Obstbäume im Stresstest Die Route feiert Jubiläum - Klima-Energie-Portal

Die Seite wird erstellt Horst-Peter Körner
 
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Obstbäume im Stresstest Die Route feiert Jubiläum - Klima-Energie-Portal
Magazin der Hessischen Apfelwein- und Obstwiesenroute

                                                   FRÜHJAHR / SOMMER 2020

   KLIMAWANDEL

   Obstbäume im
   Stresstest
   CIDER, SECCO & CO.

   Die neue Vielfalt
   des Apfelweins
   25 JAHRE

   Die Route
   feiert Jubiläum
Obstbäume im Stresstest Die Route feiert Jubiläum - Klima-Energie-Portal
SEITE 2
Obstbäume im Stresstest Die Route feiert Jubiläum - Klima-Energie-Portal
EDITORIAL                                  SEITE 3

                                                  Liebe Leserin,
                                                  lieber Leser,

                                                  fast 18 Jahre lang hat das Informations-
                                                  medium „Apfelbote“ über Neues aus
                                                  den Regionalschleifen der Hessischen
                                                  Apfelwein- und Obstwiesenroute be-
                                                  richtet. Diese Aufgabe übernimmt nun
                                                  das Magazin, das Sie gerade in den Hän-

    Wir wollen                                    den halten und das jetzt „Der Apfelbo-
                                                  te“ heißt. Mit neuem Konzept und fri-
                                                  schem Look wollen wir noch viel mehr

 Menschen für die                                 Menschen über die typisch hessische Ap-
                                                  felwein- und Obstwiesenkultur infor-

  Apfelwein- und
                                                  mieren und sie begeistern – mit Ge-
                                                  schichten und Wissenswertem aus der
                                                  Region und für die Region, pünktlich

 Obstwiesenkultur                                 zum 25-jährigen Jubiläum der Hessi-
                                                  schen Apfelwein- und Obstwiesenroute.
                                                       Das wäre ein guter Grund, gemein-
                                                                                                  der den schönen Dingen des Lebens
                                                                                                  zuwenden können. Und zu diesen zäh-

    begeistern.                                   sam zu feiern. Doch im Moment ist nie-
                                                  mandem nach feiern zumute: Der Coro-
                                                                                                  len zweifellos unsere Streuobstwiesen
                                                                                                  samt der leckeren Produkte, die wir ih-
                                                  navirus hält uns alle in Atem und zu Hau-       nen verdanken. In diesem Sinne wün-
                                                  se. Wir wissen noch nicht einmal, wel-          sche ich Ihnen eine interessante und
                                                  che der Veranstaltungen auf unseren             spannende Lektüre.
                                                  Terminseiten tatsächlich stattfinden wer-
                                                  den. Hinzu kommt: Viele Mitglieder der          Es grüßt Sie herzlich
                                                  Apfelwein- und Obstwiesenroute leiden
                                                  unter enormen Umsatzeinbußen, kämp-
                                                  fen gar ums wirtschaftliche Überleben.
                                                  Auch für sie, für all die Gastronomen,
                                                  Hotels, Läden und Keltereien haben wir
                                                  uns letztlich entschieden, das Magazin
                                                  trotz allem herauszubringen. Denn ir-           Rouven Kötter
                                                  gendwann wird auch diese Krise über-            Erster Beigeordneter
                                                  wunden sein und wir werden uns wie-             Regionalverband FrankfurtRheinMain

                                                                     Im Zeichen des Apfels
INHALT                                                               Von Gießen im Norden bis Rödermark im Süden: In fünf Regio-
                                                                     nen Hessens haben Keltereien, gastronomische Betriebe, Direkt-
03   Editorial                                                       vermarkter, Obst- und Gartenbauvereine, Naturschutzinitiativen,
04   Meldungen                                                       Baumschulen, Obsthöfe, Museen sowie Städte und Gemeinden
08   Themen                                                          ihre Aktivitäten und Attraktionen zu „Regionalschleifen“ ver-
14   Story                                                           bunden. Gemeinsam bilden sie die hessischen Apfelwein- und
18   Kolumne                                      Obstwiesenroute. Unter diesem Label setzen sich rund 700 Partner aktiv für Nah-
19   Rezept                                       erholung, Naturschutz und die Förderung der regionalen Wirtschaft ein. Ziel ist
20   Termine                                      es, ein typisches Stück Hessen zu schützen und erlebbar zu machen: die Natur und
28   Berichte                                     Kultur des Apfels.
30   Das besondere Bild
     Impressum                                    Gießen, Main-Kinzig, Stadt und Kreis Offenbach, Wetterau sowie Main-Taunus

Fotos: Shutterstock (Titelbild); Regionalverband FrankfurtRheinMain
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SEITE 4                  MELDUNGEN

WEBPORTAL                                                             CORONA

Starke Seite                                                          Nichts zu feiern!
                                                                      Welche Veranstaltungen der kommen-
                                                                      den Wochen stattfinden werden
Eine neue Website bietet umfassende Informationen zum Thema           oder verschoben bzw. abgesagt werden
Streuobstwiesen in der Region – für Profis und Neugierige.            müssen, war bei Redaktionsschluss
                                                                      unklar. So wurde der Hessentag, an
Der Regionalverband FrankfurtRheinMain will die zahlreichen Streu-    dem auch der Regionalverband sowie
obst-Aktivitäten in der Region bündeln, vernetzen und verbessern.     zahlreiche Mitglieder der Hessischen
Dafür hat er nun auch eine zentrale Website (www.streuobst-frm.de)    Apfelwein- und Streuobstwiesenroute
aufgesetzt. Sie enthält nicht nur Informationen und Nachrichten,      teilnehmen wollten, abgesagt. Die Frank-
sondern nennt auch Ansprechpartner rund um die umweltfreund-          furter Apfelweinmesse (www.cider-world.
lichste und „hessischste“ Form des Obstanbaus. Wer eine Kelterei      com) wurde dagegen erst einmal nur
sucht, die Streuobst verarbeitet, oder Hilfe bei der Pflege seiner    auf den 15. – 16. August verschoben.
eigenen Streuobstwiese braucht, findet im Streuobst-Portal den        Und stattfinden soll ebenfalls – Stand
passenden Kontakt. Und wer sich bereits selbst im Bereich Streuobst   Anfang April – das Frankfurter Apfel-
engagiert, kann sich auf der Homepage vorstellen und so sein          weinfestival auf dem Roßmarkt (7. – 16.
Angebot bekannter machen. Auch der touristische Aspekt kommt          August). Ganz sicher nicht verschoben
nicht zu kurz: So bietet das Portal alles Wissenswerte rund um die    wird dagegen der Weltapfelweintag
Hessische Apfelwein- und Obstwiesenroute mit ihren fünf Regio-        am 3. Juni. Zur Not wird das Stöffche
nalschleifen.                                                         an dem Tag eben alleine getrunken.

www.streuobst-frm.de                                                  www.weltapfelweintag.de

Foto: Pixabay
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MELDUNGEN                               SEITE 5

HERBSTZEITLOSE

Toxische Schönheiten                                                                        3 Fragen an
Im Frühling verwechselt man sie mit Bärlauch, im Herbst zur Blüte-
zeit mit Krokussen. Dabei gibt es einen guten Grund, die Pflanze
                                                                                                         ...
mit der lateinischen Bezeichnung „Colchicum autumnale“ etwas                                     Wolfgang Lazar
genauer zu kennen.                                                                             Pomolo-Obstweine in
                                                                                                 Karben-Rendel
Löwenzahn, Schafgarbe, Wilde Möhre. Streuobstwiesen sind be-
kannt für artenreiche Flora. Doch nicht alle Pflanzen sind gleicher-
maßen erwünscht. So ist die Herbstzeitlose zwar eine schöne Pflan-
ze, die jedoch eine toxische Wirkung hat: Nutztiere wie Schafe
und Rinder können bei ihrem Verzehr Vergiftungen erleiden und
auch für Menschen droht Gefahr – zumal die Pflanze gerne mit
Bärlauch verwechselt wird.
     „Im Main-Kinzig-Kreis hat sich die Herbstzeitlose stark ausge-
breitet. Das stellt die Landwirte, die hier Heu verarbeiten, vor große
Probleme und kann zu erheblichen finanziellen Einbußen führen“,
erklärte Dr. Beatrix Tappeser, Staatssekretärin im hessischen Umwelt-
ministerium, anlässlich eines Besuches in Langenselbold. Dort
informierte sie sich über ein Projekt der Gesellschaft für Naturschutz
und Auenentwicklung, das nun im fünften Jahr die zunehmende
Ausbreitung der Herbstzeitlosen auf extensiv genutzten Grünland-
flächen und Auenwiesen zu verhindern versucht. „Das Projekt gibt
Antworten darauf, wie die Herbstzeitlose zurückgedrängt werden
kann, ohne gleichzeitig die Biodiversität zu gefährden“, so Tappeser.
„Anstelle von chemischen Unkrautvernichtern werden zum Beispiel
variable Mahdmuster, verschiedene Mahdzeiten oder mechanische
Bekämpfungsmethoden genutzt.“

www.gna-aue.de                                                                          Alkohol oder Alkoholfrei?
                                                                                        Beides! Unsere alkoholfreien Seccos
                                                                                        zeigen, dass ein Perlwein keinen
                                                                                        Alkohol braucht, um lecker zu sein.
                                                                                        Besonders beliebt ist unser alkohol-
                                                                                        freier Apfel-Quitte-Secco. Und
                                                                                        die Nachfrage steigt stetig – derzeit
                                                                                        liegt sie bei rund 20 Prozent unseres
                                                                                        Gesamtumsatzes.

