Kartellrechts-Kompass - Frühjahr 2021 - Orth Kluth

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Kartellrechts-Kompass - Frühjahr 2021 - Orth Kluth
Kartellrechts-Kompass
                                                                    Ausgabe Frühjahr 2021

Kartellrechts-Kompass – Frühjahr 2021
Wir freuen uns, Ihnen unsere nunmehr           beibehalten, oder doch besser ändern soll-
zweite Ausgabe des Kartellrechts-Kompas-       ten.
ses präsentieren zu dürfen. Im Fokus die-
ser Ausgabe steht u.a. die „Digitalisierung    Fusionskontrolle
des Wettbewerbsrechts“ durch die 10.
GWB Novelle, die am 19. Januar 2021 in         Software-Märkte
Kraft getreten ist.
                                               In den letzten Monaten haben wir viele
Wir haben dabei einzelne Themen heraus-        Transaktionen im IT-Markt begleitet und
gegriffen, die für Sie relevant und hoffent-   beobachtet. Dies hat uns veranlasst, eine
lich auch spannend sind, und auf eine er-      von diesen einmal näher zu beleuchten und
schöpfende Darstellung der Änderungen          dort v.a. einen Blick auf die Marktabgren-
verzichtet. Anhand der Überschriften soll      zung zu werfen:
es Ihnen möglich sein, schnell zu den The-
men, die Sie besonders interessieren, zu       Das Bundeskartellamt hat Ende Februar
springen. Denn Zeit hat man (leider) immer     2021 den Erwerb der Signavio GmbH
zu wenig.                                      durch die SAP SE freigegeben und sich in
                                               diesem Zusammenhang eingehend mit
Feedbackaufruf: Zu unserer ersten Aus-         Software-Märkten auseinandergesetzt und
gabe des Kartellrechts-Kompasses haben         Anfang März dazu auch einen Fallbericht
wir viel konstruktives Feedback erhalten.      veröffentlicht (B7-30/21). SAP ist bekannt-
Vielen Dank an dieser Stelle dafür. So kön-    lich ein Anbieter von Unternehmensan-
nen wir unser neues Projekt vorantreiben       wendungssoftware (EAS) und insbeson-
und stetig weiterentwickeln. Bitte lassen      dere im Bereich Enterprise Ressource Ma-
Sie uns weiterhin gerne durch eine E-Mail      nagement Software (ERP) aktiv. Signavio
an lars.maritzen@orthkluth.com wissen,         bietet B2B-Softwarelösungen für Prozess-
wie Ihnen diese Ausgabe gefällt, was wir       management an.
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Die Produkte sind komplementär, da die im                   software can be subdivided according
Rahmen von Prozessmanagement- Soft-                         to company size.
ware verwendeten Daten u.a. aus ERP- Sys-
temen stammen.
                                                          Neue Anmeldeverfügung
Im Markt für Prozessmanagement-Soft-
ware spricht nach dem Bundeskartellamt                    Mit der 10. GWB Novelle wurde in § 39a
(viel) für eine Annahme getrennter Pro-                   GWB eine neue Anmelderegelung einge-
duktmärkte der Teilbereiche Process Mi-                   führt.
ning und Enterprise Business Process Ana-
lysis (EBPA), da Kunden beide Produkte                    Demnach kann das Bundeskartellamt unter
häufig getrennt nachfragen.                               den nachfolgend genannten Voraussetzun-
                                                          gen durch Verfügung zur Anmeldung ver-
Der Markt für ERP-Software könne je nach                  pflichten: (i) das erwerbende Unternehmen
Unternehmensgröße untergliedert werden.                   muss im letzten Geschäftsjahr einen globa-
Geprüft wurde, ob eine Kopplung der ERP                   len Umsatz von mehr als 500 Millionen
Software von SAP mit der Prozessmanage-                   Euro erzielt haben, (ii) es muss die Gefahr
ment-Software von Signavio, zu einer Be-                  bestehen, dass der wirksame Wettbewerb
hinderung des wirksamen Wettbewerbs                       in den betroffenen Geschäftszweigen er-
führen kann. Nicht verwunderlich war die                  heblich behindert wird; (iii) das Unterneh-
Feststellung, dass SAP im ERP-Bereich eine                men muss im betroffenen Geschäftszweig
starke Marktstellung einnimmt. Hier be-                   einen Marktanteil von mindestens 15%
stehe ein starker lock-in Effekt.                         halten und (iv) das Bundeskartellamt muss
                                                          im betroffenen Wirtschaftszweig zudem
Dem Bundeskartellamt zufolge besteht je-                  eine Sektorenuntersuchung nach § 32e
doch keine Gefahr der Koppelung oder                      GWB durchgeführt haben. Außerdem muss
Bündelung der Produkte, da diese typi-                    das Zielunternehmen Umsatzerlöse von
scherweise nicht als Bündel nachgefragt                   mehr als zwei Millionen Euro im letzten Ge-
werden.                                                   schäftsjahr vorweisen, von denen mehr als
                                                          zwei Drittel im Inland erzielt wurden.
