Innovationen für die land- und forstwirtschaftliche Produktion - Herausforderungen begegnen und Kreisläufe schließen
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an tw äen. f ra g e n s orte n ern te n. FACTSHEET NR. 3 Innovationen für die land- und forstwirtschaftliche Produktion Herausforderungen begegnen und Kreisläufe schließen Im Auftrag von:
Worum geht‘s? Was erwartet Sie? © weinfranz Welche Maßnahmen helfen uns dabei, die Kreislaufwirtschaft in Österreich umzuset- Digitale Technologien zen und gleichzeitig eine hohe Versorgungsleistung beizubehalten? Und welche Pro- Dank Innovationen effizienter, res- dukt- und Prozessinnovationen können dank intensiver Forschung bereits als Beiträge sourcenschonender und nachhaltiger für sich verändernde Umweltbedingungen, gesellschaftliche Ansprüche und Schwach- produzieren stellen in der agrarischen oder forstlichen Produktion zur Verfügung gestellt werden? ab Seite 5 Kreisläufe schließen, Mit dem vorliegenden Factsheet gehen wir genau diesen Fragen nach. Anhand von viel- versprechenden Beispielen und interessanten Fakten – passend zu den folgenden vier Zukunft gestalten! Schwerpunktthemen – wird aufgezeigt, welche innovativen Ansatzpunkte dazu beitra- Neuartige gen (können), den aktuellen Herausforderungen in der Land- und Forstwirtschaft zu Züchtungskonzepte begegnen und Kreisläufe zu schließen: Moderne Züchtung: zielgerichtet und schnell Stephan Pernkopf, Die heimische Wirtschaft und Gesellschaft – insbesondere die Land- und Forstwirt- Präsident des Ökosozialen schaft – wurde dieses Jahr erneut von klimawandelbedingten Schadereignissen wie Digitalisierung, mit deren Hilfe unzählige Daten gesammelt, verschnitten sowie ana- ab Seite 11 Forums Hagel, Sturm und Trockenheit getroffen. Angesichts der klimatischen Veränderungen lysiert werden, um frühzeitiger, gezielter und folglich mit weniger Betriebsmittelauf- stellt sich die Frage, wie und mit welchen Betriebsmitteln wir künftig Produkte und wand auf sich ändernde Umweltbedingungen reagieren zu können – sei es im Pflan- Nahrungsmittel herstellen. Klimaschonende nachwachsende Roh- und Reststoffe spie- zenbau, in der Tierhaltung oder im Forst. Innovative Ersatzstoffe len eine zentrale Rolle, um die Abkehr von fossilen Brennstoffen zu gewährleisten. Eine Neuartige Züchtungskonzepte, die es ermöglichen, Nutztiere und Nutzpflanzen ideal für nicht-erneuerbare Entwicklung hin zu einer kreislaufbasierten Landwirtschaft und die Versorgungssicher- an die vorherrschenden klimatischen und natürlichen Bedingungen anzupassen, an- heit stehen dabei keineswegs im Widerspruch. statt wenig angepasste Arten durch hohen Betriebsmitteleinsatz auf das gewünschte Betriebsmittel Abfälle und Nebenprodukte nutzen Leistungsniveau zu heben. Die land- und forstwirtschaftliche Forschungslandschaft arbeitet intensiv in diese Rich- ab Seite 17 tung und damit auch in Richtung einer lebenswerten Zukunft. Sei es die effiziente Be- Innovative Ersatzstoffe für bislang angewandte Betriebsmittel, die dem agrarischen bzw. forstlichen Kreislauf selbst entstammen und nicht gesondert produziert und wässerung landwirtschaftlicher Flächen durch Digitalisierung, die gezielte Züchtung von extern zugeführt werden müssen. von Feldfrüchten für mehr Trockenresistenz, die Herstellung klimafreundlicher Treib- Innovationen in der stoffe aus Schadholz oder die Produktion von Lebensmitteln, welche einer nachhaltige- Innovationen aus der Lebensmittelwirtschaft, mittels derer nicht nur den veränder- ren Bewirtschaftung im Kreislauf besser entsprechen: Die in dieser Publikation präsen- ten Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten Rechnung getragen wer- Lebensmittelwirtschaft Nachhaltig produzieren und ver- tierten Beispiele aktueller Forschungsarbeiten sollen Ihnen als Informationsgrundlage den kann, sondern auch Produkte vermarktet werden können, die einer nachhaltige- dienen. Schaffen wir gemeinsam ein Zuhause, in dem auch noch unsere Enkelkinder ren Bewirtschaftung im Kreislauf besser entsprechen. markten gerne und gut leben können! Denn ökosozial ist was die Wirtschaft stützt, die Umwelt ab Seite 23 schützt und uns Menschen nützt – und auch morgen noch funktioniert! Ausgewählte Forschungsprojekte – passend zu den jeweiligen Themenschwerpunkten – geben Ihnen darüber hinaus Einblicke, welche einschlägigen Forschungsfragen aktu- ell gesät werden. Und welche Antworten die land- und forstwirtschaftliche Praxis, die Verwaltung und letztlich auch die Gesellschaft bereits ernten kann. 2 3
©Wilhelm Windisch Forschung als Treiber einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft Eine gesunde Land- und Forstwirtschaft betrachtet die Erzeugung von Biomasse – z.B. Wilhelm Windisch als Nahrungsmittel oder zur Energiegewinnung – als Kreislauf natürlicher Ressourcen. Strategien der Kreislaufwirtschaft tragen somit dazu bei, unseren Agrar- und Forstsek- Wilhelm Windisch ist Professor tor nachhaltiger und widerstandsfähiger zu gestalten. Warum ein Umdenken hin zu an der Technischen Universität einer solchen Wirtschaftsweise wichtig ist, verdeutlichen uns die Klimawandel beding- München und Vorsitzender des ten Herausforderungen in der Primärproduktion und die steigenden gesellschaftlichen Agrar- und Forstwissenschaft- Erwartungen bis hin zum Konsum. Die intelligente Nutzung von Ressourcen, ein scho- lichen Beirats, der dieses Projekt nender Umgang mit begrenzt verfügbaren Produktionsfaktoren, die Weiterverwen- inhaltlich begleitet. dung von nicht