                                                                                        Was unterscheidet den Secco von
                                                                                        einer Schorle?
                                                                                        Das fehlende Wasser. Unsere Seccos
                                                                                        bestehen aus 100 Prozent perlen-
                                                                                        dem Fruchtsaft.

                                                                                        Wer ist die Zielgruppe der alkohol-
                                                                                        freien Varianten?
                                                                                        Das ist ja das Schöne: alle. Beim
                                                                                        Anstoßen mit Alkohol sind ja nicht
                                                                                        nur überzeugte Anti-Alkoholiker
                                                                                        ausgeschlossen, sondern auch die
Auf Streuobstwiesen strecken zahlreiche Herbstzeitlosen ihre Blütenkelche aus           Autofahrer und die Kinder.
der Erde. Das sieht schön aus, ist aber nicht ungefährlich.

Fotos: Pixabay; privat
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SEITE 6                   MELDUNGEN

                                        BIODIVERSITÄT

                                        Die Wiese lebt
                                        Die Naturfreunde Bad Vilbel haben ein verbuschtes Areal in eine
                                        blühende Wiese verwandelt.

                                        Im Sommer 2019 ging es los: In der Nähe ihrer Naturfreundehütte
                                        am Hexenloch machten sich Aktive der Naturfreunde Bad Vilbel
                                        über eine verbuschte Wiese her. Sie rodeten die Brombeeren,
                                        schnitten Wildsträucher und Obstbäume zurück und entsorgten
                                        jede Menge Müll. Denn: Zusammen mit der Stadt Bad Vilbel, einer
                                        Stiftung und anderen Förderern soll dort bis zum Hessentag eine
                                        blühende Wiese entstehen. Die von der Stadt Bad Vilbel zur Ver-
                                        fügung gestellten Obstbäume und Blühsträucher sind im letzten
WIESENWISSEN KOMPAKT                    Herbst gepflanzt worden. Als Futterquelle für Insekten wurden

Streuobstwiesen...
                                        attraktive Blühstreifen angelegt. Durch die Beweidung der restlichen
                                        Flächen wird die natürliche Vegetation der Fläche wiederhergestellt
                                        und so die Artenvielfalt erhöht. Ein großmaschiger Wildzaun schützt
... sind Wiesen mit hochstämmigen       die Wiese zudem vor wilder Müllablage und Hunden, ermöglicht
Obstbäumen, die verstreut in der        aber kleineren Wildtieren die Passage. Durch ein Tor ist der Zugang
Landschaft stehen – zum Beispiel        für Interessierte möglich. Auch mehrere Bienenvölker der Natur-
Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen       freunde-Bienengruppe werden auf bereits installierten Klotzbeuten,
oder auch Walnüsse.                     also als Bienenbehausung dienenden ausgehöhlten Baumstämmen,
                                        einziehen. Vor Ort geben Infotafel und Flyer Auskunft über das
... sind geprägt von einer extensiven   Projekt. Interessierte können auch Wiesen-Pate werden – und Helfer
Bewirtschaftung. Das heißt, es          sind ebenfalls willkommen.
werden in der Regel kaum Dünger
und Pesitizide eingesetzt.              www.wiesenprojekt-bad-vilbel.de

... gehören zu den artenreichsten
Biotopen Mitteleuropas. Mehr als
5000 Tier- und Pflanzenarten leben
auf einer Streuobstwiese.

... gelten als Arche Noah für alte
Obstsorten. Mehr als 1200 Apfel-
sorten, 1000 Birnensorten, 250
Kirschsorten und 320 Zwetschgen-
sorten sind bekannt.

... werden auch von Bienen und
Weidetieren geschätzt. Typische
Streuobstwiesenprodukte sind
deshalb auch Honig, Milch, Käse,
Wurst und Wolle.

                                        Sie lassen es blühen: Norbert Nakoinz, Vorsitzender der Naturfreunde Bad Vilbel,
                                        und Dr. Sabine Mahr, Projektleiterin des Wiesenprojektes.

Foto: Horst Hirschmann
Obstbäume im Stresstest Die Route feiert Jubiläum - Klima-Energie-Portal
MELDUNGEN                                 SEITE 7

                                    APFELWEINMUSEUM                                    gründet, seit Jahren gibt es ein Konzept

                         Es ist (fast)
                                                                                       für ein „Haus der Apfelweinkultur“.
                                                                                       Seit Sommer 2019 immerhin scheint ein
                                                                                       Ort gefunden: Die geplanten Erlebnis-
                                                                                       welten zur Apfelweinkultur sollen in

                          vollbracht                                                   dem leerstehenden Römerkeller – also
                                                                                       im Herzen der Altstadt – unterkommen.
                                                                                       Aktuell hakt es daran, dass die Pächter-
                                                                                       frage für den zugehörigen „Ratskeller“
                                                                                       noch nicht gelöst ist.
                                                                                            In Hanau hingegen nimmt das
                                                                                       Museum, das von Anfang an wesentlich
                                                                                       kleiner geplant war, konkrete Formen
                                                                                       an. Hatten Finanzierungsfragen zuletzt
                                                                                       den Start verzögert, hat der Regional-
                                                                                       verband und der Verein Frankfurt-
                                                                                       RheinMain mit einer Unterstützung in
                                                                                       Höhe von insgesamt 25.000 Euro den
                                                                                       Weg frei gemacht. Jörg Stier, eben
                                                                                       auch Vorsitzender von ACH, freut sich:
                                                                                       „Nun kann das Museum definitiv in
                                                                                       diesem Jahr eröffnen.“ Neben seinem
                                                                                       Feinkostladen direkt am Heumarkt
                                                                                       in der Hanauer Innenstadt soll das
                                                                                       „Gerippte Museum“ bei freiem Eintritt
                                                                                       Wissenswertes rund ums Stöffche
                                                                                       erlebbar machen: vom Handwerk des
                                                                                       Kelterns bis zur Verbreitung des Apfel-
                                                                                       weins in der Welt. Im Mittelpunkt
                              In Hanau steht der Eröffnung des                         wird der mit einem Fassungsvermögen
                         „Gerippten Museums“ nichts mehr im Wege.                      von knapp 700 Liter „größte Bembel
                                                                                       der Welt“ stehen. Die Kosten für
                                                                                       den laufenden Betrieb will der Verein
Seit einigen Jahren treiben im Rhein-        Frankfurt kümmert sich der Trägerver-     über Eintrittsgelder für Veranstalt-
Main-Gebiet gleich zwei Vereine Ideen        ein Deutsches Apfelweinmuseum. Ein        ungen erwirtschaften. Woran Stier da
für Apfelweinmuseen voran. In Hanau          Wettbewerb ist das mitnichten, eher ein   denkt? „Seminare, Vorträge und
ist es der Verein Apfelwein Centrum          paralleles Anliegen. Doch hier wie da     Lesungen. Und die können übrigens
Hessen (ACH) um den umtriebigen Kelter-      ist der Weg beschwerlich. So wurde der    schon vor der offiziellen Museums-
meister in Ruhestand Jörg Stier, in          Verein in Frankfurt bereits 2012 ge-      eröffnung stattfinden.“

Foto: Christian Sälzer
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SEITE 8                   THEMEN

JUBILÄUM                                     Denn es gibt inzwischen nicht mehr nur      ge und Naturschutz, als Kulturgut und
                                             einen Verein: die Hessische Apfelwein-      als Erwerbszweig sowie für Naherho-

Eine große                                   und Obstwiesenroute ist in mehrere
                                             Regionen mit eigenständigen Vereinen
                                             unterteilt, die sich um die dort verlau-
                                                                                         lung und Tourismus. Zusammen mit
                                                                                         den Ehrenamtlichen aus den Vereinen
                                                                                         soll das Thema jetzt neu und mit fri-

Idee wird                                    fenden Routen – die sogenannten „Schlei-
                                             fen“ – kümmern. Neben der Gründungs-
                                             Schleife gibt es heute noch die Wet-
                                                                                         schem Elan angegangen werden. Denn
                                                                                         es gibt viel tun! Nicht nur, dass das ins-
                                                                                         gesamt 1.000 Kilometer lange Rad- und