 Summary
                                                          Entsprechend dieser hohen Anforderungen
 The German Federal Cartel Office                         an eine Anmeldeverpflichtung rechnet der
 (“FCO”) has recently cleared the acqui-                  Gesetzgeber nur mit einem bis drei Verfah-
 sition of Signavio GmbH by SAP SE and                    ren im Rahmen von Anmeldungsverfügun-
 took a closer look at the software mar-                  gen.
 kets. In the market for process manage-
 ment software, the FCO argues in favor                     Summary
 of the assumption of separate product
 markets for the sub-segments of pro-                       The newly introduced § 39a GWB al-
 cess mining and enterprise business                        lows the FCO to require companies to
 process analysis (EBPA) that customers                     notify transactions with other compa-
 often only demand part(s) of the afore-                    nies. The acquiring company must have
 mentioned solutions. In the end, how-                      generated turnover of more than 500
 ever, the precise market definition                        million euros worldwide in the last fis-
 could be left open. The market for ERP                     cal year and have a market share of at
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 least 15% in the business sector con-                      Summary
 cerned. In addition, there must be a risk
 of competition being impeded and a                         The FCO uses the newly introduced Sec.
 sector inquiry must have been carried                      19a GWB for the first time and expands
 out. The target company must have                          its proceedings against Facebook/Ocu-
 sales of more than two million euros in                    lus. The proceeding involves the linking
 the previous financial year, two thirds                    of Oculus with the Facebook network.
 of which were generated in Germany.                        The FCO is now also examining whether
                                                            Facebook falls under the new regula-
                                                            tions for companies with outstanding
Marktmissbrauch                                             cross-market significance for competi-
                                                            tion.
Erstes Verfahren nach § 19a
GWB – „die neue Waffe hat                                 Ubiquitärer Datenzugangsan-
(auch) Zähne“                                             spruch
Im Dezember 2020 hat das Bundeskartell-
                                                          Ebenfalls mit der 10. GWB Novelle wurde
amt (erneut) ein Missbrauchsverfahren ge-
                                                          in § 20 Abs. 1a GWB ein (u.E. ganz span-
gen Facebook eingeleitet. Hintergrund ist
                                                          nender und praktisch relevanter) Datenzu-
die Verknüpfung von Oculus mit dem Face-
                                                          gangsanspruch eingeführt. Demnach kann
book-Netzwerk, denn die Nutzung der VR-
                                                          eine unbillige Behinderung vorliegen, wenn
Brillen von Oculus soll nur zusammen mit
                                                          Unternehmen A für die eigene Geschäftstä-
einem Facebook-Account möglich sein. Die-
                                                          tigkeit auf Daten des Unternehmens B an-
ses Verhalten stelle eine kartellrechtswid-
                                                          gewiesen ist und Unternehmen B den Zu-
rige Kopplung dar, so das Bundeskartell-
                                                          gang zu diesen Daten, gegen Zahlung eines
amt.
                                                          angemessenen Entgeltes, verweigert. Wann
Insoweit kommen dem Bundeskartellamt                      ein Entgelt angemessen ist, wird sicher Ge-
die 10. GWB-Novelle und deren neue Be-                    genstand einiger weitergehender Überle-
fugnisse, z.B. § 19a GWB, (sehr) gelegen.                 gungen sein. Die Regelung tritt neben den
Sogleich nach Inkrafttreten machte das                    Zugangsanspruch gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 4
BKartA erstmals von §19a GWB Gebrauch                     GWB (Daten als essential facility).
und weitete das Verfahren entsprechend
                                                          Regelungsgegenstand ist somit eine Daten-
aus. Gegenstand der Prüfung ist nun, ob Fa-
                                                          abhängigkeit zwischen zwei Unternehmen.
cebook unter die neuen Regelungen für Un-
                                                          Insoweit stellt die Regelung einen Spezial-
ternehmen mit überragender marktüber-
                                                          fall der unternehmensbedingten Abhängig-
greifender Bedeutung für den Wettbewerb
                                                          keit dar, nämlich die Abhängigkeit von Da-
nach § 19a GWB fällt.
                                                          ten.

                                                          Der Gesetzgeber zielt mit der Einführung
                                                          der Norm vorrangig auf den Datenzugang
                                                          in bestehenden Vertragsverhältnissen
                                                          innerhalb mehrstufiger Wertschöpfungs-
                                                          ketten ab. Darauf ist die Regelung jedoch
                                                          nicht beschränkt. Denn § 20 Abs. 1a S. 3
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GWB eröffnet den Zugangsanspruch auch                     Dateninhaber die Daten nur zur Eigennut-
dort, wo bisher noch keine Geschäftsbe-                   zung einsetzten will oder nicht.
ziehung bestanden hat.
                                                            Summary
Spannend ist, dass Zugang nicht nur ein ab-
hängiges KMU verlangen kann, sondern                        Also newly introduced with the 10th
größenunabhängig jedes Unternehmen,                         GWB amendment, Sec. 20 (1a) GWB
welches auf die Daten für die eigene Ge-                    prohibits an abuse without a dominant
schäftstätigkeit angewiesen ist.                            market position of the data owner in
                                                            the case of dependencies between com-
Zudem ist die Vorschrift sowohl anwend-                     panies that have data control and do not
bar, wenn sich Zugangspetent und Zu-                        surrender it for an appropriate fee and
gangsgewährender vor- und nachgelagert                      companies that are dependent on ac-
auf den Märkten gegenüberstehen, aber                       cess to data. A denial of access to such
auch, wenn beide Wettbewerber sind.                         data may result in an unreasonable im-
Denn auch dann kann u.E. eine tatbestand-                   pediment.
