Wirtschaften ohne Marktpreise? - Vom Unternehmensmodell Solidarische Landwirtschaft zu einer gemeinschaftsgetragenen Versorgungsökonomie ...

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Der kritische Agrarbericht 2021

Wirtschaften ohne Marktpreise?
Vom Unternehmensmodell Solidarische Landwirtschaft
zu einer gemeinschaftsgetragenen Versorgungsökonomie

von Marius Rommel und Mona Knorr

                       Die Bewegung der Solidarischen Landwirtschaft (Community Supported Agriculture – CSA)
                       wächst dynamisch, inzwischen breitet sich die Idee der geteilten Verantwortung auch auf weitere
                       Produkte wie Brot und Bier aus. Neue solidarische Handelsbeziehungen zum globalen Süden bauen
                       sich ebenfalls auf. Doch nicht nur in der Landwirtschaft verbreitet sich das gemeinschaftsgetra-
                       gene Unternehmensmodell: CSA inspiriert immer mehr Unternehmen anderer Versorgungsfelder,
                       von Gastronomie über klassische Handwerksbetriebe bis hin zu Yoga-Studios. Aus CSA wird CSX.
                       Nachfolgender Beitrag führt Beispiele eines neuen Wirtschaftens ohne Marktpreise auf.

CSA-Betriebe, die in Deutschland auch als Solida­              Entlohnung. Verbraucher*innen gewinnen wieder-
rische Landwirtschaft (SoLaWi) bezeichnet werden,              um Teilhabemöglichkeiten und kommen als selbs-
sind Zukunftslabore. Oder Störenfriede im besten               termächtigte »Prosument*innen«3 nicht nur in den
Sinne, weil sie sich der Logik maßlosen Größenwachs-           Genuss hochwertiger Lebensmittel, sondern erfah-
tums und systematischer Naturzerstörung widerset-              ren auch die Produktion ihrer eigenen Lebensmittel
zen. Wo das Gros landwirtschaftlicher Betriebe nach            hautnah. Wird darüberhinaus die Höhe der einzelnen
wie vor wächst oder weicht, gelingt derzeit ca. 300            Beiträge der Mitglieder in solidarischen Bieterrun-
CSA-Betrieben1 jenseits ökonomischer Markt- und                den4 ermittelt, entsteht nicht nur Solidarität zwischen
Preiskoordination die Organisation lebendiger Aus-             Verbraucher*innen und Erzeuger*innen, sondern
tauschbeziehungen, stets mit einer minimalen räumli-           auch innerhalb der Verbrauchergemeinschaft.5
chen Distanz zwischen Verbrauch und landwirtschaft-               Ob als Co-Produzent*in auf dem Acker, in der
licher Erzeugung. Zusammenwachsen statt Weichen,               Communityarbeit oder der Organisation von Ver-
so lautet ihr Geheimrezept fürs »Kleinerbleiben«. Für          teilpunkten (Depots), die Teilhabemöglichkeiten für
CSA-Betriebe sind nicht Geld, sondern gelingende               Prosument*innen in einer SoLaWi sind vielfältig und
Beziehungen die zentrale Währung im krisengeschüt-             von Hof zu Hof unterschiedlich ausgeprägt. Je stär-
telten 21. Jahrhundert.                                        ker diese am Produktionsprozess partizipieren, desto
                                                               mehr löst sich die Trennung zwischen Produktion
Geteilte Verantwortung                                         und Konsum auf. In einigen SoLaWi-Betrieben wer-
                                                               den Betriebsmittel oder sogar die landwirtschaftliche
CSA beschreibt im Kern die Teilung von Risiko                  Anbaufläche als Gemeinschaftsbesitz organisiert:
und Verantwortung zwischen Erzeuger*innen und                  So sind Mitglieder beispielsweise einer SoLaWi-Ge-
Verbraucher*innen.2 Statt der üblichen Bepreisung              nossenschaft nicht mehr nur im übertragenen Sinne
eines fertig produzierten Lebensmittels deckt eine             Produzent*innen und Konsument*innen ihrer eige-
Verbrauchergemeinschaft die Gesamtkosten des                   nen landwirtschaftlichen Produkte.6 In Deutschland
Betriebes und erhält im Gegenzug anteilig die land-            haben sich in den vergangenen Jahren bereits zehn
wirtschaftlichen Erzeugnisse. Eine Garantie gibt es            genossenschaftlich organisierte und teils sehr mit-
nicht, Produktionsschwankungen oder Ernteausfälle              gliederstarke SoLaWi-Betriebe gegründet7, und vie-
werden von allen Verbraucher*innen solidarisch mit-            le weitere SoLaWis sind über andere Rechtsformen
getragen. Dies ermöglicht Erzeuger*innen betriebs-             entweder in Teilen oder als gesamter Betrieb verge-
wirtschaftliche Sicherheit und eine angemessene                meinschaftet.

