www.aaku.ch Juli/August 2020 Nr. 37
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Herausgegeben von der IG Kultur Aargau Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin www.aaku.ch Juli/August 2020 Nr. 37 MIGRATION UND RASSISMUS Erinnerungen an ein dunkles Kapitel und ein Blick auf heutige Proteste OPEN-AIR-KINOS Filme, Popcorn, Sommernächte – eine Schwärmerei fürs Freiluftkino BILDESSAY Laufenburg/Leon forte: Migration ist Teil der Stadt- geschichte 1
3rd ZIMMER 020 ODEONAIR MANN . ELLUN 09.G 2 20 LZ UND T AUSS .09. — 05 PPER, SANN — KU MERMA AUSEIN HAUS 1O.7.–26.7.20 ZIMUSAUS H HA MIT B AR UHR & R N IS SAGE 9.2020, 19 VE AG, 04.0 FREIT B RU G G H AU S E 4 , 52 0 0 ER KUPP LTHESSAL L E ÄUME H U N S T UND R S C KU S SIND SALZ O N H IER AU EN VON: V K TDEC ZU EN ZILLA CKÖ LEUTEN HAUS MARIA EGGE R MARIO NNE HA ANDR MARCH LTER & PAUL EAS HO ISELLA LEAN TAK ÀCS FER AGAT A WIRTH ANDR HA ZOBR MAR EAS BÄC IST K AROIA BÄNZIG HLI & LINE E S GS SCHR R AU RWE EIBER A LZH NTE Ö FFN 0, S RU TE I O MI 15 UNGSZE ER TR 9 . 2 0 2H B O U NZ S KO LOREG, 11.0 NEIG . 2020 SA 14 –20 UHR ITEN CO EITA ENT 3.09 S UND –20 UHR , FR 16–22 AU AUF A , SO 1 U FR T SIL AG, 1 ZH NFR A 1–17 UHHR, M I N NT C E E I B ER , SA L EIN P GE R SO AN R 20 H K U N S R O J EK T RM C H . 20 S .C T V R FO INE S19.09 H AU .CH BRUG & MUS N ZIM O E P RO AG L , N AN U G G BRUG G IN ZUS IK UND S MERMAN K A M ST RM - B R WEIT GER LITE AMMENAALZHAUSNHAUS SA ME AUS ER EN R R I M H KULT ATURTAGBEIT MIT W. Z ALZ U R AK E D FR 10.07 INTO THE WILD TICKETS W W W.S TEUR N UND EN EN USA 2007 E/d ab 12 Jahren WW Tickets kaufen SA 11.07 PARASITE www.odeon-brugg.ch SK 2019 O/df ab 16 Jahren www.reaktor.ch BEGINN S0 12.07 PORTRAIT DE LA JEUNE FILLE EN FEU F 2019 F/d ab 12 Jahren Filmbeginn DI 14.07 BLUE VELVET beim Eindunkeln USA 1986 E/d ab 16 Jahren ca. 21.20 Uhr MI 15.07 BAGHDAD IN MY SHADOW CH 2020 O/df ab 12 Jahren SPEIS TRANK 21. AUGUST BIS 6. SEPTEMBER 2020 DO 16.07 HONEYLAND NM 2019 O/d ab 12 Jahren Zirkuswagen KNIVES OUT Kleines, feines Essen- FR 17.07 USA 2019 E/df ab 12 Jahren und Getränkeangebot ab 17.30 Uhr geöffnet SA 18.07 MOSKAU EINFACH! CH 2020 Dialekt ab 12 Jahren REGEN DOWN BY LAW Schlechtwetter SO 19.07 USA 1986 E/d ab 12 Jahren Bei schlechtem Wetter findet DI 21.07 JAGDZEIT die Vorstellung im Kinosaal statt. CH 2020 D ab 12 Jahren MI 22.07 ADAM HAUSMUSIK www.mbl-lenzburg.ch FR/MA/BE 2020 O/df ab 12 Jahren HAUPTSPONSOR CITTADINI DEL MONDO ENTREE KÜCHE VORVERKAUF AB 4. 8. DO 23.07 Freitag, 21. 8., 20.15 Uhr Sonntag, 30. 8., 17.00 Uhr – SITUATIONSBEDINGT I 2019 I/d ab 12 Jahren (Apéro für alle ab 19.15 Uhr) – Alter Gemeindesaal EMPFOHLEN FR 24.07 LITTLE WOMEN Schloss Lenzburg Liederabend Buchhandlung Otz USA 2019 E/d ab 12 Jahren Eröffnungskonzert Kirchgasse 23 PRESENTING GARTEN 5600 Lenzburg SA 25.07 PLATZSPITZBABY PARTNER TREPPENHAUS Freitag, 4. 9., 20.15 Uhr – 062 892 06 80 CH 2020 Dialekt ab 12 Jahren Dienstag, 25. 8., 20.15 Uhr – Schloss Lenzburg Apotheke Drogerie Kuhn AG info@buchhandlung-otz.ch Stapferhaus Meisterkonzert Effingermedien AG SO 26.07 SING STREET Futura Vorsorge Jazzkonzert SALON UK 2016 E/d ab 12 Jahren IBB Energie AG Walker Architekten AG, Brugg SCHLAFZIMMER Sonntag, 6. 9., 17.00 Uhr – Samstag, 29. 8., 20.15 Uhr – Stadtkirche Alter Gemeindesaal Schlusskonzert Kammermusik
Herausgegeben von der IG Kultur Aargau Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin Editorial History Repeating Sie mögen vom Song «History Repeating» von Shirley Bassey halten was Sie wollen – Michael Hunziker mir zeigt das Lied zwei Punkte auf: Ein Ohrwurm zeichnet sich nicht nur durch Redaktionsleiter Qualität aus. Oft ist ja gerade das Gegenteil der Fall, je einfacher die Melodie, je flacher michael.hunziker@aaku.ch der Text, desto eher setzt sich der Wurm fest. Jaja, die Geschichte wiederholt sich. Aber es ist bestimmt keine gute Idee, ihr aus dem Weg zu tanzen und alles einfach hinzunehmen, wie die Sängerin raunt – jedenfalls nicht, wenn man möchte, dass sie sich nicht wiederholt. Bald ist es wieder einmal so weit, und die Schweizer Stimmberechtigten befinden über eine Vorlage (Ende September!), die für all jene Menschen, die in die Schweiz zuge- wandert sind, um zu arbeiten und etwas zum allgemeinen Wohlstand beizutragen, sich wie ein Schlag in die Magengrube anfühlen muss. Oft machen sie jene Arbeiten, für die sich manche zu schade sind, und das für einen Minimallohn, der an sich schon eine Kränkung ist. Die Vorlage deckt sich inhaltlich mit der sogenannten Schwarzen- bach-Initiative, die vor 50 Jahren (!) quasi die Stunde null bezeichnete, als Rechtspopu- lismus in der Schweiz salonfähig wurde. Damit sich das Lied nicht ständig wiederholt, muss dagegen angeschrieben und Erinnerungsarbeit geleistet werden. Wir haben mit dem Autor Concetto Vecchio ge sprochen, der ein Buch über die Migrationserfahrung seiner Eltern geschrieben hat, das zeigt, wie hinter den wirtschaftlichen und politischen Mühlen Menschen um ihre Existenz kämpften und dabei selbst an den Rand ihrer Menschlichkeit kamen, etwa in der Entscheidung, ihre Kinder zurückzulassen, weil der Schweizer Staat ihnen keine Aufenthaltsbewilligung gab. Ein dunkles Kapitel einer vergessenen Geschichte. Stereotypische Denkmuster aufbrechen, gesellschaftliches Zusammenleben neu denken: Die gegenwärtige Zeit ist verheissungsvoll. Ist das jetzt das Kippmoment? Hoffentlich verändern die Black-Lives-Matter-Proteste in Amerika etwas – auch hier. Nicht nur sprachliche Gepflogenheiten, sondern das Denken, Handeln und die gesell- schaftlichen Strukturen an sich. Es geht nicht darum, Diskussionen zu importieren, sondern den hiesigen, teilweise subtilen Rassismus ins Auge zu fassen und zu proble- matisieren, wie Kijan Espahangizi in seinem Essay schreibt. Das wäre doch was, mit Haltung in den Sommer gehen! Vielleicht sogar über Grenzen … 3
route Tanzcompagnie Flamenc os en « feu sac ré» «We a r e Tanz im Klos te r Fahr back» Musik tage 2 . bis 9. Aug u st 2020 3 Jahre Kinderkonzerte 26. August bis 13. Se pt. 2020 15 Jahre JSAG 20 Jahre Boswiler Sommer Vorve rkauf ab 15. Juli 2020 : 22 Jahre Meisterkonzerte ww w.dein.baden.c h 25 Jahre JOF ww w.k loster-f ahr.ch ww w.fl am enc os- enr oute.co m, w w w. k u e n s t le rhau s b o s w i l . c h GET MOBILE APP BOOK TICKETS SCHÖNE HEILE WELT FAN FES T I V A 18 . I N TOC HE L TE B A D F Ü R A R N AT I EN / NI ONA 1.– 6 S C H M AT I LES . SE WEIZ ONSFIL WW P T E M W. F M B E R 2 ANT O CH 0 2 0 E .CH INGO GIEZENDANNER / GRRRR, CORNELIA HESSE-HONEGGER, LIKA NÜSSLI, THOMAS OTT in Kooperation mit Fantoche Filmfestival 16. August – 20. September 2020 Vernissage: Sonntag, 16. August, 11 Uhr mit einer Performance von Lika Nüssli (Pinsel & Receiver) und Marc Jenny (Bass & Electronics) Fantoche Special: Freitag, 4. September, 16.30 Uhr Ausstellungsrundgang und Gespräch mit Cornelia Hesse-Honegger, Thomas Ott und Sarah Merten Finissage: Sonntag, 20. September, 15 Uhr Ausstellungsrundgang und Gespräch mit Ingo Giezendanner / GRRRR, Lika Nüssli und Sarah Merten Änderungen vorbehalten. Aktuelle Informationen auf der Webseite. Galerie im Gluri Suter Huus Bifangstrasse 1, 5430 Wettingen www.glurisuterhuus.ch Mi – Sa 15 – 18 Uhr, So 11 – 17 Uhr FOLLOW US: 4
