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Österreichische Post AG Info.Mail Entgelt bezahlt WILDNIS NEWS Nr. 3 12/2017 Das UNESCO Weltnaturerbe Die World Owl Conference 2017 Der Weg zurück zum Urwald - Waldentwicklung nach Außernutzungstellung
GEDANKENSPLITTER DER BUC H E N(U R)WA L D IST U N ESC O W ELT B ereits in der letzten Wild- nisNEWS konnten wir davon berichten, dass das E s war ein langer und aufwändiger Weg der europäi- schen alten Buchenwälder und Buchenurwälder zum Weltnaturerbe. Dass es trotz allem dazu kam und in Ös- die Chance haben, sich am Erbe nahezu unberührter Buchenwälder zu erfreuen. Besonderen Dank für die Er- möglichung dieses Ziels möchten wir nochmals an die ös- Wildnisgebiet gemeinsam mit terreich das erste Weltnaturerbe anerkannt wurde, ist vie- terreichischen Delegierten des Bundesministeriums (für Teilen des Nationalparks Kalk- len engagierten Personen zu verdanken die keine Mühe ein lebenswertes Österreich), des Außenministeriums, des alpen zum ersten und damit scheuten. Die Auszeichnung als UNESCO-Weltnaturer- Bundeskanzleramts, der Österreichischen Unesco- Kom- einzigen Weltnaturerbe Öster- bestätte soll den Erhalt der letzten naturnahen Buchen- mission und den Fachbearbeitern des Ökobüros E.C.O reichs ernannt wurde. Neben waldreste sichern, damit auch die nächsten Generationen aussprechen. einer großen Weltnaturerbe- Feier in der Region und der offiziellen Urkundenüber- reichung in St. Pölten fand diese Auszeichnung großes mediales Echo. Für viele ist damit ein Ziel, ein weiterer Erfolg und da- mit ein Endpunkt erreicht. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Für das Team des Wildnisgebietes kann diese Ernennung nur ein Startschuss sein, um unsere Arbeit noch zu intensivieren und noch mehr für den Naturschutz zu erreichen. Denn uns ist bewusst, dass das Wildnisgebiet nur ein winziger Baustein im Bestre- ben großflächig Natur als Lebensgrundlage für uns Menschen und für alle anderen Lebewesen dieser Erde zu erhalten, sein kann. Daher bedanke ich mich bei all jenen, die Naturschutz- arbeit unterstützen, und hier wiederum v. a. bei unse- ren Partnern, die die Arbeit der Wildnisgebietsverwal- tung „vorantreiben“. Denn nur gemeinsam können wir es schaffen, großflächig eine lebenswerte Umwelt für die Generationen nach uns zu erhalten und an diese weiterzureichen! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine besinnliche Adventzeit, ein frohes Weihnachtsfest und alles Gute für 2018! Ihr Christoph Leditznig In seiner Ansprache bedankt sich Stephan Pernkopf auch bei dem gesamten Wildnisgebietsteam © Christian Eplinger Wildnis NEWS 2 Nr. 3 12/17
T NAT U R ER BE – DA S H A BE N W I R GEF EI ER T! der Musikkapelle aus Göstling ei- nen gemütlichen Ausklang. Infor- m at ion s s t ä nde zum Wildnisge- biet Dürrenstein, dem Natur- land Nieder- „Wir möchten den Niederösterreicherinnen und Niederösterreichern österreich, der die Bedeutung und den Wert unserer Natur und der Schutzgebiete Energie- und im Naturland Niederösterreich näherbringen. Das WeltNATUR- ERBE-Fest bietet den perfekten Rahmen, um das UNESCO- Umweltagentur Weltnaturerbe Wildnisgebiet Dürrenstein einerseits zu feiern und NÖ und dem Moderator Harry Prünster führte die es andererseits bei den geführten Wanderungen im Leckermoor zu Unter den Besucherinnen und Besuchern befand sich der Direktor Nationalpark Festgemeinschaft durch den Tag entdecken“, so LH-Stellvertreter Dr. Stephan Pernkopf. des Nationalparks Kalkalpen, Dr. Erich Mayrhofer, denn auch Kalkalpen ver- © Thomas Aichinger © Christian Eplinger im Nationalpark wurden Buchenwälder in das Weltnaturerbe sorgten die Fest- aufgenommen sowie Mag. Viktoria Hasler vom BMLFUW. © Thomas Aichinger gäste mit inter- essanten Fakten. Z um Dank fand außerdem am 8. Oktober das Weltna- turerbe - Fest statt, bei dem die gesamte Region ge- meinsam mit LH-Stellvertreter Dr. Stephan Pernkopf die Für die kleinen Besucher i n nen und Besucher Auszeichnung feierte. Trotz des regnerischen Wetters nah- gab es ein span- men zahlreiche Besucherinnen und Besucher in Göstling an nendes Kinder- der Veranstaltung teil, um auf die Auszeichnung anzusto- programm mit ßen. Nach dem Festprogramm mit Stargast Harry Prüns- lehrreichen Wis- ter fand die Veranstaltung mit dem Frühschoppen und sensspielen. Auch die drei Wildnisgebiets-Bürgermeister LAbg. Renate Gruber (Gaming), Ing. Friedrich Fahrnberger (Göstling/ Ybbs) und Martin Ploderer (Lunz/See) betonten, dass diese einzigartige Auszeichnung für die gesamte Region einen Die Bäuerinnen kreierten für den Anlass Zur Verpflegung standen Köstlichkeiten, Mehrwert bedeuten wird. Sie sehen das Wildnisgebiet bzw. das Weltnaturerbe als integratives Element für das eine süße Spezialität in der Form einer wie das WeltNATURERBE-Bier bereit. südwestliche Niederösterreich, das gerade in einer sich ändernden „Tourismuslandschaft“ als „Zugpferd“ gesehen Buchecker. © Christian Eplinger werden kann. © Christian Eplinger Wildnis NEWS 3 Nr. 3 12/17
