Wirtschaft braucht MEER - SPECIAL - Schiff & Hafen

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Wirtschaft braucht MEER - SPECIAL - Schiff & Hafen
SPECIAL

          FACHZEITSCHRIFT FÜR SCHIFFFAHRT, SCHIFFBAU & OFFSHORE-TECHNOLOGIE

                  Wirtschaft braucht MEER
Wirtschaft braucht MEER - SPECIAL - Schiff & Hafen
SPECIAL         12. NATIONALE MARITIME KONFERENZ

                                 Mit neuer Kraft
                                  durchstarten
     Liebe Leserinnen, liebe Leser,

                                                                                                                                Foto: BPA/Steffen Kugler
     herzliche Grüße zur 12. Nationalen Maritimen Konfe-
     renz (NMK) aus der Hanse- und Universitätsstadt Ros-
     tock!
         Es ist eine besondere Nationale Maritime Konferenz:
     Erstmalig findet sie digital statt. Ich bin froh, dass wir
     trotz der Covid-19-Pandemie die Konferenz austragen –
     direkt aus dem Studio an der Hafenkante von Rostock/
     Warnemünde.
         Die Pandemie ist ein Lackmustest für die Bedeutung
     des Schiffbaus am Industriestandort Deutschland, der
     Schifffahrt und der Häfen für die Versorgung Deutsch-
     lands sowie für den Handel in Europa und der ganzen
     Welt. Die Prüfung wurde bisher bestanden. Doch es gibt
     keinen Grund, sich auszuruhen.
         Gerade für eine Handels- und Indus­trienation wie
     Deutschland sind Schiffsverkehr, Schiffbau und leis-
     tungsstarke Häfen wesentliche Grundlagen, um auch in
     Zukunft weiter auf Augenhöhe mit Ländern wie Chi-
     na, Südkorea oder den Vereinigten Staaten von Ameri-

                                                                                                                                
     ka konkurrieren zu können. Hier gilt es, den Anschluss
     nicht zu verlieren. Die deutsche Industrie steht vor ei-
     nem verschärften internationalen Wettbewerb. Unsere           Peter Altmaier, Bundesminister für Wirtschaft und Energie
     Antworten darauf sind verbesserte Rahmenbedingungen
     für die Wirtschaft, neue Technologien und technologi-
     sche Souveränität.
         Deutschland ist jetzt schon Vorreiter zahlreicher         schifffahrt eingesetzt: Die Bundesregierung stellt den
     maritimer Technologien. Hier liegt auch in Zukunft der        Ländern in den Jahren 2020 bis 2024 insgesamt 176 Mil-
     Schlüssel für den Erfolg. Die digitale und ökologische        lionen Euro für den Ausbau der Landstrominfrastruktur
     Transformation ist in vollem Gange. Diese muss wei-           in den See- und Binnenhäfen zur Verfügung.
     ter forciert und bestärkt werden. Daher liegt nicht nur       Nach Überwindung der Pandemie wollen wir mit neuer
     in den klassischen Feldern der maritimen Wirtschaft –         Kraft durchstarten. Mit der Nationalen Maritimen Kon-
     Schifffahrt, Schiffbau und Häfen –, sondern insbeson-         ferenz aus Rostock senden wir hierfür ein erstes positives
     dere in der Entwicklung und Herstellung umwelt- und           Signal. Seien Sie daher am 10. und 11. Mai live dabei,
     klimafreundlicher maritimer Technologien ein großer           wenn es heißt: „Wirtschaft braucht MEER“. Ich freue
     Wachstumsmarkt der Zukunft für deutsche Unterneh-             mich auf Sie!
     men. Genau das macht die maritime Wirtschaft so reiz-
     voll.
         Jeder Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Auch          Ihr
     für das Ziel hin zum Null-Emissions-Schiff und einer
     schadstoff­freien Schifffahrt sind noch viele Schritte not-
     wendig. Einer davon sind saubere und sichere Häfen.
     Daher habe ich mich unter anderem für den Ausbau des
     Landstromangebots im Bereich der See- und Binnen-

2   Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5
Wirtschaft braucht MEER - SPECIAL - Schiff & Hafen
Konstruktiver Dialog –
    auch virtuell
Liebe Leserinnen, liebe Leser,

                                                                                                                                     Foto: Staatskanzlei MV
herzlich willkommen zur 12. Nationalen Maritimen Konfe-
renz (NMK). Sehr gern hätte ich die Teilnehmerinnen und
Teilnehmer dieses wichtigen Treffens der maritimen Wirt-
schaft persönlich bei uns in Rostock begrüßt. Aufgrund der
anhaltenden Pandemielage weltweit muss die NMK in die-
sem Jahr leider als virtuelle Konferenz durchgeführt werden.
    Dennoch bin ich mir sicher, dass die zahlreichen Vertrete-
rinnen und Vertreter aus der maritimen Wirtschaft, der Wis-
senschaft und Politik in einen konstruktiven Dialog unter dem
Motto „Wirtschaft braucht MEER“ zusammenkommen und
die drängenden Fragen in der gegenwärtigen Lage diskutieren.
Neben dem Schiffbau und der Zulieferindustrie, der Schifffahrt,
den Häfen, der Meerestechnik und der Offshore-Windenergie
wird als neuer Aspekt der Marineschiffbau eine Rolle spielen.
    Für unser Bundesland hat die maritime Wirtschaft eine
sehr große Bedeutung. Im Bereich der maritimen Industrie
beschäftigen etwa 300 Unternehmen derzeit ca. 11 500 Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeiter und generieren ein Umsatz-
volumen von 1,5 Mrd. Euro. Im Schiffbau gibt es dabei ein

                                                                                                                                     
breites Wertschöpfungsnetzwerk aus Werften aller Größen-
klassen und deren Zulieferbetrieben. Unter ihnen befindet
sich mit der Mecklenburger Metallguss GmbH aus Waren/             Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin des Landes
Müritz ein Weltmarktführer bei der Herstellung von Schiffs-       Mecklenburg-Vorpommern
propellern – darauf sind wir sehr stolz. Auch maritime Kran-
anlagen werden für den Weltmarkt gebaut: Liebherr-MCCtec
Rostock GmbH entwickelt und fertigt Schiffs-, Hafenmobil-         sierungsfonds, um den Werften an der Ostsee die Möglich-
und Offshorekrane direkt an der Kaikante im Hafen Rostock.        keit zu geben, neue Schiffstypen mit innovativen Antrieben
    Auch im Bereich maritime Dienstleistungen ist unser           zu entwickeln und die Krise meistern zu können.
Bundesland stark aufgestellt. Die Hafenwirtschaft bei uns             In allen Bereichen der maritimen Wirtschaft sind die
im Land entwickelt sich an insgesamt 13 Standorten wei-           Auswirkungen der Corona-Pandemie ausnahmslos spürbar.
ter positiv und unterstreicht die internationale Ausrichtung      Ich bin mir sicher, dass von der 12. Nationalen Maritimen
der Wirtschaft in unserem Bundesland. Dabei können sich           Konferenz in Rostock starke Impulse für die zukünftigen
sowohl große Universalhäfen wie Rostock als auch Spezi-           wirtschaftspolitischen Herausforderungen ausgehen, um
alhäfen wie Wismar als Holzwirtschaftsstandort oder der           den Unternehmen und somit den Beschäftigten in der Bran-
Hafen Sassnitz als Fährhafen und Logistik-Drehscheibe für         che die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Zukunft
Offshore-Projekte erfolgreich am Markt behaupten.                 zu sichern. In diesem Sinne wünsche ich der Konferenz span-
    Trotz der positiven Entwicklung weht der Branche              nende Diskussionen zu den vielfältigen Themen rund um
sprichwörtlich eine steife Brise entgegen. Insbesondere im        die maritime Wirtschaft.
Schiffbau, speziell im Segment der Kreuzfahrtschiffe, erle-
ben wir gegenwärtig einen massiven Einbruch in der Fer-
tigung. Darunter leidet nicht nur die Werftenindustrie in         Ihre
Mecklenburg-Vorpommern. Wir brauchen an dieser Stelle
die Unterstützung des Bundes mit dem Wirtschaftsstabili-

                                                                                                        Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5                       3
Wirtschaft braucht MEER - SPECIAL - Schiff & Hafen
Wirtschaft braucht MEER

                     INHALT

                     Grußworte                                      Branchenstatements
              2      Peter Altmaier: Mit neuer Kraft            10 Blick nach vorne: Stimmen der maritimen
                     durchstarten                                  Branche
              3      Manuela Schwesig: Konstruktiver Dialog –
                     auch virtuell                                  Unternehmen und Institutionen
                                                                    aus Mecklenburg-Vorpommern
                     Digitaler Branchentreff                    12 Das Labor unter dem Meeresspiegel
              6      Zukunfts- und Wachstumsbranche             15 Kraftstoffe und Motoren für die
                     präsentiert sich auf der 12. Nationalen       Schiffe der Zukunft
                     Maritimen Konferenz
                                                                18 Der moderne Schiffspropeller und sein
                                                                   digitaler Zwilling
                     Interview                                  20 Nationales Testfeld Offshore-Windenergie
              8      7 Fragen an Norbert Brackmann: „Ich habe
                     großes Vertrauen in die Innovationskraft
                     der deutschen maritimen Branche“

4   Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5
Wirtschaft braucht MEER - SPECIAL - Schiff & Hafen
BOOST ENERGY EFFICIENCY
 REDUCE CO2 EMISSIONS

                                           WE SUPPORT YOU IN
                                         EEXI/CII CERTIFICATION
                                                       PROCESS

Phone:                   Email: sales@mmg-propeller.de
www.mecklenburger-metallguss.com                         The Propeller
Wirtschaft braucht MEER - SPECIAL - Schiff & Hafen
SPECIAL         12. NATIONALE MARITIME KONFERENZ

  Zukunfts- und Wachstumsbranche
       präsentiert sich auf der
 12. Nationalen Maritimen Konferenz
         DIGITALER BRANCHENTREFF Am 10. und 11. Mai diskutieren Vertreterinnen und Vertreter aus
  Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gewerkschaften auf der digitalen Nationalen Maritimen Konferenz
 (NMK) über die zukünftigen Herausforderungen sowie die daraus resultierenden Handlungsempfehlungen,
  auch im Hinblick auf die Auswirkungen der Coronakrise. Unter der Schirmherrschaft der Bundeskanzlerin
    organisiert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit Unterstützung des Bundeslandes
Mecklenburg-Vorpommern sowie der Hanse- und Universitätsstadt Rostock dieses bedeutende Branchenevent.

