Wo steht die Integration der Geflüchteten Anfang 2019? - vhw

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Wo steht die Integration der Geflüchteten Anfang 2019? - vhw
Nummer 27
    Januar 2019
vhw werkSTADT

                  Wo steht die Integration der
                  Geflüchteten Anfang 2019?
                  Teil 1: Bildungsstand, Integrationskurse und Sprache
                  Teil 2: Einstiegsförderung, Brückenbauer
                          und Berufsausbildung
                  Teil 3: Die Entwicklung am Arbeitsmarkt und
                          die Wohnungsversorgung

                  Bernd Hallenberg
Wo steht die Integration der Geflüchteten Anfang 2019? - vhw
Der erste Teil der aktuellen Bestandsauf-           Gleichwohl geben die vorliegenden Informati-
nahme zur „strukturellen“ Integration der in        onen Anlass zu vorsichtigem Optimismus, zu-
den letzten Jahren Geflüchteten hat sich im         mal die Unternehmen immer stärker den Wert
Schwerpunkt mit den Sprach- und Integrati-          von gut ausgebildeten Geflüchteten ange-
onskursen, deren Struktur und Ergebnissen           sichts des breiten Nachwuchsmangels erken-
                                                    nen und diesen Weg auf verschiedene Weise
beschäftigt, die im Fokus des zweiten Teils
                                                    aktiv fördern.
der Bestandsaufnahme stehen. Einbezogen
werden dazu auch die Initiativen und Netz-
werke der Wirtschaft und der Zivilgesell-           Arbeitsmarktpolitische
schaft.
                                                    Integrationsförderung
                                                    Neben den vom BAMF gestalteten Integrati-
Vom Sprachkurs zum Berufs-                          ons- und Sprachkursen gibt es ein breites
einstieg                                            Spektrum von verschiedenen arbeitsmarktpo-
                                                    litischen Maßnahmen der Bundesagentur für
Integrations- und Sprachkurse bilden die ent-
                                                    Arbeit (BA) und weiterer angeschlossener Or-
scheidende Voraussetzung für die nächste
                                                    ganisationen. Im Oktober 2018 wurden
Stufe der „strukturellen“ Integration: die be-
                                                    82.000 geflüchtete Personen in arbeitsmarkt-
rufliche Ausbildung und den Einstieg in eine –
                                                    politischen Maßnahmen gefördert – fast
möglichst nachhaltige – Beschäftigung. Dabei
                                                    9.000 mehr als ein Jahr zuvor. In der Grundsi-
entscheidet das erreichte Sprachniveau zum
                                                    cherung für Arbeitsuchende waren es 18 Pro-
einen darüber, ob die Bewerber*innen eine
                                                    zent mehr, während die Förderung in der Ar-
Berufsausbildung im dualen System nach den
                                                    beitslosenversicherung um ein Achtel zurück-
in Deutschland geltenden Regeln überhaupt
                                                    ging. Fast die Hälfte der geförderten Geflüch-
aufnehmen können.
                                                    teten nahm an einer Maßnahme zur Aktivie-
Zum anderen stehen viele Geflüchtete an die-        rung und beruflichen Eingliederung teil 2.
ser Stelle vor der schwierigen Entscheidung,
ob sie sofort eine schlecht bezahlte Beschäf-       • Perspektiven für Flüchtlinge (PerF)
tigung – meist auf „Helfer“-Niveau im Niedrig-        Ziele: In 6 Wochen werden die Kompeten-
lohnsektor – aufnehmen sollen (und damit              zen in Betrieben oder – in Ausnahmen – in
auch sofort Angehörige unterstützen können)           Werkstätten festgestellt: Vermittlung von
oder ob sie den schwierigen, aber mittelfristig 1     berufsbezogenen       Deutschkenntnissen,
erfolgversprechenderen Weg über eine Be-              Orientierung und Beratung auf dem deut-
rufsausbildung einschlagen wollen.                    schen Arbeitsmarkt, Erstellung von Bewer-
Die vorliegenden Zahlen deuten auf eine sich          bungsunterlagen und Strategien für die Be-
langsam verschiebende Entwicklung zuguns-             werbung. Am Ende erhalten die Teilneh-
ten des Ausbildungsweges hin, ohne dass be-           menden einen Bericht über ihre Kenntnisse
reits von einem breiten Umschwung gespro-             und Fähigkeiten. Zeitraum: 12 Wochen In-
chen werden kann, der zudem durch die                 anspruchnahme von September 2016 bis
Sprachvoraussetzungen     gebremst     wird.          August 2017: 41.496 Teilnehmende im
                                                      Kontext von Fluchtmigration.

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• Perspektiven für junge Flüchtlinge (Per-        Handwerks, z. B. Metall, Elektrotechnik
  juF) mit 6.658 Teilnehmenden im gleichen        oder Holzverarbeitung, vermittelt.
  Zeitraum. Die Maßnahme verfolgt das Ziel,     • Perspektiven für weibliche Flüchtlinge
  junge Flüchtlinge an den Ausbildungsmarkt       (PerF-W). Spezialisierung des PerF für
  heranzuführen. Wichtige Bestandteile der        weibliche Flüchtlingen: Berücksichtigung
  auf sechs bis acht Monate angelegten            der besonderen Interessen von Frauen (Kin-
  Maßnahme sind dabei z. B. die Feststellung      derbetreuung, Kompetenz- und Ressour-
  von Kompetenzen und Neigungen, die Ver-         censtärkung), sozialpädagogische Beglei-
  mittlung von berufsbezogenen Sprach-            tung, Zeitraum: vier Monate in Teilzeit
  kenntnissen, Bewerbungstraining, Sucht-       • KompAS:          Kompetenzfeststellung,
  und Schuldenprävention und Grundlagen           frühzeitige Aktivierung und Spracher-
  gesunder Lebensführung. Vorgesehen sind         werb. KompAS beinhaltet je nach Ausge-
  dabei auch betriebliche Einsätze, in denen      staltung vor Ort u. a. Aktivitäten zur Kom-
  die Teilnehmer*innen praktische Erfahrun-       petenzfeststellung und zum Heranführen
  gen sammeln.                                    an das deutsche Ausbildungs- und Beschäf-
• Perspektiven für junge Flüchtlinge im           tigungssystem sowie an die hiesigen Nor-
  Handwerk (PerjuF-H). Die Maßnahme ist           men und Kultur. Weiterhin sollen Kontakte
  Teil der Initiative „Wege in Ausbildung für     zu verschiedenen Organisationen, wie z. B.
  Flüchtlinge“ des Bundesministeriums für         Betriebe, Behörden, Beratungsstellen oder
  Bildung        und
  Forschung
  (BMBF),         der
  Bundesagentur
  für Arbeit (BA)
  und des Zentral-
  verbands       des
  Deutschen
  Handwerks
  (ZDH).
  Die      Initiative
  verfolgt das Ziel,
  junge Geflüch-
  tete auf eine Be-
  rufsausbildung
  im Handwerk
  vorzubereiten.
  Im Rahmen von PerjuF-H werden den Teil-       Abb. 1: Zusammenwirken verschiedener
  nehmern und Teilnehmerinnen im Laufe          Maßnahmen und Träger am Beispiel des
  von vier bis sechs Monaten in einem Betrieb   Handwerks, Quellen: Kompetenzzentrum
  erste Erfahrungen in Berufsfeldern des        Fachkräftesicherung für kleine und mittlere
                                                Unternehmen (KOFA), Handwerkskammern

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Kammern, hergestellt werden. Der zeitliche
         Umfang beträgt 200 bis 400 Zeitstunden. Die
         Teilnahme findet parallel zu einem Integrati-
         onskurs des BAMF statt. Inanspruchnahme:
         16.350 Teilnehmende von September 2016
         bis August 2017. Allerdings sind nach frühen
         Erfahrungen Defizite bei einigen dieser Ange-
         bote sichtbar geworden. So lag bei KompAS-
         Kursen die Auslastung in Städten wie Ham-
         burg oder Kiel nur zwischen 10 und 30 Pro-
         zent. „Starre Behördenvorgaben und Fehlkal-
         kulationen“ der federführenden Arbeitsagen-
         tur seien für den Verlust „von Millionen Euro“
         verantwortlich 3. Auch Zugangsbeschränkun-
         gen oder die fehlende Berücksichtigung unter-
         schiedlicher Integrationsverläufe wurden kriti-
         siert 4.
         • Kommit – Kooperationsmodell mit be-
             rufsanschlussfähiger       Weiterbildung.
             Das wesentliche Element von „Kommit“ ist
             eine vier- bis zwölfwöchige betriebliche Er-
             probung, um Kompetenzen der Teilneh-
             menden festzustellen und diese an eine Tä-
             tigkeit bei einem Arbeitgeber heranzufüh-                       Abb. 2: Befragung von Jobvermittlern zu
             ren. Der betrieblichen Erprobung geht eine                      Maßnahmen, die die Einstellungsbereit-
             zweiwöchige Vorbereitungsphase beim                             schaft der Betriebe erhöhen

