Wirtschaft nachhaltig gestalten - Zweiter Ressortbericht Nachhaltigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie

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Wirtschaft nachhaltig gestalten - Zweiter Ressortbericht Nachhaltigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie
Wirtschaft
nachhaltig gestalten
Zweiter Ressortbericht Nachhaltigkeit des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie

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Wirtschaft nachhaltig gestalten - Zweiter Ressortbericht Nachhaltigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie
Impressum

Herausgeber
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)
Öffentlichkeitsarbeit
11019 Berlin
www.bmwi.de

Stand
April 2021

Diese Publikation wird ausschließlich als Download angeboten.

Gestaltung
PRpetuum GmbH, 80801 München

Bildnachweis
istock:
Ballun / S. 5
troyek / S.20

Adobe Stock:
Oleksii Sergieiev / S. 12
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1

Inhalt

Abbildungsverzeichnis                                                .......................................................................................................................................................................................................................................................................................    2

Einleitung...................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................   3

Kapitel 1: W
            irtschaftspolitik setzt Rahmenbedingungen für eine
           wirtschaft­liche Entwicklung im Sinne der Nachhaltigkeitsziele                                                                                                                                                                                                                                                      ..............................   5

Kapitel 2:  U
              nternehmen auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit
             unterstützen                                                          ....................................................................................................................................................................................................................................................................   12

Kapitel 3:  I nnovationen und Digitalisierung als Treiber
              nachhaltiger Entwicklung                                                                                                        .........................................................................................................................................................................................................   20

Kapitel 4: Klima schützen und saubere Energie bereitstellen                                                                                                                                                                                                        ....................................................................................   28

Kapitel 5:  N
              achhaltigkeit im Bundesministerium für
             Wirtschaft und Energie                                                                                                ....................................................................................................................................................................................................................   38
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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das gesamtdeutsche Fördersystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8

Abbildung 2: Maßnahmen des „Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Abbildung 3: Schema der „circular economy“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Abbildung 4: GAIA-X soll Datensouveränität, Datensicherheit und Datenschutz stärken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

Abbildung 5: Digitalisierung als Stütze der Nachhaltigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

Abbildung 6: A
              nteil der erneuerbaren Energien am Brutto-Stromverbrauch
             (2008 bis 2020) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .30

Abbildung 7: Ausbauziele von Wind- und Solarenergie bis 2030 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

Abbildung 8: E
              ntwicklung von Primärenergieverbrauch, Stromerzeugung,
             Energieeffizienz und Wirtschaftswachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
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Einleitung

Deutschland und Europa stehen vor großen Her-         keitsstrategie beschlossen. Das Bundesministerium
ausforderungen: Für den Schutz des Klimas und         für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat aktiv zur
der Umwelt ist entschlossenes Handeln notwendig.      Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeits­
Die digitale Transformation verändert die Wirt-       strategie beigetragen. Die Umsetzung der Deutschen
schafts- und Arbeitswelt sowie die Gesellschaft als   Nachhaltigkeitsstrategie erfolgt vor dem Hinter-
Ganzes auf grundlegende Weise. Der demografi-         grund des European Green Deal der Europäischen
sche Wandel verstärkt den Handlungsbedarf bei         Kommission, in dessen Mittelpunkt das Ziel einer
der Gewinnung von Fachkräften und stellt die          klimaneutralen Europäischen Union bis 2050 und
sozialen Sicherungssysteme vor neue Aufgaben.         sektorspezifische Initiativen zur Dekarbonisierung
                                                      der Wirtschaft stehen. Der European Green Deal ist
Zudem bringt die Bewältigung der Corona-Pandemie      zugleich eine umfassende Wachstumsstrategie, die
immense Herausforderungen für Deutschland,            Klima- und Umweltschutz mit Wachstumsimpulsen
Europa und die internationale Staatengemeinschaft     für eine wettbewerbs- und widerstandsfähige Wirt-
mit sich. Gleichzeitig liegt darin auch eine große    schaft verbindet.
Chance, die Herausforderungen für die nachhaltige
Transformation zu nutzen. Nachhaltiges Handeln        Um den großen Herausforderungen zu begegnen
kann dazu beitragen, möglichen künftigen Krisen       und gleichzeitig die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen,
vorzubeugen sowie Wirtschaft und Gesellschaft         braucht es Innovationen und Investitionen. So kann
resilienter zu machen. Insgesamt gilt es, das Wirt-   Wertschöpfung generiert und Wohlstand erhalten
schaftswachstum nachhaltig zu gestalten. Dies um­­    werden. Marktwirtschaftliche Ansätze können an
fasst ökonomische, ökologische und soziale Aspekte.   vielen Stellen dazu beitragen, das SDG 8 („Menschen­
Dabei sollen ein menschenwürdiges Leben ermög-        würdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“) mit den
licht und gleichsam die natürlichen Lebensgrund-      anderen Nachhaltigkeitszielen zu verknüpfen. Ein
lagen dauerhaft bewahrt werden.                       Beispiel hierfür ist das europäische Emissionshan-
                                                      delssystem, bei dem auf marktwirtschaftliche Weise
Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung der       Anreize für mehr Klimaschutz (SDG 13 – „Maßnah-
Vereinten Nationen mit ihren 17 Nachhaltigkeits-      men zum Klimaschutz“) geschaffen werden. Eine
zielen (Sustainable Development Goals, SDG) bil­      Politik zur nachhaltigen Transformation der Wirt-
det eine Richtschnur für die Bewältigung dieser       schaft befördert nicht nur das Erreichen der öko-
Heraus­forderungen. Für die Umsetzung der Agenda      nomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltig-
2030-Ziele hat die Bundesregierung im März 2021       keitsziele, sondern bedeutet gleichzeitig auch eine
die Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltig-       Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft.
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4     EINLEITUNG

Innerhalb der Bundesregierung ist das BMWi für         Entwicklung insgesamt befördert wird. Kapitel 2
die Umsetzung der SDGs 7 („Bezahlbare und sau-         zeigt, mit welchen vielfältigen Maßnahmen das
bere Energie“) und 8 („Menschenwürdige Arbeit          BMWi einzelne Wirtschaftsbereiche bei der Trans-
und Wirtschaftswachstum“) vornehmlich zustän-          formation zu mehr Nachhaltigkeit unterstützt.
dig. Das BMWi ist darüber hinaus aber auch allen       Aufgrund der besonderen Bedeutung von Innova-
anderen SDGs verpflichtet und leistet zahlreiche       tionen und Digitalisierung widmet sich Kapitel 3
konkrete Beiträge zu deren Umsetzung, wie dieser       den Initiativen des BMWi in diesem Bereich. Im
Bericht zeigt.                                         Anschluss daran zeigt Kapitel 4 die umfangreichen
                                                       Aktivitäten des BMWi bei dem Umbau unseres
Alle Kapitel dieses Berichts stellen Aktivitäten des   Energiesystems, um das SDG 7 zu erreichen.
BMWi dar, mit denen ein Beitrag zur Umsetzung          Schließlich wird in Kapitel 5 erläutert, wie das
von SDG 8 geleistet wird. So erläutert Kapitel 1,      BMWi selbst in seinem eigenen Verwaltungshan-
mit welchen wirtschaftspolitischen Rahmen­be­          deln und in den Liegenschaften der Verpflichtung
dingungen in Deutschland eine nachhaltige              zu mehr Nachhaltigkeit nachkommt.
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Kapitel 1
Wirtschaftspolitik setzt
Rahmenbedingungen für eine
wirtschaft­liche Entwicklung im
Sinne der Nachhaltigkeitsziele
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      E N T W I C K LU N G I M S I N N E D E R N A C H H A LT I G K E I T S Z I E L E

Ziel der Wirtschaftspolitik ist es, Rahmenbedingungen zu setzen, um die großen gesellschaftlichen
Her­ausforderungen wie den demografischen Wandel, den Klimaschutz sowie die Digitalisierung
erfolgreich zu bewältigen und gleichzeitig die Wettbewerbs­fähigkeit des Standorts Deutschland
zu sichern.

