REPORT - Hans-Böckler-Stiftung
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
REPORT Nr. 55, Februar 2020 WSI-MINDESTLOHNBERICHT 2020 Europäische Mindestlohninitiative vor dem Durchbruch? Thorsten Schulten, Malte Lübker AUF EINEN BLICK 2020 könnte in Europa das Jahr des Mindestlohns werden. Erstmals hat die Europäische Kommission Der gesetzliche Mindestlohn pro Stunde beträgt in ... die Initiative für eine europäische Mindestlohnpoli- tik ergriffen, um überall in Europa „gerechte“, d. h. Luxemburg 12,38 € armutsfeste und existenzsichernde Mindestlöhne durchzusetzen. Zugleich werden in vielen EU-Staa- Frankreich 10,15 € ten Diskussionen über eine deutlich stärkere Anhe- bung der Mindestlöhne auf nationaler Ebene geführt. Niederlande 10,14 € Die Debatte in Deutschland über einen Mindest- lohn von 12 Euro ist folglich kein Einzelfall, sondern Irland 10,10 € fügt sich ein in ein europäisches Entwicklungsmus- ter, das schon seit einigen Jahren eine Tendenz zu Belgien 9,66 € deutlich höheren Mindestlohnzuwächsen aufweist. Eine europäische Mindestlohnpolitik könnte den Deutschland 9,35 € Trend zu höheren Mindestlöhnen weiter beschleu- nigen und die verschiedenen nationalen Initiativen Quelle: WSI-Mindestlohndatenbank 2020 Stand: 01.02.2020 in eine europäische Gesamtstrategie einbetten.
INHALT Einleitung ����������������������������������������������������������������� 2 Aktuelle Entwicklung der Mindestlöhne ������������������ 9 Mindestlöhne in Euro zum 1. Januar 2020 ��������������� 3 Ausblick: Wird 2020 das Jahr des Mindestlohns in Europa? ���������������������������������������������������������������� 13 Mindestlöhne in Kaufkraftstandards zum 1. Januar 2020 ����������������������������������������������������������� 5 Der relative Wert des Mindestlohns ��������������������������� 7 EINLEITUNG Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Insti- Auf dieser Datenbasis gibt der WSI-Mindestlohn- tut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung analysiert im bericht einen umfangreichen Überblick zum Ni- Rahmen seiner seit 2009 jährlich erscheinenden veau der Mindestlöhne – und zwar sowohl in Euro, WSI-Mindestlohnberichte die aktuelle Entwick- in Kaufkraftstandards und relativ zum nationalen lung von Mindestlöhnen im europäischen und in- Lohnniveau – und diskutiert aktuelle Vorstöße für ternationalen Vergleich. Diese Analyse beruht im eine strukturelle Erhöhung von Mindestlöhnen, wie Wesentlichen auf der WSI-Mindestlohndatenbank, sie von vielen nationalen Gewerkschaften gefordert in der für 37 Länder umfangreiche Zeitreihen zu und in einigen Ländern bereits umgesetzt werden. Mindestlöhnen, Wechselkursen und Preisentwick- Vor diesem Hintergrund erschließen sich auch lungen zusammengestellt sind. In der Datenbank die jüngsten Initiativen für eine europäische Min- enthalten sind alle 22 EU-Länder, in denen Anfang destlohnregelung. Zugleich hilft der Blick über die des Jahres 2020 gesetzliche Mindestlöhne in Kraft Grenzen hinweg, auch die deutsche Debatte über waren. Außerdem werden sieben Anrainerstaaten einen Mindestlohn von 12 € in einen europäischen der EU sowie sieben außereuropäische Industrie- Kontext einzuordnen. und Schwellenländer berücksichtigt. WSI-Mindestlohndatenbank 9 € und mehr Island4−8,99 € 2−3,99 € unter 2 € Die WSI-Mindestlohndatenbank ist online unter kein gesetzlicher Mindestlohn www.wsi.de/mindestlohndatenbank abrufbar und keine Daten enthält neben einer interaktiven Karte umfangrei- che Tabellen und Grafiken. Die Datenbank ist in deutscher und englischer Sprache verfügbar. Soweit im Folgenden einzelne Daten nicht geson- dert ausgewiesen werden, sind sie dieser Daten- bank entnommen. WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 2
MINDESTLÖHNE IN EURO ZUM Auch in den osteuropäischen Anrainerstaaten gibt es nach wie vor äußerst niedrige Mindestlöhne 1. JANUAR 2020 von unter 2 €. Dies ist in Serbien (1,98 €), Nordmaze- Innerhalb der Europäischen Union (EU) weisen die donien (1,95 €) und Albanien (1,21 €) der Fall. Noch jeweiligen Mindestlöhne zum Stichtag 1. Januar geringere Mindestlöhne von unter einem Euro exis- 2020 eine erhebliche Spannweite auf, die von nur tieren in Moldawien (0,83 €), Russland (0,97 €) und 1,87 € pro Stunde in Bulgarien bis zu 12,38 € in Lu- der Ukraine (0,98 €). In Russland gibt es allerdings xemburg reicht (►Abbildung 1). Es lassen sich drei zusätzlich zum nationalen Mindestlohn auf regiona- große Ländergruppen identifizieren: Die erste um- ler und lokaler Ebene eine Reihe von weiteren Min- fasst sieben westeuropäische Industrieländer mit destlöhnen, die etwa in Moskau (1,61 €) und Sankt einem Mindestlohnniveau von 9 € und mehr. Diese Petersburg (1,52 €) deutlich über dem Niveau der Gruppe wird vom bereits erwähnten europäischen Föderation liegen. In der Türkei liegt der Mindest- Spitzenreiter Luxemburg angeführt. Es folgen fast lohn derzeit bei umgerechnet 2,37 € pro Stunde. gleichauf Frankreich (10,15 €) und die Niederlande Unter den außereuropäischen Industrie- und (10,14 €) sowie Irland mit einem Mindestlohn von Schwellenländern finden sich die höchsten Min- 9,80 €. In Irland steigt der Mindestlohn allerdings destlöhne in Australien (12,10 €) und Neuseeland schon zum 1. Februar 2020 auf 10,10 €, sodass (10,41 €). Kanada (9,05 €) und Japan (7,38 €) haben dann insgesamt vier westeuropäische Länder ei- hingegen keinen nationalen Mindestlohn, sondern nen Mindestlohn von über 10 € haben. In Belgien, ein dezentrales System von regionalen Mindestlöh- wo der Mindestlohn im Rahmen eines nationalen nen, sodass in der WSI-Mindestlohndatenbank der Tarifvertrages festgelegt wird, gelang es den Tarif- gewichtete Durchschnitt der Provinzen bzw. Prä- vertragsparteien trotz umfangreicher Verhandlun- fekturen angesetzt wird. In den Vereinigten Staaten gen nicht, sich auf eine gemeinsame Erhöhung zu gibt es zusätzlich zum bundesweiten Mindestlohn verständigen, sodass der Mindestlohn unverändert von 7,25 US$ (umgerechnet 6,48 €) weitere Min- bei 9,66 € liegt. Auf einem geteilten sechsten Platz destlöhne auf Ebene der Bundesstaaten oder ein- liegen zum Jahresanfang Deutschland und Groß- zelner Kommunen, die etwa im Staat Washington britannien mit jeweils 9,35 € pro Stunde. Auch in (13,50 US$, umgerechnet 12,06 €) oder in Massa- Großbritannien wird der Mindestlohn deutlich chusetts (12,75 US$, umgerechnet 11,39 €) deutlich erhöht und liegt ab dem 1. April 2020 für Arbeit- höher liegen. Dieses System ist allerdings nicht flä- nehmer ab 25 Jahren bei umgerechnet 9,93 € (8,72 chendeckend, sodass in 21 Bundesstaaten nur der £), womit Deutschland innerhalb seiner Vergleichs- seit 2009 unveränderte, föderale Mindestlohn gilt. gruppe dann auf den letzten Platz zurückfällt. In In Korea hat sich der Mindestlohn im selben Zeit- der Aufstellung nicht berücksichtigt sind die nor- raum mehr als verdoppelt und liegt inzwischen mit dischen Länder, Österreich und Italien, in denen 6,58 € über dem US-amerikanischen Niveau. Deut- keine gesetzlichen Mindestlöhne existieren und die lich niedriger sind die Mindestlöhne in Argentinien effektiven Lohnuntergrenzen ausschließlich durch (1,57 €) wie auch in Brasilien (1,07 €), wo es aller- Tarifverträge festgelegt werden (Schulten et al. dings ebenfalls neben dem föderalen Mindestlohn 2016; Aumayr-Pintar et al. 2019). auf Ebene der einzelnen Bundesstaaten weitere Die zweite, relativ kleine Gruppe umfasst nur drei Mindestlöhne gibt. europäische Länder mit einem Mindestlohn zwi- schen 4 und 6 €: Malta (4,48 €), Slowenien (5,44 €) und Spanien (5,76 €), wo der Mindestlohn nach der Regierungsbildung Mitte Januar mit Wirkung zum Jahresanfang angepasst wurde (siehe ►Aktuelle Ent- wicklung der Mindestlöhne). Die weitaus größte, dritte Gruppe besteht aus einem Dutzend EU-Staaten mit Mindestlöhnen unterhalb der 4 €-Schwelle. Hierzu zählen Portugal (3,83 €) und Griechenland (3,76 €) sowie zehn osteuropäische Mitgliedsländer, in de- nen sich die Mindestlöhne innerhalb einer Spanne von 1,87 € (Bulgarien) bis 3,72 € (Litauen) bewegen (►Abbildung 1). WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 3
Abbildung 1 Gesetzliche Mindestlöhne, Stand 1. Januar 2020 Angaben in Euro, pro Stunde Luxemburg 12,38 Frankreich 10,15 Niederlande 10,14 Irland* 9,80 Belgien 9,66 Großbritannien* 9,35 Deutschland 9,35 Spanien 5,76 Slowenien 5,44 Malta 4,48 Portugal 3,83 Griechenland 3,76 Litauen 3,72 Polen 3,50 Estland 3,48 Tschechien 3,40 Slowakei 3,33 Kroatien 3,17 Ungarn 2,85 Rumänien 2,81 Lettland 2,54 Bulgarien 1,87 Türkei 2,37 Serbien** 1,98 Nordmazedonien** 1,95 Albanien 1,21 Ukraine 0,98 Russland 0,97 Moldawien 0,83 Australien 12,10 Neuseeland* 10,41 Kanada*** 9,05 Japan*** 7,38 Korea 6,58 USA 6,48 Argentinien 1,57 – – Brasilien 1,07 9 Euro und mehr 4,00 bis 8,99 Euro 2,00 bis 3,99 Euro unter 2 Euro Anmerkungen: Umrechnung in Euro anhand des Durchschnittskurses des Jahres 2019. Gebietsstand der Europäischen Union zum 1. Januar 2020. * ab 1.2.2020: Irland 10,10 €; ab 1.4.2020: Großbritannien 9,93 €, Neuseeland 11,12 €. ** Geschätzt, da Mindestlohn als Nettolohn festgelegt wird. *** Gewichteter Durchschnitt der regionalen Mindestlöhne. Quelle: WSI -Mindestlohndatenbank 2020 WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 4
MINDESTLÖHNE IN KAUFKRAFT- Spannweite kommt es auch zu Veränderungen in der Rangfolge. Innerhalb der ersten Gruppe der STANDARDS ZUM 1. JANUAR 2020 westeuropäischen Länder bleiben die ersten drei Die Aussagekraft eines internationalen Vergleichs Plätze unverändert, Belgien (8,03 €), Großbritan- von Mindestlöhnen auf Basis von Euro-Werten ist nien (7,35 €) und Irland (7,10 €) fallen jedoch auf- in zweierlei Hinsicht eingeschränkt. So ist für Län- grund relativ hoher Lebenshaltungskosten hinter der außerhalb des Euro-Raumes zunächst eine Um- Deutschland (8,27 €) zurück. Zu weitaus dramati- rechnung aus der jeweiligen nationalen Währung in scheren Umschichtungen kommt es in der zweiten Euro notwendig. Die WSI-Mindestlohndatenbank und dritten Gruppe: So haben auf KKS-Basis Polen verwendet hierfür jeweils den durchschnittlichen (5,67 €), Rumänien (5,00 €) und Ungarn (4,29 €) auf- Wechselkurs des Vorjahres, um kurzfristige Wech- grund der geringeren Lebenshaltungskosten deut- selkursschwankungen auszugleichen. 1 Trotzdem lich höhere Mindestlöhne als bei der Umrechnung haben die Entwicklungen auf den Devisenmärkten nach Devisenkursen. Griechenland (4,12 €) und Por- erheblichen Einfluss auf die so ermittelten Min- tugal (4,07 €) fallen hingegen wegen der ungünsti- destlöhne in Euro. Prägnantestes Beispiel hierfür gen Kombination aus niedrigen Mindestlöhnen und ist das Britische Pfund, dessen Kurs in den Jahren relativ hohen Preisen im europäischen Vergleich 2016 und 2017 im Zuge des Brexit-Referendums deutlich zurück. eingebrochen ist und sich seitdem auch nicht wie- Auch außerhalb Europas verringert sich nach der erholt hat. Würde man den aktuellen britischen Bereinigung um Kaufkraftunterschiede die Spann- Mindestlohn von 8,21 £ mit dem Durchschnittskurs weite der Mindestlöhne. Der Abstand der Schwel- der Nullerjahre umrechnen, würde dies einen Wert lenländer Brasilien (1,51 €) und Argentinien (3,81 €) 11,78 € ergeben, nahe dem Niveau Luxemburgs. zu entwickelten Ländern wie Australien (9,15 €) und Zudem gibt es auch innerhalb der Euro-Zone Neuseeland (7,92 €) bleibt aber beträchtlich. Noch deutliche Unterschiede in den Lebenshaltungskos- deutlicher wird der außergewöhnlich niedrige Min- ten, weswegen die nominalen Werte einen aus Ar- destlohn in den USA (5,22 €), der auf KKS-Basis ex- beitnehmersicht entscheidenden Aspekt nicht aus- akt auf dem Niveau Litauens liegt und selbst hinter reichend wiedergeben: die Kaufkraft des jeweiligen das Niveau Koreas (6,51 €) zurückfällt. Dieser Ana- Mindestlohns, also das Verhältnis von Löhnen und chronismus wird auch in den Vereinigten Staaten Preisen. Die WSI-Mindestlohndatenbank weist des- selbst kontrovers diskutiert, wo die von den Ge- halb die Mindestlöhne auch in Kaufkraft-Standards werkschaften ausgehende „Fight for 15 $“-Bewe- (KKS) auf Euro-Basis aus. Ziel dieses Ansatzes ist gung schon seit einigen Jahren für eine Verdoppe- es, Unterschiede im Preisniveau zwischen den Län- lung des nationalen Mindestlohns auf 15 US$ (um- dern zumindest näherungsweise auszugleichen. gerechnet 13,40 €) eintritt (Rolf 2016) und mittler- Sowohl Eurostat als auch die Weltbank berech- weile breite Unterstützung erfährt (New York Times nen mit einem Warenkorb-Modell entsprechende Editorial Board 2019). Umrechnungsfaktoren, wobei die Datenbank der Weltbank deutlich mehr Länder umfasst. Deshalb werden im WSI-Mindestlohnbericht sämtliche Mindestlöhne zunächst auf Basis der Weltbank- Daten in KKS-Dollar konvertiert und dann in Euro rückgerechnet. 