Zim - zim zielgruppe - inhalt - methode - Sozialistische Jugend ...

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Zim - zim zielgruppe - inhalt - methode - Sozialistische Jugend ...
zim

      zielgruppe – inhalt – methode                ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
zim   © SJD – Die Falken Bundesverband • Saarstraße 14 • 12161 Berlin • info@sjd-die-falken.de
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Gegen rechten Terror – Workshop-zim
                                                                                                                                                      Einstiegsworkshop

      Einstiegsworkshop
      Rechter Terror in Deutschland

      Zeitbedarf:                                                                            Anmerkungen zu den Texten für die Gruppenarbeit:
      2 h 30 min (eine Pause von 15 min ist eingeplant)
                                                                                             Die angegebenen Texte für die Gruppenarbeit sind eine begrenzte
      Teilnehmer*innenanzahl:                                                                Auswahl und können gerne ergänzt werden. Vorschläge für weite-
      6 – 20                                                                                 re Akte rechten Terrors, die thematisiert werden können: Morde in
                                                                                             Hanau, Oktoberfest-Attentat, Olympia-Attentat, Mord an Amadeu
      Material:                                                                              Antonio. Die ausgewählten Texte thematisieren verschiedene Ideologi-
      Wir empfehlen euch zur pädagogischen Vorbereitung diesen Text                          en und sprechen auch über gesellschaftliche Zusammenhänge.
      aus der Reihe „24 Stunden sind kein Tag“:
      Nr. 44, Art. 2.4. Psychisches Trauma und Jugendverbandsarbeit                          Es ist sonst auch lohnend, einen Fall aus der Region, aus der ihr kommt,
                                                                                             aufzunehmen. Eine Karte der Todesopfer rechter Gewalt nach 1990
      Das Reden über rechten Terror kann belastend sein und erfordert                        findet ihr online beim Tagesspiegel auf https://www.tagesspiegel.de/
      eine gute Vor- und Nachbereitung. In obenstehendem Text werden                         politik/interaktive-karte-todesopfer-rechter-gewalt-in-deutschland-
      u.a. auch Umstände / Gruppenkonstellationen genannt, bei denen                         seit-der-wiedervereinigung/23117414.html
      berücksichtigt werden muss, ob eine Beschäftigung mit rechtem
      Terror angebracht ist.                                                                 Achtung: Zum Mord an Marinus Schöberl gibt es keinen “einordnen-
                                                                                             den” Text, der angegebene Text beschreibt die Folter und Tötung sowie
      Zur inhaltlichen Vorbereitung als Helfer*in sind folgende Texte                        den Prozess und ist teilweise sehr grafisch. Auch das Attentat auf
      aus der Reihe „24 Stunden sind kein Tag“ sinnvoll:                                     Utøya auf einem Falkenzeltlager zu besprechen kann durchaus heikel
                                                                                             sein.
      Nr. 42, Art. 1.1. Rechter Terror? Rechtsterrorismus?
      Nr. 42, Art. 1.4. Jeder Extremist ist Mist                                             Bitte lest alle Texte vor der Durchführung und schaut, was für eure
      Nr. 44, Art. 2.2 Korrespondenz: Ansprüche an Gedenken [...]                            Gruppe passt.

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Gegen rechten Terror – Workshop-zim
                                                                                                                                                Einstiegsworkshop

        Zeit                            Ziel                                  Inhalt                       Methode                         Material

      20 / 20         Die TN kennen sich, ein erster                  Kennenlernen               Partner*innen-Interviews / Speed-     Klebestreifen und
                      inhaltlicher Einstieg ist erfolgt                                          Dating / Meet me in Socialism         Marker, vorbereitete
                                                                                                 (wenn ihr die Methoden nicht          inhaltliche Fragen
                                                                                                 kennt, fragt andere Helfer*innen      (je nach Vorwissen
                                                                                                 auf eurem Zeltlager, sie können       der Gruppe)
                                                                                                 euch bestimmt weiterhelfen)

      20 / 40         Die TN wissen, das der Begriff Terror           Begriffe                   Im Plenum werden mit den TN           Moderationskarten
                      damit zusammenhängt, dass die                                              Ereignisse rechten Terrors gesam-     und Marker
                      Taten eine bestimmt gesellschaftli-             Terror / Terrorismus /     melt (z.B. Hanau, Halle, Mord an
                      che Wirkung erzielen und dass für               Rechter Terror             Lübcke, Utoya…)
                      rechten Terror Gruppen oder einzel-             (+ Abgrenzung vom          Die TN sollen nun überlegen,
                      ne Personen angegriffen werde, die              Extremismusbegriff)        was die Taten ausmacht.
                      rechten Ideologien widerstreben.
                                                                                                 Im Plenum wird dann heraus-
                      (Die TN wissen, dass der Extremis-                                         gearbeitet, was konstituierende
                      musbegriff/Hufeisentheorie rechts                                          Merkmale sind:
                      und links gleichsetzt und haben                                            z.B. Opfergruppen (welche gibt
                      erkannt, dass das für uns als Linke                                        es), “Signalwirkung”; was will
                      nicht richtig ist)                                                         d. Täter*in erreichen (Erzeugen
                                                                                                 von Angst (individuell und Gesell-
                                                                                                 schaftlich), politische Motivation/
                                                                                                 Ideologien, Gesellschaftliche
                                                                                                 Strukturen die die Tat begünstigen

      zielgruppe – inhalt – methode                ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG                                                               Seite 3
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Gegen rechten Terror – Workshop-zim
                                                                                                                                                Einstiegsworkshop

        Zeit                          Ziel                                Inhalt                           Methode                       Material

      60 / 1h 40      Die TN haben sich mit einer               Ereignisse rechten Terrors       Kleingruppenarbeit:                 Texte (s. Folgeseiten):
                      konkreten Tat beschäftigt.                (inkl. selbst gewählte           Jede Gruppe wählt einen der         1_24h, Nr. 42, Art. 2.4
                      Sie wissen, welche Ideologie              Pause, ca. 15 min)               angegebenen Texte zu einem          NSU
                      sich hinter der Tat verbirgt                                               Akt rechten Terrors aus und liest   2_Das Netzwerk des
                      und wissen, dass die Ideologie                                             ihn. In der Gruppe wird die Tat     Hasses, Spiegel 2020
                      auch in der Gesellschaft/der                                               vorgestellt und die vorher erar-    3_Erinnern an Utøya,
                      “bürgerlichen Mitte” eine Rolle                                            beiteten Merkmale thematisiert,     ak analyse & kri-
                      spielt.                                                                    besonders die dahinterliegende      tik,2021
                                                                                                 Ideologie und gesellschaftliche     4_Von Rostock-Lichten-
                                                                                                 Strukturen, die diese Ideologie     hagen zu Freital, Zeit
                                                                                                 reproduzieren.                      online, 2017
                                                                                                                                     5_Marinus Schöberl,
                                                                                                 Im Plenum wird diskutiert, inwie-   [Kein schöner Land]
                                                                                                 fern man der Taten (aus Falken-     ggf. Flipchartpapier
                                                                                                 sicht) gedenken kann.               und Moderationsma-
                                                                                                                                     terial

      30 / 2h 10      Die TN wissen, dass es verschie-          Warum wir Falken                 Im Plenum anhand von z. B.
                      dene Ideen oder Gründe gibt,              gedenken                         Leitfragen:
                      warum wie gedacht wird.
                      Sie verstehen, dass wir als                                                • An welchem Gedenken habt ihr
                      Falken eigenes Gedenken                                                    teilgenommen?
                      organisieren (müssen).                                                     • Wann habt ihr euch (un)wohl
                                                                                                 gefühlt?
                                                                                                 • Was ist wichtig für eine ange-
                                                                                                 messene Gedenkform?