Herausgegeben von der IG Kultur Aargau Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin Inhalt VORSCHAU Open-Air-Kinos 6 MAGAZIN Was wäre der Sommer ohne Freiluftkinos? AAKU spricht mit zwei engagierten Cineasten. 20 Schattenseite der Erfolgsgeschichte Concetto Vecchio spricht im Interview über die Migrationsgeschichte seiner Eltern und den Rechtspopulismus damals und heute, hier und in Italien. Kaos-Protokoll 8 Das Jazzquartett in der Konservi Seon 23 Bildessay Festival der Stille 9 Patrizia Lo Stanco und Vera Ryser haben für das Museum Schiff Das Festival in Kaiserstuhl mit hochkarätigem Klassikprogramm in Laufenburg die Migrationsgeschichten zwischen Leonforte und Boswiler Sommer 10 Laufenburg recherchiert. AAKU druckt Fotografien aus privatem Ein Minifestival unter dem Motto «We are back» Bestand ab, die die gesellschaftlichen Verhältnisse der damaligen Zeit aufzeigen. Kunst in Zofingen 11 Die Ausstellung «Baumfänger» rückt den Baum 28 Überfremdungsdiskurse gestern und heute ins Zentrum der Betrachtung Das Essay von Kijan Espahangizi thematisiert den Zusammenhang der Antirassismusproteste in Amerika und der Diskussion in der Zeitsprung Industrie 12 Schweiz. Baden steht in den kommenden Monaten im Zeichen der Industriegeschichte 33 Das Bild Aus dem Ringier Bildarchiv Familienseite 13 34 Das Objekt Musik im Treppenhaus 14 Sammlerstücke von Rudolf Velhagen Die «Musikalischen Begegnungen Lenzburg» bieten Hausmusik in allen Facetten 34 Zahedullahs Welt Kolumne Empire of Fools 15 35 Jens Nielsen Ein kleiner Wanderzirkus geht auf Tournee Kolumne Kultursplitter 16 35 Ausschnitte Filmtipps 17 Von Anna Sommer Hörtipps 18 36 Unterwegs mit Eliane Bertschi Von Miriam Suter Lesetipps 19 AGENDA 38 Kultur im Aargau auf einen Blick Veranstaltungen im Juli und August Cover: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Comet Photo AG (Zürich) / Com_L09-0287-0001-0023 5
VORSCHAU Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin TEXT MICHAEL HUNZIKER UND PHILIPPE NEIDHART | FOTOS ZVG Filme und Popcorn nach Sonnenuntergang Open-Air-Kinos gehören zum Sommerabend wie die Glühwürmchen. Endlich einen alten Lieblingsfilm wiedersehen oder einen unbekannten Streifen neu entdecken – AAKU ist mit zwei Kino-Enthusiasten, die mit viel Engagement seit ein paar Jahren Filme in die Sommernächte projizieren, ins Schwärmen gekommen. Masterclass in Mystery-Horror: David Lynchs «Blue Velvet». «Das Dilemma ist, dass man auch Lynchs Storytelling fasziniert, das nicht geradlinig eine Geschichte herunterspielt, sondern die Freiheit dem Publi- so viele Lieblingsfilme zeigen kum überlässt, sich den Sinn zu erschliessen. Figuren wie möchte» der Bösewicht Frank Booth (Dennis Hopper) oder Dorothy Vallens (Isabella Rosselini) waren in ihrer unfassbaren Mystik «Das Highlight unseres Open-Air-Kinoprogramms ist dieses neu zu dieser Zeit. Für alle, die den Film nicht kennen: Lynch Jahr aus meiner Perspektive klar «Blue Velvet» von David sprengt die Grenzen des Mystery-Thrillers und spielt mit Lynch. Der Film hat bei mir als jungem Erwachsenen in Horrorelementen – es braucht schon Nerven. den 80er-Jahren eine intensive Kinobegeisterung ausge- Das grosse Dilemma bei der Programmgestaltung ist, löst – eine Liebe, die seither nicht mehr abgeflaut ist. «Blue dass man so viele Lieblingsfilme zeigen möchte, aber nur Velvet» ist einer jener Filme, die mich biografisch geprägt eine kleine Auswahl zeigen kann. Wir haben als weitere haben und vielleicht mit der Grund dafür sind, was ich be Klassiker «Down by Law» von Jim Jarmusch und «Into the ruflich mache. Zu Hause hatten wir keinen Fernseher, wenn Wild» von Sean Penn aufgenommen. Die anderen Filme ich Filme schauen wollte, musste ich ins sind Highlights aus der vergangenen Saison, etwa die ko Kino. Später habe ich dann selbst im Freien reanische Überraschung «Parasite», oder das amerikanische Film in Aarau mitgewirkt und auch ange- Historiendrama «Little Women». Zudem haben wir über die fangen, selbst Filme zu drehen, bevor ich Social-Media-Kanäle das Publikum selbst abstimmen lassen: im Kino Odeon in Brugg die Betriebsleitung «Honeyland» hat gegen «Der Bär in mir» gestochen. übernommen habe. Als Musiker hat mich bei «Blue Velvet» besonders der Soundteppich mitgerissen, BRUGG Odeonair der die Bildwelt und den Schnitt wahnsin- 10.–26. Juli nig gut unterstreicht. Natürlich hat mich www.odeon-brugg.ch Stephan Filati. 6
Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin VORSCHAU OPEN-AIR-KINOS IN DER REGION AUSTRALIAN OPEN-AIR-KINO SCHÖFTLAND Cinema 8, 25. Juni – 29. August www.cinema8.ch/openair-kino KINO UFEM DORFPLATZ RUDOLFSTETTEN Dorfplatz, 14.–21. August www.dorfplatzkino.ch OPEN-AIR-CINEMA AARAU Schachen, 16. Juli – 31. August www.open-air-kino.ch OPEN-AIR-CINEMA FRICK Fricks Monti, 12. August – 5. September www.open-air-kino.ch OPEN-AIR-CINEMA HALLWYL Schloss, 15. August – 3. September www.open-air-kino.ch OPEN-AIR-CINEMA WOHLEN Kantonsschule, 17. Juli – 15. August Das Freiluftkino in Baden auf dem Dach eines Parkhauses. www.open-air-kino.ch OPEN-AIR-CINEMA ZOFINGEN Gemeindeschulhaus, 6. August – 5. September www.open-air-kino.ch «Geschichten, die erzählt werden müssen» Wenn die Sonne untergeht, erwacht auf dem Dach des Park- hauses an der Gartenstrasse in Baden das Leben. Während zehn Tagen können an diesem Ort cinematografische Meis- Der Weg zum Profiwrestler: «Peanut Butter». terwerke genossen werden – eine spektakuläre Aussicht über die Stadt gibt es gratis dazu. Die Filmauswahl wird vom Verein jeweils im Kollektiv gefällt: «An den Programmations- Freiluftkino passt», freut sich Leuthold. Mit «For Sama» hat sitzungen geht es zu und her wie auf einem Marktplatz», so es zudem ein Dokumentarfilm in die Auswahl geschafft. Daniel Leuthold vom Organisationskomitee. Dabei gibt es Dieser handelt von einer Frau in Aleppo, die ihr Leben im keine