2 Nach der Kaufkraftbereinigung reduziert sich das Mindestlohngefälle innerhalb der Europäi- schen Union deutlich, da die Länder mit hohen Mindestlöhnen in der Regel auch ein höheres Preis- niveau haben als die Länder mit den niedrigsten Mindestlöhnen. Auf KKS-Basis liegen die Mindest- löhne innerhalb der EU zwischen 3,18 € in Lettland und 9,03 € in Luxemburg (►Abbildung 2). Neben der 1 Die in den jährlichen WSI-Mindestlohnberichten ausge- wiesenen Mindestlöhne in Euro sind deshalb nicht direkt vergleichbar, da ihnen die Wechselkurse des jeweiligen Vorjahres zugrunde liegen. Zur Analyse der Entwicklung in einzelnen Ländern werden deshalb in der WSI-Min- destlohndatenbank immer auch die Daten in nationaler Währung erfasst. 2 In der online zugänglichen WSI-Mindestlohndatenbank steht Nutzern auch die Umrechnung auf Basis der Eurostat-Daten zur Verfügung, die sich im Ergebnis jedoch nur geringfügig unterscheidet (www.wsi.de/ mindestlohndatenbank). WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 5
Abbildung 2 Kaufkraft (KKS) gesetzlicher Mindestlöhne, Stand 1. Januar 2020 Angaben in KKS* auf Euro-Basis, pro Stunde Luxemburg 9,03 Frankreich 8,49 Niederlande 8,35 Deutschland 8,27 Belgien 8,03 Großbritannien 7,35 Irland 7,10 Slowenien 5,91 Spanien 5,75 Polen 5,67 Litauen 5,22 Malta 5,03 Rumänien 5,00 Tschechien 4,44 Slowakei 4,38 Ungarn 4,29 Kroatien 4,28 Griechenland 4,12 Portugal 4,07 Estland 4,01 Bulgarien 3,41 Lettland 3,18 Türkei 5,63 Nordmazedonien** 3,75 Serbien** 3,39 Ukraine 2,84 Albanien 2,03 Russland 1,88 Moldawien 1,64 Australien 9,15 Neuseeland 7,92 Kanada*** 7,17 Korea 6,51 Japan*** 6,07 USA 5,22 Argentinien 3,81 – – Brasilien 1,51 7,00 KKS und mehr 5,00 bis 6,99 KKS 3,00 bis 4,99 KKS unter 3,00 KKS Anmerkungen: * Umrechnung in KKS auf Euro-Basis aufgrund der von der Weltbank für 2018 ausgewiesenen Kaufkraftparitäten für den privaten Konsum (abweichend in Argentinien: KKS für das BSP). ** Geschätzt, da Mindestlohn als Nettolohn festgelegt wird. *** Gewichteter Durchschnitt der regionalen Mindestlöhne Quelle: WSI -Mindestlohndatenbank 2020 WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 6
DER RELATIVE WERT DES die Datenbank der OECD zurückgegriffen wird. 3 Derzeit liegt der Mindestlohn innerhalb der EU nur MINDESTLOHNS in Frankreich (Kaitz-Index: 61,6 %) und Portugal Als dritte Vergleichsperspektive bietet sich die (61,4 %) oberhalb von 60 % des Medianlohns, au- Höhe der Mindestlöhne in Relation zum jeweiligen ßerhalb der EU kommen noch Neuseeland (eben- nationalen Lohnniveau an. Damit wird ersichtlich, falls 61,4 %) und die Türkei hinzu (70,9 %) (Abbildung ob die Mindestlöhne im Verhältnis zu den natio- 3a). In insgesamt 22 der 26 Länder, für die Daten nal vorherrschenden Löhnen „niedrig“ oder „hoch“ verfügbar sind, liegen die Mindestlöhne unterhalb sind. Der Arbeitsmarktökonom Hyman Kaitz (1970, der Zielmarke, sodass hier von nicht armutsfesten S. 43) hat hierzu vorgeschlagen, Mindestlöhne ins Löhnen ausgegangen werden kann. In elf Ländern Verhältnis zum Durchschnittslohn eines jeweiligen wird sogar die 50 %-Marke verfehlt. Hierzu gehört Landes zu setzen. Als Referenzgröße wird statt neben den Niederlanden (47,0 %) und Belgien des arithmetischen Mittelwerts inzwischen jedoch (46,3 %) auch Deutschland, wo der Mindestlohn überwiegend der Medianlohn verwendet. Dieser ist im Jahr 2018 nach Berechnungen der OECD bei nur statistisch gegenüber Extremwerten robust und hat 45,6 % des Medianlohns lag. Schlusslicht sind die den Vorteil, dass er – anders als der Durchschnitts- USA, wo der nationale Mindestlohn aufgrund der lohn – im Regelfall selbst nicht von Anpassungen jahrelangen Stagnation inzwischen weniger als ein des Mindestlohns beeinflusst wird (Lopresti/Mum- Drittel der Medianlöhne beträgt (32,7 %). ford 2016). Er ist damit ein weitgehend exogener Zusammengefasst: Der relative Wert des Min- Maßstab, um den relativen Wert des Mindestlohns destlohns im Verhältnis zum Medianlohn deutet einzuschätzen. darauf hin, dass in den meisten Ländern die Min- Hintergrund für diese Betrachtungsweise ist destlöhne nur ein sehr niedriges Niveau erreichen. eine der Hauptfunktionen von Mindestlöhnen: Sie Von den insgesamt 26 Ländern, für die entspre- sollen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ei- chenden Daten vorliegen, verfügen – einschließ- nen effektiven Schutz vor unangemessen niedrigen lich Deutschland – elf Staaten über Mindestlöhne Löhnen gewährleisten (ILO Konvention Nr. 131 von unterhalb der 50 %-Schwelle und liegen damit auf 1970, Präambel). Diese Aufgabe können sie jedoch Armutsniveau. In weiteren elf Ländern befindet nicht erfüllen, wenn Mindestlöhne selbst auf ei- sich der Mindestlohn auf einem Niveau, mit dem nem nicht angemessenen Niveau festgesetzt wer- der einzelne Beschäftigte einem hohen Armutsrisi- den. So argumentiert die Europäische Kommission, ko ausgesetzt ist. Lediglich in vier Staaten wird ein dass Mindestlöhne nur dann als „angemessen“ angemessener Mindestlohn von mindestens 60 % gelten können, „wenn sie angesichts der Lohn- des Medianlohns erreicht. Hierzu gehören auch skala im Land gerecht sind und einen angemesse- die Türkei und Portugal, die in absoluter Hinsicht nen Lebensstandard gewährleisten“ (Europäische ein relativ geringes Mindestlohnniveau aufweisen. Kommission 2020, S. 5). Dieser Standard wird aus In diesen Ländern ist ein hoher Kaitz-Index eher Sicht der Kommission derzeit nicht überall erreicht: Ausdruck dafür, dass das Lohnniveau breiter Bevöl- „Zu den Ländern, in denen der Mindestlohn nicht kerungsschichten und damit auch der Medianlohn ausreicht, um eine Armutsgefährdung zu verhin- selbst sehr niedrig sind. dern, gehören Länder mit vergleichsweise niedri- Da die Durchschnittslöhne in der Regel über gem Mindestlohn in Relation zum Medianlohn (wie den Medianlöhnen liegen, fällt der Kaitz-Index Tschechien, Estland, Malta, Deutschland), aber entsprechend niedriger aus, wenn Mindestlöhne auch Lettland und Luxemburg“ (ebd., S. 6). als Prozentzahl des Durchschnittslohn berechnet Der relative