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Regionalentwicklung

CSA für andere landwirtschaftliche Güter                   solidarische Verbindungen entstehen können. – Ein
                                                           Brückenschlag zwischen beiden Konzepten gelingt,
Während SoLaWi-Betriebe in Deutschland aktuell             wenn hiesige SoLaWi-Betriebe Teikei Kaffee oder das
vor allem die Versorgung ihrer Mitglieder mit einer        Olivenöl von Platanenblatt in ihre Ernteanteile integ-
Vielzahl an landwirtschaftlichen Grundnahrungsmit-         rieren oder die Verteilung im Rahmen ihrer Verteil-
teln (Gemüse, Fleisch-, Milch- und Getreideproduk-         punkte organisieren.
te) übernehmen, erproben erste Unternehmungen die
Umsetzung des Modells für einzelne Lebensmittel. An        Von CSA zu CSX
der Mosel gründete sich 2020 mit der CSVino8 eine
SoLaWi für Wein, in der Nähe von Köln entstand die         Inspiriert vom Erfolg des Konzeptes SoLaWi gründen
Idee einer Solidarischen Imkerei9 und auch eigenstän-      sich seit einigen Jahren auch außerhalb der Landwirt-
dige Hühner-SoLaWis10 haben inzwischen Betriebe            schaft gemeinschaftsgetragene Unternehmungen:
mit Eiern, Suppenhühnern und Hähnen entwickelt.            egal ob Bäckerei, Gesundheitszentrum, Fahrradwerk-
   Ein zentrales Element der SoLaWi ist die regionale      statt, pädagogische Angebote, Yoga-Unterricht oder
bzw. lokale Wertschöpfung und Verteilung. Diese er-        Schneiderei – eine Wirtschaft ohne Marktpreise wird
möglicht neben dem persönlichen Kontakt zwischen           in verschiedenen Versorgungsbereichen (»CSX«)
Produzent*innen und Konsument*innen Mitarbeit              entwickelt und erprobt. Basierend auf den oben skiz-
auf dem Betrieb und gegenseitigen Austausch. Spä-          zierten Merkmalen einer CSA bildet das neue unter-
testens bei Olivenöl, Kaffee, Tee, Zitrusfrüchten und      nehmerische Selbstverständnis von Prosument*innen
anderen Genussgütern stößt diese Ökonomie der kur-         den Kern gemeinschaftsgetragener Unternehmungen,
zen Wege an ihre Grenzen. Nichtsdestotrotz organi-         verbunden mit der gemeinsamen Finanzierung der
siert Platanenblatt seit 201211 die Verteilung von auf     laufenden Kosten. Dabei werden die Betriebskosten
Lesbos produziertem Olivenöl an Verbraucher*innen          (das Budget) eines Jahres durch die Beiträge der Mit-
in Deutschland als sog. »Erweiterte Solidarische Land-     glieder für ein Wirtschaftsjahr unter den folgenden
wirtschaft«, während ein Ernteanteil bei Andasol 12 seit   sechs Prämissen verbindlich finanziert: direkte Bezie-
2016 Orangen, Zitronen, Oliven, Mandarinen und             hungen, Transparenz, Beiträge statt Preise, Kosten-
Avocados beinhaltet. Vor vier Jahren stellte sich mit      deckung, Vorfinanzierung sowie Verantwortung und
der deutschen Teikei-Gemeinschaft13 die erste Orga-        Risiko teilen.