vermeidbaren Reststoffen und Nebenprodukten sowie die Erhöhung der Wertschöpfung auf allen Ebenen sind dabei Eckpfeiler einer Kreislaufwirtschaft. Unserer Nutzungs- und Verwertungspfade sind jedoch voller Schwachstellen und Fla- schenhälse. Viele davon erscheinen uns aus der Gewohnheit heraus als naturgegeben und unveränderbar. Aber gerade hier liegt der Schatz an Innovationen, dessen Bergung mit der kritischen Prüfung der alltäglichen Routine beginnt. Kreative Forschung und Entwicklung liefern uns Durchbrüche und Abkürzungen auf den Pfaden der Kreislauf- wirtschaft – sei es in den Bereichen Digitalisierung, Pflanzenzüchtung, klimafreundliche Digitale Technologien Treibstoffherstellung oder Lebensmittelproduktion. Die hier vorgestellten Prozess- und Produktinnovationen sind das Ergebnis intensiver agrar- und forstwissenschaftlicher Dank Innovationen effizienter, ressourcen- Forschung und leisten bereits einen wichtigen Beitrag, um den genannten Herausfor- derungen zu begegnen und Kreisläufe zu schließen. schonender und nachhaltiger produzieren 4 5 © pexels.com/jetshootscom
Digitalisierung unterstützt die „Smart Farming“ betriebliche Kreislaufwirtschaft... Acker „Smart Farming“ oder „Precision Farming“ – also eine intelligente bzw. Mit GPS-Bodensonden und Luft- Präzisions-Landwirtschaft – bezeichnet die Anwendung von techni- aufnahmen von Drohnen wird schen Verfahren, um Ressourcen in der Land- und Forstwirtschaft ef- Düngung der Nährstoffbedarf auf dem IoT-Systeme fizient einzusetzen. Anhand im Vorfeld festgelegter Feld teilflächengenau bestimmt. Auf dem Tablet oder Smart- Digitale Technologien Die optimale Verwendung von Dünger, Pflanzenschutzmitteln oder Minimal- und Maximalwer- te für die Pflanzennährstoffe phone werden hochaufgelöste örtliche Karten zu den jeweili- Roboter erkennen Unkräuter visuell und eliminieren diese mit Hilfe auch Wasser spielten in der Landwirtschaft schon immer eine wichti- Stickstoff, Phosphor und Kalium gen Teilflächen erstellt. Diese physikalischer Methoden. Drohnen überwachen die Gesundheit von ge Rolle. Das Wissen über Bodenqualität, Krankheitsbefall und Erträge wird die optimale Düngemen- werden an die mit GPS-Syste- Pflanzen und Tieren auf Äckern und Weiden. Moderne Landmaschinen erlaubt eine angepasste Verwendung dieser Ressourcen. Doch solche ge errechnet und ausgebracht. men ausgestatteten Landma- bringen datengestützt und teilflächengenau Dünger und Pflanzen- Verfahren waren in der Vergangenheit häufig ungenau und zu spät Sensorgesteuerte Güllefässer schinen und Bewässerungsanla- schutzmittel aus. Das alles sind keine Zukunftsvisionen mehr, sondern verfügbar. Die Digitalisierung ermöglicht es, Daten rasch zu erfassen, erfassen die Nährstoffwerte des gen übermittelt. Teil der modernen Land- und Forstwirtschaft. effektiv aufzubereiten und schnell – häufig sogar in Echtzeit – ver- organischen Düngers. fügbar zu machen. So können Landwirtinnen und Landwirte voraus- schauend planen und zeitnah reagieren. Melkroboter Bewirtschaftung Die Milchleistung jeder Es wird genau die Menge Nutzen für die Land- und Forst- einzelnen Kuh wird über an Saatgut, Dünger oder „Precision Farming“ spezielle Sensoren (z. B. Wasser ausgebracht, die wirtschaft – Nutzen für uns alle Geliefert werden die notwendigen Daten von Sensoren auf Land- und als Teil eines „Melkrobo- für eine optimale Pro- Mit Hilfe der Digitalisierung kann frühzeitiger, gezielter und folglich Forstmaschinen, von Bodensonden, Satelliten oder auch Drohnen. ters“) erfasst und ana- duktion nötig ist. Keine mit weniger Betriebsmittelaufwand auf unterschiedliche Standorte Dank smarter Technologien können solche Daten landwirtschaftliche lysiert. Es erfolgt eine Ressourcen werden ver- und sich verändernde Umweltbedingungen reagiert werden. Dadurch Flächen in so viele Teilflächen unterteilen, wie es interne Unterschiede Kontrolle der Euterge- schwendet. werden: gibt – z. B. in der Bodenzusammensetzung, im Unkraut- und Schäd- sundheit und der Milch- lingsbefall oder bei Krankheiten an Pflanzen. Dadurch kann jede Teil- qualität. fläche individuell behandelt werden, um nur so viel Saatgut, Dünger, Rohstoffe und Ressourcen eingespart, Pflanzenschutzmittel oder Wasser auszubringen, wie es tatsächlich negative Umweltauswirkungen minimiert (weniger Kraftstoffver- notwendig ist. brauch, weniger Pflanzenschutzmittel, weniger Mineraldünger, we- niger Ausbringungsverluste bei Wirtschaftsdünger, weniger Boden- Milchviehhaltung Drohne beanspruchung bei gleichbleibender oder verbesserter Leistung), Jede Kuh trägt einen Transpon- Schädlingsbekämpfung erfolgt Tierwohl und Tiergesundheit verbessert und „Precision Livestock Farming“ der. Die mit Sensoren ausgestat- teten Futterautomaten teilen aus der Luft. Mit einer Drohne werden Nützlinge präzise auf In der Nutztierhaltung lassen sich durch elektronische Erfassung, Auf- die optimale Futtermenge je- den Ackerflächen verteilt, wo die Arbeitsbedingungen der in der Landwirtschaft tätigen Menschen bereitung und Bereitstellung von tierbezogenen Daten Gesundheit Ernte der einzelnen Kuh automatisch Pflanzen von Schädlingen be- verbessert. oder Brunst der Tiere überwachen. Die Landwirtinnen und Landwirte Die Ernte im Grünland und zu. Körperfunktionen wie Ge- fallen sind. Dies verringert den können schneller reagieren und so nicht nur das Tierwohl und die Ge- sundheit oder Brunst der Tiere am Acker erfolgt mit sensor- Einsatz von chemischen Pflan- sundheit der Tiere verbessern, sondern auch den Einsatz von Medika- werden überwacht. Dies sorgt gesteuerten Erntegeräten und zenschutzmitteln und sichert menten durch frühzeitiges Handeln minimieren. für mehr Tierwohl und Gesund- Mähdreschern. Durch einen an- zugleich die Erträge. erhaltung der Kühe. Der Einsatz gepassten Auflagedruck und op- von Medikamenten wird verrin- timales Auflagegewicht werden gert. Boden und Erntegut geschont. ...am Beispiel eines Zum Nachlesen unter: info.bmlrt.gv.at Milchviehbetriebs mit Ackerbau 6 7 © shutterstock/justone