Vor dem externen Schock durch die Corona-Pan-                                           zudem die notwendige Transformation hin zu
demie verzeichnete Deutschland ein Jahrzehnt mit                                        einer klimaneutralen Volkswirtschaft, denn es
stetigem Wirtschaftswachstum. So wuchs das Brut-                                        erhöht die dafür erforderliche Akzeptanz in der
toinlandsprodukt von 2010 bis 2019 preisbereinigt                                       Bevölkerung und bei Unternehmen und schafft die
durchschnittlich um 1,9 Prozent pro Jahr. Diese gute                                    notwendigen technischen und finanziellen Kapazi-
Entwicklung zeigte sich auch an weiteren Indika-                                        täten. Wirtschaftswachstum entsteht im Kern
toren der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie zur                                        durch Innovationen und Investitionen. Es ist Aus-
Messung der Zielerreichung von SDG 8 wie dem                                            druck von wirtschaftlicher Aktivität und dem Be­­
öffentlichen Schuldenstand. Deutschland ist es                                          mühen, Geschäftsmodelle, Prozesse und Produkte
gelungen, seine Verschuldung im selben Zeitraum                                         zu verbessern, weiterzuentwickeln und neue zu
von 82,4 Prozent auf 59,8 Prozent zu senken. Damit                                      schaffen. Ohne Innovation und technischen Fort-
hat Deutschland erstmals seit 2002 die Maastricht-                                      schritt werden sich die vor uns liegenden Heraus-
Schuldenregel eingehalten, die gleichzeitig auch                                        forderungen nicht meistern lassen. Dies gilt beson-
der Zielwert für diesen Indikator ist.                                                  ders für die ökologische Transformation von
                                                                                        Wirtschaft und Gesellschaft.

Wirtschaftliches Wachstum als Basis für                                                 Die Wirtschaftspolitik hat jedoch nicht nur das
eine nachhaltige Entwicklung                                                            Wachstum des Bruttoinlandsprodukts und die
                                                                                        weiteren Indikatoren des SDG 8, wie das Staats­
Für eine auch in Zukunft ökonomisch und ökolo-                                          defizit, den Schuldenstand oder die Erwerbstäti-
gisch tragfähige Entwicklung setzt sich das BMWi                                        genquote, im Blick. Der Begriff „Wohlfahrt“ hat
für eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Wirt-                                         darüber hinaus viele weitere Ausprägungen – wie
schaftspolitik ein. Wirtschaftliches Wachstum leis-                                     unter anderem soziale und ökologische Entwick-
tet einen entscheidenden Beitrag zu Wohlstand                                           lungen, die bei wirtschaftspolitischen Entscheidun-
und Lebensqualität einer Gesellschaft: Es ist eine                                      gen eine wesentliche Rolle spielen. Daher setzt sich
wesentliche Grundlage für steigende Erwerbsein-                                         das BMWi dafür ein, dass die volkswirtschaftliche
kommen, neue und sichere Arbeitsplätze sowie für                                        Berichterstattung, unter anderem im Jahreswirt-
einen leistungsfähigen Sozialstaat und erhöht die                                       schaftsbericht, neben der Darstellung der Entwick-
Handlungsspielräume der öffentlichen Hand. Wirt-                                        lung des Bruttoinlandsprodukts um weitere
schaftswachstum mit hohem Beschäftigungsstand                                           Aspekte ergänzt wird.
und wettbewerbsfähigen Unternehmen erleichtert
K A P I T E L 1: W I RT S C H A F T S P O L I T I K S E T Z T R A H M E N B E D I N G U N G E N F Ü R E I N E W I RT S C H A F T L­ I C H E   7
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Öffentliche Beschaffung nachhaltig                                              Mit der neuen bundesweiten Vergabestatistik wer-
gestalten                                                                       den seit Oktober 2020 unter anderem Daten dazu
                                                                                erhoben, ob die neu geschaffenen Spielräume zur
Die öffentliche Hand als großer Nachfrager von                                  Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien von
Produkten und Dienstleistungen ist ein wichtiger                                den Vergabestellen tatsächlich genutzt werden.
Marktteilnehmer mit Vorbildfunktion für private
Akteure. Daher setzt sich das BMWi dafür ein, das                               Um darüber hinaus öffentlichen Auftraggebern die
Vergaberecht so zu gestalten, dass Nachhaltigkeits-                             notwendigen Informationen zu möglichen vergabe-
aspekte bei der Beschaffung von Produkten und                                   rechtlichen Ausschlussgründen – wie zum Beispiel
Dienstleistungen für die öffentliche Hand berück-                               zu Wirtschaftsdelikten oder anderen erheblichen
sichtigt werden. Die Bundesregierung hat im                                     Straftaten – zur Verfügung zu stellen, wird das Wett-
März 2020 die vom BMWi vorgelegte Neufassung                                    bewerbsregister beim Bundeskartellamt aufgebaut
der All­­gemeinen Verwaltungsvorschrift zur Be­­                                und soll im Laufe des Jahres 2021 seine Arbeit auf-
schaffung energieeffizienter Leistungen beschlossen.                            nehmen. Das Wettbewerbsregister dient insoweit
Durch die Neufassung der Verwaltungsvorschrift                                  unmittelbar der Umsetzung von SDG 16.3 zur Kor-
sichert die Bundesregierung ein hohes Maß an                                    ruptionsprävention.
Energieeffizienz bei den Beschaffungsvorgängen
des Bundes. Die Beschafferinnen und Beschaffer
müssen grundsätzlich Waren und Produkte mit der                                 Regionale Entwicklung unterstützen
höchsten verfügbaren Effizienzklasse im Sinne der
EU-Verordnung über die Energieverbrauchskenn-                                   Das BMWi unterstützt mit seinen regionalpoliti-
zeichnung einkaufen. Sofern ein solches Leistungs-                              schen Instrumenten strukturschwache Regionen,
niveau an Energieeffizienz (noch) nicht erreicht wird,                          um so gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz
ist alternativ auf das höchste erreichbare Leistungs­                           Deutschland zu schaffen. Durch die Förderung von
niveau an Energieeffizienz abzustellen. Diese Ver-                              gewerblichen Investitionen und wirtschaftsnaher
pflichtung gilt unabhängig davon, ob es sich um                                 Infrastruktur sollen Standortnachteile struktur-
einen rein national oder um einen europaweit aus-                               schwacher Regionen ausgeglichen werden und so
geschriebenen Auftrag handelt.                                                  regionale Entwicklungsunterschiede abgebaut wer-
                                                                                den. Damit wird ein wichtiger Beitrag zur Umset-
Um einen weiteren Auftrag aus dem Klimaschutz-                                  zung der SDGs 8 und 11 sowie insbesondere auch
programm 2030 umzusetzen, ist es das Ziel, bis zum                              von SDG 10 geleistet. Am 1. Januar 2020 startete das
Ende der 19. Legislaturperiode eine Allgemeine Ver­                             gesamtdeutsche Fördersystem für strukturschwa-
waltungsvorschrift zu erarbeiten, die öffentliche Ver­                          che Regionen. Die Bundesregierung stellt damit die
gabestellen auf Bundesebene zu einer klimafreund-                               Regionalförderung neu auf und bündelt sie erstmals
lichen Beschaffung bei besonders klimarelevanten                                unter einem Dach. Dabei werden bislang auf Ost-
Produkten und Dienstleistungen verpflichten soll.                               deutschland beschränkte Förderprogramme auf
8        K A P I T E L 1: W I RT S C H A F T S P O L I T I K S E T Z T R A H M E N B E D I N G U N G E N F Ü R E I N E W I RT S C H A F T L­ I C H E
         E N T W I C K LU N G I M S I N N E D E R N A C H H A LT I G K E I T S Z I E L E

    Abbildung 1: Das gesamtdeutsche Fördersystem

                               Gemeinsame Definition                                                    Gemeinsame Koordinierung
                            strukturschwacher Regionen                                                    und Berichterstattung
                         (GRW-Regionalindikatorenmodell)

                                                        Gesamtdeutsches Fördersystem für
                                                           strukturschwache Regionen:
                                                          Mehr als 20 Förderprogramme

                             Neu entwickelte Programme                                                Bestehende Förderprogramme

                              Räumliche Ausweitung und Neuausrichtung auf alle strukturschwachen Regionen
                                           Förderpräferenzen für strukturschwache Regionen

    Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

alle strukturschwachen Regionen in Ost und West                                            bedeutsame Investitionen. Zudem unterstützt der
ausgeweitet. Zudem erhalten bundesweit angebo-                                             Bund die Regionen durch weitere Maßnahmen in
tene Fördermaßnahmen besondere Förderkonditi-                                              seiner eigenen Zuständigkeit mit bis zu 26 Milliar-
onen, mit denen die wirtschaftliche Entwicklung                                            den Euro, etwa durch Erweiterung von Forschungs-
der Regionen gezielt unterstützt wird (vgl. Abbil-                                         und Förderprogrammen, den Ausbau von Verkehrs-
dung 1).                                                                                   infrastrukturprojekten oder die Ansiedlung von
                                                                                           Bundeseinrichtungen. Außerdem erhalten ausge-
Der Ausstieg aus der Kohleverstromung ist einer der                                        wählte Steinkohlekraftwerksstandorte und das
wichtigsten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen                                        ehemalige Revier Helmstedt bis zu 1,09 Milliarden
Prozesse der kommenden Jahrzehnte. Im Sinne einer                                          Euro. Für den Landkreis Altenburger Land erhält
nachhaltigen Entwicklung, die ökologische, ökono-                                          der Freistaat Thüringen bis zu 90 Millionen Euro
mische und soziale Aspekte vereint, öffnet die Bun-                                        aus den Mitteln für das Mitteldeutsche Revier. Der
desregierung mit dem „Strukturstärkungsgesetz                                              Mittelabfluss der bereitgestellten Gelder für die
Kohleregionen“ langfristige Perspektiven für die                                           Braunkohlereviere wird durch ein gemeinsames
vom Strukturwandel betroffenen Kohleregionen.                                              Bund-Länder-Koordinierungsgremium sicherge-
Zur Unterstützung des Strukturwandels erhalten                                             stellt. Abbildung 2 zeigt eine Übersicht der Maß-
die Braunkohleregionen bis zum Jahr 2038 Finanz-                                           nahmen.
hilfen von bis zu 14 Milliarden Euro für besonders
K A P I T E L 1: W I RT S C H A F T S P O L I T I K S E T Z T R A H M E N B E D I N G U N G E N F Ü R E I N E W I RT S C H A F T L­ I C H E   9
                                                                                    E N T W I C K LU N G I M S I N N E D E R N A C H H A LT I G K E I T S Z I E L E

  Abbildung 2: Maßnahmen des „Strukturstärkungsgesetzes Kohleregionen“

                       1. Säule                                          2. Säule
                     Finanzhilfen                                   Bundesmaßnahmen                                       Bis zu 1 Milliarde Euro für
                                                                                                                          besonders betroffene Stein-
                                                                                                                          kohlekraftwerksstandorte
         Finanzhilfen (nach Art. 104b                        Maßnahmen des Bundes                                         und bis zu 90 Millionen Euro
         Grundgesetz) von bis zu                             durch neue Programme und                                     für das Altenburger Land1

                                                                                                            +
         14 Milliarden Euro bis spätes-                      Projekte sowie die Aufstockung
         tens 2038 für besonders                             bestehender Programme in                                     Bund-Länder-Koordinierungs-
         bedeutsame Investitionen der                        Höhe von bis zu 26 Milliarden                                gremium
         Länder und Gemeinden.                               Euro bis spätestens 2038.
                                                                                                                          Maßnahmen zur Planungs-
         Die Länder entscheiden                              Die Ressorts entscheiden
                                                                                                                          beschleunigung
         über die Projekte.                                  über die Projekte.

         Beispiel: Ausbau von Gewerbe-                       Beispiel: Bundeseinrichtungen,                               Kopplung an Kohleausstieg
         parks oder Umweltsanierungen                        Bundesprogramme und
                                                             Infrastruktur

      1 aus Mitteln für das Mitteldeutsche Revier gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 Investitionsgesetz Kohleregionen

  Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Mit den regional- und strukturpolitischen Maß-                                          Mittelstand fördern, Unternehmen
nahmen stärkt das BMWi auch das sogenannte                                              von Bürokratie entlasten und Fach­
„Leave-no-one-behind-Prinzip“ (LNOB, „nieman-                                           kräftebedarf sichern
den zurücklassen“) der Agenda 2030 für nachhal-
tige Entwicklung. Dieses Prinzip beschreibt die                                         Ein charakteristisches Merkmal der deutschen Wirt­­
gesellschaftliche Verantwortung, alle Menschen auf                                      schaft ist die Bedeutung des Mittelstandes: Über
dem Weg zu nachhaltiger Entwicklung mitzuneh-                                           99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland sind
men. LNOB zielt darauf ab, allen Menschen soziale,                                      kleine und mittlere Unternehmen. Sie erwirtschaf-
wirtschaftliche und politische Teilhabe zu ermögli-                                     ten mehr als die Hälfte der Wertschöpfung, stellen
chen und Chancengleichheit zu fördern.                                                  fast 60 Prozent aller Arbeitsplätze und rund 82 Pro-
                                                                                        zent der betrieblichen Ausbildungsplätze. Die Ge­­
                                                                                        schäftspolitik mittelständischer Unternehmen
                                                                                        zeichnet sich durch Kontinuität und Langfristigkeit
                                                                                        aus. Dies findet seinen Ausdruck im verantwortungs-
                                                                                        vollen Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitar-
                                                                                        beitern, Kundinnen und Kunden und Geschäfts-
                                                                                        partnerinnen und Geschäftspartnern sowie einer
10    K A P I T E L 1 : W I RT S C H A F T S P O L I T I K S E T Z T R A H M E N B E D I N G U N G E N F Ü R E I N E W I RT S C H A F T L­ I C H E
      E N T W I C K LU N G I M S I N N E D E R N A C H H A LT I G K E I T S Z I E L E