liche Abhängigkeit bestehen. D.h. weiterge-
dacht, dass ein Wettbewerber unter den
Voraussetzungen des § 20 Abs. 1a GWB                      Digital Markets Act
auch Zugang zum Datenpool eines Wettbe-
werbers verlangen kann.                                   Die EU-Kommission hat im Dezember 2020
                                                          den Entwurf für den „Digital Markets Act“
Auch ohne solche vorhergehende Vertrags-                  („DMA“) vorgelegt, mit dem die digitale
beziehungen kann eine unbillige Behinde-                  Wirtschaftsbranche stärker reguliert wer-
rung dieses Unternehmens vorliegen, so                    den soll.
z.B., wenn die Daten die Grundlage für die
bedeutende eigene Wertschöpfung des Zu-                   Der Gesetzesvorschlag wendet sich an ga-
gangspetenten sind bzw. ohne den Zugang                   tekeeper im Bereich der core platform ser-
eine Vermachtung nachgelagerter Märkte                    vices. Zu den core platform services zählen
droht. Die Anwendungsfälle in industriel-                 digitale Dienstanbieter, wie zum Beispiel
len Beziehungen sind vielgestaltig und bie-               Social Networking Plattformen, Videosha-
ten reichlich Boden dafür, sich (gegen an-                ring- und Kommunikationsdienste, Such-
gemessenes Entgelt) ggf. Zugang zu ver-                   maschinen und Cloud Computing Dienste.
schaffen, wo dies vorher noch mit mehr                    Diese werden zu gatekeepern, wenn sie ei-
rechtlichen Unsicherheiten behaftet gewe-                 nen erheblichen Einfluss auf den Binnen-
sen ist. So kann beispielsweise ein Anbieter              markt haben, eine wichtige Vermittlerrolle
von Servicedienstleistungen auf die Bereit-               zwischen geschäftlichen und privaten Nut-
stellung von Maschinennutzungsdaten des                   zern erlangt haben und mit ihren Leistun-
Herstellers angewiesen sein, um überhaupt                 gen eine gefestigte oder dauerhafte Stel-
Wartungsdienstleistungen an Maschinen-                    lung einnehmen bzw. prognostizierbar ein-
anbieten zu können.                                       nehmen werden. Der Entwurf nennt dabei
                                                          einen regelbeispielhaften Schwellenwert
Die Zugangsverweigerung muss darüber                      von 6,5 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr,
hinaus auch objektiv unbillig sein. Vorzu-                den ein gatekeeper erreichen muss, um als
nehmen ist hier eine Interessenabwägung.                  solcher klassifiziert zu werden. Man sieht
Nicht notwendig ist jedoch, dass der                      also: Der DMA wird nach jetziger
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Ausgestaltung nur wirklich große, umsatz-                 Entscheidung des BGH zum „Lkw-Kartell“
starke Unternehmen treffen.                               vom 23.9.2020 – KZR 35/19. Viele Grund-
                                                          satzfragen sind, wie auch schon den in den
Der DMA führt Verbotsregelungen für be-                   Schiene I-V Entscheidungen, zu Gunsten
stimmte Verhaltensweisen dieser gatekee-                  der Geschädigten entschieden worden. Seit
per ein, die teilweise bereits aus Entschei-              der Lkw-Entscheidung steht nunmehr fest,
dungen der Kommission u.a. im Google-                     dass sich die Kartellanten nicht damit ver-
Shopping-Fall oder im Google-Android-Fall                 teidigen können, dass eine Einigung mit
bekannt sind. Außerdem werden der Kom-                    der EU-Kommission dazu führe, dass die
mission Werkzeuge zur Verfügung gestellt,                 Bindungswirkung der Bußgeldbescheid für
um gatekeeper aufzuspüren und die Ver-                    den Zivilprozess entfiele.
bote durchzusetzen. Ziel ist es, Big-Tech-
Unternehmen daran zu hindern, ihre                        Auch wurde festgestellt, dass die Verjäh-
Machtstellung unbegrenzt auszuüben.                       rung mit der Nachprüfung (d.h. der Durch-
                                                          suchung) und nicht (erst) mit der (z.T.
Bei Verstößen sollen Geldbußen von bis zu                 deutlich später erfolgenden) formalen Ver-
10% des weltweiten Jahresumsatzes des                     fahrenseröffnung beginnt. Maßgeblich für
Unternehmens und Zwangsgelder von bis                     die Kläger in vielen Kartellschadensersatz-
zu 5% des durchschnittlichen Tagesumsat-                  verfahren war jedoch vor allem die Aner-
zes drohen. Zusätzlich behält sich die Kom-               kennung eines wirtschaftlichen Erfah-
mission bei systematischen Verstößen wei-                 rungssatzes durch den BGH, dass auch der
tere Abhilfemaßnahmen vor.                                Austausch von Bruttopreislisten bei einem
                                                          Kartell mit hoher Marktabdeckung über ei-
 Summary
                                                          nen längeren Zeitraum, zu kartellbedingt
                                                          überhöhten Preisen führt. Mit dem nahen-
 In December 2020, the EU Commission
                                                          den Ablauf der subjektiven kenntnisabhän-
 has published the draft "Digital Markets
                                                          gigen Verjährungsfrist zum Ende dieses
 Act", which aims to be a fundamental
                                                          Jahres, ist deshalb mit Spannung zu erwar-
 reform of the digital economy. The draft
                                                          ten, inwiefern sich dies auf die Vergleichs-
 contains a catalogue of prohibitions for
                                                          bereitschaft der Kartellanten auswirkt.