25 Jahre                                     terau, Main-Kinzig, Gießen sowie die
                                             Schleife Stadt und Kreis Offenbach, die
                                             als letztes hinzukam und in diesem Jahr
                                                                                         Wandernetz dringend erneuert und
                                                                                         überarbeitet werden muss, auch bei
                                                                                         den Streuobstwiesen selbst gibt es
                                             immerhin ihr 20. Jubiläum feiern kann.      Handlungsbedarf (siehe das Interview
Vor genau 25 Jahren wurde die Hessi-         „Geblieben ist aber der Grundgedanke“,      auf Seite 10). Profitieren könnten dabei
sche Apfelwein- und Obstwiesenroute          so Krieger, nämlich, „dass die für unsere   alle davon, dass die Themen Natur-,
gegründet. Ziel war – unter anderem          Regionen charakteristischen Streuobst-      Arten- und Klimaschutz im Bewusstsein
– der Erhalt der hiesigen Kulturland-        wiesen nur erhalten werden können,          der Menschen heute einen anderen
schaft mit ihren prächtigen Streuobst-       wenn alle Kräfte zusammenarbeiten“.         Stellenwert haben und sich auch immer
wiesen. Daran hat sich bis heute nichts            Der Erhalt der Streuobstwiesen ist    mehr junge Leute für das Thema
geändert, die Dringlichkeit des Anlie-       auch das zentrale Ziel des Regionalver-     Streuobstwiese interessieren. „Es ist auf
gens hat jedoch zugenommen.                  bands FrankfurtRheinMain, der die           jeden Fall gut, dass wir jetzt professio-
                                             Hessische Apfelwein- und Obstwiesen-        nelle Unterstützung für unser Engage-
Am Anfang stand eine Idee: Naherho-          route im vergangenen Jahr unter seine       ment haben“, freut sich Barbara Helling:
lung, Naturschutz und die Förderung          Fittiche nahm. Die Motivation des Ver-      „Ich glaube fest daran, dass es uns ge-
der regionalen Wirtschaft sollten mehr       bands ist die große Bedeutung des           meinsam gelingen kann, das Thema
miteinander verbunden werden – vom           Streuobstanbaus – für Landschaftspfle-      weiter voranzubringen.“
Obstbauer über Keltereien, Brennerei-
en, Gastronomie und alle, die das
Streuobst zu einer Vielzahl von regiona-
len Köstlichkeiten verarbeiten, bis hin
zum Verbraucher, der natürlich das Obst
in jeder Form zu schätzen und zu genie-
ßen weiß. „Da war eine große Euphorie
bei allen Beteiligten,“ berichtet Barbara
Helling vom Verein Naturlandschaft und
Streuobst Main-Taunus. Als Frau der ers-
ten Stunde kann sie viel von der Grün-
derzeit der Hessischen Apfelwein- und
Obstwiesenroute erzählen: Wie der neue
Verein 1995 mit einem großen Fest im
Main-Taunus-Zentrum gefeiert wurde.
Wie überall mit großer Begeisterung
Wander- und Fahrradrouten angelegt
wurden, die den Besuchern die Streu-
obstwiesen mit den Keltereien und den
gastronomischen Angeboten näher-
bringen sollten. Und wie das Signet –
der bekannte rote Apfel mit dem grü-
nen Pfeil – so beliebt war, dass er häufig
geklaut und dann wieder ersetzt wer-
den musste.
     „Mittlerweile ist viel passiert“, be-
richtet Dieter Krieger. Der Obstbauer
aus Kronberg gehört ebenfalls zu den
Gründungsvätern und ist heute Vorsitz-
ender der Regionalschleife Main/Taunus.
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THEMEN                                      SEITE 9

Für den Ebbelwoi werden vor allem säurereiche Apfelsorten benötigt.

KELTEROBST                                      wandlungen weniger Streuobstwiesen           Abnahmegarantie. Gepflanzt werden
                                                gibt. Und da viele gar nicht mehr oder       Halbstämme, die nach etwa fünf Jahren

Mehr Saft                                       weniger als einst gepflegt würden, fal-
                                                len auch Ernten geringer aus. Weniger
                                                Streuobstwiesen und weniger Obst er-
                                                                                             schon nahezu voll tragen. „Für Landwir-
                                                                                             te ist das ein interessantes Angebot, mit
                                                                                             dem sich gute und sichere Erträge erzie-
                                                geben weniger Saft. Die Keltereien           len lassen“, findet Kneip.
Die Nachfrage nach heimischen Kel-              müssen sich umschauen.                             Klar ist: Eine Kelterobstwiese hat
teräpfeln ist groß. Eine Kelterei setzt              Vor diesem Hintergrund ging             nicht den Charakter einer Streuobstwie-
auf die Anlage von Obstwiesen.                  Rapp’s bereits 2013 neue Wege: Am            se. Da das Obst maschinell geerntet wird,
                                                Standort Karben unterstützte das Unter-      werden dort zum Beispiel keine Hoch-
Klaus-Dieter Kneip, fast 30 Jahre lang          nehmen die Gründung der IG Streuobst.        stämme gepflanzt. „Bei Kelterobstwie-
Geschäftsführer bei Rapp’s, erinnert            In dieser kümmern sich engagierte Bür-       sen handelt es sich aber auch nicht um
sich noch an die Schlangen, die sich je-        gerinnen und Bürger bis heute um den         Plantagen“, so Kneip, und sie sollen Flä-
des Jahr zur Erntezeit vor der Abliefe-         Erhalt und die Förderung von Streuobst-      chen ersetzen, die bislang als Monokul-
rungsstelle bildeten: Obstbauern und            wiesen. Gleichzeitig pachtete die Kel-       tur für Weizen- oder Maisanbau dienten.
Privatleute brachten reichlich die für          terei städtische Wiesen in der Umge-         Wie sich Ökologie und Ökonomie verbin-
den Apfelwein unabdingbaren säure-              bung an und pflanzte 750 Obstbäume.          den lassen, soll die drei Hektar große
reichen Kelteräpfel. Doch seit einiger          „Das waren gute Initiativen“, meint          Musteranlage zeigen, die Rapp’s in der
Zeit zeichnet sich ab, dass es mit dem          Kneip. „Aber die Lücken lassen sich so       Gemarkung Rosbach in enger Absprache
Überfluss an heimischem Streuobst vor-          nicht schließen.“ Daher kam eine Idee        mit der lokalen Naturschutzbehörde an-
bei ist: „Das Angebot nimmt langsam,            auf, um die er sich, inzwischen im Ruhe-     gelegt hat. Rand-Blühstreifen, spezielle
aber stetig ab“, beschreibt Kneip die           stand, für Rapp’s kümmert: das Projekt       Grasmischungen und Nisthilfen für Vö-
Tendenz. Mit Spätfrösten oder trocke-           Kelterobstanlagen. Wer auf landwirt-         gel schaffen Diversität. Klaus-Dieter
nen Jahre habe dies nur am Rande zu             schaftlichen Flächen in Hessen in Ab-        Kneip betont: „Streuobstwiesen bleiben
tun. Entscheidend sei, dass es vor allem        sprache mit und beraten von Rapp’s Ap-       das A und O und Rapp’s freut sich über
in Ballungsräumen durch Flächenum-              felbäume pflanzt, erhält eine langfristige   jeden Zentner heimisches Streuobst.“

Foto: Shutterstock
Obstbäume im Stresstest Die Route feiert Jubiläum - Klima-Energie-Portal
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                                                Der Regionalverband Frankfurt-
                                                RheinMain hat zum 1. Januar
                                                die Hessische Apfelwein- und
                                                Obstwiesenroute übernom-
                                                men. Rouven Kötter, Erster Bei-
                              STREUOBSTWIESEN
                                                geordneter, erklärt, warum

           „Wir freuen                          er und der Verband sich so für
                                                das Thema engagieren.

             uns auf                            Was interessiert den Regionalverband Frankfurt-
                                                RheinMain am Thema Streuobstwiesen?
                                                Unsere Streuobstwiesen sind ein ökologisch

           die Arbeit !“
                                                wichtiges, identitätsstiftendes Element unserer
                                                regionalen Kulturlandschaft. Deshalb wollen wir
                                                gemeinsam mit den vielen Aktiven in der Region
                                                dafür sorgen, dass diese Wiesen auch kom-
                                                menden Generationen als Identifikationsstifter,
                                                Erholungsgebiete und Nahrungslieferant zur
                                                Verfügung stehen. Und wir möchten die Streu-
                                                obstwiesen auch wieder stärker ins Bewusstsein
                                                der Bevölkerung rücken, um ihren Erhalt und
                                                ihre Pflege zu fördern.