Am 14. November wurde dann die Urkunde „Ancient and Primeval Beech Forests of the Carpathians and Other Regions in Europe“ in St. Pölten offiziell an die Schutzgebiete Wildnisgebiet Dürrenstein und Natio- nalpark Kalkalpen überreicht. Die Zeremonie begann mit einer Videoübertragung der UNESCO und einem Film über das gesamte Welt- naturerbe „Ancient and Primeval Beech Forests of the Carpathians and Other Regions in Europe“: Nach der Eiszeit entwickelten sich die Buchenwälder zur domi- nanten Waldgesellschaft für große Teile Europas. Bu- chen bildeten oftmals sogar die Baumgrenze. Durch die Urbarmachung unserer Landschaft wurden im Laufe der Jahrtausende große Flächen an Wäldern ge- Die Zeremonie begann mit einer Videoübertragung der UNESCO rodet und der Waldanteil in vielen Ländern weit unter und einem Film über das gesamte Weltnaturerbe. 50 % gedrückt. Das Waldbild und die Baumartenzusam- GF Christoph Leditznig hielt in seiner Kurzvorstellung fest: „Das mensetzungen änderten sich infolge des menschlichen LH Mikl-Leitner, BM Rupprechter und LH-Stv Strugl Wildnisgebiet Dürrenstein ist ein kleiner Baustein, im Bestreben auf Einflusses. Buchenwälder in ihren unterschiedlichsten ökologisch wertvollen Flächen Natur sich selbst zu überlassen. Der beteuerten, was für eine Ehre die selten verliehene Aus- Ausprägungen boten eine Vielzahl von Lebewesen Le- Mensch ist hier nur Beobachter und Lernender. So können wir die zeichnung des Weltnaturerbes für Österreich ist und wie Natur in seiner ursprünglichsten Form erhalten und den nächsten bensraum. Durch das Zurückdrängen der Buche verloren in weiterer Folge verantwortungsvoll damit umgegangen Generationen übergeben.“ © Christian Eplinger viele Arten ihre Existenzgrundlage. werden muss! Die Welterbestätte umfasst Wälder aus zwölf Staaten mit 78 Teilgebieten und 92.000 Hektar an streng geschützten Buchenwäldern. Österreich ist mit rund 7.119 Hektar an geschützten Wäldern beteiligt, davon umfasst sind rund die Hälfte der Fläche des Wildnisgebietes Dür- renstein (1.867 Hektar) und rund ein Viertel des National- parks Kalkalpen (5.252 Hektar). Nicht ein einziges der Gebiete darf von Zerstörung be- droht sein, oder sämtliche Gebiete verlieren ihre Aner- kennung. Daher hat der Schutz dieser Flächen besondere Priorität. Aus diesem Grund hat Fr. LH Johanna Mikl-Leiter den Bau eines Weltnaturerbezentrums (Hause der Wildnis), in dem der Wert der Wälder, der Natur und ihre ökologischen Funktionen vermittelt werden können, vorgesehen. Die Planung des Gebäudes ist bereits im Laufen, wobei eine starke private Beteiligung maßgeblich zum Erfolg des Umweltminister Andrä Rupprechter überreichte die Urkunden Fr. LH Johanna Mikl-Leiter und LH-Stv. Stephan Pernkopf freuten an Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und sich gemeinsam mit Bundesminister Andrä Rupprechter über die Projektes beitragen wird. Somit ist die Gründung eines Oberösterreichs LH-Stellvertreter Michael Strugl hohe Auszeichnung Kuratoriums angedacht. Wildnis NEWS 4 Nr. 3 12/17
Das Weltnaturerbezentrum soll ein Regionsprojekt wer- emotionale Verbundenheit mit der Natur geweckt wird. den, das mit Hilfe neuer Techniken und einer interaktiven Denn in jedem von uns steckt die Liebe zum Leben. Ausstellung den Besuchern den Urwald und das gesamte Wildnisgebiet bzw. Weltnaturerbe erlebbar machen wird. Das Haus der Wildnis soll diese Form der Lehre ermögli- chen, ohne dass eines der letzten Reste unberührter Natur In letzter Konsequenz hängt die Existenz der Menschheit durch ein übermäßiges Betreten von Menschen belastet von einfachen, grundsätzlichen, ökologischen Regelkreis- wird. Auf diese Weise geben wir den nächsten Generatio- läufen ab. Zu den wesentlichen Aufgaben von Schutzge- nen das Werkzeug in die Hand, ihr eigenes Überleben zu bieten gehört es, an ihrem Beispiel ein Verständnis für sichern. diese ökologischen Prozesse von früher Jugend an zu leh- ren. Am besten verständlich wird die Thematik, indem die Nina Schönemann „Urwaldfreunde“ Stefan Ramharter (l) und Robert Schuhleitner (r) Es war ein langer und aufwändiger Weg der europäischen alten Buchenwälder und Buchenurwälder zum Weltnaturerbe LH-Stv Stephan Pernkopf im Interview Wildnis NEWS 5 Nr. 3 12/17