EIN BLICK IN DIE FORSCHUNG.. So digital ist die Land- Mehr zum Thema und Forstwirtschaft digitale Innovationen: Forschungseinrichtung: © Versuchszentrum Laimburg Versuchszentrum Laimburg, Südtiroler Be- Di ratungsring für Obst- und Weinbau, Alperia GmbH (Lead Partner) Forschungsfrage Forschungsrichtung: Wie kann die Landwirtschaft durch Obstbau, Digitalisierung moderne Sensortechnik effizienter ge- Di Projektleiter am Versuchszentrum Laimburg: staltet werden? agroinnovationlab.com Martin Thalheimer 9 von 10 österreichischen LandwirtIn- innovationfarm.at Status: in Bearbeitung – Projektende: 2023 MARTIN nen stehen der zunehmenden Digitalisierung posi- Forschungsgebiet: THALHEIMER tiv oder zumindest neutral gegenüber (2021).1 Südtirol lkdigital.at Förderung durch: 24 % Alperia GmbH der LandwirtInnen, die auf intel- ligente Technologien setzen, konnten ihren Dünger- verbrauch um 10 bis 19 % senken.2 SMART LAND – Innovative Lösungen für eine nachhaltige Auf 5.000 Hektar Maisfläche Zukunft der Landwirtschaft werden mit Drohnen Nützlinge ausgebracht, um den Maiszünsler zu bekämpfen (2018).3 Das Projekt Smart Land startete 2019 mit einer Testphase in 60 Süd- tiroler Landwirtschaftsbetrieben. Entwickelt wurde ein System für den Obstbau, das durch hochwertige Sensortechnik die Bodenfeuchtigkeit im Feld misst und mit aktuellen Wetter- und Temperaturdaten ver- 1.100 Auf österreichischen Milchviehbetrieben sind bindet. Das flächendeckende Funknetz ermöglicht eine systematische automatische Melksysteme Übertragung der Messdaten aus den Feldern in Echtzeit über eine App im Einsatz (2020).4 an die Landwirtin oder den Landwirt. Auf dieser Grundlage kann dann eine datenbasierte Entscheidung über die Bewässerung getroffen werden. Durch die gezielte Bewässerung der bewirtschafteten Obst- Quellen: 1KeyQuest/LFI Österreich, 2pwc, bau-Flächen konnte eine Wassereinsparung von 30 % und mehr er- 3 Bauernzeitung, 4 ZAR reicht werden. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier: laimburg.it smartland.alperia.eu 8 © Shutterstock/zoteva © Alperia GmbH 9
EIN BLICK IN DIE FORSCHUNG.. Neuartige Forschungseinrichtung: © D4Dairy ZuchtData EDV-Dienstleistungen GmbH (+ weitere 31 Wirt- Di Forschungsfrage schaftspartner und 13 Wissenschaftspartner) Forschungsrichtung: Welche digital erfassten Daten eignen Agrarwissenschaften, Milchwirtschaft, Digitalisierung Di Züchtungskonzepte sich als Entscheidungsgrundlage für Projektleiterin: die Verbesserung von Tiergesundheit Christa Egger-Danner (ZuchtData, Wien) und Tierwohl am Milchviehbetrieb? Status: in Bearbeitung – Projektende: September 2022 Forschungsgebiet: CHRISTA EGGER-DANNER International Förderung durch: Moderne Züchtung: zielgerichtet und schnell Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG/ Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort/ Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie / Wirtschaftsagentur Wien / Land Niederösterreich D4Dairy – Digitalisierung, Dateninteg- ration sowie Erkennung und Entschei- dungshilfe für die Milchproduktion D4Dairy will mittels eines datengestützten, vernetzten Informations- systems eine digitale Unterstützung des Managements am Milch- viehbetrieb aufbauen und damit eine weitere Verbesserung der Tiergesundheit, des Tierwohls und der Produktqualität erreichen. Ein Projektbereich widmet sich der Zusammenführung der in den Betrie- ben generierten Daten (Daten von gesundheitsbezogenen Sensoren, automatischen Fütterungssystemen, Antibiotikaeinsatz, Stallklima- daten etc.) mit dem Ziel, praktikable Instrumente zur Entscheidungs- unterstützung für Landwirtinnen und Landwirte sowie Tierärztinnen und Tierärzte zu entwickeln. Ein zweiter Projektbereich umfasst die ge- samte Bandbreite der Erfassung und Validierung neuer Merkmale, die Kombination von neuen mit bereits bestehenden Merkmalen sowie die Untersuchung möglicher Risikofaktoren hinsichtlich der Tierge- sundheit mit Hilfe von neuen Methoden bis hin zur Implementierung, z. B. im Rahmen von Optimierungs- und Zuchtstrategien. Dies ermög- licht die Verbesserung der Tiergesundheit und des Tierwohls. Dadurch können Kosten reduziert und Erträge gesteigert werden. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier: d4dairy.com 10 11 © D4Dairy © Shutterstock/New Africa