                                                                        schwerpunkte bildeten darüber hinaus die Nachhaltigkeit von
                                                                        Schifffahrt und Hafenbetrieb, die Potenziale, die sich daraus
                                                                        für den Schiffbau und die Zulieferindustrie ergeben, sowie der
                                                                        Beitrag der Offshore-Windenergie zur Energiewende und die
                                                                        Gewährleistung der Versorgungssicherheit durch die Meeres-
                                                                        technik. In diesem Zusammenhang wurde die Digitalisierung als
                                                                        Querschnittsthema für die maritime Wirtschaft diskutiert.
                                                                             Die maritime Wirtschaft konnte im Anschluss eine Vielzahl
                                                                        der Handlungsempfehlungen der 11. NMK im Dialog mit der Po-
                                                                        litik konkretisieren und umsetzen, von denen einige nachfolgend
                                                                        exemplarisch genannt werden.
                                                                             Neben vorgezogenen Neubauten für staatliche Auftragge-
                                                                        ber sind es vor allem attraktive Anreize für privatwirtschaftliche
                                                                        Auftraggeber, die gebunden an Umwelt- und Klimaauflagen, die
                                                                        Basis für eine zunehmend emissionsfreie Schifffahrt schaffen. Ei-
                                                                        nige Maßnahmen, die auch gerade in der aktuellen Krise wichtige
                                                                        Initiativen darstellen, sind beispielsweise Förderprogramme für
                                                                        die Binnen- und die Küstenschifffahrt sowie eine zusätzliche Un-
                                                                        terstützung für den Bau von LNG- Bunkerschiffen.
                                                                             Von zentraler Bedeutung über alle maritimen Branchenseg-
                                                                        mente hinweg sind die bereitgestellten Mittel für Innovation,
                                                                        Forschung und Entwicklung wie die erhebliche Aufstockung des
Wie hier auf der 11. Nationalen Maritimen Konferenz in Friedrichs-      Maritimen Forschungsprogramms oder die Neuauflage der För-
hafen wird Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel auch auf der               derrichtlinie Innovative Hafentechnologien sowie die Schaffung
12. NMK die Position der Bundes­regierung zur maritimen Branche
Deutschlands erläutern                            Foto: Schiff&Hafen
                                                                        der neuen Förderrichtlinie Digitale Testfelder in Häfen. Einen
                                                                        wichtigen Baustein stellt auch das Gesetz zur steuerlichen För-
                                                                        derung von Forschung und Entwicklung dar, das die steuerliche
                                                                        Begünstigung von Forschungsausgaben von Unternehmen er-
                                                                        möglicht. Das Forschungszulagengesetz ist Anfang 2020 in Kraft

U
       nter der Überschrift „Deutschland maritim global . smart         getreten.
       . green“ wurden auf der vergangenen 11. Nationalen Ma-
       ritimen Konferenz vor zwei Jahren die zentralen globalen,        Auswirkungen der Corona-Pandemie
europäischen und nationalen Herausforderungen thematisiert.             Einige Monate nach der 11. NMK hat die Corona-Pandemie
Mit der Wahl des Veranstaltungsortes, Friedrichshafen in Baden-         die Welt und auch die maritime Wirtschaft erschüttert. Bis dato
Württemberg, unterstrich die Bundesregierung die gesamtstaat-           konnten sich die maritimen Unternehmen, insbesondere auch in
liche Bedeutung der maritimen Branche. Vor dem Hintergrund              Deutschland und Europa, in dem seit Jahren vorherrschenden kom-
zunehmender protektionistischer Bestrebungen stand die Be-              plexen Spannungsfeld aus Überkapazitäten, verhaltenem Weltwirt-
deutung des offenen Welthandels und fairer Rahmenbedingun-              schaftswachstum, geopolitischen Unsicherheiten und steigenden
gen für alle Marktteilnehmer auf der Agenda. Weitere Themen-            Anforderungen im Klima- und Umweltschutz recht erfolgreich be-

6   Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5
Wirtschaft braucht MEER - SPECIAL - Schiff & Hafen
haupten. Nach nunmehr 14 Monaten im Covid-19-Krisenmodus                   Anfang März hatte Norbert Brackmann den „Bericht über
zeichnet sich in den unterschiedlichen Branchensegmenten ak­tuell      die Entwicklung und Zukunftsperspektiven der maritimen
ein differenziertes Bild ab. Während die Frachtraten und damit         Wirtschaft in Deutschland“ vorgelegt, der alle zwei Jahre im
auch die Umschlagzahlen in den Häfen sich in großen Teilen wie-        Vorfeld der Nationalen Maritimen Konferenzen einen Über-
der erholt haben und auch viele meerestechnische Unternehmen           blick über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen der
eine kaum beeinträchtigte Nachfrage nach Mess- und Umwelttech-         Branche sowie wichtige Maßnahmen der Bundesregierung gibt.
nik sowie technologischen Lösungen insbesondere für den Off-           „Aktuell ist die Branche durch Corona stark betroffen, aber
shore-Windbereich verzeichnen, sind andere Bereiche schwer von         wir müssen die Krise auch als Chance begreifen. Die maritime
der Corona-Pandemie betroffen. Die massivsten Auswirkungen             Wirtschaft ist eine Zukunfts- und Wachstumsbranche. Das ver-
verzeichnet die Kreuzfahrtbranche mit ihrer hohen Wertschöp-           deutlicht der Bericht. Die Branche gestaltet die maritime Ener-
fung im wirtschaftlichen europäischen Gesamtgefüge. Neben tou-         giewende aktiv mit und investiert in Forschung und Entwick-
ristischen Leistungsträgern, Einzelhandel und Gastgewerbe sind         lung“, so Brackmann.
hier vor allem Bereiche der maritimen Wirtschaft betroffen – von           Das maritime Segment steht mit den Auswirkungen der
den entsprechenden Reedereien über Schiffsausrüster, Häfen bis         Corona-Pandemie vor großen Aufgaben. Somit sind die Erwar-
hin zu Werften und Schiffbauzulieferern. Daraus folgt zwangsläu-       tungen an die Politik mit Blick auf die 12. NMK entsprechend
fig auch, dass vor allem Unternehmen, deren Hauptgeschäft mit          hoch. Zusammen mit hochrangigen Gästen aus dem Aus- und
der Kreuzfahrtbranche verknüpft ist, am härtesten betroffen sind,      Inland haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Chance,
während diversifiziert aufgestellte Akteure leichter Kompensati-       die zentralen globalen, europäischen und nationalen Herausfor-
onsmöglichkeiten erschließen können. Die Corona-Krise hat aber         derungen der maritimen Branche zu diskutieren und eine Pers-
auch eindrucksvoll die Systemrelevanz der maritimen Wirtschaft         pektive für die Zukunft der maritimen Wirtschaft am Standort
verdeutlicht. Die Handelsschifffahrt konnte – trotz der erheblichen    Deutschland in Europa zu entwickeln.
Probleme in Bezug auf den Crewwechsel - die Versorgung nahezu              Um die Weichen für die Post-Corona-Zeit zu stellen, sollen
lückenlos sicherstellen.                                               unter dem Motto „Wirtschaft braucht MEER“ die Bedeutung
                                                                       und der Ausbau der maritimen Wertschöpfung in Deutschland
Wirtschaft braucht MEER                                                und Europa, die Relevanz von Forschung, Entwicklung und
Der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirt-             Innovation für eine maritime europäische Technologieführer-
schaft, Norbert Brackmann, stimmt mit folgenden Worten auf die         schaft sowie der Umwelt- und Klimaschutz für eine maritime
digitale NMK ein: „Mit einer rein virtuellen Nationen Maritimen        Energiewende im Fokus stehen. Des Weiteren werden Aspekte
Konferenz zeigen wir einmal mehr, dass die maritime Wirtschaft         wie der europäische und globale Wettbewerb, die Digitalisie-
abseits aller Seefahrer-Romantik längst eine Hightech-Branche          rung und Automatisierung der maritimen Wirtschaft sowie Be-
ist und sich in der digitalen Welt genauso zuhause fühlt wie auf       schäftigung und Ausbildung diskutiert. Die inhaltliche Arbeit
den Weltmeeren“. Die Nationale Maritime Konferenz kehrt zu-            für die maritime Zukunft findet in den Branchenforen Schiff-
rück an die Küste. Gemeinsam mit dem Land Mecklenburg-Vor-             fahrt, Schiffbau, Häfen, Meerestechnik, Offshore-Windenergie
pommern und der Hanse- und Universitätsstadt Rostock freue             und – erstmalig – Marine statt.
sich die Bundesregierung, die maritime Branche zu Deutschlands             Das detaillierte Programm der NMK 2021 ist unter folgen-
bedeutendster maritimer Veranstaltung im digitalen Studio im           dem Link verfügbar:
Hafen von Rostock/Warnemünde zu begrüßen.                              www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/nationale-maritime-konferenz-2021.html