 companies in the field of digital core
 platform services that have attained a
                                                            Summary
 certain position of power within the in-
 dustry and are classified as gatekeepers.                  Since the truck decision by the FCJ on
 The EU-Commission will be enabled to                       23.9.2020, it has now been established
 track down these gatekeepers in the fu-                    that the cartelists cannot defend them-
 ture in order to enforce the regulations                   selves by claiming that a settlement
 accordingly.                                               with the EU Commission would result in
                                                            the binding effect of the fine notice for
                                                            the civil proceedings ceasing to apply. It
Kartellschadensersatz                                       was also stated that the statute of limi-
                                                            tations begins with the dawn-raid and
Lkw-Kartell                                                 not with the formal opening of proceed-
                                                            ings. However, the decisive factor for
Rückenwind für Geschädigte in Kartell-                      the plaintiffs was the court's recogni-
schadensersatzverfahren gab es mit der                      tion of a factual principle of experience
Kartellrechts-Kompass - Frühjahr 2021 - Orth Kluth
Kartellrechts-Kompass      6
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 that also the exchange of gross price                      Chamber once again underlines its view
 lists in the case of a cartel with high                    that the place where the harmful event
 market coverage over a longer period of                    occurred is the place where the initial
 time, the prices must be deemed to be                      damage directly resulting from the
 usually higher than in the absence of a                    causal event occurred. In the case of the
 cartel restricting competition.                            assignment of claims, this place is at the
                                                            seat of the damaged party - the as-
                                                            signor.
Abtretung & Zuständigkeit

Das LG Dortmund hat sich kürzlich erneut                  Innenregress
mit der örtlichen Zuständigkeit bei abge-
tretenen Kartellschadensersatzansprüchen                  Bisher stand die Rechtsprechungsreihe
auseinandergesetzt (8 O 15/18 Kart). Im                   zum Schienenkartell sinnbildlich für die
betreffenden Fall ging die Zessionarin aus                Frage: Kann man im Wege des Innenre-
abgetretenem Recht von 30 Zedenten vor.                   gresses die gezahlte Geldbuße von den Ge-
Dabei ging es im Kern um die Frage, wie                   schäftsleitern zurückverlangen. Diese
der Erfolgsort i.S.d. § 32 ZPO zu bestimmen               Reihe wurde kürzlich um eine Entschei-
ist. In der jüngeren Rechtsprechung war                   dung des LG Saarbrücken erweitert in der
der Begriff weit ausgelegt worden. Dem-                   Rs. Villeroy Boch.
nach war Erfolgsort jeder Ort, an dem sich
das Kartell bestimmungsgemäß ausgewirkt                   Villeroy Boch war als Beteiligte im Sani-
hat.                                                      tärkartell mit einer Geldbuße durch die Eu-
                                                          ropäische Kommission belegt worden. In
Das LG Dortmund nahm jedoch eine deut-                    dem Prozess machte sie nun Regress- und
lich engere Abgrenzung vor. Ergebnis: Der                 Schadensersatzansprüche gegenüber ei-
Erfolgsort ist dort, an dem der unmittelbar               nem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden
aus dem kausalen Ereignis entstandene                     aus dem Kartellzeitraum geltend. Vorwurf:
Erstschaden aufgetreten ist. Im Fall der Ab-              Dieser hätte seine Aufsichtspflichten ver-
tretung liegt dieser Ort, richtigerweise, am              letzt. Neben Anwaltskosten sollten auch ca.
Sitz der Geschädigten – der Zedentin.                     2,3 Mio. EUR des gezahlten Bußgelds re-
                                                          gressiert werden. Das Gericht hielt die An-
Da Abtretungen zum Handwerkszeug einer                    sprüche jedoch für verjährt.
sauberen Vorbereitung der Klagestruktur
auf Klägervertreterseite gehören, ist hier                Darüber hinaus stellte es in einem obiter
also Vorsicht geboten, will man nicht an                  dictum fest, dass es zumindest die Geldbu-
der Hürde „(örtliche) Zuständigkeit“ schei-               ßen ohnehin nicht für regressierbar hält.
tern.                                                     Begründet wurde dies mit dem Ziel des
                                                          durch die Kommission hinreichend ab-
 Summary                                                  schreckenden Effekt von den verhängten
                                                          Geldbußen. Diese Wirkung würde abgemil-
 In confirmation of the chamber's deci-
                                                          dert werden, wenn die Kartellbußgelder
 sion as of 9.9.2020, the Regional Court
                                                          regressierbar sind. Der effet utile wäre
 in Dortmund transfers the principles es-
                                                          durch eine Regressierbarkeit von Geldbu-
 tablished in the European case law on
                                                          ßen verletzt, wenn die Geldbußen (teil-
 Art. 7 No. 2 Brussels Ia Regulation. The
                                                          weise) auf Vorstandsmitglieder abgewälzt
Kartellrechts-Kompass - Frühjahr 2021 - Orth Kluth
Kartellrechts-Kompass      7
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werden können, die von Art. 101 AEUV                      Eine wesentliche Ausweitung der Haftung
nicht als Betroffene erfasst wären.                       von Finanzinvestoren für deren Portfolio-
                                                          gesellschaften nahm der EuGH in einer Ent-
Hätte es sich um ein von dem BKartA ver-                  scheidung zum Stromkabelkartell vor (wir
hängtes Bußgeld gehandelt, müsste auch                    hatten dazu schon im Client-Alert berich-
berücksichtigt werden, dass das GWB einen                 tet). Es geht um die Entscheidung Goldman
unterschiedlichen Bußgeldrahmen für na-                   Sachs. Die Entscheidung ist sehr wichtig,
türliche Personen und Unternehmen vor-                    wenn es um die richtige Ausrichtung der
sieht. Während natürliche Personen mit ei-                Kartell-Compliance Organisation bei Port-
ner Geldbuße von 1 Mio EUR belegt wer-                    foliogesellschaften geht, an denen bei-
den können, darf die Geldbuße von Unter-                  spielsweise nur eine Minderheitsbeteili-
nehmen maximal 10% des im vorausge-                       gung gehalten wird.