festen Kriterien, ob es ein Film in die Auswahl schafft. Syrienkrieg mit der Kamera festhält. «Zwar enthält der Film «Es ist eher ein Bauchgefühl, das wir in den vergangenen teils heftige Szenen, trotzdem strahlt er Hoffnung, Liebe 15 Jahren entwickelt haben.» Grosse Produktionen werden und Lebensfreude aus. Es ist ein Werk, das Eindruck macht – dabei selten auf dem Parkhausdach gezeigt, vielmehr sind wir wollen Geschichten zeigen, von denen wir finden, dass es Arthouse-Filme. Besonders freut sich Leuthold in diesem sie erzählt werden müssen.» Zudem konnten die Veranstal- Jahr auf «The Peanut Butter Falcon». Der Film erzählt die ter*innen mit «Papicha» eine Schweizer Vorpremiere ins Geschichte des jungen Zak mit Downsyndrom, dessen Ziel Programm aufnehmen. es ist, Profiwrestler zu werden. Seit seiner Kindheit wohnt er in einem Altersheim, bis ihm eines Tages die Flucht gelingt. Bald schon trifft er auf den Fischer Tyler, der ihn BADEN Freiluftkino auf der abenteuerlichen Reise begleitet, um seinen Traum 8.–18. Juli zu verwirklichen. «Es ist ein kleiner Film, der perfekt in das www.freiluftkino-baden.ch 7
VORSCHAU Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin Wettermacher mit grossen Ohren SOUNDS Das Jazzquartett Kaos Protokoll spielt in Seon: zuhören und das Kopfkino laufen lassen. Die livemusiklose Zeit neigt sich dem Ende zu, die Zeit, als wir unser verdorrendes Musikgefühls- leben mit irgendwelchen Streams aus Küchen, Kellern, Hinterhöfen und Gartensitzplätzen, Probe lokalen und leergeräumten Ver anstaltungsorten zu bewässern versuchten. Jetzt wird wieder in echt gespielt! Und das schöne für Liebhaber*innen von eher nicht mehrheitstauglichen Klängen ist, dass Veranstaltungen, wo nicht Tausende von Leuten ein Feuerzeug in die Luft halten, ihre Kaos-Protokoll. zvg. kleineren Tore schneller öffnen dürfen. Zum Beispiel die Konservi in Seon. In der ehemaligen Conservenfabrik Seethal geht Täler, erlebt Wolkengebirge und Wetterumstürze und seit einigen Jahren ein bunt gemischtes und immer lohnens- taucht ein in eine ganz eigene Klangwelt. Irgendwie wie wertes Musikprogramm über die Bühne; die entspannte und «Art-Rock», wurde gesagt, allerdings entsteht «Kaos Proto- aufmerksame Atmosphäre hat sich mittlerweile herumge- koll»-Musik aus dem Geist und der Musizierhaltung des sprochen, und auch, dass Musikerinnen und Musiker weit Jazz heraus: Genau geplant und doch improvisiert ist jeder- weg vom Schuss im Seetal manchmal besser spielen als in zeit vieles möglich; die Musiker Simon Spiess, Saxofon, den nervösen Metropolen. Luzius Schuler, Tasten, Benedikt Wieland, Bass, und Flo Die Musik von «Kaos Protokoll» passt auf jeden Fall ganz Reichle, Schlagzeug, haben grosse Ohren und das Können, gut in die sanfte Landschaft rund um den Hallwilersee. jederzeit auf das, was sie hören, reagieren zu können. Die Band, die ursprünglich als ziemlich wildes Trio mit einer Die Landschaften verändern sich also, und unvermittelt Art Punk-Jazz begonnen hat, spielt heute, nach einigen steht man akustisch mitten in der Stadt. Und das in der idyl- Umbesetzungen, eine fast nordisch wirkende, kühl kalku- lischen Seetaler Landschaft – «Kaos Protokoll» sei Dank! lierte Musik. Die vier Musiker bauen mit einer Mischung Von Beat Blaser aus akustischen und elektronischen Instrumenten weite Soundscapes, die zuweilen wie Filmmusik ohne Film da herkommen. Vor dem inneren Auge sieht man Hügel und SEON Konservi, Fr, 28. August, 20.15 Uhr Geschichten, die das Leben schreibt SOUNDS Ihr Sound ist ehrlich, direkt und mitreissend – seit bald 30 Jahren gehört Gigi Moto zu den grossen Frauens timmen der Schweiz. Zusammen mit ihrem Partner und Gitarristen Jean-Pierre von Dach kreierte sie ihren ganz eigenen Stil im Dunst- kreis von bluesigen Melodiebögen und rockigen Passagen. Ob zart balladesk oder roh und frech, das Ergebnis ist in jedem Fall betörend. Mit dem Album «Superstar» gelang der Band im Jahr 2000 der Durchbruch, damals waren sie allerdings noch zu fünft unterwegs. Dass Gigi Moto aber auch als Duo perfekt funktioniert, haben sie auf der neusten Scheibe «Local Heroes» und unzähligen Konzerten bewiesen. Fernab von kurzlebigen Trends und langweiligem Kommerz erzählen die Lieder Geschichten direkt aus dem Leben. phn Gigi Moto und Jean-Pierre von Dach. zvg BADEN Club Joy, Do, 9. Juli, 18 Uhr 8
Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin VORSCHAU Lieder von Existenzialist*innen, Eros und Thanatos KLASSIK Es war eine Zitterpartie, doch nun steht fest: Das Festival der Stille in Kaiserstuhl kann stattfinden. Die Erleichterung ist sicht- und hörbar: Die Geigerin Daria Lediglich «Jazz farouche» mit der Gruppe Fascinating Grap- Zappa ist glücklich, dass das von ihr und ihrem Mann Mas pelli auf dem Weingut Engelhof im deutschen Hohentengen similiano Matesic im Jahr 2008 gegründete Festival der Stille wird wegen der Corona-Pandemie auf 2021 verschoben. in diesem Jahr zum 13. Mal ausgerichtet werden kann. Ein Somit bleibt Kaiserstuhl Herz eines ausgesuchten Festivals, Riesenkompliment geht an die Adresse des Organisations- das an zwei Wochenenden – 21./22. und 29. August – mit teams: «Es hat uns immer wieder Mut gemacht: Wir sagen Kostbarkeiten der Musik und Literatur aufwartet. Zum nicht ab. Lasst uns bis Beispiel mit «La vie en rose», einem Abend, an dem Chan- Sopranistin Rachel Harnisch singt am Festival zuletzt warten, das sons von Edith Piaf und Texte unter anderem von Jean-Paul der Stille. zvg wird schon klappen.» Sartre und Albert Camus zu hören sind. Beim Motto «Fiddler Klappen ja, aber unter on the roof» denkt man wohl sofort an das gleichnamige leicht veränderten Musical. Doch beim «Fiddler» in Kaiserstuhl handelt es sich Vorzeichen. Um den um Gilles Apap, der dort kein unbekannter Gast ist. Er wird BAG-Schutzbedin- Werke ungarischer, rumänischer, spanischer, französischer gungen Rechnung und russischer Komponisten spielen. zu tragen, wird die Shakespeare und Purcell, Händel und Strauss; Musik Platzzahl in der und Poesie über Liebe, Tod und Vergänglichkeit: Die ge Kaiserbühne und der feierte Schweizer Sopranistin Rachel Harnisch überrascht St.-Katharina-Kirche mit einem Programm («Eros und Thanatos») zwischen verringert – des- Barock und Moderne. Begleitet wird die Sängerin von einem halb wird jeder neu barocken Ensemble mit Streichern, Cembalo und Theorbe. 