Wasserwege der Gemeinde Flims und ihre Einflüsse auf den Caumasee - Öffentlicher Bericht 2004-2008
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Wasserwege der Gemeinde Flims und ihre Einflüsse auf den Caumasee Öffentlicher Bericht 2004-2008 Gemeinde 1 für Schweizerisches Institut Flims Speläologie und karstforschung
Lösungsformen im Kalkstein des Sur Crap 2 Der Lag Tiert war früher der Hauptausfluss eines Karstsystems
Einführung Das Problem Übersicht Von den vier Bergseen, die sich in der näheren Vor ca. 9500 Jahren fand im Vorderrhein einer der Umgebung von Flims finden, ist der Caumasee grössten Bergstürze des gesamten Alpenraums angesichts seiner Grösse und charakteristischen statt. Dieser Bergsturz bedeckt mit ca. 10-15 km3 Farbe sicher der attraktivste. Zwischen 2003 und Material den Fels auf Dutzenden von Quadratkilo 2007 sank jedoch der Seepegel deutlich ab und metern, so insbesondere im Gebiet westlich und erreichte die Minimalwerte der bisherigen Mess südlich des Dorfes Flims. Die Flimser Seen befinden periode. sich alle auf dem Bergsturzmaterial; der Cauma see und der Crestasee, die beiden grössten Seen, Der Umfahrungstunnel von Flims quert Kalk. werden unterirdisch gespiesen. Oberhalb und seit Dort treten in verschiedenen Wasserzutritten ins lich des Bergsturzes befindet sich Kalkstein. Die gesamt zwischen 150 l/s bis mehr als 800 l/s ein. ser löst sich in kohlensäurehaltigem Wasser auf Dieser grosse Zufluss und die tiefen Wasserstände und bildet Höhlensysteme. Das Wasseraus diesen im Caumasee hatten zur Frage geführt, ob nicht Höhlen tritt sodann in grossen Quellenwieder ans neben dem im 2004 nachgewiesenen Einfluss Tageslicht. Systeme, bei denen der Kalkstein gelöst auf den Lag Tiert auch der Caumasee durch den wird und das Wasser unterirdisch fliesst, werden Tunnelbau beeinflusst sei. Der Gemeindevorstand Karstsysteme genannt. Die Region Flims besitzt Flims hatte Ende 2005 das Schweizerische Institut gleich drei unterschiedliche Karstsysteme, deren für Speläologie und Karstforschung, in der Fol Quellen am oberen Rand des Bergsturzes austre ge SISKA genannt, beauftragt, die hydrogeolo ten und zum Teil Einfluss auf die Wasserverhältnis gischen Verhältnisse der Region Flims abzuklären. se des Bergsturzes (und somit des Caumasees) ha Damit sollte die Rolle des Tunnels beim Absin ben. Der Umfahrungstunnel von Flims durchquert ken des Caumaseepegels bestimmt werden. Der und beeinflusst eines dieser Karstsysteme. vorliegende Bericht fasst die in den Jahresrappor ten 2006 bis 2008 vorgestellten Daten und Folge rungen zusammen und liefert eine Synthese der heutigen Erkenntnisse. Dieser Bericht ist für die breite Öffentlichkeit bestimmt und sollte allgemein verständlich sein. Für Fachleute und weitere Interessierte steht ein umfassender Bericht bei der Gemeinde Flims zu Verfügung. 3
E Grundwassersysteme E Die Untersuchungen haben gezeigt, dass vier Das Karstsystem Vorab – Sur Crap – Haupt-Grundwassersysteme im Raum Flims exis Lag Tiert-Tunnel tieren: Die Quellen dieser Karstzone sind Lag Tiert, 1) Das System Vorab – Sur Crap – Lag Tiert-Tunnel Lag Prau Pulté, diverse kleine Quellen in Flims- Dorf und teilweise Pintrun (Fig. 1). Die Gesamt S 2) Das System der Trinkwasserquelle Tarschlims schüttung liegt bei Hochwasser um 2500 l/s, bei Niederwasser um 200 l/s. Die mittlere Schüttung 3) Das System des Flimsersteins und von Bargis des Systems liegt wahrscheinlich bei 1300 l/s. Dies würde auf eine ungefähre Grösse des Einzugsge 4) Das Grundwassersystem des Bergsturzes. bietes von ca. 15 km2 hindeuten. Dieses Karst A M Figur 1: Übersicht des Flimser U Bergsturzes, seiner Seen und die Lage des Tunnels Flimserstein. Die Fels- oberfläche unterhalb der Bergsturzmasse liegt nördlich des Flem generell nahe der Terrainoberfläche (hellbraun). Gegen Süden muss mit mehreren hundert Metern Lockergestein A gerechnet werden (dunkel- braun). 4 C
350 Figur 2: X 300 Beziehung zwischen der Schüttung des Lag Tiert und des Lag Prau Pulté (um 2 Stunden X verschoben). Der Lag Prau Pulté ist ein 250 Überlauf des Lag Tiert. X Abfluss Pultébach [l/s] 200 X 150 X system erhielt 2002 eine neue Quelle, indem der 100 X Umfahrungstunnel einen Höhlengang anbohrte. Seither ist die grosse Tunnelquelle die tiefstge 50 X legene Quelle dieses Systems. 0 X Der Lag Prau Pulté und zu einem kleineren Teil 600 800 1000 1200 1400 1600 Abfluss Lag Tiert [l/s] die Quellen Flims-Dorf fliessen nur über, wenn viel Wasser im Berg fliesst, also während der Schneeschmelze und bei grösseren Regenfällen im Der Lag Prau Pulté bleibt im Winter ausgetrocknet, Sommer und Herbst. Der Lag Tiert, der frühere bis Ende April oder im Mai das Wasserniveau sehr Grundablass des Systems, fällt seit dem Tunnelbau schnell anzusteigen beginnt und letztendlich über im Winter manchmal trocken, während aus der fliesst. Manchmal schwankt sein Spiegel mehrmals. Tunnelquelle das ganze Jahr Wasser fliesst. Die Daten zeigen, dass die Schüttung des Lag Prau Pulté zwischen 0 und 300 l/s schwankt, mit Hoch Die Vergleiche der Schüttungsmessungen und wasserspitzen bis 400 l/s. Pegelstände des Lag Prau Pulté, des Lag Tiert und der Tunnelquelle erlaubten, eine hydraulische Ver Wie 1979 durch eine Wasserfärbung gezeigt wur bindung zwischen dem Lag Prau Pulté und dem de, kann das Vorab-Gebiet als Haupteinzugsgebiet Karst zu zeigen (Fig. 2). Der Lag Prau Pulté ist ein des Karstsystems Lag Tiert-Tunnel betrachtet wer direkter Überlauf des Lag Tiert. Die Verbindung den (Fig. 3). Spätere Untersuchungen erlaubten, das wurde durch Färbversuche bewiesen, und die Einzugsgebiet besser zu charakterisieren. Eine Schüttungsschwankungen der beiden Quellen sind Synthese aller uns bekannten Färbversuche in der praktisch gekoppelt. Region Flims befindet sich auf Figur 3. Der Crestasee wird vom Grundwasser des Bergsturzes gespiesen 5
© 2009 swisstopo (JD092822) Ort des Distanz Höhen- Erst- Nr. Eingabestelle Farbstoff Datum Austritts (m) diff. (m) auftreten 1 Pultébach Amidorhod 13.11.06 Caumasee 1400 83 negativ amin G 2 Plaun Larisch Eosin 13.11.06 Lag Tiert 3675 622 51 9 Tunnelwasser 6000 637 45 Flem (pt.786) 8050 921 720 ? Caumasee 5250 710 408 ? Lag la 7000 897 672 Cresta 5 3 3 Plaun Cumin Duasyn 22.05.07 Lag Tiert 5900 1055 7 Lag Prau 6000 1020 30 Pulté Tunnelwasser 5850 1010 8 Laaxerbach 5900 1060 22 Flem (ARA) 7500 1155 8 4 Flem Salein Uranin 13.06.07 Quelle Salein 500 80 4.5 5 Plaum Cumin Uranin 26.10.07 Lag Tiert 5900 1055 140 Tunnel- 5850