nisation der Herausforderung, Überseegüter (Kaffee)           Die Anwendung des CSA-Prinzips in anderen
nach dem CSA-Prinzip nach Deutschland zu bringen.          Wirtschaftsbereichen bringt diverse Herausforde-
Ihr Ziel ist seitdem ein allumfassendes Gegenmodell        rungen mit sich. So erschweren unter anderem eine
zum globalisierten Welthandel zu entwickeln, das           kapitalintensive Produktion, die zur Wettbewerbs-
auch über bisherige Fairtrade-Initiativen hinausgeht.      fähigkeit einen hohen Mengenausschuss benötigt,
Im Jahr 2020 hat die Teikei-Coffee-Gemeinschaft            sowie komplexe Wertschöpfungsketten und seltene
30 Tonnen Kaffee produzieren und mit dem Segel-            oder nur einmalige Nachfrage (wie insbesondere bei
schiff von Mexiko nach Deutschland bringen lassen.         Gebrauchsgütern) die Übertragung des Modells.17
Teikei Coffee ist noch im Aufbau, verteilt jedoch          Um auszuloten, welche Versorgungskontexte gemein-
schon heute 61 Prozent ihres Kaffees vorfinanziert         schaftsgetragen organisiert werden können und um
über die Solidargemeinschaft, die zu gut einem Drittel     bestehende CSX-Betriebsmodelle in ihrer Entwick-
aus Einzelmitgliedern und zwei Dritteln in Gemein-         lung zu unterstützen, gründete sich 2018 das CSX-
schaften organisierten Mitgliedern besteht. Die rest­      Netzwerk aus Praktiker*innen, Berater*innen und
lichen 39 Prozent verteilt die Gemeinschaft an Unver-      Wissenschaftler*innen.18
packtläden und Cafés (19 Prozent) oder über den eige-
nen Onlineprobiershop (20 Prozent), wo Interessierte       CSX für das Lebensmittelhandwerk
den Kaffee ein erstes Mal probieren können, um sich        Brot und Gebäck haben eine längere Wertschöpfungs-
dann der Gemeinschaft anzuschließen.14                     kette, da außer Landwirt*innen auch Verarbeiter wie
   Solche Internationalen CSAs (ICSA)15 könnten            Mühlen und Bäckereien beteiligt sind. Dennoch: in-
langfristig einen entscheidenden Beitrag zur Ermächti-     zwischen organisieren sich einige als »Solidarische Bä-
gung kleinbäuerlicher Erzeuger*innen in den Ländern        ckerei«.19 Pioniere wie das Backhaus der Vielfalt 20 in
des globalen Südens leisten.16 Die größte Herausfor-       Freiburg backen ausschließlich für eine Gemeinschaft
derung ist gegenwärtig die Erprobung neuer Formen          und ermöglichen so den Erhalt der Handwerkskunst
der Kommunikation zwischen Konsument*innen                 sowie alter Getreidesorten. Sie stellen zudem sicher,
und Erzeuger*innen, die sich nicht persönlich be-          dass keine Lebensmittelverschwendung stattfindet und
gegnen können. Dennoch zeigen ICSAs, dass auch             Kreisläufe geschlossen werden. Auch die Beschaffung
ohne geografische Nähe Verantwortung geteilt und           der Rohwaren erfolgt nach dem CSA-Prinzip, indem