                                                                                                          Marikulturtechnik

                                                                                               P l t h ik
                                                                                               Polartechnik              Meeresforschungs-
                                                                                                                         Meeresforschun
                                                                                                                                      ngs-
                                                                                                                                      ngs
                                                                                                                              technik

                                                                                           Offshore
                                                                                               hore

      Gebündelte Kompetenz                                                               Windenergie
                                                                                         Windenergie                            Hydrographie
                                                                                                                                           e

                                                                                                       Meerestechnik
                                                                                                       Meer
                                                                                                       Mee
                                                                                                         erre
                                                                                                         e  essste
                                                                                                                te
                                                                                                                 ech
                                                                                                                 e ch
                                                                                                                    hnik
                                                                                                                       k
      für eine nachhaltige                                                                Offshore
                                                                                         Öl
                                                                                         Öl und Gas
                                                                                                                                  Maritime
                                                                                                                              Sicherheitstechnik
                                                                                                                              Sicherheitstechnik

      Nutzung der Meere                                                                       Maritime                        Küstenzonen-
                                                                                          Umweltschutztechnik                 management
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                                                                                                              Meeres
                                                                                                                   sbergbau
                                                                                                                          u
      Gesellschaft für Maritime Technik e.V.
      Bramfelder Str. 164 · 22305 Hamburg · Telefon: 040-23 93 57 69
      E-Mail: gmt@maritime-technik.de · www.maritime-technik.de

  AZ-gmt-0321d-183x83mm_v1.indd 1                                                                                                        05.03.21 11:45
                                                                                                                       Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5   7
Wirtschaft braucht MEER - SPECIAL - Schiff & Hafen
SPECIAL         12. NATIONALE MARITIME KONFERENZ

                    Fragen an...

»Ich habe großes
Vertrauen in die
Innovationskraft
der deutschen
maritimen
Branche«

      NORBERT BRACKMANN
              Koordinator der Bundesregierung
                   für die Maritime Wirtschaft
                              Bundesministerium für
                              Wirtschaft und Energie

>> ZUR PERSON
 	Norbert Brackmann wollte schon als             	seit 11. April 2018 Koordinator der      	die Kommunalpolitik und seine ehren-
   Kind Rechtsanwalt werden. Dement-                Bundesregierung für die maritime           amtliche Tätigkeit in der Deutschen-
   sprechend konsequent hat er 1975 an der          Wirtschaft;                                Lebens-Rettungsgesellschaft e.V.
   Christian-Albrechts-Universität zu Kiel                                                     (DLRG), der er bereits seit 1968 als
   das Jura-Studium aufgenommen, das er           	in der Bundespolitik bezeichnet sich       Mitglied angehört, sind gleichzeitig
   1979 mit dem ersten und 1982 mit dem             Brackmann selber als „Späteinsteiger“.     seine größten Hobbys.
   zweiten Staatsexamen abgeschlossen hat;          In der Kommunalpolitik ist er bereits
                                                    seit 1978 Abgeordneter des Lauenbur-
 	seit 2009 Mitglied des Deutschen                 gischen Kreistages;
   Bundestages, wo er als direkt gewählter
   Abgeordneter den Wahlkreis Herzogtum
   Lauenburg und Stormarn-Süd vertritt;

8   Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5
Wirtschaft braucht MEER - SPECIAL - Schiff & Hafen
1    Woher nehmen Sie Ihre Motivation?
     Was mich schon immer angetrieben hat,
ist der Wille zur Gestaltung. Ich bin jemand,
                                                   destag ist dann meinen Änderungsvorschlä-
                                                   gen einstimmig gefolgt.
                                                   Als Maritimer Koordinator habe ich einen
                                                                                                     wundernswert, auf der anderen Seite zeigt
                                                                                                     es, wie dringend wir uns selber strategisch
                                                                                                     aufstellen müssen.
der anpacken kann und sich Ziele setzt, die        wirklich guten Draht zur Branche und im-
er auch erreichen will. Das gilt nicht nur für
meine politischen Ämter, sondern auch in
meinem Privatleben. Und es gilt auch im-
                                                   mer ein offenes Ohr für die Sozialpartner
                                                   und konnte bei den Themen Abgasreduzie-
                                                   rung von Schiffen, Forschung und Entwick-
                                                                                                     6      Welche Geschäftsidee würden Sie (mit un-
                                                                                                            begrenztem Kapital) umsetzen wollen?
                                                                                                     Ich würde eine ganze Flotte von Zero-Emis-
mer wieder ganz praktisch in meiner ehren-         lung sowie der Einstufung des gesamten            sion-Schiffen bauen und über die Weltmee-
amtlichen Tätigkeit bei der DLRG. Leben            Marineschiffbaus zur Schlüsseltechnologie         re fahren lassen. Zwar ist der Schiffsverkehr
rettet man nun mal nicht durchs Zugucken.          spürbare Akzente setzen.                          gemessen an der Menge der transportierten
                                                                                                     Güter bereits heute einer der umweltfreund-

2     Welche Lebenserfahrung war prägend
      für das, was Sie heute machen?
Besonders geprägt hat mich meine Zeit bei
                                                   4     Welche Persönlichkeit würden Sie gern
                                                         einmal treffen?
                                                   Persönlichkeiten, die ich gerne einmal tref-
                                                                                                     lichsten Verkehrsträger, trotzdem: mit Zero-
                                                                                                     Emission-Schiffen würden wir den Zielen
                                                                                                     des Pariser Klimaschutzabkommens einen
der Bundeswehr. Hier habe ich Menschen-            fen würde, leben leider nicht mehr.               großen Schritt näherkommen.
führung gelernt. Die Fähigkeit, gerade auch        Als Vorsitzender des Kuratoriums der Otto-
in schwierigen Situationen als verlässlicher
Anker, andere Menschen anleiten zu kön-
nen und ihnen Halt und Orientierung zu
                                                   von-Bismarck-Stiftung bewundere ich Otto
                                                   von Bismarck. Er war ein kühler Lenker
                                                   und begnadeter Stratege. Aber auch Konrad
                                                                                                     7     Worin sehen Sie die zukünftigen Heraus-
                                                                                                           forderungen für Ihren Branchenzweig?
                                                                                                     Zunächst müssen wir Corona überwin-
geben, ist etwas, was mir auch in meinem           Adenauer bewundere ich sehr wegen seiner          den und die wirtschaftlichen Verluste
zivilen und politischen Leben immer wie-           Aufbauarbeit, Ludwig Erhard als Vater der         wieder aufholen. Dazu brauchen wir aber
der weitergeholfen hat. Außerdem hat die           Sozialen Marktwirtschaft und Martin Lu-           mehr denn je auf europäischer und inter-
Zusammenarbeit mit Menschen anderer                ther King mit seinen Visionen und der Fä-         nationaler Ebene ein Level-Playing Field.
Nationen, anderer Kulturen und mit ande-           higkeit, Menschen zu begeistern und mitzu-        Gleichzeitig müssen wir alles daransetzen,
ren Sichtweisen, meinen Blick geweitet und         reißen. Diese Persönlichkeiten hätte gerne        ein größtmögliches Maß an Umwelt- und
meinen Erfahrungsschatz bereichert.                einmal getroffen.                                 Klimaschutz zu realisieren. Dafür müssen
                                                                                                     wir die Vorgaben des europäischen Green

3      Was betrachten Sie als Ihre größte Leis-
       tung?
Neben meiner Familie, auf die ich sehr stolz
                                                   5     Welches Ereignis hat Sie zuletzt nachhal-
                                                         tig beeindruckt?
                                                   Die wirtschaftliche Entwicklung Chinas,
                                                                                                     Deals der Internationalen Schifffahrtsor-
                                                                                                     ganisation IMO umsetzen. Darüber hinaus
                                                                                                     hat uns die Pandemie gezeigt, wie wichtig
bin, ist politisch sicherlich eine meiner größ-    sein Weg zu wirtschaftlicher Stärke, das          gute Sozialstandards gerade in der Schiff-
ten Leistungen gewesen, dass ich 2017 als          ist schon sehr beachtlich. Mit der chine-         fahrt sind. Wir müssen hier zu weltweit ein-
Obmann im Haushaltsausschuss das vom               sischen Strategie 2025 und dem Ausbau             heitlichen Standards kommen.
Bundeskabinett vorgelegte Infrastrukturge-         der „Seidenstraße“ sind auch wir in Euro-         Das hört sich vielleicht ein bisschen an wie
sellschaftserrichtungsgesetz, mit dem der          pa und Deutschland ein fester Bestandteil         die „Eierlegende-Wollmilch-Sau“, aber auf
Grundstein für die Autobahngesellschaft            dieser Entwicklung. China verfolgt seine          der anderen Seite habe ich großes Vertrauen
des Bundes gelegt wurde, in ganz wesentli-         Strategie sehr beharrlich und konsequent.         in die Innovationskraft der deutschen mari-
chen Punkten verändern konnte. Der Bun-            Das ist auf der einen Seite schon sehr be-        timen Branche.