henden Geschäftsjahr erzielten Gesamtum-
satzes betragen. Diese Differenzierung darf               Der EuGH hat nunmehr bestätigt, dass Fi-
nicht durch einen Regress der Unterneh-                   nanzinvestoren / PE-Investoren auch kar-
mensgeldbuße ausgehebelt werden. Das                      tellbußgeldrechtlich verantwortlich
gilt insbesondere vor dem Hintergrund,                    sind, wenn diese eine Minderheitsbeteili-
dass die Unternehmensgeldbußen in der                     gung an der Portfoliogesellschaft halten,
Höhe existenzvernichtende Ausmaße für                     soweit jedenfalls Kontrolle ausgeübt wird
natürliche Personen annehmen können.                      und es zudem unerheblich ist, ob die Fi-
                                                          nanzinvestoren Kenntnis von dem kartell-
 Summary                                                  rechtlichen Verstoß bei der Zuwiderhand-
                                                          lung gehabt haben.
 The LG Saarbrücken stated that it did
 not consider the fines to be regressible.                Die Entscheidung sollte von Finanzinvesto-
 Such a regress would violate the effet                   ren und Beteiligungsgesellschaften zum
 utile. The deterrend effect of the fines                 Anlass genommen werden, zu überprüfen,
 imposed by the Commission would be                       wie das Kartellrechtsrisiko gerade auch bei
 mitigated if the cartel fines were re-                   Minderheitsbeteiligungen gesteuert wird.
 gressible. The effet utile would be vio-
 lated by the regressability of fines if the                Summary
 fines could be (partially) passed on to
 members of the Management Board                            An Appeal brought by Goldman Sachs
 who were not affected by Article 101                       against the General Courts ruling which
 TFEU. In addition, there is a risk of fur-                 confirmed Goldman Sachs’ liability in
 ther passing on of fines to D&O insur-                     the power cables cartel between 2005
 ers.                                                       and 2009 was dismissed by the CJEU.
                                                            The Court held that the presumption of
                                                            decisive influence is possible, when a
Bußgeldverfahren / Durchsu-                                 parent company can exercise all the
chungen                                                     voting rights, which leads to a determi-
                                                            nation of the economic and commercial
Haftung für Portfoliogesell-                                strategy of the subsidiary and when the
                                                            companies have an economical, organi-
schaften
                                                            zational and legal connection.
Kartellrechts-Kompass      8
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Dawn-Raids                                                  both must, in the context of dawn-raids
                                                            by the FCO, provide "information that
Die 10. GWB Novelle bringt die Notwendig-                   may allow access to evidence, as well as
keit mit sich, dass die bisherigen Durchsu-                 explanations of facts or documents that
chungsleitfäden in vielen Fällen ange-                      may be related to the subject matter
passt werden müssen.                                        and purpose of the search". Employees
                                                            must now also testify if it is only a mat-
Denn neu geregelt wurde unter anderem                       ter of prosecuting an administrative of-
der Umfang der Mitwirkungspflicht. Bis-                     fense and the FCO issues a non-prosecu-
lang bestand für die Geschäftsleitung und                   tion consent.
Mitarbeiter der Unternehmen im Rahmen
einer kartellbehördlichen Durchsuchung
durch das BKartA lediglich eine passive                   Sonstiges
Duldungspflicht. Nunmehr müssen sowohl
die Geschäftsleitung als auch die Mitarbei-               Infoboxen bei Google oder
ter im Rahmen von Durchsuchungen des                      auch: Wann handelt der Staat
Bundeskartellamts „Informationen, die den                 unternehmerisch?
Zugang zu Beweismitteln ermöglichen kön-
nen, sowie Erläuterungen zu Fakten oder                   Anfang November 2020 hat Gesundheits-
Unterlagen, die mit dem Gegenstand und                    minister Jens Spahn bekanntgegeben, dass
dem Zweck der Durchsuchung in Verbin-                     das Gesundheitsministerium nun mit
dung stehen könnten“, mitteilen vgl. §§ 82b               Google dergestalt kooperiert, dass die In-
Abs. 1 S. 1 iVm 59b Abs. 3 S. 1 Nr. 3 GWB.                halte des nationalen Gesundheitsportals
Dies muss in den Durchsuchungsleitfäden                   („NGP“) gesund.bund.de, welches seit Sep-
entsprechend angepasst werden.                            tember 2020 online ist, künftig bei der
                                                          Google Suche in einer besonderen Infobox
Mitarbeiter müssen jetzt auch aussagen,
                                                          angezeigt werden. Besonders deshalb, weil
wenn es nur um die Verfolgung einer Ord-
                                                          diese besonders prominent in der Ergeb-
nungswidrigkeit geht und das Bundeskar-
                                                          nisliste angezeigt wird.