© 2009 swisstopo (JD092822) Legende Quellen Lag Tiert / Lag Prau Pulté / Tunnel Quellen Tarschlims / Platt Alva Quellen Trin Mulin Figur 5: Legende Oberflächenentwässerung teils Tiert / teils Oberfläche, unsicher Das vermutete Einzugsgebiet der Legende Karstsysteme der Region Flims. Quellen Lag Tiert / Lag Prau Pulté / Tunnel teils Tiert / teils Oberfläche Diese Karte zeigt das Karstsys- teils Tiert / teils Tarschlims tem des Lag Tiert-Tunnel (rot Quellen Quellen Tarschlims Lag Tiert / Platt / Lag Prau Alva Pulté / Tunnel Einzugsgebiet Tarschlims umrandet), dasjenige der Quelle Quellen Tarschlims Quellen / Platt Alva Trin Mulin Tarschlims (blau umrandet) und teils Tarschlims / teils Oberfläche, unsicher Quellen Trin Mulin dasjenige des Flimsersteins (vio- Tiert / Tarschlims / Trin Mulin lett umrandet). Man sieht, dass Oberflächenentwässerung Oberflächenentwässerung teils Trin Mulin / teils Oberfläche sich die möglichen Einzugsge- teils Tiert / teils Oberfläche, unsicher teils Tiert / teils Oberfläche, unsicher Einzugsgebiet Trin Mulin biete überlappen können. Zonen teils Tiert / teils Oberfläche in Gelb entwässern mindestens teils Tiert / teils Oberfläche teils Trin Mulin / teils Tiert teilweise an der Oberfläche. teils Tiert / teils Tarschlims teils Tiert / teils Tarschlims, unsicher teils Tiert / teils Tarschlims Einzugsgebiet Tarschlims Oberfläche, teils ins Einzugsgebiet Tiert versickernd Einzugsgebiet Tarschlims teils Tarschlims / teils Oberfläche, unsicher teils Tarschlims / teils Oberfläche, unsicher TiertTiert / Tarschlims / Tarschlims / Trin Mulin / Trin Mulin teilsteils Trin Mulin Trin Mulin / teils/Oberfläche teils Oberfläche Einzugsgebiet Einzugsgebiet Trin Mulin Trin Mulin teilsteils Trin Mulin Trin Mulin / teils/Tiert teils Tiert Aus diesen Daten lässt teilssich ein TiertTiert teils Einzugsgebiet / teils/Tarschlims, unsicher teils Tarschlims, unsicherCrap (die auch die Karstquelle Tarschlims speisen des Karstsystems des Lag Oberfläche, teils ins Einzugsgebietkönnte), Tiert-Tunnel Oberfläche, teils ins skizzieren Einzugsgebiet Tiert versickernd den Norden des Vorabgletschers (Tarsch Tiert versickernd (siehe Figur 5. Dieses Einzugsgebiet deckt einer lims) und die Zone westlich des Crap Masegn (die seits Zonen ab, die voll verkarstet sind (d.h. alle weitere unbekannte Quellen speisen könnte). Wässer fliessen in den Untergrund ab). Anderer seits existieren Zonen, die teils an der Oberfläche, Das Karstsystem des Lag Tiert-Tunnel wird zu teils in den Untergrund entwässern. Die Aufteilung einem kleinen Teil vom Vorabgletscher gespiesen. der Wässer in die verschiedenen Grundwasser Dieser entwickelt sich in Funktion des Klimawan leiter kann in diesen Zonen je nach Wasserstand dels. Die Klimaerwärmung führt zu einer Erwär stark schwanken. Hier ist als grösstes Gebiet Sur mung des Sommers, die die Gletscherschmelze Crap zu nennen. beschleunigt und somit die Schüttung vergrös sert, während die Abflussspitze leicht verbreitert Schliesslich existieren Zonen, die offensichtlich wird. Voraussichtlich werden aber keine grossen mindestens teilverkarstet sind, die aber mangels und schnellen Veränderungen stattfinden; total Färbversuchen nicht eindeutig dem Karst des Lag wird eine jährliche Verminderung von ca. 15 % Tiert-Tunnel zugeordnet werden können. Es han der gesamten Abflussmenge im Einzugsgebiet 8 delt sich hierbei einerseits um den Osten von Sur erwartet (alle Faktoren zusammengenommen).
Das Karstsystem der Trinkwasser des tatsächlichen Einzugsgebietes. Die Zone um quelle Tarschlims Nagens, die erwiesenermassen in die Quelle Tarschlims entwässert, reicht zur Speisung nicht Die Quellen Tarschlims und Platt Alva entsprin aus. Es ist jedoch zurzeit nicht bekannt, wo das gen im Schuttfächer. Gemäss einem Bericht von übrige Einzugsgebiet, das die beträchtliche Schüt Scheiwiller (1990) liegt die minimale Schüttung tung der Quelle erklären könnte, liegt. Eine unter von Tarschlims im Winter bei 64 l/s, die geschätzte vielen Möglichkeiten wäre, dass der nördliche Teil maximale Schüttung im Sommer bei 830 l/s. des Flimsersteins gegen Tarschlims hin entwässert. Zusätzlich existieren einige ungefasste Wasser Dies wäre geologisch denkbar und würde das austritte in der Umgebung. Die Quelle Platt Alva, Problem lösen, dass für die Zone Flimserstein- die sich nördlich der Quellfassungen befindet, ist Bargis die bekannten Quellschüttungen zu klein im Winter trocken, vermag aber im Sommer bis sind. über 600 l/s zu schütten. Aller Wahrscheinlich keit nach handelt es sich um eine Überlaufquelle der Trinkwasserfassung Tarschlims. Die maximale Gesamtschüttung dieses Quellsystems erreicht Das Karstsystem des Flimsersteins 1500 l/s, die mittlere Schüttung liegt zwischen und von Bargis 600 und 800 l/s. Die Abflussbestimmungen, die bis heute zur Verfügung stehen, sind aber ungenü Die zahlreichen Quellen dieses Systems befinden gend. Also können diese Zahlen nur als Grössen sich im Raum zwischen dem Tunnelportal Vallorca ordnungen betrachtet werden. und dem östlichen Rand von Trin Mulin. Die meisten treten aus einem Horizont auf ca. 900 m ü.M. aus. 1974 wurden diverse Wasserfärbungen durch Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit geführt (Scheiwiller 1974, siehe auch Figur 5). Sie sind alle Quellen in der Region Trin Mulin karstisch. zeigten, dass die Quellen von Tarschlims zumindest Die Schüttung aller Quellen zusammengefasst ist teilweise aus dem Gebiet der Alp Nagens gespie hoch; mindestens 1200 l/s am 27.6.2007. Dazu sen werden. Ein 2005 durchgeführter Färbversuch kommt der Turniglabach mit geschätzten 600 l/s. (Sieber Cassina Hantke, pers. Mitt.) zeigte auf, dass Tarschlims und die Quelle des Parkhotels im Aus der Grösse des gesamten Einzugsgebiets Flim Val Vau zusammenhängen, da in beiden Quellen serstein plus Bargis (31 km2) errechnet sich in Ana Farbe, der von der Region des Speichersees logie zu den oben abgeschätzten Mengen eine Nagens her stammt, gefunden wurde. Die Park Schüttung von ca. 3600 l/s, also ungefähr die dop hotel-Quelle schüttet zwischen 3 und 15 l/s (gemäss pelte Menge von Turniglabach plus Quellen! Die G. Spescha / Scheiwiller AG). gesamte Schüttung der Quellen ist also zu klein für die Fläche der Region, dies ganz im Gegensatz Die Berechnung des Einzugsgebiets ergab eine zu der Quelle Tarschlims, wo wir zuviel Wasser für ungefähre Grösse von 10 bis 12 km2. Da in vielen das bekannte Einzugsgebiet haben. Es ist deshalb Zonen ein Teil des Wassers versickert, ein anderer grundsätzlich denkbar, dass der Flimserstein teil Teil aber an der Oberfläche weiterfliesst, ent weise zum Karstsystem Tarschlims und/oder Lag spricht diese Fläche nicht unbedingt derjenigen Tiert-Tunnel hin entwässert. 9 Der Caumasee hat eine beinahe unwirkliche Farbe und Klarheit
