gegenwärtig liegt die Stadtpartei in Händen von Benjamin Plach als Vorsitzendem und INNSBRUCK Tina Bielowski als Geschäftsführerin Von Beginn an war Innsbruck der Mittelpunkt der sozialdemokratischen Bewegung. Ein ers‐ ter Arbeiterbildungsverein war bereits 1868 Hafelekar, GenossInnen beim Aufstieg Selma Yildirim und Gabi Schiessling auf die Nordkette Der SPÖ-Vizebürgermeister Rudi Krebs bei einer Veranstaltung für mehr Radwege in den 1980er Jahren. 34 35
Im Tiroler Oberland konnte die Arbeiterbewe‐ Für die Sozialdemokratie in Landeck besonders der Menschlichkeit, wie die Einrichtung eines gung erst später als in Innsbruck und Umge‐ erfolgreich tätig waren Walter Guggenberger Asylantenheimes, scheute er nicht. bung Fuß fassen. In Landeck gab es erste Ver‐ und Engelbert Stenico. sammlungen erst ab 1894, zum Teil unter Walter Guggenberger zeigte sein politisches Hans-Peter Bock, Fließer Bürgermeister und schwierigsten Bedingungen, da vom Pfarrer Engagement ab 1980 als Gemeinderat und von Obmann des Naturparks Kaunergrat seit 1998, aufgestachelte Bauern die angereisten sozial‐ 1983 bis 1999 als Nationalrat. Danach war Gug‐ ist Vorsitzender der SPÖ im Bezirk Landeck. Bock demokratischen Redner vertrieben. Erst ab genberger Abgeordneter zum Tiroler Landtag war 8 Jahre lang im Tiroler Landtag als Finanz- 1900, mit der beginnenden Industrialisierung und Klubobmann der SPÖ-Tirol. Soziale Themen und Raumordnungssprecher des SPÖ Klubs ver‐ in Landeck, änderte sich mit der Bevölkerungs‐ waren ihm immer ein besonderes Anliegen. treten, von 2008 bis 2010 bekleidete er die Funk‐ truktur auch die Situation. Das Wirken der Sozi‐ tion eines Bundesrates. In der zweiten österrei‐ aldemokratInnen in Landeck richtete sich vor Engelbert Stenico übte sein Amt als Landecker chischen Parlamentskammer ist er wieder seit allem gegen die unmenschlichen Bedingun‐ Bürgermeister von 1998 bis zu seinem tragi‐ 2013 tätig. gen für die Arbeiterschaft in der aufblühenden schen Unfalltod 2012 aus. Er war überaus be‐ Textilindustrie. Landeck war in den 20er Jahren liebt bei der Bevölkerung und setzte sich für die Die Landecker Geschäftsstelle wird gegenwärtig und bis zum Verbot der Partei von harten Aus‐ kulturelle Entwicklung in Landeck, sowie für Bil‐ von Vorsitzendem Benedikt Lentsch und Eda einandersetzungen mit dem bürgerlichen La‐ dung und die Umgestaltung der Malserstraße Celik als Regionalgeschäftsführerin betreut.“ ger geprägt. ein. Auch unpopuläre Entscheidungen im Sinne Engelbert Stenico und Herbert Prock 1. Ausflug der Landecker Kinderfreunde nach dem Krieg am 1. Mai 1946 auf die Steinwiese. Walter Guggenberger 36 37
Im stark bäuerlich geprägten und wenig indus‐ als SPÖ-Bundesrat in Wien. trialisierten Außerfern gab es erst nach 1918 Einen wirtschaftlichen Aufschwung für die Re‐ sozialdemokratische Ortsgruppen. gion Außerfern zu erreichen, lag ihm beson‐ In der Zweiten Republik gelang es Außerferner ders am Herzen, auch die Nutzung der Festung SozialdemokratInnen stärker in Erscheinung zu Ehrenberg für kulturelle Zwecke geht auf seine treten. Initiative zurück. Im Jänner 2014 starb Wiese‐ Der Vorsitzende der SPÖ Reutte ist aktuell Bun‐ negg nach einer Herzoperation. desrat Stefan Zaggl. Ihm zur Seite steht Eda Celik als