Wer wir sind, was wir tun - Das Projekt Die Akteure Die Handlungsfelder Die Innovationen - Vielfalt Mediathek

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Wer wir sind,
was wir tun
◆ Das Projekt
◆ Die Akteure
◆ Die Handlungsfelder
◆ Die Innovationen
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Konzeption:
Sanem Kleff
Eberhard Seidel

Wer wir sind,
was wir tun
◆ Das Projekt
◆ Die Akteure
◆ Die Handlungsfelder
◆ Die Innovationen
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          Herausgeber:                    Redaktion:
          Bundeskoordination              Henning Flad | Jeannette Goddar |
          Schule ohne Rassismus –         Sanem Kleff | Eberhard Seidel
          Schule mit Courage
                                          Gestaltung + Bildredaktion
                                          Jörg Kohn | Metin Yilmaz
          Ahornstr. 5
          10787 Berlin                    Repro + Korrektur
                                          Claudia Benders | Bernd Cornely
          Tel.: 030 | 21 45 86 0
          Fax: 030 | 21 45 86 20          Titelfoto + Seite 43 | Illustration Seite 2:
                                          Metin Yilmaz | Peter O. Zierlein
          E-mail:
          Schule@aktioncourage.org        Druck und Bindung:
                                          druckhaus köthen
          Internet:
          www.schule-ohne-rassismus.org   V.i.s.d.P. Eberhard Seidel
                                          Geschäftsführer SOR-SMC
          © 2011 Aktion Courage e.V.
                                          ISBN-Nummer 978-3-933247-52-0
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D
         eutschland ist ein Land der Vielfalt. Bereits jedes dritte schul-
         pflichtige Kind hat einen Migrationshintergrund. Wo so viele
         unterschiedliche Kulturen miteinander leben, stellt sich die
Frage: Wie wollen wir zusammenleben? Von den Antworten auf diese

                                                                                        Vorwort
Frage hängt es ab, wie liebens- und lebenswert Deutschland ist. Was
sind unsere gemeinsamen Werte und Normen?
     Kinder und Jugendliche haben zu diesem Thema eine Menge zu
sagen. Sie möchten an der Stärkung demokratischer Verhältnisse mit-
wirken und sie wollen Verantwortung übernehmen. In der Schule, der
Jugendeinrichtung, aber auch im Stadtteil und in der Kommune.
     Kinder und Jugendliche werden aktiv, weil es sie stört, wenn Men-
schen zum Beispiel auf Grund ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft oder
auf Grund ihrer Religion beschimpft, gemobbt oder gar körperlich be-
droht werden. Sie engagieren sich, weil es die Situation erfordert, und
sie handeln unmittelbar, ohne zuvor ein Expertenkomitee zu Rate zu
ziehen oder Fünf-Jahres-Pläne zu erstellen. Bei aller Spontanität ma-
chen sie ihren Wusch deutlich, sich gemeinsam über die wichtigen
Fragen des Zusammenlebens auszutauschen.
     Das Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ bie-
tet Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, bereits in jungen Jah-

                                                                              Foto: Metin Yilmaz
ren bürgerschaftliches Engagement zu entwickeln. Mit rund 1.000
Schulen ist „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ eine leben-
dige, innovative und kreative Jugendbewegung. Die Kinder und Ju-
gendlichen übernehmen Verantwortung für das Lern- und Lebenskli-
                                                                                                    Sanem Kleff
ma an ihren Schulen. Und nahezu täglich schließen sich weitere Schu-
len dem Netzwerk an. „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“
leistet einen nachhaltigen Beitrag zur Integration von Minderheiten
und beim Zurückdrängen von Extremismus jeglicher Art.
     Das Projektanliegen von „Schule ohne Rassismus – Schule mit
Courage“ wird von allen demokratischen Parteien, von allen bedeu-
tenden Glaubensgemeinschaften, aber auch von vielen Prominenten
aus Sport, Kultur und Politik unterstützt. Darauf sind wir ein wenig
stolz.
                                                                             Foto: Burkhard Lange

Sanem Kleff                                               Eberhard Seidel
Leiterin                                                  Geschäftsführer

                                                                                                    Eberhard Seidel
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              Wer wir sind, was wir tun

Inhalt

                                                                                                                                      Foto: Metin Yilmaz
              Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite4

              Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 5

              1. Das Projekt – die Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Seite 7

              ◆ Die Geschichte ◆ Entstehung und Struktur
              ◆ Die Prinzipien ◆ Die Selbstverpflichtung
              ◆ Auszeichnungen ◆ Die Verankerung

              2. Die Handlungsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 19

              ◆ Demokratische Schulkultur ◆ Rechtsextremismus
              ◆ Antiziganismus ◆ Flucht und Asyl ◆ Antisemitismus
              ◆ Tipps zur Nachhaltigkeit

              3. Die Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Seite 31

              ◆ Kommunikation, Medien und Vernetzung
              ◆ Islam und Ich – Jungsein im Land der Vielfalt
              ◆ Liebe, Geschlecht und Migration
              ◆ Rechtsextremismus in der Einwanderungsgesellschaft
              ◆ Stadt ohne Rassismus
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Das Projekt – die Akteure                                           Zur
                                                                    Geschichte
◆ Die Geschichte ◆ Entstehung und Struktur ◆ Die Bundeskoordina-    und
tion und die Landeskoordinationen ◆ Die Patinnen und Paten ◆ Die    Struktur des
Kooperationspartner ◆ Die Prinzipien ◆ Die Selbstverpflichtung      Netzwerkes

An rund 1.000 Schulen setzen sich mehr als 750.000 SchülerInnen     Foto: Metin Yilmaz

für einen Klimawechsel an ihrer Schule und für ein demokratisches
Miteinander ein. „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ist
damit das größte Schulnetzwerk in Deutschland. Es setzt erfolg-
reich auf die Eigeninitiative und das Engagement von SchülerInnen
und LehrerInnen. Doch wie funktioniert das Netzwerk eigentlich,
und wie kann man mitmachen?
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DAS PROJEKT – DIE AKTEURE

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                                                    Die
                                                    Geschichte
                                                    1995 Nur wenige Monate nach dem Start ist        stellt eine bundesweite Reihe von Open-
                                                    es so weit: Die erste Schule hat die geforder-   Space-Veranstaltungen auf die Beine. Mehr
                                                    ten 70 Prozent Unterschriften für ein demo-      als 2.000 Jugendliche kommen zum Thema
                                                    kratisches und diskriminierungsfreies Mit-       „Islam und Ich“ ins Gespräch. Das Interesse
                                                    einander beisammen: Das Immanuel-Kant-           ist immens – auch das der Öffentlichkeit.
                                                    Gymnasium in Dortmund wird Deutsch-              Und die Hamburger Körber-Stiftung zeich-
                                                    lands erste „Schule ohne Rassismus“. Erster      net die Reihe in ihrem Wettbewerb „Praxisfo-
                                                    Pate wird der Fernsehjournalist Friedrich        rum Schule und Islam“ als vorbildhaft aus.
                                                    Küppersbusch.
                                                                                                     2004 Das von der Bundesregierung ins Le-
                                                    2000 Nach fünf Jahren im beschaulichen           ben gerufene Bündnis für Demokratie und
                                                    Bonn brechen neue Zeiten an: Sanem Kleff,        Toleranz zeichnet „Schule ohne Rassismus –
                                                    Lehrerin aus Berlin und Expertin für inter-      Schule mit Courage“ als „Botschafter der To-
                                                    kulturelle Pädagogik, übernimmt im Vor-          leranz“ aus. Zur Begründung heißt es, das
                            Foto: Universal Music