tellamt eine sog. Nichtverfolgungszusage
erteilt, die aber vom Bundeskartellamt wie-               Angestoßen durch die aktuelle Corona-Pan-
der zurückgenommen werden kann.                           demie sollten verunsicherte Bürger in Ge-
                                                          sundheitsfragen vor „Fake News“ geschützt
Die Regelung wird vielfach (zu Recht) we-
                                                          werden. Aber auch zu anderen gesund-
gen der mangelnden Vereinbarkeit mit dem
                                                          heitsbezogenen Themen sollten auf der
nemo tenetur-Grundsatz kritisiert. Hier
                                                          staatlich finanzierten Website „ge-
wird man abwarten müssen, wie das Bun-
                                                          sund.bund.de“ geprüfte Informationen ver-
deskartellamt mit einer möglichen Rück-
                                                          öffentlicht werden.
nahme der Nichtverfolgungszusage in der
Praxis umgeht.                                            Problematisch war, dass die Zusammenar-
                                                          beit von Gesundheitsministerium und
 Summary
                                                          Google von einer Exklusivitätsbindung ge-
 Previously, the management and em-                       tragen war, auch wenn dies z.T. in Abrede
 ployees of companies were only obliged                   gestellt wurde. Der Betreiber des konkur-
 to tolerate a search by the FCO. Now,                    rierenden Gesundheitsportals
Kartellrechts-Kompass      9
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„NetDoktor.de“ erblickte darin aufgrund                   Eine Freistellung der Vereinbarung kam
der abgelenkten Nutzeraufmerksamkeit ei-                  nicht in Betracht. Durch die Einführung der
nen Wettbewerbsnachteil, da sich die                      Infoboxen sei weder ein Effizienzgewinn
Klickzahlen durch die auf das Portal ge-                  durch Verbesserung der Suchmaschinen-
sund.bund.de verweisende Infobox verrin-                  funktion noch eine Verbesserung der Ge-
gert hätten und beantragte den Erlass einer               sundheitsaufklärung der Bevölkerung zu
eV gegen Google mit dem Argument, dass                    erkennen, da keine wesentliche Anzahl an
die Zusammenarbeit von BMG und Google                     unseriösen Gesundheitsportalen in den
eine kartellrechtswidrige Vereinbarung                    oberen Suchergebnissen bei Google er-
darstelle.                                                scheint.

Das LG München gab dem Antrag statt.                        Summary
Zwei wesentliche Fragen wurden behan-
delt: 1. Wann handelt der Staat, hier das                   In a landmark case before the LG Mün-
BMG, unternehmerisch und unterliegt dem                     chen, the latter has ruled that Google
Kartellrecht und 2. wann liegt eine Verein-                 has infringed the prohibition of cartels
barung vor?                                                 by agreeing with the Federal Ministry of
                                                            Health that the permanent and exclu-
Nutzt ein Hoheitsträger privatrechtliche                    sive presentation of one website in the
Mittel, so unterliege er den gleichen Rege-                 so-called “knowledge panel”, a promi-
lungen wie die anderen Marktteilnehmer,                     nent placed information box. The appli-
d.h. ist „Unternehmen“ i.S.d. des Kartell-                  cation for an interim injunction was
rechts. Vorliegend ist die Tätigkeit des BMG                filed by NetDoktor.
wirtschaftlicher Natur und daher losgelöst
von der Wahrnehmung hoheitsrechtlicher
Befugnisse. Diese Rechtsprechung deckt                    Zu Hause ist´s am schönsten?
sich mit vorhergehenden Entscheidungen,
beispielsweise in der Rs. Selex.                          Eine neue Entscheidung des EuGH zur Be-
                                                          stimmung der Zuständigkeit zwischen Ver-
Es lag auch eine exklusive Vereinbarung                   trags- und deliktischem Gerichtsstand
zwischen BMG und Google vor. Diese ergab                  dürfte besonders für kleinere und mittel-
sich zwar nicht aus den Verträgen, wohl                   ständische Unternehmen die gerichtliche
aber aus dem gemeinsamen Auftreten. Zur                   Durchsetzung ihrer kartellrechtlichen An-
Begründung zog das LG München interes-                    sprüche gegenüber großen Internetplatt-
santerweise z.T. wörtlich die Inhalte der                 formen bedeutend erleichtern.
Pressekonferenz heran. Dies lässt wieder
erinnern, wie wichtig es ist, auch solche                 Der Entscheidung lag eine gerichtliche Aus-
Presseauftritte kartellrechtlich zu beglei-               einandersetzung zwischen einem deut-
ten. Denn das LG München weist den Weg,                   schen Hotel, dem Wikingerhof, und Boo-
wie man es hätte erreichen können, dass                   king.com zugrunde. Der Wikingerhof warf
keine Vereinbarung vorgelegen hätte, näm-                 Booking.com vor, durch die gestellten AGB
lich wenn Google die Inhalte des NGP                      seine marktbeherrschende Stellung miss-
schlichtweg geduldet hätte. Dann hätte nur                bräuchlich auszunutzen und erhob Klage.
eine einseitige Verhaltensweise vorgelegen.               Das LG Kiel erklärte sich für örtlich und in-
                                                          ternational unzuständig. Die Entscheidung
Kartellrechts-Kompass     10
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wurde vom OLG Schleswig bestätigt. Der                      competition law claims for small enter-
BGH legte sodann die Klage dem EuGH vor.                    prises. A German hotel accused Book-
                                                            ing.com of abusing its dominant posi-
Maßgeblich war, ob eine „unerlaubte Hand-                   tion in the market through its general
lung“ iSd Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO vorliegt,              terms and conditions and filed a law-
obwohl die AGB-Anpassungen erst inner-                      suit.
halb des Vertragsverhältnisses auftraten.