Synthese der Einzugsgebiete Aus allen Wasserfärbungen, Schüttungsabschät Auf dem Bergsturzmaterial befinden sich zahlrei zungen und Beobachtungen kann man eine che Seen, von denen einige temporär sind (Lag Übersichtskarte der Grundwassersysteme der Prau Pulté, Lag Prau Tuleritg) und einige das ganze Region Flims erstellen. Diese Karte (Figur 5) ist Jahr Wasser führen (Caumasee, Crestasee, vor komplex, weil oftmals nur Teile eines Einzugs dem Tunnelbau auch der Lag Tiert). Mit Ausnahme gebietes unterirdisch entwässern und Oberflächen des Lag Prau Tuleritg werden alle Seen unterirdisch bäche die Zone durchqueren können, ohne im gespiesen, und nur der Lag Prau Pulté, der Cresta Untergrund zu verschwinden. Die gezeigte Karte see und der Lag Tiert haben einen oberirdischen ist deshalb nur als Näherung an die Wirklichkeit Abfluss. Die Bergsturzmasse wird also mehr von zu verstehen. Grundwasser durchströmt als von Bächen über flossen. Aus diesem Grunde befinden sich am talwärtigen Rand des Bergsturzes auch zahlreiche Quellen, von denen diejenigen von Pintrun und Das System des Bergsturzes Conn die grössten darstellen. Da das Grundwasser system des Bergsturzes den Pegel des Caumasees Der Grundwasserleiter südwestlich des Flem kontrolliert, wird in den nächsten Abschnitten das besteht aus relativ wenig beanspruchtem Bergsturz Verhalten dieses Systems näher erklärt. material (Fig. 6). Das darunter liegende, kompakte Sturzmaterial dürfte nur wenig durchlässig sein. Die einzelnen Schichten des Grundwasserträgers sind ausgesprochen unterschiedlich durchlässig, Verhalten des und zudem können die Durchlässigkeiten sowohl Bergsturz-Grundwasserkörpers vertikal wie horizontal stark variieren. Die Mächtig keit des Grundwasserleiters schwankt grosso modo Allgemeines zwischen 30 und 80 m (Bonanomi et al. 1994). Die Resultate (SISKA-Bericht 2006) sowie ein Tracerversuch (=Markierversuch/Färbversuch) mit Uranin im Bohrloch SB 3 (Nabholz & Scheiwil ler, 1988) zeigen klar, dass der Cau masee und der Grundwasserleiter miteinander in Wechselwirkung sind. Der See bildet sozusagen ein Fenster aufs Grundwasser (Fig. 7). Die vorgenommenen Tracerversuche sowie die Pump versuche, die für die Grund wasserfassung Staderas vorge Figur 6: Schema des Bergsturzmaterials mit den hauptsächlichen 10 Speisungen und Quellen.
N S Höhe (m) 1500 Lag Prau Tuleritg Lag Tiert (proj) Flims Dorf Quelle Val Davos Flem Pulté Uaul la Teua Caumasee 1000 Pintrun Vorderrhein Karst 500 0 Kompakte Kristalliin 2x überhöht Kalkstein (Karst) Lockermaterial Bergsturzmasse Trias- und Doggerschichten Kalkstein (Karst) Lockermaterial Verrucano Bündnerschiefer Mögliche Durch Versuche nachgewiesene wassererfüllt wassererfüllt Höhlengänge Fliessverbindungen Figur 7: Schematischer hydrogeologischer Schnitt durch den Flimser Bergsturz. Die Basis der Bergsturz-massen ist als wenig durchlässig zu betrachteten (hellblau), was den Bergsturz-Grundwasserleiter (dunkelblau) wirksam vom Karst (blau) trennen sollte. An der Basis des lockeren Bergsturzmaterials zirkulieren grosse Wassermassen, welche in Beziehung zu den Seen stehen. nommen wurden (Scheiwiller 1993), deuten darauf schwankt (siehe Fig. 8). Die tiefsten Werte werden hin, dass der Bergsturz mehr oder weniger hang im Winter zwischen Ende Januar und Mitte Mai parallel gegen Südosten durchflossen wird und die gemessen. Allgemein steigt der Pegel ab Mai Wässer in verschiedenen Quellen (von N nach S sind recht schnell bis auf ein Maximum im Juli/August dies Crestasee, Laghizun, Pintrun, Conn und Tuora, (je nach Jahr) an, um dann langsam bis im Früh siehe auch Fig. 6) wieder zum Vorschein kommen. ling des nächsten Jahres wieder zu sinken. Die jährlichen Schwankungen betrugen in den letzten Der Zustand des Caumasees und 30 Jahren zwischen 4 und 5 m. Es zeigt sich, dass seine Pegelschwankungen die Sommerhochstände und die Minimalstände Die uns vorliegenden Messungen zeigen alle, des Frühlings zwischen 2003 und 2007 generell dass der Pegel des Caumasees jedes Jahr saisonal abgesunken sind. Figur 8: Pegelschwan kungen des Caumasees zwischen 1974 und 2007. 11
Die Jahre 2003 bis 2005 bilden eine Abfolge von die Periode vor dem Tunnnelbau (1974 bis 2002) tiefen Niederschlagsmengen (zwischen 900 und einen Zusammenhang haben (obere Gerade). 1100 mm/Jahr), was für die gesamte Messdau Schwache Niederschläge während eines jährlichen er aussergewöhnlich ist. Es wurde untersucht, ob Zyklus führen zu einem Tiefstand, während grosse es einen Zusammenhang zwischen der jährlichen Niederschläge zu einem Anstieg des Sees führen. Figur 9: Niederschlagsmenge und dem Spiegel des Cau Abhängigkeit des masees gibt. Dazu wurden die Niederschläge von Die Figur 9 zeigt, dass die Pegelstände der letz sommerlichen Seepegels vom Oktober bis August zusammengefasst, und der ten fünf Jahre deutlich unterhalb der fett schwarz Niederschlag. Wert wurde dem mittleren Sommerpegel zwischen markierten Geraden liegen. Das Jahr 2003 scheint 2008 wurde zur Kompensation Juni und September desselben Jahres gegenüber erstaunlich hoch im Vergleich mit den Folge des Versicke- gestellt (Fig. 9). Man erkennt schnell, dass die jahren. Eine Erklärung liegt im ausserordentlich rungsversuchs 2007 korrigiert. Niederschläge und die mittleren Pegelstände für grossen (Regen-)Niederschlag vom November 999 998.5 2001 998 Mittlere Pegel (15.Juni-15.Sept) (m.ü.M) 997.5 2002 997 2008 1974-2002 2001 996.5 2003 2002 2008 korr 2003 996 2004 2004 2007 2005 995.5 2006 2005 2007 995 2008 2008 korr 2006 994.5 linear (1974-2002) 994 650 750 850 950 1050 1150 1250 1350 1450 1550 1650 Niederschlag Okt-Aug. (mm) 12