60 Minuten dauern- Von Elisabeth Feller de Anlass doppelt geführt. Die erste Veranstaltung findet KAISERSTUHL Festival der Stille um 18 Uhr, die zweite 21., 22. und 29. August um 20 Uhr statt. Violine für Solidarität KLASSIK Sie spielt stets so, als ob es um ihr Leben ginge. Der Geigerin Patricia Kopatchinskaja geht es in der Musik um grundlegende Dinge: «Liebe und Verzweiflung, Schmerz und Freude. Die Frage ist nur, wie das in der Musik ausgedrückt wird? Wie spielt und wie hört man es? Mein Ziel ist es, Alte Musik für uns heute verständlich zu machen.» Zum Beispiel Johann Sebastian Bachs Partita Nr. 2, d-Moll (Chaconne) und zeitgenöss ische Stücke für Solovioline. Diese und weitere Werke wird die Musikerin in ihrem Benefizkonzert in der Klosterkirche spielen: Damit will sie sich solidarisch zeigen mit jenen Kolleginnen und Kollegen, die wäh- rend der Corona-Krise keine Engagements hatten. Der Eintritt ist frei; die Kollekte kommt der Schweizerischen Stiftung für die Förderung und Unterstützung von Berufsmusikerinnen und Berufsmusikern zugute. Von Elisabeth Feller WETTINGEN Klosterkirche Mi, 29. Juli, 19.30 Uhr, Anmeldung erforderlich (bis 24. Juli konzertreihe@korendfeld.ch) Patricia Kopatchinskaja spielt ein Benefizkonzert. Foto: Marco Borggreve 9
VORSCHAU Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin «Wir sind zurück» – tieren, die aufzeigen sollen, was die Mitwirkenden an diesem «Ort der Musik» seit jeher auszeichnet: Leiden Minifestival in Boswil schaft, Engagement und Könnerschaft. Am Festival teil nehmen werden der «Boswiler Sommer», das Jugend- Sinfonieorchester Aargau (JSAG) und das Jugendorchester KLASSIK «Geschenke» wollte der Boswiler Sommer dieses Freiamt (JOF); vertreten sind aber auch die Kinder- und die Jahr zu seinem 20. Geburtstag verteilen. Daraus wurde – Boswiler Meisterkonzerte. Dank einer schachbrettartigen Corona bedingt – nichts. Deshalb aber den Sommer 2020 Bestuhlung werden die BAG-Schutzbestimmungen einge sang- und klanglos vorbeigehen zu lassen – nein, das halten – somit werden also weniger Besucher als üblich kommt für das Künstlerhaus Boswil nicht in Frage. Deshalb Platz in der Kirche finden. Von Elisabeth Feller arbeitet es fieberhaft an einem kleinen Festival, das sich fröhlich mit «We are back» in Erinnerung ruft. Vom 2. bis 9. August werden sämtliche Institutionen, die im Künstler- BOSWIL Alte Kirche, 2.–9. August. Programmdetails unter haus beheimatet sind, je 60-minütige Programme präsen www.kuenstlerhausboswil.ch Der Boswiler Sommer meldet sich zurück. zvg Musikalische Reisen durch Europa Freddie Mercury – aufweist. Mit «Von Bach bis Piazzolla» wollen drei Musiker*innen das Publikum am 14. August in KLASSIK Die Aarauer Sonaare-Konzertreihe atmet auf: Es die Pauluskirche locken. Ob Volksmusik, Oper, Musical, Film- geht weiter. Zwar ein bisschen anders als früher, denn künftig musik oder Tango nuevo: Das Trio Artemis lässt sich auf jedes müssen sich Besucher telefonisch oder per E-Mail anmelden. Genre mit grosser Spielfreude ein. Von Elisabeth Feller Neu werden ihnen nummerierte Plätze in der Pauluskirche zugewiesen. Am 10. Juli finden sich drei Spezialist*innen der Alten Musik zusammen (Duo Ahlert / Schwab und Léon AARAU Pauluskirche, 10./17. Juli, 7./14. August, 19 Uhr Berben), um in ihrem Konzert verschiedene Nationalstile gegenüberzustellen. Eine Woche später, am 17. Juli, steht das Konzert unter dem zunächst etwas rätselhaft anmuten- den Motto «Musiklotto». Das Duo Esperanto lädt zu einer musikalischen Reise durch Europa ein, wobei das Publikum ins Konzertgeschehen einbezogen wird: Es darf mit einem «Musiklotto» selbst Stücke von bestimmten europäischen Ländern wünschen. Jüngst wanderte der junge russische Harfenist Alexander Boldachev quer durch die Schweiz. Mit dabei: seine Harfe. In seinem Programm «Harfe Solo – neu gehört» zeigt er am 7. August, welche Spannweite sein Repertoire – von Bach bis Strawinsky und von Debussy bis Das Duo Ahlert / Schwab spielt mit Léon Berben «Eurovisionen». zvg 10
Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin VORSCHAU «Wir fangen den Baum und er fängt uns» AUSSTELLUNG Das Kunsthaus Zofingen zeigt in seinem Jahresprogramm «Von Wurzeln zu Wolken» drei Ausstellungen mit Bezug zur Natur. Die Gruppenausstellung «Baumfänger» macht den Anfang. «Wir starten unter der Erde, bei den Wurzeln», erklärt die Com&Com, Baum I. Foto: Daniel Schmid Kuratorin Claudia Waldner. «Alle ausgestellten Arbeiten ha- ben etwas traumhaftes, hinterfragen die Symbiose zwischen Mensch und Natur und untersuchen deren Abhängigkeiten. Gefällte Kunstskulptur Wir fangen quasi den Baum und er fängt uns.» Die vier Von der Erde weg geht es im oberen Stock: Im grossen künstlerischen Positionen beschäftigen sich alle mit Bäumen Tanzsaal ersetzt die Installation eines hängenden Wurzel- und zeigen jeweils neue Arbeiten: Der Bildhauer Beat Brei- werks von Com&Com den Kronleuchter. Die beiden Künstler tenstein, das Künstlerduo Com&Com und die Künstlerinnen Marcus Gossolt und Johannes M. Hedinger machen seit Marianne Engel und Victorine Müller. Letztere installiert im 2012 mit dem Kunstprojekt «Bloch» auf sich aufmerksam. Kunsthaus Zofingen eine komplexe Rauminstallation, in der Gemäss der Appenzeller Tradition ersteigerten sie den sieben neue Videos rund um ein transparentes Luftobjekt Stamm der letzten gefällten Fichte des Winters – Bloch ge- in einen Dialog treten. Sie sind in Göschenen entstanden nannt – und gingen mit ihm auf Reisen durch verschiedene und gehen den Spuren des Mystischen in der Natur auf den Ausstellungen, Länder und Kontinente. Die Dokumentation Grund. Die Performancekünstlerin erscheint als das Wesen ist in Zofingen zu sehen, jedoch nicht der Baum selber, da Mensch, das auftaucht und verschwindet, aber stets im er sich gerade in Südamerika befindet. Dafür steht vor dem Hintergrund bleibt. Über die Dramaturgie der Projektionen Kunsthaus eine 178 Jahre alte Eiche, die vom Künstler Beat und das baumförmige Objekt legt sich eine Soundcollage, Breitenstein nach dem Fällen als Kunstskulptur «Das Leben die auch ausserhalb Müllers Installation zu hören ist. Auch geht weiter» eine neue Bedeutungsebene bekommen hat. im abgedunkelten Raum, wo Marianne Engel ihre fluores- Er thematisiert damit auch die Vergänglichkeit und das zierenden Objekte arrangiert hat. Die in Mandach geborene (Über-)Leben von Wurzeln im Kunstkontext. Von Gianna Rovere Künstlerin forscht an der Schnittstelle zwischen Natur und Kunst und legt einen Fokus auf das Erdreich und seine Bewohner*innen. ZOFINGEN Kunsthaus, 15. August bis 11. Oktober Das langersehnte Fest AUSSTELLUNG Das Museum Langmatt hat eigentlich zwei Gründe zum Feiern. Einerseits ist da das 30-Jahre-Jubiläum, das nun endlich richtig begangen werden kann mit einem öffentlichen Fest, und andererseits hat die Stadt Baden im Juni politisch die Weichen gestellt für die dringend nötigen Renovationsarbeiten am Haus im Umfang von 17,2 Millionen Franken. Ein nicht ganz bedeutungsloser Nebenaspekt: Das Museum wird Bilder im Wert von 40 Millionen Franken aus seinem Bestand verkaufen müssen – das dämpft die Feierlaune etwas, ist aber laut Museum «ein alternativloser Schritt, der die Zukunft sichert». Am Fest wird auch die Ausstellung «Raumfahrt IV» eröffnet, die in den historischen Wasch räumen der Familie Brown junge Schweizer Positionen präsentiert: mit Werken von Frédéric Gabioud, Martin Jakob und Noha Mokhtar. mh BADEN Museum Langmatt, Sa, 29. August, 15 Uhr Noha Mokhtar, Droite Gauche. zvg 11
