Wirtschaftsfaktor Fußball - Aktuelle Daten zur Sportwirtschaft | November 2015 - Sportsatellitenkonto
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Impressum Herausgeber Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) Referat Z B 4 - Gesundheitswirtschaft Scharnhorststraße 34-37 10115 Berlin Deutschland www.bmwi.de Auftraggeber Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) Graurheindorfer Straße 198 53117 Bonn Deutschland www.bisp.de Autoren Iris an der Heiden (2hm & Associates GmbH), Frank Meyrahn (2hm & Associates GmbH), Sven Repenning (2hm & Associates GmbH), Gerd Ahlert (Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung mbH), Holger Preuß (Universität Mainz, Institut für Sportwissenschaft). Stand November 2015 Bildnachweis p!xel 66 – Fotolia (Titel); 2xSamara.com/shutterstock.com (S. 6); KB3 – Fotolia (S. 9); U. Gernhoefer – Fotolia (S. 12) Diese Broschüre ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit des BMWi und des BISp. Sie wird kostenlos abgegeben und ist nicht zum Verkauf bestimmt. 2/21
Einleitung und Zusammenfassung verlorene Spiellust wieder“ (Lehrer und Fuß- ballpionier Konrad Koch, 1875). Das stimmt Fußball ist in Deutschland ein Wirtschaftsfak- auch heute noch: Fußball ist die Sportart Nr. tor. Dieser kann in zwei Bereiche unterteilt 1 der unter 16-Jährigen. Im Erwachsenenalter werden: den Profifußball und den Fußball- wird ein erheblicher Wandel weg vom eigenen breitensport. Die erheblichen Erlöse des Pro- Spielen hin zum Zuschauen des (Profi-)Fuß- fifußballs werden nun auch durch das jetzt in balls vollzogen, welcher sich wiederum in Be- der zweiten Auflage vorliegende Sportsatelli- zug auf das Erreichen möglichst vieler Zu- tenkonto Deutschland, das alle volkswirt- schauer professionalisiert hat. Die Gründung schaftlichen Effekte des Sports in Deutsch- der Bundesliga im Jahr 1962 und die erste land wissenschaftlich abbildet, belegt. Bundesligasaison 1963 sind hier Meilen- Welche Rolle der aktiv betriebene Fußball- steine. Anfang der 1960er Jahre besaß jedoch Breitensport als Wirtschaftsfaktor spielt, gerade einmal ein gutes Drittel der Haushalte wurde bisher wenig untersucht und in seiner einen Fernseher. Die dann folgende Entwick- Wirkung nicht quantifiziert. Diese Lücke lung der Erlöse im Profifußball ist von der wurde im Zuge der Erstellung des Sportsatel- Entwicklung der Medien nicht zu trennen. litenkontos geschlossen. Es zeigt sich, dass die wirtschaftliche Bedeutung des Fußball- Die Beliebtheit der Profifußballer in der Be- breitensports nicht minder groß ist wie die völkerung hat wiederum eine positive Wir- des Profifußballs. kung auf das Fußballspielen der Kinder und Jugendlichen – jedoch zum Ende des 20. Profifußball und aktiver Fußballbreiten- Jahrhundert nicht mehr hinreichend, um den sport haben vergleichbare volkswirtschaft- Nachwuchs im Profifußball in der Breite zu si- liche Effekte. chern. Seit der Saison 2001/2002 fördert die DFL gezielt und erfolgreich den Nachwuchs – Profifußball und Fußballbreitensport unter- mit steigenden Budgets: in der Saison scheiden sich in der Art ihrer wirtschaftlichen 2013/2014 wurden für die Leistungszentren Effekte und stehen nur teilweise in wechsel- der Bundesliga 120 Mio. € investiert (DFL, seitiger Beziehung zueinander. Historisch ist 2015). der aktive Fußballsport, insbesondere der da- mals an den Universitäten gespielte Fußball, Volkswirtschaftliche Effekte des Fußballs Grundlage für den heutigen Wirtschaftsfaktor können von zwei Seiten betrachtet werden: Profifußball und hat diesen zusammen mit Produktion und Verwendung/Konsum. der dafür wichtigen Entwicklung des Fernse- hens und weiterer Medien erst möglich ge- Volkswirtschaftlich gesehen wird Fußball macht. nicht nur gespielt und geschaut, sondern wie ein Produkt produziert und konsumiert. Die 1874 wurde das Fußballspiel in seiner heuti- Vereine, die Ligaclubs, die Sportartikelindust- gen Form in Deutschland eingeführt – ohne rie und die Medienanstalten „produzieren“ wirtschaftliche Ziele im Hinterkopf. Das Ziel den Fußball. Weniger bewusst sind weitere bestand in der „Pflege ethischer Tugenden“ „Fußball-Produzenten“: Der Würstchenver- sowie „der Bekämpfung des Bewegungsman- käufer im Stadion oder die Automobilherstel- gels“. Der Bewegungsmangel hat die deut- ler und Tankstellen, die die Eltern erst in die sche Gesellschaft offenbar schon im 19. Jahr- Lage versetzen, ihre Kinder zum Sport zu fah- hundert beschäftigt: „Beim Fußballspiel ren. Finanziert wird die „Fußball-Produktion“ findet unsere deutsche, des frischen Spiels im auf der anderen Seite im Wesentlichen von Freien entwöhnte Jugend am schnellsten ihre den privaten Haushalten, sie „konsumieren“ den Fußball mit insgesamt 11 Mrd. € pro Jahr 3/21