                                                    stand des Trägervereins Aktion Courage die       Projekt setze sich „ideenreich und engagiert
                                                    Leitung des Projektes. Sie verlegt das Büro      gegen Ausländerfeindlichkeit, Diskriminie-
                                                    nach Berlin, stellt das Projekt inhaltlich und   rung und Ausgrenzung ein“.
                                                    organisatorisch auf eine breitere Basis und
                                                    erweitert den Namen: „Schule ohne Rassis-        2005 Mit Unterstützung von Journalisten
„Ich unterstütze Schule                             mus – Schule mit Courage.“ Zwei Jahre später     und Grafikern der Tageszeitung taz produ-
                                                    ist die heutige Chefetage komplett: Der Jour-    zieren 17 SchülerInnen die erste Ausgabe der
ohne Rassismus, weil es
                                                    nalist und Buchautor Eberhard Seidel wird        Schülerzeitung Q-Rage. Im Dezember wer-
für unsere Gesellschaft                             Geschäftsführer.                                 den mehr als 100.000 Exemplare verteilt. Ab
endlich zum Alltag gehö-                                                                             2007 wird die Q-Rage mit einer Auflage von
ren sollte, dass unsere                             2001 Der Koordinierungsrat der Gesellschaf-      mehr als einer Million die größte Schülerzei-
                                                    ten für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit       tung Deutschlands.
Kinder multikulturell
                                                    verleiht der Bundeskoordination von „Schu-       Im selben Jahr wird der zehnte Geburtstag
aufwachsen und dass                                 le ohne Rassismus – Schule mit Courage“ die      mit einem Festakt in Saarbrücken begangen.
dieseTatsacheeingroßer                              Buber-Rosenzweig-Medaille. Mit der Aus-          Und: Mit dem Paulus-Prätorius-Gymnasium
Gewinn für das ganze                                zeichnung werden seit 1968 Persönlichkei-        in Wolfsburg hat sich die zweihundertste
                                                    ten, Initiativen oder Einrichtungen gewür-       Schule zu Aktionen gegen Diskriminierun-
Leben darstellt.“
                                                    digt, die sich um Verständigung und christ-      gen verpflichtet.
Jan Delay,
                                                    lich-jüdische Zusammenarbeit verdient ma-
Musiker und Sänger,
seit dem 29. 6. 2007 Pate                           chen.                                            2006 Das kleine Bremen ist seit Jahren in Sa-
des BBS Buxtehude,                                                                                   chen „Schule ohne Rassismus“ ganz groß.
Niedersachsen                                       2002 Es ist ein merkwürdiger Zufall: Nicht       Nun wollen SchülerInnen es wissen: Geht
                                                    nur die erste, sondern auch die hundertste       auch „Stadt ohne Rassismus“? Drei Tage lang
                                                    „Schule ohne Rassismus – Schule mit Coura-       werben sie im Foyer der Bürgerschaft um Un-
                                                    ge“ ist eine in Dortmund. Im Rahmen eines        terschriften unter ihre selbst geschriebene
                                                    Jugendaktionstages gegen Rechts wird der         „Anti-Diskriminierungs-Agenda“. Es klappt:
                                                    Gustav-Heinemann-Gesamtschule              das   Mehr als 70 Prozent der Volksvertreter erklä-
                                                    Schild feierlich überreicht. Und die stellt      ren sich dazu bereit, gegen jede Form von
                                                    schon auf ihrer Website klar, dass es da nicht   Diskriminierung einzutreten. Bremen wird
                                                    nur zum Spaß hängt: „Wir haben uns dazu          die erste „Stadt ohne Rassismus“.
                                                    verpflichtet, eine kontinuierliche Arbeit ge-
                                                    gen Rechts zu leisten.“                          2007 Auch im Süden machen SchülerInnen
                                                                                                     mobil: In den fränkischen Gemeinden Karl-
                                                    2003 Seit dem 11. September 2001 ist der Is-     stadt und Wunsiedel liefern sich Jugendliche
                                                    lam in aller Munde. Aber kommen in der De-       ein Kopf-an-Kopf-Rennen darum, alle Schu-
                                                    batte auch SchülerInnen zu Wort? Die Bun-        len der Stadt mit der Plakette auszustatten.
                                                    deskoordination findet: viel zu selten. Und      Karlstadt erreicht das Ziel zuerst; Wunsiedel
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SEITE 9

zieht kurze Zeit später nach. Die Jugendinitia-   ven wie ‚Schule ohne Rassismus‘.“ Zur Be-         Aktion Courage e. V. initiiert „Schule
tive Wunsiedel – die das Schulnetzwerk maß-       gründung sagt der Präsident der Kultusmini-       ohne Rassismus“ in Deutschland. Auf
                                                                                                    einer Pressekonferenz zum Auftakt
geblich vorangebracht hat – hat seither einen     sterkonferenz: „Demokratie ist nicht selbst-      des Projektes stellt Ignatz Bubis, Vor-
großen Erfolg erzielt: Statt der Nazis versam-    verständlich; sie ist stets aufs Neue Gefahren    sitzender des Zentralrats der Juden,
melt sich am Todestag von Rudolf Heß dort         ausgesetzt.“                                      das Projekt am 25. August 1995 vor:
inzwischen die Zivilgesellschaft – zum „Tag                                                         „Die Jugend in Deutschland ist gegen-
der Demokratie“.                                  2010 Pünktlich zum Geburtstag von „Schule         über Fremden viel vorurteilsfreier als
                                                                                                    die ältere Generation. Es gibt zwar
                                                  ohne Rassismus – Schule mit Courage“ wird         Fremdenfeindlichkeit mit rassisti-
2008 Erscheint das Themenheft „Jugendkul-         im Sommer die 750. Schule ausgezeichnet.          schen Zügen, erfreulicherweise
turen zwischen Islam und Islamismus. Live-        Am 13. Juni wird das 15-jährige Jubiläum feier-   herrscht bei vielen jungen Menschen
style, Medien und Musik“.                         lich begangen: mit einem Festakt im Jüdi-         jedoch eine deutlich andere Stim-
                                                  schen Museum Berlin und 400 geladenen Gä-         mung.“
                                                                                                    Oben: Im Sommer 2010 tagen Ju-
2009 Die Kultusminister der Länder widmen         sten, darunter SchülerInnen aus allen Bun-        gendliche aus Schulen des Netzwer-
sich der demokratischen Kultur an Schulen.        desländern.                                       kes im Jüdischen Museum Berlin.
Sie verabschieden einen Beschluss zur Demo-                                                         Foto: Metin Yilmaz
kratieerziehung, in dem sie mehr „Verant-         2011 Im Herbst ist das Netzwerk auf 1.000
wortungsübernahme von Kindern und Ju-             Schulen angewachsen.
gendlichen für ihr Lebensumfeld“ fordern.
Und, wörtlich: „die Ausweitung von Initiati-
Wer wir sind, was wir tun - Das Projekt Die Akteure Die Handlungsfelder Die Innovationen - Vielfalt Mediathek
DAS PROJEKT – DIE AKTEURE

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                                            Entstehung
                                            und Struktur
                                            Im Jahr 1995 übernahm der Verein Aktion-        LehrerInnen mit ihrer Unterschrift zu Aktivi-
                                            Courage e.V. die ursprünglich aus Belgien       täten gegen Gewalt, Rassismus und Diskrimi-
                                            stammende Idee von „Schule ohne Rassis-         nierung verpflichten. Dass sie tatsächlich
                                            mus“ für Deutschland. Vor dem Hintergrund       dauerhaft in Arbeitsgruppen an dem Erhalt
                                            der zunehmenden fremdenfeindlichen und          des Titels arbeiten, sollten sie zudem jährlich
                                            rechtsextremistisch motivierten Gewalt soll-    dokumentieren.
                                            ten Kinder und Jugendliche ermuntert wer-          Von 1995 bis 2000 war das Projekt im Büro
                                            den, einen Beitrag zur Entwicklung einer de-    des Vereins AktionCourage e.V. in Bonn ange-
                                                                                            siedelt und agierte regional. Die ersten Schu-
                             Foto: Privat