engen Verwurzelung in der Region, in der die Unter­                                     wiegende Teil des Gesetzes ist im Januar 2020 in
nehmen ansässig sind. Zudem schneiden deutsche                                          Kraft getreten, einzelne Bestimmungen folgen suk-
Mittelständler bei Innovationstätigkeiten sehr gut                                      zessive bis Januar 2022.
ab. Der Mittelstand leistet daher vielfältige Beiträge
zur Umsetzung der SDGs 8, 9, 11 und 12. Damit der                                       Angesichts des demografischen Wandels und der
deutsche Mittelstand angesichts der künftigen Her-                                      fortschreitenden Digitalisierung ist die Sicherung
ausforderungen vital, stark und innovativ bleibt,                                       des Fachkräftebedarfs eine der großen Herausfor-
setzt das BMWi an vielen verschiedenen Hebeln an,                                       derungen der kommenden Jahrzehnte für den Wirt­
um Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft und                                           schaftsstandort Deutschland und für alle seine
Beschäftigung in der mittelständischen Wirtschaft                                       Akteure aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.
weiter zu stärken. Damit wird die weitere Umset-                                        Der Bereich der Fachkräftesicherung berührt neben
zung der SDGs 8 und 9 befördert.                                                        den SDGs 8 und 9 auch die SDGs 1, 2, 4 und 10.
                                                                                        Fach­kräfteengpässe führen in zahlreichen Bran-
Um die Wirtschaft zu entlasten, setzt sich das BMWi                                     chen und Regionen zu einem Wachstumshemmnis.
dafür ein, die bürokratischen Belastungen von                                           Die Auswirkungen der Corona-Pandemie verän-
Bürgern und Wirtschaft zu reduzieren. Das dritte                                        dern diese Situation perspektivisch nicht grund-
Büro­kratieentlastungsgesetz (BEG III) entlastet die                                    sätzlich. Auch wenn zunächst in vielen Wirtschafts-
Unternehmen um mehr als 1,1 Milliarden Euro im                                          bereichen die Arbeitsnachfrage eingebrochen ist,
Jahr. Das Gesetz nutzt die Chancen der Digitalisie-                                     zeigt sich, dass die Krise Berufe mit Fachkräfteeng-
rung, um die mühsame „Zettelwirtschaft“ in vielen                                       pässen wenig erfasst (zum Beispiel Bauberufe, Soft-
Bereichen zu erleichtern. Zentrale Bausteine sind                                       ware- und IT-Dienstleistungen). Damit Unterneh-
die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähig-                                       men auch künftig ihre Potenziale voll ausschöpfen
keitsmeldung, Erleichterungen bei der Vorhaltung                                        können, verstärkt die Bundesregierung mit Blick
von Datenverarbeitungssystemen für steuerliche                                          auf die inländischen Fachkräfte ihren Fokus auf
Zwecke und digitale Alternativen zu den Melde-                                          Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung und die
scheinen aus Papier im Hotelgewerbe. Zudem müs-                                         Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und
sen Gründerinnen und Gründer zukünftig nur noch                                         Familie. Hierbei ist das vom BMWi geförderte
vierteljährlich – statt wie bisher monatlich – ihre                                     Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA)
Umsatzsteuervoranmeldung abgeben. Der über-                                             Ansprechpartner insbesondere für die speziellen
K A P I T E L 1 : W I RT S C H A F T S P O L I T I K S E T Z T R A H M E N B E D I N G U N G E N F Ü R E I N E W I RT S C H A F T L­ I C H E   11
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Herausforderungen von kleinen und mittleren                                     Für die Wirtschaft praktikable Nach­
Unternehmen bei allen Fragen zu den Themen                                      haltigkeitsberichterstattung entwickeln
Finden, Binden und Qualifizieren von Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeitern. Eine weitere Säule der                                 Ein wichtiger Hebel, um nachhaltige Entwicklung
Fachkräftesicherung ist die Gewinnung von neuen                                 voranzutreiben, ist die Nachhaltigkeitsberichter-
Arbeitskräften aus der Europäischen Union. Zudem                                stattung von Unternehmen. Nachhaltigkeitsberichte
soll die Gewinnung von Fachkräften aus Drittstaa-                               informieren Geschäftspartner, Investoren und
ten weiter ausgebaut werden. Wichtige Maßnahmen                                 Öffentlichkeit – ergänzend zu der verpflichtenden
hierfür sind etwa das Portal „Make it in Germany“                               finanziellen Berichterstattung – über Aktivitäten
als zentrale Informations- und Anlaufstelle für in­­                            und Auswirkungen des unternehmerischen Handelns
teressierte Fachkräfte und Unternehmen, die Bera-                               auf Umwelt und Gesellschaft in ökonomischer,
tung und Begleitung zuwanderungsinteressierter                                  sozialer und ökologischer Hinsicht sowie über Aus-
Fachkräfte im Ausland durch die Zentrale Service-                               wirkungen externer Veränderungen wie dem Klima-
stelle Berufsanerkennung sowie die Durchführung                                 wandel auf die Unternehmenstätigkeit beziehungs-
von Pilotprojekten zur aktiven Fachkräftegewin-                                 weise das Geschäftsmodell. Dabei handelt es sich
nung aus Drittstaaten.                                                          vielfach um gesonderte Berichte, die über die nicht-­
                                                                                finanziellen Informationen im Lagebericht hinaus-
                                                                                gehen. Teilweise handelt es sich hierbei um die Er­­
                                                                                füllung gesetzlicher Pflichten, zum Beispiel Pflichten
                                                                                aus dem Gesetz zur Stärkung der nichtfinanziellen
                                                                                Berichterstattung der Unternehmen in ihren Lage-
                                                                                und Konzernlageberichten (CSR-Richtlinie-Umset-
                                                                                zungsgesetz), teilweise um eine freiwillige Bericht-
                                                                                erstattung.
12

     Kapitel 2
     Unternehmen auf ihrem Weg zu
     mehr Nachhaltigkeit unterstützen
K A P I T E L 2: U N T E R N E H M E N AU F I H R E M W E G Z U M E H R N A C H H A LT I G K E I T U N T E R S T Ü T Z E N   13

Initiativen von einzelnen Wirtschaftsbe-                                 entwickeln. Durch Innovationen im Bereich der
reichen für eine nachhaltige Wirtschaft                                  Fahrzeuge, Antriebe und Komponenten sowie mit
fördern                                                                  der Einbindung dieser Fahrzeuge in die Strom- und
                                                                         Verkehrsnetze kann sich Deutschland auch als Leit­
Die Industrie ist in Deutschland seit Jahrzehnten                        anbieter für Elektromobilität etablieren. Dabei ist
das Fundament für Wirtschaftswachstum und                                die deutsche Industrie gefordert, ihre technologische
zukunftssichere Arbeitsplätze. Durch die starke                          Spitzenstellung auch im Bereich der Elektromobi-
industrielle Forschung entwickelt sie innovative                         lität zu sichern und ihre Elektrofahrzeuge mit den
und hochwertige Produkte, die in der ganzen Welt                         dazugehörigen Systemen, Komponenten und Dienst-
nachgefragt werden. Sie leistet damit einen wichti-                      leistungen in Deutschland und auf den Weltmärkten
gen Beitrag zur Erreichung der SDGs 8, 9 und 12.                         erfolgreich zu vermarkten. Der Ausbau der Lade-
Aufgrund der besonderen Bedeutung der Industrie                          säuleninfrastruktur schafft die Voraussetzung für
für die deutsche Wirtschaft ist sie auch maßgeblich                      eine erfolgreiche Elektromobilität. Dazu gehört das
gefordert, den globalen Herausforderungen wie zum                        Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz
Beispiel dem Klimaschutz (SDG 13) zu begegnen.                           (GEIG) zur Ausstattung von Gebäuden mit Leitungs-
Das BMWi unterstützt die industriellen Branchen                          und Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität. Es
dabei, sich an diese Herausforderungen anzupassen.                       wird einen Beitrag dazu leisten, die Nutzung von
Ein Beispiel hierfür ist das „Handlungskonzept Stahl“.                   Elektrofahrzeugen zu fördern. Zielgerichtete Flotten-
Ziel dieser Initiative ist es, eine langfristig starke,                  austauschprogramme und Prämien für Elektro-
international wettbewerbsfähige und klimaneut-                           fahrzeuge erleichtern den Wechsel auf emissions-
rale Stahlproduktion am Standort Deutschland zu                          ärmere Fahrzeuge. Gezielte Anreize für Investitionen
erreichen. Die Umstellung der Produktionsprozesse                        in neue Technologien werden auch durch die zu­­sätz­
in der Stahlindustrie ist ein wichtiger Schritt auf dem                  liche Förderung von Forschung und Innovationen in
Weg hin zu einer treibhausgasneutralen Industrie                         der Batteriezellfertigung, in der Fahrzeug­zuliefer­
und eine strukturpolitische Chance zur nachhaltigen                      industrie, in der Schifffahrt und im Luftverkehrs-
Sicherung des Stahlstandortes Deutschland. Die Bun-                      bereich gesetzt. Diese Maßnahmen leisten einen
desregierung unterstützt daher die deutsche Stahl-                       Beitrag zur Umsetzung insbesondere von SDG 13,
wirtschaft bei Projekten zur nachhaltig CO2-armen,                       aber auch der SDGs 9 und 11.
CO2-neutralen und CO2-freien Stahlerzeugung.
                                                                         Mit dem seit 2000 im BMWi verankerten Maritimen
Klimaschutz erfordert den Umstieg auf eine emis-                         Koordinator der Bundesregierung setzt sich das
sionsarme Mobilität. Die Automobilindustrie steht                        BMWi für mehr Nachhaltigkeit im Seeverkehr ein.
vor einem großen Umbruch, den sie mit Hilfe von                          Dafür fördert es gezielt die Einführung klima­freund­
Innovationen meistern muss. Deutschland möchte                           licher Kraftstoffe und Antriebstechnologien für
sich nicht nur zum Leitmarkt für Elektromobilität                        Schiffe. Um dem Klimawandel entgegenzutreten
14    K A P I T E L 2 : U N T E R N E H M E N AU F I H R E M W E G Z U M E H R N A C H H A LT I G K E I T U N T E R S T Ü T Z E N