(Berichtsjahr 2010). Überraschenderweise 1,7 Mrd. €€ von Unternehmen für Fußball- zeigt sich, dass die Ausgaben der privaten Sponsoring und bis zu 4,2 Mrd. €€ von der Haushalte für das Ausüben des Sports, also öffentlichen Hand und von Vereinen für den als Fußballspielende, genauso hoch sind wie Bau und den Betrieb von Fußball-Sportstätten ihre Ausgaben für den Profisport, also in ihrer und Stadien ausgegeben1. Rolle als Zuschauer. 5,5 Mrd. € werden von ca. Fußball ist eine von mehreren Sportarten, 10 Mio. Fußballspielenden zur Ausübung und die in Deutschland bedeutsame Wirt- 5,5 Mrd. € von ca. 14. Mio. Zuschauern in Zu- schaftsfaktoren darstellen. sammenhang mit dem Profifußball ausgege- Andere Sportarten können mit dem Fußball ben. Aus volkswirtschaftlicher Sicht halten volkswirtschaftlich mithalten, auch wenn sie sich Breitensport/Fußballspielende und Profi- nur in geringem Ausmaß von einer medialen sport/ Zuschauer im Berichtsjahr 2010 also Vermarktung ihres Profisports profitieren. Die die Waage. Das Verhältnis dürfte sich jedoch Analyse der Ausgaben der privaten Haushalte bereits heute weiter in Richtung des Profifuß- zeigt, dass Ski/Snowboard mit balls verschoben haben. Das liegt einerseits 10,5 Mrd. € und die Fitnesssportarten mit an mindernden Einflüssen des demografi- 10,2 Mrd. € ähnliche Ausgaben verursachen schen Wandels auf das aktive Fußballspielen, wie der Fußball mit 11,1 Mrd. €. Die Indivi- andererseits an hohen Wachstumsraten in der dualsportarten Laufen, Wandern, Radsport Vermarktung des Profifußballs – beides und Schwimmen bilden zusammen mit Trends mit noch nicht abgeschlossener Ent- 23 Mrd. € Ausgaben pro Jahr den größten An- wicklung. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Fuß- balls erstreckt sich über die gesamte Kette Inhalt vom Breitensport bis hin zur FIFA-WM. Die 1. Fußball: Teil des Wirtschaftsfaktors Sport wirtschaftlichen Effekte reichen dabei von den Freizeit- und Profispielern, den Vereinen 2. Profifußball: Wirtschaftsfaktor Zuschauer und den Sportstätten über den Liga- und Län- 3. Breitensport: Wirtschaftsfaktor Fußballspielende derspielbetrieb bis hin zum Sponsoring und 4. Fußballplätze: Wirtschaftsfaktor Infrastruktur dem Verkauf von Medienrechten. Eine we- sentliche Rolle in der Finanzierung des Fuß- 5. Demografische Effekte auf den aktiven Fußball balls spielen neben den privaten Haushalten 6. Fußball im Vergleich der Sportarten auch die öffentliche Hand und die Unterneh- men. Die öffentliche Hand finanziert oder för- dert Finanzierungen von Fußballsportanla- teil an den gesamten sportbezogenen Ausga- gen, kleine und große Unternehmen sponsern ben der privaten Haushalte von ca. Breitensport- und Profivereine. So wurden 93 Mrd. €. 2010 neben den 11,1 Mrd. € Ausgaben der Haushalte 1 Diese Gesamtausgaben von insgesamt zug gebracht werden müssen. Die Bruttowert- 17,8 Mrd. € ergeben jedoch nicht die Brutto- schöpfung des Sports liegt sportartenübergrei- wertschöpfung des Fußballs in Deutschland, da fend vor und beträgt 77,4 Mrd. € (Berichtsjahr einerseits noch Exporte und weitere Aspekte 2010). Der Anteil des Fußballs an dieser Brutto- hinzukommen, andererseits Vorleistungen und wertschöpfung kann nicht exakt berechnet wer- Importe sowie sich überlagernde Beiträge in Ab- den, da einige Aspekte der sportbezogenen Wertschöpfung und Vorleistungen nicht sportar- tenspezifisch erfasst sind. 4/21
1. Fußball: Teil des und Sicherheit im und um das Stadion herum, sowie Sponsoring in Millionenhöhe berichtet. Wirtschaftsfaktors Sport Dabei rücken zunehmend nicht nur die Mög- Sport ist insgesamt ein bedeutender Wirt- lichkeiten, mit Fußballspielen viel Geld zu verdienen, ins Blickfeld der Bevölkerung, son- schaftsfaktor in Deutschland dern auch die Kosten, die durch die Allge- Durch die Aktualisierung des Sportsatelliten- meinheit getragen werden. In der letzten Zeit kontos (SSK) für das Jahr 2010 konnte belegt kommen internationale Fragen zur Fairness, werden, dass im Zeitraum von 2008 bis 2010 Compliance und eine für den Sport möglich- die wirtschaftliche Bedeutung des Sports erweise schädliche übermäßige Kommerziali- trotz negativer Entwicklung der Gesamtwirt- sierung sowie den Sport in den Hintergrund schaft gestiegen ist. Insgesamt nahm die drängende Macht- und Besitzstrukturen Bruttowertschöpfung des Sports um 4,3 Mrd. hinzu. Mit dem Financial Fair Play der UEFA € auf 77,4 Mrd. € zu und der Anteil an der wurden erste Reglementierungen aufgestellt, gesamtwirtschaftlichen Bruttowertschöpfung mit dem Versuch diese Entwicklungen zu kon- erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 3,3 % trollieren, die in 2015 jedoch bereits wieder auf 3,5 %. Dies entspricht einer relativen gelockert wurden (Sport1, 2015). Steigerung von ca. Die Begeisterung für den Fußballsport in 6 % in zwei Jahren. Kenngrößen, die die ge- Deutschland steigt dabei ungebrochen wei- samte Verflechtung der deutschen Volkswirt- ter, wie zuletzt durch die hohen Einschalt- schaft betreffen, werden mit einer Zeitverzö- quoten der Frauenfußball-WM (7,5 Millionen gerung von ca. vier Jahren berichtet. Damit Zuschauer im Viertelfinale gegen Frankreich, sind die für diesen Artikel grundlegenden An- Marktanteil 36,6 % lt. DFB, 2015) und der gaben zum Berichtsjahr 2010 die aktuellsten U21-WM der Herren in 2015 (6,6 Millionen Zu- Zahlen zur gesamtwirtschaftlichen Bedeutung