Denn dann wäre eine Zuständigkeit der                       The decisive question was whether
deutschen Gerichte gegeben. Demgegen-                       there was a "tortious act " within the
über wären nach Art. 7 Nr. 1 a) Brüssel Ia-                 meaning of Art. 7 No. 2 Brussels Ia Reg-
VO für eine Klage aus einem „Vertrag oder                   ulation, although the amendments to
Ansprüche aus einem Vertrag“ die nieder-                    booking.com’s General Terms and Con-
ländischen Gerichte zuständig. Problema-                    ditions occurred within a contractual
tisch war, dass der EuGH in der Rs. Brogsit-                relationship. The ECJ ruled that if the
ter zuletzt eine Linie vertreten hat, die dazu              plaintiff invokes tort claims and it does
geführt hat, dass z.B. Booking.com durch                    not appear indispensable to examine
den schlichten Verweis darauf, dass das                     the content of a contract, Art. 7 No. 2 is
Verhalten vertraglich gerechtfertigt ist, den               applicable. If, as in the case presented,
Gerichtsstand steuern und in die Nieder-                    the plaintiff accuses the defendant of an
lande ziehen konnte.                                        abuse of a dominant position, the inter-
                                                            pretation of the contract is not indis-
Diese Linie hat der EuGH nun modifiziert.                   pensable for this determination, thus
Dem EuGH zufolge ist für die Anwendung                      Art. 7 No. 2 is applicable.
des Art. 7 Nr. 1 a) Brüssel Ia-VO darauf ab-
zustellen, ob die Auslegung des Vertrages
unerlässlich ist, um zu klären, ob das Ver-               Amtshaftung
halten, das der Kläger dem Beklagten vor-
wirft, rechtswidrig ist. Beruft sich der Klä-             Amtshaftungsansprüche gegenüber dem
ger auf die Regeln aus unerlaubter Hand-                  Bundeskartellamt haben Seltenheitswert.
lung und erscheint es nicht unerlässlich,                 Jüngst war es mal wieder soweit. Anlass-
den Inhalt des Vertrages zu prüfen, ist Art.              fall: Das Pflanzenschutzmittelkartell,
7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO anwendbar. Wirft der                Schauplatz: Das LG Bonn.
Kläger, wie in dem vorgelegten Fall, der Be-
klagten den Missbrauch einer marktbe-                     Dieses wies Anfang Dezember eine Amts-
herrschenden Stellung vor, so ist für diese               haftungsklage des Pflanzenschutzmittel-
Feststellung die Auslegung des Vertrages                  großhändlers BayWa in erster Instanz ab.
nicht unerlässlich. Deshalb sei in einem sol-
                                                          Worum geht es? Im Rahmen der Ermittlun-
chen Fall Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO ein-
                                                          gen des Bundeskartellamtes im Pflanzen-
schlägig und die deutschen Gerichte inter-
                                                          schutzmittelkartell soll es, so BayWa, zu ei-
national zuständig.
                                                          ner Ungleichbehandlung bei der Kronzeu-
 Summary                                                  genbehandlung gekommen sein. Drei (Mit-
                                                          )Kartellanten soll ein anonymer Hinweis im
 A recent decision of the ECJ on the in-                  Rahmen der Ermittlungen gegeben worden
 terpretation of the European jurisdic-                   sein, mit dem Inhalt, dass diese den Fall
 tion rules facilitates the enforcement of
Kartellrechts-Kompass     11
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intern aufklären, gegebenenfalls einen                      Summary
Kronzeugenantrag stellen.
                                                            The Regional Court in Bonn has dis-
Das LG Bonn begründete seine Entschei-                      missed an action brought by BayWa,
dung damit, dass es aus ermittlungstakti-                   against the FCO to establish the au-
schen Gründen fernliegend gewesen wäre,                     thority’s liability. BayWa AG claimed,
die BayWa als treibende Kraft und einen                     that by contacting three other mem-
Haupttäter des Kartells, vorab zu informie-                 bers of the cartel at the beginning of
ren. Darüber hinaus sei es jedem Unterneh-                  the investigation, the FCO has violated
men, welches sich an einer kartellrechts-                   the principle of equality.
widrigen Absprache beteiligt hat, immer
möglich, freiwillig beim Bundeskartellamt                   The Court substantiated his judgment
zu melden und einen Bonusantrag zu stel-                    with the fact, that the specific proce-
len.                                                        dure for investigating the matter had
                                                            previously been discussed with
Das Ermittlungsverfahren sei außerdem im                    BayWa, due to a cooperation during
Rahmen einer einvernehmlichen Verfah-                       the proceeding which led to a settle-
rensbeendigung abgewickelt worden, so-                      ment.