Neuartige Zunehmende Bedeutung Züchtungskonzepte der Züchtung bei Pflanzen Bereits seit Beginn der Sesshaftigkeit – also seit rund 10.000 Jahren Durch aktuelle Herausforderungen wie dem Klimawandel muss die –, züchtet der Mensch Pflanzen und Tiere. Dies hat es erst ermöglicht, Land- und Forstwirtschaft mit immer schwierigeren Umweltbedin- dass wir heute auf sichere und nahrhafte Lebens- und Futtermittel zu- gungen wie Wassermangel, Schädlingen und Krankheitserregern rückgreifen können. umgehen. Parallel soll in der Produktion der Ausstoß von klimaschäd- lichen Treibhausgasen gesenkt und gleichzeitig hohe Erträge erwirt- Genauso wie damals verfolgt auch die moderne Züchtung das Ziel, die schaftet werden. Genau dies soll durch Züchtung erreicht werden. besten Nutzpflanzen und Nutztiere mit den besten Eigenschaften ge- Damit wird ein wichtiger Beitrag zum Umweltschutz geleistet. Denn zielt zu kultivieren bzw. fortzupflanzen. Pflanzen und Tiere können so durch Züchtung kann die Nährstoffaufnahme und -verwertung – von ideal an die vorherrschenden klimatischen und natürlichen Bedingun- z. B. von Stickstoff – in den Kulturpflanzen ohne Ertragsverluste ver- gen angepasst werden, anstatt wenig angepasste Arten durch hohen bessert werden, was den Düngemittelbedarf reduziert. Zudem kann Betriebsmitteleinsatz auf das gewünschte Leistungsniveau zu heben. mit durch Züchtung von Toleranzen und Resistenzen gegen Schädlin- Während klassische Formen der Züchtung wie Kreuzung und Selek- ge oder Krankheitserreger die eingesetzte Menge an Pflanzenschutz- tion häufig recht lange dauern und zum Teil auch auf Zufällen basie- mitteln herabgesetzt werden. ren, können neuartige Züchtungsmethoden gezielter und schneller erwünschte Ergebnisse erzielen. …und auch bei Nutztieren Zum Nachlesen unter: pflanzenforschung.de Durch gezielte Kreuzung kann in der Tierzucht die Gesundheit und Effizienz der Nutztiere verbessert werden. So kann z. B. die Aufzucht- dauer gesenkt und die Lebensdauer der Milchkühe – und somit die Anzahl der Laktationszyklen, in denen Kühe Milch geben – verlängert werden. Der unproduktive Futterverzehr wird reduziert. Der Ressour- ceneinsatz und damit auch die Methanemissionen der gesamten Milchviehhaltung sinken bei gleichbleibendem Output. Laut aktueller Studie führt ein Gezielter und schneller Temperaturanstieg um 1 Grad durch modere Züchtung bei wichtigen Kulturpflanzen wie Der modernen Wissenschaft stehen heute eine Fülle von Züchtungs- Mais, Reis und Weizen zu Ertrags- methoden zur Verfügung. Dank diesen kann die Ressourceneffizienz verlusten von 10 bis 20 %. deutlich verbessert werden. Neben Techniken der computergestützten Gen- und Genomanalyse stehen insbesondere Laborverfahren, mit Quelle: Deutsch et al., 2018 Zum Nachlesen unter: pflanzenforschung.de denen gezielt in das Erbgut eingegriffen werden kann, im Fokus der Wissenschaft. > 12 13 © pexels.com/mark stebnicki
EIN BLICK IN DIE FORSCHUNG.. Präzisionszüchtung Sind CRISPR und Forschungseinrichtung: Mutagense Gentechnik? © Hermann Bürstmayr, BOKU © Magdalena Ehn, BOKU Grundsätzlich verläuft die Präzisionszüchtung – oder auch als Smart Universität für Bodenkultur Wien Di Breeding bezeichnet – wie klassische Züchtung. Allerdings wird anhand Forschungsrichtung: Forschungsfrage des entschlüsselten Genoms vorab analysiert, welcher Kreuzungspart- Pflanzenzüchtung, Biotechnologie ner geeignet ist, um die gewünschten Eigenschaften schnellstmöglich Der Europäische Gerichtshof hat 2018 entschieden, Durch welche Züchtungsstrategien dass neue Genome-Editing-Verfahren wie CRISPR/ Projektleiter: können heimische Weizensorten ge- Di zu erhalten. Nur Pflanzen und Tiere mit den gewünschten Genen wer- Cas als Gentechnik anzusehen sind. Dem Urteil zu- Hermann Bürstmayr den weiter kultiviert bzw. fortgepflanzt. folge ist nicht erkennbar, ob die Pflanzen klassisch Status: gen Steinbrand resistent werden? gezüchtet oder gentechnisch verändert wurden. in Bearbeitung – Projektende: November 2022 Zum Nachlesen unter: transgen.de Auch Pflanzen aus der Mutationszüchtung zäh- Forschungsgebiet: len zu den gentechnisch veränderten Organismen Österreich HERMANN MAGDALENA (GVO). Anders als für CRISPS/Cas unterliegen diese Förderung durch: Mutationszüchtung hingegen nicht den für GVO geltenden Zulassungs- Österreichische Akademie der Wissenschaften BÜRSTMAYR EHN Projektmitarbeiterin und Kennzeichnungsvorschriften. Für Tiere gibt es Früher wurden Pflanzen gezielt mit radioaktiver Strahlung – z. B. Rönt- zudem weitere Kriterien. genstrahlen – oder Chemikalien behandelt, um durch Mutationen neue Eigenschaften zu erhalten. Viele uns heute bekannte Gemüse- und Zum Nachlesen unter: bfn.de Obstsorten sowie Triticale – eine Kreuzung aus weiblichem Weizen und männlichem Roggen, welche in großem Umfang als proteinreiches Kör- nerfuttermittel in der Tiermast verwendet werden – sind so entstanden. Optimierung der genomischen Ob bestimmte positive Eigenschaften wie z. B. Trockenresistenz erzielt werden und ob die mutierten Pflanzen für die Weiterzucht geeignet Pflanzenzüchtung sind, hängt bei der Mutationszüchtung auch vom Zufall ab. Wie funktioniert CRISPR? Die Weizenkrankheit Steinbrand gehört zu den oft unterschätzten Zum Nachlesen unter: transgen.de Pilzkrankheiten und tritt seit einigen Jahren wieder verstärkt in Öster- CAS 9-Eiweiß reich auf. Der Großteil der heimischen Sorten ist mittel bis hoch anfäl- lig für Steinbrandbefall. In einigen exotischen Landsorten und einigen Genschere Leit-RNA Sorten aus Übersee finden sich hoch wirksame Resistenzen. Diese Sor- ten sind aber für den Anbau in Mitteleuropa gänzlich ungeeignet. Die- Exemplarisch für den Fortschritt in der Züchtung steht die so genannte ses Projekt entwickelt optimierte Strategien, um Resistenz-Allele aus Genschere – oder auch bekannt als CRISPR/Cas-Enzymkomplex. CRISPR/ exotischen Sorten in regional gut angepasste Zuchtlinien effizienter Cas zählt zu den so genannten Genome-Editing-Verfahren, bei denen Erbgut und zielgerichteter einzulagern. Dabei wird eine optimale Kombina- die DNA an spezifischen Stellen des Erbguts von Zielorganismen ge- tion aus markergestützter Selektion für Resistenz-Allele und genom- schnitten und anschließend