schauer im Viertelfinale gegen Tschechien, des Sports (vgl. Ahlert & an der Heiden, Marktanteil 22,5 % lt. DPA, 2015) belegt 2015). wurde. Es gibt zunehmend Studien, deren Er- Vergleicht man, zur groben Einordnung, die gebnissen zeigen, dass sich der Profifußball gesamte auf die Querschnittsbranche Sport auch für die Städte und Regionen wirtschaft- bezogene und umfassend berechnete Brutto- lich lohnt. Die Kosten für die Förderung der wertschöpfung mit der direkten Wertschöp- Infrastruktur, Mobilität, Polizei und Stadtrei- fung eines klassischen Wirtschaftszweiges, in nigung können durch die positiven direkten der nur seine direkten Produktionseffekte be- und indirekten wirtschaftlichen Effekte über- rücksichtigt werden, liegt die Querschnitts- troffen werden, z. B. in Bezug auf Gastrono- branche Sport stabil im Bereich des Wirt- mie und Tourismus. Unter anderen analysier- schaftszweigs Fahrzeugbau. ten Preuß, Könecke & Schütte (2012) die Primäreffekte des 1. FC Kaiserslautern für die Fußball wird im Gegensatz zu anderen Stadt Kaiserslautern und Rheinland-Pfalz; Sportarten seit längerem als Wirtschafts- Schmidt & Bünning (2012) verglichen Ein- faktor wahrgenommen. nahmen und Kosten der Spiele von Bayer 04 Leverkusen für die Stadt Leverkusen, Hassen- Im Vergleich zu anderen Sportarten ist die pflug (2012) für den VfL Osnabrück, Willms & wirtschaftliche Stärke der Sportart Fußball Fischer (2001) für den SV Werder Bremen und längst akzeptierter Bestandteil der gesell- Vöpel (2008) für den Hamburger SV. Weitere schaftlichen Diskussion. Meist wird darüber in positive wirtschaftliche Ergebnisse zum Fuß- Zusammenhang mit Spielergehältern, Spieler- ball gibt es z. B. in der Analyse von Deloitte transfers, Medienrechten, Kosten für Stadien (2014) bezogen auf das Management der 5/21
deutschen Liga-Clubs im Vergleich zu anderen Wie die Studiensituation zeigt, stand der Pro- europäischen Ligen oder auch zu Analysen fifußball bisher überwiegend im Zentrum der von Großevents wie der WM 2006 in Deutsch- wirtschaftlichen Perspektive auf den Fußball- land (z. B. Preuß et al., 2009). sport. Im Bundesliga-Report 2015 werden sowohl die wirtschaftliche Entwicklung der 1. Bun- desliga hin zu einem Rekordumsatz in der Spielzeit 2013/14 von 2,45 Mrd. € als auch alle damit verbundenen Effekte in Zuschauer- zahlen, Beschäftigtenzahlen, Medienrechteli- zenzen und Merchandising dokumentiert. Der Umsatz ist in den letzten zehn Jahren insge- samt um über 220 % angestiegen, alleine im letzten Jahr um 13 % (DFL, 2015, S. 6/7). McKinsey erweitert in seinen Studien (2010, 2015) den Blick auf die Bundesliga um „indi- rekte und induzierte“ volkswirtschaftliche Ef- fekte und bildet damit die wirtschaftliche Be- Im Sportsatellitenkonto wird erstmalig der deutung des deutschen Profifußballs Wirtschaftsfaktor Fußball in Breiten- und umfassender ab (McKinsey, 2010, S. 7). Dem Profisport dargestellt. direkten Umsatz der DFL in der 1. und 2. Bun- Im SSK wird die wirtschaftliche Bedeutung desliga von ca. 3 Mrd. € in der Saison des Sports nahezu vollständig erfasst (vgl. 2013/14 (DFL, 2015, S.7) wird eine Gesamt- Ahlert, 2013). Im Zuge der Erstellung des SSK wertschöpfung von 7,9 Mrd. € zugerechnet werden sowohl die Fußballveranstaltungen (1,8 Mrd. € direkte Wertschöpfung, 1,6 Mrd. (größtenteils Profifußball) als auch der aktive € induzierte und 4,5 Mrd. € indirekte Wert- Fußballsport der breiten Bevölkerung be- schöpfung). Für die Saison 2007/08 wurden trachtet3. Dadurch werden mit dem SSK auch bei 2,3 Mrd. € Umsatz in den beiden Fußball- für den Wirtschaftsfaktor Fußball wesentliche bundesligen (DFL, 2010) von McKinsey 5,1 neue Erkenntnisse geliefert – insbesondere in Mrd. € Wertschöpfung des Profifußballs be- Bezug auf den Fußballkonsum der Bevölke- rechnet (McKinsey, 2010). Das bedeutet eine rung, die Sportstätten und das Sponsoring, Steigerung der Wertschöpfung in diesem Zeit- die Werbung sowie die Medienrechte. Gleich- raum von 55 %.2 zeitig ermöglicht diese Datenbasis erstmalig einen vergleichenden Blick auf die Sportarten 2 Die Abschätzungen von McKinsey zum Wert- der Bruttowertschöpfung, der Produktion, der schöpfungsbeitrag der Bundesliga sind metho- Steuern oder der Beschäftigung, die sportarten- disch aufgrund einer unterschiedlichen Abgren- übergreifend ermittelt sind. Die folgenden An- zung der Wertschöpfungsbeiträge nicht direkt gaben dienen somit dem Vergleich der Sportar- mit den im SSK abgebildeten volkswirtschaftli- ten und können nicht zu einer Gesamtsumme pro chen Kennzahlen vergleichbar. Sportart im Sinne einer gesamtvolkswirtschaftli- chen Bedeutung pro Sportart addiert werden. Im 3 Auf Sportartenebene liegen die Daten in Bezug Folgenden werden insbesondere die sportbezo- auf den Konsum der privaten Haushalte, die genen Importe, Exporte sowie der Konsum des Sportstätten und Sponsoring/Werbung/Medien- Staates und der Vereine und Verbände nicht dar- rechte vor, nicht jedoch in Bezug auf die voll- gestellt (vgl. Ahlert & an der Heiden, 2015). umfassenden volkswirtschaftlichen Kennzahlen 6/21