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Der kritische Agrarbericht 2021

ein bestehender CSA-Betrieb als Lieferant nicht nach      stets auch als Dienstleistung denkbar. Nutzen statt
Getreidemenge, sondern über den Arbeitsaufwand            Besitzen im Sinne der Sharing Economy ist die damit
einer definierten Fläche bezahlt wird. Für die produ-     verbundene Lösungsstrategie, um komplexe Güter
zierten Backwaren gibt es eine Abnahmegarantie sei-       CSX-kompatibel zu machen. Als Gemeinschaft einen
tens der Gemeinschaft – und sie können dadurch zu         Waschsalonanbieter zu tragen, reduziert die Anzahl
angenehmen Arbeitszeiten produziert werden. Neben         notwendiger Waschmaschinen insgesamt. Außerdem
der gesteigerten Attraktivität des Berufes wirken auch    (über)kompensiert die eingesparte Zeit für Waschen,
alle anderen Veränderungen den Zentralisierungs-          Aufhängen, Trocknen, Zusammenlegen den Aufwand
und Industrialisierungsprozessen der Branche entge-       des Wäschetransports. Ein gemeinschaftsgetragener
gen. Ähnliche Überlegungen führten bereits 2012 zur       Mobilitätsanbieter ermöglicht den Mitgliedern auf
Gründung der gemeinschaftsgetragenen Vagabund             viele unterschiedliche Fahrzeugtypen je nach Nut-
Brauerei in Berlin, die inzwischen im siebten Jahr pa-    zungsanspruch zeitlich begrenzt zugreifen zu können.
rallel zum Barbetrieb für den lokalen Kiez läuft.21       Selbiges gilt z. B. für Werkzeuge und Gartengeräte.
                                                          Großes Potenzial beinhaltet auch die gemeinschafts-
CSX für Dienstleistungen                                  getragene Instandhaltung von Gebrauchsgütern. So
Die Anwendung des Prinzips im Dienstleistungssek-         existiert bereits in Marburg eine solidarisch finanzier-
tor ist besonders dort einfach, wo Dienstleistungen       te Radwerkstatt 27, Projekte wie das Mabon-Kollektiv 28
regelmäßig gebraucht werden und nicht rivalisieren,       beschäftigen sich mit der Reparatur von Kleidung.
sprich durch die Nutzung einzelner nicht weniger
werden. Erste Unternehmer*innen organisieren ge-          Vertrauensbasierte Versorgungssysteme
meinschaftsgetragene Angebote wie Yoga22 und Wald-
abenteuer für Familien23. Ihre Erfahrungen sind auf       Wer den CSX-Gedanken zu Ende denkt, erkennt: Die
Gruppenangebote in Bereichen wie Sport, Kultur und        Einzelbetrachtung reicht nicht aus, um die großen
Bildung übertragbar. Ein gemeinschaftsgetragenes          Herausforderungen zu lösen. Zielführend erscheint
Gesundheitszentrum in Darmstadt24 zeigt, dass auch        vielmehr ein Fokus auf gesamte regionale und mul-
Raumnutzung solidarisch organisiert werden kann.          tifunktionale Versorgungssysteme, in welchen sich
   Dort, wo Dienstleistungen individuell immer wie-       unterschiedliche transformative Wirtschaftsformen29
der neu erbracht werden müssen, ist der Abschied von      ergänzen, gegebenenfalls in Lieferbeziehungen zuein-
Stundensätzen und Preislisten voraussetzungsvoller.       ander treten und gemeinsame Angebote entwickeln.30
Dies gelingt, wenn ein*e Grafikdesigner*in ein festes     Wenngleich CSX-Unternehmensmodelle noch rar
Stundenkontingent mit dafür notwendigem Budget            gesät sind, bergen sie doch das Potenzial, solche Ver-
von einer Nutzergemeinschaft finanzieren lässt und        sorgungssysteme gemeinschaftsgetragen zu gestalten.
diese Stunden von den Mitgliedern flexibel nach Be-          Ausgehend von bereits bestehenden SoLaWi-Ab-
darf nachgefragt werden oder wenn ein*e Friseur*in        holorten für die Ernteanteile könnten sich nachbar-
sich und gegebenenfalls die laufenden Kosten eines        schaftliche Verteilstrukturen verschiedener gemein-
Friseursalons ausfinanzieren lässt und eine Mitglie-      schaftsgetragener Unternehmen bilden. Die Initiative
dergemeinschaft Haarschnitte und Rasuren selbst-          Stadt, Land, Beides in der Metropolregion Nürnberg
organisiert abruft. Erste Projekte nähern sich dieser     etwa bringt SoLaWis für verschiedenste landwirt-
Logik bereits an. So trägt das Solidarische Handwerk      schaftliche Erzeugnisse (Gemüse, Eier, Milchprodukte
Textil in Herzberg inzwischen im fünften Jahr gemein-     usw.) an zentralen Abholorten zusammen.31 Weiter-
schaftlich eine Schneidermeisterin und plant bereits      gedacht könnten Depots, die jetzt schon »wesentlich
weitere Handwerksdienstleistungen wie Reparaturen         mehr für ihre Umgebung [leisten] als ›nur‹ ein Ab-
nach diesem Prinzip zu organisieren.25                    holort zu sein«32, zu lebendigen Nahversorgungszen-
                                                          tren ausgebaut werden: nämlich dort, wo Gemüseab-
CSX für Gebrauchsgüter                                    holung, Nutzung von Co-Working-Arbeitsplätzen,
Für Gebrauchsgüter mit hohem Kapitalbedarf, kom-          flexible Besprechungs- und Gruppenräumen für Ver-
plexen Wertschöpfungsketten sowie geringer Nach-          anstaltungen jeglicher Art, Car- und Bikesharing, Re-
fragekontinuität erfordert die Gründung gemein-           paraturdienstleistungen und andere Unternehmun-
schaftsgetragener Unternehmungen neues Denken             gen kombiniert werden.
und Kreativität. Die Produktion von Waschmaschi-             Spannende Impulse könnten auch von der Bewe-
nen, Autos und Laptops lässt sich wohl schwerlich         gung rund um food-coops, food-hubs und koopera­
als CSX umsetzen, da sie sowohl in der Produktion         tiven Supermärkten33 ausgehen, durch die sich größe-
komplex als auch in der Anschaffung zu langfristig        re Gemeinschaften sukzessive eine solidarische Ver-
sind. Doch da alle Produkte letztlich »Nutzungs­          sorgungsstruktur aufbauen. Denkbar ist, dass diese
erfüllungsmaschinen« 26 darstellen, sind sie als solche   Supermärkte quasi als Kopfstruktur Verarbeitungs­