DER SCHWAMM, DER UNS ZUNDER GIBT W enn man sich in den totholzreichen Wäldern des Wildnisgebietes umsieht, ist ein Baumpilz cha- rakteristisch und unübersehbar: der Zunderschwamm dunkelgrau. Junge Fruchtkörper sind (wie die Zuwachs- zone älterer Exemplare) gelb bis rostbraun gefärbt. Die matte, trockene Oberseite hat eine harte Kruste und ist (Fomes fomentarius) aus der Formengruppe der Porlinge konzentrisch zoniert. Da mehrere Wachstumsschübe im (Polyporales). In Mitteleuropa ist er die einzige Art sei- Jahr auftreten können, kann aus der Zahl der Schichten ner Gattung. nicht auf das Alter des Fruchtkörpers geschlossen wer- den. Die oft leicht nach Innen gewölbte Unterseite des Der Zunderschwamm ist ein typischer Bewohner älterer Zunderschwamms besteht aus einer glatten, grau- bis buchenreicher Bestände. Aufgrund seiner Allgegenwär- ockerbraunen Porenschicht. Auf Druck verfärbt sie sich tigkeit in unserem Schutzgebiet und der Bedeutung für leicht braun. Das Sporenpulver ist weiß. Im Innern des den Menschen ist es an der Zeit, ihm einen eigenen Ar- Pilzes befindet sich das weiche Pilzgeflecht des Myzeli- tikel zu widmen. alkerns. Dieser wird von einer Tramaschicht („Fleisch“ der Fruchtkörper) umgeben, die sich über den gesamten Merkmale Bereich unter der Kruste erstreckt. Die Trama ist korkig Fruchtkörper des Zunderschwammes; © Wolfgang Dämon Der Zunderschwamm bildet mehrjährige, konsolenför- und rostbraun gefärbt. mige Fruchtkörper, die bis zu 30 Jahre alt werden kön- nen. Sie erreichen eine Breite von 10 bis 30 cm, in Aus- Wie andere baumbewohnende Pilzarten zeigt auch der nus ss. lato), z.B. alte Exemplare des – ebenfalls häufigen nahmefällen auch bis 60 cm und sind oberseits hell- bis Zunderschwamm den Geotropismus, das heißt neu – Grauen Feuerschwamms („Falscher Zunderschwamm“) zuwachsende Fruchtschichten (Phellinus igniarius) sehen dem Zunderschwamm ähn- werden mit der Unterseite zum lich. Ein handfestes Bestimmungsmerkmal im Zweifels- Erdboden ausgerichtet. Bildet fall ist der Nachweis des – in Laugen löslichen – blutroten ein Fruchtkörper nach dem Um- Farbstoffes Fomentariol in der Hutkruste des Zunder- stürzen des Wirtsbaumes neue schwamms. Dafür gibt man ein Stückchen Hutkruste auf Fruchtschichten, werden diese um einen Objektträger oder weißes Papier und tropft z.B. etwa 90° gegenüber den schon Kalilauge (KOH) darauf. Wenn es der Zunderschwamm vorhandenen ausgebildet (siehe ist, kann man eine blutrote Färbung beobachten. Abbildung). Ökologie und Verbreitung Der Zunderschwamm ist in Asien, Nordamerika und Ähnliche Arten Europa weit verbreitet. Laut der Roten Liste gefährde- Der Zunderschwamm kann mit ter Großpilze Österreichs (Dämon & Krisai-Greilhuber Arten der Gattung Lackporlinge 2017) ist er in Österreich bundesweit vertreten und so- (Ganoderma) verwechselt werden. wohl im Alpenraum als auch außerhalb davon „sehr häu- Diese besitzen jedoch oft eine fig“ und (derzeit) nicht gefährdet. kräftig braun gefärbte Hutober- seite; die Poren färben sich auf Er ist ein Schwächeparasit und Saprobiont an Laubhöl- Druck dunkelbraun. Ein sicheres zern, sehr selten auch an Nadelbäumen. Hauptsubstrat in Unterscheidungsmerkmal sind die Mitteleuropa ist die Rotbuche, daneben werden Birken, Zunderschwamm an Totholz. Die auffällige Drehung des Pilzes deutet auf ein Umkippen des warzigen Sporen gegenüber den Erlen, Hainbuchen, Pappeln und andere Laubhölzer be- Baumes hin, also zuerst Wuchs an stehendem, später dann liegendem Totholz (Gravitropismus glatten beim Zunderschwamm. siedelt. Fruchtkörper werden in allen Phasen der Holzzer- bzw. Geotropismus); © Stefan Schörghuber Auch die Feuerschwämme (Phelli- setzung des Pilzes gebildet. Der Zunderschwamm dringt Wildnis NEWS 6 Nr. 3 12/17
in seine Wirtsbäume über Ast- und Stammwunden ein, ein sehr leicht brennbares Material, das zur Aufnahme und verursacht im Kernholz eine intensive Weißfäule, die der Funken beim Entzünden von Feuer dient. Zu diesem den befallenen Baum häufig in mehreren Metern Höhe Zweck wurden auch Stoffreste aus Leinen oder Baum- abbrechen lässt. Die Art kann am abgestorbenen Substrat wolle verkohlt (Leinwandzunder), sowie Flugsamen von noch längere Zeit als Saprobiont weiterleben. Disteln und Löwenzahn, die äußere Birkenrinde, tro- ckenes zerriebenes Laub, Flechten, Heu, Bärlappsporen Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat den Zun- oder die mehligen Fasern zerfallenden Holzes verwen- derschwamm zum Pilz des Jahres 1995 erkoren, um auf det. Zunder war eines der wichtigsten Hilfsmittel zum das Pilzsterben in intensiv bewirtschafteten Wäldern Feuermachen – seit der Erfindung der Zündhölzer 1848 aufmerksam zu machen. Denn obwohl die Art in außer hat er allerdings seinen Zweck eingebüßt. Nutzung gestellten (aber auch naturgemäß bewirtschaf- teten) Wäldern häufig ist, ist sie in den allgegenwärtigen Zur Herstellung von Zunder aus dem Zunderschwamm Fichten-Monokulturen kaum noch zu finden. Durch die wurde in der Neuzeit in einem aufwändigen Verfahren Ausrichtung auf reine Nadelholzbestände, die forstwirt- die Tramaschicht zwischen der Oberflächenkruste und schaftliche Verjüngung der Wälder und die Abnahme den Poren herausgeschnitten, gekocht, geklopft, in Sal- alter (Laub-)Bäume, verlieren auf Totholz und Alt- und peterlösung