und den relativen Stellenwert des Fußballs aus einer volkswirtschaftlichen Perspektive. Der Wirtschaftsfaktor Sport wird zu einem großen Anteil durch die direkt aufgrund von Sport induzierten Konsumausgaben der Pri- vathaushalte determiniert. Dieser sportbezo- gene Konsum entsteht einerseits, um das ak- tive Fußballspielen zu ermöglichen, und andererseits durch die Zuschauer des (Profi-)Fußballs, die ebenfalls Ausgaben täti- gen, welche durch den Fußballsport begrün- det sind. Für den Wirtschaftsfaktor Fußball spielen die Ausgaben der Zuschauer im Ver- gleich zu anderen Sportarten eine besondere Rolle. Für den Wirtschaftsfaktor Profifuß- ball/Zuschauer sind dabei zusätzlich zum Konsum der Haushalte insbesondere die Aus- gaben der Unternehmen für Sportsponsoring relevant. Für den Wirtschaftsfaktor Breiten- sport/Fußballspielende sind die Ausgaben für den Bau und Betrieb von Sportstätten durch die öffentliche Hand und die Vereine zusätz- lich zum Konsum der Haushalte wichtige volkswirtschaftliche Größen. Im Folgenden werden beide Wirtschaftsfaktoren des Fuß- balls – Zuschauer und Fußballspielende – de- tailliert dargestellt. 7/21
2. Profifußball: schätzt anzusehen. Die Ausgaben werden dar- über hinaus überwiegend im Ausland reali- Wirtschaftsfaktor Zuschauer siert. Dabei entstehen jedoch volkswirt- Die Konsumausgaben der Zuschauer setzen schaftlich relevante Rückflüsse, da ein sich aus vielfältigen Bestandteilen zusam- Großteil der Bundesliga-Vereine einen der in- men, z. B. Eintritten und Fahrten zu Veran- ternationalen Wettanbieter als Sponsor be- staltungen oder Ausgaben für Pay-TV. Die ein- sitzt (vgl. Meyrahn et al., 2014). zelnen Sportarten weisen dabei jeweils charakteristische „Konsummuster“ auf. Kon- Tabelle 1 summuster beschreiben die durchschnittliche Konsummuster Fußballzuschauer. Eigene Berechnung4 und Darstellung. Zusammensetzung der Ausgaben pro Person. Bevölkerung ab 16 Jahren mit mindestens einer Ausgabe als Fußballzuschauer Konsumkategorien Anteil an Zu- Durch- Zuschauer schauern schnittliche mit Ausgaben Ausgaben aller in der Zuschauer Kategorie (p. a., in €) Fanartikel/Sammelobjekte 75% 52 € Liga-Eintritt 40% 37 € Liga-Fahrt PKW als Fahrer 27% 10 € Liga-Fahrt ÖPNV 15% 11 € Tabelle 1 zeigt detailliert das Konsummuster der Fußballzuschauer, das sich im Wesentli- Liga-Verpflegung & Unterkunft 27% 8€ chen auf den Profifußball, aber auch Ama- Event-Eintritt 16% 7€ teurligen bezieht. 19,8 Prozent der Bevölke- Event-Fahrt PKW als Fahrer 18% 6€ rung, ca. 14. Mio. Menschen, geben als Fußballzuschauer Geld aus: durchschnittlich Event-Fahrt ÖPNV 9% 10 € 387 € im Jahr. In Bezug auf die einzelnen Event-Verpflegung & Unterkunft 13% 60 € Ausgabekategorien zeigen sich fußballspezi- Besuche in Kneipen/Bars wegen 32% 28 € fische Besonderheiten. Der Öffentliche Perso- Sport/Pay-TV nennahverkehr (ÖPNV) spielt bei den Zu- Ausgaben für Pay-TV 27% 55 € schauern eine genauso große Rolle wie der Internetnutzung mobil & 91% 31 € stationär PKW. Im Vergleich dazu wird im Rahmen des Bücher & Zeitschriften aus 37% 16 € aktiven Fußballspielens deutlich seltener der Sportinteresse ÖPNV genutzt. Sportwetten 20% 34 € Spenden an Vereine 5% 2€ 20% der Fußballzuschauer geben Ausgaben für Sportwetten an. Die Angaben zu Sportwet- Beitrag für passive Mitgliedschaft 21% 12 € ten sind jedoch aufgrund der methodischen Computer & Spielesoftware 12% 8€ Schwierigkeit der direkten Abfrage als unter- 4 Alle dargestellten Angaben zum Konsum der pri- der Erstellung des SSK 2010 gesamtrechnerisch validiert und aktualisiert (an der Heiden et al., vaten Haushalte beruhen auf den Daten von 2015). Preuß et al. (2012). Diese wurden im Rahmen 8/21
Durchschnittliche Ausgaben pro Zuschauer mit ausgaberelevantem Fußballinteresse pro Jahr 387 € 53,1% (ab 16 Jahren) Fußballsponsoring (in Mrd. €) 0,6 Breitensport 1,1 Profisport 7,1% 6,8% 4,2% 3,3% 2,6% 2,5% 2,4% 1,7% 1,5% 1,4% 1,2% 1,2% 0,9% 0,9% 0,9% 0,7% 0,7% 0,7% 0,6% Laufen Golf Schwimmen Handball Eishockey Tennis Radsport Mehr als 10 Sportarten Tischtennis Volleyball Tanzen Skifahren Fussball Reiten Gymnastik Basketball Hockey Leichtathletik American Football Motorsport Abbildung 1 Sponsoring an Sportorganisationen 2010 in Deutschland; Verteilung nach Sportarten in Prozent (Top 20). Kreisdiagramm: Fußballsponsoring absolut nach Breiten- und Profisport. Eigene Berechnung und Darstellung. Neben den Konsumausgaben der Zuschauer Meyrahn & Ahlert, 2012). Diese Aktivierungs- ist das Sponsoring der Unternehmen ein ausgaben liegen im SSK nicht fußballspezi- wichtiger Teil des Wirtschaftsfaktors Profifuß- fisch vor. Hier dargestellt sind die Sponso- ball. Aufgrund der großen Faszination der Be- ringausgaben der Unternehmen an die völkerung für den Fußball sind Fußballver- Sportorganisationen. eine, Fußballstadien oder Profifußballer beliebte Sponsoringobjekte. Ca. 53 % des Sportsponsorings und ca. 85 % der sportbezogenen Medienrechte Sportsponsoring wird durch die großen Reich- werden für den Fußball gezahlt. weiten dieser Form der Werbung und die Mög- lichkeiten des zielgruppenorientierten Marke- Fußball kann durch seine Popularität 53 % tings zunehmend zu den wirksamen des Sponsorings aller im SSK erfassten 71 Marketingmaßnahmen gezählt und führt so zu Sportarten auf sich vereinen (vgl. Abbildung insgesamt steigenden Erlösen im Profisport. 