             Teilnehmer an BA-Programmen, Monatszahlen
                             (Bestand)*
                                                  -     500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500

                   Perspektiven für Flüchtlinge        672
                                                                                3.019
             Perspektiven für junge Flüchtlinge  754
                                                              1.470
        Perspektiven für junge Flüchtlinge im… 353
                                               256
       Perspektiven für weibliche Flüchtlinge  297
                                               119
                                     KompAS    403
                                                                                  3.240            Abb. 3: Teilnehmende
Kombination berufsbezogene Sprachförderung     -
                                                                1.659                              an Berufsausbildungs-
                                       Kommit           772
                                                      324                                          programme, Quelle:
                                                                                                   Statistik der Arbeits-
                                September 2017          September 2018                             agentur, 2017 und
                                                                                                   2019, eigene Grafik

         3                                                                              vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
Wo steht die Integration der Geflüchteten Anfang 2019? - vhw
Maßnahmeträger voraus. Während der Tätig-          Mehrere Untersuchungen haben verdeutlicht,
keit im Betrieb wird der/die Teilnehmende per-     dass eine Reihe von Unterstützungsmaßnah-
sönlich betreut. Es wird angestrebt, dass der      men ineinandergreifen müssen – bis hin zur in-
Arbeitgeber den Teilnehmenden im Anschluss         dividuellen Betreuung der Betroffenen. Nach-
in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäfti-   folgend werden einige jener Programme und
gungsverhältnis übernimmt, 5 etwa 1.500 Teil-      Netzwerke zum Übergang in Ausbildung oder
nehmende im August 2017.                           Beschäftigung skizziert.
                                                   Ansatz der Netzwerke ist der Gedanke, dass
• Weitere bekannte Programme: WeGebAU              vor allem Ausbildung und Arbeit einen Beitrag
  – Weiterbildung Geringqualifizierter Be-         zur gelungenen Integration leisten können.
  schäftigter und Beschäftigter in Klein- und      Die Wirtschaft, vor allem kleinere Unterneh-
  Mittelbetrieben; Maßnahmen zur Aktivie-          men, benötigt jedoch auch Hilfe von den Netz-
  rung und beruflichen Eingliederung, darun-       werken – etwa beim bürokratischen Aufwand,
  ter Maßnahmen bei einem Arbeitgeber              einen Flüchtling auszubilden oder einzustellen,
  (MAG); Eingliederungszuschuss (EGZ), Fi-         und vor allem auch dann, wenn es um eine
  nanzielle Unterstützung des Arbeitgebers,        mögliche Abschiebung geht 7.
  Förderung der beruflichen Weiterbildung,
                                                   Trotz ihrer überschaubaren Zahl können die
  Förderung von Selbstständigkeit, Modulare
                                                   Willkommens- oder Joblotsen aus dem ge-
  Teilzeitqualifizierungen.
                                                   meinsamen Programm von BMWi und Wirt-
                                                   schaft eine gute Bilanz vorweisen. Im Herbst
Wie Abbildung 3 zeigt, sind die Teilnehmer-
                                                   2018 waren 178 Willkommenslotsen an 114
zahlen (Monatsbasis) in 2018 allerdings rück-
                                                   Handwerkskammern, Industrie- und Handels-
läufig. Zusammen erreichten die sechs Haupt-
                                                   kammern, Kammern der freien Berufe und
maßnahmen im September knapp aktuell
                                                   sonstigen Organisationen der Wirtschaft im
4.200 Teilnehmende, was allerdings auch ein
                                                   gesamten Bundesgebiet tätig 8.
Indiz für den wachsenden Übergang in regu-
läre Beschäftigungsverhältnisse ist.               Seit Beginn des Programms im Frühjahr 2016
                                                   konnten rund 16.500 Flüchtlinge in Ausbil-
                                                   dung, Arbeit, Praktikum, Hospitation oder Ein-
Willkommenslotsen und                              stiegsqualifizierung vermittelt werden, allein
Netzwerke – Brückenbauer zur
Beschäftigung
Drei Jahre nach dem großen Zuwanderungs-
schub 2015 wirken neben BAMF und Ar-
beitsagentur eine ganze Reihe weiterer Pro-
gramme und Initiativen sowie Ehrenamtliche
dabei mit, den Geflüchteten den Weg in die
Beschäftigung zu ebnen. Inzwischen haben
sich auch Start-Ups etabliert, die sich um die
Vermittlung, Behördenkontakte oder Sprach-
kurse für Geflüchtete kümmern6.

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Wo steht die Integration der Geflüchteten Anfang 2019? - vhw
4.800 im ersten Halbjahr 2018. In diesem Zeit-    Handwerks (ZDH). Im September 2018 kün-
raum gelang es den Willkommenslotsen, rund        digte das BMWI die Verlängerung der Unter-
1.300 Ausbildungsplätze zu besetzen, zudem        stützung bis Ende 2019 an 10.
wurden mehr als 2.100 Praktika, 760 Ein-
stiegsqualifizierungen und über 600 Beschäf-      Auch die Unternehmen selbst sind seit 2015/
tigungsplätze vermittelt. Die Lotsen werden       2016 mit einer Reihe von Initiativen bei der In-
auf ihre Aufgabe durch Schulungen des Kom-        tegration der Zugewanderten aktiv. Zu erwäh-
petenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA)         nen sind dabei das NETZWERK „Unternehmen
vorbereitet.                                      integrieren Flüchtlinge“ sowie die vornehmlich
                                                  von Großunternehmen getragene Initiative
Auch werden ihnen dort Informationsmateria-       „Wir zusammen“, der sich Unternehmen wie
lien für die Beratung der kleinen und mittleren   der Versicherungskonzern Allianz, die Auto-
Unternehmen zur Verfügung gestellt 9. Kon-        bauer Opel, VW und Daimler 11 sowie Siemens,
kret bedeutet dies:                               Airbus und DHL, aber auch die Berliner Ver-
                                                  kehrsbetriebe und der Kekshersteller Bahlsen
• Besetzung von offenen Stellen und Erar-         angeschlossen haben.
  beitung von Anforderungsprofilen für
  Auszubildende bzw. Mitarbeiter,                 Das NETZWERK „Unternehmen integrieren
• Vorauswahl passender Bewerberinnen und          Flüchtlinge“ ist eine Initiative des Deutschen
  Bewerber aus dem Kreis der Geflüchteten,        Industrie- und Handelskammertages (DIHK),
• Beratung bei rechtlichen und praktischen        gefördert durch das BMWi, und zählte im Ja-
  Fragen zur Integration,                         nuar 2019 annähernd 2.000 Mitgliedsunter-
• Hilfe bei verwaltungstechnischem Auf-           nehmen. Drei Viertel der Mitglieder sind kleine
  wand,                                           und mittlere Unternehmen.
• Beratung zu regionalen oder nationalen          Das Netzwerk will seinen Mitgliedern vermit-
  Förderungs- und Unterstützungsprogram-          teln, wie man Integration ganz praktisch und
  men für Unternehmen, die Geflüchtete            erfolgreich angeht. Gemeinsam soll nach Ant-
  ausbilden und beschäftigen,                     worten auf Fragen gesucht werden: Wie kann
• Vermittlung von Kontakten zu relevanten         man geflüchtete Menschen kennenlernen und
  regionalen Institutionen, Organisationen        ihre Qualifikationen einschätzen? Was muss
  und Projekten, die bei einer Ausbildung         man bei ihrer Aus- und Weiterbildung beach-
  unterstützen.                                   ten? Welche Begleitung brauchen sie im Ar-
                                                  beitsalltag? Was braucht die Stammbeleg-
Das Bundeswirtschaftsministerium fördert die      schaft, um die neuen Kollegen gut aufzuneh-
Willkommenslotsen als Teil der Maßnahmen          men?
zur Integration von Geflüchteten in Arbeit und
                                                  „Wir entwickeln das NETZWERK zu einer prag-
Ausbildung; die Wirtschaft beteiligt sich mit
                                                  matischen Plattform. Dabei verschweigen wir
30 Prozent an den Kosten von rund 10 Millio-
                                                  Probleme nicht, sondern packen die Integra-
nen Euro. Leitstelle der Programmdurchfüh-        tion von Geflüchteten aktiv an“ 12.
rung ist der Zentralverband des Deutschen

