WIE KANN DAS PIRMASENSER MOZART-MODELLPROJEKT "JOBBÖRSE" IN DAS SGB II ÜBERTRAGEN WERDEN? ENTWURF EINER KONZEPTION
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Wie kann das Pirmasenser MoZArT-Modellprojekt „jobbörse“ in das SGB II übertragen werden? Entwurf einer Konzeption
SGB II § 17 Einrichtungen und Dienste für Leistungen zur Eingliederung Absatz 1, Satz 1 Zur Erbringung von Leistungen zur Eingliederung in Arbeit soll die Agentur für Arbeit eigene Einrichtungen und Dienste nicht neu schaffen, soweit geeignete Einrichtungen und Dienste Dritter vorhanden sind, ausgebaut oder in Kürze geschaffen werden können.
INFAS hat nachfolgende Ergebnisse für Pirmasens empirisch nachgewiesen: Im Vergleich zu anderen Agenturen ist der Chancenzuwachs für Langzeitarbeitslose erwerbstätig zu werden um 130,6 % höher. Einzelergebnisse: -Übergänge in Erwerbstätigkeit (mind. 1 Monat) 130,6 % -Übergänge in Erwerbstätigkeit (mind. 7 Monate und mehr) 191,4 % -Eingliederungswahrscheinlichkeit bei der Zielgruppe langzeitarbeitsloser Sozialhilfeempfänger 327,4 % !
Vier „Erfolgsfaktoren“ haben sich herauskristallisiert: 1. Respektvoller Umgang mit den Hilfeempfängern. Die Langzeitarbeitslosen sind eingebunden in ein kommunales Netzwerk, das geschlossen hinter dem Konzept steht. 2. Professionelles Fallmanagement 3. Sozialversicherungspflichtige Arbeitsverträge 4. Zentrale Koordination der Beschäftigten und der Beschäftigungsangebote
Veränderte gesetzliche Vorgaben im SGB II Der Gesetzgeber hat entschieden, dass eine unmittelbare Kapitalisierung der Transferleistungen des ALG II durch die bisherige Form eines sozialversicherungspflichtigen Arbeits- vertrages praktisch nicht mehr möglich ist. Deshalb wird sich - aus wirtschaftlichen Gründen - die Aktivierung der ALG II-Bezieher künftig eher auf die „Mehrbedarfsvariante“ fokussieren. Somit scheint ein „Erfolgsfaktor“ der „jobbörse Pirmasens“ als zunächst nicht unmittelbar übertragbar.
Lösungsansatz Dem geförderten ALG II – Empfänger muss nachvollziehbar sein, dass er nicht für 1€ arbeitet, sondern sein kompletter Unterhalt incl. der Wohnkosten und der Sozialversicherungs- abgaben „Vergütungsbestandteil“ sind. Eine arbeitsvertraglich ähnliche Ebene kann wie die bisherigen Arbeitsverhältnisse mit Hilfe des § 15 SGB II Eingliederungs- vereinbarung geschaffen werden. Hier können analog Rechte und Pflichten geregelt werden.