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Gegen rechten Terror – Workshop-zim
                                                                                                                                         Einstiegsworkshop

        Zeit                          Ziel                                Inhalt                           Methode                    Material

      20 / 2h 30      Ausblick und Reflexion                                                     Ausblick: Wollen wir z. B. auf dem
                                                                                                 Zeltlager ein Gedenken organisie-
                                                                                                 ren? Wenn ja, in welcher Form?
                                                                                                 Wenn ja, Umsetzung planen
                                                                                                 (außerhalb des WS).

                                                                                                 Selbstgewählte Methode,
                                                                                                 z. B. 5 Finger-Methode.

                                                                                                 Bietet im Anschluss auch Einzel-
                                                                                                 gespräche an und seid ansprech-
                                                                                                 bar, falls TN be-/getroffen sind.
                                                                                                 Sucht das Gespräch mit TN, die
                                                                                                 merklich be-/getroffen sind.

      zielgruppe – inhalt – methode                ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG                                                        Seite 5
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Zim - zim zielgruppe - inhalt - methode - Sozialistische Jugend ...
zim
                                          17.6.2021                                         Anschlag von Halle: Das Netzwerk des Hasses - DER SPIEGEL

zielgruppe – inhalt – methode
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                                          https://www.spiegel.de/politik/deutschland/anschlag-von-halle-das-netzwerk-des-hasses-a-daceb0d3-ab6f-4e32-b206-5e55877bfc11   1/9
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                                                                                                                                                                                                                    Gegen rechten Terror – Workshop-zim
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                                          17.6.2021                                         Anschlag von Halle: Das Netzwerk des Hasses - DER SPIEGEL

zielgruppe – inhalt – methode
                                                             Politik

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                                          https://www.spiegel.de/politik/deutschland/anschlag-von-halle-das-netzwerk-des-hasses-a-daceb0d3-ab6f-4e32-b206-5e55877bfc11   2/9
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                                          17.6.2021                                         Anschlag von Halle: Das Netzwerk des Hasses - DER SPIEGEL

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                                          https://www.spiegel.de/politik/deutschland/anschlag-von-halle-das-netzwerk-des-hasses-a-daceb0d3-ab6f-4e32-b206-5e55877bfc11   3/9
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                                          17.6.2021                                         Anschlag von Halle: Das Netzwerk des Hasses - DER SPIEGEL

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                                          https://www.spiegel.de/politik/deutschland/anschlag-von-halle-das-netzwerk-des-hasses-a-daceb0d3-ab6f-4e32-b206-5e55877bfc11   4/9
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                                          17.6.2021                                         Anschlag von Halle: Das Netzwerk des Hasses - DER SPIEGEL

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                                          https://www.spiegel.de/politik/deutschland/anschlag-von-halle-das-netzwerk-des-hasses-a-daceb0d3-ab6f-4e32-b206-5e55877bfc11   5/9
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                                                                                                                                                                                                                    Gegen rechten Terror – Workshop-zim
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                                          17.6.2021                                                          Erinnern an Utøya – ak analyse & kritik

                                              Zeitung für linke Debatte & Praxis                                                                       Login   ak Abo

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                                              Politik                Thema                   Bewegung                       Gesellscha

zielgruppe – inhalt – methode
                                              15. Juni 2021 | ak 672 | International

                                              Erinnern an Utøya
                                              Vor zehn Jahren tötete ein Rechtsterrorist 69 Menschen auf der
                                              norwegischen Insel – das Gedenken ist umstritten
                                              Von Jana Herrmann

 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG

                                              A
                                          https://www.akweb.de/politik/attentat-oslo-breivik-rechter-terror-norwegen/                                                   1/6
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                                          17.6.2021                                                          Erinnern an Utøya – ak analyse & kritik

zielgruppe – inhalt – methode
 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
                                              Drohbriefe und Schmähungen

                                          https://www.akweb.de/politik/attentat-oslo-breivik-rechter-terror-norwegen/                                  2/6
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Gegen rechten Terror – Workshop-zim
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      Erinnern an Utøya – ak analyse & kritik

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                                                                                                         Schwieriges Gedenken
      17.6.2021

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                                          17.6.2021                                                          Erinnern an Utøya – ak analyse & kritik

zielgruppe – inhalt – methode
 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
                                                             Im Inneren haben Freund*innen und Verwandte
                                                             der Verstorbenen Bilder und Blumen abgelegt,
                                                             direkt an den Einschusslöchern im Fußboden.

                                          https://www.akweb.de/politik/attentat-oslo-breivik-rechter-terror-norwegen/                                  4/6
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                                                                                                                                                                                                  Gegen rechten Terror – Workshop-zim
Gegen rechten Terror – Workshop-zim
                                                                                                                          Arbeitsmaterial —Einstiegsworkshop

                                                                                                                                                        5/6
      Erinnern an Utøya – ak analyse & kritik

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                                                                                         Keine Einzelfälle
      17.6.2021

zim    zielgruppe – inhalt – methode            ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG                                                            Seite 15
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                                          17.6.2021                                                          Erinnern an Utøya – ak analyse & kritik

zielgruppe – inhalt – methode
                                              ERINNERUNG | ERINNERUNGSKULTUR | NORWEGEN | RECHTSTERRORISMUS | UTØYA

                                              Politik                Thema                   Bewegung                       Gesellscha

 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
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                                                                                                                                                                                                  Gegen rechten Terror – Workshop-zim
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                                          17.6.2021                                      Rechtsextremismus: Von Rostock-Lichtenhagen zu Freital | ZEIT ONLINE

                                                         Rechtsextremismus

                                                         Von Rostock-Lichtenhagen zu Freital
                                                         Vor 25 Jahren brannte in Rostock eine Asylbewerberunterkunft. Die

zielgruppe – inhalt – methode
                                                         Prozesse dauerten Jahre, die Politik schränkte das Asylrecht ein. So konnte
                                                         neuer Rechtsterror wachsen.

                                                         Ein Gastbeitrag von Christoph Bu erwegge
                                                         22. August 2017, 8:27 Uhr / Aktualisiert am 22. August 2017, 8:31 Uhr / 333 Kommentare /

                                                      Rostock-Lichtenhagen - "Die Deutschen wollen Deine Landsleute hier
                                                      nicht"
                                                      Mai-Phuong Kollath kam 1981 als vietnamesische Vertragsarbeiterin nach Rostock. Und erlebte zunehmende
                                                      Fremdenfeindlichkeit.

                                                         Zum 25. Mal jährt sich das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen. Im August 1992
                                                         griffen dort rassistisch gesinnte Anwohner, aber auch aus weit entfernten

 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
                                                         Bundesländern angereiste Rechtsextremisten die Zentrale Anlaufstelle für
                                                         Asylbewerber von Mecklenburg-Vorpommern an.

                                                         Die Gewalttäter attackierten zudem benachbarte Unterkünfte vietnamesischer
                                                         Vertragsarbeiter mit Steinen und Molotowcocktails
                                                         [https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2012-08/fs-rostock-
                                                         lichtenhagen-1992]. Mehrere Tage herrschte Ausnahmezustand. Zwar wurde
                                                         niemand getötet, aber eine Gruppe von Migranten wurde in Todesangst
                                                         versetzt. Ebenso ging es westdeutschen Journalisten, als sie in einem
                                                         brennenden Wohnheim festsaßen, über das sie eigentlich im Fernsehen
                                                         berichten wollten.

                                                         Schon zuvor hatten sich viele politisch Verantwortliche skandalös verhalten.
                                                         So, dass Beobachter von heimlicher Komplizenschaft mit den Ausländerfeinden
                                                         sprachen: Roma mussten vor der hoffnungslos überfüllten Asylunterkunft
                                                         campieren und ihre Notdurft verrichten. Das brachte die Nachbarschaft gegen
                                                         sie auf und heizte die Stimmung an. Polizeiführung und Mitglieder der
                                                         Landesregierung versuchten, die Gewalt herunterzuspielen. Danach zog sich
                                                         die Strafverfolgung hin. Erst fast zehn Jahre später begann das letzte
                                                         Hauptverfahren wegen versuchten Mordes, schwerer gemeinschaftlicher
                                                         Brandstiftung und Landfriedensbruchs. Von den 400 Festgenommenen wurde
                                                         nur etwa jeder Zehnte verurteilt.

