Wiedergutmachung Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht - Regelungen zur Entschädigung von NS ...

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Wiedergutmachung
Regelungen zur Entschädigung
von NS-Unrecht
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Wiedergutmachung
Regelungen zur Entschädigung
von NS-Unrecht
Wiedergutmachung -
                                                           Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

Inhalt
1. Geschichtliche Entwicklung der Wiedergutmachungs- und
   Kriegsfolgenregelungen in Deutschland_______________________5
   1.1 Beginn der Wiedergutmachung nach Besatzungsrecht_________________________________________ 5
   1.2 Rückerstattung________________________________________________________________________________ 5
   1.3 Erste Entschädigungsregelungen in den Besatzungszonen______________________________________ 6
   1.4 Luxemburger Abkommen und Überleitungsvertrag____________________________________________ 6
   1.5 Leistungen in der ehemaligen DDR____________________________________________________________ 7
   1.6 Bundesergänzungsgesetz, Bundesentschädigungsgesetz und Bundesentschädigungs-
       Schlussgesetz (BErgG, BEG, BEG-Schlussgesetz)________________________________________________ 7
   1.7 Allgemeines Kriegsfolgengesetz (AKG)_________________________________________________________ 8
   1.8 Sondergesetzliche Entschädigungsregelungen_________________________________________________ 9
   1.9 Außergesetzliche Regelungen der Länder_____________________________________________________ 10
   1.10 Erste Globalabkommen mit europäischen Staaten_____________________________________________ 10
   1.11 Vereinbarungen mit osteuropäischen Staaten_________________________________________________ 10
   1.12 Globalabkommen mit den USA_______________________________________________________________ 11
   1.13 Washingtoner Konferenz über Holocaustvermögen___________________________________________ 11
   1.14 Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ)_____________________________________ 12
   1.15 Anerkennungsrichtlinie für Arbeit im Ghetto und Rentenersatzzuschlag______________________ 13
   1.16 Anerkennungsleistung für ehemalige sowjetische Kriegsgefangene____________________________ 13
   1.17 Transformation der Wiedergutmachung______________________________________________________ 14

2. Außergesetzliche Entschädigungsleistungen des Bundes_____15
   2.1 Härteregelung für Opfer pseudo-medizinischer Versuche_____________________________________ 15
   2.2 Fonds für von den Nürnberger Gesetzen Betroffene___________________________________________ 15
   2.3 Außergesetzliche Regelungen für jüdische Verfolgte___________________________________________ 16
   2.4 Richtlinien für Verfolgte nicht jüdischer Abstammung________________________________________ 18

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Wiedergutmachung -
                                                           Regelungen
                                                                     zur Entschädigung von NS-Unrecht

3. Außergesetzliche Regelungen auf der Grundlage des
   Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes (AKG)_____________________19
   3.1 Richtlinien der Bundesregierung über Härteleistungen an Opfer von nationalsozialistischen
       Unrechtsmaßnahmen im Rahmen des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes
       (AKG-Härterichtlinien) _______________________________________________________________________ 19
   3.2 Leistungen an Opfer der NS-Militärjustiz______________________________________________________ 20

4.		 Regelungen für die neuen Bundesländer_____________________21
   4.1 Entschädigungsrentengesetz (ERG)____________________________________________________________ 21
   4.2 Außergesetzliche Regelungen auf der Grundlage des Entschädigungsrentengesetzes___________ 21
   4.3 Vermögensrechtliche Regelungen im Beitrittsgebiet___________________________________________ 22

Anlagen_________________________________________________________24

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Geschichtliche Entwicklung der Wiedergutmachungs- und
                                                                                         Wiedergutmachung-
Kriegsfolgenregelungen in Deutschland                           Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

1. Geschichtliche Entwicklung der
   Wiedergutmachungs- und Kriegsfolgen-
   regelungen in Deutschland

1.1 Beginn der Wiedergutmachung                             1.2 Rückerstattung
    nach Besatzungsrecht
                                                            Die drei Westmächte erließen für ihre Besatzungs-
Die durch nationalsozialistisches Unrecht verur-            zonen und für die Westsektoren Berlins 1947 und
sachten Schäden erforderten bereits unmittelbar             1949 Rückerstattungsgesetze, in denen die Rückge-
nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Regelun-               währung und die Entschädigung für Vermögens-
gen zur Wiedergutmachung. Besonders betroffen               gegenstände geregelt wurden, die zwischen 1933
waren Personen, die aus Gründen politischer Geg-            und 1945 aus Gründen rassischer, religiöser oder
nerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus            politischer Verfolgung ungerechtfertigt entzogen
Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Welt-              worden waren. Rückerstattungsansprüche gegen
anschauung durch nationalsozialistische Gewalt-             das Deutsche Reich und andere an Entziehungen
maßnahmen Schäden erlitten hatten. Für diese                beteiligte deutsche Rechtsträger wurden nach Ent-
Personen wurden deshalb bereits 1945 von den                stehung der Bundesrepublik Deutschland im Bun-
Besatzungsmächten und den Gemeinden erste                   desgesetz zur Regelung der rückerstattungsrechtli-
Regelungen getroffen, die hauptsächlich Fürsor-             chen Geldverbindlichkeiten des Deutschen Reiches
gecharakter besaßen und an der Bedürftigkeit der            und gleichgestellter Rechtsträger (Bundesrücker-
Betroffenen ausgerichtet waren.                             stattungsgesetz – BRüG) vom 19. Juli 1957 (BGBl. I
                                                            S. 734) geregelt.
Mit der Gründung der Länder in den drei Westzo-
nen (amerikanische, englische und französische              Nach der Vereinigung Deutschlands wurden für
Besatzungszone) entstanden in der Folge größere             die neuen Bundesländer den Rückerstattungsge-
Verwaltungseinheiten, die wiederum regional ein-            setzen entsprechende Vorschriften in dem mit dem
heitliche Entschädigungsregelungen durchführ-               Einigungsvertrag in Kraft getretenen Gesetz zur
ten. Zusätzlich zu rein fürsorgerischen Regelungen          Regelung offener Vermögensfragen (Vermögens-
wurden weitere Maßnahmen zur Entschädigung                  gesetz - VermG) und dem NS-Verfolgtenentschädi-
ergriffen, die den Opfern einen Rechtsanspruch              gungsgesetz (NS-VEntSchG) (Artikel 3 des Entschä-
gewährten. Dennoch herrschte auch weiterhin eine            digungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes - EALG)
große Vielfalt an unterschiedlichen Bestimmun-              erlassen.
gen, die sowohl in ihrem Regelungsgehalt als auch
rein organisatorisch kaum zu überschauen waren.             Die Rückerstattung ist lange abgeschlossen. Die
Eine klare Vereinheitlichung dieses Rechtsbereichs          Antragsfristen sind abgelaufen, die Verwaltungs-
vollzog sich dann zunächst über die Abtrennung              verfahren beendet.
der Rückerstattung von der Entschädigung.

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Geschichtliche Entwicklung der Wiedergutmachungs- und
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Kriegsfolgenregelungen in Deutschland                           Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

