Welche Schoggi soll's denn sein?

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Welche Schoggi soll's denn sein?
10    Praxisbeispiel | 3. Zyklus und Sekundarstufe II

Collège von Apples VD | ZÉLIE SCHALLER

Welche Schoggi soll’s denn sein?
Schokolade schmeckt grossartig! Aber von wo kommt Kakao            nalen Handels, bevor die Kakaobohnen in die nördlichen Län-
eigentlich her? Unter welchen Bedingungen wird er angebaut?        der transportiert werden. Zunächst werden die Bohnen aber
Und welche der unzähligen Schokosorten soll man wählen?            fermentiert, in Fabriken geröstet, gemahlen und zu einem
Mit all diesen Fragen hat sich eine Waadtländer Ober-              Kakaobrei verarbeitet. Durch Pressen wird daraus Kakao-
stufenklasse beschäftigt. Vor allem Preis, Geschmack sowie         butter oder Kakaopulver gewonnen. Die Schokoladenfabriken
wirtschaftliche und ökonomische Kriterien sorgten für              kaufen diese beiden Produkte, denen sie Zucker, Milch und
Diskussionen.                                                      beispielsweise Haselnüsse beigeben. So werden die Scho-
                                                                   koladentafeln hergestellt, die in Supermärkte und auch
«Wir folgen den Spuren der Schokolade: von der Herstellung         Kioske dann an die Konsumentinnen und Konsumenten ver-
der Kakaobohnen bis nach Europa, wo das Endprodukt konsu-          kaufen.
miert wird!», verkündet Nadine Keim ihren Schülerinnen und
Schülern der 9. Klasse am Collège von Apples. «Was ist die erste   Die Schülerinnen und Schüler haben vor zwei Wochen den
Etappe? Wo befinden wir uns?», fragt die Geografielehrerin.        Film «Du chocolat aux fèves de cacao: un voyage amer»1 (auf
«An der Elfenbeinküste», weiss Samuel. Und damit beginnt           Deutsch: «Von der Schokolade zur Kakaobohne: eine bittere
die Reise.                                                         Reise») gesehen, der im Westschweizer Fernsehen ausge-
                                                                   strahlt wurde; daher kennen sie die Route bereits. An diesem
Gemeinsam besprechen die 22 Jugendlichen die verschiede-           Nachmittag werden sie selbst zu Akteuren dieser Produktions-
nen Stufen der Produktionskette von Schokolade: Nachdem            kette und schlüpfen in die Rolle der Bauern, Zwischenhändle-
die Bauern und Bäuerinnen die Kakaofrüchte gepflückt haben,        rinnen, Verarbeiter, Herstellerinnen und Verkäufer. In Vierer-
verkaufen sie ihre Ernte an Zwischenhändler des internatio-        oder Fünfergruppen fassen sie auf verschiedenfarbigen
                                                                   Blättern zusammen, was deren Tätigkeit umfasst. «Was sind
                                                                   die wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkun-
                                                                   gen des Schokoladenkonsums?», will Nadine Kern wissen.

                                                                   Kinderarbeit, Plastik, Preise
                                                                   «Wir verdienen kaum etwas. Unsere Kakaobohnen werden
                                                                   nicht zu einem fairen Preis gekauft», berichtet Gaël, Spre-
                                                                   cher der Bäuerinnen und Bauern, vor der Klasse. «Die Kinder,
                                                                   die auf den Feldern arbeiten, können nicht zur Schule ge-
                                                                   hen. Und es werden zu viele Pestizide eingesetzt, die gefähr-
                                                                   lich sind für die Gesundheit.»

                                                                   «         Bio-Schokolade verursacht
                                                                           weniger Umweltverschmutzung.
                                                                                                                                   »
                                                                                                 Samuel

                                                                   Die Verkäufer, die am anderen Ende der Kette stehen, spre-
                                                                   chen das Problem der Plastikverpackungen an. «Sie ver-
                                                                   schmutzen die Umwelt, wodurch Tiere und die Natur ster-
                                                                   ben», beklagt sich Ely. Auch werden Werbekampagnen und
                                                                   Aktionen thematisiert. «Wenn die Preise tiefer sind, kaufen
                                                                   die Leute mehr.» Wobei auch gewarnt wird: «Zu viel Schoko-
                                                                   lade essen ist ungesund. Sie enthält viel Zucker!» Die Glo-
                                                                   cke läutet. Zeit für eine Pause – mit oder ohne Schokolade.