5                                                           vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
Wo steht die Integration der Geflüchteten Anfang 2019? - vhw
Den Mitgliedern werden etwa Informations-           Stamp 17. Er fügte allerdings hinzu, „dass gute
materialien und Checklisten, Praxistipps und        Kontakte und umfangreiche Pläne zur Integra-
Erfahrungsaustausch 13, Veranstaltungen und         tion von Geflüchteten noch lange keine Ga-
Webinare sowie regelmäßige Updates zu               rantie für Erfolg sind. Oft macht das System
wichtigen Regularien und Gesetzesänderun-           den Unternehmen einen Strich durch die
gen angeboten. Die Mitgliedschaft ist kosten-       Rechnung“, da Geflüchtete in Ausbildung ab-
los. Das Netzwerk engagiert sich auch bei           geschoben werden sollen.
politischen Fragen, wie etwa zum Bleiberecht
für in Ausbildung befindliche, aber abgelehnte      Wichtiger werden auch lokal organisierte
Asylbewerber 14.                                    Netzwerke. So ging zum Beispiel im November
                                                    2018 die Integrationskonferenz im Essener
Am Netzwerk „Wir zusammen“ beteiligen
                                                    Stadtbezirk III in die dritte Runde. Schwer-
sich überwiegend große Unternehmen, die
durch eigene Integrations-Initiativen tätig ge-     punktthema war, wie „Integration in und
worden sind. Bis Mitte 2018 konnten durch           durch Arbeit“ besser gelingen kann. Zukünftig
Unternehmen aus der Initiative mehr als             soll für den besseren Arbeitsmarkteinstieg eine
33.500 Geflüchtete qualifiziert werden.             stärkere Information und Einbindung ortsan-
Gegen Ende 2018 wurde von 233 erfolgrei-            sässiger Unternehmen im Fokus stehen 18.
chen Integrations-Initiativen im Netzwerk be-
                                                    Auch andere Kontakt- und Vermittlungsfor-
richtet 15. In Studien, die vom Netzwerk unter-
                                                    men finden regen Zulauf. Auf Jobmessen
stützt werden, wurden die Erfolgsfaktoren für
                                                    suchen unterschiedlichste Firmen den Kontakt
die Integration der Geflüchteten zusammen-
                                                    mit Geflüchteten, wie im Januar 2019 in Ber-
gefasst 16.
                                                    lin, wo etwa 180 potentielle Arbeitgeber von
Die Politik unterstützt die Initiativen der Wirt-   Amazon, McDonald's über die AWO bis zur
schaft. „Vernetzung ist eine wesentliche Vo-        Deutschen Bahn oder Daimler sich Arbeitssu-
raussetzung dafür, als Unternehmen bei der          chenden vorstellten und insgesamt rund 3.500
Integration von Geflüchteten erfolgreich zu         freie Stellen anzubieten hatten.
sein“,     meinte    NRW-Integrationsminister

6                                                             vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
Liqaa Alshammry kam vor gut drei Jahren         Doch die breite Skepsis, die zeitweise vorherr-
    nach Berlin. Gemeinsam mit ihrem kleinen        schend war, ist deutlich zurückgegangen.
    Sohn floh sie vor dem Bürgerkrieg im Irak.      Noch Ende 2017 hatte „Die Welt“ unter Hin-
    Dort hatte sie studiert und einen Job als       weis auf den Ausbildungsstand der Zugewan-
    Lebensmitteltechnologie-Ingenieurin.       In   derten und die (vom IW Köln untersuchten)
                                                    Ausbildungssysteme der wichtigsten Asylher-
    Deutschland war diese Ausbildung dann
                                                    kunftsländer 21, insbesondere das Fehlen der
    aber nichts mehr wert – Alshammry musste
                                                    dualen Berufsausbildung, geurteilt: „Flücht-
    wieder von vorne beginnen. Mittlerweile
                                                    linge passen nicht zum deutschen Ausbil-
    spricht die junge Mutter fließend Deutsch
                                                    dungssystem“ 22. Zudem würden sich, so eine
    und überlegt zu studieren. Aber zuerst
                                                    weitere Beobachtung 2017, viele Geflüchtete
    braucht sie Arbeit. Denn ihr winkt eine Dul-    bewusst für zunächst höhere, später aber be-
    dung. „Aber um eine Chance darauf zu ha-        deutend niedrigere Löhne und damit gegen
    ben, brauche ich jetzt unbedingt einen          eine berufliche Qualifikation und vielmehr für
    Job“, erzählt sie. Alshammry hat sich auf       Helfer-Jobs entscheiden. Ihnen sei der Mehr-
    der Jobmesse einen Bewerbungsbogen von          wert einer Ausbildung gegenüber einer zu-
    Vivantes Gastronomie mitgenommen.               nächst vielleicht höher vergüteten Hilfsstelle
    Gerne würde sie im Labor arbeiten und           nicht bewusst 23.
    passende Mahlzeiten etwa für Diabetes-
                                                                       2015-2016   2016-2017    2017-2018
    kranke zusammenstellen. „Das wäre mein
                                                     Bewerber insg.    10.300      26.400       38.300
    Traum“, sagt sie. „Ich bin Stier vom Stern-      darunter unver-   900         2.400        3.500
    zeichen, ich bin ein Sturkopf. Ich habe ein      sorgt
    Ziel – also schaffe ich das auch, was ich mir
                                                    Abb. 4: Entwicklung gemeldete Ausbil-
    vornehme“, sagt sie und lacht 19.
                                                    dungsstellenbewerber im Kontext von
Inzwischen haben sich zudem auch Ausbil-            Fluchtmigration, bis September 2018,
dungs- und Arbeitsplatzbörsen wie Workeer           Quelle: Bundesagentur für Arbeit
etabliert, die sich speziell an Geflüchtete rich-
                                                    Sichtbare Fortschritte 2018…
ten. „Durch die Plattform soll ein geeignetes
Umfeld geschaffen werden, in dem diese be-          Für manche Geflüchtete sei es verlockend ge-
sondere Gruppe von Arbeitssuchenden auf             wesen, direkt einen Job anzunehmen, in dem
ihnen gegenüber positiv eingestellte Arbeitge-      man „anfangs mehr verdient als in einer Aus-
ber trifft“ 20.                                     bildung“, so ein Koordinator in Bayern. „Ge-
                                                    rade afrikanische Flüchtlinge stehen oft unter
Zum Stand der beruflichen Aus-                      großem Druck, ihren Familien schnell Geld
bildung von Geflüchteten                            nach Hause zu schicken, weil das ganze Dorf
                                                    für ihre Reise gesammelt hat“, berichtet ein
Deutliche Fortschritte hat 2018 die Berufsaus-      anderer.
bildung von Geflüchteten gemacht – obwohl
etliche Hürden und Hemmnisse fortbestehen.

7                                                              vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
So manchem Schüler gelte es zu erklären, dass    berichtete im Juli 2018 auf Basis seiner Ausbil-
eine Ausbildung langfristig bessere Perspekti-   dungsumfrage, dass aktuell im IHK-Bereich
ven eröffne. 24                                  rund 14 Prozent (2017: 7 Prozent) der Unter-
                                                 nehmen Flüchtlinge ausbilden. Damit befän-
                                                                      den sich ca. 20.000 Ge-
                                                                      flüchtete (im Vorjahr
                                                                      15.000 Personen) in einer
                                                                      IHK-Ausbildung 27.      Der
                                                                      deutliche Aufwärtstrend
                                                                      im      Ausbildungsbereich
                                                                      hat mehrere Ursachen, bei
                                                                      denen neben dem wach-
                                                                      senden Wunsch vieler Ge-
                                                                      flüchteter nach einer soli-
                                                                      den       Berufsausbildung
                                                                      auch die Perspektiven und
                                                                      Erfahrungen der ausbil-
                                                                      denden        Unternehmen
                                                                      eine zentrale Rolle spielen.
                                                 Zum einen geht es um den Abbau des sich ver-
Abb. 5: Auszubildende nach allgemeinbil-
                                                 stärkenden Nachwuchsmangel 28 in vielen
denden Schulabschlüssen und Staatsange-          Branchen und Berufen, etwa im Handwerk,
hörigkeitsgruppierungen, Neuabschlüsse           Gastgewerbe oder am Bau. Zum anderen wer-
Deutschland 2017 (in Prozent)25, Quelle:         den durch die weithin sehr positiven Erfah-
Bundesinstitut für Berufsausbildung (BIBB)       rungen bei der Ausbildung Geflüchteter zu-
Doch schrittweise bahnt sich ein Wandel an,      nehmend anfänglich vorhandene Vorbehalte
wie es angesichts der neuen Zahlen zu den        vieler Unternehmen abgebaut. Mittelständler
Auszubildenden im Frühjahr 2018 hieß: „Viele     berichten, dass Flüchtlinge als Auszubildende
Flüchtlinge verdienen als Leiharbeiter Geld.     motiviert, lernfähig, fleißig und loyal dem Un-
Doch immer mehr setzen auf eine Berufsaus-       ternehmen gegenüber seien. „Die Motivation
bildung“ 26. Der deutliche Zuwachs an Auszu-     und Begeisterung dieser Menschen ist ein
bildenden mit Fluchthintergrund zeigt sich in    wertvolles Kapital für die Betriebe“, so das „In-
Abbildung 5. Allein vom Ausbildungsjahr          novationscluster Handwerk“ im Sauerland 29.
2016/2017 bis zum Jahr 2017/2018 ist die
                                                 Dieser Eindruck wird von Berufsbildungsein-
Zahl um fast 50 Prozent angestiegen, aller-
                                                 richtungen bestätigt: „Die Jugendlichen an un-
dings von einem relativ niedrigen Ausgangsni-
veau aus. Im September 2018 befanden sich        serer Schule sind hoch motiviert, sie sind loyal,
etwa 35.000 Zugewanderte aus den Asylher-        leistungsbereit und sehr gute Teamplayer“, so
kunftsländern in einer beruflichen Ausbildung.   die Abteilungsleiterin Fachkräfte im Hambur-
Das Deutsche Hochschulkonsortium (DIHK)          ger Gastgewerbe 30.