                                          https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-08/rechtsextremismus-rostock-lichtenhagen-1992-strafprozess-asylrecht   1/3
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                                                                                                                                                                                                                 Gegen rechten Terror – Workshop-zim
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                                          17.6.2021                                      Rechtsextremismus: Von Rostock-Lichtenhagen zu Freital | ZEIT ONLINE

                                                         Der geistige Hintergrund des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen war eine
                                                         öffentliche Debatte über den angeblich massenhaften Missbrauch von
                                                         Sozialhilfe "durch Wirtschaftsasylanten". Rechtsextreme Medien,
                                                         Boulevardpresse und konservative Politiker überboten sich monatelang in der
                                                         Hetze gegen Flüchtlinge, die sie zu "Asylbetrügern" und "Sozialschmarotzern"
                                                         stempelten, wodurch sich die Haltung der SPD in der Asylpolitik schrittweise
                                                         veränderte. Die mediale Stimmungsmache erklärt auch, warum Tausende
                                                         zuschauten, als Brandsätze auf das Sonnenblumenhaus in Lichtenhagen flogen.

zielgruppe – inhalt – methode
                                                         Und warum biedere Kleinbürger und brave Familienväter vor laufenden
                                                         Fernsehkameras dem brandschatzenden Mob applaudierten.

                                                         Nur ein paar Wochen später schlossen CDU/CSU, FDP und SPD auf
                                                         Bundesebene den sogenannten Asylkompromiss. Gemeinsam schränkten sie
                                                         das Grundrecht auf Asyl drastisch ein. Bis das Bundesverfassungsgericht die
                                                         Aushungerungs- und Abschreckungspraxis gegenüber Flüchtlingen zehn Jahre
                                                         später revidierte, erhielten politisch Verfolgte nur noch das
                                                         Lebensnotwendigste. Dies werteten die Neonazis als Erfolg jener aggressiven
                                                         Strategie, die sie in Rostock angewendet hatten. Dass Lichtenhagen durch die
                                                         Herausbringen der angegriffenen Migranten ausländerfrei geworden war, galt
                                                         als Beweis für die Effektivität brutaler Methoden.

                                                         Durch die Rostocker Randale gewann der rechte Terror – mehr noch als durch
                                                         die Belagerung eines Vertragsarbeiterwohnheimes in Hoyerswerda knapp ein

 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
                                                         Jahr zuvor – eine neue Dimension: Organisierte Neonazis hatten über
                                                         Ländergrenzen hinweg mobilisiert. Wirkungsvoller als jedes andere
                                                         zeitgeschichtliche Ereignis hat das Pogrom von Lichtenhagen den Boden für
                                                         spätere Wahlerfolge der NPD und die Mordserie des Nationalsozialistischen
                                                         Untergrundes (NSU) bereitet. Ohne dieses Fanal hätten sich die ostdeutschen
                                                         Skinheads nicht so schnell radikalisiert, hätte sich die Kameradschaftsszene
                                                         vielleicht gar nicht etabliert. Die Kader des Thüringer Heimatschutzes wären
                                                         möglicherweise nicht zu Rechtsterroristen geworden.

                                                         Rostock-Lichtenhagen stand lange für das schlimmste Pogrom der deutschen
                                                         Nachkriegsgeschichte. Erst rassistisch motivierte Brandanschläge auf
                                                         Flüchtlinge und deren Unterkünfte in Bautzen, Clausnitz, Freital, Heidenau bei
                                                         Dresden, Tröglitz und anderswo [https://www.zeit.de/thema/gewalt-gegen-
                                                         fluechtlinge] bildeten eine erschreckende Parallele zu Rostock.

                                                         Daraus müssen wir die richtigen Lehren ziehen. Rassistischen Ressentiments
                                                         und rechten Parolen wie "Ausländer raus!" oder "Deutschland den Deutschen!"
                                                         nachzugeben, ist das falsche Signal. Es bestärkt die Neonazis und ruft
                                                         Nachahmungstäter auf den Plan. Ordnungskräfte, Polizei und Geheimdienste
                                                         dürfen nicht wegschauen, wenn sich gewaltbereite Rechtsextremisten
                                                         zusammenrotten, sondern müssen eingreifen, bevor diese angreifen.

                                          https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-08/rechtsextremismus-rostock-lichtenhagen-1992-strafprozess-asylrecht   2/3
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                                                                                                                                                                                                                 Gegen rechten Terror – Workshop-zim
zim
                                          17.6.2021                                      Rechtsextremismus: Von Rostock-Lichtenhagen zu Freital | ZEIT ONLINE

                                                         Der geistige Hintergrund des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen war eine
                                                         öffentliche Debatte über den angeblich massenhaften Missbrauch von
                                                         Sozialhilfe "durch Wirtschaftsasylanten". Rechtsextreme Medien,
                                                         Boulevardpresse und konservative Politiker überboten sich monatelang in der
                                                         Hetze gegen Flüchtlinge, die sie zu "Asylbetrügern" und "Sozialschmarotzern"
                                                         stempelten, wodurch sich die Haltung der SPD in der Asylpolitik schrittweise
                                                         veränderte. Die mediale Stimmungsmache erklärt auch, warum Tausende
                                                         zuschauten, als Brandsätze auf das Sonnenblumenhaus in Lichtenhagen flogen.

zielgruppe – inhalt – methode
                                                         Und warum biedere Kleinbürger und brave Familienväter vor laufenden
                                                         Fernsehkameras dem brandschatzenden Mob applaudierten.

                                                         Nur ein paar Wochen später schlossen CDU/CSU, FDP und SPD auf
                                                         Bundesebene den sogenannten Asylkompromiss. Gemeinsam schränkten sie
                                                         das Grundrecht auf Asyl drastisch ein. Bis das Bundesverfassungsgericht die
                                                         Aushungerungs- und Abschreckungspraxis gegenüber Flüchtlingen zehn Jahre
                                                         später revidierte, erhielten politisch Verfolgte nur noch das
                                                         Lebensnotwendigste. Dies werteten die Neonazis als Erfolg jener aggressiven
                                                         Strategie, die sie in Rostock angewendet hatten. Dass Lichtenhagen durch die
                                                         Herausbringen der angegriffenen Migranten ausländerfrei geworden war, galt
                                                         als Beweis für die Effektivität brutaler Methoden.

                                                         Durch die Rostocker Randale gewann der rechte Terror – mehr noch als durch
                                                         die Belagerung eines Vertragsarbeiterwohnheimes in Hoyerswerda knapp ein

 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
                                                         Jahr zuvor – eine neue Dimension: Organisierte Neonazis hatten über
                                                         Ländergrenzen hinweg mobilisiert. Wirkungsvoller als jedes andere
                                                         zeitgeschichtliche Ereignis hat das Pogrom von Lichtenhagen den Boden für
                                                         spätere Wahlerfolge der NPD und die Mordserie des Nationalsozialistischen
                                                         Untergrundes (NSU) bereitet. Ohne dieses Fanal hätten sich die ostdeutschen
                                                         Skinheads nicht so schnell radikalisiert, hätte sich die Kameradschaftsszene
                                                         vielleicht gar nicht etabliert. Die Kader des Thüringer Heimatschutzes wären
                                                         möglicherweise nicht zu Rechtsterroristen geworden.