                                                                   Zu Beginn der zweiten Lektion stellt die Lehrerin eine an-
                                                                   dere Frage: «Wie wählt ihr eure Schokolade aus? Was ist
                                                                   entscheidend: Werbung, Preis, Marke oder ökologische und
                                                                   biologische Kriterien?» Je nach Antwort sammeln sich die

                                                                   1 Der Film (auf Französisch) ist hier verfügbar
                                                                   www.rts.ch/play/tv/a-bon-entendeur/video/du-chocolat-aux-feves-de-cacao-
                                                                   -un-voyage-au-gout-amer?id=861356
Welche Schoggi soll's denn sein?
Jugendlichen in einer der vier Ecken des      «Wenn man die Arbeit der Bauern mitrech-
Schulzimmers. In der Gruppe einigen sie       net, die ohne Pestizide arbeiten, dann ist   BNE-Akzente
sich auf ein paar Argumente für ihre Wahl     der Preis gerechtfertigt.» Und Gaël argu-
und notieren diese auf einem neuen Blatt.     mentiert: «Wenn mehr Arbeit nötig ist,       Von der Elfenbeinküste in die Schweiz,
                                              dann muss man auch mehr zahlen. Du           vom Kakao zur Schokolade: Die Kakao-
Lebhafte Debatte                              musst halt sparen!»                          bohnen legen einen langen Weg zurück.
Fünf Minuten später beginnt die fiktive                                                    Schokolade bietet einen idealen Zugang
TV-Debatte mit dem Titel «Warum diese         Es gibt viele und pointierte Fragen. Die     zu BNE: Das Thema ist interdisziplinär
und keine andere Schokolade?». Die vier       Schülerinnen und Schüler zeigen sich         und nahe an der Lebensrealität der Ju-
Gäste – die Sprecherinnen und Sprecher        schlagfertig und finden Spass an der leb-    gendlichen.
der vier Gruppen – sitzen an einem Tisch      haften Debatte. Nadine Keim, die den Aus-
und legen nacheinander ihre Argumente         tausch moderiert, bittet die Jugendlichen    Die erwähnten Aktivitäten regen dazu
dar. «Schöne Verpackung und attraktive        darüber nachzudenken, was den Kriterien      an, unbekannte Aspekte rund um das
Farben», erklärt Bianca, die Vertreterin      Marketing, Geschmack, Wirtschaftlich-        Thema zu entdecken, aber auch vernetzt
der Gruppe «Werbung». Luc hingegen, der       keit und Umweltfreundlichkeit denn ei-       und kritisch zu denken, um dieses Pro-
auf den Preis achtet, führt «beschränkte      gentlich zugrunde liegt. Nach und nach       dukt, das bei uns so beliebt ist, letztlich
Finanzen» ins Feld und bekräftigt, dass       kristallisieren sich verschiedene Werte      bewusster zu geniessen. Die Schülerin-
«die teuerste Schokolade nicht unbe-          heraus: vor allem Wahl- und wirtschaft-      nen und Schüler entwickeln so ihren Sinn
dingt die beste ist». Ely ist an der Reihe:   liche Freiheit, Wertschätzung der Natur,     für Verantwortung und reflektieren ei-
«Wir wählen unsere Lieblingsmarken nach       Würde und Verantwortung.                     gene und fremde Werte.
dem Geschmack.» Und Samuel schliesst
die Tischumfrage ab: «Bio-Schokolade          Um herauszufinden, welcher Wert für die
verursacht weniger Umweltverschmut-           Schulklasse am meisten Gewicht hat, wird
zung und ist respektvoller gegenüber den      durch Handerheben abgestimmt. Die
Kakaobauern und -bäuerinnen.»                 Wahlfreiheit schwingt oben auf, sie er-
                                              hält die Hälfte der Stimmen der Jugend-
Jetzt kommt das Publikum zu Wort. «Wa-        lichen!
rum können wohlhabende Leute umwelt-
freundliche Schokolade kaufen und an-         Damit ist die Lektion zu Ende und die
dere nicht?» fragt Noah. «Manchmal ist        Schülerinnen und Schüler werden in die
Bio-Schokolade gar nicht teurer», ent-        Freiheit entlassen.
gegnet Samuel. Johan unterstützt ihn:
Welche Schoggi soll's denn sein?
12   Bildungsangebote zum Thema | 3. Zyklus und Sekundarstufe II

Lernmedium
Mehr haben oder mehr vom Leben haben?