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Ähnlich Ergebnisse hatte bereits 2016/2017        Fachkräfteeinwanderungsgesetz         aufzuneh-
eine Unternehmensbefragung für das Kompe-         men . Das Bundeskabinett hat Ende 2018 be-
                                                        34

tenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) er-        schlossen, für geduldete Flüchtlinge mit Job in
bracht, als fast 90 Prozent der Befragten die     einem eigenen Gesetz, das am 1.1.2020 in
Einsatzbereitschaft und Motivation sowie den      Kraft treten soll, einen verlässlichen Status zu
Lerneifer der Geflüchteten hervorhoben. 31        schaffen. Wer seit zwölf Monaten geduldet
Folgerichtig zeigten sich 66 Prozent jener Fir-   ist, seit 18 Monaten einen sozialversicherungs-
men, die bereits Flüchtlinge in der Belegschaft   pflichtigen Vollzeitjob hat und sich nichts hat
gehabt haben bereit, erneut Geflüchtete ein-      zuschulden kommen lassen, kann eine soge-
zustellen – aber nur 25 Prozent der Betriebe      nannte Beschäftigungsduldung für 30 Monate
ohne solche Erfahrungen. Häufig betont wird       beantragen.
zugleich die neue Vielfalt, welche durch die
                                                  Ist er in dieser Zeit weiter weitgehend lücken-
neuen Auszubildenden in die Unternehmen
                                                  los beschäftigt, erhält er anschließend ein Blei-
gelangt sei.
                                                  berecht. Die Beschäftigungsduldung soll aller-
                                                  dings bis Mitte 2022 befristet werden 35 und
… fortbestehende Hürden                           muss 2019 durch den parlamentarischen Pro-
                                                  zess.
Die positive Entwicklungstendenz wird aller-
dings durch fortbestehende Hindernisse ge-        Neben der Bleiberecht-Thematik für Gedul-
bremst. So stellt für viele Unternehmen – und     dete gibt es eine Reihe weiterer Hürden, wel-
die Betroffenen – die noch nicht gesicherte       che die Ausbildungsaufnahme erschweren. Im
Perspektive für Auszubildende mit abgelehn-       Sommer 2018 lag die mittlere Übergangs-
tem Asylantrag ein erhebliches Hindernis dar.     dauer zwischen der Ankunft in Deutschland
Die sogenannte 3+2-Regelung sieht vor, dass       und dem Beginn einer Ausbildung laut DIHK-
Asylbewerber während ihrer dreijährigen Aus-
bildung und einer anschließenden zweijähri-
gen Berufstätigkeit Bleiberecht genießen
und nicht abgeschoben werden dürfen, auch
wenn ihr Asylantrag abgelehnt wird. Für die
Prüfung, ob die 3+2-Regelung zum Tragen
kommt, sind jeweils die Ausländerbehörden
zuständig 32. Das Bundeswirtschaftsministe-
rium musste allerdings einräumen, dass es
eine „uneinheitliche Anwendung“ dieser Re-
gelung gebe, da sich die Ausländerbehörden
in Bayern und Baden-Württemberg oft nicht
daran hielten 33.

Die Wirtschaft forderte daher seit längerem,
ein Bleiberecht für die Betroffenen in das neue

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Umfrage in 2018 bei 19,2 Monaten, nur ge-         Ressourcen 41. Insofern sehen die meisten Be-
ringfügig weniger als 2016 mit damals 22 Mo-      triebe Unterstützungsbedarf bei der Aus-
naten 36.                                         bildung von Bewerber*innen mit Fluchthinter-
                                                  grund 42.
Diese Übergangszeit dient für die Betroffenen
insbesondere dazu, eine der wichtigsten Eng-      Auswirkungen auf den Ausbildungsbereich für
stellen auf dem Weg zur Ausbildung zu bewäl-      Geflüchtete hat auch die Frage der Anerken-
tigen, nämlich die notwendige „Ausbil-            nung beruflicher Qualifikationen, die in
dungsreife“ zu gewinnen 37. Die Ausbildungs-      den Herkunftsländern gewonnen wurden.
reife erfordert ausreichende Sprachkenntnisse     Diese Frage wird im Kontext des neuen Fach-
sowie weitere für eine Ausbildung notwen-         kräftezuwanderungsgesetzes diskutiert und
dige schulische Grundlagen, etwa in Mathe-        im Folgekapitel aufgegriffen 43.
matik. Hier beginnen die Probleme für viele
Geflüchtete: „Es passiert, dass die Geflüchte-    Insgesamt wird eine Reihe von Faktoren ge-
ten in der Ausbildung sehr gut sind, aber dann    nannt, die für den erfolgreichen Einstieg in die
aus der Berufsschule Fünfen und Sechsen mit-      Berufsausbildung relevant sind:
bringen.“ Die Kammern, so das DIHK, versuch-
                                                  • So könnte etwa nach Ansicht von Beobach-
ten zu helfen, könnten jedoch auch nicht ein-
                                                    tern die lange Dauer des Spracherwerbs ge-
fach so bestehende Standards aufweichen 38.
                                                    zielt durch Training-on-the-Job-Maßnah-
Der Erwerb des erforderlichen Sprachniveaus         men umgangen werden 44.
B1 ist nicht nur eine Hürde für den Ausbil-
dungseinstieg, sondern auch Voraussetzung         • Wichtig für den erfolgreichen Einstieg in
für die Teilnahme an der zusätzlichen berufs-       eine Ausbildung sind praktische Erfahrun-
bezogenen Sprachförderung des BAMF 39.              gen im Betrieb, etwa durch Einstiegsquali-
Mangelnde Deutschkenntnisse bleiben also bis        fizierungen, Praktika oder Probearbeiten.
heute die mit Abstand größte Hürde – auch für       Gefordert wird in diesem Zusammenhang,
die berufliche Ausbildung von Flüchtlingen –,       die komplexe Angebotsstruktur an Förder-
wie es in einer Umfrage der Unternehmensbe-         möglichkeiten für die Geflüchteten zu-
ratung Ernst & Young 83 Prozent der befrag-         gänglich und transparent zu gestalten und
ten Unternehmen angegeben haben 40. Sei-            ihnen aufzuzeigen, welche Angebote unter
tens der Betriebe besteht jedoch ein großer         welchen Bedingungen in Anspruch genom-
Bedarf daran, dass Geflüchtete zunächst sys-        men werden können.
tematische und berufsbezogene Deutsch-
kenntnisse erwerben sowie teils auch schuli-      • Zudem profitieren nach den Erkenntnissen
sche und berufliche Qualifikationen mitbrin-        des Bundesinstituts für Berufliche Bildung
gen. Deren Vermittlung ist sehr zeitintensiv.       (BiBB) Bewerber*innen mit Fluchthinter-
Vor allem Klein- und Kleinstbetriebe haben da       grund davon, wenn sie individuell, etwa in
oftmals trotz ihres Interesses, auch junge Men-     Alltagsangelegenheiten oder direkt im Be-
schen mit Fluchthintergrund auszubilden,            trieb, durch Mentoren oder Paten betreut
nicht die nötigen zeitlichen und personellen        werden. 45

10                                                          vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
Auf andere Hindernisse, etwa die Unterbrin-         Personen im Kontext von Fluchtmigration,
gung der Auszubildenden oder regionale              11/2017 und 12/2018; eigene Darstellung
Probleme im Transport/ÖPNV kann hier nicht
weiter eingegangen werden.                          Laut der Befragung im Rahmen des BiBB-Qua-
                                                    lifizierungspanels 2017, an der sich 12.000 Be-
                                                    triebe beteiligten, bilden drei Viertel der be-
                                                    fragten Betriebe nur einen einzigen Flüchtling
Wer sind die Auszubildenden und
                                                    aus. Dies gilt sowohl für kleinere wie auch grö-
in welche Berufe gehen sie?
                                                    ßere Betriebe. Nur in Betrieben mit 20 bis 99
Während die Zahl der Auszubildenden mit             Prozent sozialversicherungspflichtig Beschäf-
einem Fluchthintergrund deutlich angestiegen        tigten (SVB) sind es ein bis zwei Flüchtlinge
ist, hat sich deren soziodemografische Struk-       (Durchschnittswert 1,5) pro Betrieb 47.
tur kaum verändert. Die große Mehrheit ist
männlich; für Bewerberinnen, die nur 15 Pro-        Branchen, in denen eine hohe Sprachfertigkeit
zent stellen, bestehen Benachteiligungen auf-       zur Ausbildung benötigt wird, sind auch 2018
grund schlechterer Schulbildung oder familiä-       noch unterrepräsentiert, wie etwa der Immo-
rer Hemmnisse fort 46. Ein gutes Drittel ist noch   biliensektor, der Medienbereich oder Banken
unter zwanzig Jahre alt, knapp 40 Prozent sind      und Versicherungen. Weitere Informationen
zwischen 20 und 25 Jahre, ein Viertel ist älter     über die Branchen und Wirtschaftszweige der
als 25 Jahre. Die meisten weisen einen Haupt-       Auszubildenden liefern die Ausbildungsum-
schulabschluss – oder entsprechendes – auf.         frage des DIHK in den angeschlossenen Unter-
Jeweils 17 bis 18 Prozent der Auszubildenden        nehmen und die Zahlen der Arbeitsagentur für
verfügen über einen Realschulabschluss oder         Mitte 2018 48.
die allgemeine Hochschulreife.                      Nach Auswertung der Bundesagentur für Ar-
                                                    beit entfallen mehr als 70 Prozent der Ausbil-
                                                    dungsverhältnisse mit Geflüchteten auf fünf
                                                    Wirtschaftszweige. Gerade diese Branchen ha-
                                                    ben nach der DIHK-Befragung ihr Engagement
                                                    2018 verstärkt:

                                                    • Im Gastgewerbe mit den vielen kleinen
                                                      und mittelgroßen Betrieben bilden inzwi-
                                                      schen 28 Prozent (2017: 18 Prozent) der
                                                      Unternehmen Flüchtlinge aus. Eine Studie
                                                      über die Erfahrungen von und mit syrischen
                                                      Flüchtlingen in der Gastronomie nennt
                                                      mehrere Erfolgsfaktoren: Eine hohe wech-
                                                      selseitige Wertschätzung, der respektvolle
Abb. 6: Merkmale der versorgten Berufs-               Umgang miteinander sowie die Integration
auszubildenden, Quellen: Statistik der Bun-           im Umfeld – etwa die Teilhabe in Vereinen
desagentur für Arbeit, Migrations-Monitor:

11                                                            vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
oder am Ortsgeschehen – ist eine Voraus-                        Flüchtlingsländern angesichts des Mangels
     setzung für ein gutes Arbeitsverhältnis. Na-                    eine entscheidende Rolle bei der Beset-
     tionalität oder Religionszugehörigkeit (Is-                     zung von Ausbildungsplätzen zu 50.
     lam) machen sich dagegen kaum bemerk-
                     Struktur der Auszubildenden im Juni 2018, nach Herkunft und
                                 Wirtschaftszweigen, Anteile in Prozent
                                                         -           5,0              10,0            15,0      20,0             25,0

                 G,Handel; Instandhalt. u. Rep. v. Kfz                                                             19,6
                                                                                                              17,4
                                       F,Baugewerbe                                                            18,1
                                                                                         9,3
                          C,Verarbeitendes Gewerbe                                                             17,9
                                                                                                                          21,6
                               86,Gesundheitswesen                                 8,0
                                                                                               10,7
                                       I,Gastgewerbe                              7,4
                                                                   3,0
           R, S, T_sonstige Dienstleistungen; private…                          6,9
                                                                    3,4
                     87, 88_Heime und Sozialwesen                          5,5
                                                                            5,8
                          P,Erziehung und Unterricht                3,4
                                                                    3,6
     L, M_Immobilien;freiberufliche, wissenschaftliche…             3,3
                                                                                7,0
                               H,Verkehr und Lagerei               2,8
                                                                    3,1
                    J,Information und Kommunikation             1,9
                                                                  2,5                                    Asylherkunftsl.
             N,Sonstige wirtschaftliche DL ohne ANÜ            1,5
                                                                 2,3
                                                               1,5                                       Ausländer
     O, U_Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Soz.-…                    4,7
          B, D, E_Bergbau, Energie- u. Wasservers.,…          0,8
                                                                1,4                                      Deutsche
                      K,Finanz- u. Versicherungs-DL           0,7
                                                                   2,6
                 782, 783_Arbeitnehmerüberlassung            0,4
                                                             0,2
               A,Land- und Forstwirtschaft, Fischerei        0,3
                                                               1,2
     bar. Stark bemängelt haben Arbeitgeber                               Geflüchtete wie Bek Mohammad
     und Geflüchtete laut Studie die Qualität der                         Moghimi (Afghane, 30) werden drin-
     Deutschkurse 49.                                                     gend gebraucht. Doch auch seine Er-
                                                                          folgsgeschichte ist voller Hindernisse. Er
Abb. 6: Auszubildendenstruktur, Quelle: BA,                               ist einer der „ganz tollen Jungs“, so sein
Beschäftigte nach Staatsangehörigkeiten                                   Betreuer, einer der Gründe, warum ihm
(Quartalszahlen), 30.06.2018, Nürnberg,                                   um die Baubranche auch in Zei-
Januar 2019                                                               ten schwindender Fachkräfte nicht
                                                                          bange sei. Moghimi ist einer von etwa
•    Deutlich zugelegt hat 2018 auch das Bau-                             600 Auszubildenden am Ausbildungs-
     gewerbe. Dort bildet fast jeder fünfte Be-                           zentrum Bau (AZB) in Hamburg. Jeder
     trieb Flüchtlinge aus (2017: 9 Prozent). In                          fünfte Baulehrling ist hier Flüchtling. In
     den Bauberufen konnte der Rückgang der                               Afghanistan hat Moghimi mal hier und
     übrigen Bewerberzahlen bereits 2017                                  dort im Bau angepackt, eine richtige
     überkompensiert werden; der Großteil der                             Ausbildung war nicht drin: „Ich habe
     Bewerber hat einen Ausbildungsplatz er-                              dort einfach losgelegt und währenddes-
     halten. Damit kommt den Bewerbern aus

12                                                                              vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
sen gelernt“. Seit September ist er Aus-      zählen Elektroniker, Friseure, Anlagenme-
     zubildender in der Firma August Prien,        chaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klima-
     er lernt, Betonmischungen anzurühren,         technik, Maler und Lackierer sowie Bäcker
     Schalungen zu bauen und mit Stahlbe-          zu den beliebtesten Ausbildungsberufen 52.
     ton zu arbeiten und wird für seinen spä-    • Auch 17 Prozent der Industriebetriebe
     teren Beruf als Beton- und Stahlbauer         und 16 Prozent der Betriebe in der Ver-
     fitgemacht. Langsam hat er sich an den        kehrsbranche bildeten 2018 laut DIHK
     Beruf herangetastet, nach einem               Geflüchtete aus. In einem Modellprojekt in
     Schnupperpraktikum eine Einstiegsqua-         Baden-Württemberg         werden      derzeit
     lifizierung der Arbeitsagentur bei der
                                                   Flüchtlinge in einem weiteren Mangelberuf
     Baufirma absolviert, nebenbei im Zen-
                                                   zu Lokführern ausgebildet 53, während in
     trum berufsbegleitendes Deutsch und
                                                   Köln die zweite Fahrschule für Busfahrer
     Mathe gepaukt. Die Firma war zufrie-
                                                   mit Fluchthintergrund eröffnet wurde; 15
     den, nun ist er Auszubildender. Pro-
                                                   Geflüchtete werden dort geschult. In Berlin
     bleme gab es reichlich: Der bundesweite
     Verteilschlüssel für Flüchtlinge führte       wurden im Sommer 2018 13 Busfahrer mit
     Moghimi zuerst nach Neu Wulmstorf in          Fluchthintergrund nach einjähriger Ausbil-
     Niedersachsen vor den Toren Hamburgs,         dung von der BVG eingestellt. Auch die
     dort lebte er mit drei anderen Flüchtlin-     Deutsche Bahn hat seit 2016 mehr als 250
     gen auf einer Stube, einige arbeiteten        Plätze zur Qualifizierung von Flüchtlingen
     Nachtschicht und kamen, wenn er schla-        angeboten und bildet, wenn möglich, im
     fen wollte. Zur Arbeit bei Prien musste       Anschluss aus. Bei der Deutschen Post sind
     Moghimi in ein anderes Bundesland             aktuell 1.702 Geflüchtete aus Syrien, Eri-
     pendeln und so mühte sich die Firma           trea, Somalia, Iran und Irak beschäftigt. Seit
     monatelang um eine Verlegung. Doch            Ende 2015 haben bereits 4.790 Geflüch-
     ein Antrag sei erst möglich, wenn die         tete einen Einblick in den Konzern erhalten.
     Ausbildung offiziell beginne, so das Ein-
     wohnerzentralamt. Erst Anfang Novem-              Warum er Busfahrer werden will? Roni
     ber durfte er umziehen, nun lebt der              Nasra mag es, unterwegs zu sein: „Ich
     Afghane in einer Wohnung des Studie-              drehe gerne meine Runden in den Stra-
     rendenwerks in Hamburg. Doch seine                ßen und freue mich, neue Leute ken-
     Zukunft ist offen: Der Asylantrag wurde           nenzulernen. Das macht mir Spaß.“
     abgelehnt, er klagte dagegen, nun muss            Nasra kam im September 2015 nach
     er alle sechs Monate einen neuen Auf-             Deutschland. Er flüchtete vor dem Krieg
     enthaltsstatus beantragen und auf ein             und hat inzwischen seine Frau und seine
     Einlenken hoffen 51.                              drei Kinder nachgeholt. Die Familie fühlt
• Eine besonders wichtige Rolle bei der be-            sich wohl in Köln. „Meine Nachbarn sind
  ruflichen Integration spielt das Handwerk.           sehr nett. Die Leute lächeln hier sehr viel
  Bereits 2017 entfiel die Hälfte der gewähl-          – und ich lächle zurück“, sagt der 39-
  ten Ausbildungsberufe auf diesen Zweig.              Jährige. Nun will er Busfahrer werden.
  2018 wurden etwa 16.000 Flüchtlinge aus-             „Das ist eine sichere Arbeit, eine sichere
  gebildet. Unter den männlichen Bewerbern