verändert werden. Diese molekularbiolo- weiter Selektion für Anpassung und Leistungsfähigkeit entwickelt, in gische Technik bietet großes Potenzial, den Zeitaufwand der Züchtung Simulationsstudien optimiert und experimentell überprüft. deutlich zu reduzieren und erwünsche Merkmale – wie Trockenresistenz und Stickstoffaufnahme bei Nutzpflanzen oder Produktivität und Krank- Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier: heitsresistenz bei Nutztieren – zielgerichtet zu verändern. Diese Metho- forschung.boku.ac.at de ist wesentlich gezielter als die Mutationszüchtung. Unbeabsichtigte Ziel-DNA Nebenwirkungen – also unerkannte Mutationen an anderen Stellen des Erbguts – sind bei CRISPR/Cas deutlich geringer und können zudem auf- gespürt werden. Zum Nachlesen unter: pflanzenforschung.de Quelle: Eigene Darstellung nach Fachstelle Gentechnik Umwelt 14 15 © Magdalena Ehn, BOKU
EIN BLICK IN DIE FORSCHUNG.. Innovative Ersatzstoffe für Forschungseinrichtung: © Gerhard Böhler Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungs- Di Forschungsfrage sicherheit GmbH, AIT Austrian Institute of Technology GmbH (AIT), Saatzucht Gleisdorf GmbH (SZG) Welche Genabschnitte sind für die Forschungsrichtung: nicht-erneuerbare Betriebsmittel Di Pflanzenzüchtung Züchtung hitzetoleranter Käferboh- nen-Sorten von Bedeutung? Projektleiterin: Alexandra Ribarits Status: abgeschlossen – Projektende: September 2021 ALEXANDRA RIBARITS Forschungsgebiet: Österreich Abfälle und Nebenprodukte nutzen Förderung durch: Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, Amt der Steiermärkischen Landesregierung – Abteilung Land und Forstwirtschaft Genomik und Phänomik österrei- chischer Käferbohnen-Herkünfte mit dem Fokus auf Hitzetoleranz Hülsenfrüchte, darunter besonders Bohnen, stellen weltweit eine wichtige pflanzliche Eiweißquelle dar. Zudem besitzt diese Kultur- pflanze die Fähigkeit, Stickstoff zu binden und damit den Verbrauch an Stickstoffdünger zu senken und die Bodenqualität zu verbessern. In diesem Projekt werden durch die kombinierte Analyse von Phäno- und Genotypen die für die Hitzetoleranz verantwortlichen Genabschnitte von Käferbohnen identifiziert. Diese Arbeit dient als Grundlage für die Entwicklung molekularer Marker, die für die gezielte Züchtung von hitzetoleranten Sorten genutzt werden können. Es wird zudem eine umfassende nutzerorientierte Charakterisierung des Sortenmaterials und des in der AGES-Genbank gelagerten Materials vorgenommen. Dieser Einstieg in die molekulare Charakterisierung von Bohnen er- möglicht künftig vergleichende Analysen und wird die züchterische Arbeit mit der Käferbohne erheblich erleichtern. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt und dem Folgeprojekt finden Sie hier: dafne.at/projekte/characcess dafne.at/projekte/characcessii 16 17 © AGES © BMLRT/Alexander Haiden
Wie funktioniert Biogas als Innovative Ersatzstoffe „ Kreislaufwirtschaft? Blockheizkraftwerk für nicht-erneuerbare Mehr recyceln, Mit dem Biogas wird im Block- heizkraftwerk Strom und Wärme Betriebsmittel erzeugt. weniger düngen! Biogasanlage In der Land- und Forstwirtschaft kommen Betriebsmittel zum Einsatz, die auf fossilen oder mineralischen – also nicht-erneuerbaren – Res- sourcen basieren. Gleichzeitig gehen im Produktionsverlauf wertvolle Stoffe ungenutzt verloren und werden als Abfall entsorgt. Es gibt be- reits zahlreiche Innovationen, die anfallende Nebenprodukte als Aus- „Die über Ernteprodukte entzogenen Pflanzennährstoffe Stickstoff und Phosphor landen in erheblichem Um- Di Die Biomasse wird gemischt und in einen Gärtank gepumpt. Dort wird sie erhitzt und in einem anaeroben Prozess durch zuge- gangsbasis für Futter- und Düngemittel oder Kraftstoffe nutzen. führte Bakterien und Mikroorga- fang in den Nebenprodukten. Das Re- nismen zersetzt. Dabei entsteht cyceln von Nebenprodukten ist somit methanhaltiges Gas – „Biogas“. Futtermittel aus Nebenprodukten eine absolute Notwendigkeit. Denn al- Dünger les was davon nicht recycelt wird, muss der Lebensmittelerzeugung auf dem Feld mehr gedüngt werden.“ Organische Reststoffe Die Restprodukte der Biogaser- zeugung können als Dünger auf Bei der Herstellung von Mehl, Speiseöl, Bier, Wein oder Zucker fallen Mist, Pflanzenreste und Abfälle landwirtschaftlichen Flächen viele Nebenprodukte an, die für die Lebensmittelproduktion nur in Wilhelm Windisch aus der Lebensmittelindustrie ausgebracht werden. Damit wer- geringem Ausmaß Verwendung finden. Damit die wertvollen Nähr- werden gesammelt und in die den wertvolle Nährstoffe in den stoffe in diesen Reststoffen nicht als Abfall verloren gehen, können Biogasanlage transportiert. Der landwirtschaftlichen Stoffkreis- diese an Nutztiere verfüttert werden. Insbesondere in Bezug auf die Prozess beginnt von vorne. lauf zurückgeführt. endlichen Phosphor-Ressourcen ist dies von großer Bedeutung. Die Nährstoffe dieser Nebenprodukte werden somit für die Produktion von (tierischen) Lebensmitteln nutzbar. Unsere Nutztiere – v. a. Rinder, Schweine und Geflügel – ermöglichen dadurch, den Nährstoffkreis- Mit Abfällen nachhaltig lauf zu schließen. Die sinnvolle Verwertung von Abfällen ist nicht nur umweltfreundlicher, sondern in der Regel auch kosteneffizienter als Energie erzeugen eine Entsorgung. Absolute organische Reststoffe aus der Landwirtschaft wie Gülle, Fest- mist oder Pflanzenabfälle, aber auch Schlacht- und Lebensmittelabfäl- Zum Nachlesen unter: agrarforschungschweiz.ch le – für die keine andere Nutzung möglich ist – können