                     Herausgeber Zentrum polis – Politik Lernen in der   richtsbeispielen soll bei den Lernenden ein Bewusstsein für
                     Schule                                              Kaufentscheidungen und deren Folgen für sich selbst und die
                     Verlag Edition polis                                Umgebung geschärft werden.
                     Jahr 2020
                     Format PDF                                          Konsum ist zudem untrennbar mit der Entwicklung der Kinder
                     Schulstufe Zyklus 3 und Sek. II                     und Jugendlichen verwoben. Konsumspezifische Verhaltens-
                                                                         weisen werden oft durch Nachahmung oder durch Beeinflus-
                                                                         sung von aussen (Marketing, Peer Groups, Freundinnen und
                                                                         Freunden) erworben. Aus diesem Grund setzt dieses Lernme-
                                                                         dium auf reflexive Lernmethoden wie Lernen in Situationen,
«Mehr haben oder mehr vom Leben haben?» will Schüler/-innen              Biografisches Lernen, Fallbeispiele, Plan- und Rollenspiele,
über die Konsumentenbildung an wichtige Aspekte einer Bildung            Interviews, Debatten und Expertengespräche. Bewusst knüp-
für Nachhaltige Entwicklung heranführen. Denn eine Möglichkeit,          fen die Methoden an den konsumspezifischen Erfahrungen der
wie Kinder und Jugendliche die Zukunft aktiv und eigenverant-            Lernenden an und machen den Bezug zum Alltagsleben der Ju-
wortlich mitgestalten können, ist die Art und Weise, wie sie             gendlichen.
konsumieren. Damit die Lernenden zu möglichst mündigen Kon-
sumentinnen und Konsumenten werden, braucht es neben Fak-                Das Lehrmittel wurde vom «Zentrum polis – Politik lernen in
tenwissen auch Kompetenzen, die es ihnen ermöglichen, Infor-             der Schule» aus Wien herausgegeben. Es macht deshalb Ver-
mationen richtig einzuordnen und zu verarbeiten.                         weise auf den österreichischen Lehrplan. Alle Unterrichtsein-
                                                                         heiten können aber problemlos auf die Schweiz adaptiert wer-
Genau das ist das Ziel dieses Lernmediums. Das Heft enthält Un-          den. Im Lehrplan 21 kann vor allem im Kompetenzbereich 6 im
terrichtsbeispiele zu Themen wie Geld, gesunder Lebensstil,              Fachbereich NMG «Arbeit, Produktion und Konsum – Situationen
Konsumentscheidungen, Lebensmittelkennzeichnung, On-                     erschliessen» und im Kompetenzbereich 5 im Fachbereich WAH
line-Shopping sowie Werbung und Marketing. Mit den Unter-                «Konsum gestalten» gearbeitet werden.

Lernmedium                                                               Lernmedium
Faironomics - Ökologisch, fair und frei                                  Glück – ein Projektbuch

                    Autor/-innen Ilona Koglin, Marek Rohde                                   Autor Peter Brokemper
                    Verlag dtv                                                               Verlag Verlag an der Ruhr
                    Jahr 2019                                                                Jahr 2009
                    Materialtyp Buch                                                         Materialtyp Buch
                    Schulstufe Zyklus 3 und Sek. II                                          Schulstufe Zyklus 3 und Sek. II

Was würdest du tun, wenn Geld keine Rolle spielte? Welche                Wo findet man das Glück? Im Konsum? Das Lehrmittel betrach-
Arbeit würde dich glücklich machen? Wie stellst du dir eine              tet sprachliche, philosophische, historische und mediale As-
zukünftige faire Wirtschaft vor und was kannst du heute be-              pekte zum Thema Glück wie z.B. Glückssuche, Konsumver-
reits dafür tun?                                                         zicht, Geld und Wohlstand oder Glück im Unglück. Die einzelnen
                                                                         Kapitel liefern zunächt Basisinformationen und gesellschafs-
Die beiden Autoren ermutigen uns, mit einer Mischung aus Er-             relevante Standpunkte, die dann zur Diskussion gestellt wer-
fahrungsberichten, Interviews, Grafiken und praxisnahen An-              den. Die dazugehörigen Aufgaben können einzeln oder in der
leitungen eigene Projekte in Angriff zu nehmen. Gerade für den           Gruppe gelöst und diskutiert werden.
Unterricht in den Fächern Wirtschaft, Geografie auf Gymnasi-
alstufe, in der Allgemeinbildung oder für Projektwochen auf              Der vielfältige Methodenmix und der übersichtliche Aufbau des
der Sekundarstufe bietet sich das Buch an.                               Buches erlauben eine attraktive Unterrichtsgestaltung. Die
                                                                         ethisch-philosophischen Diskussionen bilden die Grundlage
                                                                         für eine eigene Meinungsbildung und eine kritische Reflexion.
Welche Schoggi soll's denn sein?
Bildungsangebote zum Thema | 3. Zyklus und Sekundarstufe II 13