VORSCHAU Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin Industriegeschichte(n) DIES & DAS Pioniergeist prägte die Stadt Baden und die gesamte Region. Für das Projekt #Zeit sprungIndustrie Baden haben sich verschiedene Akteur*innen aus Kultur, Bildung und Wirtschaft zusammengeschlossen, um die Industriegeschichte in verschiedenster Art und Weise zu beleuchten und Fragen nach der digitalen Zukunft zu stellen. Der Aargau verfügt über ein reiches industrielles Kultur keinesfalls glorifizieren, sondern auch kritisch hinterfragen», erbe – mit dem Themenjahr #ZeitsprungIndustrie wird so Badertscher. Dies geschieht beispielsweise beim «Car- diesem mit über 100 Veranstaltungen im ganzen Kanton toon Popup» in der Trafohalle: Rund 40 Karikaturist*innen Rechnung getragen. Eine führende Rolle nimmt dabei die präsentieren einen satirischen Blick auf das Thema Industrie Bäderstadt ein: «Es ist schön zu sehen, dass alle an einem und digitale Revolution. Von Philippe Neidhart Strick ziehen und mit viel Leidenschaft mit dabei sind», freut sich Laura Badertscher, Koordinatorin von #ZeitsprungIn- dustrie Baden. So hat sich beispielsweise das Fantoche dazu BADEN diverse Orte, Informationen und Programm: entschieden, mit «Industrie im Spiegel der Animation» eine www.zeitsprungindustrie.ch/baden Filmreihe am kommenden Festival zu zeigen. Bereits schon am 2. Juli startet das Programm des Museums Langmatt mit einer interaktiven digitalen Schnitzeljagd. Mithilfe eines Smartphones und einer App können die Besucher*innen den Park der Villa erkunden und eine Entdeckungsreise zu längst verschwundenen Orten erleben. Historische Fotos aus dem 2018 erschlossenen Archiv der Familie Brown lassen in dieser Weise faszinierende Facetten aus der Geschichte der Langmatt wiederaufleben. Im Zentrum stehen dabei sowohl architektonische wie auch technische, soziale und kulturelle Themen. Unter Strom Es ist in erster Linie die Elektroindustrie, die bis heute das Stadtbild von Baden prägt – seien es die Villen der Tech- nikpioniere oder die Werkhallen in Baden Nord. Ein solches Zeitzeugnis ist auch die Alte Schmiede, die vom 22. August bis zum 4. Oktober die Sonderausstellung «Unter Strom» des Vereins Industriewelt Baden beherbergt. Geboten wird eine Reise durch 130 Jahre Badener Industriegeschichte, wobei auch ehemalige Mitarbeiter*innen und Auszubildende der Badener Elektroindustrie als Zeitzeug*innen zu Wort kommen, was die Ausstellung um eine persönliche Pers- pektive ergänzt. Doch es wird nicht nur ein Blick zurück in die Anfänge der Badener Industriegeschichte geworfen, mit dem «Platz der Zukunft» zeigen aktuelle Projekte aus Indus- trie, Forschung und Bildung auf, in welche Richtung sich der Industriestandort Baden entwickeln könnte. Kritischer Blick «Wir wollen den Besucher*innen ein möglichst vielfäl- tiges Programm bieten, sodass für jede*n etwas dabei ist», sagt Badertscher. So gastiert Ende August die Wanderaus- Mitarbeitende posieren vor dem Wasserkraftgenerator für das Nilkraftwerk Assuan, 1952. Foto: Hist. Archiv ABB Schweiz stellung «Mobil! Unterwegs mit Visionären» in Baden. In einem alten Wagen der SBB wird am Bahnhof Oberstadt an die Eisenbahn-Pionierzeit erinnert und stellt Fragen nach Austausch und Offenheit, die sich bei Bahnreisen täglich ergeben. Und mit «Fallen – A Dance Performance» wird in der alten Metallgiesserei auf dem Oederlin-Areal dem Wech- selspiel von Video, Tanz und industrieller Geschichte Raum gegeben. «#ZeitsprungIndustrie Baden soll die Geschichte 12
Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin VORSCHAU «Fründe» BÜHNE Was bedeutet es, gute Freunde zu sein? Dieser Frage gehen die Tiere Johnny Mauser, Franz von Hahn und Schwein Waldemar nach und stolpern damit gemeinsam durch alle Höhen und Tiefen des Lebens. Das Theater Tägg en Amsle bringt unter der Regie von Paul Steinmann das Kinderbuch «Freunde» von Helme Heine in Schwei- zerdeutsch auf die Bühne. Es wird viel gebastelt, viel Musik gemacht und einige Konflikte durchgestanden, die den Tieren eines mit Bestimmtheit zeigen: Unter Freunden spielen Herkunft und Aussehen keine Rolle; und als Freunde ist man unbesiegbar. Ab 5 Jahren. mh WOHLEN Sommerbar Islerareal Samstag, 18. Juli, 14 Uhr «Fründe» sind unbesiegbar. zvg Ich wär so gerne Legiönär … DIES & DAS Sich einmal in einen römischen Legionär hineinversetzen, in seine Welt eintauchen und den Mörder des Centurios finden, das grosse Orakel lösen oder das Geheimnis des Kamels knacken: Beim Legionärspfad Vindonissa können Kinder, Jugendliche und Erwachsene genau das tun. Wie fühlt es sich an, den Kopf in einen römischen Helm zu stecken und den lateinisch gebellten Befehlen des Truppen führers zu folgen, das Schild hochhieven, das Schwert ausfahren? So wird Geschichte erlebbar. Ein Spass für die ganze Familie. mh WINDISCH Legionärspfad Vindonissa verschiedene Termine. Infos: www.legionärspfad.ch Zu Besuch bei den Römern. zvg Geschichten zum Zuhören DIES & DAS Die Stadtbibliothek Baden veranstaltet den Sommer hindurch verschiedene Lesungen für Kinder. In der Reihe «BilderBuchZeit» können Kinder ab 3 Jahren gemeinsam mit Turmfalke Falco in die bunte Welt der Bilder- geschichten eintauchen. Die Veranstaltung wird neben Schweizerdeutsch auch auf Englisch, Italienisch und Fran zösisch angeboten. In der Reihe «Schenk mir eine Geschich- te» für Kinder von 2 bis 6 Jahren gibt es Geschichten in ihrer Herkunftssprache zu hören (Portugiesisch, Albanisch, Spanisch). mh BADEN Stadtbibliothek diverse Daten. Infos: www.stadtbibliothek.baden.ch Falco begleitet durch Bildergeschichten. zvg 13