                                            mokratischen Alltagskultur zu leisten. Getra-
                                            gen wurde die Entstehung von der Annahme,       len, die mitmachten, kamen überwiegend aus
                                            dass junge Menschen traditionellen Organi-      Nordrhein-Westfalen und dem benachbarten
Ich unterstütze „Schule                     sationen von Parteien über Kirchen bis hin      Niedersachsen.
                                            zu Gewerkschaften zwar kritisch gegenüber-
ohne Rassismus“, weil in
                                            stehen, dies aber nicht heißt, dass sie nicht   Die Bundeskoordination
den Köpfen und Herzen                       am gesellschaftspolitischen Leben teilhaben
der Schülerinnen und                        wollen.
                                                                                            und ihre Aufgaben
Schüler unsere Zukunft                         „Schule ohne Rassismus“ entwickelt sich      Im Jahr 2000 machte das Projekt große
                                            dort, wo Kinder und Jugendliche sind: an ih-    Schritte. Die türkisch-deutsche Expertin für
schlummert. Sie ist wild,
                                            ren Schulen. In ihrem unmittelbaren Le-         interkulturelle Pädagogik und Lehrerin Sa-
ungestüm und sehnt sich                     bensumfeld sollte ihnen die Möglichkeit er-     nem Kleff übernahm die Leitung der Bun-
ganz drinnen nach Frie-                     öffnet werden, sich zu engagieren; in einem     deskoordination und verlegte den Sitz nach
den und Harmonie. Mit                       Modell, in dem Ideen spontan entwickelt und     Berlin. Von nun an war die Bundeskoordina-
                                            umgesetzt werden können. So wurde ein in        tion bundesweit aktiv. Der Titel wurde – und
dem Projekt bekommt
                                            Deutschland bis dahin ungewöhnlicher Rah-       dies ist mehr als ein Detail – erweitert. Er lau-
diese Sehnsucht ein Ge-                     men geschaffen, in dem SchülerInnen erste       tete nun: „Schule ohne Rassismus – Schule
sicht.                                      Schritte zur Beteiligung an integrativen Pro-   mit Courage“.
Mo Asumang, Regisseurin,                    zessen einüben und aktiv an der inhaltlichen       Der heutige Name unterstreicht, dass das
Musikerin, Schauspielerin, Mo-              Ausgestaltung der Menschenrechtserzie-          Projekt nicht nur den „klassischen Rassis-
deratorin, ist seit dem 29.6.               hung teilnehmen können.                         mus“ in den Blick nimmt, sondern alle Ideolo-
2006 Patin des Puschkin-                       Voraussetzung für die Verleihung des mit     gien der Ungleichwertigkeit. Ziel ist es, das
Gymnasiums, Hennigsdorf,
Brandenburg
                                            dem Projekt eingeführten Titels „Schule ohne    Klima und den Alltag an Schulen so zu verän-
                                            Rassismus“ war von Beginn an, dass sich min-    dern, dass gegenseitige Achtung mit der Su-
                                            destens 70 Prozent aller SchülerInnen und       che nach gemeinsamen Werten und Regeln
                                                                                            einhergeht.
                                                                                               „Schule ohne Rassismus – Schule mit Cou-
                                                                                            rage“ orientiert sich dabei an der 2000 verab-
   Eine europäische Idee macht Schule                                                       schiedeten und 2009 in Kraft getretenen
   „Schule ohne Rassismus“ entstand als Idee 1988 in Belgien. Seit                          Grundrechte-Charta der Europäischen Uni-
   1992 gibt es auch in den Niederlanden ein Büro. Nach der Über-                           on. Dort heißt es: „Diskriminierungen, insbe-
   nahme der Idee für Deutschland kommen dazu noch Gründun-                                 sondere wegen des Geschlechts, der Rasse
   gen in Österreich (1999) und in Spanien (2002).                                          [sic!], der Hautfarbe, der ethnischen oder so-
                                                                                            zialen Herkunft, der genetischen Merkmale,
   Gemeinsam ist „Schule ohne Rassismus“ in allen Ländern fol-                              der Sprache, der Religion oder der Weltan-
   gende Grundidee: Schulen, die sich dem Netzwerk anschließen,                             schauung, der politischen oder sonstigen An-
   einigen sich in einer Selbstverpflichtung mehrheitlich darauf, ak-                       schauung, der Zugehörigkeit zu einer natio-
                                                                                            nalen Minderheit, des Vermögens, der Ge-
   tiv gegen Rassismus vorzugehen. Wegen der andersartigen
                                                                                            burt, einer Behinderung, des Alters oder der
   Schullandschaften in den einzelnen Ländern wird das Projekt auf
                                                                                            sexuellen Ausrichtung, sind verboten.“
   unterschiedliche Weise umgesetzt. Europaweit tragen zurzeit                                 Die Bundeskoordination in Berlin ist zu-
   etwa 2.000 Schulen den Titel „Schule ohne Rassismus.“                                    ständig für die inhaltliche Weiterentwick-
                                                                                            lung und Evaluation des Projektansatzes und
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Oben: Cem Özdemir ist Gründungs-
mitglied von „Schule ohne Rassis-
mus“. Während der 15-Jahr-Feier im
Juni 2010 überreicht die Leiterin der
Bundeskoordination, Sanem Kleff,
dem Politiker ein Foto von der Presse-
konferenz zum Auftakt der Aktion im
Jahr 1995. Mit auf dem Foto sind u.a.
Ignatz Bubis und der Sänger Smudo.
Unten rechts: Am 21. Juni 1995 wird
in Deutschland die erste „Schule ohne
Rassismus“ ausgezeichnet. Pate ist
der Fernsehjournalist Friedrich Küp-
persbusch. Unten links: Jugendliche
beim Jahrestreffen 2005 in der Ge-
denkstätte Neue Bremm in Saarbrük-
ken.
Foto oben: Aris Papadopoulos
Fotos unten: Metin Yilmaz
DAS PROJEKT – DIE AKTEURE

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                                                             für die Qualitätskontrolle. Zu den Aufgaben     dung, Sportvereine, der Hauptvorstand und
                                                             der Bundeskoordination gehört auch die Zer-     die Landesverbände der Gewerkschaft Erzie-
                                                             tifizierung der „Schulen ohne Rassismus –       hung und Wissenschaft, verschiedene Ju-
                                                             Schulen mit Courage“. Sie schließt Kooperati-   gendeinrichtungen und viele andere mehr.
                                                             onsvereinbarungen mit außerschulischen          Dank der Partner ist es möglich, den Schulen
                                                             Partnern ab und vernetzt die Schulen bundes-    eine Vielzahl von kostenfreien inhaltlichen
                                                             weit mit diesen.                                Angeboten zu unterbreiten.
                                                                 Wesentlicher Bestandteil der Vernetzung        Der Ausbau dieses Netzwerkes sowie die
                                                             der Schulen untereinander über die Landes-      Verstetigung der Kontakte ist eine weitere
                                                             grenzen hinaus ist das seit dem Jahr 2000 je-   Aufgabe der Bundeskoordination. Kinder
                                                             weils an einem anderen Ort stattfindende        und Jugendliche können nur dann aktiv am
                                                             Bundestreffen von VertreterInnen der „Schu-     gesellschaftlichen Geschehen teilhaben,
                                                             len ohne Rassismus“.                            wenn sie vielfältig und kompetent in ihren
                                                                                                             Aktivitäten unterstützt werden.
                                                             Die Rolle der
                                                             Landeskoordinationen                            Die Patinnen und Paten
                               Foto: Bündnis 90/Die Grünen

                                                                                                             Einen wichtigen Anteil am Erfolg des Projek-
                                                             Die LandeskoordinatorInnen unterstützen
                                                                                                             tes haben auch die Patinnen und Paten. Mehr
                                                             die Schulen im Netzwerk kontinuierlich und
                                                                                                             als 1.000 Persönlichkeiten des öffentlichen
                                                             standortnah. Sie halten persönlichen und re-
                                                                                                             Lebens unterstützen eine oder mehrere
                                                             gelmäßigen Kontakt und stellen so die Nach-
                                                                                                             Schulen. Im beruflichen Leben tun Paten
                                                             haltigkeit des Ansatzes sicher.
                                                                                                             ganz Unterschiedliches: Sie sind zum Bei-
                                                                Die Landeskoordinationen werden von der
                                                                                                             spiel Fußballer, Künstler, Musiker, Schau-
                                                             Bundeskoordination ernannt. Sie sind keine
„,Schule ohne Rassismus                                                                                      spieler oder auch Politiker. Für die Schüle-
                                                             eigenständigen Einrichtungen, sondern an-
– Schule mit Courage‘                                                                                        rInnen sind sie, da sie ihnen nicht nur bei der
                                                             gesiedelt bei im Bereich der Menschenrechts-
                                                                                                             Titelübergabe, sondern auch im Alltag zur
muss sein, weil ich in ei-                                   erziehung tätigen staatlichen und nichtstaat-
                                                                                                             Seite stehen, eine große Unterstützung.
                                                             lichen Einrichtungen – beispielsweise den
ner Gesellschaft leben                                                                                          Das Interesse an der Arbeit von „Schule
                                                             Landeszentralen für politische Bildung oder
will, in der alle Menschen                                                                                   ohne Rassismus – Schule mit Courage“ steigt
                                                             den Regionalen Arbeitsstellen zur Förderung
sich frei und ohne Angst                                                                                     stetig. Das Projekt ist nicht nur bundesweit
                                                             von Kindern und Jugendlichen aus Zuwan-
                                                                                                             aktiv; es wird auch bundesweit wahrgenom-
entfalten können und in                                      dererfamilien RAA (Liste der Landesskoordi-
                                                                                                             men. Die Zahl der ausgezeichneten Schulen
                                                             nationen liegt dem Heft bei). Finanziert wird
der jeder er selbst sein                                                                                     ist seit 2001 um das Zehnfache gestiegen. Im
                                                             die Arbeit der Landeskoordinationen über
kann.“                                                                                                       Herbst 2011 gehören dem Netzwerk
                                                             Landesmittel und über Drittmittel. So werden
Renate Künast, Fraktions-                                                                                    bundesweit 1.000 Schulen an.               1200
                                                             beispielsweise in manchen Ländern LehrerIn-
vorsitzende im Bundestag und                                                                                    Das sind mehr als 750 000 SchülerIn-
                                                             nen von der Schulbehörde für die Mitarbeit
Ministerin a.D. (Bündnis 90/                                                                                 nen, die sich nicht nur auf 16 Bundeslän-
Die Grünen), seit dem
                                                             bei „Schule ohne Rassismus – Schule mit Cou-
                                                                                                             der verteilen, sondern auch auf alle
23. 9. 2005 Patin des                                        rage“ „abgeordnet“.
                                                                                                             Schulformen von der Grundschule 1000
Kurt-Schwitters-
                                                                                                             bis zum Berufskolleg. Und es sol-
Gymnasiums, Berlin                                           Die Kooperationspartner                         len noch mehr werden.            843
                                                             Unterstützt wird die Arbeit von einem von
                                                             der Bundeskoordination geknüpften Netz
                                                             aus mehr als hundert überregionalen, regio-                                    675