1). Das entspricht in 2010 Unternehmensaus- Unternehmen haben dabei Ausgaben für Li- gaben von ca. 1,7 Mrd. €, davon ca. zenzrechte sowie Ausgaben zur Aktivierung 0,6 Mrd. € für den Profisport. Aufgrund der dieser Rechte in Werbekampagnen. Auch die breiten Sportförderung auch durch kleine Un- sportseitigen Vermarktungsausgaben zur För- ternehmen wird der größere Anteil im Brei- derung der Sponsorships machen sich volks- tensport gesponsert: 1,1 Mrd. €5. Auch Groß- wirtschaftlich bemerkbar (vgl. an der Heiden, unternehmen engagieren sich neben dem 5 Unterscheidung in Breiten- und Profisport nach Einschätzung der befragten Unternehmen. 9/21
Sponsoring im Profifußball für den Fußball- 25.500 Fußballvereine (DOSB, 2014), das Pro- breitensport. Das Sponsoring für den Breiten- fisponsoring zum Großteil auf die 36 Clubs der sport verteilt sich allerdings auf die ca. 1. und 2. Bundesliga sowie deren Spieler und Verbände. Abbildung 2 2.569 2.484 2.448 Entwicklung der Erträge der FIFA und des IOC aus Fernseh- 1.739 rechten von 2000 bis 2014 1.534 1.494 1.332 (in Mio. US-Dollar). 1.127 FIFA-Erträge zusätzlich 831 738 als Summe der Vier-Jahreszeiträume inkl. WM-Jahr. 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quellen: FIFA (2015a), IOC (2013), Deloitte (2009). IOC Olympische Sommerspiele IOC Medienrechte Olympische Winterspiele Eigene Darstellung. FIFA Medienrechte 4-Jahreszeitraum FIFA Medienrechte Die Sponsoringpotenziale im Fußball waren in 835 Mio. € in 2016/2017). Der internationale 2010 bei weitem noch nicht aus-geschöpft. Erlös steigt in der gleichen Zeit von 19 Mio. Die 1. Bundesliga konnte ihre Erlöse im Be- € auf 162 Mio. € (DFL, 2015, S. 19). Hier zeigt reich Werbung von 2010 bis 2014 um 23 % sich die inzwischen globale Vermarktung des von 523 Mio. € auf Profifußballs. Für das internationale Fußball- 640 Mio. €, die 2. Bundesliga um 9 % von 111 Event FIFA-Fußball-WM entwickeln sich die Mio. € auf 121 Mio. € steigern (DFL, 2015). Erlöse durch Medienrechte in vergleichbarem Umfang wie die der Olympischen Sommer- Ähnliches gilt für die Medienrechte. Auch hier spiele (vgl. Abbildung 2). ist der Fußball die unangefochtene Nummer 1 mit noch nicht absehbarem nationalem und Dies sind exemplarische Beispiele zur Skizzie- globalem Wachstumspotenzial, während die rung der für den Wirtschaftsfaktor Fußball be- Medienrechteausgaben für andere Sportarten sonderen internationalen Bedeutung. In der eher stagnieren. Die aktuellen Expertenbefra- internationalen Vermarktung liegen laut ak- gungen im Monitoring des SSK zu sportbezo- tueller McKinsey-Studie (2015) die weiteren genen Medienrechten ergeben einen Anstieg wirtschaftlichen Wachstumsoptionen des von 2010 bis 2014 von 1,1 Mrd. € auf 1,4 Mrd. deutschen Profifußballs. €, der wesentlich auf den Fußball zurückzu- führen ist. Fußball hat an den gesamten nationalen Sport-Medienrechten inzwischen einen An- teil von über 85 %. In der 1. Bundesliga werden sich bis zur Sai- son 2016/2017 die Einnahmen aus Medien- rechten innerhalb von zehn Jahren verdop- pelt haben (von 424 Mio. € in 2006/2007 auf 10/21
3. Breitensport: Wirtschafts- Tabellen 2a/b Konsummuster Fußball. faktor Fußballspielende Eigene Berechnung und Darstellung. a Fußballspielende ab 16 Jahren. Der Konsum, der aufgrund der aktiven Aus- Fußballspielende ab 16 Jahren übung des Fußballsports getätigt wird, ist ge- Konsumkategorien Anteil an Durch-schnitt- nauso umfangreich wie die Konsumausgaben Aktive Fußballspielenden liche der Zuschauer des Profifußballs. Zwar spielen Fußballspielende mit Ausgaben Ausgaben in der Kategorie (p. a., in €) weniger Menschen aktiv Fußball als Personen, die ausschließlich Zuschauer des Fußballs Sportschuhe 55% 47 € sind, aber aktive Fußballer haben im Ver- Sportbekleidung 45% 35 € gleich zu reinen Fußballfans pro Jahr ca. dop- Sportgeräte 21% 11 € pelt so hohe Ausgaben. Pflege/Reparatur 23% 8€ von Sportgeräten Insgesamt werden von aktiven Fußball- Bücher & Zeitschriften 26% 6€ spielenden ebenfalls 5,5 Mrd. € pro Jahr Computer & Spielesoftware 19% 9€ ausgegeben. Sportnahrungsmittel 12% 15 € Körperpflege 42% 49 € Medizinische 11% 3€ Dienstleistungen Internetnutzung für aktive 63% 33 € Sportausübung Vereinsbeiträge 35% 29 € Sporturlaub/Trainingslager 24% 26 € Fahrten zu regelmäßiger 54% 209 € Sportausübung Fahrten zu Sportwettkämp- 48% 42 € fen in Deutschland Fahrten zu Sportwettkämp- 19% 8€ fen im Ausland (Anteil in D) Ausgaben für Versicherungen 5% 6€ Durchschnittliche Ausgaben pro Dieser Konsum ist zum größten Teil dem Brei- Fußballspieler/in ab 16 Jahren pro Jahr 536 € tensport zuzuordnen. Ca. 10 Mio. Menschen spielen in Deutschland aktiv Fußball. Fußball b Fußballspielende unter 16 Jahren. liegt dabei in Bezug auf die durchschnittli- Sportschuhe 90% 74 € chen Jahresausgaben für den einzelnen akti- ven Sportler im Mittelfeld der Sportarten. Sportbekleidung 81% 63 € Durchschnittlich geben die erwachsenen Fuß- Sportgeräte 44% 25 € ballspielenden knapp 536 € pro Jahr für die Pflege/Reparatur aktive Ausübung des Fußballs aus (vgl. Ta- von Sportgeräten 17% 14 € belle 2a). Im Einzelfall können die Kosten Fahrten zum Training 77% 161 € niedriger, jedoch auch deutlich höher ausfal- Fahrten zu Wettkämpfen 74% 233 € len. Zum Vergleich: Für Reiten werden jährlich durchschnittlich 1.377 € ausgegeben, für Sporturlaub 14% 26 € Radsport 357 €. Trainingslager & Freizeiten 24% 31 € Durchschnittliche Ausgaben pro 626 € Fußballspieler/in unter 16 Jahren pro Jahr 11/21