VORSCHAU Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin Musik auf allen Etagen SOUNDS Das Programm der Musikalischen Begegnungen Lenzburg steht unter dem Motto «Hausmusik». Im «Treppenhaus» spielt das Jazzduo Harter-Locher. Wann Musik begann, Konzert saalmusik zu sein, weiss kein Mensch. Musik war Dorfplatztanz- musik, Kirchengesangsmusik oder ganz einfach Hausmusik, alles gedacht als Jekami – wer ein Instrument einigermassen spielen konnte, war eingeladen mitzu- tun. An diese Tradition knüpfen die diesjährigen Musikalischen Begegnungen Lenzburg an, und zwar wörtlich: «Hausmusik» ist das Thema, und weil ein Haus ja viele Räume anbietet, um sich zu begegnen, wird es von oben bis Martin Locher und Matthias Harter (v. l.). Foto: Bruno Driutti unten mit Musik gefüllt. Im über- tragenen Sinn allerdings im Fall von Lenzburg, das Haus umfasst die ganze Stadt! Saxofonen und Mathias Harter an der Gitarre, spielen Klänge, Das Eröffnungskonzert findet sinnigerweise im Entrée die sowohl zu einem gepflegten Apéro passen, wo wohler- des Hauses statt, dieses ist auf dem Schloss. Im Schlafzim- zogene Menschen nicht zu grosse Mengen von Alkohol zu mer wird Kammermusik gespielt, in der Küche erklingen sich nehmen, als auch in den Keller, wo die Musik schwitzt, (Küchen-?)Lieder, im Garten steigt eine Serenade, und im wo zupackender Groove wichtig ist und die Improvisatio- Salon geht das grosse Finale über die Bühne. nen wilder sein dürfen. Locher und Harter verfügen über Dass dabei ein Jazzkonzert ins Treppenhaus verbannt ein Repertoire, das fast alle populären Spielarten des Jazz wird, hat durchaus seine Logik. Denn Jazz war immer eine abdeckt, von Latin und Bossa nova über Blues und Soul bis Musik des Dazwischen, er fand eine Heimat in den grossen zu den unsterblichen Standards aus dem Great American Konzertsälen, wo Tux und Schlips dazugehören, aber eigent- Songbook. Schöne Musik eben! Von Beat Blaser lich viel wohler fühlt er sich mindestens ein Stockwerk tiefer, im Keller. Dicht gedrängt (in Vor-Corona-Zeiten!) sassen und sitzen dort die Fans, um konzentriert den zuweilen LENZBURG Diverse Orte herausfordernden Improvisationen der Akteure zu folgen. 21. August bis 6. September. So gesehen passt das Duo Harter-Locher bestens ins Duo Harter-Locher: Stapferhaus, Di, 25. August, 20.15 Uhr Treppenhaus. Die beiden Musiker, Martin Locher an den Sehnsuchtsmusik SOUNDS Musik aus dem Balkan ist vielschichtig, gefühl- voll und lädt zum Tanzen ein. Auch das Trio Amal – in der Sprache der Roma der Ausdruck für «Freund» – ist bekannt für ein Wechselspiel von Stimmungen. Von Wehklagen bis zur wilden Ausgelassenheit frönen sie mit Klarinette, Geige und Akkordeon den osteuropäischen Klängen. Klezmer trifft auf rumänische Volksmusik, dazu gesellen sich türkische Melodien. Amal lässt den Alltag hinter sich und nimmt das Publikum mit auf eine musikalische Reise voller Leiden- schaft, Sehnsucht und Lebensfreude. phn FRICK Kornhauskeller Fr, 21. August, 20.15 Uhr Amal hat sich 14der Musik aus dem Balkan verschrieben. Foto: Fabio Monetti
Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin VORSCHAU Manege frei Die Gruppe Roikkuva startet einen Wanderzirkus. zvg BÜHNE Mit dem Programm «Empire of Fools» geht ein kleiner Wanderzirkus erstmals auf Tournee und bringt im aktuellen Stück zeitgemässe Themen ins Zelt. Die Moral der Zirkusgruppe ist auf dem Prüfstand, das Ver- trauen zwischen den Artist*innen bröckelt. Ökonomische Probleme treiben sie um. Wo das Geld fehlt, sind Sinnfragen nicht weit. Kann ich dem Messerwerfer noch trauen, hält mich das Seil, das die Bühnenarbeiterin aufgerichtet hat? Das sind Fragen, denen sich Zirkusmacher*innen oft stellen müssen, und genau hier setzt auch die Compagnie Roik kuva in ihrem Zirkus-Tanz-Theater «Empire of Fools» an. Die Gruppe um Andreas Muntwyler (Wohlen) und Ulla Tikka (Finnland), deren Mitglieder über internationale und lang- jährige Zirkuserfahrung verfügen, nimmt sich genau diesen Erschwernissen, die das Zirkusleben in der heutigen Zeit mit sich bringt, an und inszeniert sie auf unterhaltsame Weise mit vielen artistischen und musikalischen Einlagen. Zu den Anfängen des Zirkus Die Musik, die von Perkussionist Samuel Messerli als Mit der Geschichte, die sie auf die Bühne respektive Kapellmeister verantwortet wird, der mit neuen Techniken in die Manege bringen, thematisiert das Ensemble seine und alten Melodien experimentiert, trägt ihren Teil dazu eigene Situation. Es braucht schliesslich einiges an Wage- bei, begleitet die szenischen Episoden und tritt in spontanen mut und Herzblut, unter den gegebenen Umständen einen Dialog mit den Schauspieler*innen und dem Publikum. Zirkus zu gründen. Die Compagnie Roikkuva wagt es und Und wie es sich für einen Wanderzirkus gehört, will die startet ihre Tournee im August mit eigenem Programm und Compagnie Roikkuva gemäss Muntwyler auch nicht die eigenem Zelt. Ihr selbstreflexives Vorhaben führt sie auch grossen Städte ansteuern: «Wir fahren an die kleinen Orte, zurück zur ursprünglichen Idee des Zirkus. Was so viel heisst in Dörfer und in die Agglos. Dorthin, wo die Menschen le- wie «unmittelbare Nähe zu den Artist*innen in einer ein- ben, und dorthin, wo der Zirkus auch angefangen hat.» zigartigen Atmosphäre», sagt Andreas Muntwyler und fügt Von Michael Hunziker an, «wir generieren in jeder Vorstellung eine Welt für sich.» Auf das Publikum wartet aber kein klassisches Zirkuspro- gramm, sondern eine anspielungsreiche Inszenierung auf MURI Sportanlage Brühl, 21./22. August «Empire of Fools», die Zirkustradition mit Clownerie, Seiltanz, Luftakrobatik und 23. August «Very Little Circus». Spielzeiten und Infos: Jonglage – alles in kleinem und intimem Rahmen. www.roikkuva.com Modernisierte Natur AUSSTELLUNG «Warum ist hier alles rot?», könnte man sich beim Betrachten der aktuellen Ar beiten von Zak van Biljon fragen. Dazu gibt es eine einfache und eine komplexere Erklärung (oder Versuche dazu). Die einfache (weil physikalisch): Der Fotograf greift bei seinen «Naturaufnahmen» auf eine Technik zurück, die unter anderem dazu dient, Nutzpflanzen zu beobachten. Da die Zellstruktur der Blätter das dazu verwendete Infrarotlicht stärker zurückwirft, als das «natürliche» Licht, das für die Fotosynthese absorbiert wird, erscheinen die Bilder in diesem magischen Rot. Nicht etwa, weil im Photoshop herummanipuliert wurde. Die komplexere, nicht abgeschlossene Erklärung (weil kulturell): Zak van Biljon tut dies mit der Absicht, gesellschaftlich etablierte Seh- gewohnheiten und Naturvorstellungen zu irritieren. Dabei fragt er sich, wie diese Vorstellungen zustande gekommen sind. Und schon sind wir bei wahrnehmungstheoretischen Grundsätzen, und da wird es schwierig – und deshalb besonders interessant. mh Memory Tree von Zak van Biljon. BADEN Galerie 94, Vernissage Do, 20. August, Ausstellung bis 3. Oktober 15