1.3 Erste Entschädigungsregelungen                          Interessen an. Bereits einen Monat später schlossen
    in den Besatzungszonen                                  sich 23 jüdische Organisationen zur „Conference
                                                            on Jewish Material Claims against Germany“ (kurz
Im Bereich des Entschädigungsrechts, das Perso-             Jewish Claims Conference – JCC) zusammen, die
nenschäden und nicht von der Rückerstattung                 sich die Durchsetzung von Entschädigungsansprü-
erfasste Vermögensschäden regelt, wurden in der             chen gegen Deutschland zum Ziel setzte.
amerikanischen Besatzungszone bereits 1946 Län-
dergesetze erlassen, die zum Zwecke der Wieder-             Am 21. März 1952 wurden die Gespräche mit Ver-
gutmachung vorläufige Zahlungen und Leistungen              tretern Israels und der JCC in Den Haag aufgenom-
zur Wiederherstellung der Gesundheit, zur berufli-          men. Dabei ging es zum einen um einen Vertrag
chen Ausbildung, zur Begründung einer wirtschaft-           zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
lichen Existenz oder zur Abwendung einer Notlage            Israel mit dem Ziel einer Globalentschädigung für
sowie Renten an Verfolgte und ihre Hinterbliebe-            den Staat Israel. Zum anderen stand in den zwei
nen vorsahen. Am 26. April 1949 wurde dann als              sogenannten Haager Protokollen (BGBl. II 1953
zoneneinheitliches Gesetz vom Süddeutschen Län-             S. 35, 85) zwischen der Bundesregierung und der
derrat das Gesetz zur Wiedergutmachung natio-               JCC eine Individualentschädigung für die Opfer der
nalsozialistischen Unrechts (Entschädigungsgesetz           NS-Verfolgung im Vordergrund.
– USEG) erlassen, das im August 1949 durch beson-
dere Landesgesetze in Bayern, Bremen, Baden-                Beide Vertragswerke sind untrennbar miteinander
Württemberg und Hessen verkündet wurde. Diese               verbunden. Sie wurden gleichzeitig am 10. Septem-
Landesgesetze wurden nach Errichtung der Bun-               ber 1952 in Luxemburg unterzeichnet. In diesem
desrepublik Deutschland und nach Inkrafttreten              Luxemburger Abkommen sagte Deutschland die
des Grundgesetzes (GG) gemäß Artikel 125 GG als             Zahlung von 3 Mrd. DM an den Staat Israel und von
Bundesrecht übernommen. In den Ländern der                  450 Mio. DM an die JCC zu.
britischen und der französischen Besatzungszone
sowie in Berlin (West) ergingen entsprechende               Die Leistungen an Israel waren als Eingliede-
Gesetze, die mit Ausnahme der Länder der briti-             rungshilfe für entwurzelte und mittellose jüdi-
schen Besatzungszone grundsätzlich die gleichen             sche Flüchtlinge aus Deutschland und den ehemals
Schadensarten regelten wie das USEG.                        unter deutscher Herrschaft stehenden Gebieten
                                                            gedacht. Ein Großteil wurde durch Warenlieferun-
                                                            gen beglichen.
1.4 Luxemburger Abkommen und
    Überleitungsvertrag                                     Der 450 Mio. DM-Fonds sollte nach den Festle-
                                                            gungen des Haager Protokolls Nr. 2 für die Unter-
Die Bundesrepublik Deutschland behandelt —                  stützung und Eingliederung jüdischer Verfolg-
ebenso wie vor ihrer Gründung die Länder und                ter außerhalb Israels verwendet werden. Die JCC
Gemeinden — die moralische und finanzielle                  wurde mit der Durchführung beauftragt.
Wiedergutmachung des vom NS-Regime ver-
übten Unrechts als eine vorrangige Aufgabe. In              Mit dem Haager Protokoll Nr. 1 (BGBl. II 1953
einer Sondersitzung des deutschen Bundestages               S. 85) verpflichtete sich die Bundesregierung, ein
vom 27. September 1951 bekundete der damalige               Gesetzgebungsprogramm für bundeseinheitli-
Bundeskanzler Konrad Adenauer die Verantwor-                che Rückerstattungs- und Entschädigungsrege-
tung Deutschlands für die vom NS-Regime ver-                lungen aufzulegen. Die wesentlichen Grundsätze
übten Gräueltaten. Er betonte die Verpflichtung             dieser Gesetzgebung wurden festgelegt. Anläss-
des deutschen Volkes zur moralischen und mate-              lich der Beendigung des westalliierten Besat-
riellen Wiedergutmachung und bot Verhandlun-                zungsregimes waren bereits 1952 im vierten Teil
gen mit dem Staat Israel und Vertretern jüdischer           des mit den drei westlichen Besatzungsmächten

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Geschichtliche Entwicklung der Wiedergutmachungs- und
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Kriegsfolgenregelungen in Deutschland                           Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

über den westlichen Teil Deutschlands geschlosse-           1.6 Bundesergänzungs-,
nen Überleitungsvertrags (BGBl. II 1954 S. 57, 181,             Bundesentschädigungsgesetz
194) Grundsätze für eine einheitliche Rückerstat-               und Bundesentschädigungs-
tungs- und Entschädigungsgesetzgebung aufge-
                                                                Schlussgesetz (BErgG, BEG,
stellt worden.
                                                                BEG-Schlussgesetz)
                                                            Das erste bundeseinheitliche Entschädigungsge-
1.5 Leistungen in der ehemaligen                            setz wurde mit dem am 1. Oktober 1953 in Kraft
    DDR                                                     getretenen Bundesergänzungsgesetz (BErgG) vom
                                                            18. September 1953 (BGBl. I 1953 S. 1387) erlassen.
Seit ihrer Gründung hatte sich die Deutsche Demo-           Das BErgG orientierte sich am Entschädigungs-
kratische Republik (DDR) beharrlich geweigert,              gesetz - USEG (siehe hierzu auch 1.3), ging über
dem Beispiel der Bundesrepublik Deutschland bei             eine reine Ergänzung aber deutlich hinaus. Den-
Wiedergutmachungsleistungen zu folgen.                      noch erwiesen sich die Regelungen schon bald als
                                                            unzureichend.
Für ihre Abwehrhaltung in Bezug auf Entschädi-
gungsforderungen aus dem Ausland spielte vor                Am 29. Juni 1956 (BGBl. I 1956 S. 562) erging das
allem ihr antifaschistischer Gründungsmythos                Bundesgesetz zur Entschädigung für auf dem
eine wichtige Rolle. Die DDR sah sich nicht als             Gebiet des ehemaligen Deutschen Reiches lebende
Rechtsnachfolgerin des Dritten Reiches, sondern             Opfer der NS-Verfolgung (Bundesentschädigungs-
verortete sich in der Tradition des Kampfes gegen           gesetz – BEG). Dieses Gesetz trat rückwirkend zum
den Faschismus. Somit lehnte sie materielle Leis-           1. Oktober 1953 in Kraft und regelte die Entschä-
tungen für im Ausland lebende NS-Opfer ab und               digung für NS-Verfolgte grundlegend neu. Neben
verweigerte auch die moralische Mitverantwor-               einer Erweiterung des Kreises der Berechtigten
tung für die Verbrechen des nationalsozialistischen         ermöglichte es ebenso eine Vielzahl von Änderun-
Deutschlands.                                               gen zugunsten der Verfolgten. Auch führte es zur
                                                            Kostenteilung zwischen Bund und Ländern. Das
Nach dem in der Sowjetzone geltenden Recht                  BErgG hatte noch den Ländern die Kostentragung
erhielten jedoch systemkonforme Opfer des                   auferlegt.
Faschismus Sonderleistungen im Rahmen der all-
gemeinen Gesundheits-, Alters- und Hinterbliebe-            Nach dem BEG konnte Entschädigung in Form
nenversorgung sowie pauschale Ehrenpensionen.               von Renten, Kapitalentschädigungen, Umschu-
                                                            lungsbeihilfen, Heilverfahren sowie Hinterblie-
Da die Wiederherstellung von Privateigentum                 benenversorgung geleistet werden. Das BEG sah
nicht mit den Bestrebungen nach Überführung in              ursprünglich eine Antragstellung nur bis zum
Volkseigentum in der sowjetischen Besatzungs-               1. Oktober 1957 vor, die im Ersten Gesetz zur Ände-
zone und späteren DDR zu vereinbaren war, wurde             rung des BEG vom 1. Juli 1957 auf den 1. April 1958
das lediglich für Thüringen seit 1945 geltende Wie-         ausgeweitet wurde (BGBl. I 1957 S. 663).
dergutmachungsgesetz schon bald nicht mehr
angewandt und 1952 endgültig aufgehoben.                    In der Anwendungspraxis zeigte sich allerdings
                                                            schon bald erneuter Anpassungsbedarf. Die ange-
Mit Dänemark, Finnland, Österreich und Schwe-               strebte Novellierung sollte den endgültigen
den schloss die DDR Pauschalentschädigungsab-               Abschluss der Gesetzgebung bilden. Nach vierjäh-
kommen, durch die Rückerstattungsansprüche der              rigen eingehenden Beratungen in den zuständigen
in diesen Ländern lebenden ehemaligen NS-Ver-               Ausschüssen des Deutschen Bundestages und des
folgten abgegolten wurden.                                  Bundesrates erging am 14. September 1965 (BGBl. I
                                                            1965 S. 1315) unter ausdrücklicher Kennzeichnung