13                                                         vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
Stelle.“ Dass er dafür einen Beruf ausü-     „dass es sich bei den Flüchtlingen überwie-
       ben muss, der wenig mit seiner vorheri-      gend um jüngere Männer handelt, die aus
       gen Arbeit zu tun hat, bei dem er ganz       einem Kulturkreis kommen, in dem Pflege
       von vorne anfangen muss, nimmt er bil-       nicht zu den hoch angesehenen Berufen
       ligend in Kauf. Der gelernte Elektriker      gehört“. Doch angesichts von bereits ak-
       leitete in Syrien seine eigene Textilfab-    tuell etwa 27.000 fehlenden Pflegekräften
       rik 54.                                      und einer Lücke von 100.000 bis 250.000
                                                    in 2025 wird in einer Reihe von Initiativen
       Naw ar Al Jairudi ist einer der neuen        versucht, Geflüchtete für den Job zu ge-
       Busfahrer in Berlin. Der 38-jährige aus      winnen – wenngleich auch in diesem Be-
       Syrien hatte von einem Freund von dem        reich das nötige Sprachniveau B2 eine
       Pilotprojekt erfahren. „Mein erster Kon-     hohe Hürde bleibt. In Berufsfachschulen,
       takt in Berlin war mit Busfahrern. Als ich   etwa der Berliner „Paulo Freire“, wo 100
       2015 nach Berlin kam, brauchte ich im-       Ausbildungsplätze für Flüchtlinge angebo-
       mer die Busfahrer zu fragen, wie ich         ten werden, oder im NRW-Projekt „Care
       eine Adresse finden kann. Seitdem            for Integration“ werden die Bewerber*in-
       wollte ich als Busfahrer in dieser Stadt     nen ausgebildet 57. Die Landesinitiative
       arbeiten“, erzählt Al Jairudi. Der Vater     „Pflege in Hessen integriert“ richtet sich
       eines achtjährigen Kindes hätte früher       gezielt an Geflüchtete unter 22 Jahren.
       niemals gedacht, als Busfahrer zu arbei-     Ihnen soll durch eine parallele Ausbildung
       ten, aber heute ist es sein Ziel, ein pro-   zu Pflegehelfern und einem zweijährigen
       duktiver Mann in dieser Gesellschaft zu      Lernprogramm mit Hauptschulabschluss
       sein. „Ich habe zehn Jahre als Rechtsan-
                                                    der Zugang zur Altenpflege auch ohne
       walt in Damaskus gearbeitet, aber man
                                                    bereits vorliegenden Schulabschluss er-
       muss realistisch sein. Ich denke nie an
                                                    möglicht werden 58. Auch im Saarland ist
       die Vergangenheit. Die Vergangenheit
                                                    ein neues Modellprojekt gestartet worden.
       ist vergangen“. Heute ist ihm wichtig,
                                                    Am Universitätsklinikum Essen haben fünf
       dass er sich um sein Kind kümmern
       kann, ohne Sozialhilfe zu bekommen.          Flüchtlinge vor acht Monaten ihre Berufs-
       „In Deutschland kann ich nicht in diesem     ausbildung zum Gesundheits- und Kran-
       Alter von Anfang an studieren und als        kenpfleger und zur medizinisch-techni-
       Rechtsanwalt wieder arbeiten“, sagt er.      schen Assistentin aufgenommen. Manche
       „Deshalb bin ich zufrieden, dass ich in      Geflüchtete machen bisweilen allerdings
       kurzer Zeit einen neuen Beruf gefunden       auch unangenehme Erfahrungen mit Vor-
       habe“ 55.                                    urteilen, lassen sich aber nicht gleich aus
                                                    der Bahn werfen:
•    Ein hoher Personalbedarf besteht auch im
     Pflegebereich. Zwar gibt es durchaus             Mariama Ba stammt aus der Region
     Abbrecher unter den Geflüchteten wäh-            Casamance im Senegal, hat ihre Eltern
     rend der Ausbildung – aus den unter-             im Krieg verloren. Sie hat die Ausbildung
     schiedlichsten Gründen 56. Auch gab es           zur Pflegefachkraft und schon Erfahrung
     gewisse Vorbehalte, wie etwa im Deut-            mit Patienten. Auch einem, der sich
     schen Pflegerat, der zu bedenken gab,

14                                                        vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
nicht von ihr betreuen lassen wollte und     sie stellen Deutschlehrer ein oder führen Inten-
      unterstellte, so eine wie sie wolle oder     sivsprachkurse durch. Und die Geflüchteten
      könne doch nicht lernen. „Negative Er-       bringen sich ein:
      lebnisse gehören dazu“, sagt Mariama,
      „man muss daran wachsen.“ Klar ist: Sie            Mahmoud Asad macht eine Lehre zum
      will mit aller Kraft daran wachsen, aber           Industriekaufmann bei der Gasag, seine
      der Angriff hat sie ins Mark getroffen.            Zwischenprüfung hat er bereits bestan-
      Der Patient sah nicht die junge Frau, die          den. Der 26-jährige Syrer aus Palmyra
      trotz ungewisser Bleibeperspektive be-             hat zwei Jahre lang Betriebswirtschafts-
      reit ist, anderen den Hintern zu putzen.           lehre in Damaskus studiert. Der Schreib-
      Nicht den Menschen. Mariama hat den                tisch von Mahmoud Asad zeigt – hier
      Patienten trotzdem gepflegt. Entschul-             arbeitet eine strukturierte Person. Rechts
      digt, sagt sie, habe er sich nie. Aber ge-         oben der Duden, links neben der PC-
      schämt wohl schon. Als er merkte, dass             Tastatur mehrere Zettel. Mit kleiner
      Mariama konnte, was sie tat, habe er               Schrift hat der künftige Industriekauf-
      sich immer für alles bedankt. Immer ver-           mann darauf deutsche Wörter notiert,
      sucht, sie zum Lachen zu bringen 59.               daneben die arabische Überset-
                                                         zung. „Ich lerne jeden Tag was Neues.
Kombinierte Ansätze und Vorbereitungs-                   Wirklich täglich. Manchmal bei der Ar-
programme sollen Auszubildende aus den                   beit, manchmal in der Berufsschule. Am
Asylstaaten auch auf Berufe mit einem höhe-              besten ich schreibe das auf kleine Zettel,
ren Anforderungsprofil vorbereiten, etwa in              und ich nehme das mit, unterwegs ich
einer dreieinhalbjährigen Lehre zum Zahn-                lese das, und ich versuche immer einen
techniker. In Bad Tölz verfolgt die Berufs-              Satz mit diesen Worten zu schreiben,
schule das Ziel, in einem zweijährigen Integra-          damit ich nicht vergesse.“ (…) „Und ich
tionsprogramm Geflüchtete zwischen 15 und                kämpfe immer weiter, mit Lernen und
22 Jahren ausbildungsreif zu machen. Im                  die Sprache, Leute kennenzulernen, und
zweiten Jahr, in den beiden „Praxisklassen“,             die Kultur, viele Sachen.“ 61
wechseln sich im drei- bis vierwöchigen Rhyth-
mus Schule und Betriebspraktika ab. Im             Berufsausbildung – Zwischenfazit
Berufsintegrationsjahr, das ebenfalls an der       Die Fortschritte bei der beruflichen Ausbildung
Berufsoberschule durchgeführt wird, geht es        der Geflüchteten sind deutlich sichtbar und
zum Praktikum ins Dentallabor. Hier ist zu hö-     viele Bedingungen sind günstig – nicht zuletzt
ren, dass „Mathe bei vielen Migranten das          der breite Nachwuchsmangel in vielen Bran-
große Problem“ und die Lücke schwieriger zu
                                                   chen. Im Sommer 2018 gab jedes sechste vom
schließen sei als bei Sprachkenntnissen 60.
                                                   DIHK befragte Unternehmen an, in den kom-
Für all diese Ausbildungsbereiche sind gute        menden beiden Jahren Flüchtlinge auszubil-
Deutschkenntnisse unerlässlich. Dafür neh-         den – eine Verdopplung gegenüber 2017 62.
men immer mehr Betriebe Sprachkurse als            Allerdings müssten die Rahmenbedingungen
zentrales Element in die Ausbildungspläne auf,