in Biogasanla- gen zu Biogas umgewandelt werden. Dieses dient als Ausgangsbasis Auch die Verwendung tierischer Nebenprodukte – welche bei der zur Erzeugung von Strom und Wärme oder kann entsprechend auf- Nutzung Acker Schlachtung gesunder Nutztiere anfallen – als Futtermittel ist unter bereitet als Biomethan ins Gasnetz eingespeist werden. Die Reststoffe Einhaltung von Restriktionen wieder erlaubt. Die EU hat das bishe- dieses Prozesses können als Dünger für Äcker und Weiden eingesetzt Die Feldkulturen werden geerntet Nachdem die Nährstoffe auf dem rige Verbot aufgehoben. Verarbeitete tierische Proteine von Schwei- werden. Dieser biologische Dünger ersetzt mineralischen Stickstoff- und zu Tierfutter, Lebensmitteln Feld verteilt wurden, wachsen nen können demnach in Geflügelfutter und umkehrt von Geflügel in dünger, bei dessen Produktion große Mengen an Treibhausgasemis- oder Einstreu für die Tiere ver- neue Feldkulturen. Schweinefutter verwendet werden. Neben den Rohproteinen ist be- sionen entstehen. arbeitet. Mit der Abwärme der sonders die Rückführung von Phosphor in den Futtermittelkreislauf Biogasanlage werden Gebäude bedeutend. Zum Nachlesen unter: energie-klimaschutz.de beheizt oder Getreide, Mais und Hackgut getrocknet. Zum Nachlesen unter: eur-lex.europa.eu 18 19 © shutterstock/justone
EIN BLICK IN DIE FORSCHUNG.. Forschungseinrichtung: © Jakob Santner © Oliver Duboc Universität für Bodenkultur Wien Di (+ weitere 20 Projektpartner) Forschungsfrage Düngen mit Asche aus der Alternative Treibstoffe Forschungsrichtung: Agrarwissenschaften, Pflanzenbau Wie kann die Optimierung biologi- scher Düngemittel dazu beitragen, Di Verbrennung von Abfallstoffen aus Schadholz Projektleiter: Jakob Santner (für die BOKU) landwirtschaftliche Nährstoffkreisläu- Die Verbrennungsrückstände von naturbelassener Biomasse wie Holz In der Forstwirtschaft fallen unter anderem große Mengen Schadholz Status: (z. B. Schadholz), Stroh, Schilf oder Landschaftspflegematerial enthal- (z. B. durch Borkenkäfer), Nebenprodukte der Durchforstung und des in Bearbeitung – Projektende: Juni 2024 fe zu schließen? ten wertvolle Nährstoffe. Unter bestimmten Voraussetzungen (wie Waldumbaus (höherer Laubholzanteil) sowie weitere biogene Rest- Forschungsgebiet: einer geringen Schwermetallbelastung) kann diese Asche als Dünge- stoffe an. Diese sind für eine stoffliche Verwertung nicht oder nur ein- Europäische Union JAKOB OLIVER mittel auf Flächen eingesetzt werden, deren Aufwuchs zur Energie- geschränkt geeignet, können aber zur Herstellung von erneuerbaren SANTNER DUBOC Energieträgern wie „Holzdiesel“ oder Holzgas genutzt werden. Mög- Förderung durch: produktion oder als Baustoff verwendet wird. So gehen die enthalte- Europäischen Kommission Projektmitarbeiter nen Nährstoffe (v. a. Phosphor) nicht verloren, sondern werden dem lich machen dies zwei technische Verfahren – die Methan-Synthese Nährstoffkreislauf zurückgeführt. (SNG) zur Herstellung von Holzgas sowie die Fischer-Tropsch-Synthese (FT), mit Hilfe derer Holzdiesel hergestellt werden kann. Der so gewon- nene hochwertige Treibstoff kann wie gewöhnlicher Diesel zum An- LEX4BIO – Optimierung Zum Nachlesen unter: ages.at trieb land- und forstwirtschaftlicher Maschinen genutzt werden. Auch das Holzgas kann wie herkömmliches Erdgas zur Beheizung von Ge- biobasierter Düngemittel in der bäuden oder für die Warmwasseraufbereitung eingesetzt oder in das Landwirtschaft … auch Biokohle als Erdgasnetz eingespeist werden. Holzdiesel und Holzgas aus Hackgut oder Schadholz weisen bis zu 90 % weniger Treibhausgasemissionen Die moderne landwirtschaftliche Produktion basiert auf hohen Nähr- Dünger von Interesse auf als fossile Treibstoffe. stoffeinträgen um hohe Erträge erzielen zu können. Dabei ist sie stark von importiertem Phosphor und von energieintensiv fixiertem Stick- Zum Nachlesen unter: recyclingportal.eu stoff abhängig. Die starke Spezialisierung der Betriebe hat außerdem Bei der Vergasung oder Pyrolyse organischer Materialien (v.a. dafne.at zu einer Entkoppelung der anfallenden Wirtschaftsdünger (Gülle, Holz) fällt als Nebenprodukt Biokohle an. In Versuchen konnte Festmist) von Ackerbaubetrieben geführt. Nährstoffreiche Reststoffe nachgewiesen werden, dass sich Biokohle positiv auf die Bo- wie Klärschlamm werden aufgrund von Kontaminationen zu einem denfruchtbarkeit auswirkt. Biokohle besteht zu 50 bis 90 % großen Teil nicht als Düngemittel genutzt. Das Projekt LEX4BIO unter- aus Kohlenstoff, welcher besonders resistent gegen biologi- sucht, wie Mineraldünger durch biobasierte Düngemittel ersetzt wer- schen Abbau und Mineralisierung ist. Durch diese langfristige den können. Um eine Basis für die Lenkung von Nährstoffströmen zu Kohlenstoff-Speicherung im Boden kann Biokohle einen Bei- schaffen, wird das Aufkommen von Hofdüngern, Schlachtabfällen, trag zum Klimaschutz leisten. Klärschlamm und anderen Industrienebenprodukten abgeschätzt und den Nährstoffbedürfnissen der Landwirtschaft gegenüberge- Zum Nachlesen unter: ages.at stellt. Mögliche rechtliche Hindernisse zu ihrer Anwendung werden laimburg.it identifiziert. Zudem werden die erforderlichen Technologien zur Her- stellung biobasierter Düngemittel identifiziert und die Produkte in Hinsicht auf Umwelt und Gesundheitskriterien bewertet. Das Projekt wird Empfehlungen liefern, um die Abhängigkeit von Phosphorimpor- ten und industrieller Stickstofffixierung zu reduzieren und die Nähr- stofflücke in Landwirtschaft zu verkleinern. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier: Mehr dazu unter lex4bio.eu lex4bio.eu forschung.boku.ac.at 20 21 © Jouni Hyvärinen/Luke