Für jugendliche Spielerinnen und Spieler ist der Fußballsport mit knapp 626 € pro Jahr mit 8% Sonstige* höheren Ausgaben als für Erwachsene verbun- 15% 23% 7% den (vgl. Tabelle 2b). Im Kinder- und Jugend- 14% 9% Sportgeräte 3% alter wird Fußball verstärkt organisiert im 8% 12% 12% Verein und regelmäßig ausgeübt (höhere In- 14% Beiträge/Eintritte 18% tensität), ältere Fußballer spielen eher gele- 14% 7% Sportschuhe & Kleidung gentlich. 10% Sportreisen Im Vergleich des Konsummusters Fußball mit 45% 47% dem durchschnittlichen Konsummuster aller 35% Fahrten (ohne Urlaub) Sportarten sowie beispielhaft zur Winter- sportart Skifahren zeigen sich weitere fuß- Ø Alle Fußball Skifahren ballspezifische Charakteristiken (vgl. Abbil- Sportarten dung 3). Die Fahrten zu Trainings und Abbildung 3 Wettkämpfen sind überdurchschnittlich und Konsummuster aktiver Fußball im Vergleich zum fast genauso umfangreich wie beim Skifah- durchschnittlichen aktiven Konsummuster aller Sportarten sowie dem Konsummuster Skifahren ren, Sporturlaube und Trainingslager finden (Bevölkerung über 16 Jahren). im Fußball dagegen erwartungsgemäß deut- Quelle: Preuß et al. (2012), konservatives Modell sowie eigene Be- rechnungen; eigene Darstellung. lich seltener statt, sogar unterhalb des Durch- schnitts aller Sportarten. Sportgeräte sind * Sonstige: Medien & Informationstechnologie; Körperpflege; Eigen- finanzierte Trainings inkl. Leistungsdiagnostik; ebenfalls erwartungsgemäß mit unterdurch- Sportnahrungsmittel; Versicherungen; Medizinische schnittlichen Kosten im Konsummuster des Dienstleistungen & Produkte zur Prävention. Fußballs enthalten. Ungewöhnlich ist dage- gen der große Anteil der sonstigen Kosten. Hinter diesen hohen anteiligen „sonstigen Kosten“ verbergen sich Ausgaben für Körper- pflege (Fußball 9 % vs. Durchschnitt 4 %) sowie Medien & Informationstechnolo- gie zur Unterstützung der aktiven Sportaus- übung (Fußball 8 % vs. Durchschnitt 3 %). 12/21
4. Fußballplätze: Wirtschafts- Tabelle 3 faktor Infrastruktur Top 10 der Sportstätten mit den höchsten Infrastrukturkosten (Bau, Betrieb und Personal). Angaben in Mio. €, Stand 2010. Rasen und Kunstrasen – Fußballplätze und Eigene Berechnung und Darstellung. Sportstätten-Top 10 Jährliche Kosten weitere Sportstätten für Bau/Betrieb und Personal (in Mio. €) Großspielfelder mit oder ohne Leichtathletik- 1 Sporthallen 5.176 anlagen, Kleinspielfelder mit verschiedenen 2 Bäder (Freibäder/Hallenbäder) 4.417 Belägen, Bolzplätze, Soccerhallen und Sport- 3 Sportplätze 3.566 hallen sowie Sportgelegenheiten wie Straßen 4 Fitness-Center 2.420 oder Wiesen sind Sportstätten für den Fuß- 5 Radwege 922 ball. Da alle diese Sportstätten von Sportlern 6 Stadien 736 mehrerer Sportarten genutzt werden können, 7 Reitanlagen 652 kann der reine fußballbezogene Anteil an den 8 Schießsportanlagen 648 Sportstättenkosten nicht exakt bestimmt 9 Tennisplätze (außen + innen) 586 werden. Dennoch geben die Sportplätze und 10 Hotelbäder 428 die Stadien als überwiegend vom Fußball ge- nutzte Flächen eine Orientierung. Sportplätze Sportinfrastruktur insgesamt 22.595 und Stadien gehören zu den Top 10 der kos- Sportplätze und Stadien 4.302 tenintensivsten Sportinfrastrukturen (an der Geschätzter Anteil Fußball 19 % Heiden, Meyrahn, Huber, Ahlert & Preuß, 2012). Würden dem Fußball diese beiden Infrastruk- turen vereinfachend komplett zugeordnet und die Hallenkapazitäten gleichzeitig außen vor- gelassen, ergäbe sich ein Anteil des Fußballs von 19 % an den gesamten Sportstättenkos- ten (vgl. Tabelle 3). Das entspricht jährlich ca. 4,3 Mrd. €. Der Anteil der Fußballinfrastrukturkosten an den gesamten Sportstättenkosten ist höher als der Anteil des Fußballkonsums am gesam- ten sportbezogenen Konsum (12 %) und da- mit volkswirtschaftlich verhältnismäßig kos- tenintensiv. Zum Vergleich: Die gesamte Wintersportinfrastruktur erzeugt nur 1,8 % der gesamten sportbezogenen Infrastruktur- kosten. Wintersport hat demgegenüber einen Anteil am sportbezogenen Konsum von 14,5 %. Absolut betrachtet liegen die jährli- chen Infrastrukturkosten für Fußball von 4,3 Mrd. €, die ihrerseits positive volkswirt- schaftliche Effekte haben, deutlich unter den 11,1 Mrd. € fußballbezogenen Konsumausga- ben. 13/21