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Geschichtliche Entwicklung der Wiedergutmachungs- und
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Kriegsfolgenregelungen in Deutschland                            Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

als Schlussgesetz das Zweite Gesetz zur Änderung            durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen
des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG-Schluss-              einen Schaden an Leben, Körper, Gesundheit, Frei-
gesetz). Durch das BEG-Schlussgesetz wurde die              heit, Eigentum, Vermögen, in seinem beruflichen
ursprünglich auf den 1. April 1958 festgesetzte             oder wirtschaftlichen Fortkommen erlitten hat.
Antragsfrist erheblich ausgeweitet. Durch Artikel
VIII Abs. 1 BEG-Schlussgesetz wurde bestimmt,               Einem Verfolgten gleichgestellt sind u. a. Personen,
dass nach dem 31. Dezember 1969 keine Ansprü-               die nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen
che mehr angemeldet werden konnten. So können               ausgesetzt waren, weil sie eine vom NS-Staat abge-
auch heute keine neuen Anträge mehr gestellt                lehnte künstlerische oder wissenschaftliche Rich-
werden. NS-Opfer in den kommunistisch regierten             tung vertraten oder einem Verfolgten nahestanden.
Staaten des Warschauer Paktes waren grundsätz-
lich von der Geltung des BEG ausgenommen.                   Als Verfolgte gelten nach dem BEG u. a. auch Hin-
                                                            terbliebene von Verfolgten und Geschädigte, die als
Jedoch können Leistungen für erlittene Gesund-              nahe Angehörige von den nationalsozialistischen
heitsschäden im Rahmen von „Verschlimmerungs-               Gewaltmaßnahmen mit betroffen waren.
verfahren“ angepasst werden. Darüber hinaus
können auch heute noch im Wege von „Zweit-                  Keine Opfer gezielter NS-Verfolgung und damit
verfahren“ Erstentscheidungen revidiert werden,             auch keine Verfolgten im Sinne des BEG sind die-
sofern sie sich nach heutiger Rechtsauffassung als          jenigen, die infolge des vom nationalsozialistischen
falsch erweisen.                                            Deutschland begonnenen Krieges Schäden erlitten
                                                            haben, die den allgemeinen Kriegsfolgen zuzurech-
Zum BEG sind in den zurückliegenden Jahrzehn-               nen sind, wie z. B. Kriegsgefangene oder Opfer des
ten zahlreiche Durchführungsverordnungen (DV)               Bombenkriegs.
ergangen, von denen die erste bis dritte DV-BEG
regelmäßig geändert werden, um die wieder-
kehrenden Leistungen (Renten) an die steigen-               1.7 Allgemeines Kriegsfolgengesetz
den Lebenshaltungskosten anzupassen. Die vierte                 (AKG)
DV-BEG regelt die Erstattung von Kosten, die den
Versicherungseinrichtungen für ihre Mitwirkung              Das Gesetz zur allgemeinen Regelung durch den
nach § 182 Abs. 1 des BEG entstehen. Die fünfte             Krieg und den Zusammenbruch des deutschen Rei-
DV-BEG bestimmt, welche Versorgungseinrich-                 ches entstandener Schäden (Allgemeines Kriegsfol-
tungen durch nationalsozialistische Gewaltmaß-              gengesetz – AKG) vom 5. November 1957 (BGBl. I
nahmen aufgelöst worden sind. Durch die sechste             1957 S. 1747) regelt die Ansprüche von Geschädigten
DV-BEG (KZ-Haftstättenverzeichnis) hat die Bun-             des NS-Regimes, die nicht die Verfolgteneigenschaft
desregierung im Rahmen der Vermutungsregelung               im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes
des § 31 Abs. 2 BEG festgelegt, welche Haftstätten          (BEG) besitzen. Während die Wiedergutmachungs-
als Konzentrationslager anzusehen sind.                     gesetze sämtliche in Betracht kommenden Vermö-
                                                            gens- und Nichtvermögensschäden regeln, sieht das
Ausgeführt wird das BEG von den Entschädigungs-             AKG eine Entschädigung nur für Schaden an Leben,
behörden der Länder. Entschädigungsansprüche                Körper oder Gesundheit sowie an Freiheit vor. § 5
können nur Verfolgte des NS-Regimes geltend                 AKG gewährt für rechtswidrige Verletzungen dieser
machen. Auch Vertriebene im Sinne des Bundes-               Rechtsgüter Anspruch auf Schadenersatz nach den
vertriebenengesetzes (BVFG) sowie Staatenlose               allgemeinen Rechtsvorschriften, insbesondere nach
oder Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention             den Vorschriften über die Staatshaftung und nach
wurden nach dem BEG entschädigt. Als Verfolg-               den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über uner-
ter gilt, wer aus Gründen politischer Gegnerschaft          laubte Handlungen (§§ 823 ff. Bürgerliches Gesetz-
gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen              buch - BGB).
der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung

                                                        8
Geschichtliche Entwicklung der Wiedergutmachungs- und
                                                                                         Wiedergutmachung -
Kriegsfolgenregelungen in Deutschland                            Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

Ansprüche konnten nur Geschädigte geltend                   ausgewanderten Angehörigen des öffentlichen
machen, die am 31. Dezember 1952 ihren Wohnsitz             Dienstes. Beide Gesetze wurden durch das Dienst-
oder ständigen Aufenthalt im damaligen Geltungs-            rechtliche Kriegsfolgen-Abschlussgesetz (DKfAG)
bereich des AKG oder in einem Staat hatten, der die         vom 20. September 1994 aufgehoben.
Regierung der Bundesrepublik Deutschland am
1. April 1956 anerkannt hatte oder eine der sons-           Zur Regelung der Wiedergutmachung in der Sozi-
tigen in § 6 AKG genannten Wohnsitz- und Stich-             alversicherung erging noch vor dem erstmaligen
tagsvoraussetzungen erfüllte. Ausnahmeregelun-              Zusammentritt des Deutschen Bundestages durch
gen für Vertriebene (Aussiedler), Heimkehrer sowie          den Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsge-
Personen, die erst nach dem 31. Dezember 1952 im            bietes (amerikanische und britische Besatzungs-
Wege der Familienzusammenführung in das Bun-                zone) das Gesetz über die Behandlung der NS-Ver-
desgebiet gelangt sind, haben heute praktisch keine         folgten in der Sozialversicherung vom 2. August
Bedeutung mehr.                                             1949. Die Minderung oder der Verlust von Ansprü-
                                                            chen auf Leistungen aus der Sozialversicherung,
Anträge mussten grundsätzlich binnen eines Jah-             vor allem aus der Rentenversicherung, betrafen
res nach Inkrafttreten des Gesetzes, d. h. bis zum          hauptsächlich eine Vielzahl ins Ausland geflohener
31. Dezember 1958, gestellt werden. Bei Versäu-             oder ausgewanderter Juden und politischer Geg-
mung dieser Frist konnte innerhalb eines weiteren           ner des NS-Regimes. Mit der Erstreckung dieses
Jahres, also bis zum 31. Dezember 1959, eine weitere        Gesetzes auf die Länder der früheren französischen
Nachfrist eingeräumt werden.                                Besatzungszone wurde 1950 eine bundeseinheitli-
                                                            che Regelung getroffen. Eine zusammenfassende
Ansprüche nach dem AKG werden heute nur noch                bundeseinheitliche Regelung erfolgte durch das
abgewickelt.                                                Gesetz zur Änderung und Ergänzung der Vorschrif-
                                                            ten über die Wiedergutmachung nationalsozialisti-
Zuständig für die Bearbeitung von Anträgen ist              schen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG)
die Generalzolldirektion, Service-Center Köln (vgl.         vom 22. Dezember 1970 (BGBl. I 1970 S. 1846). Die
Anlage 7, II).                                              Aufwendungen wurden und werden ausschließlich
                                                            von den Renten- und Unfallversicherungsträgern
                                                            ohne staatliche Beteiligung gezahlt.
1.8 Sondergesetzliche
    Entschädigungsregelungen                                Jüdische Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg, die als
                                                            Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsge-
Die Entschädigungs- und Rückerstattungsgesetze              setzes nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen
wurden ergänzt durch verschiedene sondergesetz-             ausgesetzt und in der ihnen als Kriegsopfer zuste-
liche Entschädigungsregelungen.                             henden Versorgung geschädigt worden waren,
                                                            wurden nach dem Bundesgesetz zur Wiedergut-
Für Angehörige des öffentlichen Dienstes, die unter         machung nationalsozialistischen Unrechts in der
dem NS-Regime aus dem öffentlichen Dienst ent-              Kriegsopferversorgung (BWK) vom 25. Juni 1958
fernt worden waren und ihre Rechte verloren                 entschädigt (BGBl. I 1958 S. 412). Dieses Gesetz
hatten, trat am 11. Mai 1951 das Gesetz zur Rege-           wurde durch das Erste Rechtsbereinigungsgesetz
lung der Wiedergutmachung für Angehörige des                vom 24. April 1986 (BGBl. I 1986 S. 560) aufgehoben.
öffentlichen Dienstes (BWGöD) rückwirkend zum               Für Berechtigte im Ausland erging ein gleichnami-
1. April 1951 in Kraft. Verfolgte Beschäftigte im           ges Gesetz (BWKAusl) vom 3. August 1953 (BGBl. I
öffentlichen Dienst sollten hiermit so gestellt wer-        1953 S. 843), das rückwirkend am 1. Oktober 1950
den, wie sie ohne die Verfolgung gestellt gewesen           in Kraft trat.
wären. Diesem Gesetz folgte am 18. Mai 1952 das
BWGöD-Ausland für die unter Verfolgungsdruck