                                                         Rostock-Lichtenhagen stand lange für das schlimmste Pogrom der deutschen
                                                         Nachkriegsgeschichte. Erst rassistisch motivierte Brandanschläge auf
                                                         Flüchtlinge und deren Unterkünfte in Bautzen, Clausnitz, Freital, Heidenau bei
                                                         Dresden, Tröglitz und anderswo [https://www.zeit.de/thema/gewalt-gegen-
                                                         fluechtlinge] bildeten eine erschreckende Parallele zu Rostock.

                                                         Daraus müssen wir die richtigen Lehren ziehen. Rassistischen Ressentiments
                                                         und rechten Parolen wie "Ausländer raus!" oder "Deutschland den Deutschen!"
                                                         nachzugeben, ist das falsche Signal. Es bestärkt die Neonazis und ruft
                                                         Nachahmungstäter auf den Plan. Ordnungskräfte, Polizei und Geheimdienste
                                                         dürfen nicht wegschauen, wenn sich gewaltbereite Rechtsextremisten
                                                         zusammenrotten, sondern müssen eingreifen, bevor diese angreifen.

                                          https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-08/rechtsextremismus-rostock-lichtenhagen-1992-strafprozess-asylrecht   2/3
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                                                                                                                                                                                                                 Gegen rechten Terror – Workshop-zim
zim
                                          17.6.2021                                        TODESOPFER RECHTER GEWALT IN BRANDENBURG | Marinus Schöberl

                                                                                                          START TODESOPFER GEDENKEN ANERKENNUNGSDEBATTE AUSSTELLUNG BILDUNGSMATERIAL KO

                                                                                                                                                                                        TODESOP

zielgruppe – inhalt – methode
                                                                                                      MARINUS SCHÖBERL

                                                                                                          13. Juli 2002                                                                   ANGRIFFSJAH

                                                                                                                                                                                          ANGRIFFSJAH

                                                                                                                                                                                          ANGRIFFSJAH

                                                                                                                  DIE TAT                                                                 2000
                                                                                                                  Die Brüder Marco und Marcel S. sowie Sebastian F. machen sich am           Falko Lüdtk

                                                                                                                  12. Juli 2002 auf den Weg nach Strehlow, einem Nachbarort der           2001
                                                                                                                                                                                             Klaus Diete
                                                                                                                  uckermärkischen Ortscha� Potzlow. Sie wollen dort eine Familie
                                                                                                                  besuchen, bei der sie sich schon ö�er zum gemeinsamen Trinken              Dieter Manz
                                                                                                                  verabredet hatten. Bei diesen Bekannten treffen sie auf Marinus          2002
                                                                                                                  Schöberl. Nachdem die Alkoholvorräte der Familie aufgebraucht              Kajrat Bate

                                                                                                                  sind, ziehen die Täter und mit ihnen Marinus Schöberl zum                  Ronald Mas
                                                                                                                  Nachbargrundstück, um dort weiter zu trinken. Weil die Bewohner            Marinus Sc
                                                                                                                  bereits schlafen, verschaffen sie sich gewaltsam Zutritt zu dem          2003
                                                                                                                  Haus, in dem sie eine Fensterscheibe zerschlagen. Nach Mitternacht         Enrico Schr
                                                                                                                  richten sich die Aggressionen gegen Marinus Schöberl. Der 16-           2008
                                                                                                                  Jährige trägt blond gefärbtes Haar und kleidet sich wie ein                Bernd Köhl
                                          Foto: privat
                                                                                                                  Angehöriger der Hip-Hop-Szene. Wegen eines Sprachfehlers stottert

 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
                                                                                                                 er ein wenig. „Mein Bruder Marco fing dann an, den Marinus zu
                                          beschimpfen. Er fragte und sagte immer wieder, ob er oder dass er ein Jude sei. Frau Spiering sagte, Marinus solle doch zugeben, dass er
                                          ein Jude sei, dann wäre Ruhe. Marinus hat dann irgendwann ja gesagt, dass er ein Jude sei. Ruhe war dann auch nicht. Dann ging es richtig
                                          los.“ [1]

                                          Die drei Täter flößen ihm nun eine Mischung aus Bier und Schnaps ein, so dass er sich übergeben muss. Sie schlagen ihn und Sebastian F.
                                          uriniert auf den bereits am Boden Liegenden, der sich nicht gegen die Übermacht der Täter wehrt. Nach stundenlanger Quälerei verlassen
                                          die Täter gegen 04.30 Uhr das Grundstück. Marinus Schöberl bleibt zurück. Doch sie kehren zurück und zwingen Marinus Schöberl, sie zu
                                          begleiten. Auf einem ehemaligen LPG-Gelände setzten sie ihre Misshandlungen fort. Dann beschließen sie, eine Szene aus dem Film
                                          „American History X“ nachzustellen. Marinus Schöberl muss in einen Schweinetrog beißen. Marcel S. tritt ihm in den Nacken. Marinus
                                          Schöberl erleidet eine tödliche Verletzung, röchelt aber noch. Kurz diskutierten sie, ob ein Arzt geholt werden soll. Die beiden Brüder
                                          entscheiden sich jedoch dagegen, weil sie die Aufdeckung ihrer Tat befürchten. Marcel S. erschlägt stattdessen den schwerverletzten
                                          Marinus Schöberl mit einer Betonplatte. Seinen leblosen Körper werfen sie in eine Güllegrube.                                                 WEITERFÜ
                                          NACH DER TAT
                                          Die Mutter von Marinus meldet ihren Sohn als vermisst. Weder Täter noch Zeugen, wie das Paar in dessen Wohnung, die Tortur ihren              Antifaschistisches
                                                                                                                                                                                         Im Niemandslan
                                          Anfang genommen hatte, sagen bei ihrer polizeilichen Vernehmung etwas zu den Geschehnissen vom 12. Juli und zum Verschwinden von
                                          Marinus Schöberl. Vier Monate lang bleibt unklar, was mit dem Jugendlichen passiert ist. Im November 2002 finden andere Jugendliche
                                          den Leichnam in der Jauchegrube. Marcel S. hatte sich im Alkoholrausch verraten und eine Wette mit anderen Jugendlichen
                                                                                                                                                                                        Inforiot:
                                          abgeschlossen, dass er wisse, wo Marinus Schöberl sei. Die vier Jugendlichen begeben sich mit Marcel S. zur Jauchegrube und finden den
                                                                                                                                                                                          10 Jahre nach d
                                          Toten. Eine der Jugendlichen erzählte ihren Eltern von dem Fund. Diese raten ihrer Tochter ab, die Polizei zu informieren. Einen Tag später   in Potzlow
                                          kehren sie mit einem guten Freund von Marinus Schöberl zurück. Erst dieser verständigt die Polizei. Zu diesem Zeitpunkt sitzt Marco S., ein
                                          bekennender Neonazi, bereits im Gefängnis, weil er in Prenzlau vier Wochen nach dem Mord einen afrikanischen Asylwerber
                                          zusammengeschlagen und schwer verletzt hatte.                                                                                                 Hypermaskuline
                                                                                                                                                                                        fremdenfeindlich
                                                                                                                                                                                        Schöberl (Aufsatz
                                                                                                                                                                                        IN: Klärner, Andre
                                                                                                                                                                                        (Hrsg.): Moderner
                                                                                                                                                                                        Deutschland.
                                                                      "ICH GUCKE ABENDS AM FENSTER, DENKE, ER KOMMT, IRGENDWANN KOMMT ER,                                               Hamburger Editio
                                                                      HABE ICH IMMER GEWARTET. DANN SITZE ICH UNTEN AUF DER BANK, WARTE.“
                                                                                                              MUTTER VON MARINUS SCHÖBERL, ZITIERT AUS „DER KICK“ VON ANDREAS VEIEL

                                          https://www.todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de/victims-marinus-schoeberl.php?fbclid=IwAR37k7Rx9We2pY3pHe5udp9ObEusP76-2zB…                        1/3
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                                                                                                                                                                                                                                                  Gegen rechten Terror – Workshop-zim
zim
                                          17.6.2021                                                        TODESOPFER RECHTER GEWALT IN BRANDENBURG | Marinus Schöberl