>> BUNDESWIRTSCHAFTSMINISTERIUM
Das Bundesministerium für Wirtschaft und           trieben. Dafür stehen im Haushalt des BMWi
Energie (BMWi) setzt sich mit seinen elf Abtei-    in 2021 rund 10,4 Mrd. Euro zur Verfügung.
lungen dafür ein, die Soziale Marktwirtschaft      Aufgabe des Maritimen Koordinators der Bun-
„wetterfest“ zu machen, um so den zentralen        desregierung ist es, Initiativen und Maßnah-
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu          men zur Stärkung der internationalen Wett-
begegnen. Die Bewältigung der Pandemie ist         bewerbsfähigkeit des mariti­   men Standortes
2021 ein Schwerpunkt der Bundesregierung.          Deutschland in den Bereichen Schiffbau, Mee-
Gleichzeitig setzt das BMWi auf Zukunftsin-        restechnik, Seeschifffahrt und Hafenwirtschaft    Bundeskanzlerin alle zwei Jahre die Nationale
vestitionen und stellt erhebliche Mittel bereit,   zu koordinieren. Die Querschnittsthemen           Maritime Konferenz durch. Die nächste Kon-
um die Wirtschaft mittel- und langfristig zu       Off­shore­-Windenergie­-Nutzung, maritimer        ferenz findet am 10. und 11. Mai 2021 in Ros-
stärken. Schwerpunkte liegen auf Digitalisie-      Klima­- und Umweltschutz sowie maritime           tock erstmalig als rein digitale Konferenz statt.
rung, Zukunftstechnologien, das Voranbrin-         Sicherheit sind hierin eingeschlossen. Der Ko-    Bei seinen Aufgaben wird der Maritime Ko-
gen der Energiewende und Strukturwandel im         ordinator der Bundesregierung für die mari-       ordinator durch die Geschäftsstelle Maritime
Verkehrssektor hin zu klimafreundlichen An-        time Wirtschaft führt zudem im Auftrag der        Wirtschaft im BMWi unterstützt.

                                                                                                                       Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5   9
Wirtschaft braucht MEER - SPECIAL - Schiff & Hafen
SPECIAL         12. NATIONALE MARITIME KONFERENZ

                              Blick nach vorne
                        BRANCHENSTATEMENTS Im Vorfeld der 12. Nationalen Maritimen Konferenz
                            hat Schiff&Hafen Vertreter der führenden maritimen Verbände und
                     Vereine gefragt, warum die maritime Branche aus ihrer Sicht von gesamtstaatlicher
                               Bedeutung ist und was sie von der diesjährigen NMK erwarten

N
        atürlich hatten wir uns das anders vorgestellt.                                Härte der Realität in den Jahren nach 2009 gespürt.
        In Rostock, vor schöner Ostsee-Kulisse,                                          Aber wir haben die Krise weitgehend hinter uns
        hunderte Teilnehmer, nicht in allem einig,                                        gelassen und sind in vielen Bereichen bislang er-
aber geeint von Teamgeist für Schifffahrt und ma-                                         staunlich robust durch die Pandemie gefahren.
ritime Wirtschaft. Gern hätten wir uns direkt bei                                          Mehr noch: die Handelsschifffahrt hat gezeigt,
der Bundeskanzlerin bedankt, der Schirmherrin                                             welche bedeutende Rolle ihr zukommt. Wir sind
dieser und vieler anderer Konferenzen. Sie und                                            weitergefahren, wir haben geliefert.
viele andere, darunter der Maritime Koordinator,                                         Nach den Jahren ungewöhnlichen Wachstums,
das Bundesverkehrsministerium oder die maritimen                                        vor allem in der Containerschifffahrt Anfang der
Sprecher der Regierungsfraktionen haben viel unter-           Ralf Nagel,               2000er-Jahre und dem darauffolgenden Rückgang,
nommen, um die Bedingungen für die Schifffahrt in         Präsidiumsmitglied,           haben wir jetzt eine neue Normalität. Die deutsche
                                                          Verband Deutscher
schwierigen Zeiten zu sichern und Impulse für die          Reeder e.V. (VDR)
                                                                                        Flotte ist ähnlich stark, in großen Teilen stärker als
Zukunft zu geben.                                             Foto: Bina Engel          vor diesem Boom. Umso wichtiger sind deshalb wei-
Nun kommt es anders. Die Entscheidung, die                                              tere verlässliche und unterstützende Rahmenbedin-
NMK virtuell abzuhalten, war richtig. Besonders                                         gungen am Standort – für den Klimaschutz, für den
in der Pandemie bewahrheitet sich der Satz: Je mehr Energie                Wettbewerb mit anderen Schifffahrtsnationen. Darüber wollen
man damit vertrödelt, der Realität vorzuwerfen, dass wir uns das           wir auf der NMK sprechen. Unser Ehrgeiz sollte sein, maritime
Ganze anders vorgestellt hätten, desto anstrengender wird es.              Dienstleistungen am Standort nicht nur zu halten, sondern neue
Das gilt auch für die deutsche Handelsschifffahrt. Wir haben die           nach Deutschland zu holen.

D
        er Kollaps der Kreuzfahrtnachfrage konfron-                                  Milliarden-Subventionen in Asien regungslos und
        tiert den deutschen Schiffbau mit der bru-                                    ohne Gegenwehr zur Kenntnis – und legen auch
        talen Realität, dass Kunden außer Yachten                                       noch eigene Mittel obendrauf.
und Behördenfahrzeuge kaum Schiffe noch in                                              Allein das Desaster in der Schiffsfinanzierung
Deutschland bestellen. Es stellt sich die Gret-                                          verdeutlicht das. Deutsche Steuerzahler haften
chenfrage: Wird Deutschland, schlimmer noch,                                            mit geschätzten rund 50 Mrd. Euro für fehlgelei-
wird Europa 2030 noch in nennenswertem Um-                                              tete Schiffsfinanzierungen der Landesbanken –
fang Seeschiffe bauen? Unsere Antwort ist klar:                                        ermöglicht durch steuerliche Anreize, verbaut
selbstverständlich! Es muss aber unmissverständ-                                        ganz überwiegend in Asien, statt hier umfänglich
lich klar sein, dass dafür neue Politikansätze erfor-    Dr. Reinhard Lüken,            für Wertschöpfung und Weiterentwicklung der
derlich sind.                                           Hauptgeschäftsführer,           Technologie zu sorgen.
                                                      Verband für Schiffbau und
Europa verfügt über den größten Schifffahrts-          Meerestechnik e.V. (VSM)
                                                                                        Noch ist es nicht zu spät. Noch können wir vie-
und, theoretisch, Schiffbau-Binnenmarkt der                     Foto: VSM               les besser als unsere Wettbewerber. Deutschland
Welt. Doch wir haben nichts getan, um diese                                             braucht jetzt eine maritime Wachstumsagenda!
Binnennachfrage durch Wertschöpfung im Bin-                                             Durch eine gemeinsame Kraftanstrengung kön-
nenmarkt zu bedienen, so wie Japan, Korea und China es selbst-           nen wir die modernste, effizienteste, sicherste, sauberste und vor
verständlich tun. Im Gegenteil, seit Jahrzehnten nehmen wir die          allem klimaneutrale Flotte für Europa bauen. Auf geht’s NMK!

10    Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5
A
        ls Online-Veranstaltung ist die 12. Nationale                            Für die Schiffbau- und Offshore- Zulieferindus­
        Maritime Konferenz 2021 in Rostock eine                                    trie sind offene Grenzen und der weltweite freie
        Premiere für diesen traditionellen Treff-                                    Handel ein absolut wichtiger Erfolgsgarant. Die
punkt aller Akteure in der maritimen Wirtschaft.                                      Durchsetzung weltweit fairer Wettbewerbsbe-
Wir sind davon überzeugt, dass auch online ein                                        dingungen steht deshalb ganz oben auf der Liste
branchenübergreifender       Erfahrungsaustausch                                      unserer Forderungen an die Politik. Der Aufbau
auf höchstem Niveau stattfinden kann. Gerade in                                       von Handelsschranken und protektionistische
der Corona-Pandemie zeigt sich, wie wichtig, aber                                   Markteingriffe sind keine geeigneten Mittel, um
auch empfindlich die internationalen Handels- und                                   hochwertige Arbeitsplätze zu erhalten und neue
Verkehrsströme sind, und welchen großen Anteil          Dr. Jörg Mutschler,         zu schaffen.
die deutsche maritime Wirtschaft dabei für die           Geschäftsführer,           Die gewaltigen Möglichkeiten der fortschreiten-
                                                      VDMA Marine Equipment
Versorgung insgesamt leistet. Gleichzeitig sind die        and Systems
                                                                                    den maritimen Digitalisierung und die maritime
Herausforderungen, z.B. im Kreuzfahrtschiffbau,               Foto: HMC             Energiewende bestimmen weiterhin die Chancen
enorm und eine verlässliche Vorhersage derzeit                                      der Branche für die nächsten Jahrzehnte. Die Po-
schwer möglich. Der offene Austausch zwischen                                       litik hat hier die Verantwortung, die passenden
Politik, Unternehmen und Institutionen über diese und weitere          unterstützenden Rahmenbedingungen sicherzustellen. Wir
Themen sind das bewährte Konzept der NMK.                              freuen uns auf einen Schulterschluss dazu in Rostock.