Fotos: Regionalverband FrankfurtRheinMain
THEMEN                                        SEITE 11

Wie wollen Sie dabei vorgehen?                      rung nicht mehr durchgängig. Soll dieses Thema
Begonnen haben wir schon im Sommer 2018 mit         auch angepackt werden?
dem „Ersten Regionalen Streuobsttag“. Es nah-       Die Routen haben sich in der Vergangenheit sehr
men rund 90 Vertreterinnen und Vertreter von        unterschiedlich entwickelt. Wir wollen hier zu
Städten und Gemeinden, Landkreisen, Land-           einheitlichen Qualitätsstandards finden, um dem
schaftspflegeverbänden, Streuobst-Interessen-       Nutzer ein qualitativ hochwertiges, verlässliches
gruppen, Pomologen und viele weitere enga-          Ausflugserlebnis zu gewährleisten. Man muss
gierte Männer und Frauen teil. Am Ende wurde        sich auf die Qualität der Angebote, die das Logo     * In der Ausstellung „Erhalt
die „Lohrberger Erklärung“ beschlossen, die un-     der Routen tragen, verlassen können. Außerdem        der Streuobstwiesen in
ter anderem vorsieht, dass sich der Regionalver-    planen wir zusammen mit dem Regionalpark             der Region FrankfurtRhein-
band als zentraler Akteur für die Streuobstwie-     eine Ausweisung von besonderen Premium-Rou-          Main" werden auf fünf
sen in der Region einsetzen soll. Diesen Auftrag    ten, aber dazu will ich noch nicht zu viel verra-    Tafeln die ökologische und
haben wir gerne angenommen, wir freuen uns          ten. Sie dürfen gespannt sein! Eine Neugestal-       kulturelle Bedeutung der
auf die Arbeit.                                     tung der Routen steigert auf jeden Fall die          Streuobstwiesen sowie de-
                                                    Attraktivität der Region und wird wieder mehr        ren Erlebnis- und Erholungs-
Was heißt das konkret? Was haben Sie bereits        Menschen für das Thema Streuobstwiesen in            wert dargestellt. Sie kann
angepackt?                                          Hessen begeistern.                                   auf www.streuobst-ffm.de
Zum Beispiel haben wir Bastian Sauer bei uns als                                                         heruntergeladen oder in
regionalen Streuobstbeauftragten eingestellt        Welche Rolle spielen die bisherigen Akteure, vor     einer Rollup-Version kosten-
und die Hessische Apfelwein- und Obstwiesen-        allem die Vereinsmitglieder?                         los beim Regionalverband
route mitsamt dem „Apfelboten“ übernommen.          Sie sind das Fundament, ohne welches das ge-         FrankfurtRheinMain ausge-
Ganz konkret haben wir aber auch mit einer          samte Engagement zusammenbrechen würde.              liehen werden.
ganzen Anzahl kleinerer Maßnahmen begon-            Wir brauchen deren Fachwissen, Erfahrung,
nen, zum Beispiel haben wir das MainÄppelHaus       Ideen, Kreativität und Begeisterung. Die Einbin-
in Frankfurt bei der Anschaffung einer              dung der aktiven Streuobst-Akteure der Region
mobilen Kelterei unterstützt, eine Fortbildung      ist für uns enorm wichtig. Alleine können wir
speziell für kommunale Mitarbeiter zu zertifi-      uns bemühen, so viel wir wollen, nur gemein-
zierten Landschaftsobstbauern auf die Beine ge-     sam können wir jedoch wirklich etwas errei-
stellt und für unsere Mitgliedskommunen finan-      chen. Von einer Neuaufstellung und Aufwer-
ziert, eine Wanderausstellung* konzipiert, das      tung der „Hessischen Apfelwein- und Obst-
Streuobstportal www.streuobst-frm.de erarbei-       wiesen-Routen“ profitieren alle Schleifen, Ver-
tet und freigeschaltet und viele, viele Gespräche   einsmitglieder und Akteure. Zum Beispiel wol-
geführt sowie Treffen organisiert. Diese Vernet-    len wir auch die regionale Wertschöpfung
zungstreffen sind wichtig, um den Austausch         durch Hofläden und gastronomische Angebote
zwischen den Akteuren zu intensivieren. Sie die-    intensiver bewerben.
nen aber auch dazu, die wirklichen Probleme
und Herausforderungen herauszuarbeiten, um          Welchen Bezug haben Sie persönlich zu dem
diese dann Schritt für Schritt anzupacken.          Thema?
                                                    Zunächst einmal trinke ich sehr gern Apfelwein
Welche Probleme und Herausforderungen sind          (lacht). Ich bin ein Kind der Region und mit Obst-
das?                                                bäumen aufgewachsen. Obst pflücken und idea-
Wir werden zum Beispiel die Streuobstwiesen         lerweise direkt essen war für mich Teil meiner
der Region noch besser erfassen und kartieren,      Kindheit. Es ist bei uns Familientradition, im
um eine solide Grundlage für die weitere Arbeit     Herbst einen gemeinsamen Apfelernte-Tag
zu haben. Außerdem soll unser Internet-Portal       durchzuführen. Da kommen Jung und Alt zu-
permanent ausgebaut und weiterentwickelt            sammen. Es wird gepflückt, gewaschen, ge-
werden. Es gibt so viele ehrenamtlich engagierte    presst, frisch getrunken, erhitzt und abgefüllt.
Fachleute in der Region – diese wollen und wer-     Ein Teil des Süßen landet dabei immer in einem
den wir bestmöglich unterstützen. Und über          Glasballon und gärt dann in meinem Keller zu
eine solche Plattform können wir unser zentrales    einem leckeren Apfelwein. Ich finde es faszinie-
Anliegen, den Erhalt der Streuobstwiesen, her-      rend, dass man nichts tun muss, einfach nur war-
vorragend transportieren.                           ten. Für mich persönlich sind Streuobstwiesen
                                                    ein bedeutender Teil meiner Heimat. Deshalb ist
Im Argen liegen auch die Routen selbst. Wander-     es mir so wichtig, die Streuobstwiesen in unserer
und Fahrradkarten sind vergriffen, die Beschilde-   Region zu bewahren.
SEITE 12                     THEMEN

In dieser Reihe im Obsthof am Steinberg standen im vergangenen Jahr noch Bäume.

KLIMAWANDEL                                                                               der Boden in der kurzen Zeit nur einen
                                                                                          geringen Anteil aufnehmen und den

Bäume im                                                                                  Pflanzen zur Verfügung stellen kann.
                                                                                          „Das restliche Wasser geht in den ober-
                                                                                          flächlichen Abfluss“, so Brömser. Beides,

Stresstest                                                                                die höhere Verdunstung und die stärke-
                                                                                          ren, aber selteneren Niederschläge,
                                                                                          führten am Ende dann eben doch zu
                                                                                          weniger pflanzenverfügbarem Wasser
Das Klima verändert sich. Während Extremwettererscheinungen wie Sturm oder                – und damit zu mehr sogenanntem Tro-
Starkregen ein Problem für die gesamte Landwirtschaft sind, leiden unter Hitze            ckenstress für die Bäume.
und Trockenheit vor allem die Obstbauern. Dabei geht es nicht nur um vereinzel-                Hinzu kommt: Durch die höheren
te Ernteeinbußen, sondern auch um indirekte und langfristige Folgen.                      Temperaturen erfolgen Blüte, Frucht-
                                                                                          entwicklung und Fruchtreife im vieljäh-
Andreas Brömser ist derzeit ein gefrag-        „Die Temperaturen sind in den letzten      rigen Mittel immer früher. Da es aber
ter Mann. Der Agrarmeteorologe vom             Jahrzehnten bereits um rund 1,5 Grad       trotzdem weiterhin Spätfröste geben
Deutschen Wetterdienst in Offenbach            angestiegen und sie werden in den          kann, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass
beschäftigt sich nämlich mit der Frage,        nächsten Jahrzehnten mit großer Si-        es Frost gibt, wenn die Obstbäume noch
welche Auswirkungen die Klimaverän-            cherheit weiter steigen“, stellt Brömser   blühen – mit möglicherweise verheeren-
derungen auf das Ökosystem Streuobst-          klar. Und damit nimmt auch die Verdun-     den Auswirkungen auf die Ernte. Und
wiese haben. Dass sich das Klima verän-        stung aus dem Boden und über die           auch vor indirekten Folgen des Klima-
dert,   daran     zweifelt  inzwischen         Pflanzen zu. Zwar sind, so der Experte,    wandels auf die Streuobstwiese warnt
niemand mehr. Wären es nur die beiden          bei den Niederschlagsmengen in der         der Experte: „Durch die frühere Blüte
Hitzesommer 2018 und 2019 gewesen,             Vegetationsperiode grundsätzlich keine     nimmt die Anzahl der möglichen Bie-
hätte man vielleicht noch an einen un-         signifikanten Änderungen zu erwarten.      nenflugstunden ab, da die Blüte zu ei-
glücklichen Zufall glauben können.             Allerdings besteht eine Tendenz hin zu     ner kürzeren Tageslänge stattfindet“,
Doch die Messungen sind eindeutig:             mehr Starkniederschlägen, von denen        erklärt Brömser. Die Bestäubungsleis-