                                                             nalen und kommunalen Kooperationspart-
                                                             nern. Beispiele für solche Partner, mit denen
                                                                                                                                      519
                                                             jeweils eine schriftliche Kooperationsverein-
                                                             barung getroffen wird, sind das Jüdische Mu-
                                                                                                                                400
                                                             seum Berlin, der Türkische Bund Berlin-
                                                             Brandenburg, das Anne-Frank-Zentrum, die                     320

                                                             Medienanstalt Berlin-Brandenburg, der                  259
                                                                                                              222
                                                             Rundfunk Berlin-Brandenburg, RAAs, 185
                                                             Landeszentralen für politische Bil- 141
 Anzahl der Schulen bundesweit                                                                 80
                                                                               34   39   47
                                                                     20   27
      Stand 31. Dezember 2010                                    5
              Ab 2011 Prognose                                 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012
SEITE 13

„Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ bietet Kindern und Jugendlichen einen Rahmen, in dem sie erste Schritte hin zur gesellschaftspolitischen
Partizipation einüben und aktiv an der inhaltlichen Ausgestaltung der Menschenrechtserziehung teilnehmen können. Sie werden bei ihren Aktivitäten
von der Bundes- und den Landeskoordinationen, von KooperationspartnerInnen und von LehrerInnen und PatInnen unterstützt. Bei regelmäßigen Tref-
fen auf Landes- und auf Bundesebene qualifizieren sie sich weiter, tauschen Erfahrungen aus und entwickeln neue Ideen. Fotos: Metin Yilmaz
DAS PROJEKT – DIE AKTEURE

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                                                                                 Die
                                                                                 Grundsätze
                                                                                 1. Was ist „Schule ohne Rassismus –               4. Was bedeutet der Titel genau?
                                                                                    Schule mit Courage“?                           Der Titel ist kein Preis und keine Auszeich-
                                                                                 Wir sind ein Projekt von und für SchülerIn-       nung für bereits geleistete Arbeit, sondern ist
                                                                                 nen. Es bietet Kindern und Jugendlichen die       eine Selbstverpflichtung für die Gegenwart
                                                                                 Möglichkeit, das Klima an ihrer Schule aktiv      und die Zukunft. Eine Schule, die den Titel
                                Foto: Bayerisches Staatsministerium des Innern

                                                                                 mitzugestalten, indem sie sich bewusst            trägt, ist Teil eines Netzwerks, das sagt: Wir
                                                                                 gegen jede Form von Diskriminierung, Mob-         übernehmen Verantwortung für das Klima
                                                                                 bing und Gewalt wenden. Wir sind das größte       an unserer Schule und unser Umfeld.
                                                                                 Schulnetzwerk in Deutschland. Ihm gehören
                                                                                                                                   5. Kümmert ihr euch
                                                                                 rund 1.000 Schulen an, die von rund 750.000
                                                                                 SchülerInnen besucht werden.
                                                                                                                                      nur um Rassismus?
                                                                                                                                   Nein. Wir beschäftigen uns gleichermaßen
                                                                                 2. Wie wird man eine „Schule ohne                 mit Diskriminierung aufgrund der Religion,
                                                                                    Rassismus – Schule mit Courage“?               der sozialen Herkunft, des Geschlechts, kör-
                                                                                 Jede Schule kann den Titel erwerben, wenn         perlicher Merkmale, der politischen Weltan-
                                                                                 sie folgende Voraussetzungen erfüllt: Minde-      schauung und der sexuellen Orientierung.
                                                                                 stens 70 Prozent aller Menschen, die in einer     Darüber hinaus wenden wir uns gegen alle
Ich unterstütze „Schule                                                          Schule lernen und lehren (SchülerInnen, Leh-      totalitären und demokratiegefährdenden
ohne Rassismus“, weil                                                            rerInnen und technisches Personal) ver-           Ideologien.
ich als Innenminister un-                                                        pflichten sich mit ihrer Unterschrift, sich
                                                                                                                                   6. Beschäftigt ihr euch
                                                                                 künftig gegen jede Form von Diskriminie-
sere Demokratie vor Ex-                                                          rung an ihrer Schule aktiv einzusetzen, bei
                                                                                                                                      nur mit den Deutschen?
tremisten jeder Art zu                                                           Konflikten einzugreifen und regelmäßig Pro-       Nein. Wir sind davon überzeugt, dass alle
                                                                                 jekttage zum Thema durchzuführen.                 Menschen, egal woher sie kommen und wie
schützen habe und dazu
                                                                                                                                   sie aussehen, in der Lage sind, zu diskrimi-
auch dringend das cou-                                                           3. Zu was verpflichtet                            nieren. Deshalb nehmen wir zum Beispiel
ragierte Engagement vie-                                                            sich eine Schule?                              den Antisemitismus oder die Homophobie
ler Demokraten brauche.                                                          Wer sich zu den Zielen einer „Schule ohne         eines (alt)deutschen Jugendlichen genauso
Joachim Herrmann, Innen-                                                         Rassismus – Schule mit Courage“ bekennt,          ernst wie den eines Jugendlichen mit türki-
minister von Bayern (CSU),                                                       unterschreibt folgende Selbstverpflichtung:       schen oder arabischen Wurzeln.
seit dem 27.06. 2008 Pate der
Staatlichen Berufsschule Neu-                                                    1. Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zu     7. Wo steht ihr politisch?
markt-Oberpfalz und seit dem                                                     einer zentralen Aufgabe meiner Schule wird,       Wir stehen weder rechts noch links. Das An-
22.7. 2009 Pate des Gymnasi-                                                     langfristige Projekte, Aktivitäten, Initiativen   liegen von „Schule ohne Rassismus – Schule
um Fridericianum Erlangen.                                                       zu entwickeln, um Diskriminierungen, ins-         mit Courage“ sollte Aufgabe aller Demokra-
                                                                                 besondere Rassismus zu überwinden.                ten sein. Vertreter aller im Bundestag vertre-
                                                                                                                                   tenen Parteien unterstützen unser Anliegen,
                                                                                 2. Wenn an meiner Schule Gewalt, diskrimi-
                                                                                                                                   ebenso Vertreter von Gewerkschaften und
                                                                                 nierende Äußerungen oder Handlungen aus-
                                                                                                                                   Glaubensgemeinschaften.
                                                                                 geübt werden, wende ich mich dagegen und
                                                                                 setze mich dafür ein, dass wir in einer offe-     8. Ist das Projekt
                                                                                 nen Auseinandersetzung mit diesem Pro-            eher etwas für Gymnasien?
                                                                                 blem gemeinsam Wege finden, uns zukünf-           Keineswegs. An unserem Netzwerk nehmen
                                                                                 tig einander zu achten.                           alle Schulformen teil.
                                                                                 3. Ich setze mich dafür ein, dass an meiner       9. Wo seid ihr am stärksten vertreten?
                                                                                 Schule einmal pro Jahr ein Projekt zum The-
                                                                                                                                      Im Osten oder im Westen?
                                                                                 ma Diskriminierungen durchgeführt wird,
                                                                                                                                   Mehr als zwanzig Jahre nach der deutschen
                                                                                 um langfristig gegen jegliche Form von Dis-
                                                                                                                                   Einheit gibt es da keinen Unterschied mehr.
                                                                                 kriminierung, insbesondere Rassismus vor-
                                                                                                                                   Wir sind ein gesamtdeutsches Projekt, und
                                                                                 zugehen.
                                                                                                                                   uns gibt es in allen Bundesländern.
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Oben: SchülerInnen, LehrerInnen sowie Eltern der Berliner Grundschule in den Rollbergen im Märkischen Viertel beteiligen sich an einer Projektwoche.
Gemeinsam mit den Profis vom „Zirkus Zack“ war der „Zirkus Courage“ geboren. Mitte: Theater ist ein weiteres beliebtes Medium, mit dem die Schü-
lerInnen ihr Anliegen ausdrücken. Hier probt eine Gruppe Jugendlicher auf dem Bundestreffen 2009 in Würzburg. In jedem Jahr findet das Treffen in
einem anderen Bundesland statt – 2011 in Sachsen-Anhalt. Unten: Szenen vom Bundestreffen 2010 in Berlin. Fotos: Metin Yilmaz
DAS PROJEKT – DIE AKTEURE

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Die Selbstverpflichtung
Wer sich zu den Zielen einer Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage bekennt,
unterschreibt folgende Selbstverpflichtung:

1
       Ich werde mich dafür einsetzen, dass es zu einer zentralen Aufgabe einer Schule
       wird, nachhaltige und langfristige Projekte, Aktivitäten und Initiativen zu entwickeln,
       um Diskriminierungen, insbesondere Rassismus, zu überwinden.
       Wenn an meiner Schule Gewalt, diskriminierende Äußerungen oder Handlungen

2      ausgeübt werden, wende ich mich dagegen und setze mich dafür ein, dass wir in
       einer offenen Auseinandersetzung mit diesem Problem gemeinsam Wege finden,
       uns zukünftig einander zu achten.