W
           ir Menschen sind zunehmend auf die Nut-                                     zelne Unternehmen allein gestaltet und erreicht werden.
           zung der Meere angewiesen. Verantworten                                       Neue Absatzmärkte verlangen eine enge Zusammen-
           lässt sich das aber nur mit einer nachhalti-                                    arbeit in interdisziplinären, firmenübergreifenden
gen maritimen Entwicklung, die ökologische, öko-                                            und internationalen Initiativen. Um an der prognos-
nomische und soziale Belange in Einklang bringt.                                            tizierten Marktentwicklung teilhaben zu können
Das geht nicht ohne die Meerestechnik. Sie entwi-                                           und damit eine nachhaltige maritime Entwicklung
ckelt, produziert und verwendet Technologien für                                           zu fördern, sind Wirtschaft, Politik und Wissenschaft
die Erforschung, den Schutz und die umwelt- und                                           gleichermaßen aufgerufen, technische Innovationen
ressourcenschonende Nutzung der Meere und ist                                               bis zur Markteinführung voranzutreiben. Wirt-
damit verbindendes Element für die verschiedenen              Petra Mahnke,                 schaftspolitisch wirksame Rahmenbedingungen
maritimen Branchensegmente.                                 Geschäftsführerin,              und flankierende Unterstützungsmaßnahmen sind
                                                        Gesellschaft für Maritime
An der Notwendigkeit zu globalen Veränderungen              Technik e.V. (GMT)
                                                                                            vordringlich, denn nur so können die deutsche mari-
hin zu einem nachhaltigen Handeln besteht kein                    Foto: GMT                 time Wirtschaft im Allgemeinen und die Unterneh-
Zweifel. Vor diesem Hintergrund wird das Bran-                                              men der Meerestechnik im Besonderen langfristig
chenforum Meerestechnik auf der 12. Nationalen                                              im globalen Wettbewerb bestehen und neue Markt-
Maritimen Konferenz den Beitrag der Meerestechnik an einer erfolg-         potenziale erschließen. Ich erwarte hierzu vom Branchenforum Mee-
reichen nachhaltigen Nutzung der Meere in den Fokus stellen. Die           restechnik geeignete Handlungsempfehlungen, die dann von den
damit einhergehenden Aufgabenstellungen können nicht durch ein-            Verantwortlichen zeitnah aufgegriffen und umgesetzt werden.

D
       ie Seehafenbetriebe stehen mitten in der Digita-                                 erforderlich. Beim Wettbewerb der Unternehmen,
       lisierung und am Anfang weiterer großer Um-                                        in dem neue Marktteilnehmer in die Hafenlogistik
       brüche bei der Energienutzung in Europa.                                             drängen, sind wichtige Nachjustierungen im Kar-
Die Veränderungen bieten viele Chancen, doch die                                            tellrecht, Beihilferecht und Steuerrecht dringend
Transformation in der Hafenlogistik vollzieht sich                                           notwendig.
in einem harten, globalen Wettbewerb zwischen                                                Damit die Häfen die Energiewende aktiv mitge-
Standorten und Unternehmen. Voraussetzungen                                                 stalten können, müssen hohe Investitionen in die
für den Erfolg der deutschen Hafenwirtschaft sind                                          Ausstattung und Entwicklung von Terminals und
daher eine vertrauensvolle Sozialpartnerschaft und                                       Verteilinfrastruktur für Energieträger wie Liquified
eine Politik, die mit guter Infrastruktur, fairen            L. Daniel Hosseus              Natural Gas (LNG) und Wasserstoff getätigt wer-
Wettbewerbsbedingungen und Fördermaßnah-                  Hauptgeschäftsführer,             den. Aber auch die Umrüstung und Neuanschaf-
                                                       Zentralverband der deutschen
men diese Prozesse erleichtert.                       Seehafenbetriebe e.V. (ZDS)
                                                                                            fung von Nutz- und Spezialfahrzeugen sowie Ge-
Dementsprechend sind hohe Investitionen und                       Foto: ZDS                 rätschaften, die im Hafen zum Einsatz kommen,
weitere Schritte zur Planungsbeschleunigung für                                             muss in Förderprogrammen berücksichtigt wer-
den Ausbau der digitalen Infrastruktur und der                                              den. Erfolgreiche Maßnahmen wie IHATEC und
Verkehrswege erforderlich. Beim Wettbewerb der Standorte sind               digitale Testfelder in Häfen weisen hier den Weg und belegen das
die Einführung des Verrechnungsmodells zur Erhebung der Ein-                Streben der Hafenunternehmen, die Transformationsprozesse
fuhrumsatzsteuer sowie wettbewerbsfähige Transportwegekosten                proaktiv voranzutreiben.

                                                                                                                  Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5   11
SPECIAL         12. NATIONALE MARITIME KONFERENZ

Das Testfeld bietet die Möglichkeit, küstennah neue Unterwassertechnologien zu erproben                          Illustration: Fraunhofer IGD

                                         Das Labor unter
                                        dem Meeresspiegel
                      TESTINFRASTRUKTUR Mit dem Großprojekt „Ocean Technology Campus“ (OTC)
      wird die Hansestadt Rostock in den kommenden Jahren zum führenden Standort der technologischen
         Unterwasserforschung ausgebaut. Auf dem Gelände des Rostocker Fracht- und Fischereihafens
               entsteht im engen Schulterschluss zwischen Industrie und Forschung ein Umfeld zur
            Entwicklung und Erprobung meerestauglicher Hochtechnologien. Dazu wird ein vielseitig
            einsetzbares Testfeld in Küstennähe errichtet, um neue Technologien unter kontrollierten
                            Bedingungen in einem realen Umfeld erproben zu können.

C
      a. 1,5 Kilometer von der Küste vor Nienhagen bei Rostock        Plattform verbessert und die Breitbandverbindung sowie die
      markiert bereits seit 18 Jahren eine Plattform ein künstli-     Stromversorgung ausgebaut – entscheidende Details, wenn es da-
      ches Riff, das aus hunderten Elementen aus Naturstein und       rum geht, Technologie-Anbieter und Forschungseinrichtungen
Beton besteht. Dieses künstliche Riff in mehr als zehn Metern         von dem Unterwasserlabor als Ort für ihre Testreihen zu über-
Tiefe diente bisher in erster Linie der Fischereiforschung. Nun       zeugen. „Man muss unter anderem in Echtzeit auf große Daten-
entsteht hier ein einzigartiges Testfeld für die Meerestechnik.       mengen zugreifen können, die bei den Messungen entstehen“, er-
                                                                      klärt Prof. Uwe Freiherr von Lukas, Standortleiter des Fraunhofer
Weltweit einmaliges Forschungszentrum an der Ostsee                   IGD in Rostock. „Jetzt im Frühjahr kann es mit ersten Missionen
Innovationen, wie z.B. zur Erkundung des Meeresbodens und             losgehen.“
zum Fisch-Monitoring, zur Wartung von Offshore-Anlagen und                Im Laufe der Zeit werden anwendungsnahe Szenarien aufge-
der Munitionsbergung, können derzeit nur von Schiffen aus ge-         baut, beispielsweise Seekabel verlegt. Mit Sensoren kann dann
testet werden, die Forscher und Unternehmen Jahre im Voraus           geprüft werden, wie sie funktionieren und wie sie sich auf die
buchen müssen. Mit dem Aufbau des Testfelds wird – weltweit           Umwelt auswirken. Sogenannte Unterwasser-Gärten sollen wei-
erstmalig – eine Möglichkeit geschaffen, nahe dem Festland,           tere vielfältige Forschungen ermöglichen. „Uns geht es um die
neue Unterwasser-Technologien zu erproben.                            Entwicklung meerestechnischer Lösungen, die die Nutzung der
    Als erster Schritt entsteht das Digital Ocean Lab, betrieben      Meere in Zukunft so effizient und gleichzeitig ökologisch ver-
vom Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD          träglich wie irgend möglich gestalten“, betont von Lukas. Auf An-
in Rostock. Zunächst werden die technische Ausstattung der            wohner, Wassersportler und Touristen soll die Erweiterung der