Fotos: Martin Schmitz-Kuhl
THEMEN                                     SEITE 13

tung der Honigbienen könne so noch          und dann die Äste häckseln und ver-            gen wird, trockenheits- und hitzeresis-
weiter sinken.                              brennen,“ erzählt er. Andernfalls hätte        tentere Bäume anzubauen, gibt es diese
      Und was sagen die Betroffenen         die Gefahr bestanden, dass der Erreger         Möglichkeit für Besitzer von Streuobst-
selbst? Ein Besuch bei Andreas Schnei-      sich weiterverbreitet und dann gar nicht       wiesen kaum – erklärt Angela Römer-
der in Frankfurt-Erlenbach. Bereits 1994    mehr unter Kontrolle gebracht werden           Zeibig von der Baumschule Rinn in Gie-
hat Schneider seinen Obsthof am Stein-      kann. Das Problem für den Bio-Obstbau-         ßen. „Die eine Sorte ist zwar etwas sta-
berg in einen Bio-Obstbaubetrieb um-        er: Andere Möglichkeiten, der Krankhei-        biler als die andere, unter großer Hitze
gewandelt, den einzigen in Frankfurt.                                                      und Trockenheit leiden aber all unsere
Rund 250 Obstsorten auf 8.500 Bäumen                                                       Obstbäume.“ Und Andreas Schneider
werden dort auf seinen Wiesen ange-                                                        vom Obsthof am Steinberg ergänzt mit
baut. Oder eher: wurden. Denn 1.000                                                        einer Portion Sarkasmus: „Soll ich jetzt
Bäume musste Scheider bereits roden
lassen. „2018 hatten wir fünfeinhalb
                                                   „Soll ich jetzt                         etwa Granatäpfel anbauen?“
                                                                                                Bleibt zu hoffen, dass wenigstens
Monate am Stück keinen Regen“, be-
richtet er. Es folgte ein extrem nieder-
                                                 etwa Granatäpfel                          2020 nicht der dritte trockene Sommer
                                                                                           in Folge kommt, denn das würden die
schlagsarmer Winter und dann der Hit-
zesommer 2019. Gerade Apfelbäume,
                                                     anbauen?“                             geschwächten oder vorgeschädigten
                                                                                           Bäume vermutlich nicht überleben, be-
die im Gegensatz zu Birnen- oder Süß-                                                      fürchtet Agrarmeteorologe Andreas
kirschenbäumen, nur sehr flache Wur-                                                       Brömser. Ob es dazu kommen wird, kann
zeln ausbilden, leider darunter sehr.                                                      jedoch selbst er nicht vorhersagen, denn
Und wenn, wie damals, der Boden bis in      ten Herr zu werden, hat er nicht. Denn         „seriöse Aussagen über die Witterungs-
fünf Meter Tiefe staubtrocken ist, leidet   ein extensiver Obstanbau im Allgemei-          entwicklung lassen sich höchstens für ei-
der ganze Bestand, erklärt der gelernte     nen und ein ökologischer Obstanbau im          nen Zeitraum von sieben bis 10 Tagen
Obstbauer. Dabei ist die Erde am Stein-     Besonderen schließt eine Bekämpfung            treffen.“ Aber immerhin sei in Bezug auf
berg hervorragend, rund 200 Liter kann      mit chemischen Pflanzenschutzmitteln           die Trockenheit die Ausgangslage zu
der Kubikmeter Boden dort eigentlich        natürlich aus.                                 Beginn der diesjährigen Vegetations-
speichern. Doch irgendwann sind eben             Was also tun? Während in der              periode unproblematisch: „Derzeit sind
alle Reserven mal erschöpft.                Forstwirtschaft und im Landschafts- und        die Bodenwasservorräte hierzulande gut
      Das Problem dabei ist weniger der     Gartenbau verstärkt dazu übergegan-            bis überdurchschnittlich aufgefüllt.“
Ernteausfall. Dass die Ernte mal besser
und im anderen Jahr auch mal schlech-
ter ausfällt, daran hat sich ein erfahre-
ner Obstbauer im Laufe der Zeit ge-
wöhnt. Viel schlimmer ist jedoch, dass
die geschwächten Bäume anfälliger für
Parasiten werden. Allen voran „Diplo-
dia mutila“, ein Pilz, der für den soge-
nannten Rindenbrand verantwortlich
ist. Diese dunklen Stellen an Stämmen
und Ästen scheinen auf den ersten Blick
harmlos, führen aber dazu, dass Bäume
radikal geschnitten oder gleich ganz ge-
rodet werden müssen. Ähnliches gilt
auch für den Feuerbrand. Auslöser ist
hier ein Bakterium. Das Krankheitsbild
äußert sich dadurch, dass Blätter und
Blüten befallener Pflanzen plötzlich
vom Blattstiel welken, sich braun oder
schwarz verfärben und wie verbrannt
aussehen – daher auch der Name.
      Andreas Schneider kennt beide Pa-
rasiten aus leidvoller Erfahrung. „Im
letzten Frühjahr mussten wir ausgerech-
net zur Erdbeerernte raus auf die Wiese
und die Bäume radikal zurückschneiden       Obstbauer Andreas Schneider zeigt einen vom Rindenbrand befallenen Baum.
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           Die neue Vielfalt
           Von sortenrein und alkoholfrei über Rosé oder mit Cola
               gemischt bis zu Cider und Secco: Die hessischen
            Keltereien bieten viel mehr als klassischen Apfelwein.
                        Der Versuch einer Sortierung.
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„Es gab eine klare und eine naturtrübe Sorte,         seit Generationen um den Bembel drehte“, sagt
das war es.“ So einfach fällt die Antwort aus,        Jörg Stier von der gleichnamigen Kelterei aus
wenn man Martin Heil nach der Auswahl an Ap-          Maintal. So war es Obstbauer Andreas Schneider,
felweinen im Familienbetrieb vor rund 20 Jahren       der bereits in den 1990er-Jahren die ersten sor-
fragt. Die Kelterei Heil war damit keine Ausnah-      tenreinen Apfelweine abfüllte. Hiervon inspi-
me, im Gegenteil: Bei nahezu jeder Kelterei in        riert, zogen andere nach, sowohl Neulinge als
der Region, ob groß oder klein, war das Sorti-        auch Traditionsbetriebe wie Herberth oder Nöll.
ment äußerst überschaubar. Doch das hat sich          Plötzlich gab es sortenfeine und sortenreine Ap-
grundlegend geändert, seit einigen Jahren geht        felweine, Jahrgangsweine oder auch Streuobst-
es Schlag auf Schlag. Ob alkoholfrei, sortenrein      wiesenapfelweine, allesamt Varianten, die jen-
oder Bio, ob als fertiges Mischgetränk in der         seits des typisch kräftigen Apfelweingeschmacks
handlichen 0,33l-Longneckflasche oder gar in          neue und feine Genusserlebnisse boten.
der Dose, ob Cider und Cidre, Seccos und Schaum-            Nach und nach entstand eine kreative Apfel-
weine: Ausgehend von dem traditionellen Ap-           weinszene, die die geschmackliche Tiefe und aro-
felwein haben die Keltereien viele neue Wege          matische Vielfalt des Traditionsgetränkes neu er-
eingeschlagen und Welten erschlossen.                 kundete. Plötzlich wurden Liebhaber- und
     Allein bei Heil im Taunus umfasst das Ge-        Kennerschaft gelebt – mit Verkostungen, Festi-
samtprogramm heute mehr als 60 verschiedene
Produkte. Hierzu hat erheblich beigetragen, dass
Martin und sein Bruder Christof 2001 mit Cooper’s
einen der ersten, vielleicht sogar den ersten Cider
aus Deutschland herstellten. Ein Zufall ist diese
Experimentierfreude nicht. Bei Heil wie in den
                                                          Nun auch fein, cool oder
meisten anderen Keltereien sind heute Menschen
am Werk, die oft besser und breiter ausgebildet
                                                         international: Apfelwein
sind als ihre Vorgänger. Viele sind Meister oder
haben studiert. Neben einem fundierten Wissen
                                                         spielt heute viele Rollen.
über Herstellungsprozesse ist damit auch ein Ver-
ständnis von Produktentwicklung und Marketing
ins Spiel gekommen. Martin Heil sagt es so: „Mein
Großvater und mein Vater haben Apfelwein ge-          vals, Genussläden, Pomotheken und einer an
macht. Für einen Markt oder bestimmte Markt-          Wein erinnernden Art, Aromenspiele zu beschrei-
segmente haben sie sich nicht interessiert.“ Heute    ben. Die Anlehnung an eine Weinkultur, in der
aber heißt es: Welche Trends zeichnen sich ab?        auch höhere Preise verlangt und bezahlt werden,
Wo tut sich eine Nische auf? Wie kann man ein         trug viel zur Aufwertung des hessischen Natio-
Produkt positionieren und vermarkten? Solche          nalgetränkes bei. Parallel zu dem neuen Stil, die
Dynamiken sorgen dafür, dass Tabus gebrochen          Eigenart einer Apfelsorte so rein und klar wie
und Traditionen überwunden werden.                    möglich herauszuarbeiten, wurden ganz alte Tra-
     Während auch neue technische Verfahren           ditionen der Streuobstkultur wiederbelebt, den
für eine Qualitätssteigerung und -sicherung in        Apfelgeschmack durch andere Fruchtaromen zu
der Breite geführt haben, machte sich eine Kel-       ergänzen und zu verfeinern, von Quitte über
terei nach der anderen auf den Weg, die Mög-          Eberesche und Holunder bis Sauerkirsch.
lichkeiten des Apfelweins neu auszuloten – und             Ein durch solche Zugaben etwas milderer,
nicht nur sie: „Wichtige Impulse kamen von Sei-       fruchtigerer Apfelwein: Genau das sollte zum
teneinsteigern, bei denen sich nicht schon alles      Trend auch bei Großkeltereien und damit bei ei-