                                          DAS VERFAHREN
                                          Nach der Festnahme der drei Täter lässt der leitende Staatsanwalt keinen Zweifel an deren Gesinnung: „Sie gehören ganz deutlich der
                                          extremen rechtsradikalen Szene an.“ Ihre Tat, so der Staatsanwalt weiter, sei „so furchtbar, dass wir sie auch nicht ansatzweise in der
                                          Öffentlichkeit preisgeben können“. Nachdem das Landgericht Neuruppin die grauenvollen Details rekapituliert hat, verurteilt es am 24.
                                          Oktober 2003 den 18 Jahre alten Marcel S. wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und
                                          sechs Monaten. Sein sechs Jahre älterer Bruder Marco S. wird wegen versuchten Mordes und anderer Delikte zu 15 Jahren Ha� verurteilt.
                                          Der zum Tatzeitpunkt 17 Jahre alte Sebastian F. erhält u.a. wegen gefährlicher Körperverletzung eine Jugendstrafe von zwei Jahren. In
                                          seiner Urteilsbegründung stellt das Gericht fest, dass die beiden Brüder bei der Tat ihrer rechten Einstellung folgten. Mit dem verhängten
                                          Strafmaß bleibt das Gericht weit hinter den Forderungen der Staatsanwaltscha�, die für Marcel. S. zehn Jahre, für Sebastian F. neun Jahre
                                          und acht Monate und Marco S. lebenslange Ha� gefordert hatte, zurück. Nach einer Revision vor dem Bundesgerichtshof erhöhte das
                                          Landgericht Neuruppin im Dezember 2004 die Jugendstrafe für Sebastian F. auf drei Jahre.

                                          DAS GEDENKEN

zielgruppe – inhalt – methode
                                          Über ein regelmäßiges öffentliches Gedenken ist uns nichts bekannt.

                                             ZUR GEDENKSEITE

                                          DIE QUELLEN
                                          [1] zit. n. Dieter Wunderlich, Marinus Schöberl. Mord in Potzlow, http://www.dieterwunderlich.de/Marinus-Schoeberl-potzlow-mord.htm

                                          WEITERE QUELLEN:
                                          Bundesgerichtshof, Urteil vom 19. August 2004, Az. 5 Str 218/04
                                          Kohlstruck, Michael / Münch, Anna Verena , Der Mordfall Marinus Schöberl
                                          Wunderlich, Dieter, Marinus Schöberl. Mord in Potzlow
                                          Inforiot, Wir vergessen nicht! - Gedenken an Marinus Schöberl
                                          Die Welt, Mord von Potzlow: Moralisch auf tiefster Stufe, 24.10.2003
                                          AIB 58 / 4.2002, 14.12.2002, Mord in Potzlow

 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
                                          DER KICK,
                                          KURZBESCHREIBUNG:
                                          Marinus Schöberl war 16 Jahre alt, als er von drei Kumpels gefoltert und durch einen »Bordsteinkick« zu Tode getreten wurde. Nachbarn
                                          hatten die Misshandlungen mit angesehen und über Monate geschwiegen. Dieser grausame Mord und seine furchtbaren
                                          Begleiterscheinungen rückten das uckermärkische Dorf Potzlow in die Schlagzeilen der internationalen Presse. In den Medien stand er
                                          sinnbildlich für rechtsradikale Gewalt und eine verrohte Gesellscha� in den fünf neuen Bundesländern.

                                          Der Regisseur Andres Veiel und die Dramaturgin Gesine Schmidt haben sich über Monate auf Spurensuche nach Potz-low begeben. Sie
                                          sprachen mit den Tätern, Dorfbewohnern, Angehörigen von Opfer und Tätern und studierten Akten, Verhörprotokolle, Anklage, Plädoyers
                                          und Urteil des Gerichtsprozesses. Die Ergebnisse ihrer Recherche verdichteten sie zu einem filmischen Protokoll für zwei Schauspieler. Der
                                          Kick versucht, den Strukturen und Biographien hinter der Tat eine Sprache zu geben. „Es geht darum“, sagt Andres Veiel, „über das
                                          Entsetzen hinaus Fragen zuzulassen, Brüche auszuhalten und einen Bruchteil zu verstehen.“

                                                      DER KICK (Trailer)

                                          https://www.todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de/victims-marinus-schoeberl.php?fbclid=IwAR37k7Rx9We2pY3pHe5udp9ObEusP76-2zB…          2/3
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                                                                                                                                                                                                                                  Gegen rechten Terror – Workshop-zim
Gegen rechten Terror – Workshop-zim
                                                                                                                             Workshop zum Attentat in Oslo und auf Utøya

      Workshop zum Attentat in Oslo und auf Utøya

      Zeitbedarf:                                                                            Hinweise für die Gruppenarbeit: Achtet darauf regelmäßige Pause ein-
      5 h zuzüglich 2 kurze Pausen (je 15 Minuten) ,                                         zulegen und den Teilnehmer-*innen deutlich zu machen, dass sie den
      1 Mittagspause (2 Stunden).                                                            Workshop jederzeit verlassen können, wenn sie sich dort nicht mehr
                                                                                             wohl fühlen. Ihr solltet niemanden zwingen daran teilzunehmen.
      Altersempfehlung:
      Der Workshop richtet sich an SJ-ler*innen und junge Erwachsene ab                      Es ist gut, wenn ihr euch auch nach dem Workshop für das Thema
      15 Jahren. Er enthält kein Material mit brutalen Beschreibungen von                    gesprächsbereit zeigt.
      Gewalt, kann aber emotional gerade im Zeltlager möglicherweise eine
      starke Wirkung entfalten. Ihr könnt sicher am besten eure Gruppe                       Möglicherweise bietet es sich an, an einem anderen Tag ein Geden-
      einschätzen und ob ihnen die Thematik zuzumuten ist.                                   ken für Utøya gemeinsam mit den Teilnehmer*innen zu organisieren,
                                                                                             um das Thema zu einem guten Abschluss zu bringen. Es ist überhaupt
      Material:                                                                              nichts dagegen einzuwenden, nach dem Workshop Sport, Spiele oder
      Alle Texte, die verwendet werden können, liegen diesem ZIM bei,                        ein anderes lustiges Programm anzubieten, um die Anspannung ab-
      Podcasts können bei Spotify / Videos bei youtube gestreamt werden.                     zubauen.

      Surviving Terrorism: Victims‘ Voices from Norway
      https://www.youtube.com/watch?v=GZZgIpVSMFU

      Video ist in englischer Sprache, alternativ kann ein deutschsprachiger
      Podcast angehört werden:

      Jens Stoltenberg über die Anschläge in Norwegen
      https://www.youtube.com/watch?v=5zohWTqEf6k

        zielgruppe – inhalt – methode                ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG                                                                   Seite 22
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                                                                                                                            Workshop zum Attentat in Oslo und auf Utøya

        Zeit                      Ziel                                Inhalt                               Methode                            Material

      30 min          Einstieg                           Was weiß ich über den An-               Verabredungsuhr: Auf einer             Stoppuhr
                                                         schlag in Oslo und auf Utøya?           ausgedruckten Uhr werden Dates         (oder Handy),
                                                         Kann ich mich an den 22. Juli           (1 Date pro Frage) verabredet,         Kugelschreiber,
                                                         2011 erinnern?                          anschließend tauschen sich die         DIN A 4 Blatt mit
                                                         Spielt das Thema in meiner              Teilnehmer*innen mit ihren Dates       ausgedrucktem
                                                         Falken-Gliederung eine Rolle?           je 5 Minuten zu den Fragen aus,        Ziffernblatt (1 pro TN)
                                                         Was möchte ich über das The-            die Workshopleitung misst die
                                                         ma gerne wissen?                        Zeit und sagt welche Uhrzeit es ist
                                                                                                 und wie die nächste Frage lautet.