2002 (349 mm in Flims), der den Pultébach wie Der Einfluss des Tunnels auf das Von links nach rechts: Die Tun- der anspringen liess und den Caumasee trotz des Karstsystem Lag Tiert-Tunnel nelquelle nach Tunneleinflusses auf einem hohen Niveau hielt. ihrem Anschnitt 2002 / Bau der Leider fehlen Messungen des Caumaseepegels Im Oktober 2002 wurde im Tunnel Flimserstein Druckwand / im Winter 2002/2003, es darf allerdings vermu eine Karströhre angeschnitten, die zwischen 200 Druckwand und tet werden, dass der Anstieg 2003 wegen dieser und 700 l/s Wasser schüttet. Zudem bringen die Abflussröhren sind installiert / Niederschläge auf einem bereits erhöhten Niveau anderen Wasserzutritte im Tunnel weitere 80- Der Ausfluss des begann. Eine zusätzliche mögliche Erklärung ist, 470 l/s. Dieses Anschneiden eines aktiven Karst Tunnelwassers gegen den Flem dass das Jahr 2003 sehr heiss war und eine ver systems hatte ein Versiegen diverser Hochwasser- zu. stärkte Gletscherschmelze zur Folge hatte, die Quellen im Dorf zur Folge. Zusätzlich verringerte mithalf, den Caumaseepegel über dem erwarteten sich die Schüttung der bis anhin dauernd fliessen Stand zu halten. den Quelle des Lag Tiert deutlich. Die Daten der Jahre 2004-2008 zeigen, dass im Vor dem Tunnelbau wies der Lag Tiert eine Vergleich mit den Werten vor 2003 die sommer permanente Schüttung von minimal 200 l/s auf. lichen Caumaseepegel (15. Juni bis 15. September) Ca. 16 Monate nach dem Anfahren der Quelle zwischen 1.0 und 1.5 m unterhalb der fett schwarz im Tunnel versiegte die Quelle zum ersten Mal markierten Gerade liegen. komplett. Um den Beweis einer direkten hydrau lischen Verbindung zu erbringen, wurde auf Zahlreiche Pegel-, Schüttungs- und Niederschlags Drängen der Flims Electric AG vor der Quellnische messungen erlaubten es zu zeigen, dass die Dauer im Tunnel eine Druckwand eingebaut, die es des Pegelanstiegs des Caumasees von der Dauer erlaubte, die Tunnelquelle bis zu einem Druck von des Überfliessens des Lag Prau Pulté abhängt. ca. 2 bar aufzustauen. Messungen, Beobachtungen und hydrogeolo gische Modellierungen zeigen, dass die Speisung Eine erste Serie von hydraulischen Versuchen des Caumasees zu einem guten Teil vom Lag Prau wurde am 16. und 17. November 2004 im Auftrag Pulté gesteuert wird. der Flims Electric AG durchgeführt, mit dem Ziel, den Zusammenhang zwischen der Hauptquelle Eine ausführliche Analyse der Daten erlaubt zu sa im Tunnel und dem Lag Tiert zu verifizieren. Die gen, dass die Speisung des Caumasees durch die Druckerhöhungen führten zu praktisch unmittel folgenden Komponenten beeinflusst wird: baren Reaktionen, indem innert 2 Minuten am 2.1 km entfernten Lag Tiert, an diversen • Die Speisung durch direkten Niederschlag in Bergwasseraustritten im Tunnel sowie an Quel den See repräsentiert 5-7 % der jährlichen len im Raum Flims, die unterhalb der Kote Speisung. 1080 m ü.M. austreten, die Schüttung zunahm. Die hydraulische Verbindung zwischen Tunnel • Die Speisung durch Regen und Schneeschmelze quelle und Lag Tiert ist also belegt. auf dem Grundwasserkörper um den See ist für 5-20 % der jährlichen Speisung verantwortlich. Um zu verstehen, wie der Tunnel und die diver sen Quellen untereinander in Beziehung stehen, • Der Rest (70 bis 90 %) stammt aus Versickerun wurde ein Modell erstellt. Es ist nämlich so, dass gen des Pultébachs (via ein schnelles und ein verschiedene Quellen auf verschiedenen Höhen je langsames Reservoir). nach Wasserdruck im Berg (und je nach Grösse der 13
leitenden Karströhre) sehr verschieden reagieren • Das Karstsystem hat sich zwischen 2004 und können, je nach der Geometrie des Röhrennetzes, 2008 verändert: Der Anteil des Bergwassers der Röhrengrösse, des hydraulischen Gradienten (Schüttung der vielen kleinen Quellen im Tun und der Höhenlage der Quellen. nel) stieg von 8 % im 2004 auf 33 % im 2008 an! Eine so grosse Abweichung kann kaum Ein solches Röhrenmodell auf der Basis der vor durch Messunsicherheiten erklärt werden und handenen Daten müsste in allen Jahreszeiten zeugt wahrscheinlich von einer Ausschwem (Niederwasser, Schneeschmelze, Sommerregen mung der Klüfte, die das Bergwasser speisen. etc.) korrekt, also so wie die Natur in der Reali tät, reagieren. In einem solchen Falle kann davon • Wenn wir die Totalschüttung des Systems ausgegangen werden, dass das Modell korrekt ist. bei Hochwasser mit derjenigen bei Nieder Somit kann dieses Modell auch für Projektionen wasser vergleichen, erhalten wir eine Differenz in die Vergangenheit oder in die Zukunft benutzt von 2000 l/s. Diese Schüttungsdifferenz ver werden. ursacht im System eine Druckdifferenz von ca. 20 bar. Dies entspricht einer Wassersäule von So ein Röhrenmodell wurde 2004 im Auftrag der 200 m. Die 1-2 bar Druck, die beim Schlies Flims Electric AG erstellt, um die Abnahme der sen der Druckwand auftreten, sind gegenüber Schüttung des Lag Tiert zu berechnen. Es wurde der Druckerhöhung von 20 bar unbedeutend. 2008 mit den erhaltenen Erkenntnissen optimiert Darüberhinaus wird der grösste Teil der (Figur 10). Druckänderung mit Schüttungserhöhungen des Bergwassers und der Quellen Flims-Dorf Aus dem mit den neuen Erkenntnissen 2008 kompensiert. Dies ist der Grund, weshalb die verbesserten Röhrenmodell konnten summarisch Schüttung von Lag Tiert und Lag Prau Pulté folgende Resultate erhalten werden: während des Druckversuchs bei Hochwasser keine messbare Änderung erfährt. Qin Pulté 1.054 m3/s SE NW 1121.59 12 Quellen Val Davos 6 1100 Seg11 Quellgruppe L11 = 100 m Quellgruppe Larnessi Gurg Seg 4 LagTiert L4 = 40 m Seg 8 9 1070 1080.6 L8 = 50 m 7 3 5 8 1056 1080 Seg 7 Seg1 L7 = 50 m L1 = 50 m Seg 5 Seg 6 0.794 m3/s L5 = 30 m L6= 100 m 4 2 1 Seg 2 11 S eg 3 L2 = 1280 m Seg10 L3 = 600 m VOR dem Tunnelbau L10 = 200 m 0.794 m3/s Figur 10: Qin Das Röhrenmodell von 2008 3 1.44 m /s Druckwand 0.352 bar (oben VOR dem Tunnelbau, SE Pulté NW unten NACH dem Tunnelbau). 1121.59 12 Flims Quellen Die Schüttungen entsprechen Hauptquelle 0.06 m3/s dem Gleichgewichtszustand im Tunnel Seg 9 10 1092-1070 L9= 40 m während des Überfliessens LagTiert 1080.6 Tunn des Lag Prau Pulté. Sie sind el 3 1074.1 6 abgeschätzt, da das System Seg 5 L5 = 15 m 7 9 0.08 m3/s während dieser Phase oft nicht Seg1 Seg11 3 0.38 m /s L1 = 50 m im Gleichgewicht ist. 3 0.7 m /s L11 = 100 m Seg 8 8 0 m3/s L8= 15 m 5 4 Bergwasser Seg 4 2 0.22 m3/s 1 Seg 2 11 Seg 3 L3 = 600 m L2 = 1280 m Seg10 0.74 m3/s L10 = 200 m 0.7 m3/s NACH dem Tunnelbau 14