Rechtgrundlagen SGB II § 6 Träger der Leistungen SGB II § 15 Eingliederungsvereinbarung SGB II § 16 Leistungen zur Eingliederung SGB II § 31 Absenkung und Wegfall des Arbeitslosengeldes II
Mögliche Umsetzung des SGB II 1. Schritt: Bedarfsfeststellung und Antragsbearbeitung in der ARGE Eingliederungsvereinbarung mit dem Angebot zur Beschäftigung 2. Schritt: „Einstellung“ beim kommunalen Beschäftigungsträger mit Hilfe eines „Eingliederungsvertrages“ 3. Schritt: Arbeitsmarktnahe Beschäftigung, Qualifizierung, fallorientierte Steuerung 4. Schritt: „Erste Lohnzahlung“ – Lebensunterhalt, KdU, Mehrbedarf durch den Beschäftigungsträger nach Feststellung der Anwesenheit und auf Grundlage und Vorgabe der ARGE 5. Schritt: Leistungsbericht an Fallmanagement – ständige Rückkopplung zum Vermittler – Einforderung von Eigenbemühungen 6. Schritt: Sofern die Selbstvermittlung nicht möglich oder ergebnislos ist: Vermittlung in den allg. Arbeitsmarkt durch Vermittler (AA) der ARGE
Vergütung – Muster „Lohnabrechung“ Die einzelnen Positionen müssen ausgewiesen sein; dafür werden Kennummern verwendet, die auf der Rückseite erläutert sind. 01 = Regelsatzleistung für Haushaltsvorstand 02 = Regelsatzleistung 90 von Hundert 03 = Regelsatzleistung 80 von Hundert 04 = Regelsatzleistung 60 von Hundert 05 = Kosten der Unterkunft 06 = Mehrbedarf 07 = Beitrag Krankenversicherung (KV) 08 = Beitrag Pflegeversicherung (PV) 09 = Beitrag Rentenversicherung (RV)
Leistungsabhängige Entgeltung 0,50 € / Std. Jugendliche unter 25 Jahren 1,00 € / Std. Erwachsene ab 25 Jahren 1,50 € / Std. körperlich schwere Arbeit / besonders zuverlässig und leistungsbereit 2,00 € / Std. kaufm./erzieherische Arbeit / besonders zuverlässig und leistungsbereit bis 3,00 € / Std. Übernahme von Vorarbeiterfunktionen
Vorraussetzung 1. Auszahlung der Entgelte durch den Beschäftigungsträger 2. Beschäftigungsverhältnis mit „vertraglichen Pflichten“ 3. Anwesenheits-/arbeitszeitabhängige Entgeltung 4. Qualifizierung während der Arbeitszeit 5. Sozialpädagogische Betreuung/individuelle Begleitung 6. Stafflung der Mehraufwandsentschädigung nach Leistung von 0,50 bis 3,00 € möglich
Umsetzung der Beschäftigung 1. Agentur für Arbeit und Kommune steuern über Fallmanagement die Integration der Langzeitarbeitslosen 2. Die „jobbörse“ als zentrale Koordinierungsstelle unter der Leitung des kommunalen Beschäftigungsträgers wird fortgeführt und ausgebaut 3. Es wird von der ARGE eine Prioritätenliste der einzelnen „Beschäftigungsangebote“ erstellt 4. Zentrale sozialpädagogische Betreuung (nicht jede „Einsatzstelle“ muss Einzelfallhilfe anbieten)
Mögliche Anleiterfinanzierung Variante 1: dauerhafte Stellen aus dem Budget des SBG II einrichten (tariflich entlohnt) Variante 2: aus den ALG II – Beziehern besonders qualifizierte Bewerber mit bis zu 3 € / Std. Mehraufwandentschädigung vergütet (mindestens 2 Jahre). Möglich und erstrebenswert ist eine Kombination beider Varianten.
Vorteile 1. Wert der Leistung und Gegenleistung ist realistisch und arbeitsmarktnah (kein Billiglohnjob) 2. Vermittlungschancen steigen durch Erhalt der Arbeitsfähigkeit und Einübung/Beibehaltung eines geregelten Tagesablauf („Softskills“) 3. Familien erleben den Beschäftigten als regulär arbeitenden Menschen = gesellschaftliche Anerkennung
Fazit Das Pirmasenser Konzept der „jobbörse“ ist auch weitestgehend nach SGB II umsetzbar, wenn : 1. die gesamten Transferleistungen zuzüglich Mehraufwands- entschädigung - wie eine Lohnleistung - von der „jobbörse“ ausgezahlt werden 2. klare Vereinbarungen - wie bei den bisherigen Arbeits- verhältnissen - durch Eingliederungsverträge gestaltet werden 3. eine stabile Anleiterstruktur aufgebaut wird 4. die bisherige bewährte Kooperation aller Beteiligten fortgeführt und ausgebaut wird und weiterhin eine zentrale Steuerung der Einsatzstellen und Arbeiten durch die „jobbörse“ erfolgt
Auf diesem aufgezeigtem Weg kann die Stadt Pirmasens trotz ihrer großen strukturellen Arbeitsmarktprobleme auch weiterhin an der Spitze der Integration Langzeitarbeitsloser bundesweit bleiben.
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