15                                                           vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
stimmen, also etwa eine Lösung für das Blei-      gänzt werden. Hier kommt der Berufsorientie-
berecht Geduldeter gefunden werden, wie es        rung in Flüchtlingsklassen eine besondere Be-
sich Anfang 2019 abzeichnet. Mehr als jedes       deutung zu. Denn viele Kenntnisse, die die
fünfte Unternehmen setzt auf die Integration      jungen Menschen in der Heimat erworben ha-
von Flüchtlingen, um seine zukünftigen Fach-      ben, sind begrenzt.
kräfte selbst auszubilden. Eine Aufweichung
der Ausbildungsbedingungen lehnen die Wirt-       „Oft haben sie dort anders gearbeitet, mit we-
schaft und ihre Verbände allerdings ab; sie       niger modernen technischen Mitteln“, sagt ein
setzt darauf, so das DIHK, dass geflüchtete       Mitarbeiter des Tübinger Instituts für Ange-
Menschen eine sichere Zukunft als Fachkraft in    wandte Wirtschaftsforschung. „Jemand, der
Deutschland oder nach Rückkehr in ihrer Hei-      schon einmal in Syrien oder im Irak tätig war,
mat nur mit einer „soliden“ Ausbildung finden     hat längst noch nicht alles gelernt, was er hier
können. Viele Erfolgsfaktoren wurden ge-          braucht.“ 64 Auch wenn die Ausgangslage
nannt, wichtig sind nicht zuletzt Einstiegsqua-   schwierig ist und Ende 2018 nur knapp 4 Pro-
lifizierungen oder Praktika, wie sie 2018 von     zent der arbeitsuchenden Geflüchteten laut
jedem sechsten Unternehmen angeboten wer-         BA eine Berufsausbildung hatten (8,2 Prozent
den. Wichtig bleibt vorläufig auch die Unter-     der Arbeitssuchenden haben bereits eine aka-
stützung – gerade kleinerer Unternehmen –         demische Ausbildung), so berechtigen das
durch Staat, Institutionen, Netzwerke und Ini-    hohe Engagement der sich bereits in Ausbil-
tiativen 63. Dabei muss das Ausbildungsenga-      dung Befindenden und die sich verstärkende
gement der Unternehmen durch Sprachunter-         Nachfrage zur Hoffnung auf einen schnellen
richt und eine möglichst kontinuierliche Be-      Ausbau der Ausbildungszahlen. Unter den Ge-
gleitung beim Übergang in Ausbildung er-          flüchteten selbst sind die Bildungsaspirationen
                                                  sehr stark ausgeprägt; von den 2017 von IAB

 Impressum

 vhw werkSTADT                                    Autor
 ISSN 2367-0819                                   Bernd Hallenberg,
                                                  Stellvertreter des Vorstandes vhw e. V.
 Erscheinungsort
 Berlin                                           Grundlayout
                                                  DCM Druck Center Meckenheim GmbH
 Herausgeber
                                                  www.druckcenter.de
 vhw – Bundesverband für Wohnen und
 Stadtentwicklung e. V.                           Erscheinungsweise
 Vorstand: Prof. Dr. Jürgen Aring                 unregelmäßig
  Sitz der Redaktion                              Bezug
  Bundesgeschäftsstelle des vhw e. V.             Alle Ausgaben der vhw werkSTADT sind
  Fritschestraße 27/28                            unter: https://www.vhw.de/publikationen/
  10585 Berlin                                    kostenfrei herunterzuladen.
  Telefon: +49 30 390473-230
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  Telefax: +49 30 390473-190
  werkstadt@vhw.de
16www.vhw.de                                                 vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
und SOEP/DIW Befragten strebten 68 Prozent
eine Berufsausbildung oder ein Hochschulstu-
dium an 65. Insgesamt bleibt die betriebliche In-             Endnoten
tegration über eine Berufsausbildung eine
zwar lange und anspruchsvolle Aufgabe –
aber eine mit guten Zukunftsperspektiven.

1
 vgl. BA: Fluchtmigration, Dezember 2018, S.10, und Ja-       11
                                                                   vgl. https://www.wir-zusammen.de/initiativen/daimler:
nuar 2019; s.a. DGB, Arbeitsmarkt aktuell, August 2017;       Hunderte Praktika für Flüchtlinge und vieles mehr
Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.): Datenreport zum     12
                                                                 vgl. https://www.unternehmen-integrieren-fluecht-
Berufsbildungsbericht 2018. Informationen und Analysen        linge.de/
zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Bonn 2018, Ta-       13
                                                                 zum regionalen Austausch, siehe Solinger Tagblatt,
belle, S. 332. Fast 140.000 befanden sich Ende Oktober
                                                              09.07.2018: So gelingt Integration von Flüchtlingen in den
2018 in Integrationskursen.
                                                              Job
2
  vgl. BA: Fluchtmigration, Dezember 2018, S. 10, und Ja-     14
                                                                   vgl. SZ, 13.12.2018: Unternehmer kämpfen für liberales
nuar 2019; s. a. DGB, Arbeitsmarkt aktuell, August 2017;
                                                              Bleiberecht.
Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.): Datenreport zum
Berufsbildungsbericht 2018. Informationen und Analysen        15
                                                               siehe https://www.wir-zusammen.de/das-netz-
zur Entwicklung der beruflichen Bildung. Bonn 2018, Ta-       werk/ueber-uns/
belle, S. 332. Fast 140.000 befanden sich Ende Oktober        16
                                                                 vgl. R. Berger: Flüchtlinge erfolgreich integrieren. Chan-
2018 in Integrationskursen.
                                                              cen und Herausforderungen für unternehmerisches Enga-
3
  vgl. NDR-Info, 20.02.2017, Integrationskurse – Freie        gement.
Plätze kosten Millionen                                       17
                                                                 vgl. auch Handelsblatt, 29.09.2017: Initiative „Wir zu-
4
 NDR-Info, 13.10.2016, Führen Integrationsprojekte am         sammen“ – „Wir dürfen nicht aufgeben“
Ziel vorbei? – Die Kosten pro Teilnehmer liegen im Monat
bei durchschnittlich 150 Euro. Davon garantiert die BA 70
                                                              18
                                                                Lokalkompass.de, 16.11.2018: „Integration in und
Prozent an den Träger, egal wie viele Teilnehmer vorgese-     durch Arbeit“ – dritte Integrationskonferenz im Essener
hen sind.                                                     Westen mit neuen Projekten und Zielen
5
  vgl. BA: Kommit Kooperationsmodell mit berufsan-            19
                                                                   Berliner Morgenpost, 28.01.2019: Jobmesse bringt Fir-
schlussfähiger Weiterbildung Sprache – Arbeit – Qualifizie-   men und Geflüchtete zusammen
rung Modell zur nachhaltigen Integration von Menschen in      20
                                                                   siehe https://workeer.de/
den Arbeitsmarkt. Nürnberg, Juni 2018
                                                              21
                                                                K. Stoewe: Bildungsstand der Geflüchteten. Bildung und
6
  siehe etwa B. Beeger: Starthelfer für Flüchtlinge. FAZ,
                                                              Ausbildung in den Hauptherkunftsländern. IW-Köln, Re-
14.12.2018, über das Start-Up „Social Bee “.
7
                                                              port, 21.12.2017. Genannt wurden außerdem die „nied-
  FAZ, 19.4.2018                                              rige Anzahl formalisierter Ausbildungsberufe“ und das
8
  vgl. lokale Berichte, etwa: Lübecker Nachrichten,           „geringe gesellschaftliche Ansehen der formalen Berufs-
06.10.2018: Immer mehr Flüchtlinge finden Arbeit; Ostsee      ausbildung“ in den Herkunftsländern.
Zeitung, 18.03.2018: Joblotse hilft Flüchtlingen im
Landkreis.                                                    22
                                                                   Welt-Online, 21.12.2017, A. Kröning: Flüchtlinge passen
9
https://www.kofa.de/dossiers/willkommenslotsen/was-           nicht zum deutschen Ausbildungssystem
macht-ein-willkommenslotse                                    23
                                                                 Focus 21.03.2017: Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt -
10
 Pressemitteilung BMWi, 27.09.2018; siehe                     Experten warnen: Flüchtlinge machen lieber Billigjobs als
https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/will-     lange Ausbildung.
kommenslotsen.html                                            24
                                                                 Vgl. Merkur, 28.01.2019, A. Steppan: Vom Flüchtling
                                                              zum Auszubildenden – Ein steiniger Weg.