                                                                                                 Wer möchte, darf am Ende in die
                                                                                                 große Runde geben, was in seinen
                                                                                                 Dates besprochen wurde.

      30 min          Die TN kennen grob den             Chronik 22. Juli: Was geschah           Lesen der Chronik in Kleingrup-        Chronologie 22. Juli
                      Ablauf der Geschehnisse            wann und wie?                           pen, Austausch darüber, Klären         https://www.tages-
                      am 22. Juli 2011                                                           von Fragen                             schau.de/ausland/
                                                                                                                                        norwegenchronolo-
                                                                                                                                        gie100.html

      zielgruppe – inhalt – methode                ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG                                                                    Seite 23
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                                                                                                                           Workshop zum Attentat in Oslo und auf Utøya

        Zeit                      Ziel                                Inhalt                              Methode                               Material

      15 min          Pause                              Pause                                   Pause                                 Pause

      60 min          Die TN befassen sich mit           Erfahrungsberichte von                  Doku schauen oder Podcast hören       Surviving Terrorism:
                      den Biografien der Über-           Überlebenden aus ihrem                  in Kleingruppen. Anschließend         Victims‘ Voices from Norway
                      lebenden des Anschlags,            eigenen Mund hören                      der anderen Kleingruppe die           https://www.youtube.com/
                      sie verstehen, dass sie                                                    Überlebenden porträtieren, an-        watch?v=GZZgIpVSMFU
                      normale Jugendliche                                                        hand der Fragen:                      (engl., 15 min)
                      sind, wofür sie politisch
                      stehen und was die Ereig-                                                  Wer ist die Person? Was hat die       Podcast „Survivors“
                      nisse mit ihnen gemacht                                                    Person erlebt? Wie hat der An-        auf Spotify
                      haben                                                                      schlag ihr Leben verändert?            Folge mit
                                                                                                 Welche politischen Schlüsse zieht     Tarjej Jensen Bech
                                                                                                 sie aus dem Erlebten? Wie spricht     https://open.spotify.com/
                                                                                                 sie über den Täter? Was ist euch      episode/
                                                                                                 noch besonders aufgefallen an         7KczEnL2rpVlGcd5hs1r3V
                                                                                                 ihren Berichten oder hat euch         (deutsch, 15 min)
                                                                                                 besonders bewegt?

      zielgruppe – inhalt – methode                ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG                                                                   Seite 24
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                                                                                                                           Workshop zum Attentat in Oslo und auf Utøya

        Zeit                      Ziel                                Inhalt                               Methode                              Material

      60 min          Die TN setzen sich mit             Gedenken als Staatsakt ist ei-          Die TN sichten Material, in dem       „Geweint habe ich erst spä-
                      dem Umgang des norwe-              nerseits eine Frage von Respekt         Jens Stoltenberg von Norwegens        ter“, Interview Jens Stolten-
                      gischen Staats mit dem             vor Opfern und Überlebenden.            Umgang mit den anschlägen             berg, Spiegel, 41/2011
                      Anschlag auseinander               Wenn der Staat selbst in den            berichtet und diskutieren über die
                      und bilden sich eine               Terror verwickelt ist oder              Frage:                                Rede Jens Stoltenberg
                      Meinung zu staatlichem             politische Fehler dazu geführt                                                Trauerfeier 2011(deutsch)
                      Gedenken an rechten                haben, bekommt er aber                  Braucht es nationales Gedenken /      https://www.youtube.com/
                      Terror                             schnell den Anschein von Rein-          Gedenken als Staatsakt?               watch?v=5zohWTqEf6k
                                                         waschung.
                                                                                                 Was ist daran auch kritisch zu
                                                                                                 sehen?

      60 min          Die TN beschäftigen sich           Die Täter*innenideologie ist            Die TN bilden Teams und wählen        Auszüge Manifest Breivik.pdf
                      mit der Täter*innen-ideo-          z. T. wirr, z. T. sind es aber auch     sich 2 Zitate aus dem Manifest,       (Ausschnitte aus dem Mani-
                      logie und dekonstruieren           reale Haltungen der rechten             diskutieren sie miteinander und       fest auf einzelnen Zetteln)
                      sie gegebenenfalls                 Szene und es ist wichtig, sich          erarbeiten eine Dekonstruktion,
                                                         damit zu befassen, um zu ver-           eventuell können sie den Kontext      https://www.focus.de/poli-
                                                         stehen, was gefährlich daran            oder Argumente online recher-         tik/ausland/terror-in-norwe-
                                                         ist                                     chieren                               gen/tid-23063/and

      20 min          Auswertung                         Die TN benennen, was sie                5-Finger-Methode                      Hände
                                                         gelernt haben, was sie mit-
                                                         nehmen und was ihnen
                                                         gefehlt hat

      zielgruppe – inhalt – methode                ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG                                                                   Seite 25
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                                                                                                                                                      Arbeitsmaterial —Workshop zum Attentat in Oslo und auf Utøya

                                                                                                                                                                                                                   12.06.2021, 14:04
      https://www.tagesschau.de/ausland/norwegenchronologie100.html
      Chronologie der Anschläge in Norwegen: Die drei Stunden zwischen ...

                                                                                                                                                                                                                   1 von 6
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                                                                                                                                                      Arbeitsmaterial —Workshop zum Attentat in Oslo und auf Utøya

                                                                                                                                                                                                                   12.06.2021, 14:04
      https://www.tagesschau.de/ausland/norwegenchronologie100.html
      Chronologie der Anschläge in Norwegen: Die drei Stunden zwischen ...

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Gegen rechten Terror – Workshop-zim
                                                                                                                                                      Arbeitsmaterial —Workshop zum Attentat in Oslo und auf Utøya

                                                                                                                                                                                                                   12.06.2021, 14:04
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      Chronologie der Anschläge in Norwegen: Die drei Stunden zwischen ...

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Gegen rechten Terror – Workshop-zim
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                                                                                                                                                                                                                   12.06.2021, 14:04
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Gegen rechten Terror – Workshop-zim
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                                                                                                                                                                                                                   12.06.2021, 14:04
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                                                                                                                   NORWEGEN

                                                     „Geweint habe ich erst später“
                                                            Premierminister Jens Stoltenberg über die Anschläge in Oslo und auf der
                                                         Insel Utøya – und seine Popularität, die inzwischen größer als die des Königs ist

                                          SPIEGEL: Herr Premierminister, womit wa-           als wir alle in diesem Kellerraum saßen, sen, ins Bett zu gehen, weil ein sehr, sehr
                                          ren Sie gerade beschäftigt, als am 22. Juli bekamen wir auch schon die Nachricht schwieriger Tag bevorstand.