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103% 103% 103% 102% 102% 102% 102% 102% 102% 102% 102% 102% Abbildung 4 102% 102% 102% 102% 102% 102% 101% 100% 100% Demografische Effekte auf die Sportarten (Aktivitätsstunden in %) an den Beispielen 99% Fußball und Wandern. 98% 97% Eigene Berechnung und 96% 95% Darstellung. 94% 93% 93% 92% 91% 90% 90% 90% 89% 89% 88% 88% 88% 87% 87% Fußball Wandern 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 2029 2030 5. Demografische Effekte 4 sind die demografischen Effekte für Fußball und beispielhaft Wandern bis zum Jahr 2030 auf den aktiven Fußball im Vergleich dargestellt. Die Altersstrukturen Der Fußballsport unterliegt den Auswirkungen sind für die Sportart Wandern günstig und des demografischen Wandels. Bereits 2010 fördern zukünftig eine leicht steigende Akti- waren beispielhaft im Württembergischen vität. Für Fußball sind bis zu 13 % weniger Fußballverband mit ca. 540.000 Mitgliedern Aktivität möglich, sollten sich die demografi- ca. 41 % der Mitglieder in Fußballvereinen schen Effekte ohne umfassende Gegenten- passive Mitglieder, bei den Junioren bis 18 denzen entwickeln. Inwieweit die steigende Jahren schon ca. 13 % (WFV, 2010). Zudem Beliebtheit des Fußballsports in der Gesell- werden von aktiven Spielerinnen und Spielern schaft die Bevölkerungseffekte im aktiven zunehmend Mehrfach-Mitgliedschaften ein- Fußball kompensieren kann, ist dabei schwer gegangen, um einerseits regelmäßige Wett- zu prognostizieren. kampf- oder Trainingsbeteiligung sicherzu- Aus der Bevölkerungsentwicklung ergeben stellen, anderer-seits Heimatvereinen sich insbesondere Herausforderungen an die verbunden zu bleiben. Die Mitgliedszahlen Anpassungen der Infrastruktur. Regional kön- liefern daher aktuell keinen validen Hinweis nen diese Effekte sehr unterschiedlich ausfal- auf die Anzahl der aktiv fußballspielenden len. Insbesondere in Metropolen kann es so- Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, zu- gar weiterhin zu steigendem Bedarf kommen, mal gerade Fußball häufig auch informell während in vielen ländlichen Regionen von (nicht vereinsorganisiert) gespielt wird. deutlich größeren Rückgängen auszugehen In einem dem SSK nachgelagerten For- ist. Deutschlandweit könnten, projiziert nach schungsprojekt wurden sportartenübergrei- aktuell unterstellter Bevölkerungsentwick- fend die Auswirkungen des demografischen lung, bis 2030 bis zu 5.000 Wandels auf die Sportstätteninfrastruktur un- tersucht. Ausgehend von Projektionen des demografischen Wandels auf das Sport-ver- halten, ist der Fußballsport mindestens seit 2010 (Start der Analyse) von erheblichen Be- völkerungseffekten betroffen6. In Abbildung 6 Methodische Aspekte der Projektionsrechnungen Heiden, I., Stöver, B., Meyrahn, F., Wolter, M. sind im Forschungsbericht beschrieben: an der I., Ahlert, G., Sonnenberg, A. & Preuß, H. (2013) 15/21
Großspielfelder und je 2.000 Kleinspielfelder 6. Fußball im Vergleich der und Bolzplätze weniger benötigt werden. Ak- tuell wird durch erhöhte Zuwanderung zwar Sportarten der demografische Bevölkerungs-rückgang In den vorangehenden Kapiteln wurde der kompensiert, nicht jedoch zwangsläufig das Fußballsport bereits mit anderen Sportarten Sportverhalten. Regionale Berechnungen in Beziehung gesetzt: Im Fußballsport wer- und Einzelprüfungen sowie ein regelmäßiges den die mit Abstand höchsten Sponsoring- Monitoring der Auslastungen sind notwen- einnahmen und Medienrechteerlöse reali- dig, um auf den Wandel so zu reagieren, dass siert, der Fußball verfügt über eine über- der Spiel-, Spaß-, Integrations- und Wirt- durchschnittlich teure Sportstätteninfra- schaftsfaktor Fußball im jeweils angemesse- struktur und das Konsummuster für die nen Umfang erhalten bleibt. Ein besonderes Ausgaben der Haushalte für das aktive Ausü- Augenmerk ist aufgrund der unterschiedli- ben der Sportart spiegelt die Regelmäßigkeit chen Nutzungsbedürfnisse der Altersgruppen des Fußballtrainings wider. Der Fußball ist dabei auf die sinnvolle Planung von wett- im Vergleich zu einigen anderen Sportarten kampfgerechten und freieren Platzformaten stärker vom demografischen Wandel betrof- zu legen fen. Im Folgenden werden die beiden großen Bereiche Profifußball/Zuschauer und Brei- tensport/Fußballspielende noch einmal ins- gesamt mit den anderen Sportarten in Bezug auf Profisport und Breitensport verglichen. Keine Sportart aktiviert so viele Zuschauer und Fans, keine Sportart erzeugt im Profi- sport ein so breites und umsatzrelevantes Bevölkerungsinteresse wie der Fußball. Als aktiv betriebene Sportart rangiert Fußball dagegen erst an achter Stelle. Die Unter- schiede in den Schwerpunkten der Sportar- ten zeigen die Rankings in den Tabellen 4 und 5 auf der folgenden Seite. Radsport, Schwimmen und Wandern sind die Sportar- ten, die in Deutschland am meisten aktiv ausgeübt werden.7 In beiden Tabellen wird der Stellenwert des Fußballs für die Bevölkerung allerdings un- terschätzt: Wesentlich mehr als die hier be- richteten 19,8 % der Bevölkerung interessie- ren sich für Fußball und verfolgen ihn als Zuschauer. Sie geben nur nicht ausdrücklich bzw. direkt Geld dafür aus. 7 Sie selbst aktiv Sport? Welche Sportarten be- Einordnung der Aktivität als „Sport“ nach sub- treiben Sie?“ jektiver Einschätzung der Befragten: „Betreiben 16/21