Figur 11: Überfliessen des Lag Prau Pulté vor Tunnelbau Schema der jährlichen Legende Entwicklung der Totalschüt- Qin nach Tunnelbau Qin vor Tunnelbau tung des Systems Qin vor nach Tunnelbau (rot) und nach (schwarz) dem Tunnelbau. Die abgeflossene Menge ist dieselbe, aber die Verteilung im Jahresverlauf 3200 Nach dem Tunnelbau Abfluss Qin [l/s ] hat geändert. Der Tunnel ~1000 l/s führt zu einer Absenkung + der Druckhöhe im System, 2200 Vor dem Tunnelbau die zu einer Verringerung der Schüttung bei Nieder- und Mittelwasser (violett) und 1440 Tiert = 700 l/s (nach Tunnelbau) einer starken Zunahme bei Hochwasser (blau) führt. Dies führt dazu, dass der Pulté- 900 Tiert = 700 l/s (vor Tunnelbau) bach während weniger Tagen pro Jahr aktiv ist und somit - - sein Abflussvolumen um ca. 15-30 % abgenommen hat. 200 Zeit [Tag] • Nach dem Bau des Tunnels erhöhte sich die Einfluss des Tunnels auf den Caumasee Totalschüttung des Systems bei Hochwasser um ca. 30 %. Die aktuellen Daten zeigen, dass die Die Figur 9 zeigt, dass zusätzlich zum Einfluss des Schüttung aller Tunnelquellen ungefähr gleich Niederschlagsdefizits der Pegelstand der letzten gross ist wie diejenige des Lag Tiert oder sogar Jahre tiefer als vor dem Tunnelbau ist. Statistische ein wenig höher liegt. während zuvor die Quel Analysen haben gezeigt, dass diese Abweichung len in Flims-Dorf (inkl. Val Davos) 500 l/s nicht signifikant und nicht zufällig ist. Es muss also noch überschritten. Die Zunahme der Totalschüttung einen anderen Grund für den Caumasee-Tiefstand ist also in der Grössenordnung von 1000 l/s bei als Niederschlagsschwankungen geben. Wie oben einer Gesamtmenge von 3200 l/s. Da die Spei dargelegt, wird der Caumasee hauptsächlich vom sung gegenüber dem Zustand vor dem Tun Lag Prau Pulté gespiesen. Dieser wiederum ist eine nel nicht zugenommen hat (die zufliessende Überlaufquelle des Karstes Lag Tiert-Tunnel, der sei Wassermenge [Qin] bleibt gleich), muss diese nerseits vom Tunnel betroffen ist. Aus diesem Grund Schüttungszunahme mit einer Abnahme der ist es naheliegend, dass der Tunnel die Ursache für Aktivitätsdauer des Systems einhergehen. die tiefliegenden Pegelstände des Caumasees ist. Die Modelle zeigen klar, dass der Schüttungspeak Der Abstand zwischen den zwei Geraden (Fig. 9) des Systems zugenommen hat, während der Druck liegt in der Grössenordnung von 2 m im unteren, im System abgenommen hat oder zumindest stabil 1 m im mittleren und 0 m im oberen Bereich. Dies geblieben ist. Sie zeigen auch, dass der Lag Prau scheint die Wirkung des Tunnels zu widerspiegeln. Pulté zu denselben Schüttungswerten des Lag Tiert Dementsprechend wäre bei niederschlagsreichen aktiviert wird wie vor dem Tunnelbau (700 l/s). Die Jahren die Wirkung des Tunnels bescheiden bis Figur 11 zeigt aber, dass sich die Zeitdauer, wenn vernachlässigbar. Umgekehrt wird diese Wirkung der Lag Prau Pulté fliesst, um ca. 15-30 % ver bei niederschlagsarmen Jahren sehr bedeutend. ringert hat. Die Modelle zeigen ferner, dass sich die Im Hinblick auf Klimaschwankungen sollte also die Schüttung des Lag Prau Pulté auf keinen Fall erhöht Wirkung des Tunnels eher stärker werden. Dies ist hat. Wir können daraus den Schluss ziehen, dass im Einklang mit unserer Beobachtung und Model das Wasservolumen, das den Lag Prau Pulté lierung, wonach der Lag Prau Pulté einen Überlauf verlässt, sich um mindestens 15-30 % verrin- darstellt, der in nassen Jahren verhältnismässig gert hat. mehr Wasser schüttet als in trockenen Jahren. 15
Figur 12 oben: unterirdische Fliesswege Das Karstsystem Sur Oberflächen-Fliesswege Flem Crap-Lag Tiert-Tun- Tarschlims L aaxerb nel speist bei Hoch- a ch wasser zusätzlich zu diesen Quellen den Laaxerbach und den Bergsturz Lag Prau Pulté sowie Kalk Prau Pulté die Quellen Flims- 1120 m Caumasee Dorf. Unten: Der 1000 m Lag Tiert Lag Prau Pulté speist Hochwasser 1080 m ? Tunnel Pintrun den Pultébach, der 1070 m wiederum im Berg- sturz versickert und so den Caumasee speist. Der Berg- sturz-Grundwasser- Regen und Schnee körper wird auch Pulté 1122 m durch lokale Nieder schläge gespiesen Lag Tuleritg und entwässert sich Speisung 10-30 % unterirdisch über eine Schwelle zu Caumasee 994 m Speisung den Quellen Conn 70 - 90 % und vermutlich auch Legende Pintrun. Durchlässigkeit Bergsturz Bergsturz holozän Caumasee Aquifer Karstaquifer Fazit Wir haben gesehen, dass der Lag Prau Pulté den ter Mittelwert von 1.3 m). Dies entspricht einem Caumasee speist und dass der Lag Prau Pulté Volumen von 150‘000 bis 300‘000 m3 Wasser durch den Karst Lag Tiert-Tunnel gespiesen wird. (50 % im See und 50 % im umgebenden Grund Deshalb beeinflusst der Tunnel auch den Cauma wasserleiter). see (Fig. 12). Gemäss der zeitlichen Entwicklung der Abfluss Direkter Einfluss der Niederschläge daten ist nicht ausgeschlossen, dass die Drainage auf den Caumasee wirkung des Tunnels durch die zunehmende Das Niederschlagsdefizit der Jahre 2004-2007 ist Auswaschung der Klüfte immer stärker wird. für eine Absenkung von 0.25 bis 1 m zuständig; allgemein können Niederschlagsänderungen von einem Jahr zum anderen den Seepegel um runde 2 m variieren lassen. Unbestimmte Faktoren verursachen Schwankun gen zwischen 0.4 und 0.65 m. Direkter Einfluss des Tunnels auf den Caumasee Die minimale Wirkung des Flimsersteintunnels liegt in den Jahren 2004-2007 zwischen 0.5 und 1 m. Diese dürfte aber je nach Wasserführung im Karstsystem Lag Tiert-Tunnel (entsprechend dem Niederschlag, Gletscherschmelze etc.) im allgemei 16 nen zwischen 1 m und 2 m liegen (abgeschätz
Technische Lösung des Caumaseeproblems: Antwort auf die Initiative Bedingungen © 2009 swisstopo (JD092822) Inje ktio nsm Soll das Wasserdefizit des Caumasees durch öglic hke it Figur 13: technische Massnahmen rückgängig gemacht werden, besteht die einzige Möglichkeit, seinen Die Möglichkeit heutige Farbe und Klarheit zu erhalten, in der Zu zur Injektion (gezielte Wasser- fuhr von chemisch geeignetem Wasser in seinen zuführung) sowie Zubringer, den Pultébach (Fig. 13). Es wäre sonst die Versickerungs stellen in Pulté- unvermeidbar, dass einerseits Kohlensäure ausgast bach und Lag Versickerungen Prau Tuleritg. und andererseits zusätzlicher – das Algenwachstum km stimulierender – Phosphor eingetragen wird. Beide Veränderungen hätten für die Seefarbe vor aussichtlich unerwünschte Folgen. Selbstverständ lich darf das Karstsystem und die Seeumgebung nicht verschmutzt werden, weder durch Anlagen Das Studium von verschiedenen Parametern und das Restaurant noch durch den Verkehr. ermöglichte es, die Gewässer von verschiedenen Orten miteinander und mit demjenigen des Cau masees und des Pultébachs zu vergleichen. Dieser Vergleich ist nötig, um die Gewässer der unter schiedlichen Grundwasserleiter unterscheiden zu können und die Charakteristiken der Wässer, die unter Umständen in den Pultébach eingegeben werden können, zu kennen. Spezifische Untersuchungen: Injektionsversuche Da eine künstliche Einspeisung indirekt erfolgen muss, ist es wichtig, zu prüfen, wo und wieviel von welchem Wasser eingegeben werden kann. Ziel der Injektionsversuche war es, Wasser künstlich in den Pultébach einzuleiten, um den Rückgang des Caumasees zu stoppen und ihn falls möglich sogar ansteigen zu lassen. Mit den erhaltenen Daten lässt sich günstigenfalls nicht nur abschätzen, wieviel Wasser dazu notwendig sein sollte, sondern es ergeben sich auch Daten zur Durchlässigkeit und Porosität sowie zur Ausdehnung des Grund Die steilen Wände der Bersgturzmasse gegen den wasserleiters. Insgesamt wurden drei Injektions Rhein zu. Der untere Teil des Bergsturzes ist zwar zerrüttet, aber durch feines Gesteinsmehl verstopft versuche durchgeführt, im Folgenden greifen wir und somit kaum wasserdurchlässig denjenigen von 2008 heraus. 17 legende