und die Grenzwerte der Internationalen Maritimen                                  nahmen unterstützen insbesondere SDG 13, aber
Organisation (IMO) zu erfüllen, müssen innovative                                 auch SDG 9.
Motoren entwickelt werden, die auch neue CO2-
ärmere oder CO2-freie Kraftstoffe verarbeiten kön-                                Ein anderer wichtiger Wirtschaftsbereich in Deutsch­
nen. Der Maritime Koordinator setzt sich dafür ein,                               land – insbesondere mit Blick auf Arbeits- und
dass die Technologieentwicklung in Deutschland                                    Aus­bildungsplätze sowie für die Entwicklung des
vorangetrieben wird und dafür Fördergelder bereit-                                ländlichen Raumes – ist der Tourismus. Die Co­­ro­na-
gestellt werden. Für das Maritime Forschungspro-                                  Pandemie hat weltweit und auch in Deutsch­land
gramm stehen 54 Millionen Euro für Forschungs-                                    zu starken Einbußen in diesem Sektor geführt.
und Entwicklungsprojekte für das Jahr 2021 zur                                    Daher wird das BMWi die Entwicklung in dieser
Verfügung und für das Förderprogramm „Innovati-                                   Branche im Blick behalten und unterstützen. Der
ver Schiffbau sichert wettbewerbsfähige Arbeits-                                  Tourismus kann dazu beitragen, andere Wirtschafts­
plätze“ 30 Millionen Euro. Zudem sieht die Maritime                               bereiche wie zum Beispiel das Gastgewerbe oder
Agenda 2025 vor, Regelungen zum Umweltschutz                                      den Einzelhandel sowie die gesamte Kette örtlicher
auf internationaler Ebene zu entwickeln, um Wett-                                 Versorgungsstrukturen zu beleben. Aus diesem
bewerbsverzerrungen für die Branche zu vermei-                                    Grund trägt die Entwicklung des Tourismus nicht
den. Auch mit diesen Maßnahmen wird insbeson-                                     nur zur Erreichung von SDG 8, sondern auch der
dere ein Beitrag zur Umsetzung der SDGs 9 und 13                                  SDGs 10 und 11 bei. Auch wenn für die Entwick-
geleistet; zudem wird die Zielerreichung von SDG                                  lung des Tourismus vor Ort die Länder zuständig
14 unterstützt.                                                                   sind, wurde aufgrund zahlreicher Aspekte mit bun-
                                                                                  desweiter Bedeutung Ende 2005 das Amt des/der
Das BMWi, insbesondere durch den Koordinator                                      Beauftragten der Bundesregierung für Tourismus
der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt,                                      geschaffen, das beim BMWi angesiedelt ist. Um den
unterstützt die aufgrund der Corona-Pandemie                                      Erfolg des Tourismusstandorts Deutschland nach-
stark belastete Luftfahrtindustrie bei der Transfor-                              haltig zu sichern, wurden im Jahr 2019 Eckpunkte
mation zu Technologien, die besser dem Klimaschutz                                einer nationalen Tourismusstrategie beschlossen.
dienen. Hier ist insbesondere das Luftfahrtforschungs-                            Sie orientiert sich an drei Zielen: Erstens soll die
programm LuFo VI der Bundesregierung zu nennen.                                   inländische Wertschöpfung erhöht und damit
Ein technologischer Schwerpunkt liegt auf klima­                                  wirtschaftliches Wachstum vorangetrieben werden.
freundlichen Technologien, zum Beispiel im Bereich                                Zweitens soll die Lebensqualität der in Deutsch-
des (hybrid-)elektrischen Fliegens. Hybride Antriebs­                             land lebenden Menschen nachhaltig gesteigert
systeme auf Basis von Wasserstoff in Kombination                                  werden. Drittens soll Tourismus international zu
mit Brennstoffzellen und Batteriesystemen sind                                    wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Stabilität
wichtige Schlüsseltechnologien. Auch diese Maß-                                   beitragen.
K A P I T E L 2 : U N T E R N E H M E N A U F I H R E M W E G Z U M E H R N A C H H A LT I G K E I T U N T E R S T Ü T Z E N   15

Mit Blick auf die nachhaltige Entwicklung von                           Ressourcen effizient nutzen und eine
Städten und Kommunen ist die Entwicklung des                            zirkuläre Wirtschaft voranbringen
Einzelhandels zentral. Schon vor der Corona-Pan-
demie befand sich der Einzelhandel durch den                            Der Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Ent-
demografischen Wandel, geändertes Verbraucher-                          wicklung hat in seinem Beschluss vom 26. Okto-
verhalten, technologische Neuerungen und Digita-                        ber 2020 das BMWi darum gebeten, „unter Berück-
lisierung in einem Strukturwandel. Dieser wurde                         sichtigung der bereits bestehenden zahlreichen
durch die Corona-Pandemie nochmals verstärkt.                           Vorhaben und Strategien, darunter Normen und
Um in diesem Strukturwandel neue Perspektiven                           Standards, und unter Beteiligung der anderen Res-
aufzuzeigen, hat das BMWi die Dialogplattform                           sorts und von Wirtschafts- und Fachverbänden
Einzelhandel entwickelt und mit dem Runden                              wirtschaftspolitische Grundsatzfragen für möglichen
Tisch zur „Wiederbelebung der Innenstädte“ im                           Handlungsbedarf auf dem Weg zur Kreislaufwirt-
Oktober 2020 einen Prozess aufgesetzt, um einer                         schaft zu identifizieren“. Bei der Kreislaufwirtschaft
Verödung der Innenstädte und einer Unterversor-                         geht es darum, im Rahmen des technisch und öko-
gung im ländlichen Raum entgegenzuwirken. Die                           nomisch Möglichen Materialkreisläufe zu etablieren
vom BMWi organisierten Workshops fördern die                            und zu schließen und so den Einsatz nicht erneu-
Entwicklung kreativer Lösungsansätze, den Aus-                          erbarer Ressourcen sowie Abfall und schädliche
tausch von Best-Practice-Beispielen und die Ver-                        Emissionen zu minimieren. In seiner umfassende-
netzung der verschiedenen in den Innenstädten                           ren Bedeutung beinhaltet Kreislaufwirtschaft neben
tätigen Akteure. Da der digitale Wandel insbeson-                       technischen Aspekten auch ökonomische Fragen,
dere kleine und mittlere stationäre Einzelhändler                       zum Beispiel zu Geschäftsmodellen (Sharing Eco-
vor große Herausforderungen stellt, bietet das im                       nomy/Plattformökonomie), (geistigem) Eigentum,
Juli 2019 gegründete Mittelstand 4.0-Kompetenz-                         Datenwirtschaft, regionalen Wirtschaftsstrukturen
zentrum Handel interessierten Unternehmerinnen                          und öffentlicher Beschaffung. In dieser Breite wird
und Unternehmern kostenlose Unterstützung in                            dann häufig auch der englische Begriff „circular
Form von Onlineseminaren, Workshops, Unter-                             economy“ benutzt. Abbildung 3 veranschaulicht das
nehmersprechstunden und Podcasts bei der Digi-                          Schema der Kreislaufwirtschaft. Das BMWi arbeitet
talisierung ihrer Unternehmen an. Damit wird die                        an der Umsetzung des Beschlusses des Staatssekre-
Erreichung der SDGs 8, 10, 11 und 12 unterstützt.                       tärsausschusses.
16        K A P I T E L 2: U N T E R N E H M E N A U F I H R E M W E G Z U M E H R N A C H H A LT I G K E I T U N T E R S T Ü T Z E N

     Abbildung 3: Schema der „circular economy“

     Quelle: Weber, T./Stuchtey, M. (Hrsg.): Deutschland auf dem Weg zur Circular Economy – Erkenntnisse aus europäischen Strategien (Vorstudie), München 2019