Laut Bundesliga-Report 2014 interessierten häufigsten aktiv ausgeübte Sportart. Viele sich im Jahr 2014 ca. 57 % der Bevölkerung Erwachsene spielen nicht mehr aktiv Fußball; für Fußball (DFL 2015). In der umfangrei- sie spielten jedoch öfter in ihrer Kindheit chen Marktanalyse des IfD wird für den Zeit- und Jugend oder haben teilweise Kinder und raum 2012 bis 2014 ein Interesse von ca. 64 Enkel, die Fußball spielen. Diese Bezüge auf % der Bevölkerung ab 14 Jahren für den Fuß- die Lebensperspektive der Menschen gelten ball ermittelt. In der Altersgruppe unter 16 prinzipiell auch für andere Sportarten. Ver- Jahren ist darüber hinaus Fußball die am glichen mit anderen Sportarten ist der Fuß- ball dennoch einzigartig: Bei keinem ande- ren Sport in Deutschland gibt es eine vergleichbare Verbundenheit mit einer Tabelle 4 Top 10-Sportarten nach dem Anteil der Bevölkerung, Sportart, ohne sie selbst aktiv auszuüben – die als Zuschauer Geld für diese Sportart ausgibt manifestiert in der starken medialen Auf- (passive Sportkonsumenten). SSK Berichtsjahr 2010, eigene Darstellung & merksamkeit. Berechnung. Anteil ausgaberelevan- Jährlich werden sportbezogene Ausgaben in Sportarten ter Zuschauer an der Höhe von ca. 93 Mrd. € von den privaten Bevölkerung in % Haushalten getätigt. Für fußballbezogenen 1 Fußball 19,8% Konsum werden davon jährlich insgesamt 2 Handball 4,0% 11,1 Mrd. € in Deutschland ausgegeben, das 3 Motorsport 2,9% entspricht ca. 12 % des gesamten sportbezo- 4 Eishockey 2,6% genen Konsums der privaten Haushalte. Wie die Tabelle 6 auf der nächsten Seite zeigt, ist 5 Leichtathletik 2,2% Fußball damit die Sportart mit der größten 6 Tennis 2,2% wirtschaftlichen Bedeutung einer einzelnen 7 Basketball 2,0% Sportart (Berichtsjahr 2010). 8 Reiten 1,7% 9 Skifahren 1,3% Die großen Breitensportarten spielen in 10 Radsport 1,2% Bezug auf ihre volkswirtschaftliche Be- deutung insgesamt in der gleichen Liga wie der Fußballsport. Tabelle 5 Top 10-Sportarten nach dem Anteil der Bevölkerung, die diese Sportart aktiv ausübt. Die Sportarten Skifahren/Snowboarden, SSK Berichtsjahr 2010, eigene Darstellung & Wandern/Laufen/Walken und die Fitness- Berechnung Anteil Sportler an sportarten sorgen mit deutlich geringeren Sportarten der Bevölkerung Zuschauerumsätzen, jedoch mit entspre- in % chend hohen Ausgaben der aktiven Sportle- 1 Radsport 28,7% rinnen und Sportler in 2010 für vergleichbare 2 Schwimmen 26,0% Konsumvolumina wie der Fußball. Werden 3 Wandern 21,8% aggregierte Sportarten-Kategorien betrach- 4 Laufen (Joggen) 20,6% tet, gehört Fußball zur Gruppe der Ballsport- 5 Fitness 14,5% arten, die insgesamt 16,8 Mrd. € sportbezo- 6 Bowling/Kegeln 13,6% genen Konsum erzeugen. Für alle 7 Gymnastik 13,0% Wintersportarten zusammen werden in 8 Fußball 12,3% Deutschland jährlich ca. 13,5 Mrd. € ausge- 9 Skifahren 12,0% geben (SSK 2010; vgl. auch an der Heiden, 10 Gesundheitssport 11,8% Meyrahn, Preuß & Ahlert, 2013), für alle Wassersportarten ca. 11,4 Mrd. €. 17/21
Wie in Tabelle 6 dargestellt, wird der Wirt- Das Satellitenkonto 2012 wird zeigen, wie schaftsfaktor Fußball in 2010 jeweils hälftig sich der Fußballsport und die übrigen Sport- durch aktive Sportausübung und Zuschauer arten weiterentwickelt haben und ob diese getragen. In anderen Sportarten ist der weiterhin auch volkswirtschaftlich von den sportbezogene Konsumanteil der Zuschauer Trends hin zu einem gesundheitsbewussten, mit durchschnittlich 11 % deutlich geringer, aktiven Lebensstil profitieren können. der Konsum durch sportliche Aktivität ent- sprechend höher. Während sich andere Sportarten teilweise ebenfalls in Hinblick auf eine weitreichendere Vermarktung zu entwi- ckeln versuchen, ist davon auszugehen, dass sich im Fußball die wirtschaftliche Bedeu- tung weiter zugunsten des Aspektes Profi- sport verschieben wird, wie einerseits die ak- tuellen Zahlen der DFL zeigen (vgl. Kapitel 2) und andererseits demografische Effekte auf den aktiven Breitensport vermuten lassen (vgl. Kapitel 2). Dabei ist noch offen, wie sich diese Veränderungen sowie die Zuwan- derung auf den gesamten Wirtschaftsfaktor Fußball auswirken werden. Tabelle 6 Top 10-Sportarten mit den höchsten privaten Konsumausgaben der Haushalte in Deutschland (Berichtsjahr 2010). Angaben absolut sowie nach Anteil der Ausgaben von Zuschauern und Sportlern. Eigene Berechnung und Darstellung. Sportart/Sportartencluster Anteile Konsumausgaben in % Privater Konsum Sportler Zuschauer der Haushalte (p. a., in Mrd. €) 1 Fußball 50% 50% 11,1 2 Skifahren/Snowboarden 96% 4% 10,5 Fitness/Gymnastik/Gesundheitssport/Pilates, Qi Gong, 3 96% 4% 10,2 Tai Chi usw./Kampfsport/Bodybuilding/Gewichtheben 4 Wandern/Laufen (Joggen)/Nordic Walking 99% 1% 9,8 5 Radsport 97% 3% 8,4 6 Schwimmen 96% 4% 5,1 7 Reiten 89% 11% 2,9 8 Motorsport 74% 26% 2,9 9 Golf 77% 23% 2,5 10 Tennis 59% 41% 2,3 Alle weiteren Sportarten 81% 19% 27,6 18/21
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