oder Urin eingelegt und getrocknet, dann Uraltbäume angewiesene Organismen ihren Lebens- weiter weich geklopft, gezogen und gewalzt. Dabei er- raum. Die Förderung naturnaher Laub- und Laubmisch- hielt man eine rehbraune filzartige Masse, die durch auf- wälder sowie die Akzeptanz von Biotop- oder Totholz in Kappe aus weichgeklopfter Trama („Fruchtkörperfleisch“) des Zun- treffende Funken sofort zu glimmen anfing. derschwamms, angefertigt in Rumänien; © Wikimedia Commons den Beständen ist deshalb ein wesentliches Naturschutz- ziel! Der Zunderschwamm wurde auch als Lebensmittel ver- wendet (und wird es heute wieder: siehe weiter unten). Zeit so hoch, dass der Pilz manchmal aus Skandinavien, Bedeutung für den Menschen Dabei wurde der Pilz vermahlen oder zu einem wäss- Böhmen und Ungarn importiert werden musste. Schon in der Jungsteinzeit wurde die locker-filzige Mit- rigen Extrakt verarbeitet. Vor allem ein Teeaufguss mit telschicht des Pilzes, die Trama, zu Zunder verarbeitet. Zunderschwammpulver und der Verzehr von Kräuter- Nachdem der Zunderschwamm lange Zeit nur noch Dadurch hat der Pilz seinen Namen erhalten. Zunder ist schnäpsen mit Zunderschwamm blieben bis in das 20. dekorative Verwendung in Blumengestecken, Krän- Jahrhundert erhalten. In manchen Gegenden entwickel- zen und Pflanzschalen fand, hat sich heute wieder ein ten sich Hausrezepte für „Zunderschnaps“ und Zunder- neuer Markt für Zunderschwamm-Produkte gebildet. schwamm-Tinkturen. „Vitalpilz“-Pulver wird als Nahrungsergänzungsmittel und in der Mykotherapie bei Magen- und Verdauungs- Kaum jemand weiß, dass aus dem Zunderschwamm auch problemen eingesetzt. Auch Kosmetik aus Zunder- Kleidung, Hüte und Taschen aus „Pilzleder“ gefertigt schwämmen (bzw. daraus isolierten Wirkstoffen) wird werden können. Vor allem in osteuropäischen Ländern angeboten. In Deutschland gibt es beispielsweise eine wie Rumänien ist dieses Handwerk noch lebendig. Au- eigene „Zunderschwamm Naturprodukte GmbH“, die ßerdem wurde er bis ins 19. Jahrhundert in Apotheken neben Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetik auch als blutstillende Wundauflage unter der Bezeichnung Pilzleder-Textilien und Tierfutter aus Zunderschwamm Fungus chirurgorum (sog. Wundschwamm) verkauft. anbietet. Verwendet wurde neben den blutstillenden Zunderlap- pen das Zunderschwamm-Wundstreupulver, das auf of- Sabine Fischer fene, stark blutende Wunden und Geschwüre gestreut Literatur: wurde. In vielen Waldgebieten war die Gewinnung von Dämon W. & I. Krisai- Greilhuber (2017): Die Pilze Öster- Fruchtkörperquerschnitt mit Myzelkern, Trama und Porenschichten; Zunderschwämmen daher ein wichtiger Wirtschaftsfak- reichs. Verzeichnis und Rote Liste 2016. Österreichische © Wolfgang Dämon tor. Die Nachfrage nach den Fruchtkörpern war in dieser Mykologische Gesellschaft (ÖMG) Wildnis NEWS 7 Nr. 3 12/17
DER WEG ZURÜCK ZUM URWALD – WOR L D OW L BOKU-FORSCHUNGSPROJEKT ZUR C ON F ER E NC E 2017 WALDENTWICKLUNG NACH D ie World Owl Conference AUSSER NUTZUNGSTELLUNG 2017 fand von 26. bis 30. Septem- I m Juli 2017 hat ein Team des Instituts für Waldbau an der Eine der Forschungsfragen ist daher auch, wie lange die Ent- ber 2017 in der BOKU (Universität für Bodenkultur) unter der Leitung wicklung zurück zum Urwald dauert und ob sich ehemals UNESCO Weltkul- von DI Katharina Albrich drei Wochen lang Daten für eine genutzte Wälder im Wildnisgebiet nun wieder in Richtung turerbestadt Évora Studie im Rahmen des Projekts „Störungen in Waldökosys- Urwald Rothwald entwickeln oder (bedingt durch Klima- in Portugal statt. tem in einer Welt im Wandel“ (RESIN, www.resin.boku. wandel und Stickstoffeinträge) völlig neue Wege einschlagen. Tagungsort war die ac.at) gesammelt. Universität Évora, das Colégio do Espírito Santo. In der Ver- Im Feld wurden unter anderem Informationen zu Bau- gangenheit hatte die Konferenz 1987 und 1997 in Manitoba Ziel ist es, Einblicke in die Entwicklung von Wäldern nach martenzusammensetzung, Struktur, Totholzvorkom- in Canada, 2000 in Canberra in Australien sowie 2007 in Außernutzungsstellung zu bekommen und damit mehr über men und dem Vorhandensein von Baumverjüngung Groningen in den Niederlanden stattgefunden. ihre Resilienz zu erfahren. Das Wildnisgebiet bietet hierfür gesammelt. Die Daten werden als Teil des von Prof. Ru- ideale Voraussetzungen: Einerseits gibt es Bestände verschie- pert Seidl geleiteten und vom Österreichischen Wissen- Das Wildnisgebiet wurde dabei als einzigartiges Schutzgebiet denster Nutzungsgeschichte, in denen der letzte menschli- schaftsfonds FWF geförderten Projekts zum Verständnis in Mitteleuropa vorgestellt. Durch den strengen Schutzstatus che Eingriff unterschiedlich lange zurück liegt und welche der Resilienz mitteleuropäischer Wälder im Klimawandel hat es besondere Bedeutung als Reservat für viele seltene