© Reiter, AGES EIN BLICK IN DIE FORSCHUNG.. Innovationen in der Forschungseinrichtung: …GESA © Reiter Österreichische Agentur für Gesundheit und Di Forschungsfrage Ernährungssicherheit (AGES) (+ weitere Projektpartner) Kann durch Verringerung von antinu- Forschungsrichtung: Di Pflanzenbau, Allergene tritiven Inhaltsstoffen die Verwertbar- Lebensmittelwirtschaft keit von Weizenprodukten gesteigert Projektleiter:innen: Elisabeth Reiter (AGES) und werden? Stefano D’Amico (AGES, zu Projektbeginn BOKU) Status: abgeschlossen – Projektende: September 2020 ELISABETH STEFANO REITER D‘AMICO Forschungsgebiet: Österreich Nachhaltig produzieren und vermarkten Förderung durch: Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) ID WHEAT - Verbesserung der Ver- daulichkeit von Weizenprodukten Die Nachfrage nach weizenfreien oder auch glutenfreien Lebensmit- teln nimmt durch die steigende Anzahl an Menschen mit Unverträg- lichkeiten zu. Bis zu 10 % der Bevölkerung verzichten auf Weizenpro- dukte. Neben Gluten stehen dabei auch andere Eiweißstoffe wie die Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATIs) in Verdacht, Unverträglichkeiten auszulösen. Verstärkt werden die Beschwerden durch spezielle Grup- pen von Kohlenhydraten (sogenannte FODMAPs). Das Projekt ID-WHE- AT untersuchte Weizenprodukte über die gesamte Wertschöpfungs- kette – von der Zucht über die Verarbeitung bis hin zur Bäckerei mit dem Ziel, ein bekömmlicheres Weizengebäck zu entwickeln. Es konnte belegt werden, dass durch Züchtung die Menge an ATIs in modernen Weizensorten nicht zugenommen hat und qualitätsbestimmende Proteine sogar erhöht wurden. Durch eine optimierte Sauerteigfüh- rung konnte zudem der Gehalt an den genannten Inhaltsstoffen re- duziert werden. Der enzymatische Abbau von antinutritiven Inhalts- stoffen kann somit die Bekömmlichkeit eines Nahrungsmittels aus Weizen steigern. Ob die Reduktion an ATIs und FODMAPs im Sauerteig- gebäck ausreichend ist, um von Menschen mit Unverträglichkeiten konsumiert werden zu können, muss jedoch erst durch medizinische Studien belegt werden. Für Menschen mit Zöliakie oder Weizenallergie sind Produkte aus Weizen nicht geeignet, hier bleibt den Betroffenen nur eine glutenfreie bzw. weizenfreie Diät. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier: ages.at 22 23 © shutterstock/ Kabachki.photo
Innovationen in der Lebensmittelwirtschaft Um den veränderten Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsu- Di „ Nebenprodukte mitnutzen „Bei der Verarbeitung zu veganen Le- bensmitteln fallen große Menge nicht- essbare Nebenprodukte an, welche Standortangepasste Milcherzeugung In der Heuwirtschaft wird die so genannte Heumilch von Kühen er- Zahlen & Fakten menten Rechnung zu tragen und um Produkte zu vermarkten, die ei- potenziell hochwertige Futtermittel molken, welche auf traditionelle Weise gefüttert werden. Im Sommer ner nachhaltigeren Bewirtschaftung im Kreislauf besser entsprechen, sind. Wenn bei der Erzeugung dieser fressen sie frische Gräser und Kräuter auf den Weiden und erhalten Lebensmittel die Nebenprodukte kon- 790.790 Tonnen entwickeln sich vermehrt innovative Lösungen in der Lebensmittel- das geerntete Heu im Winter. Ergänzende Futtermittel – wie z.B. Ge- wirtschaft. treide oder Lupinenmehl – stammen aus Europa. Gefüttert werden sequent mitgenutzt und an Nutztie- somit vorwiegend regional verfügbare Futtermittel. Diese standort- an re verfüttert werden, können aus der angepasste und tiergerechte Form der Milcherzeugung und die damit vermeidbaren Lebensmittelabfällen fallen jährlich Alternative Proteinquellen selben Menge an Biomasse insgesamt verbundene Nutzung des Grünlands wirkt sich nicht nur positiv auf in Österreich an (2021).1 den Erhalt unserer Kulturlandschaften aus, sondern ist vor allem öko- aus Pflanzen mehr Lebensmittel produziert werden. logisch wertvoll. Wiederkäuer wie Rinder wandeln das für uns Men- Die Nachfrage nach pflanzlichen Produkten mit einem hohen Protein- gehalt steigt durch einen zunehmenden Anteil an vegan und vegeta- risch lebenden Menschen weltweit an. Zugleich stehen insbesondere Tier- und Humanernährung stehen so in Synergie zueinander.“ schen unverdauliche Gras in hochwertige Lebensmittel (z.B. Heumilch) um und tragen dazu bei, Nährstoffkreisläufe zu schließen. Gleichzeitig schont diese Haltungsform Boden und Wasser und fördert die Biodi- 16 % der Treibhausgase unserer Ernäh- rung (EU) sind auf vermeidbare Lebensmittelver- Wilhelm Windisch versität. regionale und nachhaltig produzierte Pflanzen im Fokus. Legumino- schwendung zurückzuführen.2 sen aus heimischem Anbau wie zum Beispiel Soja und Erbsen oder Zum Nachlesen unter: heumilch.com 175 kg bisher für die Humanernährung weniger genutzte pflanzliche Protei- ne aus Ackerbohnen und Süßlupinen haben ein hohes Potenzial, die- sen Trend optimal zu bedienen. Leguminosen spielen darüber hinaus Durch Kooperation Etwa Stickstoff pro Hektar und auch als hofeigene Eiweißfuttermittel für die klimafreundliche Fütte- Jahr können Leguminosen (z.B. Ackerbohnen) im rung der Nutztiere eine wichtige Rolle, da auf Importsoja verzichtet Ressourcen schonen Durchschnitt aus der Luft binden.3 werden kann. Leguminosen sind allerdings nicht nur gut für uns Menschen und Produkte mit Inzwischen gibt es zahlreiche Kooperationen, welche die einzelnen Quellen: 1Rechnungshof Österreich, 