Mindestlohnwert wird hier als ein werden (Abbildung 3b). Am deutlichsten ist dieser grober Indikator für die Angemessenheit des Min- Effekt in der Türkei (Kaitz-Index: 40,5 %), da hier destlohns verwendet. In Analogie zu den in der Ar- die Löhne extrem ungleich verteilt sind. Dies trifft mutsforschung weit verbreiteten relativen Einkom- insbesondere auf die obere Hälfte der Lohnvertei- mensindikatoren kann bezogen auf den einzelnen lung zu, während – nicht zuletzt aufgrund eines Beschäftigten ein Mindestlohn unterhalb von 50 % Kompressionseffekts des Mindestlohns – die Löh- des Medianlohns als „Armutslohn“ bezeichnet wer- ne des unteren Dezil relativ nahe am Median lie- den, während bei 50 bis 60 % von einem „Lohn mit gen (Tansel et al. 2019, S. 114f.). Frankreich (49,7 %) hohem Armutsrisiko“ gesprochen werden kann. Im und Neuseeland (52,3 %), beides Länder mit einer Sinne der Armutsvermeidung gilt ein Mindestlohn relativ egalitären Lohnverteilung, behaupten sich erst dann als angemessen, wenn er bei mindestens hingegen in der Spitzengruppe, während die USA 60 % des Medianlohns liegt. Dementsprechend (23,2 %) unabhängig von der Messweise mit Ab- wird die 60 %-Marke aktuell auch als eine wesent- stand das Schlusslicht bleiben. liche Zielgröße für eine gemeinsame europäische Mindestlohnpolitik diskutiert (Schulten/Lübker 2019; Schulten/Müller 2019). In Abbildung 3 werden die Mindestlöhne des Jahres 2018 in Prozent der 3 Bei der Messung der Löhne bezieht sich die OECD auf Vollzeitbeschäftigte bzw. in einigen Fällen auf Vollzeit- jeweiligen Medianlöhne (Abbildung 3a) und Durch- äquivalente. Zu Einschränkungen bei der Vergleichbarkeit schnittslöhne (Abbildung 3b) dargestellt, wobei auf siehe OECD (2012). WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 7
In der Europäischen Union lässt sich seit der fiel dann auf 45,6 % im Jahr 2018 zurück. 4 Einen Jahrtausendwende ein Trend zu steigenden Min- anderen Weg hat Großbritannien eingeschlagen, destlöhnen feststellen. So stieg der durchschnitt- wo der Mindestlohn im Jahr 1999 ebenfalls auf ei- liche Kaitz-Index auf Median-Basis von 44,0 % im nem strukturell niedrigen Niveau eingeführt wurde Jahr 2000 auf 50,7 % im Jahr 2018 (►Abbildung 4). (Kaitz Index: 42,4 %). Im Jahr 2015 hat die konser- Nach den Zahlen der OECD bildet Deutschland vative Regierung von David Cameron jedoch das – neben Belgien und den Niederlanden – eine der politische Ziel etabliert, den Mindestlohn für Arbeit- wenigen Ausnahmen von dieser Entwicklung. Hier nehmer ab einem Alter von 25 Jahren auf 60 % des lag der Kaitz-Index mit 48,3 % schon bei Einfüh- Medians zu erhöhen. Nach mehreren Erhöhungs- rung des Mindestlohns im Jahr 2015 unterhalb schritten wird dieses Ziel nach Berechnungen der des Durchschnitts der anderen EU-Länder und Low Pay Commission im April 2020 erreicht (Low Pay Commission 2019). Abbildung 3 Der relative Wert des Mindestlohns (Kaitz-Index) 2018 Angaben in Prozent 3a) Mindestlohn in Prozent des Medianlohns 3b) Mindestlohn in Prozent des Durchschnittslohns Türkei 70,9 Neuseeland 52,3 Frankreich 61,6 Frankreich 49,7 Portugal 61,4 Slowenien 48,4 Neuseeland 61,4 Australien 47,2 Slowenien 58,7 Korea 46,1 Korea 58,6 Kanada 45,0 Rumänien 58,4 Großbritannien 44,8 Großbritannien 54,5 Portugal 43,9 Australien 54,1 Luxemburg 43,8 Luxemburg 53,8 Polen 42,9 Polen 53,1 Rumänien 42,7 Ungarn 51,8 Litauen 41,4 Kanada 51,4 Türkei 40,5 Litauen 51,2 Deutschland 40,4 Lettland 50,4 Lettland 40,4 Slowakei 49,3 Irland 39,9 Griechenland 47,5 Ungarn 39,5 Irland 47,5 Slowakei 39,4 Niederlande 47,0 Niederlande 39,3 Belgien 46,3 Belgien 39,1 Deutschland 45,6 Estland 36,8 Estland 43,1 Japan 36,4 Japan 42,0 Tschechien 36,2 Tschechien 41,8 Spanien 34,8 Spanien 41,2 Griechenland 32,3 –– –– USA 32,7 USA 23,2 60 Prozent und mehr 45 Prozent und mehr 50 bis 59,9 Prozent 40 bis 44,9 Prozent 40 bis 49,9 Prozent 35 bis 39,9 Prozent
Abbildung 4 Entwicklung des relativen Mindestlohnwerts (Kaitz-Index) im EU-Durchschnitt 2000–2018* Mindestlohn in Prozent des Medianlohns 52 51,0 51,0 50,5 50,7 50,8 50 50,3 49,6 48,8 49,0 49,5 48,2 48,3 48 48,1 47,7 47,0 47,2 47,2 46,0 46,3 46,2 46 46,4 45,0 46,0 45,6 45,7 45,5 44 44,0 – – – 42 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Europäische Union ohne Deutschland Europäische Union mit Deutschland Deutschland * Ungewichteter Durchschnitt der nationalen Kaitz-Indizes aus 19 EU-Staaten: Belgien, Deutschland, Estland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Polen, Portugal, Rumäninnen, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn; bis 2004 ohne Slowenien. Quelle: OECD Earnings Database AKTUELLE ENTWICKLUNG DER des Jahres 2021 diskutiert wird. Die Europäische Kommission (2020, S. 6) kritisiert, dass unregelmä- MINDESTLÖHNE ßige Mindestlohnanpassungen mit der Zeit zu einer Mindestlöhne werden in einer Mehrzahl der Staa- Erosion der realen Mindestlöhne führen können – ten jährlich angepasst, und zwar in der Regel zum wie dies derzeit etwa in Belgien der Fall ist. Jahresanfang. So sind in 25 der 37 Länder, für die Besonders deutliche nominale Anhebungen das WSI regelmäßig Daten erhebt, die Mindestlöh- finden sich vor allem in Osteuropa und einigen ne zum 1. Januar 2020 gestiegen, und in weiteren Schwellenländern. In Argentinien (49,3 %) und der sieben Ländern im Laufe des Jahres 2019 (►Tabel- Türkei (15,1 %) sind diese in erster Linie der hohen le 1). 5 Lediglich fünf Länder haben ihre Mindestlöh- Inflation geschuldet, sodass die Mindestlöhne ne nicht erhöht. Hierzu zählen die EU-Länder Bel- nach Bereinigung um Kaufkraftverluste real sogar gien, Irland, und Lettland. Im Falle Irlands tritt eine gesunken sind (►Tabelle 1). Hingegen verbleiben in Mindestlohnerhöhung von 3,1 % erst zum 1. Feb- Ländern wie Polen (15,6 %), der Ukraine (13,2 %), ruar 2020 in Kraft, da die Regierung aufgrund der der Slowakei (11,5 %) und Litauen (9,7 %) auch nach Unsicherheiten im Zuge des Brexits die Entschei- Berücksichtigung der Inflation teilweise deutliche dung aufgeschoben hatte. In Belgien konnten sich Zuwächse. In einigen osteuropäischen Ländern die Tarifvertragsparteien auf keine gemeinsame Er- verfolgen die dortigen Regierungen explizit das Ziel, höhung des Mindestlohns verständigen, während die Mindestlöhne überdurchschnittlich stark anzu- in Lettland derzeit eine Erhöhung des monatlichen heben. In Polen lag die Erhöhung des Mindestlohns Mindestlohns von 430 auf 500 € erst für den Anfang 2020 mit 15,6 % sogar oberhalb der Gewerkschafts- forderung von 12 %. Darüber hinaus hat die pol- nische Regierung angekündigt, bis 2024 den Mo- natsmindestlohn von derzeit 2.600 auf 4.000 Zloty 5 In Spanien wurde die Erhöhung des Mindestlohns erst Mitte Januar 2020 beschlossen. Sie tritt jedoch rückwir- anzuheben, was einem Zuwachs von mehr als 50 % kend zum 1. Januar 2020 in Kraft. entsprechen würde (Owczarek 2019). WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 9