                                                        9
Geschichtliche Entwicklung der Wiedergutmachungs- und
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Kriegsfolgenregelungen in Deutschland                             Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

1.9 Außergesetzliche Regelungen                              1.11 Vereinbarungen mit
    der Länder                                                    osteuropäischen Staaten
Seit 1950 wurden von einzelnen Bundesländern                 In Anlehnung an die 1959 bis 1964 mit westeuro-
jeweils für ihre Bürger, die Opfer von nationalso-           päischen Staaten getroffenen Abkommen über
zialistischen Gewaltmaßnahmen waren und die in               pauschale Entschädigungsleistungen wurden nach
den Gesetzen vorgesehenen Stichtags- und Wohn-               Herstellung der Deutschen Einheit und der Über-
sitzvoraussetzungen nicht erfüllen konnten oder              windung des Ost-West-Gegensatzes auch mit ost-
unverschuldet Antragsfristen versäumt hatten,                europäischen Staaten entsprechende Verträge
eigene landesrechtliche Regelungen über einmalige            geschlossen (Entschädigung der Opfer des Natio-
und laufende Beihilfen geschaffen. Der berechtigte           nalsozialismus in den mittel- und osteuropäischen
Personenkreis ist dabei in der Regel nicht allein auf        Staaten). Hierbei ging es in erster Linie um humani-
Verfolgte im Sinne von § 1 Bundesentschädigungs-             täre Hilfen in Härtefällen und nicht um Leistungen
gesetz (BEG) beschränkt. Außerdem sehen die lan-             für Sachschäden. Grundsätzliche Voraussetzung
desrechtlichen Bestimmungen häufig Leistungen                für den Erhalt von Leistungen war der Nachweis
an Hinterbliebene vor. Voraussetzung ist zumeist             der Verfolgteneigenschaft gemäß § 1 Bundesent-
– wie auch bei den außergesetzlichen Härterege-              schädigungsgesetz (BEG).
lungen des Bundes – das Vorliegen einer besonde-
ren (wirtschaftlichen) Notlage. Auf die Leistungen           Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und
besteht kein Rechtsanspruch. Zu den einzelnen                der Republik Polen wurde mit Notenwechsel vom
Länderregelungen vgl. Anlage 2.                              16. Oktober 1991 in Polen eine nach polnischem
                                                             Recht errichtete „Stiftung Deutsch-Polnische Aus-
                                                             söhnung“ vereinbart und mit einmalig 500 Mio. DM
1.10 Erste Globalabkommen 		                                 (255,64 Mio. Euro) für Personen, die während des
     mit europäischen Staaten                                Zweiten Weltkriegs durch nationalsozialistische
                                                             Unrechtsmaßnahmen schwere Gesundheitsschä-
In den Jahren 1959 bis 1964 schloss die Bundes-              den erlitten hatten und sich in einer gegenwärtigen
republik Deutschland mit Belgien, Dänemark,                  wirtschaftlichen Notlage befanden, ausgestattet.
Frankreich, Großbritannien, Italien, Luxemburg,
den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Schwe-               1993 wurden in den drei Nachfolgestaaten der Sow-
den, der Schweiz und Griechenland Globalabkom-               jetunion Weißrussland, Russische Föderation und
men zugunsten von durch NS-Verfolgungsmaß-                   Ukraine entsprechend jeweils die Stiftungen „Ver-
nahmen geschädigten Staatsangehörigen dieser                 ständigung und Aussöhnung“ in Minsk, Moskau
Länder. Aufgrund dieser Abkommen wurden ins-                 und Kiew gegründet und mit insgesamt 1 Mrd. DM
gesamt 971 Mio. DM (496,46 Mio. Euro) zur Verfü-             (0,51 Mrd. Euro) ausgestattet. Die drei Stiftungen
gung gestellt (vgl. auch Anlage 5), deren Verteilung         erklärten sich bereit, Zahlungen auch an Geschä-
an die Geschädigten den Regierungen der betref-              digte in anderen Staaten der ehemaligen Sowjet-
fenden Länder oblag. Die Globalabkommen sind                 union zu leisten.
abgeschlossen.
                                                             Den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und
                                                             Litauen gewährte die Bundesrepublik Deutsch-
                                                             land separate Hilfen in Höhe von 2 Mio. DM
                                                             (1,02 Mio. Euro). Aus diesen Zuwendungen wur-
                                                             den vor allem soziale Einrichtungen für NS-Opfer
                                                             gefördert.

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Geschichtliche Entwicklung der Wiedergutmachungs- und
                                                                                          Wiedergutmachung -
Kriegsfolgenregelungen in Deutschland                             Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