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                          nem breiteren Publikum werden. So setzte die               Was so leicht klingt, ist es nicht. Daran erin-
                          damals schon zu Rapp’s gehörende Kelterei Höhl        nert Ralph Walther von der Kelterei Walther in
                          vor rund zehn Jahren mit dem „Alten Hochstäd-         Bruchköbel. „Man muss bei jedem neuen Pro-
                          ter Rosé“ mit einer Nuance Johannisbeersaft er-       dukt mit einer ein- oder gar zweijährigen Ent-
                          folgreiche Zeichen. Das wurde wahrgenommen            wicklungszeit rechnen.“ Das kostet Zeit und Geld.
                          und heute hat fast jede Kelterei Gespritzte im        Die Herausforderung sei, dass man heute ganz
                          Sortiment, sei es Höhl, bei dem es den Blauen         verschiedene Marktanforderungen und Konsu-
                          Bock schon fix und fertig sauer, süß oder auch        mentenwünsche gleichzeitig bedienen müsse.
                          mit Cola gibt, sei es die Kelterei Trageser mit den   Walther: „Es soll immer etwas Neues, aber unbe-
                          Varianten Kirsche und Grapefruit.                     dingt auch weiterhin das Bekannte und alles
                                Allerdings: Apfelwein schon bei der Abfül-      noch in jedem erdenklichen Format geben.“
                          lung zu mischen, ihn mit einer Fruchtnote zu ver-     Auch seine Kelterei hat inzwischen eine enorme
                          feinern oder süß zu spritzen – für manchen Puris-     Vielfalt im Angebot. Von veganem naturtrübem
                          ten war und ist das mehr als gewöhnungs-              Apfelwein über Mischgetränke in der Longneck-
                          bedürftig. Martin Heil, Vorsitzender des Verban-      flasche bis zur Apfelwein-Rum-Edition und dem
                          des der Hessischen Apfelwein- und Fruchtsaft-         Bruchköbeler Jahrgangs-Secco. Einen Hit in
                          Keltereien e.V., sieht das pragmatisch: „Niemand      weiten Teilen Hessens hat Walther mit der Sorte
                          wundert sich, wenn im Sommer jemand ein Rad-          Apfelwein-Cola aus der Reihe „Der Wilde Hes-
                          ler trinkt. Wo genau ist der Unterschied?“ Übri-      se“ in auffällig lautem Design gelandet. Das mag
                          gens ließ der Vergleich mit Bier in der Kelterei      nicht jedermanns Geschmack sein. Aber es hält
                          Heil früh auch eine andere Idee wachsen: Die          oder macht das Traditionsgetränk bei jungen
                          wachsende Nachfrage nach alkoholfreiem Bier           Leute populär.
                          inspirierte zur Entwicklung eines alkoholfeien             Eine enorme Dynamik kommt aus eine ganz
                          Stöffchens, dem ersten im Land. Auch hier ließ        anderen Ecke: Internationale Brauereikonzerne
                          der Markterfolg andere nachziehen.                    wie Heineken und Carlsberg haben den aus
                                                                                Großbritannien stammenden Cider als das prä-
                                                                                gende Getränk der nächsten Jahre ausgemacht.
                                                                                Entsprechend offensiv bringen sie mit geballter
                                                                                Marketingpower ihre Cider-Produktpaletten auf
                                                                                die Märkte. Zwar ist Cider – ebenso wie der fran-
                                                                                zösische Cidre – nicht das gleiche wie ein hessi-
                                                                                scher Apfelwein (siehe Kasten). Aber verwandt
                                                                                sind sie schon. Damit haben es die hiesigen Kel-
                                                                                tereien zumindest in den Supermarktregalen mit
                                                                                einer mächtigen Konkurrenz zu tun bekommen.
Cidre, Cider und Apfelwein – was ist was?                                       Martin Heil sieht das so: „Das ist für uns Gefahr
Die drei Apfelgetränke sind nahe Verwandte. Stets wird im Zug der               und Chance zugleich. Wir müssen mit diesem
Gärung der Fruchtzucker von Apfelsaft in Alkohol umgewandelt. Beim              Markt mitwachsen, aber ebenso aufpassen, dass
Cidre, der ursprünglich aus der Bretagne und der Normandie stammt, wird         wir nicht überrollt werden.“ Ausgehend von
dieser Prozess früh gestoppt. Das Ergebnis ist ein recht alkoholarmes (zwei     Heils Erfolg mit Cooper’s haben viele der Kelte-
bis vier Volumenprozent Alkohol) Getränk mit lieblicher bis fein-fruchtiger     reien eigene Cider- sowie Cidre-Varianten entwi-
Note. Dem Cider bleibt meist mehr Zeit zum Reifen, was zu einem etwas           ckelt. Possman hat eine breite Cider-Reihe, Der
höheren Alkoholgehalt und einem kräftigeren Geschmack führt. Während            Alte Hochstädter ist auch als Cidre erhältlich, bei
bei beiden das Prickeln erwünscht ist, lässt man beim hessischen Apfel-         Trageser gibt es einen Cidre Rosé.
wein die natürlicherweise entstehende Kohlensäure entweichen. Außer-                 In der Variante Mischgetränke in handli-
dem wird er länger fermentiert, was in einem herben Geschmack und fünf          chen Flaschen mit coolem Design wird der Apfel-
bis sieben Volumenprozent Alkoholgehalt mündet. Da es bei Cider und             wein jünger und cooler. In den Varianten Cider
Cidre allerdings eine erhebliche Bandbreite gibt, verschwimmen die              und Cidre wird er internationaler. Und dann ist
Grenzen oft. Der größte Unterschied besteht eigentlich im Image bzw. in         da noch die Variante, ihn in einer Sektflasche un-
den jeweiligen Trinkkulturen: Der Cidre wird in der 0,75l-Flasche verkauft      ter Druck zu setzen und damit zu adeln. Auch
und – obwohl in Frankreich traditonell aus einer Keramiktasse, der Bolée,       das ist keine Neuerfindung. Bis Anfang des 20.
getrunken – hierzulande eher als Weinalternative konsumiert. Im Gegen-          Jahrhunderts hatten viele Keltereien einen „Aep-
satz dazu gilt der Cider als Bierersatz: Es gibt ihn auch in kleinen Flaschen   felwein-Champagner“ im Angebot. Und noch
bzw. oft in Dosen. Und im Pub fließt er aus dem Zapfhahn ins Pintglas.          aus Goethes Zeiten stammt die Tradition des
                                                                                „Herrschaftsgespritzten“. Diese lebte 2002 in
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      der Kelterei Höhl wieder auf: Als gebührendes       der Apfelschaumwein in der schwarzen Flasche
      Getränk für die goldene Hochzeit ihrer Eltern       von Bembel with Care oder der „Schneeweiß-
      mischte Johanna Höhl Hochstädter Apfelwein          chen und Rosenrot“ von Andreas Schneider.
      und Rieslingssekt. Hieraus wurde die Marke               Mit am konsequentesten setzt wohl die Kel-
      „Pomp“, die heute bei Dr. Höhl’s in mehreren        terei Nöll aus Frankfurt-Griesheim auf die edle
      Grande-Cuvée-Varianten erhältlich ist. An den       Linie: von sortenreinen Apfeltischweinen über
      seit Jahrzehnten ersten echten und in der Me-       Seccos sowie Apfelschaumweine bis zu dem im
      thode der Flaschengärung erzeugten Apfel-           Holzfass gereiften Dessertwein „Äppel-Dream“.
      schaumwein wagte sich hingegen Jörg Stier be-       Wahrscheinlich ist es kein Zufall, dass eine in der
      reits in den späten 1980er-Jahren.                  Mainmetropole ansässige Kelterei sich hierauf
            Es dauerte zwar noch eine Weile, aber nach    spezialisiert hat. So war es nicht zuletzt die hö-
      und nach etablierte sich der Trend, den guten al-   herpreisige Gastronomie und Hotellerie, die eine
      ten Schoppe in solch feine Gewänder zu kleiden:     wachsende Nachfrage nach lokalen Wein- und
      Plötzlich durfte und sollte er perlen, besondere    Sektvarianten signalisierte. Genau das bedient
      Abende als Aperitif eröffnen und kulinarischer      Nöll. „Unsere Spezialitäten sind dafür geeignet,
      Begleiter erlesener Speisen werden. So entstan-     ein feines Menü zu eröffnen, zu begleiten und
      den aus Apfelwein hergestellte Perlweine – be-      abzuschließen“, so Alexander Nöll, der aller-
      sonders groß ist die Auswahl an Seccos bei          dings die Kirche auch im Dorf lassen will: „Wir
      Pomolo-Obstweine in Karben-Rendel – und ele-        verdienen gut an unseren Spezialitäten. Aber
      gante Apfelschaumweine, die wie Sekt nach tra-      dem Apfelwein als Kerngeschäft werden sie nie
      ditioneller Methode in der Flasche gären. Nicht     den Rang ablaufen.“ Mag der Apfelwein heut-
      wenige Hersteller erweiterten ihr Sortiment um      zutage in vielen Gewändern auftreten und ganz
      solch edel-feinperlige Tropfen, sei es der „Her-    unterschiedliche Rollen spielen: Als Original bleibt
      berth Apfel-Klassiker“, der „Possmann 1881“,        er unverwüstlich im Zentrum der Bühne.