12    Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5
Station wenig Auswirkungen haben, aber die Öffentlichkeit kann      und produziert. Auch die EvoLogics GmbH aus Berlin, die sich mit
an der Forschung teilhaben: „In Nienhagen könnte eine Multime-      Unterwasser-Kommunikation beschäftigt, hat sich eingemietet.
dia-Präsentation zeigen, welche Experimente gerade laufen. So           Angesprochen sind auch Start-ups der Branche, hier können
können wir auch Bedenken zerstreuen, die eventuell entstehen.“      Absolventen der Universität Rostock oder aus Forschungsinsti-
                                                                    tuten innovative Ideen zu Produkten entwickeln. Eines der ers-
Als Zukunftscluster ausgezeichnet                                   ten Beispiele: Frameworks Robotics. Die jungen Unternehmer
Das küstennahe Testfeld ist Teil eines langfristigen Vorhabens,     entwickeln hier einen neuen Standard für Unterwasser-Systeme,
in dem Wissenschaft und Wirtschaft eng zusammenarbeiten und         damit Tauchroboter genau nach den Bedürfnissen ihrer Anwen-
voneinander profitieren werden: auf dem Ocean Technology            dung aufgebaut oder ergänzt werden können. „Man spürt die
Campus (OTC) in Rostock. Von Lukas ist einer der Ideengeber,        Sogwirkung so eines Campus“, meint von Lukas. „Das enge Mit-
das Fraunhofer IGD maßgeblich am Aufbau beteiligt, zusammen         einander von Forschung und Firmen trägt schon erste Früchte.“
mit der Universität Rostock und weiteren Partnern. Das Projekt      Denn kurze Wege, Synergieeffekte und eine hohe Vernetzung
wurde vom Bundesforschungsministerium als eines von sieben          bieten riesige Vorteile für alle Beteiligten, auch das Unterwasser-
Zukunftsclustern ausgezeichnet, verbunden mit einer Förde-          Testfeld kann gemeinsam genutzt werden.
rung von 15 Millionen Euro. „Damit wollen wir unter anderem
die Strukturen des Campus weiterentwickeln“, sagt von Lukas.        Forschung fachübergreifend
„Wir wollen nicht nur Forschung im Elfenbeinturm betreiben,         Die derzeitigen Nutzer bilden die Keimzelle für die Campus-Ent-
sondern es ist uns wichtig, echte Wertschöpfung im maritimen        wicklung. In einigen Jahren wird auch das Fraunhofer IGD kom-
Sektor zu erreichen: Aus guten Ideen sollen Produkte zur nach-      plett auf den Campus ziehen. Schließlich ist die Fraunhofer-Ge-
haltigen Nutzung der Meere werden.“                                 sellschaft federführend für den wissenschaftlichen Teil des OTC.
     Neben dem Unterwasser-Forschungsfeld entsteht gerade ein       Seit einigen Monaten arbeiten Wissenschaftler unterschiedlicher
ganzer Komplex für Forschung und Produktion im Rostocker            Fachgebiete in der Gruppe „Smart Ocean Technologies“ auf dem
F­ischereihafen an der Warnow. Die Firma Baltic Taucher hat ihren   Campus. Initiiert vom IGD, kommt hier die Expertise von vier
Sitz schon lange dort. Auch erste neue Unternehmen sind bereits     Forschungsinstituten zusammen. „Da geht es zum Beispiel um
auf das Gelände gezogen, etwa die Rostocker Firma Kraken Power,     Produktionstechnik, IT, Sensorik und Systemtechnik“, erläutert
die Hightech-Komponenten für Unterwasser-Roboter entwickelt         der Standortleiter. „Das könnte ein Institut allein nicht abde- >

                  Stützpunkt an der Ostsee
   für unsere MARINE, die Seenotretter, den Zoll, unsere Bundespolizei,
   die Wasserschutzbehörden, die lokale Fischereiaufsicht, die WSV
SPECIAL         12. NATIONALE MARITIME KONFERENZ

     >> STANDPUNKT UND HANDLUNGSEMPFEHLUNG
     Verantwortungsvolle Nutzung, Nachhaltigkeit, Innovation –        eng mit international agierenden maritimen Industrieunter-
     das sind Stichworte, die die Arbeit des Netzwerkes Subsea        nehmen zusammen.
     der Fraunhofer Gesellschaft seit 2016 prägen. Beteiligt sind
     dreizehn Institute bzw. Einrichtungen, darin vertreten die       Aus ihrer Arbeit leitet die Kompetenzgruppe schon jetzt Hand-
     gesamte Bandbreite der Meeres- und Unterwassertechnik.           lungsempfehlungen ab. Dadurch könnten Forschung und Indus­
     „Denn eine Forschungsdisziplin allein stößt bei der Entwick-     trie in Deutschland langfristig einen Wettbewerbsvorteil erzielen.
     lung von Meerestechnik schnell an ihre Grenzen“, heißt es in
     einem Positionspapier. „Die Gruppe verfügt über Experten in      >> Forschung und Entwicklung in der Unterwassertechnik in-
     IT, Materialwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Elek­          tensivieren. Neue Technologien müssen das Gleichgewicht
     tronik, Sensortechnik, Energietechnik, Robotik, Aquakultur          zwischen wirtschaftlicher Nutzung der Meeresressourcen
     sowie Automatisierungs- und Systemtechnik. Die entwickel-           und dem Schutz der Meeresumwelt wahren.
     ten Meerestechnologien müssen dabei beinahe entgegenge-          >> Test- und Erprobungsmöglichkeiten ausbauen. Nur so kön-
     setzten Anforderungen nachkommen: Einerseits sollen sie so          nen zuverlässige und robuste Systeme für den realen Einsatz
     wenig wie möglich in die ozeanischen Ökosysteme eingreifen,         effizient entwickelt werden.
     andererseits jedoch vielfältige relevante Fragen beantworten
     und komplexe Zusammenhänge aufdecken. Diesen Spagat
                                                                      >> Munitionsaltlasten in Nord- und Ostsee flächendeckend er-
                                                                         fassen und beseitigen. Von diesen Altlasten gehen extreme
     wollen die Meeresforscher in unterschiedlichen Forschungs-
                                                                         Gefahren für Menschen und Umwelt aus, die wirtschaftli-
     schwerpunkten stemmen“, so das Papier weiter. Das Kompe-
                                                                         che Nutzung der Meere wird stark limitiert.
     tenznetzwerk bildet den führenden Verbund für angewandte
     Forschung in der Unterwassertechnik in Europa. Entwickelt        >> Europäische Partnerschaft für den Tiefseebergbau initi-
     werden Basistechnologien, etwa Unterwasserfahrzeuge samt            ieren und öffentlich anfinanzieren. Dadurch kann Euro-
     entsprechender Energieversorgung, neuartiger Sensoren so-           pa – und damit auch die Meerestechnik in Deutschland –
     wie einer robusten, hochaufgelösten Bildgebung. Weitere For-        Technologieführer im nachhaltigen, umweltschonenden
     schungsschwerpunkte liegen in der Kommunikation, der Navi-          Tiefseebergbau werden und Deutschland als rohstoffarme
     gation und der Manipulation unter Wasser.                           Nation strategisch unabhängiger werden.
                                                                      >> Einführung internationaler Standards für Unterwassermis-
     Auch Querschnittstechnologien sind unabdingbar, so die Ent-
                                                                         sionen. Dadurch wird das Zusammenwirken unterschied-
     wicklung von Smart Services, die einen wichtigen Beitrag zur
                                                                         lichster Technologien bei komplexen Missionen effektiv
     Wertschöpfung in der maritimen Branche leisten, oder die Zu-
                                                                         möglich und die technische Entwicklung stark gefördert.
     verlässigkeit, beispielsweise für Offshore-Anwendungen. Bei-
     spiele für solche Technologien sind Infrastrukturen für Tests    >> Schaffung eines Rechtsrahmens für den Einsatz autonomer
     und Inbetriebnahme oder auch die dreidimensionale Erfas-            Unterwasserfahrzeuge. Dadurch entsteht Rechtssicherheit,
     sung und Überwachung großer Unterwasserstrukturen wie               die die Nutzung autonomer Systeme im großen Maßstab für
     Offshore-Anlagen. Die Fraunhofer-Gesellschaft arbeitet dabei        die wirtschaftliche Nutzung ermöglicht.