zielgruppe – inhalt – methode
                                          in Oslo der Sprengsatz im Regierungs- von dem Angriff auf das Jugendcamp.                              SPIEGEL: Konnten Sie denn schlafen?
                                          viertel hochging?                                  SPIEGEL: Wie konnten Sie sich ein Bild von Stoltenberg: Nein, ich war schon im Bett,
                                          Stoltenberg: Ich war dabei, die Rede zu der Lage dort machen?                                          telefonierte, als mir der Polizeichef die
                                          schreiben, die ich am nächsten Tag bei Stoltenberg: Zunächst waren die Nachrich- SMS mit einer ersten Opferzahl schickte:
                                          den Jungsozialisten auf Utøya halten ten sehr verwirrend. Ich bekam auf mein 80 Tote. Ich schrieb ihm zurück: „schreck-
                                          wollte. Ich hörte eine Explosion und be- Handy zahlreiche SMS von Freunden, lich“. An Schlaf war nicht mehr zu den-
                                          griff gar nicht, dass etwas Ernstes passiert von Parteimitgliedern auf Utøya. Zehn ken. Da war so ein riesiges Gefühl von
                                          war. Sekunden später wurde ich von Mit- Tote, so lauteten die ersten Schätzungen Trauer und gleichzeitig das Gefühl, dass
                                          arbeitern angerufen, die im Regierungs- der Polizei. Doch dann riefen mich Über- das doch nicht wirklich passiert sein
                                          sitz waren, wo die Bombe explodiert war. lebende nach ihrer Rettung an und sag- konnte.
                                          „Bist du verwundet?“, fragten sie mich. ten, das können nie im Leben so wenige SPIEGEL: Fernsehzuschauer in der ganzen
                                          Ich verstand immer noch nicht, was sie sein.                                                           Welt konnten am nächsten Tag sehen,
                                          wollten. Ich saß doch ruhig und friedlich SPIEGEL: Haben Sie sofort einen Zusam- wie Sie in einem Hotel nahe Utøya auf
                                          hier in meinem Büro.                               menhang zwischen den beiden Angriffen die Angehörigen zugegangen sind.
                                          SPIEGEL: Ihre Mitarbeiter wussten nicht, gesehen?                                                      Stoltenberg: Das war für mich der größte
                                          dass Sie nicht im Regierungssitz waren? Stoltenberg: Das war mein erster Gedanke. Moment der Trauer. Sie müssen sich vor-
                                          Stoltenberg: Na ja, ich hätte eigentlich dort Und als der Täter gegen halb sieben ver- stellen, es war ja gerade eine Liste all je-
                                          sein müssen. Aber weil ich an der Rede haftet war, stand das für uns fest. Wir hat- ner verlesen worden, die gerettet wurden
                                          schreiben wollte, entschied ich mich, zu ten hier einen Krisenstab gebildet, mit und im Krankenhaus waren. Es war schon
                                          Hause zu bleiben, wo ich mich besser den zuständigen Ministern, der Polizei zwei Uhr nachmittags, und wer da den
                                          konzentrieren kann.                                 und dem Militär. Danach gab ich meine Namen seiner Tochter, seines Sohnes

 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
                                          SPIEGEL: Wann haben Sie dann das ganze erste Pressekonferenz, besuchte Verletzte nicht gehört hat, der musste davon aus-
                                          Ausmaß des Anschlags begriffen?                    in den Krankenhäusern, und wir beschlos- gehen, dass die Überlebenschancen prak-
                                          Stoltenberg: Meine Kollegen er-                                                                                  tisch bei null waren. Und den-
                                          zählten mir, während sie die 15                                                                                  noch lebten die Familien in ei-
                                          Stockwerke des Regierungsge-                                                                                     ner seltsamen Hoffnung.
                                          bäudes hinunterliefen, welche                                                                                    SPIEGEL: Wie haben Sie damals
                                          Kraft die Explosion gehabt hat-                                                                                  die richtigen Worte gefunden?
                                          te. So richtig verstanden habe                                                                                   Stoltenberg: Zunächst einmal
                                          ich das Ganze aber erst, als sie                                                                                 brauchte es keine Worte, man
                                          später zu mir kamen, mit Blut                                                                                    musste einfach nur da sein, sie
                                          an ihren Kleidern und Verbän-                                                                                    in die Arme nehmen. Dann sag-
                                          den im Gesicht. Dabei waren                                                                                      te ich ihnen, sie sollen die guten
                                          sie doch im 15. Stock gewesen.                                                                                   Erinnerungen an ihr Kind be-
                                          Das konnte nur eine gewaltige                                                                                    halten, und dass die für immer
                                          Explosion gewesen sein, und                                                                                      weiterleben würden. Und dann
                                          mir war klar, da müssen Men-                                                                                     habe ich sie gebeten, mir über
                                          schen in den unteren Stockwer-                                                                                   ihre Tochter, über ihren Sohn
                                          ken umgekommen sein!                                                                                             zu erzählen. Das Schockieren-
                                          SPIEGEL: Wie reagierten Ihre Si-                                                                                 de war, dass wir in diesem Ho-
                                                                              ILJA C. HENDEL / DER SPIEGEL

                                          cherheitsleute?                                                                                                  telrestaurant saßen und an ei-
                                          Stoltenberg: Sie drängten mich,                                                                                  nem Tisch war eine Familie und
                                          in einen speziell gesicherten            Jens Stoltenberg                                                        an einem anderen die nächste,
                                          Raum im Keller dieses Hauses             wurde 1959 als Sohn einer Politikerfamilie in Oslo geboren. Er          und nach 15 Minuten mit der
                                          hier mitzukommen.                        studierte Volkswirtschaft und engagierte sich in der Jugendorgani-      einen Familie bin ich nur zwei
                                          SPIEGEL: So als wäre auf einmal          sation der Arbeiterpartei. Regelmäßig besuchte er das Jugendcamp        Schritte weitergegangen und
                                          ein Krieg ausgebrochen …                 auf der Insel Utøya. Im Jahr 2000 wurde er zum ersten Mal Premier-      hörte die gleichen verzweifel-
                                          Stoltenberg: Ja, so ähnlich. Die         minister, der bis dahin jüngste Norwegens. 2005 kam er erneut ins       ten Geschichten. Eine dritte,
                                          meinten, bei solchen Ereignis- Amt des Regierungschefs, 2009 wurde er wiedergewählt. Zum                         eine vierte.
                                          sen bleibe es nicht bei einem            Gespräch empfängt der Premier in seinem privaten Amtssitz, in           SPIEGEL: Wie verhielten sich die
                                          Angriff. Ich dachte nur: Die             dem der Krisenstab in den Wochen nach den Anschlägen tagte              Angehörigen der Opfer?
                                          übertreiben doch. Aber dann,             und der überraschend wohnlich aussieht. Vor Stoltenberg flackern        Stoltenberg: Sie waren einfach
                                                                                   Kerzen in violettem Rauchglas auf dem Tisch, hinter ihm steht die       ruhig, sie sind nicht aufgestan-
                                          Das Gespräch führten die Redakteure Mar- norwegische Fahne.                                                      den oder waren formell, wie es
                                          tin Doerry und Gerald Traufetter.                                                                                sonst der Fall ist, wenn der Pre-
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                                                                                                                                                                                                Arbeitsmaterial —Workshop zum Attentat in Oslo und auf Utøya
                                                                                                                                                                                                                                                               Gegen rechten Terror – Workshop-zim

                                          102                                                                ���   ��� ����   41 /2011
zim
zielgruppe – inhalt – methode
                                                                                                                                                                    BJOERN LARSSON ROSVALL / DPA
                                          Regierungschef Stoltenberg, Trauernde am Tag nach dem Anschlag: „Wir kennen eher rechten Terrorismus“

                                          mierminister kommt. Es ist ja auch               Stoltenberg: … aber nicht mit Naivität!“        Stoltenberg: Ich habe darüber nachge-