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Regionalentwicklung

                                                             Anmerkungen
betriebe wie Metzgereien oder Bäckereien überneh-             1 Aktuelle Daten können auf der Seite des Netzwerks Solidarische
men und damit Wertschöpfungsketten solidarischer                 Landwirtschaft unter www.solidarische-landwirtschaft.de
und regionaler organisieren.                                     abgerufen werden. Dieses Netzwerk versteht sich als Bewe-
   Die Stärke solcher Wertschöpfungsräume liegt auf              gung, basisdemokratische Organisation und Verband und hat
                                                                 mittlerweile drei Büros in Deutschland.
der Hand: Unter anderem steigert ein hoher Grad an
                                                              2 K. Strüber: Lebensmittel bekommen ihren Wert zurück. Die
Versorgungssouveränität die Krisenfestigkeit gegen-             ­b undesweite Bewegung der Solidarischen Landwirtschaft
über Störungen wie der Covid-19-Pandemie. Gleich-                (SoLaWi). In: Der kritische Agrarbericht 2020, S. 343–347.
zeitig erhöhen Beteiligungsoptionen die Attraktivität         3 Prosument*in ist ein Kofferwort aus Produzent*in und
und Entfaltung lebenswerter, vitaler Regionen.34 Nicht          Konsument*in.
                                                              4 Die Funktionsweise Solidarischer Finanzierungsrunden bzw. Bie-
zuletzt minimieren intelligente Produktionsverfahren
                                                                terrunden erläutert das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft
ökologische Folgekosten, erschließen Reduktionspo-              unter www.solidarische-landwirtschaft.org/mitmachen/
tenziale und erbringen gezielt Ökosystemleistungen.35           das-bieterrundenverfahren.
In Zukunft bedarf es mehr Räume zum Ausprobie-                5 N. Paech et al.: Das Wirtschaftsprinzip der kleinen Einheiten
ren, Begleitforschung und nicht zuletzt geförderte              – Resilienz durch gemeinschaftsgetragene Versorgungs-
                                                                strukturen am Beispiel Solidarischer Landwirtschaftsbetriebe
Gründungen. So könnte die Wirtschaftsförderung                  (SoLawi). In: Haushalt in Bildung und Forschung 4/2020 [im
4.0 36 gemeinschaftsgetragene Gründungen finanziell             Erscheinen].
unterstützen, gezielte Beratungs- und Vermittlungs-           6 S. Scholl: Das Kartoffelkombinat – eine Erfolgsgeschichte. In:
konzepte entwickeln und Kontakt zu unterstützenden              Der kritische Agrarbericht 2020, S. 348.
                                                              7 Die aktuelle Entwicklung von SoLaWi-Genossenschaften ist
Partnern herstellen, die bei der Gründung und Ent-
                                                                deren Netzwerkwebsite zu entnehmen: www.solawi-genossen-
wicklung dienlich sein können.                                  schaften.de.
   Um beantworten zu können, ob sich gemeinschafts-           8 CSVino von Jan-Philipp Bleeke: www.jpbwinemaking.com.
getragene Unternehmen und Systeme wirklich lang-              9 Solidarische Imkerei Authentico: www.authentico.de/solawi/.
fristig durchsetzen können und wo sie zukünftig in           10 MiMoHuEsSolawi: www.instagram.com/mimohuesolawi.
                                                             11 Solidarisches Olivenöl Platanenblatt: www.platanenblatt.de.
Kombination mit anderen transformativen Ansätzen
                                                             12 Solidarische Landwirtschaft Andasol: www.andasol.eu.
entwickelt werden sollten, bedarf es weiterer Pionier-       13 Teikei-Netzwerk: www.teikei.global.
projekte, aber auch transdisziplinärer Forschung und         14 Teikei Community Supported Coffee: www.teikeicoffee.org.
Unterstützung von Gründer*innen, die sich aufma-             15 Marlon Rommel: Developing a concept of the International Com-