dass sämtliche Kartellanten in diesem Zuge
mit dem Bundeskartellamt kooperiert ha-
ben und über den Ermittlungsablauf in                     In eigener Sache: Vertretung
Kenntnis gesetzt wurden. Letztlich sei die                Geschädigter im Nachgang zum
BayWa AG auch nicht gerichtlich gegen den                 Aluminium- und Stahlschmie-
Bußgeldbescheid vorgegangen.                              dekartell
Ob dies in aller Absolutheit zutrifft, kann
                                                          Das Bundeskartellamt hat kurz vor Weih-
man durchaus hinterfragen. Die die Abwä-
                                                          nachten und im Februar zwei Bußgeldver-
gung Ermittlungstaktik vs. Gleichbehand-
                                                          fahren beendet, die für Abnehmer der be-
lung voll zu Gunsten des Bundeskartellam-
                                                          bußten Aluminium- und Stahlschmieden
tes zu entscheiden, begegnet durchaus Be-
                                                          von Interesse sind. Sollte Ihr Unternehmen
denken, denn die Entscheidung öffnet die
                                                          indirekt oder direkt Aluminium von dem
Tür weit zu Gunsten des Bundeskartellam-
                                                          Unternehmen OTTO FUCHS Beteiligungen
tes, wenn es um die Frage geht: Was ist
                                                          KG, der Leiber Group GmbH & Co. KG, der
noch Ermittlungstaktik und was eine Will-
                                                          Strojmetal Aluminium Forging GmbH, dem
kürentscheidung. Ist es noch von Art. 3 GG
                                                          Presswerk Krefeld GmbH & Co. KG oder der
gedeckt, wenn aus dem schlichten Grund,
                                                          Bharat Forge Aluminiumtechnik GmbH be-
dass von dem anderen Unternehmen ein
                                                          zogen haben, können Ihnen Kartellscha-
höheres Bußgeld zu erwarten sei, wenn
                                                          densersatzansprüche zustehen. Dasselbe
dieses nicht Bonusantragsteller wird, man
                                                          gilt, wenn Sie Stahl von den Unternehmen
dieses am Anfang zulässigerweise nicht an-
                                                          CDP Bharat Forge GmbH (jetzt: Bharat
sprechen darf. Dies könnte sodann künftig
                                                          Forge Global Holding GmbH), der Bharat
– je nach Fallkonstellation – dazu führen,
                                                          Forge CDP GmbH oder der ehemaligen Jo-
dass das Bundeskartellamt Kartellanten
                                                          hann Hay GmbH & Co. KG Automobiltech-
nach erwartbarer Geldbuße kontaktiert.
                                                          nik (jetzt: Musashi Bockenau GmbH & Co.
                                                          KG) bezogen haben. Beide Fälle weisen
Kartellrechts-Kompass     12
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sowohl bei den beteiligten Kartellanten, als              vollständig an die Kunden weiterzureichen.
auch beim Kronzeugen, Hirschvogel, Paral-                 Der Austausch umfasste die Kosten des ein-
lelen auf.                                                gesetzten Edelstahls sowie den Bereich der
                                                          Energie- und Lohnkosten.
Im Fall Aluminiumschmiedebetriebe hat
das Bundeskartellamt Geldbußen i.H.v. ca.                 Orth Kluth vertritt kartellgeschädigte Un-
175 Mio. Euro gegen mehrere Aluminium-                    ternehmen bei der Geltendmachung der
schmiedebetriebe verhängt, da diese zwi-                  Kartellschadensersatzansprüche.
schen April 2006 und April 2018 das ge-
meinsame Ziel verfolgt haben, die steigen-                  Summary
den Kosten auf deren Kunden abzuwälzen,
                                                            The FCO has imposed fines on compa-
um keine Nachteile durch Kostensteigerun-
                                                            nies from the aluminum and steel forg-
gen zu erleiden. Bei gemeinsamen Treffen
                                                            ing industry in December 2020 and
tauschten sich die Kartellanten regelmäßig
                                                            February 2021. In the case of the alumi-
über die individuellen Kosten im Einkauf
                                                            num forging cartel, the agreements
und Kostensteigerungen für Aluminium,
                                                            aimed at passing on rising material
für Energie und für die Umarbeitung des
                                                            costs to customers and not suffering
Aluminiums aus. Auch Absprachen über
                                                            any disadvantages from the cost in-
sog. Ratio Rabatte waren Teil der Kar-
                                                            creases, and in the case of the steel forg-
tellabsprache.
                                                            ing cartel, passing on the company's
Bereits kurz darauf, im Februar 2021, ver-                  own manufacturing costs to customers
öffentliche das Bundeskartellamt sodann,                    as fully as possible. Orth Kluth repre-
dass es weitere Bußgelder i.H.v. 35 Mio. für                sents damaged parties in their assertion
weitere Absprachen im Bereich der Stahl-                    of antitrust damage claims.
schmiedeindustrie verhängt hat. Es stellte
fest, dass sich die Unternehmen in der Ab-
sicht ausgetauscht hätten, die eigenen Her-
stellungskosten von Schmiedeerzeugnissen
sowie die Kostenveränderungen möglichst
Kartellrechts-Kompass
                                                                                   Ausgabe Frühjahr 2021

Kontakt
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                                            Dr. Anselm Grün
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                                            T +49 30 2060970-0
                                            anselm.gruen@orthkluth.com
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                                            Maria Kroenig
                                            Rechtsanwältin

                                            T +49 211 60035-294
                                            maria.kroenig@orthkluth.com
                                            Kaistraße 6, 40221 Düsseldorf
                                            orthkluth.com
Kartellrechts-Kompass     14
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                                            Dr. Dominika Stachurski LL.M
                                            Rechtsanwältin

                                            T +49 30 2060970-20
                                            dominika.stachurski@orthkluth.com
                                            Heidestraße 9, 10557 Berlin
                                            orthkluth.com

                                            Prof. Dr. Patrick Ostendorf LL.M.
                                            Of Counsel

                                            T +49 30 2060970-0
                                            patrick.ostendorf@orthkluth.com
                                            Heidestraße 9, 10557 Berlin
                                            orthkluth.com
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