Regionalgeschäftsführerin. Auf eine langjährige politische Tätigkeit kann Günter Bußjäger zurückblicken. Seit 1957 ist er Im von der ÖVP dominierten Außerfern bleiben Mitglied der SPÖ, 25 Jahre lang war er Bezirks‐ die zwei SPÖ-Politiker Helmut Wiesenegg und parteivorsitzender der SPÖ im Außerfern. Buß‐ Günter Bußjäger besonders in Erinnerung. jäger war im Gemeinderat von Reutte und Bi‐ berwier tätig und schließlich sechs Jahre lang Helmut Wiesenegg trat als hartnäckiger Kämp‐ Biberwierer Bürgermeister. 15 Jahre lang ver‐ fer für die Sozialdemokratie auf und es gelang trat er die SPÖ im Tiroler Landtag. Heute lebt ihm, von 1998 bis 2010 das Bürgermeisteramt Günter Bußjäger hochgeehrt mit seiner Frau in Reutte zu bekleiden. Für eine Periode war er Erika in Reutte. SPÖ Tirol-Klubobmann Gerhard Reheis, SPÖ Tirol-Frauenvorsitzende Selma Yildirim und Bundeskanzler Werner Faymann überreichen Günter Bußjäger die Victor-Adler-Plakette. Helmut Wiesenegg wird von Helmut Wiesenegg, Ferdinand Lacina, Günter Bußjäger Helmut Wiesenegg mit Bundespräsident Fischer Hannes Gschwentner geehrt 38 39
Die Bezirksstelle Imst wurde zuletzt von der Vor‐ chronisten, ein Subventionsansuchen zum Sport‐ Obwohl in Telfs 1890 die SDAP gegründet wur‐ sitzenden MEP Karoline Graswander-Hainz, die platzbau in Nassereith überreicht wurde. de, war Telfs keine Hochburg der Sozialdemo‐ bis 2019 die SPÖ im EU-Parlament vertreten hat, kratie, im Gegenteil, eine Telfer Lokalorganisa‐ geleitet, im September 2020 folgte ihr Süleyman tion gab es erst ab 1918. Ähnlich wie in Imst Kilic. Regionalgeschäftsführerin ist Eda Celik. war auch Telfs ein Standort der Textilindustrie, aber ohne starke sozialdemokratische Prä‐ Obwohl in Imst seit dem 18.Jh die Textilindustrie gung. Ein Vorkämpfer für die Sozialdemokratie ansässig war, blieb der Einfluss der Sozialdemo‐ in den 1920er und 1930er Jahren war Josef kratie in diesem Bezirk vergleichsweise gering, Rimml, nach dem Krieg Landtagsabgeordneter die bäuerlich-klerikale Ausrichtung dominierend. und zweiter Landtagsvizepräsident. Den ersten Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Be‐ „roten“ Bürgermeister hatte Telfs von 1962 bis zirk Imst stark von der ÖVP geprägt, erst ab den 1974 mit Emil Achammer. 1980er Jahren gelangten sozialdemokratische Erwin Niederwieser, langjähriger Nationalrats‐ Ganz links NR Helmut Weinberger aus Wattens PolitikerInnen zu mehr Einfluss. abgeordneter, war bis 2012 Bezirksvorsitzen‐ mit Kreisky im Wahlkampf, ganz rechts außen Herbert Salcher. Ein Höhepunkt war der Besuch des damaligen der, ihm folgte Georg Dornauer jun. nach. Die Bundesministers Fred Sinowatz in Imst und Nas‐ Geschäftsführung liegt in Händen von Karin sereith, wo ihm vom späteren Bürgermeister Her- Sommeregger. mann Riess und Gemeindevorstand Hermann Agerer, dem langjährigen Leiter der Imster Kran‐ Hermann Agerer und Fred Sinowatz kenkasse und jetzigem Nassereither Dorf‐ Fred Sinowatz in Imst vor dem Gasthof Hirschen mit Von 2001 bis 2008 hatte die Bezirkshauptstadt mit Günther Walser, Hermann Agerer, Rupert Thurner (Imster Gerhard Reheis den ersten SPÖ-Bürgermeister. Gabi Rothbacher und der Bezirksvorsitzende Georg Dornauer jun. Gemeinderat) und Ernst Fili. 40 41
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