chen, Zukunftslabore zu sein. Oder eben Störenfriede.           munity Supported Agriculture in order to foster sustainability
                                                                in global food systems. Lüneburg 2019.
                                                             16 E. Puille: Empowerment of smallholder farmers in alternative
                                                                food networks. Lüneburg 2019.
  Folgerungen     & Forderungen                              17 Marius Rommel: Zukunftsfähige Wirtschaftsgemeinschaften
                                                                (CSX): Übertragung der CSA-Logik auf andere Versorgungs­
  ■   Die Bewegung der Solidarischen Landwirtschaft             felder. Oldenburg 2018.
                                                             18 CSX-Netzwerk: www.gemeinschaftsgetragen.de
      oder Community Supported Agriculture CSA wächst
                                                             19 S. Löbbering: Zukunftsfähige Wirtschaftsgemeinschaften – Über-
      und greift bereits auf das Lebensmittelhandwerk wie       tragung des Community Supported Agriculture-Ansatzes (CSA)
      auch auf andere Wirtschaftsbereiche und auf den           auf das Bäckerhandwerk (CSB). Münster 2018.
      Dienstleistungssektor über.                            20 Backhaus der Vielfalt: www.backhausdervielfalt.de.
                                                             21 Vagabund-Brauerei: www.vagabundbrauerei.com.
  ■   Es braucht künftig mehr Räume zum Ausprobieren!
                                                             22 Ein Jahr in Yoga: www.nadine-stalpes.de.
      Es braucht Reallabore in Dörfern, Städten und Nach-    23 Ausgebüxt Familie Trier: www.ausgebuext.info/ausgebuext-
      barschaften, um die Potenziale gemeinschaftsge-           familie-trier/.
      tragener Versorgungssysteme erproben zu können.        24 Gesundheitszentrum Happy Place: www.happyplacedarmstadt.
      Dafür könnte die Kommunalpolitik gemeinschafts-           de.
                                                             25 SolHawe Herzberg: www.engagiertestadt.de/2016/11/25/solida-
      getragene Nahversorgungszentren fördern, welche
                                                                risches-handwerk/. – M. Rommel: Solidarisches Handwerk –
      gleichermaßen als multifunktionale Depots für             Wege zu einer Ökonomie der Nähe. In: Oya-Magazin 48 (2018),
      Produkte und Dienstleistungen wie als kulturelle          S. 66–68.
      Begegnungsräume fungieren.                             26 F. Schmidt-Bleek: Das MIPS-Konzept. Weniger Naturverbrauch –
  ■   CSX braucht gezielte transdisziplinäre Forschungs-        mehr Lebensqualität durch Faktor 10. München 2000.
                                                             27 Radwerkstatt Radau: www.radau-marburg.de.
      arbeit zwischen Universitäten und Akteur*innen der
                                                             28 Mabon-Kollektiv: www.communitysupported.org/mabon-
      Praxis.                                                   kollektiv/.
  ■   Der Bekanntheitsgrad ist für die weitere Entwicklung   29 BMBF-Forschungsprojekt nascent der Universitäten Siegen und
      gemeinschaftsgetragener Unternehmungen inner-             Oldenburg: www.nascent-transformativ.de.
      halb und außerhalb der Landwirtschaft entschei-        30 S. Gothe: Die Region als Wertschöpfungsraum. Über die neue
                                                                Rolle der Verbraucherinnen und Verbraucher bei der regio-
      dend und muss durch gezielte und professionelle           nalen Versorgung mit Lebensmitteln. In: Der kritische Agrar­
      Öffentlichkeitsarbeit gefördert werden                    bericht 2018, S. 319–32.
                                                             31 Stadt, Land, Beides: www.stadt-land-beides.de.