3
       Ich setze mich dafür ein, dass an meiner Schule ein Mal pro Jahr ein Projekt zum
       Thema Diskriminierungen durchgeführt wird, um langfristig gegen jegliche Form von
       Diskriminierung, insbesondere Rassismus, vorzugehen.
Eine Schule bekommt den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ wenn min-
destens 70 Prozent aller Menschen an einer Schule diese Selbstverpflichtung unterschrie-
ben haben.

Auszeichnungen:
1996   Jugendkulturpreis NRW der Landesarbeitsgemeinschaft Kulturpädagogische
       Dienste Jugendkunstschulen NRW e.V.
1997   Förderpreis „Demokratie leben“ des Deutschen Bundestages
1997   CIVIS-Preis des WDR Köln
1997   Aachener Friedenspreis
1997   Heinrich-Bußmann-Preis der SPD Lünen
1998   Bremer Solidaritätspreis des Senats der Hansestadt
1998   Jugendkulturpreis NRW der Landesarbeitsgemeinschaft Kulturpädagogische
       Dienste Jugendkunstschulen NRW e.V.
1999   Förderpreis „Demokratie leben“ des Deutschen Bundestages
2001   Buber-Rosenzweig-Medaille des deutschen Koordinierungsrates
       der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit
2004 Auszeichnung als „Botschafter der Toleranz“ vom
     „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ der Bundesregierung
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HipHop – Graffiti, Breakdance und Rap – ist eine der interessantesten Jugendkulturen. Die Musikindustrie hat das erkannt. Sie macht viel Geld mit Texten,
die Gewalt verherrlichen und Frauen und Schwule beleidigen. „Schule ohne Rassismus“ ist davon überzeugt, dass gegen diese Entwicklung keine Verbote
helfen, sondern nur eine lebendige und kontroverse Debatte unter Jugendlichen. Die Bundeskoordination organisiert jedes Jahr einen Rap Contest. Ju-
gendliche zeigen, dass gute Texte nicht diskriminieren müssen. Mit den GewinnerInnen wird eine CD produziert. Fotos: Metin Yilmaz
DAS PROJEKT – DIE AKTEURE

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                                                                 Die
                                                                 Verankerung
                                                                 Das Engagement der Kinder und Jugendli-          Berlin
                                                                 chen für Demokratie, Toleranz und ein fried-
                                                                 liches Miteinander im Rahmen von „Schule         „Schule ohne Rassismus – Schule mit Coura-
                                                                 ohne Rassismus – Schule mit Courage“ wird        ge“ ist im Koalitionsvertrag der Landesregie-
                                                                 von vielen Menschen begleitet. Von LehrerIn-     rung aus SPD und Die Linke aus dem Jahr
                               Foto: B Thomas Kläber/DIE LINKE

                                                                 nen, den PatInnen, von den Kooperations-         2006 erwähnt. Die Parteien vereinbarten:
                                                                 partnern und vielen mehr.                        „Wir werden die politische Bildungsarbeit
                                                                     Aber auch aus der Politik kommt viel Un-     insgesamt und insbesondere an den allge-
                                                                 terstützung – nicht nur in Form der Finanzie-    meinbildenden und beruflichen Schulen so-
                                                                 rung von Modellprojekten. In immer mehr          wie in Kinder- und Jugend-Freizeiteinrich-
                                                                 Bundesländern wird „Schule ohne Rassis-          tungen deutlich intensivieren. Dazu gehört
                                                                 mus“ von den Länderregierungen als eine In-      u. a. die Unterstützung von Schulen, die sich
                                                                 itiative gesehen, die es zu fördern gilt. Auch   am Programm ‚Schule ohne Rassismus –
Ich unterstütze „Schule                                          die Kultusministerkonferenz fordert die          Schule mit Courage‘ beteiligen.“
                                                                 „Ausweitung der Initiative“, und das Projekt     SOR-SMC ist Leitprojekt in der Berliner Lan-
ohne Rassismus“, weil es
                                                                 ist in den Handlungskonzepten gegen Rechts-      deskonzeption gegen Rechtsextremismus,
wichtig ist, dass Men-                                                                                            Rassismus und Antisemitismus.
                                                                 extremismus und Diskriminierung der Län-
schen endlich begreifen,                                         der verankert.
andere nicht nach ihrer                                                                                           Mecklenburg-Vorpommern
                                                                 Europa
Nationalität oder nach                                                                                            „Schule ohne Rassismus – Schule mit Coura-
                                                                 Die Europäische Städtekoalition gegen Ras-       ge“ ist seit 2007 im Rahmen des Landespro-
ihrerHautfarbe,sondern
                                                                 sismus, eine Intiative der UNESCO, nennt in      gramms „Demokratie und Toleranz gemein-
ausschließlich nach ih-                                          ihrem 10-Punkte-Aktionsplan „Schule ohne         sam stärken“ verankert. Im Zwischenbericht
rem Charakter zu beur-                                           Rassismus“ als besonderes Beispiel für Akti-     der Landesregierung vom 15.12.2009 heißt es:
teilen.                                                          vitäten zur Förderung von Toleranz und in-       „Das Programm ‚Schule ohne Rassismus –
Dr. Gregor Gysi, Rechtsan-                                       terkultureller Verständigung durch Bildung       Schule mit Courage‘ (SOR-SMC) eignet sich
walt, MdB (DIE LINKE), seit                                      und Erziehung.                                   sehr gut für die Einbindung in die Schulpro-
dem 1.10.2007 Pate der                                                                                            grammarbeit.“
Gebrüder-Montgolfier-Schule,                                     Bund
Berlin.
                                                                 Die Kultusministerkonferenz fordert 2009         Saarland
                                                                 in einem Beschluss die „Ausweitung von In-       Im Koalitionsvertrag der Landesregierung
                                                                 itiativen wie ‚Schule ohne Rassismus‘“           von CDU, FDP und Grünen aus dem Jahr
                                                                 Brandenburg                                      2009 heißt es: „Bis 2020 soll jede weiterfüh-
                                                                                                                  rende Schule im Saarland eine ‚Schule mit
                                                                 „Schule ohne Rassismus – Schule mit Cou-         Courage‘ sein. Wir werden jede Schule darin
                                                                 rage“ ist seit 2005 Teil des Handlungskon-       unterstützen, eine/n Paten zu finden, die/der
                                                                 zepts der Landesregierung gegen Gewalt,          sich aktiv für Integration in ihrer/seiner
                                                                 Rechtsextremismus und Fremdenfeind-              Schule einsetzt.“
                                                                 lichkeit. Dort heißt es: „In diesem Zusam-
                                                                 menhang wird es förderlich sein, wenn sich       NRW
                                                                 möglichst viele brandenburgische Schulen,
                                                                 auch im Grundschulbereich, um das bereits        Die Landesregierung aus SPD und Grünen
                                                                 öffentlich anerkannte Prädikat ‚Schulen          vereinbart 2010 im Koalitionsvertrag: „Das
                                                                 ohne Rassismus – Schule mit Courage‘ be-         Projekt ‚Schule ohne Rassismus‘ wollen wir
                                                                 mühen werden und sich auf diese Weise            unterstützen.“
                                                                 mit den Grundlagen und Gefährdungen de-
                                                                                                                  Bayern
                                                                 mokratischen Zusammenlebens auseinan-
                                                                 dersetzen. Sie haben damit eine nicht zu         Die Landeskoordinationen Bayern Süd und
                                                                 überschätzende Signalwirkung auf das öf-         Nord haben seit 2010 eigene Titel im Haus-
                                                                 fentliche Leben im demokratischen Ge-            halt des Bayrischen Staatsministeriums für
                                                                 meinwesen.“                                      Unterricht und Kultus.
Die Handlungsfelder                                                 Einige
                                                                    Themen des
◆ Demokratische Schulkultur ◆ Rechtsextremismus                     Netzwerkes
◆ Antiziganismus ◆ Flucht und Asyl ◆ Antisemitismus ◆ Tipps zur
Nachhaltigkeit

„Schule mit Rassismus – Schule mit Courage“ beschäftigt sich mit    Foto: Metin Yilmaz

allen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Die
Themen, zu denen sich die Jugendlichen engagieren, sind deshalb
so vielschichtig wie die Facetten möglicher Diskriminierung: Zum
Beispiel Mobbing, Rechtsextremismus, Homophobie, Sexismus,
Nationalsozialismus, Antisemitismus und Antiziganismus, Islamis-
mus, Islamfeindlichkeit sowie Flucht und Asyl. Fünf Beispiele aus
dem größten Schulnetzwerk Deutschlands.
DIE HANDLUNGSFELDER

            SEITE 20

                                                Demokratische
                                                Schulkultur
                                                Schulen vereinen Kinder und Heranwach-            relle Hip-Hop-Ragga-Band Brothers Keepers
                                                sende ganz verschiedener sozialer und kultu-      haben sie ebenso schon an die Schule geholt
                                                reller Herkunft und mit unterschiedlichen         wie die kölschen Barden Bläck Fööss. Auch der
                                                sozialen Kompetenzen. Im besten Fall gelingt      Pate Günter Wallraff war schon da; und die
                                                es, eine demokratische Kultur zu schaffen, in     Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-
                                Foto: H. Flug