Tabelle 1 In der Slowakei wurde 2020 mit einem Zuwachs von 11,5 % die höchste Steigerung des Mindest- lohns seit fast 20 Jahren beschlossen. Darüber Entwicklung gesetzlicher Mindestlöhne, 2020 hinaus hat die slowakische Regierung ihr Min- Vorwort Veränderung am (bei 1. JanuarBedarf löschen) 2020 gegenüber dem Vorjahreszeit- destlohngesetz dahingehend reformiert, dass der punkt, Angaben in Prozent Mindestlohn künftig auf ein Niveau von 60 % des Durchschnittslohns festgelegt werden soll, wenn Nominal Real Zuletzt sich Arbeitgeber und Gewerkschaften nicht auf erhöht eine anderslautende Anpassung des Mindestlohns Argentinien 49,3 -3,3 01.10.2019 verständigen können (The Slovak Spektator, 17. Ok- tober 2019). Nordmazedonien 19,2 18,3 01.12.2019 Ein deutlich expansiveres, langfristig angelegtes Polen 15,6 13,1 01.01.2020 Konzept zur strukturellen Erhöhung des Mindest- Türkei 15,1 -0,1 01.01.2020 lohns verfolgen auch Großbritannien und Neusee- Ukraine 13,2 4,1 01.01.2020 land sowie Spanien und Portugal. In Großbritannien war die Anhebung um 4,9 % zum 1. April 2019 die Slowakei 11,5 8,5 01.01.2020 vierte in Folge oberhalb von 4 %; zum 1. April 2020 Serbien 11,1 9,1 01.01.2020 folgt ein weiterer Erhöhungsschritt um 6,2 % (Low Griechenland 10,9 10,3 01.02.2019 Pay Commission 2019). Nachdem die konservative Litauen 9,7 7,3 01.01.2020 britische Regierung mit der Einführung des Natio- Tschechien 9,4 6,7 01.01.2020 nal Living Wage – einem Mindestlohn für alle Be- schäftigte ab einem Alter von 25 Jahren – das Ziel Bulgarien 8,6 6,0 01.01.2020 verfolgt hat, diesen bis 2020 auf 60 % des Median- Estland 8,4 6,0 01.01.2020 lohns anzuheben, hat sie nun verkündet, den Min- Kroatien 8,3 7,5 01.01.2020 destlohn bis 2024 auf zwei Drittel des Medianlohns Ungarn 8,1 4,5 01.01.2020 zu erhöhen und damit die Niedriglohnschwelle zu überschreiten (ebd). Eine ähnliche Entwicklung Russland 7,5 2,7 01.01.2020 zeigt sich in Neuseeland, wo die 2019 vollzogene Neuseeland 7,3 5,7 01.04.2019 Erhöhung um 7,3 % Teil einer im Jahr 2018 einge- Rumänien 7,2 3,2 01.01.2020 leiteten Serie von Mindestlohnsteigerungen ist. Am Moldawien 6,3 -2,5 01.05.2019 1. April 2020 steigt der Mindestlohn in Neuseeland abermals um 6,8 % und für das Jahr 2021 ist eine Slowenien 6,1 4,3 01.01.2020 weitere Anpassung auf dann 20 NZ$ angekündigt Portugal 5,8 5,5 01.01.2020 (umgerechnet 11,77 €). Der Mindestlohn wird dann Spanien 5,6 4,7 01.01.2020 voraussichtlich zwei Drittel des Medians erreicht Großbritannien 4,9 3,0 01.04.2019 haben (Lees-Galloway 2019). Brasilien 4,1 0,3 01.01.2020 In Spanien wurde bereits Anfang 2019 mit ei- nem Zuwachs von mehr als 22 % die bislang größte Japan 3,1 2,1 01.01.2020 Mindestlohnerhöhung in der Geschichte des Lan- Australien 3,0 1,3 01.07.2019 des vollzogen (Schulten/Lübker 2019). Nachdem Korea 2,9 2,4 01.01.2020 die spanische Wirtschaft diese außerordentliche Luxemburg 2,5 0,8 01.01.2020 Anhebung relativ gut verkraftete hat und sich die negativen Beschäftigungsprognosen nicht bestä- Kanada 2,4 0,4 01.01.2020 tigt haben (Vacas-Soriano 2019), kam es im Januar Niederlande 2,3 -0,3 01.01.2020 2020 auf Vermittlung der neuen Linksregierung aus Malta 2,0 0,4 01.01.2020 Sozialisten und Unidas Podemos zu einer Einigung Deutschland 1,7 0,3 01.01.2020 zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbän- den, den Mindestlohn ab 1. Januar 2020 um weite- Frankreich 1,2 -0,1 01.01.2020 re 5,6 % zu erhöhen. In dem Regierungsprogramm Irland 0,0 -0,9 01.01.2019 der neuen spanischen Linksregierung findet sich Belgien 0,0 -1,2 01.09.2018 darüber hinaus das Ziel, den Mindestlohn innerhalb Lettland 0,0 -2,7 01.01.2018 der Legislaturperiode bis 2024 auf 60 % des Durch- Albanien 0,0 -1,8 01.01.2019 schnittslohns anzuheben. Auch in Portugal hat die 2019 neugewählte Linksregierung einen längerfris- USA 0,0 -1,8 24.07.2009 tigen Plan zur strukturellen Erhöhung des Mindest- lohns vorgelegt, wonach dieser bis 2023 auf mo- Anmerkung: Angegeben ist die Veränderungsrate des Standes am natlich 750 € steigen soll (Khalip 2019). Ausgehend 1. Januar 2020 im Vergleich zum Vorjahreswert. Reale Veränderungen sind von dem jetzigem Niveau entspricht dies einer Stei- bereinigt um die Entwicklung der nationalen Verbraucherpreise in 2019. gerung von mehr als 18 %. Quelle: WSI -Mindestlohndatenbank 2020 Innerhalb Europas zeigt sich insgesamt ein ein- deutiger Trend hin zu höheren Mindestlohnzuwäch- WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 10
sen (►Abbildung 5). Nominal sind die Mindestlöhne sicht 1). Die höchsten Forderungen werden derzeit in der EU zum 1. Januar 2020 im Mittel um 6,0 % von den Gewerkschaften in Belgien und den Nie- angestiegen, was innerhalb der letzten 20 Jahre derlanden erhoben, die sich in beiden Ländern für dem zweitgrößten jährlichen Zuwachs entspricht. einen Mindestlohn von 14 € aussprechen, was einer Nach Abzug der Preissteigerungsrate bleibt ein re- Erhöhung des jetzigen Mindestlohns um 45 % bzw. aler Zuwachs von 4,4 %, was ebenfalls innerhalb 38 % entsprechen würde. In anderen Ländern, wie der letzten beiden Jahrzehnte ein außerordentlich z. B. Frankreich, Großbritannien, Irland, Luxemburg, hoher Wert ist. Allerdings gab es vor allem in West- Spanien und Portugal, Tschechien und der Slowa- europa auch einige Länder mit einer sehr schwa- kei, variieren die Forderungen nach einer außeror- chen Mindestlohnentwicklung. Hierzu gehören vier dentlichen Mindestlohnerhöhung zwischen 10 % Länder (Belgien, Frankreich, Irland und Niederlan- und 30 %. Darüber hinaus zeigt das Beispiel Öster- de), in denen nach Bereinigung um die Inflation die reich, dass gewerkschaftliche