Die Schlüsseltechnologie Leichtbau ist eine Kon­                                         relevanten Fragen. Das Angebot wird durch weitere
struktionsphilosophie, die auf eine Reduktion des                                        gezielte Fördermaßnahmen sowie das Forum Leicht-
Ge­­wichts von Produkten bei gleichzeitiger Verbes-                                      bau ergänzt. Mit diesen Maßnahmen leistet das
serung der Produkteigenschaften abzielt. Dadurch                                         BMWi einen weiteren Beitrag zur Erreichung des
wird ein schonender Umgang mit Ressourcen ge­­                                           SDG 12.
fördert. Das BMWi unterstützt Unternehmen bei
der Umsetzung des Leichtbaus und fördert daher                                           Weiterhin unterstützt das BMWi mit dem Förder-
den technologieübergreifenden und effizienten                                            programm Industrielle Bioökonomie den Transfer
Wissenstransfer zwischen den verschiedenen Akteu-                                        bioökonomischer Produkte und Verfahren in die
ren in diesem Bereich. Mit der Initiative Leichtbau                                      industrielle Praxis. Die industrielle Bioökonomie,
und ihren diversen Gremien und Vernetzungstools                                          eine sogenannte Game-Changer-Technologie, kann
haben Unternehmerinnen und Unternehmer bun-                                              ein wichtiger Treiber für eine geschlossene und
desweit einen zentralen Ansprechpartner für alle                                         klimaschonende Kreislaufwirtschaft sein.
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Sie ermöglicht vollkommen neue Produkte und                              tung des internationalen Handels für die Beschäfti-
Produktionsverfahren, die auf der nachhaltigen                           gung zeigt. So hängt gut jeder vierte Arbeitsplatz
Nutzung von Ressourcen, der Substitution von fos-                        direkt oder indirekt vom Export ab. Das BMWi tritt
silen durch biologische Rohstoffe sowie der Nutzung                      daher für offene Märkte mit klaren Regeln ein.
von Abfällen basieren. Mit dieser Initiative wird                        Bei der Gestaltung der Handelspolitik, die zu den
insbesondere die Erreichung der SDGs 12 und 13                           Gemeinschaftskompetenzen der EU gehört, ist das
unterstützt.                                                             BMWi federführend dafür verantwortlich, die deut-
                                                                         sche Position zu erarbeiten und diese auf europäischer
Rohstoffe bilden die elementare Grundlage für die                        und internationaler Ebene zu vertreten. Mit ihrer
industrielle Wertschöpfung in Deutschland und                            neuen Handelsstrategie vom Februar 2021 möchte
Europa. Eine sichere Rohstoffversorgung ist grund-                       die Europäische Kommission die wirtschaftliche
legend für den Technologiestandort Deutschland.                          Erholung der Europäischen Union vor dem Hinter-
Damit geht auch die Verantwortung einher, sich                           grund der Corona-Pandemie unterstützen. Neben
für eine nachhaltige und sozial verträgliche Gewin-                      der Modernisierung der Welthandelsorganisation
nung sowie schonende Nutzung von Rohstoffen                              (WTO) legt sie den Fokus zugleich auf die Stärkung
einzusetzen. Hierfür hat die Bundesregierung im                          der bilateralen Handelsagenda und adressiert auch
Januar 2020 die Rohstoffstrategie der Bundesregie-                       die Themen Umwelt und Digitales. Dies unterstützt
rung beschlossen. Ziel der Rohstoffstrategie ist es                      das BMWi im Rahmen seiner handelspolitischen
unter anderem, Unternehmen bei einer sicheren                            Zuständigkeit mit Nachdruck und leistet damit Bei-
und nachhaltigen Rohstoffversorgung zu unter-                            träge zur Erreichung diverser SDGs auf internatio-
stützen. Hiermit wird ein Beitrag zur Erreichung                         naler Ebene.
diverser SDGs geleistet (insbesondere SDG 12, aber
auch SDGs 1, 3, 14 und 15).                                              Im Rahmen internationaler Wirtschaftsbeziehungen
                                                                         tragen auch Unternehmen eine Verantwortung für
                                                                         die Einhaltung von Nachhaltigkeits- und Menschen-
Verantwortung für nachhaltige                                            rechtsstandards. Dies ist auch in den UN-Leitprin-
Entwicklung in internationalen                                           zipien für Wirtschaft und Menschenrechte festge-
Handelsbeziehungen wahrnehmen                                            schrieben. Daher hat die Bundesregierung 2016 mit
                                                                         dem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und
Deutschland ist seit vielen Jahren eines der weltweit                    Menschenrechte (NAP) die klare Erwartungshaltung
führenden Länder beim weltweiten Austausch von                           festgeschrieben, dass Unternehmen ihrer menschen-
Waren und Dienstleistungen. Am weltweiten Handel                         rechtlichen Verantwortung auch entlang ihrer glo-
hat Deutschland einen Anteil von über 7 Prozent.                         balen Lieferketten gerecht werden. Das BMWi bringt
Zudem sind große Teile der deutschen Wirtschaft                          sich aktiv in entsprechende Gesetzgebungsaktivitä-
vom Export abhängig, was sich auch an der Bedeu-                         ten auf nationaler und europäischer Ebene ein mit
18    K A P I T E L 2: U N T E R N E H M E N A U F I H R E M W E G Z U M E H R N A C H H A LT I G K E I T U N T E R S T Ü T Z E N

dem Ziel, durch klare und praktikable Regeln ein                                  Märkte zu sichern und eine nachhaltige Präsenz
gemeinsames internationales Verständnis von                                       sowie Netzwerke aufzubauen. Ein weiteres wesent-
unternehmerischen Sorgfaltspflichten mit Blick                                    liches Ziel der Exportinitiativen ist der Transfer
auf Menschenrechte zu fördern, Rechtsklarheit für                                 von nachhaltigen Innovationen in neue Märkte
Unternehmen zu schaffen, die Rechte Betroffener                                   und Zielregionen. Auf diese Weise werden im In-
zu stärken und gleiche Wettbewerbsbedingungen                                     und Ausland neue Arbeitsplätze geschaffen. Hier-
zu erzielen. Damit leistet das BMWi unter anderem                                 durch unterstützt das BMWi die Umsetzung insbe-
einen Beitrag zur Umsetzung der SDGs 8 und 17.                                    sondere der SDGs 3, 6, 7 und 13, mittelbar jedoch
                                                                                  auch weitere SDGs wie beispielsweise die SDGs 1, 8
Die Bundesregierung unterstützt die Aktivitäten                                   und 9. So werden mit der Exportinitiative Umwelt-
deutscher Unternehmen auf ausländischen Märk-                                     technologien Produzenten und Dienstleister der
ten. In diesem Bereich hat das BMWi eine breite                                   Bereiche nachhaltige Wasserwirtschaft, Kreislauf-
Palette von Instrumenten. Die durch das BMWi                                      wirtschaft, nachhaltige Mobilität sowie Luftrein-
geförderten deutschen Auslandshandelskammern                                      haltung und Lärmbekämpfung dabei unterstützt,
sind durch ihr Netzwerk und ihre Expertise vor Ort                                Auslandsmärkte insbesondere in Schwellen- und
die ersten Ansprechpartner für Marktentwicklungen                                 Entwicklungsländern zu erschließen. Die Exportini-
und -potenziale im Ausland. Dies gilt insbesondere                                tiative Gesundheitswirtschaft ermöglicht es kleinen
auch für wachsende und neue Märkte im Bereich                                     und mittleren Unternehmen, bei einer weltweit
Nachhaltigkeit. Sie knüpfen Netzwerke mit zentra-                                 zunehmenden Regulierung der Gesundheitssysteme
len Akteuren aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft                               die Marktmechanismen im Ausland zu durchdrin-
und bringen diese mit passenden deutschen Ex­­                                    gen und so ihre innovativen Güter und Dienstleis-
perten und Expertinnen zusammen. So entstehen                                     tungen auf ausländischen Märkten anzubieten.
unter anderem Leuchtturmprojekte und stabile                                      Dadurch trägt sie zu einer nachhaltigen Moderni-
Kooperationen, die die Förderaktivitäten der Bun-                                 sierung und einem Ausbau der Gesundheitssys-
desregierung sinnvoll ergänzen und verstärken.                                    teme weltweit bei. Mit der Ex­portinitiative Energie
Mit dem Markterschließungsprogramm (MEP) und                                      unterstützt das BMWi schließlich deutsche Anbie-
den Exportinitiativen unterstützt das BMWi zudem                                  ter klimafreundlicher Energielösungen bei der
vor allem kleine und mittlere Unternehmen, neue                                   Erschließung von Auslandsmärkten. Der Deutsche
Märkte zu erschließen beziehungsweise bestehende                                  Bundestag hat bei seinem Beschluss zur Einsetzung
K A P I T E L 2: U N T E R N E H M E N A U F I H R E M W E G Z U M E H R N A C H H A LT I G K E I T U N T E R S T Ü T Z E N   19