2WWF, unsere Nutztiere, sondern auch für unsere Böden und die Umwelt. Durch Knöllchenbakterien im Wurzelbereich können sie Stickstoff aus pflanzlichen Proteinen Akteurinnen und Akteure der Lebensmittelwertschöpfungskette – von den Erzeugerinnen und Erzeugern, über verarbeitende Betriebe 3 DemoNetErBo und Gastronomie bis hin zu den Konsumentinnen und Konsumenten der Luft binden und so nicht nur den Einsatz von Stickstoff-Dünger • Eis und Joghurt aus Süßlupinen – besser vernetzen und damit regionale Kreisläufe schließen, Verpa- deutlich verringern, sondern auch zur Bodenverbesserung beitragen. • Linsenchips ckungsmaterial einsparen und Verluste von Leben- und Produktions- Gleichzeitig wird die Zahl der Überfahrten mit dem Traktor für Dün- • Brot aus Lupinen mitteln reduzieren. Neben den bewährten Zusammenschlüssen land- gung und Bodenbearbeitung reduziert, was sich folglich günstig auf • Ackerbohnensnacks wirtschaftlicher Betriebe – den Erzeugergemeinschaften – bilden sich den Kraftstoffverbrauch auswirkt. • Hafermehl und -drink viele weitere Kooperationen entlang der gesamten Lebensmittelwert- • Vegane Fleischersatzprodukte auf Erbsenbasis schöpfungskette. Beispiele dafür sind Erzeuger-Verbrauchergemein- Weitere Informationen schaften, Einkaufsgemeinschaften oder auch Kooperationen, welche überschüssige oder nicht verkäufliche Lebensmittel verwerten. Die zu alternativen Proteinquellen: Zusammenarbeit und Vernetzung unterschiedlicher Akteure der Le- legumehub.eu bensmittelbrache ist ein wichtiger Treiber für nachhaltige Innovatio- donausoja.at nen, welche dazu beitragen, Kreisläufe entlang der gesamten Lebens- mittelwertschöpfungskette zu schließen und Ressourcen zu schonen. 24 25 © shutterstock/Grisha Bruev
© Regina Schönlechner/sorghumfoto EIN BLICK IN DIE FORSCHUNG.. EIN BLICK IN DIE FORSCHUNG.. © Versuchszentrum Laimburg Forschungseinrichtung: Forschungseinrichtung: © Versuchszentrum Laimburg © Regina Schönlechner Versuchszentrum Laimburg Universität für Bodenkultur Wien, Department für Lebens- Di Forschungsfrage Di (+ weitere 16 Projektpartner) mittelwissenschaften und -technologie und HTL für Lebens- mitteltechnologie, Getreide- und Biotechnologie Wels Forschungsfrage Forschungsrichtung: Welche lokalen Lösungen zur Förde- Agrarwissenschaften, Obstbau Forschungsrichtung: Kann der Einsatz von Weizenalternati- Di Lebensmitteltechnologie, Getreidetechnologie rung der Pflanzengesundheit haben ven die durch den Klimawandel indu- Di Projektleiterin: sich im Bioobstbau bewährt? Markus Kelderer (Ansprechpartner Versuchszentrum Projektleiterin: Laimburg) Regine Schönlechner (für die BOKU) zierten Veränderungen von Feinback- Status: Status: waren ausgleichen? in Bearbeitung – Projektende: Oktober 2022 in Bearbeitung – Projektende: Q4/2022 MARKUS Forschungsgebiet: Forschungsgebiet: REGINE Europa Österreich KELDERER SCHÖNLECHNER Förderung durch: Förderung durch: Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizon 2020“ FFG im Rahme der Förderschiene Collective Research der Europäischen Union Erarbeitung verarbeitungstechnologischer BIOFRUITNET – Förderung von Innovationen Maßnahmen gegen Klimawandel in der ökologischen Obstproduktion durch induzierte Veränderungen in der stärkere Netzwerke Backwarenproduktion Das Projekt Biofruitnet baut ein Netzwerk für Bio-Obsterzeugerinnen Der zunehmende Klimawandel hat einen großen Einfluss auf die An- und -erzeuger in Europa auf und schlägt eine Brücke zwischen For- bau- und Wachstumsbedingungen von Nahrungspflanzen. Im Getrei- schung und Praxis. Funktionierende lokale Lösungen zur Förderung debereich sind diese Auswirkungen inzwischen deutlich wahrnehm- der Pflanzengesundheit werden strukturiert aufbereitet, zusam- bar, vor allem beim wichtigsten Brotgetreide, dem Weizen lassen sich menfassend dargestellt und für andere Erzeugerinnen und Erzeuger diese beobachten. Ein Großteil (über 75%) des geernteten Weizens verfügbar gemacht. Dies soll die bereits bestehenden Netzwerke im weist erhöhte Glutengehalte auf, eine große Herausforderung für die Bio-Obstbau verstärken und einen kontinuierlichen Informationsaus- nachfolgenden verarbeitenden Betriebe und besonders für die Pro- tausch zwischen Forscherinnen und Forschern und Praktikerinnen duktion von Feinbackwaren, denn hier sind solche Weizenqualitäten und Praktikern einerseits und zwischen den verschiedenen Regionen kaum mehr einsetzbar. Mit fortschreitendem Klimawandel müssen Europas erleichtern. Die Wissensplattform zum Bio-Anbau https://or- daher die Verarbeitungseigenschaften der Mehle für die industrielle ganic-farmknowledge.org wird als Referenzplattform für Bio-Anbaue- Verwendung optimiert werden, um qualitativ hochwertige Produkte rinnen und Bio-Anbauer und Beraterinnen und Berater erweitert und zu erhalten. In dem von der FFG im Rahmen von „Collective Research“ in ihrer Funktion gestärkt. geförderten Branchenprojekt wird an Weizen-Alternativen als Zutat in Back- und Feinbackwaren geforscht. Eine besondere Rolle nehmen hier Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier: alternative Körnerfrüchte wie Sorghum, Buchweizen, Amaranth und laimburg.it Hirse ein, welche sich bei den veränderten klimatischen Bedingungen durch ihre hohe Trockenresistenz auszeichnen. Mit fortschreitendem Klimawandel werden diese Körnerfrüchte mit Sicherheit auch in Ös- terreich an Bedeutung gewinnen. Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier: forschung.boku.ac.at 26 27
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