Bildungsaktivität ausserschulischer Akteure                                       Bildungsaktivität ausserschulischer Akteure
Shape Your Trip                                                                   Fair Battle Kicker

Wann ist eine Reise nachhaltig? Wie lassen sich Spass und                         Soziale Gerechtigkeit liegt dem Verein Fairplay am Herzen. Das
Komfort beim Reisen mit Umweltschutz vereinbaren? Und wer                         Schulprojekt befasst sich mit den Themen Konsum, Fair Trade,
zahlt eigentlich für den ganzen CO 2-Ausstoss? Die Impulslek-                     Fairness, Chancengleichheit und Nachhaltigkeit. Diese The-
tionen von myclimate stossen genau diese Gedankengänge bei                        men werden spielerisch anhand eines umgebauten Töggeli-
Jungen an. Sie sollen die Schüler/-innen befähigen, Handlungs-                    kastens (Kicker) erlebbar gemacht.
optionen für mehr Nachhaltigkeit beim Reisen zu erkennen.
Dabei stehen vor allem die BNE-Kompetenzen «Handeln» und                          Die Schülerinnen und Schüler erhalten in diesem Schulprojekt
«Antizipieren» im Zentrum. Einerseits berechnen, reflektieren                     die Möglichkeit, in verschiedene Rollen zu schlüpfen und mehr
und diskutieren die Lernenden ihr eigenes Reiseverhalten; ande-                   über die globale Wirtschaft zu erfahren. Recherche-Arbeit ver-
rerseits erhalten sie konkrete Tools und Tipps. Danach können                     tieft ein Thema und die Umsetzung von Fair-Aktionen erwei-
die Lernenden am Reisewettbewerb teilnehmen.                                      tert die Entscheidungsgrundlage für einen bewussten Konsum.

Organisation Stiftung myclimate | Art des Angebots in der Schule                  Organisation Verein Fairplay | Art des Angebots in der Schule

Dauer 2–3 Lektionen | Schulstufe Sek. II                                          Dauer 30–40 Lektionen | Schulstufe Zyklus 3 und Sek. II

Lernmedium                                 Film                                   Lernmedium                                  Themendossier
Grosse kleine Welt                         Dirty Gold War                         Nachhaltig(-keit) ausbilden 1
                                                                                                                              online
                                                                                                                              Mehr Lernressourcen,
                                                                                                                              BNE-Praxisbeispiele und
                                                                                                                              Angebote ausserschu-
                                                                                                                              lischer Akteure zum Thema
                                                                                                                              finden Sie in unserem
                                                                                                                              neuen Themendossier
                                                                                                                              Markt – Preis – Wert.

                                                                                                                              Die Bildungsangebote sind
Verlag Alliance Sud, EvB                   Regie Daniel Schweizer | Jahr 2015     Autoren A. Fischer, H. Hantke, J.-J.Roth    dort nach Schulstufen
Jahr 2011                                  Materialtyp DVD/VOD mit didaktischem   Verlag Leuphana-Universität Lüneburg        geordnet und weisen Bezü-
Materialtyp Spiel                          Begleitmaterial | Dauer 52 Minuten     Jahr 2018 | Materialtyp PDF, Website        ge zum Lehrplan aus.
Schulstufe Sek. II                         Schulstufe Zyklus 3 und Sek. II        Schulstufe Sek. II                          Auch finden Sie Inputs zur
                                                                                                                              Relevanz des Themas,
Die Mechanismen des welt-                  Der Film gewährt einen Blick           Die Lernmodule verdeutlichen,               zum Potenzial für Bildung
weiten Handels spielerisch                 hinter die Kulissen des                welche ökologischen und so-                 für Nachhaltige Entwick-
kennenlernen: Im Brettspiel                gewinnträchtigen Wirtschafts-          zialen Auswirkungen unsere                  lung (BNE) und zur Umset-
schlüpfen die Lernenden in                 zweigs. Beispiele aus                  Arbeits- und Wirtschafts-                   zung im Unterricht.
die Rolle eines Landes und                 Brasilien und Peru dokumen-            weise mit sich bringt. Dabei                www.education21.ch/de/themen-
treiben Handel miteinander.                tieren die Menschen-                   steht die Förderung von                     dossiers
Mit Hintergrundinformatio-                 rechtssituation und die                Kompetenzen für ein nachhal-
nen und Vorschlägen zum                    Umweltbelastung beim                   tig ausgerichtetes berufli-
Einsatz im Unterricht.                     Abbau des Goldes.                      ches Handeln im Mittelpunkt.

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