VORSCHAU Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin Eine göttliche Strafe Heiliges Feuer Alles im grünen Bereich? Schlossfestspiele Werdenberg Die aktuelle Sonderausstellung im Die Musikfestwoche Meiringen Die Galerie im Weiertal öffnet im Carmen gehört zu den beliebtes- Historischen Museum Uri befasst findet dieses Jahr unter dem Sommer ihren Garten für Skulp- ten und am meisten aufgeführten sich – passend zu diesem Frühling – Titel «Feu sacré» statt und feiert turenausstellungen, Installationen Opern weltweit. Das Werk von mit medizinischem Fortschritt, sein 60-Jahr-Jubiläum. Mit dem und kinetische Arbeiten. Dieses Georges Bizet wurde auch mehr- Plagen und Epidemien. Neben Goldenen Bogen wird an der Jahr heisst die Ausstellung «Alles fach verfilmt, und die Werdenber- Instrumenten der alten Medizin diesjährigen Ausgabe der ungari- im grünen Bereich?» In ihren ger Schlossfestspiele haben 1999 werden Zeugnisse der Volksheilkun- sche Geiger Roby Lakatos ausge- Werken setzen sich die mehr als die Oper Carmen schon einmal de ausgestellt. Diese alten Heilkon- zeichnet, er spielt auch mit seinem dreissig beteiligten Künstler*innen gespielt. Die Oper bietet berühm- zepte zeigen, wie Krankheiten als Gypsy-Ensemble zur Eröffnung. mit dem Verhältnis von Mensch te Arien, beliebte Tanznummern, Zauberhandlungen oder Strafe Zudem treten unter anderem das und Natur auseinander: mit einige Orchester-Interluden Gottes angesehen wurden. Das Berner Kammerorchester, Festival- Klimawandel, Konsum, und grosse Chornum- Museum ist zwar bis Mitte August leiter und Cellist Patrick Demenga dem Umgang mit mern. offiziell geschlossen, Gruppen und die Violinistin Isabelle van Ressourcen – mitten können jedoch nach Absprache das Keulen auf. im Grünen. WERDENBERG Museum trotzdem besuchen. Schloss, 8. bis MEIRINGEN diverse Orte, WINTERTHUR 22. August ALTDORF Hist. Museum Uri, ab 3. bis 11. Juli Galerie Weiertal Sa, 15. August, www.hvu.ch Bis So, 13. September Schaufensterausstellung Zwischen Himmel und Hölle Leben im Lehm Politisches Potenzial des Bildes Als Zwischenspiel lädt der Kunst- In Goethes «Faust» geht es ums Ein Drittel der Weltbevölkerung Sie gilt als eine der wichtigsten verein Olten über den Sommer zu Kleine und ums grosse Ganze, um wohnt in Lehmhäusern. Das Avantgardistinnen Osteuropas. einer «Schaufensterausstellung» Gott und Teufel, um Lust und Leid, Material hat bauphysikalisch einiges Ins Bewusstsein der westlichen ein. Die Fenster des Ausstellungs- um Menschen, Mythen und Myste- zu bieten. Und es ist reichlich Kunstwelt wurde Geta Brătescu raums an der Hübelistrasse bieten rien. Das Goetheanum in Dornach vorhanden. Nur: Es gilt auch als (1926–2018) jedoch erst 2017 einen Blick auf Werke von ver- zeigt nun eine Neuinszenierung Baustoff der Armen. Dagegen hält durch die Biennale in Venedig schiedenen Künstler*innen. Auf des weltbekannten Theaterstücks, das Ziegelei-Museum Hagendorn, gerückt. In St. Gallen wird eine telefonische Vereinbarung können die nur noch neun (statt 18 oder Zusammen mit dem Vorarlberger umfassende Würdigung der Künst- die Werke in den Ausstellungs- 22) Stunden dauert und mit ergän- Institut Vai ist die Ausstellung Base lerin gezeigt, deren Werke ihren räumlichkeiten besichtigt werden. zenden Vorträgen über drei Tage Habitat entstanden. Sie will zeigen, einzigartigen Zugang zu zentralen verteilt ist. wie nachhaltig einfache und Fragen der Abstraktion, dem poli OLTEN Hübelistrasse 30, dauerhafte Bautechniken mit Lehm tischen Potenzial des Bildes und bis 16. August DORNACH Goetheanum mit lokalen Gemeinschaften der subjektiven Erfahrung von Er- Fr–So, 10.–12.7., 17.–19.7., 24.–26.7. entwickelt werden können. innerung und Geschichte spiegeln. (mit Vorträgen), Sa / So, 24./25.10. www.faust.jetzt CHAM Ziegelei-Museum Hagen- ST. GALLEN Rathaus für Kultur, dorn, bis So, 18. Oktober, Sa, 7. März, 19 Uhr 16
Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin VORSCHAU Der gute Mensch von Berlin «Berlin Alexanderplatz» von Burhan Qurbani, Deutschland Burhan Qurbani hat sich mit Alfred Döblins 1929 erschienenem Roman eines der Hauptwerke der deutschen Moderne vorgenommen und dieses filmisch ebenso eigenwillig wie beeindruckend in der Gegenwart umge- setzt. Aus dem strafentlassenen Lohnarbeiter Franz Biberkopf, der eine neue Existenz aufbauen will, ist ein Francis aus Guinea Bissau geworden, der als Migrant in der deutschen Grossstadt ein guter Mensch sein möchte. AB 9. JULI im Kino Kunstvolles Debüt in Schwarz-Weiss «Canción sin nombre» (Lied ohne Namen) von Melina León, Peru Zurück in Perus aufgewühlte 80er-Jahre: Georgina und Leo, ein junges Indiopaar, erwarten ihr erstes Kind. Sie sind noch nicht lange in Lima und können sich nur knapp über Wasser halten. Kein Wunder, reagiert Georgina auf die Ankündigung einer Klinik, die schwangeren Frauen kostenlose Entbindung anbietet. Doch das Neugeborene bekommt sie nicht zu Gesicht, und am nächsten Tag ist die ganze Klinik verschwun- den. Ebenso verzweifelt wie entschlossen, ihre Tochter zu finden, sucht sie die Hilfe des Journalisten Pedro Campos, der sich bereit erklärt, eine Untersuchung einzuleiten. Melina León greift in ihrem ersten Spielfilm einen wahren Fall auf und gestaltet mit visueller Kraft eine bewegende Fiktion über korrupte Strukturen und eine Zweiklas- sengesellschaft, die sie kafkaesk in Szene setzt. AB 2. JULI im Kino Die neun Aufrechten «Criminales como nosotros» (Verbrecher wie wir) von Sebastián Borensztein, Argentinien Und es gibt sie doch, die Gerechtigkeit! Rund um den Tankstellenbesitzer Perlassi (Ricardo Darín) macht sich eine Gruppe kauziger Freunde und Nachbarn daran, eine heruntergekommene Kooperative auf dem Land wieder in Schwung zu bringen. Doch so gut das Sammeln des nötigen Geldes funktioniert hat, so schnell sind sie es wieder los, denn wir schrei- ben das Jahr 2001, als die Wirtschaftskrise viele Argentinier*innen fast über Nacht mittellos gemacht hat. Bald erfahren die Freunde, dass der Bankdirektor die Situation ausgenutzt und sie hinters Licht geführt hatte. Sie hecken einen komplexen Plan aus, um sich zurückzuholen, was ihnen gehört. Eine herzerwärmende Komödie, die zeigt, dass sich mit Team- geist, Toleranz und Tatkraft Berge versetzen lassen. AB 13. AUGUST im Kino 17