996.8 20 Temperatur (°C) 16 Figur 14: 12 996.6 8 Daten des Injektions- 4 versuches vom Oktober 0 2008. 97 mm 80 mm 34 mm 90 mm Pegel Caumasee (m ü.M.) 0 Niederschlag (mm/10 min) 996.4 Absinkrate ohne 0.5 Injektion 1 996.2 Absinkrate mit Injektion 1.5 Künstliche Speisung des Caumasees Eingespeiste Menge (m3/Tag) 2 2.5 Aus wissenschaftlicher Sicht sind für die Zukunft 6000 996.0 des Caumasees drei Szenarien möglich: 4000 2000 0 995.8 • Das erste Szenario wäre, keine künstliche Spei sung zu machen. Der Spiegel des Caumasees wäre mit diesem Szenario (je nach Nieder schlagsmenge und je nach dem, wie sich die Ausschwemmungen im Tunnel entwickeln) im Mittel ca. 1 bis 2 m tiefer gegenüber einem früheren Normjahr. Der Injektionsversuch (Figur 14) zeigt ganz klar, dass der Caumasee durch die Versickerungen des • Beim zweiten Szenario wird für die nächsten Pultébachs und des Lag Prau Tuleritg beeinflusst 5-10 Jahre (um genügend Erfahrungswerte ist. Die Figur 15 stellt ein mit Reservoirmodellen zu haben) das Connbächli umgeleitet und auf simuliertes Verhalten des Caumaseespiegels dem diese Weise die natürliche Speisung unter tatsächlich beobachteten Pegel gegenüber. Sie stützt. Dabei sind aber diverse Probleme nicht zeigt sehr schön auf, dass sich das beobachtete zu unterschätzen. Verhalten des Caumaseepegels nur erklären kann, wenn man die eingespiesene Wassermenge mit • Das dritte Szenario wäre, eine Einspeisungs berücksichtigt. Der Seepegel ohne Injektion wäre anlage zu erstellen, bei der je nach Nieder deutlich tiefer (Fig. 15 unten). schlägen die gewünschte Menge an Wasser zusätzlich zugeführt werden kann. Diese guten Resultate der Simulation erlauben es, drei Schlussfolgerungen zu ziehen: Der Entscheid, den Caumasee in seinem ursprünglichen Zustand zu behalten, gehört zur 1. Es ist bewiesen, dass der Injektionsversuch Gemeindepolitik. Die Volksinitiative beauftragt eine deutliche Auswirkung auf den Caumasee den Gemeindevorstand, dieses Ziel zu erreichen. spiegel hat. Diese Auswirkung beträgt im Entsprechend ist eine künstliche Speisung des Injektionsversuch 2008 minimal 72 cm, Systems via Pultébach und Lag Prau Tuleritg in vermutlich aber 120 cm. regenärmeren Jahren immer noch die einzige Methode, um den Caumasee auf einem früher 2. Das Modell ist robust und zuverlässig, oft angetroffenen Niveau zu halten. obwohl einige Funktionsweisen nochver bessert werden könnten. Im Besonderen Varianten der Eingabe scheint das Modell die Summe der Schüttun Wir stellen im Folgenden vier Varianten zur Spei gen um ca. 50 % zu überschätzen. sung des Caumasees via den Pultébach vor. Die Variantenwahl wird mit politischen und/oder 3. Ein rekalibriertes Modell könnte ein Werkzeug finanziellen Aspekten zu begründen sein, aus zur künftigen Verwaltung der künstlichen Ein wissenschaftlicher Sicht sind alle vorgestellten speisung in den Pultébach sein, um zu verhin Vorschläge möglich. dern, dass der Pegel des Caumasees zu stark oder zuwenig stark korrigiert wird. 1. Platt Alva Ergänzung des Pultébachs durch Wasser aus dem Mit den Ergebnissen des Injektionsversuches Platt Alva-Bach und/oder den Trinkwasserquel sowie der Interpretation und Modellierung der len Tarschlims. Dieses Wasser scheint klar und Daten können die Charakteristiken der künst chemisch stabil. Seine Nutzung würde zur Folge 18 lichen Speisung skizziert werden. haben, dass die in den Untergrund infiltrierenden
Wässer leicht (Faktor 1/2) klarer als Pultéwasser fehlenden 150‘000-300‘000 m3 Wasser einge werden. Die Abflussdaten der Quelle Platt Alva speist werden können, also 200 l/s während 9-18 (Geotest 2007) zeigen aber, dass die Schüttung ab Tagen (oder 100 l/s während 18-36 Tagen). Um die Mitte Juli stark abnimmt. Sie würde deshalb für die Schwankungen der Niederschläge auszugleichen, Speisung des Caumasees nicht unbedingt alleine würde noch ca. einmal diese Menge benötigt. Ein ausreichen. zusätzliches jährliches Volumen von 400‘000 m3 Figur 15: stellt eine gute Schwankungsreserve für die nächs Vergleich des 2. Flem Gronda ten 30-50 Jahre dar. Gesamthaft sollten also ca. Caumaseepegels in der Modellierung Ergänzung des Pultébachs durch Wasser des Flem 700‘000 m3 (200 l/s während 40 Tagen) in den (rot) mit der Beob- ab Gronda. Dieses Wasser ist deutlich trüber als Pultébach eingespiesen werden können. Diese achtung (violett). Oben wurde mit dasjenige des Pultébaches (Faktor 2 bis 20). Die Menge müsste je nach Niederschlag und Ent dem eingespiese- Nutzung dieser Variante stellt deshalb ein erhöh wicklung der Schüttungen im Tunnel angepasst nen Wasser model- liert, unten ohne. tes Risiko dar und eine Überwachung der Trübe werden. Ein Modell könnte mit den Daten einiger Es zeigt klar, dass des Pultébaches und des Flem wäre in dem Fall Jahre kalibriert werden, um den Caumaseepegel das Modell die Schwankungen des deshalb sehr empfohlen. vorauszusagen und recht genau zu entscheiden, Seespiegels sehr wann wieviel Wasser eingespiesen werden muss. gut nachvollziehen kann und dass der 3. Mischung aus 1 und 2 Es könnte auch die Auswirkung des Klimas und Injektionsversuch Ergänzung des Pultébachs durch Mischung von des Tunnels abschätzen. Wirkung zeigt. Wasser aus Flem und Platt Alva. Eine regelmässige Trübemessung in Pultébach, Flem und Platt Alva würde erlauben, die Wässer so zu mischen, dass Mit Injektion sie dem Pultébach soweit wie möglich gleichen. 400 8 Diese Variante würde eine ausreichende Schüt 350 Qout(l/s) 7 Q Pultébach [l/s] tung gewährleisten. Caumaseepegel -990 [m. ü. M.] Q Pultébach [l/s] Pegel Modell (m) 300 6 Abfluss Caumasee [l/s] Pegel Caumasee 4. Tunnelwasser 250 5 Ergänzung des Pultébachs durch Hochpumpen 200 4 des Tunnelwassers. Aus wissenschaftlicher Sicht (Menge und Qualität) spricht nichts gegen diese 150 3 Variante, die vergleichbar ist mit Variante 3. 100 2 Der Laaxerbach ist in jedem Fall für eine Infiltration 50 1 zu trüb und kommt nicht in Frage; der Lag Tiert 0 0 würde vermutlich in Frage kommen, wurde aber 1. Jan 08 2. Mrz 08 1. Mai 08 1. Jul 08 31. Aug 08 31. Okt 08 31. Dez 08 nicht untersucht und wird deshalb hier auch nicht vorgeschlagen. Ohne Injektion 400 8 Eingabeort und Menge Qout(l/s) Aufgrund der Tatsache, dass es nicht möglich 350 Q Pultébach [l/s] 7 Caumaseepegel -990 [m. ü. M.] Q Pultébach [l/s] ist, das Wasser direkt in den Caumasee einzu Pegel Modell (m) 300 6 Abfluss Caumasee [l/s] Pegel Caumasee leiten, ohne dessen Farbe irreversibel zu schädi gen, muss das Wasser bergwärts davon, in den 250 5 Pultébach, eingeleitet werden (Fig. 13). Da bereits 200 4 unterhalb des Campings die ersten Versickerungen des Pultébachs erfolgen, muss also der Einspeise 150 3 ort zwischen dem Lag Prau Pulté selber und dem 100 2 Kanal unterhalb der Kantonsstrasse erfolgen, 50 1 bevor der Pultébach unter der zum Camping führenden Strasse verschwindet. 0 0 1. Jan 08 2. Mrz 08 1. Mai 08 1. Jul 08 31. Aug 08 31. Okt 08 31. Dez 08 Um den (sich eventuell mit den Jahren wegen Aus schwemmungen verstärkenden) Effekt des Tunnels auszugleichen, sollten die dem Pultébach alljährlich 19