Ar- somit Einblick in verschiedene Entwicklungsphasen bieten. beitragen. Ergebnisse aus der Studie werden in den kom- ten und somit als Genpool. Mit seinen mächtigen Bäumen Zusätzlich, als Besonderheit des Wildnisgebiets, bietet der menden Jahren auch hier in den WildnisNEWS präsen- bietet es Brutmöglichkeiten für alle Baumhöhlenbrüter. Da- Urwald Rothwald eine österreichweit einzigartige Möglich- tiert werden. rüber hinaus bieten Urwälder, Wildnisgebiete oder Altholz- keit zur Beobachtung natürlicher Waldökosystemdynamik bestände ein großes Angebot an Deckung und Nahrung und und damit einen Referenzpunkt für die Waldentwicklung in begünstigen damit die Koexistenz mehrerer Eulenarten. der Region. Katharina Albrich Daher war das Wildnisgebiet mit 3 Vorträgen über die durch- geführten Eulenprojekte vertreten. Während der Hauptkon- ferenz wurde am 29. September 2017 das Eulenmonitoring (Thomas Hochebner, Ingrid Kohl) sowie die Habichtskauz- Wiederansiedlung (Ingrid Kohl) vorgestellt. Im Workshop am 26. September 2017 konnten die Telemetrie-Techniken aus dem Habichtskauzprojekt (Ingrid Kohl) näher beleuchtet werden. In einem vierten Vortrag, in dem es um das Gesamtprojekt der Wiederansiedlung des Habichtskauzes in Österreich ging (Richard Zink), wurde das Wildnisgebiet als eines der beiden Freilassungsgebiete neben dem Biosphärenpark Wienerwald vorgestellt. Die Forscher beschäftigen sich mit der Frage Aufgenommen wurden unter anderem Ziel des Projektes ist es, Einblicke in die Ent- wie lange die Entwicklung zurück zum Informationen zu Baumartenzusammenset- wicklung von Wäldern nach Außernutzungs- Im Telemetrie-Workshop wurden die Besenderungsmetho- Urwald dauert und ob sich ehemals genutzte zung, Struktur,Totholzvorkommen und dem stellung zu bekommen und damit mehr über Wälder im Wildnisgebiet nun wieder in Vorhandensein von Baumverjüngung. ihre Resilienz zu erfahren. den, als auch die Telemetrietechnologien präsentiert, die im Richtung Urwald Rothwald entwickeln. © Rupert Seidl © Rupert Seidl Wildnisgebiet seit 2009 im Habichtskauzprojekt angewandt © Rupert Seidl werden (Ingrid Kohl). Zur Hauptkonferenz wurde das Ha- Wildnis NEWS 8 Nr. 3 12/17
bichtskauzprojekt, sowie die wichtigsten Ergebnisse von Uhu, Davidskauz, Pueo oder Hawaiianische Sumpfohreule, 2009 bis 2017 vorgestellt (Ingrid Kohl). Im Vortrag über Sägekauz sowie Kläfferkauz. Waren zur Zeit der World Owl das Eulenmonitoring-Projekt, das seit 2015 im Wildnisge- Conference 2007 noch 206 Eulenarten weltweit anerkannt, biet durchgeführt wird (Thomas Hochebner, Ingrid Kohl) waren es 2017 bereits 247 beschriebene Eulenarten weltweit. wurden die Ergebnisse der ersten drei von fünf Projektjahren erläutert. In Abhängigkeit zu Buchenmast-Zyklen und Klein- Eröffnet wurde die Konferenz durch die Rektorin der Uni- säuger-Zyklen konnten in den ersten drei Jahren des Eulen- versität Évora Ana Costa Freitas, dem Bezirkshauptmann von monitorings in unterschiedlicher Häufigkeit Raufußkäuze, Évora Carlos Pinto de Sá, dem Präsidenten von CCDR Alen- Sperlingskäuze, Waldkäuze, Habichtskäuze und im Sommer tejo Roberto Pereira Grilo, dem Direktor vom ICNF Alente- 2017 erstmals junge Waldohreulen festgestellt werden. Mit jo Department für Naturschutz und Wälder Pedro Rocha so- einer Seehöhe von mehr als 1.400 m NN gehört dieser Brut- wie dem Vorsitzenden von LabOr/ICAAM João E. Rabaça. nachweis von Waldohreulen zu den höchsten Österreichs. Das wissenschaftliche Komitee setzte sich zusammen aus Da- Damit waren das seit 2008 durchgeführte Habichtskauz- vid H. Johnson (Global Owl Project), James Duncan, Dries Projekt, sowie das seit 2015 durchgeführte Eulenmoni- Van Nieuwenhuyse, Ricardo Tomé, Rui Lourenço und Inês toring-Projekt zwei von ganz wenigen Projekten aus dem Roque. Das Organisationsteam vor Ort bestand aus Inês deutschsprachigen Raum, die am WOC präsentiert wurden. Roque, Carlos Godinho, Rui Lourenço, Ana Marques so- wie João E. Rabaça. Das internationale Netzwerk setzte sich 131 Teilnehmer aus 30 Nationen aus der ganzen Welt nah- zusammen aus Hein Bloem, Roy Leigh, Karla Bloem, James men an der Konferenz teil. Das Konferenzprogramm be- Das Wildnisgebiet war mit 3 Vorträgen über die durchgeführten Eulenprojekte vertreten © Thomas Hochebner Duncan, Dries Van Nieuwenhuyse, David H. Johnson und stand aus zwei Workshops, einem Round Table, einem Sym- Aki Higuchi. Das Freiwilligenteam setzte sich zusammen aus posium, vier Keynote-Vorträgen, 63 Vorträgen, 23 Postern, André Oliveira, Cátia Gamito, Patrícia Santos, Pedro Freitas, einer Weinverkostung, einem abendlichen Fado-Konzert, Themenblöcke der vier Vortragstage umfassten Brutbiologie Pedro Ribeiro, Rui Silva, Shirley Horst, Cláudia Lopes und sowie zwei Exkursionen. und Verhalten, Artenschutz und Lebensraumerhaltung, Kul- Luisa Crisóstomo. tur, Methoden, Evolution, Taxonomie