VORSCHAU Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin Ein wahrer Aargauer Kriminal- fall als Podcast Eine mysteriöse Wahrsagerin, zwei Giftmorde, ein Schau prozess im Aarauer Rathaus und eine Menge heute noch ungeklärter Rätsel. Im True Crime Podcast «Die Giftmör derin von Suhr» arbeitet der Journalist und Kultur- schaffende Pascal Nater eine Geschichte auf, die seine Wahlheimat Suhr seit über neunzig Jahren umtreibt. In den mittlerweile sieben Episoden beleuchtet er die Lebensgeschichte Verena Lehners, den problematischen Gerichtsprozess und die Rezeption der Figur Verena Lehner in den Jahrzehnten seit ihrer Verurteilung 1929. In ihrer weit verzweig- ten Verwandtschaft wurde die 16-fache Mutter aus Scham jahrzehntelang verschwiegen. Mit einem Buch des Lenzburgers Kurt Badertscher 2018 und der Theaterinszenierung von Ariane Koch und dem Theater Marie im Februar wurden erneut Schlaglichter auf ihre Geschichte geworfen und viele Menschen in deren Aufarbeitung involviert. Pascal Nater führte Gespräche mit Urahninnen, der Suhrer Dorfbevölkerung, einer Giftexpertin, einem Gefängnishistoriker und montiert seine Recherche zu einer fesseln- den Erzählung im Audioformat – mit nach wie vor offenem Ende … kk DIE GIFTMÖRDERIN VON SUHR sämtliche Episoden auf kanalk.ch, Der Podcastautor Pascal Nater, Foto: Roman Gaigg iTunes, Spotify etc. Festivalsommer fällt aus – aber darauf hätten wir uns gefreut: PYRIT MNEVIS ALAS THE SUN St. Gallen Aargau Zürich «hätte das Chrutwäje «sollten das Kleinlaut «wären fürs Kleinlaut bespielt» beehren» aufgeboten» Thomas Kuratli aus St. Gallen ist eine der Über zehn Jahre Bandgeschichte, vier Kumpels, Das Indie-Folk-Dream-Pop-Duo um Anja Tremp schillerndsten Persönlichkeiten der Schweizer ein kniffliger Name: Mnevis. Der Sound, den sie (Voc) und Sandro Raschle (voc, git) hat uns Kulturszene. Alleine auf der Bühne, eingebettet in ihrem einzigartigen Indie-Pop-Kosmos kreie- schon im letzten Jahr verzaubert. Auf ihrem in ein Zusammenspiel aus Sound- und Licht ren, übt eine Anziehungskraft auf jeden Körper Debüt «You and Your Love» versorgen sie uns effekte kreiert Pyrit treibende, unglaublich dicht aus. Da hätten auch die Kleinlaut-Besucher*in- in zehn Songs mit leichtfüssig-luftigen Arrange- gewobene Konzerterlebnisse. Must-See: Video nen nicht widerstehen können. Wie wunderbar ments und einer zarten Stimme, die auch im- vom letztjährigen B-Sides, und wenn sich wie- hätte dieser verspielte Sonnenuntergangs-Vibe mer etwas verträumt in den Wolken nachhängt. der die Chance bietet, an ein Konzert von ihm! doch zum Festival im Hochsommer gepasst. Passt auch live zu Sonne und Regen. 18
Juli/Aug 20 Aargauer Kulturmagazin VORSCHAU Wandern wie gemalt Ferien in der Schweiz? Wie wärs mit einem unkonventionellen Wanderführer? Die Badener Journalistin Ruth Michel Richter und der Fotograf Konrad Richter haben bislang drei tolle Kunst-Wanderbücher veröffentlicht, in denen Wanderungen zu Orten bekannter Gemälde beschrieben werden. Nach den ersten beiden Bänden zu Graubünden und zum Ber- derungen können bequem von zu Hause aus nachgelesen, ner Oberland liegt nun ein weiterer Wanderfüh- die ausgewählten Gemälde mit der heutigen Situation ver- rer dieser einmaligen und geglückten Reihe vor. glichen oder die gut beschriebenen Wanderungen selbst un- Im neuen Band geht es um die Gotthard- ternommen werden. Man kann wie Ruth Michel und Konrad region, die vier Schweizer Kantone umfasst: Uri, Richter die Malstandorte aufsuchen und nebst frischer Luft Graubünden, Tessin und Wallis. Das sind vier unterschiedli- und gesundem Wandern viel über die Künstler, Kunst- aber che Kulturen, drei Sprachregionen, eine reiche Geschichte auch Ortsgeschichte, Tourismusentwicklung und Eigenhei- und viele faszinierende Gemälde. Angefangen beim Gott- ten der Region erfahren. Von Susanne Jäggi hardpass – die kürzeste Nord-Süd-Verbindung und zugleich historische Mythenmaschine im Herzen der Schweiz – und Ruth Michel Richter, Konrad Richter. Wandern wie nicht ganz unbescheiden: im Zentrum Europas. gemalt, Gotthardregion, Auf den Spuren bekannter Und auch diesmal gilt: Diese vierzehn attraktiven Wan- Gemälde. Rotpunktverlag 2019 Erbarmungslose Hitze Drachenpost Der 17-jährige Léonard verbringt die Sommerferien mit Der kleine Alex findet in seinem Keller einen seinen Eltern auf einem grossen Campingplatz an der Drachen. Einen echten, riesigen, feuerspeien- französischen Atlantikküste. Seine Eltern, Geschwister den Drachen. Und wer bei feurigen Problemen und die anderen Gäste geniessen ihren Urlaub, doch der helfen kann, weiss Alex genau: Da muss ein introvertierte Junge hasst die Fröhlichkeit, den Sommer Brief an die Feuerwehr her. Und er bekommt und die läppischen Aktivitäten. Am meisten aber hasst prompt eine Antwort vom Feuerwehrmann er seine Altersgenoss*innen, die jeden Abend am Strand A.Larm. Doch die Lösung von Herrn A.Larm reicht Alex feiern, sich betrinken und miteinander anbandeln. In der nicht. Noch mehr Hilfe, noch mehr Briefe müssen geschrie- vorletzten Nacht der Sommerferien beobachtet Léonard ben und verschickt werden. Ausserdem bringt ein Drache den Suizid eines Jugendlichen. Er hätte ihn retten können, im Haus einige Schwierigkeiten mit sich, die Alex nicht doch er schaut reglos zu und versteckt die Leiche im Sand, hat kommen sehen. «Drachenpost» ist ein humorvolles warum weiss er selbst nicht. Geplagt von Schuldgefühlen Bilderbuch für Gross und Klein. Mit den liebevoll gestalteten und gelähmt durch die Angst, entlarvt zu werden, taumelt Illustrationen und den vielen Wortspielen gibt es für alle er durch die letzten Stunden der Ferien. Dazu kommt die etwas zu entdecken. Besonders anregend sind die Briefe, unerträgliche Rekordhitze und die verführerische Luce, die die sich rausnehmen und auseinanderfalten lassen. Gerade sich plötzlich für ihn zu interessieren scheint. diese sprühen vor Kreativität und Wortwitz. Die Autorin Der Debütroman des 1994 geborenen Emma Yarlett, gleichzeitig auch Illustratorin, brilliert in ihrem Victor Jestin ist ein intensives Leseerlebnis. ersten auf Deutsch erschienenen Kinderbuch. Ein Komisch und ätzend wird das Urlaubsleben besonderes Lob verdient jedoch auch Übersetzer auf einem Campingplatz geschildert. Die Span Ebi Neumann, der die Texte zu einem wah- nung und Überreiztheit, die auf dem jugend- ren Lesespass macht. Alex und sein Drache lichen Protagonisten, lastet ist greifbar und wachsen einem ans Herz und lassen einen erbarmungslos wie die Hitze! Von Laurin Jäggi nicht so einfach wieder los. Von Lea Kalt Victor Jestin, Hitze, Kein & Aber, 2020 Emma Yarlett. Drachenpost. Thienemann 2019 19
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