Mindestlohnkampa- Kaufkraft der Mindestlöhne sogar gesunken ist. In gnen sich nicht nur auf gesetzliche, sondern auch Deutschland (reales Wachstum: 0,3 %) und Luxem- auf tarifvertraglich festgelegte Mindestlöhne bezie- burg (0,8 %) verbleibt den Beschäftigten nach Be- hen können. Schließlich reiht sich auch die aktuelle rücksichtigung der Inflation real nur ein sehr klei- Forderung der deutschen Gewerkschaften nach ei- nes Plus. nem Mindestlohn von 12 €, der eine Mindestlohn- Der Trend hin zu deutlich höheren Mindestlöh- erhöhung von 28 % nötig machen würde, in den nen dürfte sich innerhalb Europas auch in den allgemeinen europäischen Trend ein. Im Kern geht kommenden Jahren weiter fortsetzen. Darauf deu- es bei allen gewerkschaftlichen Initiativen darum, ten auch die in vielen europäischen Ländern um- die bestehenden Mindestlöhne auf ein armutsfes- fänglichen Kampagnen der Gewerkschaften hin, tes und existenzsicherndes Niveau anzuheben und die auf eine strukturelle Erhöhung des jeweiligen in „Living Wages“, also existenzsichernde Einkom- nationalen Mindestlohnniveaus zielen (Aumayr- men zu verwandeln (Hurley et al 2019; Schulten/ Pintar et al. 2019; Schulten/Müller 2019; ( ►Über- Müller 2017, 2019). Abbildung 5 Entwicklung der gesetzlichen Mindestlöhne in der EU, 2000–2020 Angaben in Prozent, mittlere Veränderung zum Vorjahr 8 7 6,7 5,9 6,0 6 5,3 5,5 5,3 5,3 5,3 5,5 5,0 5,0 5 4,9 4,4 4,4 4 4,2 4,0 3,0 3,2 3 2,9 2,5 2,5 2,2 2,0 2,0 2,7 1,9 2,2 2,5 2 1,6 2,0 1,6 1,7 1,6 1,5 1,5 1 1,2 0,9 0 0,2 -0,2 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 -1 -0,6 -1,2 – -2 nominale Entwicklung (Median für die EU) reale Entwicklung (Median für die EU) Anmerkungen: Angegeben ist der Medianwert der nationalen Veränderungsraten, jeweils Stand am 1. Januar im Vergleich zum Vorjahreswert. Reale Werte sind preisbereinigt um die Veränderung der nationalen Verbraucherprise im Vorjahr. Datengrundlage sind jeweils alle EU-Staaten mit einem gesetzlichen Mindestlohn (derzeit 22 Länder). Quelle: WSI -Mindestlohndatenbank 2020 WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 11
Übersicht 1 Vorwort (bei Bedarf löschen) Gewerkschaftliche Forderungen und Kampagnen für substantielle Erhöhungen der Mindestlöhne in Europa Land Aktueller Mindestlohn Gewerkschaftliche Forderungen Angestrebte Erhöhung Belgien* 9,66 €/Stunde 14,00 €/Stunde 45 % (bei 38 Stunden/Woche)* Belgischer Gewerkschaftsbund FGTB 1.593,81 €/Monat Deutschland 9,35 €/Stunde 12,00 €/Stunde 28 % Deutscher Gewerkschaftsbund DGB Frankreich 10,15 €/Stunde 1.800 €/Monat (= 11,87 €/Stunde) 17 % 1.539,42 €/Monat Französischer Gewerkschaftsbund, CGT Großbritannien** 8,72 £/Stunde 10,00 £/Stunde 15 % Britischer Gewerkschaftsbund TUC Irland*** 10,10 €/Stunde 12,30 €/Stunde = berechneter Living Wage 22 % Irischer Gewerkschaftsbund ITUC Luxemburg 12,38 €/Stunde 13,62 €/Stunde = Strukturelle Erhöhung um 10 % 10 % Luxemburgische Gewerkschaftsverbund OLGB Niederlande* 10,14 €/Stunde 14,00 €/Stunde 38 % (bei 37,5 Stunden/Woche)* Niederländischer Gewerkschaftsbund FNV 1.653,60 €/Monat Österreich**** 1.500 €/Monat 1.700 €/Monat 13 % Österreichischer Gewerkschaftsbund ÖGB Portugal 3,83 €/Stunde 800 €/Monat (= 4,82 €/Stunde) 26 % 635 €/Monat Portugiesische Gewerkschaft UGT 850 €/Monat (= 5,12 €/Stunde) 34 % Portugiesische Gewerkschaft CGTP Slowakei 3,33 €/Stunde 640 €/Monat; 3,68 €/Monat = 60 % des Durchschnittslohns 10 % 580 €/Monat Slowakischer Gewerkschaftsbund KOZ SR S Spanien 5,76 €/Stunde 1.000 €/Monat (= 6,06 €/Stunde) 5% 950 €/Monat perspektivisch 60 % des Durchschnittslohns: 1.200 €/Monat (= 7,27 €/Stunde) 26 % Spanische Gewerkschaften CC.OO und UGT Tschechien 87,30 Kč/Stunde 108 Kč /Stunde; 18.025 Kč /Monat = 50 % des 24 % 14.600 Kč /Monat Durchschnittslohns Tschechischer Gewerkschaftsbund ČMKOS * In Belgien und den Niederlanden wird der Mindestlohn lediglich als Monatslohn festgelegt und kann je nach Wochenarbeitszeit pro Stunde variieren. Hier wird jeweils die durchschnittliche tarifvertragliche Wochenarbeitszeit zugrunde gelegt; ** ab 1.4.2020; *** ab 1.2.2020; **** In Österreich existiert kein gesetzlicher Mindestlohn, sondern eine tarifvertragliche Mindestlohnnorm für die jeweils unterste Lohngruppe in den Tarifverträgen Quelle: Aktualisierte Version von Schulten/Müller (2019) Die Entwicklung hin zu deutlich höheren Min- beitsplatzverlusten von bis zu einer Million oder destlohnsteigerungen in Europa und entspre- mehr aus (Knabe et al. 2014; Henzel/Engelhardt chenden Forderungen der Gewerkschaften wird 2014). Grundlage war in aller Regel die Annahme, auch dadurch unterstützt, dass die vielfach in der dass steigende Löhne automatisch zu einer sinken- Wirtschaftswissenschaft behaupteten negativen den Arbeitskräftenachfrage führen. Dies hat sich Auswirkungen des Mindestlohns auf die Beschäf- jedoch als Trugschluss erwiesen, da Unternehmen tigung (stellvertretend: Neumark/Wascher 2007) statt Entlassungen andere Anpassungsmöglich- sich in der Praxis nicht bewahrheitet haben. Ge- keiten genutzt haben (Bellmann et al. 2016; Brut- rade in Deutschland wurde von vielen Ökonomen tel 2019). Außerdem können höhere Löhne positi- vor der Einführung des Mindestlohns gewarnt. So ve Nachfragewirkungen haben, die ihrerseits zum prognostizierten Arni et al. (2014), dass etwa 1,6 % Beschäftigungswachstum beitragen können (Herr aller Erwerbstätigen – oder rund 570.000 Perso- et al. 2017). nen – ihren Arbeitsplatz nach der Einführung des Nach fünf Jahren konstatiert die Forschung in- Mindestlohnes verlieren würden. Andere Forscher zwischen weitgehend übereinstimmend, dass der gingen, je nach Modellannahmen, sogar von Ar- Mindestlohn in Deutschland zwar positive Loh- WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 12