                                                                                                                          199
Der kritische Agrarbericht 2021

32 K. Strüber: Lebensmittel bekommen ihren Wert zurück. Die bun-         gionalen Versorgung mit Lebensmitteln. In: Der Kritische Agrar-
   desweite Bewegung der Solidarischen Landwirtschaft (SoLa-             bericht 2018, S. 319–323.
   Wi). In: Der kritische Agrarbericht 2020, S. 343–347.             X   Ulf Hahne: Neue Ländlichkeit? Zukunftsoptionen der ländlichen
33 Beispiele für gemeinschaftsgetragene Supermärkte sind POT             Entwicklung. In: Der kritische Agrarbericht 2011. München,
   Zürich (www.pot.ch/), Supercoop Berlin (www.supercoop.de/)            S. 151–158.
   oder das Food Hub München (www.foodhub-muenchen.de).
34 U. Hahne: Neue Ländlichkeit? Zukunftsoptionen der ländlichen
   Entwicklung. In: Der kritische Agrarbericht 2011, S. 151–158.
35 Ökosystemleistungen: Indem landwirtschaftliche Praxis z. B.
   regenerativ auf die Steigerung von Artenvielfalt, Aufbau von                          Marius Rommel
   Humus, Speicherung von CO2 usw. ausgerichtet wird.                                    Nachhaltigkeitsökonom im Forschungs­
36 U. Hahne und M. Kopatz: Wirtschaftsförderung 4.0 – auch ein                           projekt nascent an der Universität Siegen und
   Thema für ländliche Regionen. In: Der kritische Agrarbericht                          Geschäftsführer des Regionalentwicklungs­
   2018, S. 190–194.                                                                     büros Werkstatt Zukunftsland.

                                                                                         marius.rommel@uni-siegen.de
Das Thema im Kritischen Agrarbericht                                                     www.nascent-transformativ.de
X Klaus Strüber: Lebensmittel bekommen ihren Wert zurück.
  Die bundesweite Bewegung der Solidarischen Landwirtschaft                              Mona Knorr
  (SoLaWi). In: Der kritische Agrarbericht 2020, S. 343–347.                             Unternehmerin, Netzwerkerin und Beraterin für
X Simon Scholl: Das Kartoffelkombinat – eine Erfolgsgeschichte.                          Crowdfunding und gemeinschaftsgetragene
  In: Der kritische Agrarbericht 2020, S. 348.                                           Unternehmen, Vorständin WirGarten e.V. – System
X Ulf Hahne und Michael Kopatz: Wirtschaftsförderung 4.0 – auch                          zur Gründung Solidarischer Landwirtschaften.
  ein Thema für ländliche Regionen. In: Der kritische Agrarbericht
  2018, S. 190–194.                                                                      mona.knorr@gemeinschaftsgetragen.de
X Stefan Gothe: Die Region als Wertschöpfungsraum. Über die                              www.monaknorr.de
  neue Rolle der Verbraucherinnen und Verbraucher bei der re-                            www.gemeinschaftsgetragen.de
                                                                     © Simone Naumann

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