Mit der Tschechischen Republik wurde mit Noten-              Durch Zusatzvereinbarung vom 25. Januar 1999
wechsel vom 29. Dezember 1997 der auf zehn Jahre             erfolgte eine weitere, das Abkommen abschließende
ausgelegte Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds                Zahlung von rund 34,5 Mio DM (17,6 Mio. Euro).
in Form eines Stiftungsfonds nach tschechischem
Recht mit Sitz in Prag vereinbart, in den beide Staa-
ten einzahlten. Zweck des Fonds ist die Finanzie-            1.13 Washingtoner Konferenz über
rung von Sozialprojekten gemeinsamen Interesses                   Holocaustvermögen
vor allem zugunsten von Opfern nationalsozialis-
tischer Gewalt wie z. B. Altenfürsorge, Minderhei-           Als Ergebnis der im Dezember 1998 in Washington
tenförderung und gemeinsame wirtschaftliche und              stattgefundenen Konferenz über Vermögenswerte
ökologische Projekte.                                        aus der Zeit des Holocaust, an der neben Deutsch-
                                                             land noch 43 weitere Staaten sowie 12 nichtstaat-
Für vergleichbare Maßnahmen in sonstigen mittel-             liche Organisationen und der Vatikan teilnahmen,
und osteuropäischen Staaten, mit denen bislang               stand eine rechtlich nicht bindende Übereinkunft
keine Globalentschädigungsabkommen geschlos-                 über Grundsätze in Bezug auf Kunstwerke, die von
sen worden waren (Albanien, Bosnien, Bulgarien,              den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden
ehemaliges Jugoslawien, Kroatien, Mazedonien,                (Washingtoner Erklärung vom 3. Dezember 1998).
Rumänien, Slowakei, Slowenien, Ungarn) wurden                Im Bewusstsein seiner historischen und morali-
für die Jahre 1998 bis 2000 ebenfalls Mittel in Höhe         schen Verantwortung verabschiedete Deutschland
von 80 Mio. DM bereitgestellt (sog. „Hirsch-Initia-          im Zuge der Umsetzung am 9. Dezember 1999 eine
tive“). Die Durchführung wurde unterschiedlichen             gemeinsame Erklärung von Bundesregierung, Län-
nationalen Einrichtungen, zumeist dem Nationa-               dern und kommunalen Spitzenverbänden, in der es
len Roten Kreuz, übertragen.                                 sich zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfol-
                                                             gungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbeson-
                                                             dere aus jüdischem Besitz, verpflichtete.
1.12 Globalabkommen mit den USA
                                                             Als praktische Hilfestellung für die Suche und
Am 19. September 1995 wurde in Anlehnung an                  Identifizierung der von den Nationalsozialisten
die Kriterien des Bundesentschädigungsgesetzes               beschlagnahmten Kunstgüter und zur Vorberei-
(Verfolgung aus Gründen der Rasse, der Weltan-               tung von Entscheidungen über deren mögliche
schauung oder des Glaubens) ein deutsch-ameri-               Rückgabe dient eine in 2001 veröffentlichte und in
kanisches Globalabkommen zur Wiedergutma-                    2007 redaktionell überarbeitete Handreichung.
chung für NS-Opfer, die zur Zeit ihrer Verfolgung
bereits US-Staatsangehörige waren und bis dahin              Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste veröffent-
keine Entschädigung erhalten hatten, geschlossen.            licht im Internet unter www.lostart.de regelmäßig
Weitere Berechtigungskriterien waren der Aufent-             die in ihrer Datenbank gespeicherten Informatio-
halt in einem Konzentrationslager sowie geleis-              nen über Kulturgüter, die infolge der nationalso-
tete Zwangsarbeit. Inhaltlich und konzeptionell              zialistischen Gewaltherrschaft verbracht, verlagert
folgte das Abkommen den Vorbildern vergleich-                oder verfolgungsbedingt entzogen wurden (s. hierzu
barer Abkommen mit anderen Westmächten aus                   auch Anlage 7, VI). Hier besteht auch die Möglich-
den Jahren 1959 bis 1964 (vgl. auch 1.10). Es wur-           keit einer Provenienzrecherche, bei der auf Inhalte,
den rund 3 Mio. DM (1,5 Mio. Euro) zur Verfügung             die auf der Auswertung von Primär- und Sekundär-
gestellt. Die Verteilung der Mittel lag im Ermessen          quellen sowie der Fachliteratur beruhen, zugegriffen
der US-Regierung.                                            werden kann. Eine Provenienzrecherche kann eben-
                                                             falls über das Bundesamt für Zentrale Dienste und
                                                             offene Vermögensfragen (BADV) unter www.badv.
                                                             bund.de durchgeführt werden.

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Geschichtliche Entwicklung der Wiedergutmachungs- und
                                                                                          Wiedergutmachung -
Kriegsfolgenregelungen in Deutschland                             Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

Im Rahmen der Umsetzung der Washingtoner                     bestimmten Voraussetzungen konnten Leistungen
Grundsätze und der sogenannten „Gemeinsa-                    nach dem Stiftungsgesetz auch zur Begleichung
men Erklärung“ von Bund, Ländern und kommu-                  von Vermögensschäden erbracht werden.
nalen Spitzenverbänden sowie der durchgeführ-
ten Recherchen konnte bislang bereits eine Reihe             Sieben internationale Partnerorganisationen,
von Bildern namhafter Künstler aus öffentlichem              koordiniert durch ein international besetztes Stif-
Besitz an die ursprünglich Berechtigten bzw. deren           tungskuratorium, waren verantwortlich für die
Erben zurückgegeben werden.                                  Annahme und Prüfung von Anträgen. Die Antrags-
                                                             frist endete endgültig am 31. Dezember 2002.
                                                             Anfang 2007 waren die Auszahlungen abgeschlos-
1.14 Stiftung „Erinnerung, 		                                sen. Neue Anträge können nicht mehr gestellt
     Verantwortung und Zukunft“                              werden.
     (EVZ)
                                                             Insgesamt haben über 1,7 Millionen Personen, davon
Zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter                  1,66 Millionen Zwangsarbeiter, Leistungen erhal-
wurde durch Gesetz vom 2. August 2000 die Stif-              ten. Von der Stiftungssumme sind 4,37 Mrd. Euro
tung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“                 für Leistungen an ehemalige Zwangsarbeiter aus-
(EVZ) errichtet (EVZStiftG, BGBl. I S. 1263, zuletzt         gezahlt worden.
geändert durch Gesetz vom 1. September 2008,
BGBl. I S. 1797) und mit einem Stiftungsvolumen              Seit Beendigung der Auszahlungen ist die Stiftung
von insgesamt 10,1 Mrd. DM (5,16 Mrd. Euro) aus-             EVZ gemäß § 2 Abs. 2 EVZStiftG als reine Förder-
gestattet. Dieser Betrag wurde von der Bundesre-             stiftung für internationale Projekte, die der Völker-
publik Deutschland und von deutschen Unterneh-               verständigung, den Interessen von Überlebenden,
men aufgebracht.                                             dem Jugendaustausch, der sozialen Gerechtigkeit,
                                                             der Erinnerung an die Bedrohung durch totalitäre
Hauptaufgabe der Stiftung war es, Finanzmittel               Systeme und Gewaltherrschaft und der internati-
zur Gewährung von individuellen Einmalzahlun-                onalen Zusammenarbeit auf humanitärem Gebiet
gen an überlebende Betroffene bereitzustellen. Die           dienen, tätig.
Auszahlungen wurden durch Partnerorganisatio-
nen in den einzelnen Ländern durchgeführt.                   Nähere Informationen zur Stiftung sind im Inter-
                                                             net unter www.stiftung-evz.de abrufbar (vgl. hierzu
Leistungen aus der Stiftung konnten in erster                auch Anlage 7, VII).
Linie zur Arbeit gezwungene Personen in Kon-
zentrationslagern und Ghettos sowie aus ihrem
Heimatstaat deportierte und zum Arbeitseinsatz
gezwungene und inhaftierte oder haftähnlichen
Bedingungen ausgesetzte Opfer erhalten. Darüber
hinaus waren beispielsweise auch Zwangsarbeiter
in der Landwirtschaft leistungsberechtigt.

§ 11 Abs. 1 Satz 5 des Stiftungsgesetzes sah ferner
Leistungen zum Ausgleich sonstiger Personen-
schäden im Zusammenhang mit nationalsozi-
alistischem Unrecht vor, so z. B in Fällen medi-
zinischer Versuche oder bei Tod oder schweren
Gesundheitsschäden eines in einem Zwangsar-
beiterkinderheim untergebrachten Kindes. Unter

                                                        12
Geschichtliche Entwicklung der Wiedergutmachungs- und
                                                                                          Wiedergutmachung -
Kriegsfolgenregelungen in Deutschland                             Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