der Initiative als wichtiges Ziel einen Beitrag zum                     bei der Finanzierung ihrer Exportvorhaben. Bei der
Klimaschutz benannt, den die weltweiten Exporte                         Prüfung, ob ein Exportvorhaben förderungswürdig
deutscher Technologien und Dienstleistungen im                          ist, spielen schon seit langem Nachhaltigkeitserwä-
Bereich klimafreundlicher Energietechnologien                           gungen eine wichtige Rolle. Im Mittelpunkt stehen
leisten sollen. Projekte des Wirtschaftsnetzwerks                       dabei die SDGs 8 und 9, aber auch die SDGs 7 und
Afrika fördern den Export innovativer nachhaltiger                      10 sind von Bedeutung. Zugleich wird im Wege der
Technologien nach Afrika, etwa die Projekte zur                         sogenannten Umwelt-, Sozial- und Menschen-
Gesundheitswirtschaft in Nordafrika, zur Lebens-                        rechtsstandards sichergestellt, dass dies nicht zu
mittelverarbeitung in Westafrika und der Bran-                          Lasten anderer SDGs geht. Zur Zeit der Abfassung
chenexperte zur Wasserwirtschaft an der Außen-                          dieses Berichts laufen umfangreiche Arbeiten, um
handelskammer Kairo.                                                    das Instrument insbesondere an die klimapolitischen
                                                                        Ziele Deutschlands anzupassen (SDG 13). Hervor-
Mit ihren Exportkreditgarantien (teils besser                           zuheben ist, dass das Instrument selbsttragend ist
bekannt als sogenannte „Hermes-Deckungen“)                              und damit nachhaltig im finanziellen Sinne.
unterstützt die Bundesregierung Unternehmen
20

     Kapitel 3
     Innovationen und Digitalisierung als
     Treiber nachhaltiger Entwicklung
K A P I T E L 3: I N N O VAT I O N E N U N D D I G I TA L I S I E R U N G A L S T R E I B E R N A C H H A LT I G E R E N T W I C K LU N G   21

Der Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Ent-                             deutlichen Anstieg an Rechen- und Speicherleistung
wicklung hat schon im November 2019 unterstrichen,                            und damit einem verstärkten Ausbau der Rechen-
dass Nachhaltigkeitsaspekte bei Innovationspro-                               zentrumsinfrastruktur zusammenhängt. Damit die
zessen, insbesondere im Kontext der Digitalisierung,                          zunehmende Digitalisierung nicht die Klimaziele
von Beginn an konsequent zu berücksichtigen sind.                             konterkariert, muss die digitale Infrastruktur hoch-
Damit soll erreicht werden, dass Chancen für eine                             gradig energieeffizient ausgestaltet werden. Das
nachhaltige Entwicklung genutzt und Risiken für                               BMWi will deshalb in enger Abstimmung mit der
Mensch und Umwelt vermieden werden können.                                    Branche ein freiwilliges Register für Rechenzentren
Gleichzeitig soll Innovationsfreudigkeit und -reich-                          aufbauen. Damit will das BMWi Energie­ver­brauch
weite gestärkt werden. Die Digitalisierung bietet                             und Energieeffizienz der großen Rechenzentren in
große Chancen für eine nachhaltige Entwicklung.                               Deutschland und möglichst auch in Europa trans-
Durch den Einsatz digitaler Technologien können                               parent machen und einen Wettbewerb um mög­
Veränderungen mit Blick auf die Ziele der Deutschen                           lichst hohe Effizienzleistungen unter den Betrei-
Nachhaltigkeitsstrategie erreicht werden. Digitale                            bern auslösen.
Technologien machen die Energie- und Verkehrs-
wende erst möglich. Sie ermöglichen energie- und                              Ein funktionierender Wettbewerb ist aus Sicht des
ressourcensparende Produktionsverfahren, helfen,                              BMWi zentral für eine positive Wirtschaftsentwick­
mehr Kreislaufwirtschaft zu organisieren, sorgen                              lung und damit auch für die Umsetzung von SDG 8.
für mehr Sicherheit und ermöglichen älteren Men-                              Die steigende Digitalisierung führt zu Verschiebun-
schen ein längeres, selbstbestimmtes Leben in den                             gen wirtschaftlicher Machtverhältnisse und stellt
eigenen vier Wänden. Allerdings können die Aus-                               die Wettbewerbspolitik deshalb vor neue Heraus-
wirkungen neuer Technologien ambivalent sein                                  forderungen. Große Digital- und Plattformunter-
und wirtschaftliche, soziale und ökologische Kon-                             nehmen können aufgrund starker Netzwerkeffekte
sequenzen nach sich ziehen, die im Widerspruch                                und Skalenvorteile eine erhebliche Marktmacht
zu den Nachhaltigkeitszielen stehen.                                          erreichen und diese Position über Marktgrenzen
                                                                              hinweg ausdehnen beziehungsweise absichern. Als
Der Digital-Gipfel und sein großes Netzwerk haben                             Resultat tendieren viele digitale Märkte zur Mono-
sich deshalb im Jahr 2020 der Frage gewidmet, wie                             polisierung. Um wirksamen Wettbewerb und den
Digitalisierung zum Treiber von Nachhaltigkeit wer-                           freien Zugang zu digitalen Märkten zu erhalten, hat
den kann. Der Digital-Gipfel hat für die Möglich-                             das BMWi das GWB-Digitalisierungsgesetz erarbei-
keiten der Digitalisierung in ihrer ganzen Breite                             tet, das Anfang 2021 in Kraft getreten ist. Es schafft
sensibilisiert, in Veranstaltungen, durch Exponate                            ein fokussiertes, proaktives und digitales Wettbe-
und Showcases zur Nachahmung inspiriert. Disku-                               werbsrecht. Auch in der Digitalwirtschaft sollen
tiert wurde auch der Energie- und Ressourcenver-                              Marktpositionen bestreitbar bleiben. Zudem müssen
brauch der digitalen Systeme selbst, der mit einem                            Wettbewerbsregeln wirksam und effektiv durchge-
                                                                              setzt werden können. So sind im GWB-Digitalisie-
                                                                              rungsgesetz unter anderem strengere Regeln für
                                                                              Plattformen mit überragender marktübergreifen-
                                                                              der Bedeutung sowie ein verbesserter Datenzugang
                                                                              für Wettbewerber vorgesehen. Durch die Gewähr-
                                                                              leistung der Offenheit und Bestreitbarkeit digitaler
                                                                              Märkte sowie durch den verbesserten Datenzugang
22    K A P I T E L 3: I N N O VAT I O N E N U N D D I G I TA L I S I E R U N G A L S T R E I B E R N A C H H A LT I G E R E N T W I C K LU N G