cken.“ Noch in diesem Jahr soll die Gruppe auf etwa 20 Köpfe         Spektrum erstreckt sich von autonomen Unterwasser-Fahrzeu-
anwachsen.                                                           gen und unbemannter Schifffahrt über Systemtechnik und Visual
    Etliche weitere Institute und regionale Unternehmen sind am      Computing, Sensorik, Simulation und Messtechnik bis hin zur
OTC beteiligt. Besonders wichtig: die Universität Rostock, wo ein    Nutzung von Algen oder Aquakulturen. Hiesige Forschungen be-
breites Spektrum an Meerestechnik und Meeresbiologie abgedeckt       schäftigen sich zum Beispiel damit, wie in den Aufzuchtstationen
wird. Ebenso unverzichtbar ist die Kooperation mit Rostock Busi-     die Belastung der Umwelt, aber auch der Fische selbst verringert
ness, der lokalen Wirtschaftsförderer-Gesellschaft. Darüber kön-     werden kann. Sogar künstliche Intelligenz spielt dabei eine Rol-
nen Kontakte entstehen, auch zu internationalen Firmen.              le. So könnten neue Geschäftsmodelle entstehen, in denen sich
                                                                     Wirtschaftlichkeit mit Nachhaltigkeit verbindet. „Denn auch die
Im Fokus: Nachhaltigkeit                                             Aquakultur-Firmen merken, dass sie den Lebensraum erhalten
Je intensiver die Meere genutzt werden, desto mehr geraten sie       müssen, in dem sie arbeiten, sonst stellen sie sich selbst ein Bein“,
auch in Gefahr – etwa durch Überfischung und Verschmutzung.          meint von Lukas. Solche innovativen Konzepte könnten ein Ex-
Nur Nachhaltigkeit garantiert, dass die Ozeane nutzbar bleiben.      portschlager für deutsche Firmen werden.
Daher arbeitet die Fraunhofer-Gesellschaft im Verbund mit an-             Einen endgültigen Termin für die Fertigstellung des OTC
deren europäischen Forschungseinrichtungen in der Innovati-          gibt es nicht. „Das ist wie die Entwicklung einer Stadt: Die ist
onsplattform „Sustainable Subsea Solutions“ zusammen. Digitale       auch nie fertig“, sagt von Lukas. Es sind schon viele Ideen ent-
Schlüsseltechnologien für tiefgreifende Innovationen sollen ent-     standen, wie der Campus noch vervollständigt werden könnte:
wickelt und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie      eine bessere Verkehrsanbindung; ein Hotel für Menschen, die
gestärkt werden – im Einklang mit der gerade gestarteten UN-         dort nur zeitweise arbeiten; eine Kindertagesstätte; vielleicht so-
Dekade der Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung. Wis-          gar eine Fährverbindung vom Campus an den Strand von Warne-
senschaftler bei Fraunhofer entwickeln die nötigen Technologien      münde. Die Geschichte dieses Ortes hat gerade erst begonnen.
für Energiewirtschaft, Ernährung und Gesundheit, aber auch für
die Beseitigung von Meeresmüll oder Munitionsaltlasten. Das                           Dörte Rahming, freie Autorin, wortlaut-rostock

14    Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5
Am Lehrstuhl für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren werden zukunftsweisende Kraftstoffe erforscht               Foto: LKV/Holger Martens

         Kraftstoffe und Motoren für die
               Schiffe der Zukunft
         LKV UNIVERSITÄT ROSTOCK Der Klimawandel beherrscht die öffentliche Debatte und stellt
      auch die maritime Branche vor große Herausforderungen. Heute und in den kommenden Jahrzehnten
           werden technische und kommerzielle Entscheidungen maßgeblich von der Bewertung der
                               resultierenden Klimaauswirkungen geprägt sein.
                                               Prof. Dr. Bert Buchholz, Karsten Schleef

D
        er Beitrag der Schifffahrt an den weltweiten CO2-Emis-        Forschungsziele des LKV
        sionen liegt bei etwa 2,7 Prozent. Trotz der hohen Effi-      Ziel der Forschungen am LKV ist es daher, nachhaltige maritime
        zienz des Transportsystems „Schiff “ entsprechen diese        Kraftstoffe zu entwickeln und in Schiffsantrieben zu nutzen, um
CO2-Emissionen in etwa denen der gesamten Bundesrepublik              auf diesem Wege die Treibhausgasemissionen deutlich zu redu-
Deutschland, womit der Handlungsbedarf offensichtlich wird.           zieren und im günstigsten Fall überhaupt kein zusätzliches CO2
Eine schnelle und drastische Reduzierung der Treibhausgas-            freizusetzen. Deshalb wird intensiv an neuen, sauberen Kraftstof-
Emissionen ist daher auch die zentrale Motivation für die Groß-       fen und neuen Technologien geforscht, damit zukünftig deutlich
motoren-Forschung am Lehrstuhl für Kolbenmaschinen und                anspruchsvollere Emissionsziele im Schiffsverkehr erfüllt werden
Verbrennungsmotoren (LKV) der Universität Rostock. Auf See            können. Die technischen Herausforderungen sind dabei kom-
kommt dabei nach Auffassung der Forscher des LKV den einge-           plex. So müssen die zukünftigen Schiffskraftstoffe zusätzlich zur
setzten Kraftstoffen die entscheidende Schlüsselrolle zu. Denn        notwendigen Klimaneutralität eine ganze Reihe weiterer Anfor-
rein batterieelektrische Systeme werden voraussichtlich auch im       derungen erfüllen. Schiffe sind in der Regel über zwanzig Jahre
Jahr 2050 in der maritimen Welt aufgrund ihrer hohen Gewich-          in Betrieb und müssen ihren Kraftstoff grundsätzlich weltweit
te und Platzbedarfe sowie der notwendigen landbasierten Lade­         bunkern können. Deshalb ist es für eine schnelle Einführung
infrastruktur nur einen kleinen Beitrag zur CO2-Vermeidung in         klimaneu­traler Kraftstoffe wichtig, dass diese neuen Kraftstoffe
der Schifffahrt leisten können.                                       mit bestehenden Schiffen weitgehend kompatibel und mit >

                                                                                                          Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5   15
SPECIAL         12. NATIONALE MARITIME KONFERENZ

                                                                             Der LKV verfügt über hochmoderne Labore mit einer speziell
                                                                             an Schiffsmotoren und zukünftige Kraftstoffe angepassten
                                                                             Ausstattung:
                                                                             >> Speziallabor für Kraft- und Schmierstoffforschung zur
                                                                                Analyse von aktuellen und Entwicklung zukünftiger
                                                                                Schiffskraftstoffe
                                                                             >> Einspritzlabor zur Bewertung der Einspritzung und Ge-
                                                                                mischbildung an CR-Injektoren für schnell- und mittel-
                                                                                schnelllaufende Schiffsmotoren sowie zum Test neuar-
                                                                                tiger Kraftstoffe
                                                                             >> Insgesamt drei Einzylinder-Forschungsmotoren für den
                                                                                Bereich vom schnelllaufenden Bootsmotor über den
                                                                                schweröltauglichen Mittelschnellläufer bis hin zum Du-
                                                                                al-Fuel Motor für Fähren und Kreuzfahrtschiffe
                                                                             >> Test von Vollmotoren von 80 kW bis 1 MW effektiver
                                                                                Leistung
                                                                             >> 
                                                                                Abgasnachbehandlungstechnikum für SCR- und Me-
                                                                                thankatalysatoren sowie für Schwefelwäscher
                                                                             >> Umfassende Infrastruktur für flüssige Kraftstoffe: Die-
                                                                                sel, MDO, HFO, Biokraftstoffe, Methanol, LPG, PtL
                                                                             >> Hochflexible Infrastruktur für gasförmige Kraftstoffe:
                                                                                Erdgas (20 bar bis 550 bar), Propan, Wasserstoff, Gas-
                                                                                mischstrecke zur Anpassung von Heizwert und Methan-
Kraftstoffforschung am LKV                   Foto: LKV/Holger Martens          zahl

den weltweit verfügbaren fossilen Kraftstoffen mischbar sind.            Biomassebasierte Kraftstoffe können dabei eine wichtige Nische
Diese zumindest anfänglich teureren Kraftstoffe bzw. Kraftstoff-         besetzen, insbesondere weil sie in der Regel zu den synthetischen
komponenten müssen außerdem Fortschritte beim Wirkungs-                  Zukunftskraftstoffen kompatibel sind.
grad und beim Emissionsverhalten ermöglichen.
    In den kommenden Jahren sind hierzu intensive For-                   Forschungsprojekt TEME 2030+
schungsarbeiten notwendig, um die verschiedenen, zur Zeit                Ein konkretes Beispiel für die Arbeit des LKV ist das gerade gestar-
oft nur im Labormaßstab verfügbaren Zukunftskraftstoffe hin-             tete Forschungsprojekt TEME2030+. Gemeinsam mit Partnern
sichtlich ihrer Eignung und Auswirkungen auf Antriebstechno-             aus Motorenherstellung, Abgasnachbehandlung, Sicherheits-
logien, Umwelt, Sicherheit, Wertschöpfung und Infrastruktur              technik, Entwicklungsdienstleistung und Komponentenher-
bewerten und hieraus fundierte strategische Entscheidungen               stellern will der LKV in diesem vierjährigen Forschungsprojekt
ableiten zu können. Nur so lassen sich die globalen Klimaziele           technische Lösungen aufzeigen, die die Treib­hausgasemissionen
erreichen und Umweltkonflikte vor allem in Hafen- und Küs-               von Schiffsantrieben bis 2030 um 35 Prozent gegenüber dem
tenregionen vermeiden.                                                   heutigen Stand senken. TEME2030+ wird aus Mitteln des Bun-
                                                                         desministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des
Anforderungen an die Kraftstoffe der Zukunft                             Maritimen Forschungsprogramms gefördert.
Benötigt werden Kraftstoffe mit hoher volumetrischer und gra-                Ausgehend vom Kraftstoff LNG, der bereits heute die ge-
vimetrischer Energiedichte, um große Frachtschiffe auf weltwei-          ringsten Partikel-, Stick- und Schwefeloxidemissionen aller
ten Routen betreiben zu können. Zur Bewertung der praktischen            Schiffskraftstoffe ermöglicht, sollen Lösungen untersucht
Energiespeicherdichte ist dabei nicht nur der Kraftstoff selbst zu       werden, die auch die Emission klimaschädlicher Gase erheb-
betrachten, sondern auch Masse und Volumen der notwendigen               lich reduzieren. Aufgrund des an aktuellen Dual-Fuel Motoren
Tanksysteme, die je nach Kraftstoff erheblich differieren kön-           auftretenden Methanschlupfes können die Potenziale des sehr
nen. Im Ergebnis dieser Überlegungen kommen synthetische,                sauberen Erdgases heute nicht vollständig ausgenutzt werden.
auf Basis erneuerbarer Energien erzeugte Kraftstoffe (E-Fuels            Deshalb sollen im Rahmen des Forschungsprojekts sowohl
bzw. Power-to-X/PtX) in den Fokus. Grüner Wasserstoff aus                neuartige innermotorische Maßnahmen zur Reduktion der
erneuerbaren Energien bildet jeweils die Ausgangsbasis. Auf-             Methanemissionen als auch spezielle Abgaskatalysatoren wis-
grund der geringen Speicherdichte von Wasserstoff und der sehr           senschaftlich analysiert und hinsichtlich ihres Systemverhal-
aufwendigen Speichersysteme werden jedoch für viele maritime             tens unter die Lupe genommen werden. Ziel ist eine effiziente
Anwendungen weitere Syntheseschritte unumgänglich, um PtX-               und praktisch gut umsetzbare Reduktion des Methanschlupfes
Kraftstoffe mit guter Speicherbarkeit, hohem Gesamtwirkungs-             um 90 Prozent. Das entspricht einer Gesamtreduzierung der
grad und hoher Kompatibilität für die Schifffahrt bereitzustellen.       Treibhausgasemissionen aus dem Motorbetrieb um 20 Prozent.