und Phylogenie, Mo- Am ersten Konferenztag befassten sich die zwei Workshops nitoring, Migration und Verbreitung, Wanderverhalten und Ein herzlicher Dank gilt dem gesamten Organisationsteam mit Bildungsarbeit sowie Telemetrie, Nestcams und Daten- Habitat sowie Ökologie. Behandelt wurden unter anderem sowie allen Teilnehmern für das Ermöglichen einer derart analysen. Das Symposium behandelte die Themen Hoch- Eulenarten wie Schleiereule, Kaninchenkauz, Sumpfohreule, reichhaltigen und wertvollen Weltkonferenz! spannungsleitungen, Windkraftanlagen, sowie Verkehrs- Schneeeule, Bartkauz, Habichtskauz, Waldkauz, Raufuß- opfer. Der Round Table behandelte die Schleiereule und kauz, Sperlingskauz, Uhu, Zwergohreule, Steinkauz, Fahl- grenzübergreifende Forschung. kauz, Schmuckeule oder Schmuck-Zwergohreule (Unterart: Ingrid Kohl Lanyu-Schmuckeule), Mangokauz, Streifenkauz, Virginia- Die vier folgenden Vortragstage wurden ohne Parallelsessi- ons durchgeführt, sodass alle Vorträge gehört werden konn- ten. Es waren unter anderem Forscher aus Australien, Japan, China, Nepal, Indien, Südafrika, Ägypten, Hawaii, Canada, USA, México, Finnland, Norwegen, Griechenland, Ukraine, Schottland, England, Frankreich, den Niederlanden, Belgi- en, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Slowenien, Schweiz, Österreich, Spanien und Portugal als Gastgeber- land vertreten. Es konnten Forschungsarbeiten, Bildungs- arbeit sowie Artenschutzprojekte aus vielen Teilen der Erde vorgestellt werden. Mit Keynote-Vorträgen beehrten Pertti Saurola aus Finnland, David H. Johnson aus den USA, Al Vrezec aus Slowenien so- wie Erkki Korpimäki aus Finnland die Konferenzteilnehmer. 30 Nationen aus der ganzen Welt nahmen an der Konferenz teil © Assen Ignatov Wildnis NEWS 9 Nr. 3 12/17
BESONDERHEITEN DER SCHNECKENFAUNA S eit Sommer 2015 läuft in Kooperation mit der Ar- beitsgruppe „Alpine Land Snails“ des Naturhisto- rischen Museums Wien ein Projekt zur Erhebung der auf der Fläche des Wildnisgebietes und der mitverwal- teten Naturschutzgebiete (Kothbergtal, Lechnergra- ben, Seebachlacke, Leckermoor) gefunden. Die Arten- ten Endemiten kommen in den nordöstlichen Kalkal- pen zwischen Schneeberg und westlichem Toten Ge- birge vor (Rabitsch & Essl 2008). Schnecken und Muscheln des Wildnisgebietes (siehe zahlen können durch weitere Sammelexkursionen 2018 WildnisNEWS 11/15). Wer jetzt erstaunt die Augen- noch etwas anwachsen. Bei den Gastropoden (Schnecken) findet sich relativ zur brauen hebt: ja, es gibt auch Muscheln im Wildnis- Gesamtartenzahl für Österreich (~455) ein sehr hoher gebiet! Nämlich mehrere Arten der Erbsenmuscheln Die Menschen und vor allem die Schutzgebiete vor Ort Anteil an Endemiten: 76 endemische und 4 subende- (Pisidium). Die Gattung enthält die kleinsten Ver- haben eine besonders große Verantwortung für die hei- mische Arten (bzw. Unterarten) (Subendemiten sind treter von Muscheln im Süßwasser (siehe Abbildung). mischen Endemiten – das sind Tier-, Pilz- oder Pflan- Arten, die geringfügig über die Grenzen Österreichs Aufgrund der hohen Variabilität ihrer Schale und dem zenarten mit sehr kleinen Verbreitungsgebieten, die hinaus vorkommen; der nationale Arealanteil liegt bei Mangel an eindeutigen Artmerkmalen ist eine Bestim- nirgendwo sonst auf der Erde vorkommen (griechisch >75%). Das sind rund 18 % des heimischen Arteninven- mung auf Artniveau schwierig und wird für uns von éndemos = einheimisch). Schnecken treten konzent- tars. Die meisten von ihnen besiedeln Lebensräume der der Expertin Nicole Kerschbaumer (Salzburger Mala- riert in Gebieten mit karbonatischem Untergrund auf; Hochgebirge (Volkmer 2017). kologische Arbeitsgemeinschaft) durchgeführt. in Österreich zeigen sich deutliche Schwerpunkte im Nach derzeitigem Kenntnisstand leben im Wildnisge- Grazer Bergland, dem Gesäuse und besonders in den biet Dürrenstein die folgenden endemischen Schne- Bisher wurden 74 Land- und 11 Wasserschneckenarten nieder- und oberösterreichischen Kalkalpen. Die meis- ckenarten: Die winzige Gemeine Erbsenmuschel (Pisidium casertanum) ist das Gegenteil eines Endemiten - sie ist ein Kosmopolit und hat möglicher- weise die weiteste Verbreitung unter den nicht-marinen Mollusken. Die hochalpine, endemische Zylinder-Felsenschnecke (Cylindrus obtusus) wurde im Wildnisgebiet ab 1500 m Seehöhe Und das ist natürlich auch eine Besonderheit! © Robert Patzner am Noten und am Dürrenstein gefunden. © Michaela Sonnleitner Wildnis NEWS 10 Nr. 3 12/17