1.15 Anerkennungsrichtlinie                                  Zusätzlich können seit Juli 2017 Antragsteller
     für Arbeit im Ghetto und                                gemäß § 2 Abs. 2 der Anerkennungsrichtlinie eine
     Rentenersatzzuschlag                                    einmalige Leistung in Höhe von 1.500 Euro erhal-
                                                             ten, wenn ihr Antrag bei der Deutschen Rentenver-
Nach dem in 2002 verabschiedeten Gesetz zur                  sicherung nur deshalb abgelehnt worden ist, weil
Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigung                  die allgemeine Wartezeit nach § 50 Abs. 1 Satz 1 des
in einem Ghetto (ZRBG) können Holocaust-Über-                Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht
lebende, die während ihrer Inhaftierung in einem             erfüllt ist.
von den Nationalsozialisten errichteten Ghetto
gegen Entgelt aus freiem Willen gearbeitet haben,            Die Richtlinie wird von der Organisationseinheit
eine Sozialversicherungsrente erhalten.                      Arbeitsgruppe Anerkennungsleistung (AG AfG)
                                                             im Bundesamt für zentrale Dienste und offene
Zahlreiche Anträge auf Leistungen nach dem ZRBG              Vermögensfragen (BADV) in Berlin durchgeführt
waren zunächst abgelehnt worden. Daher erließ die            (s. hierzu Anlage 7, I).
Bundesregierung im Oktober 2007 eine Richtlinie,
nach der NS-Verfolgte für Arbeit in einem Ghetto,
die keine Zwangsarbeit war und bisher keine sozial-          1.16 Anerkennungsleistung für
versicherungsrechtliche Berücksichtigung gefun-                   ehemalige sowjetische
den hatte, eine Einmalzahlung von 2.000 Euro                      Kriegsgefangene
erhalten konnten. Leistungen nach ZRBG und
Richtlinie schlossen sich allerdings gegenseitig aus.        Der Deutsche Bundestag hat am 21. Mai 2015
Ebenfalls ausgeschlossen von der Anerkennungs-               beschlossen, dass ehemalige sowjetische Kriegs-
leistung waren Personen, deren Arbeit im Ghetto              gefangene eine symbolische finanzielle Anerken-
bereits als Zwangsarbeit aus den Mitteln der Stif-           nungsleistung erhalten sollen. Angehörige der
tung EVZ entschädigt worden ist (vgl. hierzu auch            sowjetischen Streitkräfte, die während des Zweiten
1.14). Schlusstermin für die Antragstellung war der          Weltkriegs in der Zeit vom 22. Juni 1941 bis 8. Mai
31. Dezember 2011.                                           1945 als Kriegsgefangene in deutschem Gewahr-
                                                             sam waren, konnten eine einmalige Leistung in
Mit der Neufassung der „Richtlinie über eine Aner-           Höhe von 2.500 Euro beantragen. Die Antragsfrist
kennungsleistung an Verfolgte für Arbeit in einem            endete am 30. September 2017. Auf die Leistung
Ghetto, die keine Zwangsarbeit war“ (Anerken-                bestand kein Rechtsanspruch, sie war höchstper-
nungsrichtlinie) vom 20. Juli 2011 (BAnz Nr. 110             sönlicher Natur und nicht übertragbar. Erben von
S. 2624 vom 26. Juli 2011) wurde die Anerkennungs-           ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen hat-
leistung schließlich rückwirkend vom Erhalt einer            ten kein Antragsrecht. Die Einzelheiten wurden in
Rente nach dem ZRBG entkoppelt. Damit steht die              einer Richtlinie geregelt, die am 14. Oktober 2015
sozialversicherungsrechtliche Berücksichtigung               im Bundesanzeiger bekannt gegeben wurde (BAnz
der Arbeit im Ghetto der Zahlung einer Anerken-              AT 14.10.2015 B1).
nungsleistung nicht mehr entgegen.

Das Erste Gesetz zur Änderung des ZRBG, das am
1. August 2014 in Kraft trat, ermöglicht heute eine
breite Rückwirkung der Zahlungen bis zum 1. Juli
1997. Ein Deutsch-Polnisches Abkommen vom
5. Dezember 2014, in Kraft getreten am 1. Juni 2015,
erlaubt eine Rentenzahlung nunmehr auch an
Empfänger in Polen.

                                                        13
Geschichtliche Entwicklung der Wiedergutmachungs- und
                                                                                         Wiedergutmachung -
Kriegsfolgenregelungen in Deutschland                            Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

1.17 Transformation der 		                                   Sowohl unverrückbare außenpolitische Grund-
     Wiedergutmachung                                        sätze als auch der Umstand, dass bestimmte innen-
                                                             und gesellschaftspolitische Themen und deren
75 Jahre sind seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs           öffentliche Behandlung ohne Bezug zur fortgesetz-
vergangen.                                                   ten Verantwortung aus den Verbrechen vor 1945
                                                             nur sehr schwer vermittelbar sind und sein werden,
Auch heute noch werden individuelle Entschä-                 bedingen zukünftig die stärkere Einbeziehung der
digungsleistungen zur Wiedergutmachung nati-                 Akten der Wiedergutmachung und Entschädigung
onalsozialistischen Unrechts gemäß § 1 BEG den               der Opfer.
in eigener Person verfolgten und geschädigten
Betroffenen gezahlt. Die demographische Entwick-             Angesichts der immer länger zurückliegenden
lung zeigt allerdings, dass das Ende dieser aktiven          Zeit von Holocaust wie auch Wiedergutmachung
und höchstpersönlichen Leistungen an die Über-               und der Tatsache, dass inzwischen in Deutschland
lebenden von Holocaust, Porajmos und NS-Terror               Generationen heranwachsen, die durch Migration
absehbar ist.                                                ohne familiären/regionalen oder kulturellen Bezug
                                                             zur Zeit des Nationalsozialismus sind, stellt dies
Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass dies            eine besondere Herausforderung für die Zukunft
aus nationalen und internationalen sowie aus                 dar.
politischen und gesellschaftspolitischen Gründen
keineswegs ein Ende der Wiedergutmachung im                  Seit 2017 beschäftigt sich das Bundesministerium
Sinne eines Schlussstrichs unter dem Engagement              der Finanzen in zunehmenden Maße mit den hie-
der Bundesrepublik Deutschland bedeuten soll.                raus resultierenden Folgeaufgaben der Wieder-
                                                             gutmachung. Mithilfe eines „Themenportals Wie-
Vielmehr soll auch vor dem Hintergrund von                   dergutmachung“ soll beispielsweise erstmals ein
zunehmendem Antisemitismus und Holocaust-                    digitaler Gesamtzugang zum Dokumentenerbe
Leugnung der Blick verstärkt darauf gerichtet wer-           der Wiedergutmachungsakten, die bei verschiede-
den, was vor und nach 1945 geschah, wie die junge            nen Stellen im In- und Ausland liegen, angestrebt
Demokratie der Bundesrepublik Deutschland                    werden. In hundertausend- und millionenfach vor-
hiermit umgegangen ist, welche Lehren aus den                liegenden Einzelfallakten der Antragssteller schil-
Menschheitsverbrechen im Nationalsozialismus                 derten diese im Verwaltungsverfahren ihr Verfol-
gezogen wurden und werden und wie dies künfti-               gungsschicksal ebenso wie ihre Familiengeschichte
gen Generationen sinnvoll und nachhaltig vermit-             mit Angabe von Daten, Orten, Namen, Tätern,
telt werden kann. Die Wiedergutmachung natio-                weiteren Opfern und vielem mehr. Das alles soll
nalsozialistischen Unrechts wandelt sich insofern            irgendwann einmal vollständig und einheitlich
von einem aktiven Unterstützungsprogramm für                 zugänglich gemacht werden. Diese Dokumente
die Opfer der Verfolgung hin zu Aktivitäten, bei             sind nicht nur für die wissenschaftliche Forschung
denen die Vermittlung dessen, wie die Bundesre-              von unschätzbarem Wert, sondern in gleichem
publik aktiv Verantwortung übernommen hat, im                Maße für Angehörige und Nachkommen der Opfer
Mittelpunkt steht.                                           und Überlebenden sowie als Beitrag für Maßnah-
                                                             men der sogenannten Holocaustbildung zu sehen.