                                                der SchülerInnen nicht nur Fachkompeten-          Eckardt. Letztere kam mit dem Projekt „Cul-
                                                zen, sondern auch ethisch-moralische Hal-         ture on the Road“ vorbei, das im Auftrag des
                                                tungen entwickeln. An vielen „Schulen ohne        Berliner Archivs der Jugendkulturen, eines
                                                Rassismus“ glückt das seit Jahren.                Kooperationspartners, Workshops zu Ju-
„SchuleohneRassismus“                              Denen, die es nicht schon immer geahnt         gendszenen veranstaltet. Schon zweimal dis-
muss sein, weil die Wür-                        hatten, machten gleich zwei Anschläge auf         kutierten Kölner Schüler mit den Berliner Be-
de eines jeden Menschen,                        Mitglieder der Jüdischen Gemeinde in Düs-         suchern über die Ursprünge von verschiede-
unabhängig von Her-                             seldorf im Jahr 2000 überdeutlich: Gewalttä-      nen Jugendkulturen – Punks und HipHopper,
                                                tiger Antisemitismus ist nicht auf die neuen      Boarder und die Skins zum Beispiel. Jährlich
kunft, Religion, Ge-                            Länder beschränkt. Bundesweit erreichte die       wiederkehrend verknüpft die Schule einen
schlecht oder Sexualität,                       Debatte über Rechtsextremismus eine neue          Sporttag mit der Beschäftigung mit Demo-
unantastbar ist und                             Dimension. Und Bundeskanzler Gerhard              kratie und Menschenrechten. Vielleicht am
bleibt.                                         Schröder forderte höchstpersönlich einen          wichtigsten aber ist, dass Vorfälle von Diskri-
                                                „Aufstand der Anständigen“.                       minierung ernst genommen werden.
MIA, Musiker, seit dem 21.5.
2005 Paten der Johann-Gott-
                                                   Das Kollegium des Nicolaus-August-Otto-
fried-Herder-Oberschule, Ber-                   Berufskollegs in Köln-Deutz fragte sich: Was      Jedes Jahr werden wieder
lin.                                            kann unsere Schule tun? Nicht, dass es beson-
                                                ders schlecht lief an der Schule. Genau ge-
                                                                                                  Unterschriften gesammelt
                                                nommen lief es angesichts der Tatsache, dass      Dass das Engagement andauert, ist vor allem
                                                1.700 Jungen und junge Männer (Sic! Der           den nachhaltigen Strukturen zu verdanken.
                                                Frauenanteil liegt bei drei Prozent!) ab 16 un-   „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“
                                                ter einem Dach unterrichtet werden, sogar         steht nicht nur im Briefkopf, sondern auch im
                                                ganz gut. Aber das sollte auch künftig so blei-   Schulprogramm. Ein Glaskasten im Foyer prä-
                                                ben. Und: Demokratischer geht immer.              sentiert laufend Neuigkeiten aus dem Projekt.
                                                                                                  Jede Klasse absolviert im Politikunterricht
                                                Furcht, an den Pranger                            eine Unterrichtseinheit „Schule ohne Rassis-
                                                                                                  mus“; jedes Jahr werden wieder Unterschrif-
                                                gestellt zu werden                                ten gesammelt. Das ist besonders wichtig, weil
                                                Auf der Suche nach Möglichkeiten, sich zu         Schüler hier viel weniger präsent sind als an-
                                                engagieren, stieß man auf „Schule ohne Ras-       derswo: Viele bleiben nur ein Jahr; und die
                                                sismus – Schule mit Courage“. LehrerInnen         meisten kommen nur zweimal pro Woche.
                                                und SchülerInnen besprachen die Sache;               Und? Ist das Leben nun anders als vorher?
                                                dann beschlossen Schulkonferenz sowie             Armin Ahlheim sagt prompt: „Ja!“ Und zum Be-
                                                Schülervertretung ganz offiziell: Wir wollen      weis: Inzwischen unterschreiben jedes Jahr
                                                das! Die benötigten Unterschriften zu be-         neun von zehn der neuen Schüler das „Ja“ zum
                                                kommen, gibt der Lehrer Armin Ahlheim un-         demokratischen Handeln – von jüngst einge-
                                                umwunden zu, war dann allerdings gar nicht        reisten Flüchtlingen über Jugendliche ohne
                                                so leicht. Es gab SchülerInnen, die skeptisch     Schulabschluss bis zu zukünftigen KFZ-Mecha-
                                                waren, was mit ihrer Signatur passiert; und       tronikern. So mancher, der eine Wahl hat, sagt
                                                solche, die fürchteten, die Deutschen sollten     gar, er sei wegen „SoR“ an die Schule gekom-
                                                irgendwie „an den Pranger gestellt“ werden.       men. Das heißt nicht, dass es gar keine Proble-
                                                Eineinhalb Jahre dauerte es, dann waren           me mehr gäbe. Auch hier kann es immer noch
                                                mehr als 70 Prozent überzeugt.                    passieren, dass einer ein Hakenkreuz in die Klo-
                                                   Heute ist das Kolleg eins der aktivsten bun-   tür ritzt und sich enorm rebellisch vorkommt.
                                                desweit. Die Schüler haben am Open Space          Aber anders als früher kann er sich sicher sein,
                                                „Islam-und-Ich“ teilgenommen; bei jedem           es wird einer kommen und sagen: „Das geht so
                                                Bundestreffen sind sie dabei. Die multikultu-     nicht – wir haben was unterschrieben!“
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Die Fotos entstanden 2010 in der Carl-von-Linné-Schule für Körperbehinderte in Berlin-Lichtenberg während des Sommerfestes und eines
Projekttages. Die Schule gehört unserem Netzwerk an und ist Träger des Deutschen Schulpreises. Die Gruppe „Yeo-Men“, Paten des
Eckener-Gymnasiums in Berlin, leitet einen Workshop mit SchülerInnen und gibt ein Konzert. Fotos: Metin Yilmaz
DIE HANDLUNGSFELDER

            SEITE 22

                                                      Rechtsextremismus
                                                      Aktion, Rebellion und Kameradschaft – das        sehen haben, dass sie nicht alleine sind, desto
                                                      ist es, was rechtsextreme Gruppen Jugendli-      stärker wurde das Gefühl: ‚Ja, ich kann mich
                                                      chen anbieten. Vor allem dort, wo es an at-      positionieren.‘“ Als sie sich immer mehr
                                                      traktiven Angeboten der Jugendarbeit fehlt       raustrauten, stellte sich die Frage, wie man
                                                      und demokratische Jugendszenen nur               dem Engagement mehr Nachhaltigkeit ver-
                                 Foto: Metin Yilmaz