neffekte, aber kaum negative Beschäftigungsef- (angesichts zahlreicher Ausnahmeregelungen in fekte gehabt hat (Börschlein/Bossler 2019; Bruttel vielen Ländern), der Verfahren und Kriterien seiner 2019; Dustmann et al. 2019; Herzog-Stein et al. regelmäßigen Anpassung sowie der Beteiligung 2018). Dieser Befund steht im Einklang mit der in- von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ternationalen Mindestlohn-Forschung, die jedoch an der Festlegung des Mindestlohns. Das Ziel der in Deutschland in der Vergangenheit oft nur sehr Kommission besteht darin, im Hinblick auf alle vier verzerrt wahrgenommen wurde (Bruttel et al. 2019, Punkte gemeinsame europäische Standards zu S. 243ff.). So kommt eine umfangreiche Überblicks- entwickeln, die in allen EU-Staaten die Durchset- arbeit im Auftrag der britischen Regierung zu dem zung angemessener Mindestlöhne fördern können. Schluss, dass Mindestlöhne zu signifikanten Lohn- Die aktuelle Initiative der Europäischen Kom- erhöhungen beitragen, aber nur sehr begrenzte mission bildet den vorläufigen Höhepunkt einer bis Auswirkungen auf das Beschäftigungsvolumen in die frühen 1990er Jahre zurückreichenden De- haben (Dube 2019). Dies gilt auch für ambitionier- batte über die Möglichkeiten einer europäischen te Mindestlohnerhöhungen, sodass aus Sicht der Mindestlohnpolitik (Schulten 2008). Sie findet ihre Wissenschaft auch in Großbritannien noch Spiel- normativen Grundlagen in zahlreichen interna- raum für eine weitere strukturelle Erhöhung des tionalen und europäischen Vereinbarungen und Mindestlohns auf bis zu zwei Drittel des Median- Deklarationen, in denen das Recht auf eine faire, lohns besteht (ebd.). existenzsichernde Entlohnung als soziales Grund- recht postuliert wird (Zimmer 2018). Hierzu gehört auch die 2017 verabschiedete „Europäische Säule sozialer Rechte“, wonach alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das „Recht auf eine gerechte AUSBLICK: WIRD 2020 DAS JAHR DES Entlohnung, die ihnen einen angemessenen Le- bensstandard ermöglicht“, haben (Europäisches MINDESTLOHNS IN EUROPA? Parlament et al. 2017, Artikel 6). Die jüngste Kom- Nachdem das Thema Mindestlöhne bereits im Eu- missionsinitiative über gerechte Mindestlöhne wird ropawahlkampf 2019 in zahlreichen EU-Staaten denn auch explizit als Beitrag zur Umsetzung der eine zentrale Rolle gespielt hatte (Schulten/Lüb- „Europäischen Säule sozialer Rechte“ begriffen (Eu- ker 2019), hat die neue EU-Kommissionpräsidentin ropäische Kommission 2020, S. 1). Ursula von der Leyen in ihrem Antrittsprogramm Angesichts der großen nationalen Unterschie- angekündigt: „Innerhalb der ersten 100 Tage mei- de in Europa geht es bei der europäischen Min- ner Amtszeit werde ich ein Rechtsinstrument vor- destlohnpolitik weder um die Festlegung eines schlagen, mit dem sichergestellt werden soll, dass einheitlichen europäischen Mindestlohnbetrages, jeder Arbeitnehmer in unserer Union einen ge- noch um die Harmonisierung der nationalen Min- rechten Mindestlohn erhält“ (Von der Leyen 2019, destlohnsysteme. Die Grundidee besteht vielmehr S. 11). Anfang Januar 2020 hat dann die Europäi- darin, auf europäischer Ebene gemeinsame Krite- sche Kommission ein erstes Konsultationspapier rien für angemessene Mindestlöhne zu definieren, über „mögliche Maßnahmen zur Bewältigung der die dann auf nationaler Ebene entsprechend dem Herausforderungen im Zusammenhang mit ge- dort geltenden Lohnniveau und den traditionell rechten Mindestlöhnen“ vorgelegt und damit ein gewachsenen Systemen der Lohnfestsetzung um- offizielles Konsultationsverfahren mit den europäi- gesetzt werden. Im Kern besteht die Herausforde- schen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften rung darin, Kriterien für ein angemessenes Min- eröffnet (Europäische Kommission 2020). Da we- destlohnniveau zu definieren, das armutsfest und gen der grundsätzlich ablehnenden Haltung der eu- existenzsichernd ist. Aus der gesamten Diskussion ropäischen Arbeitgeberverbände gegen jede Form um Living Wages lässt sich ableiten, dass es kaum einer europäischen Mindestlohninitiative (Business möglich sein wird, auf der Basis von Warenkorb- Europe 2020) nicht damit zu rechnen ist, dass die analysen zu einem europaweit einheitlichen Modell Tarifvertragsparteien selbst eine Initiative starten, zu gelangen (Schulten/Müller 2019). Als pragma- wird die Kommission nach Abschluss des Konsul- tische Alternative hat sich deshalb in der Debatte tationsverfahrens wahrscheinlich im Frühjahr 2020 eine Orientierung am Kaitz-Index durchgesetzt, einen konkreten Gesetzesvorschlag vorlegen. wonach ein angemessener Mindestlohn mindes- Bei dem aktuell von der Kommission vorgeleg- tens bei 60 % des jeweils nationalen Medianlohns ten Konsultationspapier handelt es sich im Wesent- liegen müsste. Eine solche Orientierung als Kern lichen um eine Analyse der bestehenden Mindest- einer europäischen Mindestlohnregelung würde in lohnsysteme in Europa, die in der These mündet, vielen europäischen Ländern zu einer erheblichen dass „viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Steigerung der Mindestlöhne führen und die ver- in der EU […] derzeit nicht durch angemessene schiedenen nationalen Initiativen für eine stärkere Mindestlöhne geschützt (sind)“ (Europäische Kom- Erhöhung des Mindestlohns in eine europäische mission 2020, S. 4). Probleme gibt es der Kommissi- Gesamtstrategie einbinden. Dies gilt nicht zuletzt on zufolge vor allem bei vier Punkten (ebd., S. 11ff.): auch für Deutschland, wo die vielfach geforderten dem Niveau des Mindestlohns, seiner Reichweite 12 € etwa 60 % des Medianlohns entsprechen. WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 13
LITERATUR Arni, P./Eichhorst, W./Pestel, N./Spermann, Europäisches Parlament/Europäischer Rat/ Low Pay Commission (2019): The National A./Zimmermann, K. F. (2014): Der gesetz- Europäische Kommission (2017): Euro- Living Wage Beyond 2020, London liche Mindestlohn in Deutschland: päische Säule sozialer Rechte, be- Einsichten und Handlungsempfeh- schlossen auf dem EU-Sozialgipfel Neumark, D./Wascher, W. L. (2007): Mi- lungen aus der Evaluationsforschung, in Göteborg am 17. November 2017, nimum wages and employment, in: in: Schmollers Jahrbuch 134 (2), S. https://ec.europa.eu/commission/ Foundations and Trends Microecono- 149-182 sites/beta-political/files/social- mics 3 (1-2), S. 1-182 summit-european-pillar-social-rights- Aumayr-Pintar, C./Rasche, M./Vacas Soriano, booklet_de.pdf New York Times Editorial Board (2019): C. (2019): “Minimum wages in 2019: Double the Federal Minimum Wage, Annual review”, Eurofound Research Henzel, S. R./Engelhardt, K. (2014): Arbeits- New York Times, 30. Dezember 2019 Report: Amt für Veröffentlichungen markteffekte des flächendeckenden der Europäischen Union, Luxemburg Mindestlohns in Deutschland – eine OECD (Organisation for Economic Co- Sensitivitätsanalyse, in: ifo Schnell- operation and Development) (2012): Quality Bellmann, L./Bossler, M./Dütsch, M./ dienst 67 (10), S. 23-29 review of the OECD database on Gerner, H. D./Ohlert, C. (2016): Folgen household incomes and poverty and des Mindestlohns in Deutschland: Herr, H./Herzog-Stein, A./Kromphardt, J./ the OECD earnings database, Part Betriebe reagieren nur selten mit Ent- Logeay, C./Nüß, P./Pusch, T./Schulten, T./ II, Paris lassungen, IAB-Kurzbericht 18/2016, Watt, A./Zwiener, R. (2017): Makroöko- Nürnberg nomische Folgen des gesetzlichen Owczarek, D. (2019): Soziale Probleme Mindestlohns aus keynesianisch lösen oder Wähler gewinnen? Die Börschlein, E.