                                                        14
Wiedergutmachung -
Außergesetzliche Entschädigungsleistungen des Bundes               Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

2. Außergesetzliche Entschädigungsleistungen
   des Bundes

2.1 Härteregelung für Opfer 		                                seinerzeit keine diplomatischen Beziehungen
    pseudo-medizinischer 		                                   unterhielt. Anträge von Staatsangehörigen die-
                                                              ser Staaten (Polen, ehemalige CSSR, Jugoslawien,
    Versuche
                                                              Ungarn und Rumänien) wurden im Auftrag der
Personen, die infolge der in mehreren nationalso-             Bundesregierung von einer hierfür gebildeten
zialistischen Konzentrationslagern vorgenomme-                Neutralen Kommission des Internationalen Komi-
nen pseudo-medizinischen Versuche einen ver-                  tees vom Roten Kreuz (IKRK) in Genf in Einzelver-
folgungsbedingten Gesundheitsschaden erlitten                 fahren geprüft und aus den durch die Bundesregie-
haben, hatten Anspruch auf Entschädigung wegen                rung zur Verfügung gestellten Mitteln entschädigt.
Schadens an Körper oder Gesundheit zunächst
nach landesgesetzlichen Regelungen, später dann               In dem Bestreben, die Entschädigung für diese
nach dem Bundesergänzungsgesetz (BErgG) von                   Versuchsopfer möglichst bald abzuschließen, ent-
1953, abgelöst durch das Bundesentschädigungsge-              schloss sich die Bundesregierung im Einverneh-
setz (BEG) von 1956, sowie aus einem Sonderfonds              men mit dem IKRK, zugunsten der noch nicht ent-
nach Artikel V BEG-Schlussgesetz von 1965.                    schädigten Antragsteller, die mit einer positiven
                                                              Entscheidung rechnen konnten, Globalabkommen
Für Opfer pseudo-medizinischer Menschenversu-                 mit Jugoslawien, der damaligen CSSR, Ungarn und
che, die nicht aus Gründen der politischen Geg-               Polen abzuschließen.
nerschaft, der Rasse, des Glaubens oder der Welt-
anschauung geschädigt worden sind oder die nicht
die gesetzlichen Wohnsitz- und Stichtagsvoraus-               2.2 Fonds für von den Nürnberger
setzungen erfüllen oder nicht die Antragsfristen                  Gesetzen Betroffene
eingehalten haben, schuf die Bundesregierung
bereits durch Kabinettbeschluss vom 26. Juli 1951             Bereits im Vorfeld des Luxemburger Abkommens
eine Härteregelung in Form einer einmaligen Für-              wurde 1952 der Fonds für die von den Nürnber-
sorgeleistung. Nicht unter diese Regelung fallen              ger Gesetzen Betroffenen gegründet (NGJ-Fonds).
wegen ihres durch höchstrichterliche Rechtspre-               Auch dieser Personenkreis war von der Verfolgung
chung bestätigten streng subsidiären Charakters               betroffen, da die Nationalsozialisten nicht von reli-
alle Personen, die bereits eine anderweitige Ent-             giösen, sondern von rassischen Vorstellungen aus-
schädigung erhalten haben oder die zu dem Perso-              gingen und somit als Juden auch diejenigen verfolg-
nenkreis gehören, der durch Globalabkommen der                ten, die nicht der jüdischen Glaubensgemeinschaft
Bundesrepublik Deutschland mit einer Reihe von                angehörten, aber nach der nationalsozialistischen
europäischen Staaten begünstigt ist (vgl. unter 1.10).        Rassenlehre als Juden angesehen wurden.
Die ursprünglich gebietsmäßig begrenzte Regelung
wurde durch weiteren Beschluss vom 22. Juni 1960              Zuwendungen aus dem Fonds (in der Fassung vom
angesichts der besonderen Unmenschlichkeit der                15. September 1966 – BAnzNr. 178 vom 22. Septem-
pseudo-medizinischen Versuche dahin gehend                    ber 1966) können Personen erhalten, die wegen
erweitert, eine Beihilfe auch solchen Opfern von              ihrer jüdischen Abstammung im Sinne der Nürn-
Menschenversuchen zu gewähren, die in Staaten                 berger Gesetze von 1935 verfolgt wurden oder als
leben, mit denen die Bundesrepublik Deutschland               nahe Angehörige von der Verfolgung mit betroffen

                                                         15
Wiedergutmachung -
Außergesetzliche Entschädigungsleistungen des Bundes             Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

waren. Außerdem dürfen sie weder zum Zeitpunkt              2.3 Außergesetzliche Regelungen
der Verfolgung noch der Entscheidung über ihren                 für jüdische Verfolgte
Beihilfeantrag der jüdischen Glaubensgemein-
schaft angehört haben oder angehören. Dies ist ein          Nach Ablauf der Antragsfrist des BEG-Schlussgeset-
entscheidendes Abgrenzungsmerkmal gegenüber                 zes zum Jahresende 1969 ergaben sich immer wie-
der Zuständigkeit der Jewish Claims Conference              der Härtefälle, bei denen die Fristversäumnis zum
(JCC), die ausschließlich die Interessen der Glau-          Leistungsausschluss führte. Hinzu kam, dass Ende
bensjuden vertritt.                                         der 1970er Jahre in verschiedenen osteuropäischen
                                                            Staaten Ausreisemöglichkeiten für jüdische Bür-
Zuwendungen aus dem Fonds für rassisch Ver-                 ger eingerichtet wurden, mit der Folge, dass eine
folgte nicht jüdischen Glaubens können als einma-           erhebliche Anzahl von jüdischen NS-Verfolgten aus
lige oder laufende Beihilfen gewährt werden. Bei            diesen Ländern nach Israel ausreisen konnte. Nach
der Antragsbearbeitung werden neben der Schwere             den bestehenden Vorschriften hatte diese Gruppe
und den Auswirkungen der Verfolgung die wirt-               keinen Anspruch auf Entschädigung. Das Parla-
schaftlichen und persönlichen Verhältnisse der              ment des Staates Israel, die Knesset, verlangte daher
Antrag stellenden Person und ihrer unterhaltsver-           Nachbesserungen in der deutschen Entschädi-
pflichteten Angehörigen angemessen berücksich-              gung. Dies führte dazu, dass der Deutsche Bundes-
tigt. Die Höhe der laufenden Beihilfen wird nach            tag in einer Entschließung vom 14. Dezember 1979
Richtsätzen festgelegt, die regelmäßig an die allge-        (BT-Drs. 8/3511) die Bundesregierung aufforderte,
meine wirtschaftliche Entwicklung angepasst wer-            Härterichtlinien zu erlassen, nach denen dieser
den. Einmalige Beihilfen werden allgemein zum               Personenkreis Hilfen erhalten konnte. Nach die-
Lebensunterhalt oder zweckgebunden zur Bestrei-             sen Härterichtlinien vom 3. Oktober 1980 (BAnz
tung anderweitig nicht gedeckter Krankheitskos-             Nr. 192 vom 14. Oktober 1980) können jüdische
ten oder zur Beschaffung von Hausrat und Beklei-            NS-Verfolgte durch die Jewish Claims Conference
dung gewährt.                                               (JCC) Einmalbeihilfen in Höhe von 5.000 DM (2.556
                                                            Euro) erhalten.
Anträge können formlos beim Bundesministe-
rium der Finanzen, Dienstsitz Bonn (Kontakt vgl.            Die genannten Richtlinien sind seit 1992 Bestand-
Anlage 7, III), gestellt werden. Auf die Leistun-           teil der sogenannten Artikel-2-Vereinbarung, die
gen besteht kein Rechtsanspruch. Sie sind höchst-           im Rahmen von Artikel 2 der Zusatzvereinbarung
persönlicher Natur und weder übertragbar noch               zum Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepu-
vererblich.                                                 blik Deutschland und der früheren DDR mit der
                                                            JCC über die weitere Entschädigung bislang nicht
Nach den Richtlinien des Fonds können auch Trä-             entschädigter jüdischer NS-Verfolgter getroffen
ger von Alters- oder sonstigen Heimen Zuschüsse             wurde. In 2012, genau zwanzig Jahre nach Abschluss
erhalten, sofern sie sich verpflichten, eine                des Abkommens, wurden die bisher getroffenen
bestimmte Anzahl von Heimplätzen nach Bedarf                Absprachen in einer Neufassung dokumentiert.
auf Dauer mit Leistungsberechtigten zu belegen.
                                                            Danach kann jüdischen Verfolgten, die durch nati-
                                                            onalsozialistische Gewaltmaßnahmen im Sinne
                                                            von § 2 Bundesentschädigungsgesetz (BEG) unmit-
                                                            telbar betroffen waren oder die ihre Eltern durch
                                                            nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verlo-
                                                            ren haben (als Kinder Verfolgte) und bislang keine
                                                            Entschädigungsleistung erhalten haben, eine ein-
                                                            malige Beihilfe in Höhe von 2.556 Euro gewährt
                                                            werden. Im Rahmen des Härtefonds können auch

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Wiedergutmachung -
Außergesetzliche Entschädigungsleistungen des Bundes               Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

Anträge von Personen berücksichtigt werden, die               Die Leistungsberechtigung ist nachzuweisen. Ist
zum Zeitpunkt der Verfolgung noch nicht geboren               ein Nachweis nicht möglich, kann die Leistungs-
waren, aber als Kind im Mutterleib die Verfolgung             berechtigung auch auf geeignete Weise glaubhaft
der Mutter mit erlitten haben.                                gemacht werden. Die Leistung kann ganz oder teil-
                                                              weise versagt werden, wenn sich der Antragstel-
Über die Einmalzahlungen hinaus eröffnet das                  ler unlauterer Mittel bedient oder vorsätzlich oder
Abkommen die Möglichkeit laufender monatlicher                grob fahrlässig unrichtige oder irreführende Anga-
Beihilfen für jüdische NS-Verfolgte, die sich in einer        ben gemacht, veranlasst oder zugelassen hat. Sie
wirtschaftlichen Notlage befinden und zusätzlich              kann ganz oder teilweise zurückgefordert werden.