Karrenfeld in der Region des Sur Crap 20 Die besondere Farbe des Caumasees kommt von oben gesehen am besten zur Geltung
Zusammenfassung Grundwassersysteme fast verdoppelt. Die Auswirkung des Tunnels auf die Schüt tung des Pultébachs und des Lag Tiert dürfte sich deshalb Die Region Flims weist vier Grundwassersysteme auf: vergrössert haben. • Die Region Vorab-Sur Crap, die in Verbindung mit Der Wasserstand des Caumasees ist vom Niederschlag des den Quellen Lag Tiert, Lag Prau Pulté, Val Davos resp. vorhergehenden Jahres abhängig, die Korrelation ist gut. Tunnel steht und ca. 15 km2 umfasst. Der Lag Prau In den Jahren nach dem Tunnelbau lag der Wasserstand Pulté stellt einen Überlauf des Systems dar. des Caumasees jedoch immer unterhalb der langjährigen Korrelationsgerade. Es konnte statistisch nachgewiesen • Die Region oberhalb Tarschlims, die in die Quellen der werden, dass diese Differenz signifikant und nicht zufällig Trinkwasserfassung und Platt Alva entwässert und ist. Der Tunnel ist die Ursache dieser Abnahme. ca. 10-12 km2 umfasst. Die Region ist für die Versor gung von Flims sehr wichtig. Die Wirkung des Tunnels liegt je nach Niederschlagsmenge zwischen ca. 0.5 m (niederschlagsreiche Jahre) und ca. 1.4 m • Die Region des Flimsersteins und von Bargis entwässert (niederschlagsarme Jahre, siehe Figur 9). Dementsprechend zu den Quellen von Trin Mulin. Gemäss der Landeskarte wäre bei niederschlagsreichen Jahren die Wirkung des ist das Einzugsgebiet ca. 31 km2 gross; allerdings sind Tunnels bescheiden bis vernachlässigbar. Umgekehrt wird die Quellen für diese Fläche zu klein. Eine gewisse diese Wirkung bei niederschlagsarmen Jahren sehr bedeu Wassermenge muss anderswo austreten. tend. Im Hinblick auf Klimaschwankungen dürfte also die Wirkung des Tunnels eher stärker werden. • Die Bergsturzmasse mit den Hauptquellen Crestasee, Laghizun, Pintrun und Conn. Der Grundwasserleiter Mögliche Lösungen für den Caumasee der Bergsturzmasse ist sehr heterogen zusammen gesetzt. Er wird von Infiltrationen aus Laaxerbach, Falls die kommenden Jahre viel Niederschlag bringen, wird dem lokal fallenden Regen, dem Pultébach und vermutlich der Pegel auf natürliche Weise annähernd aus untergeordnet aus Karstzuflüssen gespiesen. Ein geglichen (Pegeldefizit von ca. 0.5 m). Ansonsten muss die lokaler Bergsturz-Grundwasserleiter steht in engem durch den Tunnel verursachte Verminderung der Wasser Zusammenhang mit dem Caumasee. Der Cauma menge künstlich ausgeglichen werden, will man den see bildet ein Fenster auf dieses Grundwasser und Caumaseepegel auf dem Niveau der Zeit vor 2002 halten. widerspiegelt somit dessen Schwankungen. Die Eine künstliche Speisung des Sees durch Direkteinleitung Hauptspeisung erfolgt aus dem Pultébach (500‘000- von Wasser kommt nicht in Frage, da dadurch die Eigen 1‘000‘000 m3/Jahr, lässt den See um 2-5 m steigen). schaften des Seewassers (u.a. die Farbe) verändert würden. Daneben wird der See durch lokalen Niederschlag Der sinnvollste Weg besteht darin, Wasser in die Hauptspei gespiesen (200‘000 bis 250‘000 m3, führt zu Schwan sung, d.h. in den Pultébach, einzuleiten. Diese Möglichkeit kungen bis zu 1 m). Eine Speisung von unterirdischen wurde durch Einspeisungsversuche bestätigt. Die Einspei Karstzuflüssen sowie von Infiltrationen des Flem und sung sollte oberhalb der Kantonsstrasse stattfinden, da Laaxerbachs ist unbedeutend. die Versickerungsstellen sich unterhalb davon befinden. Dieses Wasser muss in seinen physikalischen und chemi Der Einfluss des Tunnels schen Eigenschaften (Trübe, Ionen etc.) möglichst dem natürlich fliessenden Prau-Pulté-Wasser gleichen. Aus Das Anfahren der grossen Karströhre im Tunnel hatte wissenschaftlicher Sicht kommen die Wässer von Platt Alva, eine Schüttungsverminderung des Lag Tiert von unge eine Mischung von Flem und Platt Alva oder das Tunnel fähr 200 bis 300 l/s zur Folge. Mit Hilfe von Vergleichs wasser in Frage, untergeordnet auch reines Flemwasser diagrammen, Feldexperimenten und Modellen konnte (Problem der starken Trübe). Der Wasserzufluss muss min nachgewiesen werden, dass der Lag Prau Pulté und der destens 100 l/s betragen, idealerweise sollten bis 250 l/s Lag Tiert hydrologisch zusammenhängen. Der Lag Prau eingespiesen werden können. Die künstliche Zusatzspeisung Pulté wiederum liefert die Hauptspeisung (70 bis 90 %) sollte bis 700‘000 m3 pro Jahr betragen, um die zukünftigen des Grundwasserleiters des Caumasees. Bedingungen (Wirkung des Tunnels und der Klimaschwan kungen) ausgleichen zu können. Die genaue einzuspeisende Die Wassermenge des Bergwassers im Tunnel neben der Menge muss jährlich angepasst werden können. Hauptquelle hat sich zwischen Anfang 2005 und 2008 21