                                                      schwach ausgeprägt sind. In den vergange-        leihen könnte. Die SchülerInnen entschieden
                                                      nen 20 Jahren hat sich an vielen Orten – und     sich, „Schule ohne Rassismus – Schule mit
                                                      nicht nur in Ostdeutschland – eine rechtsex-     Courage“ zu werden. Im Februar 2010 war es
                                                      treme Jugendszene etabliert. Mit Konzerten,      so weit: Die Haupt- und Realschule Dörver-
                                                      politischer Schulung, Wochenendlagern und        den holte als Niedersachsens hundertste
Ich unterstütze „Schule                               einem rebellischen Dresscode gelingt es          Schule den Titel.
ohne Rassismus“, weil                                 rechtsextremen Gruppen, neuen Nachwuchs
der Kampf gegen Rassis-                               zu rekrutieren. Viele „Schulen ohne Rassis-      Neonazis stürmten den Saal mit
                                                      mus “ setzen sich gegen rechtsextreme Akti-
mus, Fremdenfeindlich-
                                                      vitäten in ihrem direkten Umfeld zur Wehr.
                                                                                                       Tränengas und Schlagstöcken
keit und Xenophobie und                               Sie informieren, debattieren und protestie-      Die Region ist dabei schon seit Jahren ein
für couragierte und enga-                             ren. Und sie stellen sich, wenn es sein muss,    echtes Vorzeigemodell für antirassistisches
gierte Bürger gar nicht                               den Neonazis auch in den Weg.                    Engagement von SchülerInnen. Begonnen
                                                                                                       hat alles 2004 – dank einem damals 19-jähri-
früh genug begonnen
                                                      Gymnasium am Wall in Verden/                     gen Schüler, Fabian Lohmann. Der besuchte,
werden kann. Am besten                                                                                 kurz nachdem Nazis den Heisenhof in Dör-
schon in der eigenen Fa-
                                                      Haupt- und Realschule Dörverden                  verden erworben hatten und die NPD-Jugend
milie, im Kindergarten                                Wie schafft man Empathie? Für Schwächere         regelmäßig mit Flugblättern vor den Schulen
                                                      oder Minderheiten? Oder auch für die Op-         aufkreuzte, eine Anti-Rechts-Veranstaltung.
und natürlich in der
                                                      fer, die Rechtsextremismus und Rassismus         Als 30 Neonazis den Saal stürmten, mit Trä-
Schule.                                               in Deutschland immer wieder fordern? Die         nengas und Schlagstöcken bewaffnet, war für
Stephan Kramer, General-                              SchülerInnen der Haupt- und Realschule           Fabian Lohmann klar: Wir müssen etwas ge-
sekretär des Zentralrats der                          Dörverden haben einen Weg gefunden:              gen die Neonazis unternehmen. Im Internet
Juden in Deutschland, seit dem
                                                      Nach und nach haben sie sich den Schicksa-       fand er die Website www.schule-ohne-rassis-
31.8.2007 Pate des Oskar-
Picht-Gymnasiums Pasewalk,                            len der 131 Toten aus der Wanderausstel-         mus.org und dachte: Das können wir auch.
Mecklenburg-Vorpommern.                               lung „Opfer rechter Gewalt“ gewidmet. Jede       Binnen Monaten gewann er an seinem Gym-
                                                      Lebensgeschichte, die die Künstlerin Rebec-      nasium am Wall in Verden MitstreiterInnen.
Ich unterstütze „Schule
                                                      ca Forner mit dem Verein Opferperspektive        Wenig später steht in der Schülerzeitung:
ohne Rassismus“, weil es                              e.V. darin dokumentiert, haben sie nachre-       „Wir haben die Arbeitsgemeinschaft ‚Schule
bürgerschaftliches Enga-                              cherchiert und anschließend für jeden ein-       ohne Rassismus – GaW mit Courage‘ gegrün-
gement fördert.                                       zelnen eine Mahntafel erstellt. So entstand      det, weil wir nicht mehr tatenlos zuschauen
Aiman A. Mazyek, Vorsit-                              eine zweite Ausstellung. Diese nahmen die        wollten, wie die Neonazis hier immer mehr
zender des Zentralrates der                           Schüler mit auf die Straße und demon-            Fuß fassen. Wir wollen aktiv werden gegen
Muslime in Deutschland e.V.,                          strierten gegen die Einrichtung eines            die Machenschaften der hirnlosen Rechtsex-
seit dem 31.8.2007 Pate des                           rechtsextremen Schulungszentrums im              tremen. Verden darf unter keinen Umstän-
Oskar-Picht-Gymnasiums Pa-                            Dorf.                                            den ein erfolgreicher Stützpunkt der Natio-
sewalk, Mecklenburg-Vorpom-
mern.
                                                                                                       nalisten werden.“
                                                      Wie kann man dem Engagement                         Und aktiv sind sie wirklich geworden: Seit
                                                                                                       Jahren stellen SchülerInnen in Verden sowie
                                                      mehr Nachhaltigkeit verleihen?                   in Dörverden Projekte gegen Rechts auf die
                                                      Zunächst hätten sich die SchülerInnen mit        Beine. Dank ihnen gibt es ein Bündnis mit Ak-
                                                      ihrem „Nein zu Rechtsextremismus!“ eher          tiven anderer Schulen und ein Netzwerk mit
                                                      zaghaft an die Öffentlichkeit getraut, erin-     außerschulischen Initiativen. Es ist das erste
                                                      nert sich der Lehrer Jörg Suckow, der die Aus-   Mal in der Geschichte der Region, dass sich
                                                      stellung betreut. Aber im Laufe der Zeit wur-    Kinder und Jugendliche so engagiert in das
                                                      den sie immer selbstsicherer: „Je mehr sie ge-   politische Geschehen einmischen.
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Oben: Amadeu Antonio war eines der
ersten Todesopfer rassistisch moti-
vierter Gewalt im vereinten Deutsch-
land. Er starb am 6. Dezember 1990
an den Verletzungen, die ihm eine
Gruppe von Rechtsextremisten zufüg-
te. 2007 recherchiert eine Gruppe
von SchülerInnen, wie Eberswalde/
Brandenburg mit dem Gedenken um-
geht. Sie produzieren eine einstündi-
ge Sendung, die auf „Radio Q-rage –
die Stimme von Schule ohne Rassis-
mus“ gesendet wurde.
Foto: Metin Yilmaz
Unten: Die Plakate entstanden im
Rahmen des Foto-Courage-Wettbe-
werbs an der staatlichen Fach- und
Berufsoberschule in Regenburg.
DIE HANDLUNGSFELDER

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                                              Antiziganismus
                                              Zigeuner klauen, sind dreckig, wollen nicht ar-   SchülerInnen mit Vertretern des Zentralrats
                                              beiten und ziehen in Wohnwagen durch Euro-        anlässlich des 65. Jahrestags der Ermordung
                                              pa. Gute Musik spielen können sie aber. So        deutscher Sinti und Roma nach Auschwitz.
                                              oder ähnlich lauten die Vorurteile in einer       Und immer wieder kommen Sinti und Roma
                                              durchschnittlichen Schulklasse, wenn die          zur Begegnung und Diskussion mit Schüle-
                                              Rede auf Sinti und Roma kommt. Offener oder       rInnen und EinwohnerInnen in die kleine
                                              latenter Antiziganismus, also Rassismus ge-       Stadt.
                                              gen Sinti und Roma, verbindet SchülerInnen
                                              unabhängig davon, ob sie oder ihre Eltern aus     Die Leidensgeschichte
                                              den Staaten des ehemaligen Jugoslawien, der
                                              Türkei, Polen, aus arabischen Ländern oder
                                                                                                seiner Familie
                                              eben aus Deutschland kommen. Neben der            Doch auch ohne den prominenten Paten sind
                                              Vernichtung der Sinti und Roma während des        die SchülerInnen handlungsfähig. Sie prä-
                                              Nationalsozialismus sind auch die aktuellen       sentierten eine Ausstellung unter dem Titel
                                              Vorurteile Grund genug, sich mit dem Antizi-      „Sinti und Roma – Bürger dieses Staates“ und
                                              ganismus zu beschäftigen. Eine Gesamtschule       bieten nicht nur an ihrer Schule Workshops
                                Foto: Promo

                                              in Niedersachsen tut das seit Jahren.             zu Antiziganismus an, sondern auch auf den
                                                                                                Bundes- und Landestreffen von „Schule ohne
                                              Die Kooperative                                   Rassismus – Schule mit Courage“, an Nach-
                                                                                                barschulen oder bei Lehrerfortbildungen. Im
                                              Gesamtschule in Rastede                           Dezember 2009 tauschten sie sich intensiv
Ich unterstütze Schule                        Angefangen hat alles 1999, während des Krie-      mit Franz Rosenbach aus. Der 82-jährige Sin-
ohne Rassismus -- Schule                      ges im Kosovo. Der lenkte, mehr noch als zu-      to, der 40 Jahre lang nicht über seine Erleb-
mit Courage, weil es ein                      vor der Bosnien-Krieg, die Aufmerksamkeit         nisse im Vernichtungslager Auschwitz-Bir-
                                              auf eine nach wie vor diskriminierte Minder-      kenau sprechen konnte, besuchte die Schüle-
wichtiges Projekt zur Be-
                                              heit: die Roma, von denen mehrere zehntau-        rInnen und ließ sie an der Leidensgeschichte
kämpfung von Rassis-                          send in den Jahren der Balkan-Auseinander-        seiner Familie teilhaben. Für die SchülerIn-
mus und Gewalt gegen-                         setzungen auch nach Deutschland flohen.           nen war die Veranstaltung so eindrücklich,
über Minderheiten in un-                      Michael Luttmer, Lehrer für Politik, Ge-          dass sie sie weiter verarbeiteten: Anlässlich
                                              schichte und Deutsch, beschloss, ihre Verfol-     des Holocaust-Gedenktages im Januar 2010
serer Gesellschaft ist, auf
                                              gung im Unterricht zu erörtern. Wie sich her-     hielten sie im Nienburger Rathaus einen Vor-
das alle mitwirkenden                         ausstellen sollte, eine folgenreiche Entschei-    trag über die Geschichte des Holocaust-Über-
Schüler und Lehrer stolz                      dung: Aus der Unterrichtseinheit wurde eine       lebenden.
sein können. Macht wei-                       Arbeitsgemeinschaft, wurde dann ein the-             Gebündelt werden die Aktivitäten in der
                                              matischer Schwerpunkt – und zwar einer, der       AG „Für den Frieden“. Michael Luttmer sagt:
ter so! Arbeitet weiter an
                                              die Kooperative Gesamtschule Rastede in           „Das Projekt ist im Unterricht entstanden –
einer immer ein bisschen                      Niedersachsen bis heute zur bundesweit viel-      und es fließt auch immer wieder dorthin zu-
gerechter, fairer und to-                     leicht engagiertesten Schule überhaupt zum        rück.“ Niemand an der Schule bildet sich ein,
leranter werdenden                            Thema Antiziganismus macht.                       dass die Welt gerettet wird, weil die Schule
                                                                                                nun einen Titel hat. Aber, fügt Luttmer hinzu:
Schule und Gesellschaft.
                                              Begegnungen und Diskussionen                      „SchülerInnen wie LehrerInnen haben einen
Der Weg geht immer wei-                                                                         anderen Zugang bekommen. Die Sensibilität
ter, jetzt und in der Zu-                     mit Sinti und Roma                                hat sich erhöht.“ Und das ist schon viel.
kunft.                                        Seit 2001 trägt die Gesamtschule den Titel           Eine Handlungsmaxime haben die Schüle-
Iris Berben, Schauspielerin,                  „Schule ohne Rassismus – Schule mit Coura-        rInnen übrigens auch formuliert. Sie lautet:
seit dem 21.03.2003 Patin der                 ge“. Die Schüler überzeugten Romani Rose,         „Der Antiziganismus fällt in die Verantwort-
Alexander-Puschkin-Ober-                      Pate zu werden. Über den Vorsitzenden des         lichkeit von uns Nicht-Sinti, von uns Nicht-
schule in Berlin                              Zentralrats Deutscher Sinti und Roma knüpf-       Roma. Der Antiziganismus betrifft die Sinti
                                              ten die SchülerInnen rege Kontakte nach Hei-      und Roma, aber wir sind es, die den Sinti und
                                              delberg. Dort sitzt außer dem Zentralrat auch     Roma den Eintritt in das Menschsein nicht ge-
                                              das Dokumentations- und Kulturzentrum             statten. Zum Nachteil der Sinti und Roma und
                                              Deutscher Sinti und Roma mit Silvio Perito-       zum Nachteil von uns allen. Denn dadurch
                                              re. Mit ihm bieten die SchülerInnen seit zehn     demontieren wir die Demokratie und die Zi-
                                              Jahren gemeinsame Workshops und Gedenk-           vilgesellschaft. Deshalb sind wir es auch, die
                                              fahrten an. 2009 reisten einige Rasteder          für eine Verbesserung verantwortlich sind.“
SEITE 25