              Erzeugnisse aus ökologischer Landwirtschaft                                           APFELWE I N

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                                                                               E-Mail: kelterei-woerner@arcor.de

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SEITE 18                  KOLUMNE

                                      Sauers Sicht
               Diesmal: Warum die Kartierung der Streuobstbestände eine
                         mühsame, aber lohnende Aufgabe ist.

Zum Erhalt der Streuobstwiesen unserer      alle Daten allgemein zugänglich sein. So   ren. Etwa: Wem gehört eine bestimmte
Region wurden im August 2018 in der         haben Angaben, wo welche seltene Sor-      Wiese? Welche Sorten wachsen hier?
„Lohrberger Erklärung“ fünf Ziele for-      te genau zu finden ist, zu Diebstahl von   Eine zuverlässige Sortenbestimmung er-
muliert. Bei drei davon – Maßnahmen         Obst und Ästen, also von Veredlungs-       fordert Zeit – und fachkundige Obstsor-
zur Aufklärung und Schulung, für ein        material geführt. Idealerweise müssten     tenkenner. Hier stoßen wir auf das Pro-
einheitliches Marketing und für ein On-     Bund und Länder einheitliche Kriterien     blem, dass es in ganz Hessen nur (noch)
line-Infoportal – sind bereits wichtige     entwickeln, welche Parameter unter im-     sehr wenige erfahrene Pomologen gibt.
Schritte getan. Die beiden anderen, die     mer gleicher Methodik erfasst werden       Es fehlt an qualifiziertem Nachwuchs.
Initiierung einer Streuobstbörse und die    sollen, dies in zentrale Datenbanken            Trotzdem geht es voran. Voraus-
Schaffung einer Datenbank, sind kom-        überführen und den Status quo regel-       sichtlich im August bekommen wir ak-
plizierter. Tatsächlich kennen wir die      mäßig überprüfen. Da dies nicht im         tuelle Daten über unsere Streuobstwie-
Situation vieler Streuobstwiesen in un-     wünschenswerten Maß geschehen ist,         sen, die aus der Interpretation von
serer Kulisse nicht genau. Vorliegende      waren es immer wieder Naturschutzver-      Luftbildern gewonnen wurden. Diese
Landesdaten sind zum Teil sehr veraltet.                                               verraten viel über aktuelle Bestände
Und wenn Flächen lediglich auf Karten                                                  und Zustände. Außerdem haben wir
verzeichnet sind, weiß man nicht, ob sie                                               eine Zusammenarbeit mit dem Main-
längst verbuscht oder die Bäume halb
verfallen sind. In einer aktuellen Daten-
                                             Vom Zustand bis zu                        ÄppelHaus Lohrberg begonnen, bei
                                                                                       der es darum geht, alte Datenbanken
bank wäre der Ist-Stand umfassend do-
kumentiert: von der Lage und den Ei-
                                            den Sorten: Alles wäre                     unter Einbezug von Pomologen zu ak-
                                                                                       tualisieren und gemeinsam weiterzu-
gentumsverhältnissen bis zu Zahl, Alter
und Zustand der Bäume. Mit am wich-
                                                dokumentiert.                          entwickeln. Das sind erste Schritte.
                                                                                       Wenn nach und nach eine solide Da-
tigsten wäre die Sortenbestimmung.                                                     tenbasis entsteht, wird uns das in vie-
Denn wer weiß, wo welche Schätze                                                       lerlei Hinsicht sehr helfen: Sei es bei der
wachsen und sich zum Beispiel beson-        bände, die brauchbare Apps und Syste-      Durchführung von Pflegemaßnahmen
ders (klima)robuste Sorten finden las-      me zur Arterfassung entwickelt haben.      oder bei der Vermittlung von Grund-
sen. Für den Erhalt der genetischen Viel-        Diesen Weg wollen wir als Verband     stücken – und damit auch bei der Etab-
falt ist der Schutz regionaltypischer und   nun auch gehen. Wünschenswert wäre         lierung einer gut funktionierenden
seltener Sorten entscheidend.               eine eigene Plattform, bei der sich ver-   Streuobstbörse.
      Warum gibt es keinen aktuellen        schiedene Akteure an der Erfassung un-
Stand? Zum Teil liegt das daran, dass       serer Streuobstbestände beteiligen kön-    Bastian Sauer ist ausgebildeter Landschafts-
frühere Datenbanken nicht weiter ge-        nen. Manche Parameter wie die              gärtner und studierter Biologe. Beim Regional-
pflegt und aus dem Netz genommen            Bestimmung der Obstart oder des Pfle-      verband FrankfurtRheinMain ist er als Regio-
wurden, weil sie mit Bestimmungen des       gezustandes können von allen gleicher-     naler Streuobstbeauftragter tätig.
Datenschutzes kollidierten. Auch aus        maßen dokumentiert werden. Andere          Ihre Meinung zum Thema? Schreiben Sie an
Gründen des Artenschutzes sollten nicht     Angaben sind aufwändiger zu generie-       sauer@region-frankfurt.de
REZEPT                                         SEITE 19

                                                                                                        Annette Kreiling ist Vor-
                                                                                                        sitzende der Hessischen
                                                                                                        Apfelwein- und Obstwiesen-
                                                                                                        route im Wetteraukreis
                                                                                                        und Inhaberin von Kreilings
                                                                                                        Höfchen in Bad Vilbel
                                                                                                        (www.hotel-kreiling.de)

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               der Wdieesn
                auf r
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REZEPT                                              schen; Die Kirschen zugeben und aufkochen.          ZUTATEN
                                                    Den Ingwer fein hacken und dazu geben. Mit
                                                    Pfeffer, Zimt und Apfelbalsamico abschmecken.       Zutaten für das Chutney
Warmer Ziegenkäse                                   Das Chutney unter Rühren dick einkochen. Die        (ergibt ca. 5 Gläser)
                                                    Kirschen sollten zerfallen sein und nur noch we-    500 g Streuobst-Kirschen
mit Honig-Kirsch-Chutney                            nig Flüssigkeit enthalten. Achtung: Ständig um-     400 g Zucker

und karamellisierten                                rühren, denn die Masse brennt leicht an. Zum
                                                    Schluss noch den Honig unterrühren. Jetzt die
                                                                                                        100 g Honig
                                                                                                        50 ml Wasser
Walnüssen                                           Masse in saubere Gläser füllen, verschließen und    Schwarzer Pfeffer aus der
Wer bei Streuobst nur an Äpfel denkt, hat           die Gläser fünf Minuten auf den Kopf stellen.       Mühle
noch nicht das leckere Kirsch-Chutney von           Dadurch entsteht ein Vakuum und das Chutney         1 daumengroßes Stück
Annette Kreiling probiert.                          wird länger haltbar.                                Ingwer
                                                         Nur eines der Gläser braucht man dann für      1 TL Zimt
Bei Kreilings in Bad Vilbel wird schon seit 1946    den Ziegenkäse, der jetzt an der Reihe ist. Dafür   3 EL Apfelbalsamico
auf regionale Küche gesetzt. Neben dem Hotel        zunächst die Walnüsse knacken und grob ha-
in der Rittergasse ist bei den Gästen im Sommer     cken. Wasser und Zucker in einer Pfanne bei         Für den Käse
vor allem das schöne Gartenlokal und ganzjähr-      mittlerer Hitze aufkochen. Sobald der Zucker        (4 Portionen)
lich auch der Partyservice beliebt. Hier hat in-    aufgelöst ist und das Ganze leicht braun wird,      4 fingerdicke Scheiben
zwischen Enkelin Annette die Kochmütze auf.         die Nüsse zugeben. Auch hier gilt: Ständig rüh-     von der gereiften
Sie ist diejenige, die dort konsequent auf gesun-   ren! Wenn die Nüsse komplett von Zucker um-         Ziegenkäserolle
de, saisonale und vor allem köstliche Spezialitä-   hüllt sind, auf ein Backpapier legen. Zusam-        1 EL Rapsöl
ten aus Hessen setzt – so wie bei diesem Gericht,   menklebende Nüsse mit einer Gabel trennen           1 EL Honig
das letztlich aus zwei Teilen besteht: zum einen    und auskühlen lassen. Die Nüsse auf dem Zie-        1 TL Lavendelblüten
ein delikates Honig-Kirsch-Chutney, zum zwei-       genkäse verteilen und in einer Auflaufform un-      8 ganze oder 50 g
ten warmer Ziegenkäse mit karamellisierten          gefähr vier Minuten im Ofen grillen. Den Käse       geschälte Walnüsse
Walnüssen.                                          mit Lavendelblüten bestreuen, vielleicht noch       50 ml Wasser
      Für das Chutney die Streuobst-Kirschen wa-    mit Kirschen verzieren und zusammen mit dem         50 g Zucker
schen und entsteinen. Dann Zucker in der Pfan-      Chutney servieren. Und fertig ist ein leckeres
ne karamellisieren lassen und mit Wasser ablö-      Streuobstwiesengericht!