werden darüber hinaus Innovationen in diesem                                        informierte Entscheidung darüber treffen, ob die
Bereich und damit auch die Erreichung von SDG 9                                     jeweiligen GAIA-X-Provider die Mindestanforde-
unterstützt.                                                                        rungen für nachhaltige digitale Services erfüllen
                                                                                    oder nach anderen, ihnen wichtigen Kriterien fil-
Die stärkere Vernetzung von Wirtschaft und Gesell­                                  tern. Da GAIA-X eine europäische Initiative ist, die
schaft erhöht auch die Anforderungen an die Sicher-                                 Services und Rechenzentren in ganz Europa, aber
heit der digitalen Sphäre. Mit dem Projekt GAIA-X                                   auch darüber hinaus integrieren wird, kommen zur
treibt das BMWi den Aufbau eines offenen, sicheren                                  Harmonisierung auch einheitlich geltende Rege-
und vernetzten europäischen Daten- und Infra-                                       lungen in Betracht. Damit werden die Nachhaltig-
strukturökosystems mit höchsten Ansprüchen an                                       keitskriterien in ganz Europa angewendet.
Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung
weiter voran (vgl. Abbildung 4). Ziel ist eine sichere                              Die Industrie nutzt immer mehr digitale Technolo-
und vernetzte Dateninfrastruktur, die den höchs-                                    gien, um Produkte und Produktionsprozesse wei-
ten Ansprüchen an digitale Souveränität genügt                                      terzuentwickeln. In der Industrie 4.0 verzahnt sich
und Innovationen fördert. Mit dem Projekt sollen                                    die Produktion mit modernster Informations- und
eine belastbare Infrastruktur aufgebaut, neue                                       Kommunikationstechnik. So können Produkte
Geschäftsmodelle in Europa gefördert und so Wert-                                   individuell auf die Bedürfnisse des Kunden ange-
schöpfung und Beschäftigung in Deutsch­land und                                     passt werden. Überproduktion und ein Missver-
Europa gesichert werden (SDGs 8 und 9). Voraus-                                     hältnis zwischen Angebot und Nachfrage werden
setzung für eine Teilnahme an GAIA-X ist der                                        auf diese Weise reduziert, was den Ressourcen­
Nachweis der Konformität zu festgelegten                                            verbrauch insgesamt senkt (SDG 12). Technische
Kriterien unter anderem in den Bereichen Compli-                                    Grundlage hierfür sind intelligente, digital ver-
ance, Informationssicherheit, Datenschutz und                                       netzte Systeme und Produktionsprozesse. Das
Energieeffizienz. GAIA-X wird zudem die Umsetzung                                   BMWi unterstützt die Wirtschaft dabei, dass Unter-
von Nachhaltigkeitskonzepten in der Branche                                         nehmen die Potenziale der technologischen Ent-
beschleunigen. Die Akkreditierung von GAIA-X-                                       wicklungen ausschöpfen können. Mit der Platt-
Services im Hinblick auf die Energieeffizienz von                                   form Industrie 4.0 wurde eines der größten
Rechenzentren ist durch Transparenz der Energie-                                    Industrie 4.0-Netzwerke der Welt geschaffen, in
standards möglich. Es ist bereits jetzt integraler Teil                             dem Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft,
des Konzeptes von GAIA-X, Nachhaltigkeits- und                                      Verbänden, Wissenschaft, Gewerkschaften und
Effizienzkriterien als Bestandteil der für alle teil-                               Politik gemeinsam an Lösungsansätzen und Hand-
nehmenden Provider verpflichtenden Selbstbe-                                        lungsempfehlungen zu unterschiedlichen Themen
schreibung zu benennen. Über einen Katalog kön-                                     arbeiten. Die Plattform hat beim Digital-Gipfel im
nen die Anwenderinnen und Anwender sowie                                            Dezember 2020 ein Impulspapier vorgestellt, das
Nutzerinnen und Nutzer von GAIA-X somit eine                                        konkrete Anwendungsbeispiele für eine digitale,
K A P I T E L 3: I N N O VAT I O N E N U N D D I G I TA L I S I E R U N G A L S T R E I B E R N A C H H A LT I G E R E N T W I C K LU N G                                          23

   Abbildung 4: GAIA-X soll Datensouveränität, Datensicherheit und Datenschutz stärken

                                                                                                                                                            Di
                                                                                                                                                              en
                                                                                                                                                 •                  st
                                                                                                                                                                       ve
                                                                                                                                           •                                rm
                                                                                          Daten                                                             Do
                                                                                                                                                                  m
                                                                                                                                                                              itt
                                                                                                                                                                                    le
                                                                                                                                                                                       r
                                                                                                                                                     Ku                än
                                                                                        Ökosystem                                                         nd
                                                                                                                                                               en
                                                                                                                                                                           en

                                                                                 Da
                                                            sic

                                                                                                                   it
                                                                                                                he
                                                                                   te
  GAIA-X Aufgaben
                                                                h

                                                                                                                                             l
                                                                er

                                                                                   ns

                                                                                                              er

                                                                                                                                          na
                                                                  er

                                                                                                              h
                                                                                      ou

                                                                                                                                        Ka
                                                                                                          sic
                                                                      Ka

                                                                                        ve

                                                                                                                                    er
                                                                                                         en
  Rahmenbedingungen schaffen
                                                                      na

                                                                                           rä

                                                                                                                                  er
                                                                                                          t
                                                                                              ni

                                                                                                       Da
                                                                         l

                                                                                                                                h
  • Architektur
                                                                                                 tä

                                                                                                                            sic
  • Schnittstellen                                                                             t
  • Datenklassifikation
                                                            Ve

                                                                                                                                                it
  • Prozesse zwischen Akteuren
                                                                rtr

                                                                                                                                                e
                                                                                         GAIA-X

                                                                                                                                             rk
                                                                 au

                                                                                                                                          ba
  • Interoperabilität und
                                                                    en

                                                                                                                                        lg
                                                                      ss

                                                                                                                                    rfo
    Interkonnektivität
                                                                       ch

                                                                                                                                  ve
                                                                                   • Repository
                                                                         ut

                                                                                                                             ch
                                                                           z

                                                                                                                            Na
  Governanceregeln                                                                 • Anbieter- und Knoten-
                                                                                     verzeichnis
                                                                           ilt

  • Teilnahmebedingungen
                                                                         te

                                                                                   • Identitätsmanagement
                                                                      er

  • Teilnehmerliste
                                                                      lv

                                                                                                                                   O
                                                                                                                                    ffe
                                                                  ra

  • Regeln und „Datenverträge“                                                     • Qualitätsüberwachung
                                                                 nt

                                                                                                                                        nh
                                                                ze

  • Zertifizierung
                                                                                                                                          eit
                                                            De

  Betrieb koordinieren
                                                                                                        In

  • Notwendige zentrale Dienste
                                                                                                ät

                                                                                                         te
                                                                                              lit

                                                                                                          rk
                                                                                            bi

                                                                                                                            sic
                                                                                                              on
                                                                                          ra

                                                                                                                               he
                                                                                                              ne
                                                          en

                                                                                        pe
                                                                              al

                                                                                                                                   re                          GA
                                                                           an

                                                                                                                  kt
                                                       ot

                                                                                      ro

                                                                                                                                     rK
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                                                                                                                                                                    IA
                                                                                                                   ivi
                                                     Kn

                                                                                    te
                                                                         rK

                                                                                                                                                     Se
                                                                                                                                        an                                          Cl
                                            et

                                                            g

                                                                                                                    tä

                                                                                                                                                       lb                -X
                                                                                   In
                                                           un

                                                                       re

                                                                                                                                                          st
                                                 -X

                                                                                         Infrastruktur                                                                                     ou
                                           bi

                                                                                                                        t

                                                                                                                                           al
                                                          eib

                                                                                                                                                             be               Kn
                                                                      he
                                        an

                                             IA

                                                                                                                                                               sc                            da
                                                       hr

                                                                  sic

                                                                                                                                                                  hr              ot
                                       ud

                                            GA

                                                      sc

                                                                                                                                                                     eib
                                                                                                                                                                                     en         nb
                                                     be

                                                                                          Ökosystem
                                      lo

                                                                                                                                                                          un                      iet
                                                  st
                                   -C

                                                 lb

                                                                                                                                                                              g                      er
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                                 Ed

   Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

vernetzte und nachhaltige Produktion der Zukunft                                                      wickeln und durch Effizienzvorteile ihre Wettbe-
darstellt (über 60 Unternehmensbeispiele). Nach-                                                      werbsfähigkeit gegenüber großen Unternehmen
haltigkeit ist eines der drei zentralen Handlungsfel-                                                 zu halten oder auszubauen. Digitalisierung kann
der im Leitbild 2030 der Plattform Industrie 4.0                                                      für eine nachhaltige Entwicklung in ökonomischer,
und wird im Jahr 2021 anhand konkreter Anwen-                                                         sozialer und ökologischer Hinsicht unterstützend
dungsbeispiele verstärkt bearbeitet. Im Rahmen                                                        wirken (vgl. Abbildung 5).
der Industrie 4.0-Kooperation mit China zielt das
BMWi darauf ab, die Themen Digitalisierung und                                                        Daher unterstützt das BMWi Mittelständler in diesem
Nachhaltigkeit der Industrie zukünftig auszubauen.                                                    Prozess mit einer Reihe von Förder- und Unterstüt­
                                                                                                      zungsmaßnahmen und begleitet insbesondere
Auch für den wirtschaftlichen Erfolg des Mittel-                                                      Existenzgründerinnen und Existenzgründer sowie
stands werden digitale Technologien immer wich-                                                       junge Unternehmen mit einem breiten Informa-
tiger. Sie ermöglichen es kleinen und mittleren                                                       tions- und Beratungsangebot. Fragen zu den Förder-
Unternehmen, neue Geschäftsmodelle zu ent­                                                            angeboten des BMWi werden vorhabenbezogen
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