16    Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5
Durch gezielte Maßnahmen zur Steigerung des motorischen                 erhebliche Herausforderungen beim Zünd- und Brennverhalten
Wirkungsgrades im Gasbetrieb sollen weitere Treibhausgas-               sowie noch offene Emissionsfragen gegenüber. In diesem Span-
emissionen eingespart werden. Dazu werden vor allem die Po-             nungsfeld arbeitet der LKV mit Hochdruck an aktuellen For-
tenziale grundsätzlich neuer Konzepte für Gemischbildung und            schungsprojekten zur Analyse verschiedener Ammoniak-Brenn-
Zündung analysiert und quantifiziert                                    verfahren. Neben unterschiedlichen Zündverfahren wird dabei
    Eine Besonderheit des Projekts TEME2030+ ist, dass bei              das Potenzial von Wasserstoffbeimischungen zur Beschleuni-
allen untersuchten Lösungsansätzen und Systemoptimierungen              gung der Ammoniak-Verbrennung in Einzylinder-Forschungs-
auf deren schnelle praktische Übertragbarkeit in zukünftige Ge-         motoren sowie in Vollmotoren systematisch untersucht werden.
nerationen von Großmotoren geachtet wird.                                   Zur Durchführung dieser komplexen Forschungsaufgaben
                                                                        hat der LKV in den vergangenen Jahren umfangreich in die
Brücken in die Zukunft                                                  Kraftstoffinfrastruktur der Labore investiert. Die flexible Be-
Ausgehend vom fossilen Erdgas und der Ausschöpfung der damit            reitstellung von Erdgas, bei der sowohl der Druck als auch die
erreichbaren Treibhausgasminderungen schlägt TEME2030+                  Zusammensetzung in weiten Bereichen eingestellt werden kön-
gleichzeitig eine wichtige Brücke zu einer vollkommen kli-              nen, wurde durch ein Methanol-Kraftstoffsystem mit Bunkern
maneutralen Schifffahrt. Mit Fortschreiten der Energiewende             und Druckerzeugung ergänzt. Aktuell erfolgt die Erweiterung
kann der fossile Treibstoff Erdgas, der im Wesentlichen aus Me-         mit einer Wasserstoffversorgung für zwei Motorprüfstände. Als
than besteht, schrittweise durch synthetisch erzeugtes Methan           nächster Schritt werden bis zum Jahresende Ammoniaksysteme
aus erneuerbaren Energiequellen abgelöst werden.                        für zwei Versuchsmotoren errichtet.
    Großmotoren finden im Zuge der Energiewende außerdem
zunehmend Anwendung an Land, wo sie einen wichtigen Beitrag             Maritimes Forschungsprogramm
zur Absicherung der Stabilität der Stromnetze leisten können.           Die Profilierung des LKV und die konsequente Weiterentwicklung
Deshalb wird in TEME2030+ bei der Analyse und Bewertung der             der Forschungsmöglichkeiten wären ohne eine Vielzahl von Ko-
zukünftigen Motortechnologien eine potenzielle Zumischung               operationsprojekten mit Industriepartnern aus der maritimen Bran-
von bis zu 30 Prozent Wasserstoff zum Erdgas mit berücksichtigt.        che nicht möglich. Eine ganze Reihe dieser Projekte wurde durch
                                                                        Förderung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie
Ammoniak auf dem Prüfstand                                              im Rahmen des Maritimen Forschungsprogramms realisiert. Die
Aktuell wird insbesondere Ammoniak (NH3) verstärkt als ein              Förderung wichtiger Forschungsprojekte zur Schaffung des wissen-
alternativer, synthetischer PtX-Kraftstoff für die Schifffahrt          schaftlichen Vorlaufs für innovative, zukunftsfähige Produkte wird
diskutiert. Ammoniak kann aus erneuerbarem Wasserstoff mit              für die maritime Branche vor dem Hintergrund der vielfältigen He-
großtechnisch erprobten Verfahren effizient hergestellt werden,         rausforderungen auch in Zukunft ein wichtiger Erfolgsfaktor sein.
zumal der dafür benötigte Stickstoff energetisch günstig aus der
Luft abgeschieden werden kann. Die Energiedichte von flüssi-
gem Ammoniak ist gut und die notwendige Speichertechnologie             Die Autoren:
ist vergleichsweise einfach. Hinzu kommt, dass Ammoniak be-             Prof. Dr.-Ing. Bert Buchholz, Leiter, und Dipl.-Ing. Karsten
reits heute weltweit industriell genutzt wird und als Transport-        Schleef, Teamleiter Großmotoren, Lehrstuhl für Kolbenmaschi-
gut in der Schifffahrt bekannt ist. Diesen Vorteilen stehen aber        nen und Verbrennungsmotoren an der Universität Rostock

    >> DIE MARITIME FORSCHUNGSSTRATEGIE
    Die Maritime Forschungsstrategie setzt seit ihrem Bestehen           rangig werden daher industriegeführte Verbünde gefördert, in
    2018 Anreize für Forschung und Entwicklung zur Unterstüt-            denen Industrie und Wissenschaft fach- und sektorübergreifend
    zung der deutschen maritimen Branche bei der Erschließung            zusammenarbeiten. Die Beteiligung von kleinen und mittleren
    von Wachstumspotenzialen und Stärkung ihrer internationa-            Unternehmen (KMU) ist ausdrücklich gewünscht, da sie mit ih-
    len Wettbewerbsfähigkeit. Sie dient der Unterstützung der            rer Innovationskraft den maritimen Standort sichern.
    Branche bei der Entwicklung nachhaltiger Technologien, bei           Das Maritime Forschungsprogramm deckt das gesamte Tech-
    der Sicherung und beim Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit               nologiespektrum der Branche ab. Im Fokus stehen Forschung
    sowie beim Aufspüren klima- und umweltverträglicher Lösun-           und Entwicklung mit Beiträgen zu Umweltverträglichkeit
    gen. Das besondere Interesse liegt dabei in der Schaffung und        und Mobilitätswende (MARITIME.green), zur Nutzung digita-
    Sicherung hochwertiger maritimer Arbeitsplätze sowie in der          ler Technologien (MARITIME.smart), zur maritimen Sicherheit
    Verbesserung der maritimen Wertschöpfung in Deutschland.             (MARITIME.safe) und zur nachhaltigen Erschließung maritimer
    Die Maritime Forschungsstrategie beinhaltet aktuell zwei För-        Ressourcen (MARITIME.value).
    dermaßnahmen: Das „Maritime Forschungsprogramm“ und die              Die Nachfrage an Forschungsförderung ist in den letzten Jah-
    Förderlinie „Echtzeittechnologien für die Maritime Sicherheit“.      ren stark gewachsen, was sich an der Anzahl der eingereichten
    Mit dieser Strategie wurde ein Rahmen geschaffen, der die ma-        Skizzen und Anträge sowie an dem bewilligten Gesamtbudget
    ritime Wirtschaft stärkt und es ermöglicht, Projekte sparten-        gut erkennen lässt.
    übergreifend und entlang der gesamten Wertschöpfungskette            Das Maritime Forschungsprogramm konnte moderat aufge-
    auszurichten. Außerdem trägt die Initiative dazu bei, die System-    stockt werden und somit stehen für 2021 54 Mio. Euro an För-
    kompetenz deutscher Unternehmen weiterzuentwickeln. Vor-             dermitteln für die Branche bereit.

                                                                                                             Schiff&Hafen | Mai 2021 | Nr. 5   17
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