-B./Bossler, M. (2019): Eine geprägter Perspektive. Studie im Sozialpolitik der PiS seit 2015, in: Po- Bilanz nach fünf Jahren gesetzlicher Auftrag der Mindestlohnkommission, len-Analysen Nr. 246 vom 1.11.2019, Mindestlohn: Positive Lohneffekte, Düsseldorf https://www.laender-analysen.de/ kaum Beschäftigungseffekte, IAB- polen-analysen/246/PolenAnaly- Kurzbericht 24/2019, Nürnberg Herzog-Stein, A./Lübker, M./Pusch, T./Schul- sen246.pdf ten, T./Watt, A. (2018): Der Mindestlohn: Bruttel, O. (2019): The effects of the Bisherige Auswirkungen und zukünf- Rolf, D. (2016): The Fight for Fifteen: new statutory minimum wage in Ger- tige Anpassung. Gemeinsame Stel- The right wage for a working Ameri- many: a first assessment of the evi- lungnahme von IMK und WSI anläss- ca, New York dence, in: Journal for Labour Market lich der schriftlichen Anhörung der Research 53 (10), S. 1-13. Mindestlohnkommission, Düsseldorf Schulten, T. (2008): Towards a European minimum wage policy? Fair wages Bruttel, O./Baumann, A. /Dütsch, M. (2019): Hurley, J./Vacas-Soriano, C./Muraille, M./ and social Europe, in: European Beschäftigungseffekte des gesetzli- Lantto, E. (2018): Concept and practice Journal of Industrial Relations 14 (4), chen Mindestlohns: Prognosen und of a living wage, Eurofound Research S. 421-439 empirische Befunde, in: Perspekti- Report, Luxembourg ven der Wirtschaftspolitik 20 (3), S. Schulten, T./Lübker, M. (2019): WSI- 237-253 Kaitz, H. (1970): Experience of the past: Mindestlohnbericht 2019: Zeit für The national minimum, in: Youth Un- kräftige Lohnzuwächse und eine Business Europe (2020): EU can only de- employment and Minimum Wages, europäische Mindestlohnpolitik, in: liver for people if the economy works Bulletin 1657: US Department of La- WSI-Mitteilungen 72 (2), S. 133-141, well, Pressemitteilung vom 14. Janu- bor, S. 30-54 www.boeckler.de/cps/rde/xbcr/hbs/ ar 2019, https://www.businesseurope. wsimit_2019_02_luebker.pdf eu/publications/eu-can-only-deliver- Khalip, A. (2019): Portugal‘s PM targets people-if-economy-works-well 25 % minimum wage rise in his new Schulten, T./Müller, T. (2017): Living Wa- term, in: Reuters Business News, 17. ges – normative und ökonomische Dube, A. (2019): Impacts of Minimum 10. 2019 Gründe für einen angemessenen Wages: Review of the International Mindestlohn, in: WSI-Mitteilungen 70 Evidence, Gutachten im Auftrag der Knabe, A./Schöb, R./Thum, M. (2014): Der (7), S. 507–514, https://www.boeckler. Low Pay Commission, London flächendeckende Mindestlohn, Dis- de/cps/rde/xbcr/hbs/wsimit_2017_07_ kussionsbeiträge No. 2014/4: Freie schulten.pdf Dustmann, C./Lindner, A./Schönberg, U./ Universität Berlin, Fachbereich Wirt- Umkehrer, M./vom Berge, P. (2019). Re- schaftswissenschaft, Berlin Schulten, T./Müller, T. (2019): What’s in allocation Effects of the Minimum Wage: a name? From minimum wages to Evidence From Germany (Entwurfs- Lees-Galloway, H.I. (2019): Minimum living wages in Europe, in: Transfer fassung vom Juni 2019), London und Wage Review 2018, Paper for the – European Review of Labour and Re- Nürnberg New Zealand Cabinet, Welling- search Vol. 25 (3), S. 267–284 ton, https://www.mbie.govt.nz/ Europäische Kommission (2020): Erste assets/68232c5d8f/cabinet-paper- Schulten, T./Müller, T./Eldring, L. (2016): Für Phase der Konsultation der Sozi- minimum-wage-2019.pdf. eine europäische Mindestlohnpolitik, alpartner gemäß Artikel 154 AEUV in: Müller, T./Van Gyes, G./Schulten, zu einer möglichen Maßnahme zur Lopresti, J. W. /Mumford, K. J. (2016): T. (Hrsg.): Lohnpolitik unter europäi- Bewältigung der Herausforderungen Who benefits from a minimum wage scher Economic Governance, Ham- im Zusammenhang mit gerechten increase?, in: Industrial and Labor burg, S. 246-274 Mindestlöhnen, Konsultationspapier, Relations (ILR) Review 69 (5), S. C(2020) 83 final, Brüssel 14.01.2020 1171–1190 WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 14
Tansel, A./Dalgıç, B./Güven, A. (2019): Von der Leyen, U. (2019): Eine Union, die Zimmer, R. (2018): Das Recht auf ein Wage Inequality and Wage Mobility mehr erreichen will. Meine Agenda existenzsicherndes Einkommen als in Turkey, in: Social Indicators Re- für Europa, Politische Leitlinien für Bestandteil des Unionsrechts?, in: search 142 (1), S. 107-129 die künftige Europäische Kommis- Zeitschrift für europäisches Sozial- sion 2019-2024, Brüssel, https:// und Arbeitsrecht (ZESAR) 17 (4), S. Vacas-Soriano, C. (2019): Spain’s mini- ec.europa.eu/commission/sites/beta- 150-156 mum wage hike: Context and possib- political/files/political-guidelines-next- le effects, Eurofound Working Paper, commission_de.pdf Dublin, https://www.eurofound.eu- ropa.eu/sites/default/files/wpef19063. pdf WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Seite 15
WWW.BOECKLER.DE IMPRESSUM Ausgabe WSI Report Nr. 55, Februar 2020 Kontakt WSI Mindestlohnbericht 2020 Prof. Dr. Thorsten Schulten Telefon +49 (2 11) 77 78-239 ISSN 2366-7079 thorsten-schulten@boeckler.de Herausgeber Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) Dr. Malte Lübker der Hans-Böckler-Stiftung Düsseldorf Telefon +49 (2 11) 77 78-574 Hans-Böckler-Straße 39, 40476 Düsseldorf malte-luebker@boeckler.de Telefon +49 (2 11) 77 78-18 7 www.wsi.de http://www.wsi.de Pressekontakt Rainer Jung, +49 (2 11) 77 78-15 0 Dieses Werk ist lizensiert unter der rainer-jung@boeckler.de Creative Commons Lizenz CC BY 4.0 International (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/legalcode.de) Satz : Daniela Buschke
Sie können auch lesen