Foto: Privat
SEITE 20             TERMINE

                                    APRIL BIS SEPTEMBER

                      In den Schleifen
                         ist was los                                  Kurz vor Redaktionsschluss zeichnet
                                                                  sich ab, dass die Corona-bedingten Einschrän-

                                                                         Lauterbach
                                                                   kungen im öffentlichen Leben noch länger
                                                                    andauern könnten. Das wird auch hier
                                                                  aufgeführte Termine betreffen. Wir drucken

                                               Gießen             die Übersicht dennoch unverändert ab, weil
                                                                                           Fulda
                                                                  sie die Vielfalt der geplanten Aktivitäten der
                                                                     Mitglieder der Regionalschleifen zeigt.
                          Wetzlar                                 Auskünfte, ob eine Veranstaltung abgesagt
                                                                         wird, erteilen die Veranstalter.
                                                                                 Die Redaktion.

           Limburg
                               Usingen               Friedberg
                                                                           Gelnhausen
                                         Frankfurt        Hanau
              Wiesbaden                               Offenbach
                                                                                                   Gießen

                                                                                                   Wetterau

                               Darmstadt
                                                                                                   Offenbach
                                                          Reichelsheim
                                                                                                   Main/Taunus

Von Blütenfesten über geführte                                                                     Main-Kinzig
Wanderungen und Baumschnittkurse
bis zu Saftpressen für Kinder: Bei
den Aktivitäten der Mitglieder der
Hessischen Apfelwein- und Obstwiesen-
route ist für jeden etwas dabei.
TERMINE                                            SEITE 21

        Main-Kinzig
Die Streuobstwiesen im Main-Kinzig-Kreis zählen aufgrund ihrer Größe
zu den bedeutendsten in Hessen. So ist die 1997 gegründete Regional-
schleife Main-Kinzig denn auch eine der längsten und vielfältigsten.
Ihre Wege führen entlang naturbelassener Streuobstwiesen, Lehrgärten
und Lehrpfaden zu Keltereien und Gaststätten, Direktvermarktern,
Handwerksbetrieben, Sehenswürdigkeiten, Museen und Naturdenkmä-
lern. Attraktive Touren finden sich zum Beispiel rund um die Ronneburg
und zu den „Perlen der Jossa“.

Pflanzenbörse in Lanzingen              Wandern in Ulmbach                      Hoftag in Marjoß 20. September, 11 bis 17 Uhr
25. April, 10 bis 11 Uhr                9. Mai, 16 Uhr                          Seit 1976 gehört das Hofgut Marjoß zum Behinderten-Werk Main-
Die Pflanzentausch- und Verschenk-      Die Wanderung des OGV Ulmbach           Kinzig e.V. und bietet Menschen mit Handicaps Arbeitsplätze und
börse des OGV Lanzingen 1946 für        führt zur Bogenhütte der Familie        Qualifizierungsmöglichkeiten in der ökologischen Landwirtschaft. Der
alle Interessierten hat ein einfaches   E. Müller. Vereinsmitglieder werden     Bio-Betrieb am Rande des Steinauer Stadtteils Marjoß bietet viel zu
Prinzip: Wer überzählige Pflanzen,      gebeten, sich bis zum 8. Mai            entdecken. So verwundert es nicht, dass sich das jährliche Familienfest zu
Sämereien usw. hat, bringt diese        beim Vorsitzenden Erwin Mahr            einem Besuchermagneten entwickelt hat – mit Genussmarkt, Kutsch-
mit für andere Gartenbesitzer. Wer      anzumelden                              und Traktorfahrten, Führungen und einem prallen Kinderprogramm.
nichts mitbringen kann, nimmt mit.      Ulmbach, Dorfplatz,                     Steinau-Marjoß, Barackenhöfe, Hofgut Marjoß, www.bwmk.de
Und all das kostenlos.                  www.ogv-ulmbach.de
Biebergemünd-Lanzingen, im Hof
der Schreinerei Schick, Mühlgraben 1    Sommerschnittkurs in Wächters-          Erwin Mahr anzumelden. Gäste              Apfelweinfest mit Wandertag in
                                        bach 18. Juli, 9 Uhr                    sind willkommen.                          Sotzbach 20. September
Blütenfest in Schöneck                  Der OGV Wächtersbach lädt in            Steinau-Ulmbach, Gemarkung                Beim traditionellen Wandertag des
26. April, ab 10 Uhr                    seinem Lehrgarten in der Brunnen-       Ausspann                                  SKC Sotzbach kann man zwischen
Der Lehrgarten Kilianstädten des        straße zum kostenlosen Sommer-                                                    10 und 12 Uhr am Dorfgemein-
OGV Schöneck ist ab 10 Uhr zum          schnittkurs.                            Kelterfest in Schöneck                    schaftshaus auf eine 7 oder 10 km
Frühschoppen geöffnet. Auch für         Wächtersbach, Brunnenstraße,            13. September, ab 11 Uhr                  lange Strecke starten. Für Ver-
ein deftiges Mittagessen ist gesorgt.   www.ogv-waechtersbach.de                Der OGV Schöneck veranstaltet im          pflegung unterwegs ist gesorgt.
Schöneck-Kilianstädten, Feldstraße 0,                                           Lehrgarten in Kilianstädten wieder        Die drei größten Gruppen sowie
Lehrgarten, www.ogv-schöneck.de         Sommerschnittkurs in Niederissig-       sein Kelterfest. Der Eintritt ist frei.   der jüngste und älteste Teilneh-
                                        heim 22. August, 13.30 bis 15.30 Uhr    Schöneck-Kilianstädten, Feldstraße 0      mende erhalten ein Geschenk. Im
Schachblumenfest in Altengronau         Der OGV Niederissigheim lädt                                                      DGH Untersotzbach warten dann
26. April                               in seinem Lehrgarten zum kosten-        Pilzwanderung in Lanzingen                beim Sommerfest allerlei Leckerei-
Das Schachblumenfest der Land-          losen Sommerschnittkurs.                20. September, 14 Uhr                     en auf hungrige Gäste. Auch die
frauen Altengronau bietet wieder        Bruchköbel-Niederissigheim,             Der OGV Lanzingen 1946 bietet             mobile Kelterei ist direkt vorm DGH
ein volles Programm: Bei Führun-        Lehrgarten des OGV                      für alle Interessierten kostenfrei        wieder vertreten.
gen mit Naturparkführern lässt                                                  eine geführte Pilzwanderung an.           Birstein-Untersotzbach, Infos unter
sich mehr über die unter Natur-         Sommerschnittkurs in Schöneck           Biebergemünd-Lanzingen, am                skcsotzbach@t-online.de oder Tel:
schutz stehende Schönheit erfahren.     16. August, 14 Uhr                      Parkplatz B276 zwischen Lanzingen         06054 900314.
Für das leibliche Wohl ist ebenso       Der OGV Schöneck lädt in seinem         und Kassel
gesorgt wie für musikalische Unter-     Lehrgarten Kilianstädten zum
haltung. Kinder können Vogelnist-       kostenlosen Sommerschnittkurs.
kästen bauen und bemalen.               Schöneck-Kilianstädten, Feldstraße 0,
Altengronau                             www.ogv-schöneck.de

Apfelblütenfest in Niederissig-         Vereinsjubiläum in Ulmbach
heim 1. Mai, 11 bis 18 Uhr              30. August, ab 11 Uhr
Beim Apfelblütenfest des                Der OGV Ulmbach wird 20 Jahre
OGV-Niederissigheim werden im           alt und feiert dies mit einem
Lehrgarten allerlei Köstlichkeiten      Sommerfest an der Feldscheune
geboten.                                der Familie Freser. Vereinsmit-
Bruchköbel-Niederissigheim,             glieder werden gebeten, sich bis
Lehrgarten des OGV                      zum 29. August beim Vorsitzenden

Foto: Pixabay
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