Cylindrus obtusus, die – unverwechselbare – Zylinder- (Kerney et al 1983). Die Art kommt im Wildnisgebiet Felsenschnecke. Die etwa 1,5 cm kleine „Schneekö- verbreitet und relativ häufig vor. nigin“ ist ein kälte- und nässeliebender hochalpiner Österreich-Endemit. Die Art kommt zwischen 1100 Trochulus oreinos oreinos, die Ostalpenhaarschnecke, und 2680 Metern Seehöhe in kargen Schutthalden, ist eine kalkstete Art, die nur in den Bundesländern Dolinen oder Schneetälchen von den Lienzer Dolo- Steiermark und Niederösterreich vorkommt (Klemm miten bis zum Schneeberg und den nördlichen Kalk- 1973). Sie lebt im Hochgebirge in felsigen Rasenbio- alpen bis nach Nordwest-Kärnten vor (Steger 2012). topen und im Bodenmulm und scheint dabei eng an Im Wildnisgebiet wurde die Art nur über 1500 m die auf flachgründigen Felsgraten auftretenden Pols- Seehöhe am Noten und am Dürrenstein gefunden. terseggenrasen (Caricetum fi rmae) gebunden zu sein (Duda et al 2010). Bei uns konnte die Art bisher an Orcula austriaca, die Österreichische Fässchenschne- zwei Fundstellen in Kammlage nahe dem Dürren- cke. Die Art ist ein Ostalpen-Endemit und kommt steingipfel (>1800 m) nachgewiesen werden. nur im nördlichen Österreich, Kärnten und der Stei- ermark vor. Sie lebt in feuchten, düsteren Schluchten, Möglicherweise gibt es weitere endemische Schne- aber auch nach Süden exponierten trockenen Gras- cken-Unterarten bei uns. Da viele aber einer Revision und Felshängen. Die Tiere sitzen an Totholz, Felsen, bedürfen und die Zuordnung sehr unsicher ist, wer- oder im Mulm von Felsnischen (Kerney et al 1983). den sie von uns nicht ausgewiesen (in Absprache mit Die Österreichische Fässchenschnecke (Orcula austriaca) ist ein Im Wildnisgebiet gibt es bisher nur eine Fundstelle Michael Duda, NHMW). Ostalpen-Endemit. Im Wildnisgebiet gibt es bisher nur eine Fundstel- am Dürrensteinplateau auf 1650 m Seehöhe. le am Dürrensteinplateau auf 1650 m Seehöhe. © Naturhistorisches Zu unseren Nachbarn: Trochulus oreinos oreinos, Or- Museum Wien / Michael Duda Orcula gularis, die Schlanke Fässchenschnecke, ist cula gularis und Cylindrus obtusus wurden auch im Literatur: ein Subendemit, d.h. der Großteil des Verbreitungs- NP Gesäuse gefunden (Volkmer 2017), die letzteren Duda M., L. Kruckenhauser, E. Haring & H. Sattmann gebietes liegt in Österreich, die Art kommt aber auch zwei Arten auch im NP Kalkalpen (Steger 2012) – (2010): Habitat requirements of the pulmonate land in den Kalkalpen SO-Bayerns sowie in Slowenien darüber hinaus fi nden sich dort weitere endemische snails Trochulus oreinos oreinos and Cylindrus obtusus und Italien vor. Sie lebt im Kalksteingeröll auf küh- Schnecken-Arten und -Unterarten, die bei uns nicht endemic to the Northern Calcerous Alps, Austria. Eco len, feuchten Hängen in der montanen Höhenstufe nachgewiesen wurden. Dies zeigt deutlich, wie klein- Mont 2(2): 5–12 räumig manche En- Kerney M. P., R. A. D. Cameron & J. H. Jungbluth: Die demiten verbreitet Landschnecken Nord- und Mitteleuropas: ein Bestim- mungsbuch für Biologen und Naturfreunde. Verlag Paul sind und wie wich- Parey, Hamburg und Berlin. tig es ist, diese sehr Klemm W. (1973): Die Verbreitung der rezenten Landgehäu- lokalen Vorkommen seschnecken in Österreich. Denkschr. Österr. Akad. Wiss. zu schützen, da Math. nat. Kl. 117, Wien: 1-503 schon kleine Um- Rabitsch W. & F. Essl (2008): Endemiten in Österreich. Sel- weltveränderungen ten und schützenswert. Umweltbundesamt Wien. zu einer starken Steger J. (2012): Die Weichtierfauna (Mollusken) des Natio- Gefährdung führen nalpark Kalkalpen mit besonderer Berücksichtigung en- können. demischer Arten. Abschlussbericht, Nationalpark Kalk- alpen. Das Gehäuse der endemischen Ostalpenhaarschnecke (Trochulus oreinos oreinos) ist mit Volkmer J. (2017): Die Landschneckenfauna des National- 0.03–0.09 mm kurzen Haaren bedeckt, die bei älteren Tieren oder leeren Gehäusen verschwinden. Die Art lebt parks Gesäuse. Ökologie der alpinen Landgastropoden, im Hochgebirge - bei uns rund um den Dürrensteingipfel (>1800 m). mit besonderer Berücksichtigung endemischer Arten © Naturhistorisches Museum Wien / Michael Duda Sabine Fischer (Gastropoda, Mollusca). Masterarbeit, Universität Graz. Wildnis NEWS 11 Nr. 3 12/17
DIE HÖHENSTUFEN Die Waldgrenze liegt in den nörd- lichen Randalpen bei 1600 m IM GEBIRGE Seehöhe, schwankt aber erheblich durch Einflüsse von Lokalklima, Großpflanzenfressern und Ro- Z u den auffälligsten Erscheinungen der Berge gehört der starke Wechsel ihres Pflanzenkleids. Von buchendomi- nierten Laubwäldern gelangen wir mit zunehmender Höhe dungen. Überhaupt wird das hö- henabhängige Klima kleinräumig oft überlagert durch die Expositi- in Bergfichtenwälder und bald darauf an die Waldgrenze. on und die dem jungen Gebirge Hier ist der Bereich der Almen und des Krummholzes. Noch eigene Dynamik. Lawinenbahnen etwas höher kennzeichnen schließlich Zwergstrauchheiden, und Kaltluftseen, flachgründi- Rasen und Felsfluren die alpine Höhenstufe. ge Grabenböschungen und Fel- sen erlauben auch in tiefer Lage Natürliche Pflanzengesellschaften drücken immer die Le- keine Waldentwicklung, dafür bensbedingungen an ihrem Standort aus. Dazu gehört an schmücken sie sich mit Blumen, erster Stelle das Klima. Je höher wir steigen, desto stärker die teilweise aus alpinen Höhen wird die Strahlung, desto heftiger werden Wind und Wet- stammen. Nicht einmal die tief- terwechsel. Wolken können uns mit kaltem Nebel einhüllen montanen Laubmischwälder und oder tief unter uns die Täler erfüllen. Vor allem sinkt der die Bergfichtenwälder halten sich Luftdruck mit zunehmender Höhe. Das registrieren wir immer an die Höhenzonierung. zwar nicht unmittelbar, umso mehr spüren wir die Folgen An Südosthängen steigt zum Bei- des Druckabfalls auf alle wichtigen Klimafaktoren. 