Fragen und Antworten In diesem Abschnitt versuchen wir, Antworten auf Frage: Könnte nicht das Karstsystem Flimser- möglicherweise auftauchende Fragen zu geben. stein mit dem Karstsystem Lag Tiert-Tunnel Wir sind uns selbstverständlich bewusst, nicht zusammenhängen? alle Fragen so beantworten zu können, denken jedoch, dass die wichtigsten Grundlagen hiermit Antwort: Grundsätzlich wäre es möglich! gelegt werden. Allerdings liegen die Quellen des Flimsersteins auf rund 900 m ü.M., also deutlich tiefer als der Frage: Analysen haben gezeigt, dass das Lag Tiert und die Tunnelquelle. Bei einem gegen Wasseralter des Caumasees alt ist, dasjenige seitigen Zusammenhang würden wir erwarten, des Lag Prau Pulté aber jung. Dazu ist der Lag dass der Lag Tiert bereits trockengelegt worden Prau Pulté trübe, der Caumasee aber klar. Wie wäre und alles Wasser bei Trin Mulin austreten passen diese Aussagen zur Analyse, dass der würde. Dazu kommt, dass die Quellen Trin-Mulin Caumasee aus dem Lag Prau Pulté gespiesen weder auf Druck- noch auf Färbversuche reagiert wird? haben. Die Daten zeigen also keinen Zusammen Antwort: Ein Menschenalter ist klar bestimmbar: hang des Karstsystems Lag Tiert-Tunnel gegen die Ab der Geburt altert ein Mensch. Ein Wasser Flimsersteinquellen hin. Dass Wasser vom Flimser alter ist aber nicht so klar definierbar, weil sich stein gegen den Lag Tiert zu fliesst, ist aber nicht Wasser grenzenlos mischt. Wir können also in einem unmöglich. See Moleküle haben, die sich seit Jahrtausenden dort aufhalten, und dicht daneben Regentropfen, Frage: Warum ist der Caumasee so warm? die gestern in den See gefallen sind. Ein Wasser alter von 12 Jahren sagt also nicht aus, wie alt das Antwort: Erstens ist die durchschnittliche einzelne Molekül ist, sondern es sagt aus, dass die Jahresmitteltemperatur von Flims ungefähr ein Mischung aller Moleküle ein Durchschnittsalter Grad höher, als es aufgrund der Höhenlage zu von 12 Jahren ergibt. Da der Pultébach in einen erwarten wäre. Dies ist vor allem wegen der Lage Grundwasserleiter versickert, in dem schon Was des Dorfes an einem Südhang der Fall. Diese ser gelagert ist, ist es logisch, dass der Caumasee Temperaturerhöhung wirkt sich auch auf das ein höheres Wasseralter aufweist. Dies zeigt sich Wasser der Region aus. Zweitens hat Grundwas auch daran, dass nur sehr wenig des im Lag Prau ser, das den Caumasee speist, in der Regel die Tuleritg eingegebenen Farbstoffes im Cauma durchschnittliche Jahresmitteltemperatur der ent see wieder zum Vorschein kam: viel Wasser, viel sprechenden Höhe. Somit fliesst im Frühling nicht Verdünnung. Die Abwesenheit der Trübung im kaltes Schneeschmelzwasser, sondern bereits auf Caumasee kann durch Absetzung und Filtrierung ca. 9°C erwärmtes Wasser in den See. Deshalb des Wassers im Untergrund zwischen Lag Prau kann sich der See schneller und höher erwärmen. Tuleritg und Caumasee erklärt werden. Drittens ist die Durchflussgeschwindigkeit des Wassers, das den See quert, geringer als in vielen Im Übrigen ist es nicht so, dass die Wassermole Bergseen. Es hat also genügend Zeit, um sich auf küle, die im Frühling 2008 versickerten, einen zuwärmen. Viertens liegt der See in einer Senke, Monat später schon im Caumasee auftauchten! in der sich zwar im Winterhalbjahr gerne Kaltluft Vielmehr kann der Grundwasserkörper mit einem ansammelt, aber dafür herrschen im Sommer oft vollen Becken verglichen werden. Giessen wir weniger starke Winde, die den See aufrühren und nun an einem Ende ein paar Tropfen Wasser ein, kaltes Tiefenwasser an die Oberfläche bringen. so erhöht sich der Spiegel resp. entleert sich das Der Caumasee bleibt deshalb oft schön geschich Becken praktisch gleichzeitig. Es sind aber nicht tet, und die oberste Wasserschicht wird durch die die eingegebenen Tropfen, die überfliessen: die Sonneneinstrahlung sehr warm. Druckwelle durchquert das Becken viel schneller als die Moleküle selbst. 22
© 2009 swisstopo (JD092822) Ein Gletscher verschwindet Frage: Warum zeigt der Crestasee keine Der Vergleich der zwei Karten zeigt Schwankungen des Spiegels? klar das starke Abschmelzen des Vorabgletschers. Antwort: Ganz einfach: Der Abfluss des Crestasees Wenn der heutige ist ein Bach an der Oberfläche, der einen stärke Rhythmus beibe- halten wird, könnte ren Zustrom sofort ableiten würde. Der Seespiegel der Gletscher bis kann sich deshalb kaum erhöhen. 2035 verschwun- den sein. 1973 Frage: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Die jährliche Verminderung des Cauma- und Crestasee? Gletschervolu- mens bewirkt eine Schüttung von ca. Antwort: Unseres Wissens nein, aber es ist nicht 120 l/s während der ausgeschlossen. Aufgrund von Wasserspiegel- Sommermonate, also ungefähr messungen in den verschiedenen Bohrlöchern, 5 % der Totalschüt- die für den Tunnelbau erstellt wurden, gehen wir tung des Karstsys- temes davon aus, dass der Bergsturz von Flims von ver (Lag Tiert, Lag Prau schiedenen unterirdischen Wasserflüssen, die Pulté, Tunnel). mehr oder weniger parallel zueinander verlaufen, durchflossen wird. Somit würde der Crestasee von 2003 anderen Wasserläufen gespiesen als der Cau masee. Je nach Wasserstand im See und je nach Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Wasser adern ist aber eine Verbindung nicht unmöglich. Frage: Könnte man auch gar nichts machen für den Caumasee? Frage: Sind die vier Vorschläge zur Speisung des Pultébaches gleichwertig? Antwort: Ja, das könnte man. Der Seespiegel wäre in diesem Fall vermutlich zwischen 1-2 m (im Antwort: Aus wissenschaftlicher Sicht sind sie Mittel 1.3 m) tiefer, als er vor dem Tunnelbau praktisch gleichwertig. Je nach Vorschlag können gewesen wäre. Probleme im Bereich der Wassermenge (Platt Alva allein), der Qualität (Flem allein) oder der aufzu Frage: Wie ist der Einfluss des Laaxerbaches wendenden Energie (Tunnel) auftreten. Diese Pro und des Flem? bleme sind technisch lösbar, je nach Variante aber sehr aufwendig und dadurch unwirtschaftlich. Antwort: Wir haben festgestellt, dass bei Nie derwasser der Laaxerbach Wasser in das Karst Frage: Die Volksinitiative sieht eine direkte system des Lag Tiert-Tunnel verliert. Zu diesem Einspeisung des Tunnelwassers in den Cauma- Zeitpunkt ist aber der Lag Prau Pulté nicht aktiv; see vor. Ist das möglich? diese Schwinden haben also vermutlich keinen Einfluss auf den Caumasee. Bei Hochwasser dage Antwort: Nein! Auch wenn das Tunnelwasser klar gen fliesst Wasser aus dem Karst Lag Tiert-Tunnel scheint, ist dieses oft zu trübe, um direkt einge in den Laaxerbach. Zu diesem Zeitpunkt hat der leitet zu werden. Eine Direkteinleitung würde den Laaxerbach also sicher keinen Einfluss auf das Caumasee relativ schnell zu einer trüben Pfütze Grundwasser des Bergsturzes und des Cauma machen. Eine Direkteinleitung ist übrigens für alle sees. Beim Flem wurden keine offensichtlichen Wässer unmöglich. Schwinden festgestellt. Aufgrund seiner Lage sollten diese (falls vorhanden) aber eher den Frage: Ist es möglich, Wasser aus der Tunnel- Crestasee speisen als den Caumasee. quelle in den Pultébach einzuspeisen? Antwort: Von der wissenschaftlichen Seite her ist La Chaux-de-Fonds, 27.1.2009 das problemlos möglich. Es stellt sich höchstens die Frage, ob es wirtschaftlich und energetisch Dr. Ph. Häuselmann & Dr. P.-Y. Jeannin sinnvoll ist, lange Druckleitungen zu bauen, um Schweiz. Institut für Speläologie dann das Wasser den Berg hochzupumpen. und Karstforschung 23
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