  ●● in einem Konzentrationslager oder Ghetto                 Die Verteilung der von deutscher Seite zur Verfü-
     im Sinne von § 42 Absatz 2 BEG inhaftiert                gung gestellten Mittel wurde der JCC übertragen.
     waren oder                                               Sie trifft in eigener Verantwortung die Entscheidun-
  ●● unter menschenunwürdigen Bedingungen                     gen im Einzelfall unter Zugrundelegung der in dem
     entweder in einem Versteck oder in der                   Abkommen festgelegten Kriterien. Anträge neh-
     Illegalität unter falscher Identität gelebt              men die Büros der JCC entgegen (vgl. Anlage 7, V).
     haben.
                                                              Über die Durchführung dieses Abkommens führt
Die Bewilligung einer der beiden Formen der Bei-              das Bundesfinanzministerium regelmäßig Gesprä-
hilfe schließt grundsätzlich die jeweils andere aus.          che mit der JCC mit dem Ziel der Anpassung der
Einmalige Beihilfen aus deutscher Quelle stehen               Leistungsberechtigung.
der Bewilligung einer laufenden Beihilfe nicht
entgegen. Inzwischen wurden auch solche Beihil-               Der Bedarf an häuslicher Pflege und medizinischer
fen in die Artikel-2-Vereinbarung einbezogen, die             Betreuung der hoch betagten Überlebenden des
aufgrund einer im Januar 1998 getroffenen Ver-                Holocaust ist groß und in den vergangenen Jah-
einbarung eine Entschädigung von in Mittel- und               ren besonders stark gestiegen. Die JCC erhält daher
Osteuropa lebenden jüdischen Verfolgten vorsah                im Rahmen der Artikel-2-Vereinbarung ebenfalls
(ehemaliger CEE-Fonds der JCC).                               Mittel, die der Erhaltung und Verbesserung der
                                                              Pflege- und Betreuungsmöglichkeiten für jüdische
Die laufende Beihilfe wird für die Dauer der wirt-            Verfolgte im Sinne des § 1 BEG, insbesondere der
schaftlichen Notlage gewährt. Bei der Bestimmung              Pflege in der häuslichen Wohnumgebung dienen.
des Einkommens bleiben Renten wegen Alters, ver-
minderter Erwerbsfähigkeit sowie wegen Todes                  Nach intensiven Gesprächen anlässlich des 80. Jah-
oder vergleichbare Leistungen unberücksichtigt.               restages der historischen Kindertransporte nach
                                                              der Reichspogromnacht am 9. November 1938
Auf Beihilfen nach der Vereinbarung besteht kein              haben das Bundesministerium der Finanzen und
Rechtsanspruch. Sie sind höchstpersönlicher Natur             die JCC eine einmalige symbolische Zahlung von
und weder übertragbar noch vererblich. Eine Aus-              2.500 Euro für die Teilnehmer der Kindertransporte
zahlung an Dritte ist nicht zulässig. Eine Ausnahme           vereinbart.
hiervon gilt für den überlebenden Ehegatten oder,
wenn dieser ebenfalls bereits verstorben ist, für die         Mit den Kindertransporten gelangten rund 10.000
noch lebenden Kinder zur gesamten Hand, wenn                  jüdische Minderjährige ohne Begleitung ihrer
der Leistungsberechtigte nach Antragstellung,                 Eltern vor allem bis zum Kriegsbeginn am 1. Sep-
jedoch vor Entscheidung stirbt. In diesem Fall ist            tember 1939 aus dem Deutschen Reich und den
die Leistung auf bis zu 2.556 Euro begrenzt.                  von diesem annektierten oder besetzten Gebieten
                                                              in sichere Staaten. Ziel war vornehmlich das Verei-
                                                              nigte Königreich.

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Wiedergutmachung -
Außergesetzliche Entschädigungsleistungen des Bundes            Regelungen zur Entschädigung von NS-Unrecht

Mit der Einmalzahlung soll das besondere Schick-             ●● Freiheitsentziehung in bestimmten
sal dieser Kinder gewürdigt werden. Sie mussten                 Haftstätten bzw. Leben unter lagerhaft-
noch in Friedenszeiten ihre Familien verlassen, in              ähnlichen Bedingungen während mindes-
vielen Fällen ohne sie jemals wiederzusehen.                    tens drei Monaten, wobei auch bei kürzeren
                                                                Haftzeiten eine Einzelfallprüfung zugelassen
Auch hier wurde die Verteilung der von deutscher                wird.
Seite zur Verfügung gestellten Mittel der JCC über-          ●● Verstecktleben unter menschenunwürdigen
tragen. Sie entscheidet im Einzelfall unter Zugrun-             oder besonders erschwerten Bedingungen
delegung der gemeinsam festgelegten Kriterien.                  oder in der Illegalität während mindestens
Anträge auf diese Leistung nehmen ebenfalls die                 vier Monaten, wenn hierdurch ein nachhalti-
Büros der JCC entgegen (vgl. Anlage 7, V).                      ger Gesundheitsschaden mit einem Grad
                                                                der Behinderung (GdB) von mindestens 50
                                                                eingetreten ist.
2.4 Richtlinien für Verfolgte nicht
    jüdischer Abstammung                                    Eine laufende Beihilfe aus dem WDF kann unter
                                                            anderem nur erhalten, wer die deutsche Staatsbür-
Für Verfolgte nicht jüdischer Abstammung hat die            gerschaft besitzt und seinen Wohnsitz in Deutsch-
Bundesregierung eine den für jüdische Verfolgte             land hat. Ebenfalls berechtigt sind deutsche
entsprechende Regelung in den „Richtlinien für die          Volkszugehörige im Sinne des Bundesvertriebe-
Vergabe von Mitteln an Verfolgte nicht jüdischer            nengesetzes (BVFG).
Abstammung zur Abgeltung von Härten in Einzel-
fällen im Rahmen der Wiedergutmachung“ vom                  Auch auf Leistungen aus dem WDF besteht kein
26. August 1981 in der Fassung vom 7. März 1988             Rechtsanspruch. Sie sind höchstpersönlicher Natur
getroffen (sogenannter Wiedergutmachungs-Dis-               und weder übertragbar noch vererblich.
positions-Fonds – WDF, BAnz Nr. 55 vom 19. März
1988).                                                      Über Anträge nach diesen Richtlinien entscheidet
                                                            das Bundesministerium der Finanzen, Dienstsitz
Nach dieser Regelung kann Verfolgten nicht jüdi-            Bonn (vgl. Anlage 7, III).
scher Abstammung, die durch nationalsozialisti-
sches Unrecht Gesundheitsschäden erlitten haben
und die aus Gründen politischer Gegnerschaft
gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen
der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung
durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen
verfolgt worden sind (§§ 1, 2 Bundesentschädi-
gungsgesetz – BEG), aber aus formellen Grün-
den keine gesetzlichen Entschädigungsleistun-
gen erhalten konnten, einmalige Beihilfen bis zu
2.556 Euro und in besonderen Fällen auch laufende
Beihilfen gewährt werden.

Besondere Ausnahmefälle können vorliegen bei:

  ●● Haft in einem Konzentrationslager im Sinne
     des BEG während mindestens drei Monaten,
     wobei auch bei kürzeren Haftzeiten eine
     Einzelfallprüfung zugelassen wird.

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