„Die Schüler beziehen Position zu täglicher Diskriminierung in ihrem Lebensumfeld und engagieren sich zusammen mit Partnern, etwa aus der Jugendarbeit oder dem
kirchlichen Bereich. Mit ,Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‘ hat Aktion Courage e.V. ein wirksames Präventionsprojekt ins Leben gerufen“, so das Bündnis für
Demokratie und Toleranz der Bundesregierung bei der Auszeichnung des Projektes als Botschafter der Toleranz im Jahr 2004. Der Preis wird an Initiativen vergeben, die
in herausragender Weise die Toleranz fördern. Fotos: Metin Yilmaz
DIE HANDLUNGSFELDER

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                                                                    Flucht
                                                                    und Asyl
                                                                    Im Unterricht wird das Thema Flucht und           Lebens, verlassen zu müssen. In der Fremde
                                                                    Asyl laut Lehrplan oft nur angerissen; zuwei-     anzukommen und sich in die Mühlen eines
                                                                    len auch ganz übersprungen. Auf der Straße        Asylverfahrens zu begeben, in dem Formalia
                                                                    und in Elternhäusern ist dafür immer wieder       mehr zählen als persönliches Erleben. Ganz
                                   Foto: Landesregierung Saarland

                                                                    von AsylbewerberInnen die Rede; nicht sel-        so, wie sie sich das vorgestellt hatte, klappte
                                                                    ten immer noch abwertend von „Asylanten“.         das nicht. Denn in Zeiten, in denen es immer
                                                                    Auch in den Medien sind sie ein Thema –           schwieriger wird, Deutschland zu erreichen,
                                                                    häufig allerdings in aller Kürze: Da werden       war die Erstaufnahmestelle der Stadt Jena
                                                                    Bilder von Schiffen voller afrikanischer          verlagert worden – und es gab gar keine Asyl-
                                                                    Flüchtlinge gezeigt, ohne dass auch nur ein       bewerber mehr in der Stadt.
                                                                    einziger einen Namen und ein Gesicht be-
                                                                    kommt. Auch die Gründe für die Flucht wer-        Verein zur Unterstützung
„SchuleohneRassismus“                                               den nur selten erörtert.
                                                                       An Schulen wird das Problem konkret,
                                                                                                                      von AsylbewerberInnen
muss sein, weil unsere
                                                                    wenn ein Mitschüler Flüchtling ist. Er kann       Also suchten sie andere Gesprächspartner:
Demokratie täglich neu                                              womöglich nicht mit auf Klassenfahrt, weil er     Eine Irakerin zum Beispiel, die vor vielen Jah-
erfahren und gelebt wer-                                            aufgrund der sogenannten Residenzpflicht          ren als politisch Verfolgte nach Deutschland
den muss. Die nachhalti-                                            den Landkreis nicht verlassen darf. Oder er ist   kam, einen Verein zur Unterstützung von
ge Initiative fördert En-                                           gar von Abschiebung bedroht. Aber auch            AsylbewerberInnen gegründet hat und im
                                                                    wenn der Kontakt zu Flüchtlingen schwerer         Integrationsbeirat der Stadt aktiv ist, ferner
gagement, Zivilcourage                                              herzustellen ist, gilt: Jugendliche können sen-   Dörte Thiele, die Integrationsbeauftragte Je-
und verhindert, dass Dis-                                           sibilisiert werden. Es braucht nur ein biss-      nas, einen Mitarbeiter des Bundesamtes für
kriminierung, Antisemi-                                             chen Phantasie. Und, wie immer, eine ordent-      Migration und Flüchtlinge sowie Gruppen,
tismus und jedwede                                                  liche Portion Engagement. „Schulen ohne           die sich für Menschenrechte und gegen
                                                                    Rassismus – Schulen mit Courage“ machen           Rechtsextremismus engagieren.
Form von Extremismus                                                vor, wie es geht.                                    Über drei Wochen mit je fünf Stunden pro
um sich greifen. Dass                                                                                                 Tag machten sich die Schülerinnen und Schü-
bundesweit hunderttau-                                              Die Jenaplan-Schule in Jena                       ler auf die Suche. Sie formulierten Fragen,
sende Schülerinnen und                                                                                                führten Interviews, werteten Ergebnisse aus:
                                                                    Als Annelie Hirsch an die Schule kam, dachte
                                                                                                                      Was macht das mit einem Leben, wenn es ver-
Schüler hier Verantwor-                                             sie: Wow! Neue Unterrichtsformen, aufge-
                                                                                                                      pflanzt wird? Welche psychischen Folgen
tung für unsere Gesell-                                             lockerte Tagesabläufe, gemeinsames Lernen
                                                                                                                      können Krieg und Flucht haben? Wie funktio-
                                                                    von Älteren und Jüngeren. Und vor allem:
schaft übernehmen, fin-                                                                                               niert ein Asylantrag? Am Ende gestalteten sie
                                                                    SchülerInnen, die sich für die Welt, in der sie
de ich vorbildlich.                                                                                                   große und kleine Würfel: Einen großen, der
                                                                    leben, interessierten. Offen für Neues waren,
                                                                                                                      die Arbeit der Gruppe reflektierte; einen klei-
Annegret Kramp-                                                     Antworten auf Fragen suchten, Lust hatten,
Karrenbauer, Ministerin für                                                                                           nen unter ihrem persönlichen Motto: „Was
                                                                    sich über den Lauf der Welt Gedanken zu ma-
Arbeit, Familie, Prävention, So-                                                                                      heißt fremd, und was bedeutet Heimat für
                                                                    chen und aktiv zu werden. Nicht alle natür-
ziales und Sport im Saarland                                                                                          mich? Was fasziniert mich an der Fremde und
                                                                    lich, aber mehr, als die Lehramts-Studierende
(CDU), seit dem 25.6. 2005 Pa-                                                                                        was macht mir Angst? Und warum Würfel?
tin der Gesamtschule Türkis-                                        zu hoffen gewagt hatte.
                                                                                                                      „Ganz einfach“, sagt Annelie Hirsch, „weil es
mühle, Saarland.                                                       Genaugenommen war die angehende Leh-
                                                                                                                      bei jeder Flucht immer auch um Zufall geht:
                                                                    rerin so begeistert, dass sie der Schule auch
                                                                                                                      Wie werden die Würfel fallen? Wohin geht die
                                                                    nach ihrem Praktikum – das im Rahmen ihres
                                                                                                                      Reise?“ Das Ergebnis kann sich sehen lassen:
                                                                    Studiums stattfand – erhalten blieb. Mit Un-
                                                                                                                      Kurz vor Ostern 2010 präsentierten die Schü-
                                                                    terstützung engagierter LehrerInnen rief sie
                                                                                                                      ler ihre kleine Ausstellung den MitschülerIn-
                                                                    das Projekt „Was heißt hier fremd?“ ins Leben.
                                                                                                                      nen – und im nächsten Schritt hoffentlich
                                                                    Sie wollte mit den Siebt- bis Neuntklässlern
                                                                                                                      auch den BürgerInnen Jenas.
                                                                    Kontakt zu AsylbewerberInnen und von Ab-
                                                                    schiebung bedrohten Menschen suchen. Mit
                                                                    ihnen darüber reden, wo sie herkommen, wie
                                                                    das ist, die Heimat, häufig unter Einsatz des
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