300 m Je dünner die Luft, desto kälter und feuchter wird sie. Die Baumgrenze zeigt eindrucks- spiel die Buche bis zur Waldgren- höher am Berg ist es um 2°C kälter, regnet es 300 mm im voll das zähe Ringen des Lebens am Rand seiner Möglichkeiten. © Werner Gamerith ze und sogar als Legbuche in die Jahr mehr, gibt es 20 Tage mehr mit Schneefall, wird die Krummholzzone. Am Ötscher winterliche Schneedecke um 0,5 m höher und dauert einen turen von mindestens 5°C die Dauer von 100 Tagen im Jahr, und am Dürrenstein bilden deshalb etliche Kämme in der Monat länger. können Bäume nicht mehr existieren. An der Waldgrenze Waldstufe eine scharfe natürliche Grenze zwischen Laub- löst sich der hochmontane Fichtenwald auf und es beginnt und Nadelwald. Die Wirkungen des Drucks der Atmosphäre auf Temperatur die subalpine Stufe, wo zwischen Krummholz und Zwerg- und relative Feuchtigkeit erklärt uns die Gasphysik. Jedenfalls strauchbeständen knorrige Wetterfichten die Zähigkeit und Die grüne Haut, mit der das Reich des Organischen die Erde ändern sich mit der Seehöhe die Bedingungen dramatisch. stete Auseinandersetzung des Lebens mit seiner Umwelt vor umhüllt und schützt, wird im Gebirge dünn und löchrig. Unterschreitet die Vegetationszeit mit Tagesmitteltempera- Augen führen. Denn mit zunehmender Höhe wandelt sich der Wald zur Kältesteppe. Die Pflanzen werden immer kleiner, ducken sich schließlich mit Spalier-, Polster- und Zwergwuchs an den Boden, trotzen mit unterschiedlichsten Strategien ihrer unwirtlichen Umwelt. Die verschiedenen Anpassungen, mit denen Alpenpflanzen und Alpentiere die harten Bedingungen ihres Lebensrau- mes bewältigen, gehören zu den bewundernswertesten Leis- tungen der Evolution. Die leuchtenden Blütenteppiche im kurzen Bergsommer faszinieren und berühren uns. Scheint doch ihre verschwenderische Pracht so gar nicht zu der rauen Das natürliche Pflanzenkleid spiegelt Alpenastern und viele andere an die Felsen, aktive Schutthalden und Lawi- Gebirgswelt zu passen - ein Geschenk an die bestäubenden die mit zunehmender Höhe immer kurze Vegetationszeit angepasste Blu- nenbahnen bereichern die Höhenzonen Insekten, und ein Lehrstück für das Glück des Lebens. härteren Lebensbedingungen wider. men schmücken alpine Rasen, die Nah- mit dynamischen Pionierstandorten. © Werner Gamerith rungsbasis zahlloser großer und kleiner © Werner Gamerith Alpentiere. © Werner Gamerith Werner Gamerith Wildnis NEWS 12 Nr. 3 12/17
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wildnisgebietsverwaltung Dürrenstein wünschen allen Leserinnen und Lesern der WildnisNews ein gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute für das Jahr 2018! Wildnis NEWS 13 Nr. 3 12/17
Mit Unterstützung von: itär n.at Sachverständigenbüro
LESENS- UND SEHENSWERTES FILM FILM ABO BILDBAND BLUMEN REPTILIEN BRUTVÖGEL SÄUGETIERE TAGFALTER URWALD LECKERMOOR WILDNISNEWS EUR 39,– EUR 18,– EUR 10,– EUR 15,– EUR 15,– EUR 15,– EUR 15,– EUR 15,– EUR 20,–/J. Impressum: Ich möchte das Wildnisgebiet Dürrenstein unterstützen: Herausgeber und Medieninhaber: Schutzgebietsverwaltung mit einer einmaligen Spende in der Höhe von EUR Wildnisgebiet Dürrenstein, Brandstatt 61, A-3270 Scheibbs, office@wildnisgebiet.at, www.wildnisgebiet.at Redaktion: Katharina Albrich, Dipl.-Ing., DI Werner Gamerith, Dr. Sabine Fischer, Dr. Ingrid Kohl, durch einen jährlichen Beitrag von EUR DI Dr. Christoph Leditznig, Nina Schönemann, BSc Für den Inhalt verantwortlich: Nina Schönemann, BSc Fotos: Schutzgebietsverwaltung Wildnisgebiet Dürrenstein, durch die Bestellung von Thomas Aichinger, Wolfgang Dämon, Michael Duda, Christi- an Eplinger, DI Werner Gamerith, Thomas Hochebner, Assen Ignatov , Robert Patzner , Rupert Seidl, Michaela Sonnleitner Druck: Queiser GmbH, A-3300 Amstetten Die WildnisNEWS Ort/Datum, Unterschrift erscheint dreimal jährlich Vorschau: Die aktuelle Silva Fera erscheint im Frühjahr 2018 Bankverbindung: Raiffeisenbank Mittleres Mostviertel IBAN: AT143293900000544932 Die nächste WildnisNEWS erscheint im Frühjahr 2018 BIC: RLNWATWW939 Wildnis NEWS 15 Nr. 3 12/17
Gedruckt mit Pflanzenölfarben! Absender: Wildnisgebiet Dürrenstein Brandstatt 61, A-3270 Scheibbs
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