17                                                                            vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
41
                                                                 siehe A. Christ: Geflüchtete in der Berufsausbildung. BpB-
25
   Quelle: S. Kroll, A. Uhly: Ausländische Auszubildende in    Dossier, 24.09.2018; S. Matthes.; Christ, A.; Neuber-Pohl,
der dualen Berufsausbildung: Einmündung und Ausbil-            C.; Niemann, M.: Integration Geflüchteter in Ausbildung
dungserfolg. Eine Analyse auf Basis der Berufsbildungssta-     und Arbeit, in: Datenreport zum Berufsbildungsbericht
tistik mit besonderer Betrachtung der Staatsangehörigkei-      2018. Bonn: Bundesinstitut für Berufsbildung 2018,
ten der zugangsstärksten Asylherkunftsländer. Bonn: Bun-       S. 329ff
desinstitut für Berufsbildung, 23.11.2018, S. 20               42
                                                                 C. Gerhards: Fast alle Betriebe sehen bei der Ausbildung
26
  ZEIT-Online, 10.04.2018: Mehr Flüchtlinge entschei-          Geflüchteter Unterstützungsbedarf. In: Berufsbildung in
den sich für eine Ausbildung; s.a. Mehr Flüchtlinge machen     Wissenschaft und Praxis (2018) 2, S. 4f.
eine Ausbildung. Spiegel-Online, 10.04.2018                    43
                                                                 Siehe z. B. Main-Echo, 18.12.2018, Einwanderungsge-
                                                               setz soll Fachkräfte anlocken
27
   siehe DIHK: Ausbildung 2018. Ergebnisse einer DIHK-On-
line-Unternehmensbefragung. Berlin, Juli 2018                  44
                                                                 J. Weingarten, J. Wohlert: Integration Geflüchteter in Ar-
28
   Spiegel-Online, 15.08.2018: Flüchtlinge retten Ausbil-      beitsmärkte. Standort, April 2018, Volume 42:1 , S. 51-
dungsbilanz; IWD, 29.11.2018: Mehr Flüchtlinge in der          55
                                                               45
Ausbildung. Erstmals seit 2011 ist die Zahl neu abge-             S. Matthes; Eberhard, V.; Gei, J.; Borchardt, D.; Christ, A.;
schlossener Ausbildungsverträge 2017/18 wieder gestie-         Niemann, M.; Schratz, R.; Engelmann, D.; Pencke, A.: Junge
gen. Das leichte Plus kam nur zustande, weil deutlich mehr     Geflüchtete auf dem Weg in Ausbildung. Ergebnisse der
junge Syrer und Afghanen eine Ausbildung begonnen ha-          BA/BIBB-Migrationsstudie 2016. Fachbeiträge im Internet.
ben.                                                           Bonn 2018.
                                                               46
29
   FAZ, 19.04.2018; Sauerland-Kurier, 11.01.2019: "Inno-          vgl. auch: Zeit-Online, 25.01.2019, K. Biermann et al:
vationscluster Handwerk" informiert über Flüchtlinge als       Geflüchtete Mütter haben die größten Schwierigkeiten, auf
Arbeitnehmer                                                   Basis der 2. IAB-Befragungswelle von Geflüchteten 2017.
30
   Hamburger Abendblatt, 19.07.2018: „Die jungen               47
                                                                  Vgl. Bundesinstitut Berufliche Bildung (BiBB): Datenre-
Leute sind hoch motiviert und leistungsbereit“                 port 2018. Bonn, Mai 2018
                                                               48
                                                                  vgl. DIHK (Hrsg.): Ausbildung 2018. Ergebnisse einer
31
     Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA): Engage-
                                                               DIHK-Online-Unternehmensbefragung. Berlin, Juli 2018;
ment von Unternehmen bei der Integration von Flüchtlin-
                                                               Statistik der BA: Beschäftigte nach Staatsangehörigkeiten
gen. Erfahrungen, Hemmnisse und Anreize. Köln, Studie 1-
                                                               (Quartalszahlen), 30.06.2018, Nürnberg, Januar 2019
2017
32
                                                               49
                                                                  C. Mayer-Bonde et al: Integration braucht Zeit. DHBW
   https://www.vbw-bayern.de/vbw/ServiceCen-
                                                               Ravensburg 2018; s.a. Allg. Hotel- und Gaststätten Zei-
ter/Fl%C3%BCchtlingsintegration/Ausbildungsperspekti-
                                                               tung, 10.10.2018: Gemeinsam in der Küche: Die Religion
ven-bieten/Fragen-und-Antworten-zur-3-2-Regelung.jsp
33
                                                               der Beteiligten spiel dabei keine große Rolle.
   Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen, zit.n. RP-
Online, 14.09.2018
                                                               50
                                                                  vgl. SOKA-Bau: Ausbildungs- und Fachkräftereport der
                                                               Bauwirtschaft Stand 31.12.2017. Wiesbaden 2018, Kap.4;
34
   DLF-Kultur, 10.09.2018, Thomas Wagner: Unternehmer
                                                               Hamburger Abendblatt, 15.09.2018: Jeder fünfte Bau-
fordern Bleiberecht für Flüchtlinge mit Jobs                   Lehrling in Hamburg ist Flüchtling - Ausbildungszentrum der
35
   Handelsblatt, 19.12.2018: Kabinett beschließt erstes Ein-   Branche verzeichnet Rekordzugänge; Märkische Allgemeine
wanderungsgesetz für Deutschland                               Zeitung, 24.01.2019: Brandenburgs Baubranche setzt auf
36
   DIHK: Ausbildung 2018, a.a.O.                               junge Geflüchtete.
                                                               51
                                                                  Zit. n. Welt-Online, 12.12.2018, P. Woldin: „Wie soll die
37
      Siehe    BiBB:   Was      ist      Ausbildungsreife?,    Integration da funktionieren?“
https://www.bibb.de/ausbildungsreife
38
  FAZ, 19.04.2018: Immer mehr Flüchtlinge machen eine
Lehre
39
  BAMF, 23.02.2018: Berufsbezogene Deutschsprachför-
derung (gem. § 45a AufenthG)
40
   EY: Mittelstandsbarometer: Fachkräftemangel und Flücht-
lingsintegration. Befragungsergebnisse Februar 2018, S. 19

18                                                                           vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
64
                                                                    FAZ, 19.04.2018
52
  Handwerk.com, 29.11.2018: Das Handwerk bildet                65
                                                                    vgl. IAB Kurzbericht, 3-2019, H. Brücker et al: Zweite
besonders viele Flüchtlinge aus; s.a. ZDH, PM vom              Welle der IAB-BAMF-SOEP-Befragung – Geflüchtete ma-
30.5.2018. Siehe auch die Artikel in Deutsche Handwerks        chen Fortschritte bei Sprache und Beschäftigung
Zeitung vom 14.11.2018: Flüchtlinge ausbilden und
beschäftigen; s.a. FAZ, 02.01.2019; Handwerk verbessert
Ausbildungschancen für Flüchtlinge,
https://www.praktisch-unschlagbar.de/de/handwerk-
verbessert-ausbildungschancen-fuer-fluechtlinge-
1868.html
53
     Stuttgarter Zeitung, 08.01.2019, T. Durchdenwald:
Flüchtlinge aus Stuttgart werden Lokführer – Das steckt hin-
ter dem Modellprojekt.
54
   Welt-Online, 19.12.2018, D. Schwarz: Busfahrer und
Krankenpfleger gesucht – Chancen für Flüchtlinge; Welt-
Online, 08.12.2018: Busfahrer: Zweite Fahrschule für
Flüchtlinge gestartet.
55
   Tagesspiegel, 08.10.2018: Geflüchtete in den Fahrdienst
– Bei der Arbeit nicht auf der Flucht.
56
  siehe Ärzte Zeitung online, 15.01.2019: NRW-Pflegepro-
jekt – Viele junge Flüchtlinge brechen Pflege-Ausbildung ab
57
  FAZ, 17.01.2019, S. 4: K.B. Becker: Sind Flüchtlinge die
Lösung für den Pflegenotstand?
58
   Osthessen-News, 28.11.2018: Ausbildung und Schule
im Doppelpack - Projekt „Pflege in Hessen integriert“ bie-
tet Flüchtlingen hervorragende Chance
59
   Huffington Post, 24.10.2018: Flüchtlinge in der Pflege,
funktioniert das? Ein Ortsbesuch in Vilsbiburg in Bayern
60
  Beispiel von zwei syrischen Flüchtlingen, siehe Merkur,
28.01.2019: Vom Flüchtling zum Auszubildenden: Ein
steiniger Weg
61
   Zit. nach Deutschlandfunk (DLF) 08.08.2018: Der lange
Weg der Integration auf dem Arbeitsmarkt
62
   Quelle: DIHK: Ausbildung 2018. Ergebnisse einer DIHK-
Online-Unternehmensbefragung. Berlin, Juli 2018
63
  Siehe dazu R. Flake, S. Jambo, S. Pierenkemper, P. Risius,
D. Werner: Beschäftigung und Qualifizierung von Flüchtlin-
gen in Unternehmen – Die Bedeutung von Unterstützungs-
angeboten bei der Integration. IW-Köln, Trends, 2 (März)
2017

19                                                                             vhw werkSTADT, Nummer 27, Januar 2019
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