 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
                                          schwer, formell zu sein, wenn man weint.         SPIEGEL: Wie konnten Sie sich sicher sein,      dacht. Und ich kann nicht ausschließen,
                                          SPIEGEL: Haben Sie auch geweint?                 dass die Norweger Ihnen bei diesen Wor-         dass die Explosion in Oslo mir gegolten
                                          Stoltenberg: Nicht in diesem Moment. Mei-        ten zustimmen würden?                           hat. Eines der Opfer ist eine enge Mitar-
                                          ne Aufgabe war doch, die Menschen zu             Stoltenberg: Das konnte ich nicht. Aber         beiterin aus meinem Büro.
                                          trösten, sie zu stützen. Geweint habe ich        ich war sehr beeindruckt, schon in den          SPIEGEL: Glauben Sie inzwischen, dass An-
                                          erst später: Ich las die Schlagzeile der größ-   nächsten Tagen nach dem Anschlag zu             ders Behring Breivik tatsächlich ernsthaft
                                          ten Tageszeitung im Lande, die da lautete:       sehen, dass die Norweger sich genau so          politische Motive gehabt hat?
                                          „Heute sind wir alle Mitglieder der Jung-        verhielten, sich nicht von dieser Gewalt        Stoltenberg: Ich weiß auch nicht mehr, als
                                          sozialisten.“ Da musste ich auf einmal wei-      einschüchtern ließen, ihre Sprache nicht        die Richter bislang nach den Vernehmun-
                                          nen, das hat mir eine Ahnung davon ge-           verloren. Das Ziel eines solchen Anschla-       gen haben verlauten lassen. Wir werden
                                          geben, wie unerwartet sich Menschen in           ges ist es ja, eine Gesellschaft zu schaffen,   erst im Prozess seine wahren Motive be-
                                          einer extremen Situation verhalten.              die sich aus Angst verschließt, erstarrt.       greifen, fürchte ich.
                                          SPIEGEL: Sie haben damals eine sehr be-          Aber das ist nicht passiert.                    SPIEGEL: Hassen Sie Breivik?
                                          eindruckende Rede gehalten. Hatten Sie           SPIEGEL: Hat es Sie verstört, dass der Täter    Stoltenberg: Nein. Ich benutze solche Wör-
                                          die lange vorbereitet?                           ein Norweger war?                               ter nicht.
                                          Stoltenberg: Ich hatte ja kaum Zeit, sie zu      Stoltenberg: Selbstverständlich. Wir sind       SPIEGEL: Seinen Namen nehmen Sie auf
                                          schreiben. Ich erinnere mich, wie ich im         zwar ein kleines Land, aber mit immer-          jeden Fall nie in den Mund.
                                          Hubschrauber nach Utøya saß und noch             hin fünf Millionen Einwohnern, fünf Mil-        Stoltenberg: Aber das ist kein Prinzip, kei-
                                          daran gearbeitet habe. Und als ich sie           lionen Individuen. Aber es bedarf nur ei-       ne Entscheidung, niemals seinen Namen
                                          hielt und meine eigenen Worte hinterher          nes Individuums, um eine ganze Nation           zu verwenden. Ich kann seinen Namen
                                          hörte: „Ein feiger Anschlag auf die Bürger       in ihren Grundfesten zu treffen. Schon          aussprechen: Anders Behring Breivik.
                                          Norwegens“, da dachte ich mir: Das ist           am Freitagabend war klar, dass der Täter        SPIEGEL: Aber ganz intuitiv tun Sie es
                                          doch viel zu stark. Aber genau das hat           sich gezielt die Jugendorganisation mei-        nicht?
                                          sich dann als richtig herausgestellt.            ner Partei als Rekrutierungsbasis einer         Stoltenberg: Ja, ich vermeide es. Ich mag
                                          SPIEGEL: Einen Satz haben Sie vor allem          künftigen Politikergeneration als Ziel aus-     nicht, dass er zu viel Aufmerksamkeit
                                          immer wiederholt: „Norwegen wird die-            gesucht hatte.                                  bekommt. Weil eines seiner Motive doch
                                          sen Angriff beantworten mit noch mehr            SPIEGEL: Haben Sie sich gefragt, warum          genau das war: Aufmerksamkeit zu be-
                                          Demokratie, noch mehr Offenheit …                er nicht Sie persönlich angegriffen hat?        kommen. Deshalb konzentriere ich mich
                                                                                                 � � �   � � � � � � �   4 1 / 2 0 1 1                                                    103
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                                                                                                                                                                                                                                                                  Gegen rechten Terror – Workshop-zim
zim
zielgruppe – inhalt – methode
                                                                                                                                                                                  FARTEIN RUDJORD / AP

                                          Verwüstetes Regierungsviertel in Oslo nach dem Anschlag: „Ich hätte eigentlich dort sein müssen“

                                          auf seine Opfer, auf alle, die geliebte      Stoltenberg: Noch mal: Ich bin der Erste,     Stoltenberg: Uns war bewusst, dass wir ein
                                          Menschen verloren haben, die überlebt        der diese Fragen beantwortet wissen will.     Gewaltpotential haben aus dem antiisla-
                                          und grausame Dinge durchgemacht ha-          Schon allein, weil Mitglieder meiner Par-     mistischen genauso wie dem islamisti-
                                          ben.                                         tei, Freunde von mir, die Opfer sind. Ich     schen Lager. Rechte, Linke, christliche
                                          SPIEGEL: Fühlen Sie sich politisch verant-   will wissen, ob wir etwas hätten besser       und islamische Terrororganisationen ha-

 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
                                          wortlich für das, was geschehen ist?         machen können, und es wäre eine Über-         ben viel mehr miteinander gemeinsam
                                          Stoltenberg: Es gibt zunächst nur einen,     raschung, wenn es von einer solch hin-        als diese mit dem demokratischen Teil
                                          der verantwortlich dafür ist, was gesche-    terhältigen Attacke nichts zu lernen          der Gesellschaft. Das politische Motiv ist
                                          hen ist, nämlich den Täter selbst. Aber      gäbe. Aber ich bin auch stolz auf unsere      da nebensächlich. Wir wussten, dass es
                                          natürlich trage ich Verantwortung dafür,     offene Gesellschaft. Stellen Sie sich vor,    diese Kreise gibt. In Norwegen haben wir
                                          wie Polizei und Sicherheitskräfte die Nor-   als ich in den Jahren 2000/2001 Minis-        im Übrigen schon politisch motivierte Ta-
                                          weger auf eine solche Situation vorberei-    terpräsident war, hatte ich keine Leib-       ten erlebt, etwa durch Neonazis. Wir hat-
                                          tet haben.                                   wächter. Ich wohnte in einer normalen         ten rassistisch motivierte Morde, einen
                                          SPIEGEL: War das ausreichend?                Wohnung, wo Sie jederzeit hätten klin-        Angriff auf eine Kundgebung am 1. Mai.
                                          Stoltenberg: Wir haben eine unabhängige      geln können, und ich hätte Ihnen ge-          Wir kennen also eher rechten Terroris-
                                          Kommission gegründet, die das heraus-        öffnet.                                       mus.
                                          finden soll. Ich glaube aber, dass wir in    SPIEGEL: War man in Norwegen so naiv          SPIEGEL: Aber Einwanderung ist ein neue-
                                          vielen Bereichen gut vorbereitet waren.      zu glauben, niemals Opfer eines Terror-       res Phänomen in Norwegen. Glauben Sie,
                                          Das Gesundheitswesen etwa ist mit der        anschlags zu werden?                          dass die große antiislamistische Szene in
                                          Ausnahmesituation sehr gut zurechtge-        Stoltenberg: Wir haben nach den Anschlä-      Ihrem Land unter diesem Eindruck ent-
                                          kommen und hat effizient reagiert. Viele     gen des 11. September 2001, nach dem          standen ist?
                                          Freiwillige haben sich vorbildlich verhal-   Mord an der schwedischen Außenminis-          Stoltenberg: Das Bild einer Gesellschaft,
                                          ten, denken Sie an die Deutschen auf         terin Anna Lindh und unserem Einsatz          die sich nicht der Konflikte durch die
                                          dem Campingplatz, die Flüchtende aus         in Afghanistan die Sicherheitsvorkehrun-      Immigration bewusst war, ist ein falsches.
                                          dem Wasser retteten.                         gen verstärkt. Jetzt werden wir diskutie-     Wir haben hier Debatten und extreme
                                          SPIEGEL: Die Polizei aber brauchte über      ren müssen, ob mehr offensichtliche           Positionen auf beiden Seiten erlebt. Wir
                                          eine halbe Stunde bis zum Einsatzort.        Sicherheitsmaßnahmen notwendig sind.          haben erst im vergangenen Sommer drei
                                          Stoltenberg: Auch das wird untersucht.       Ich gebe nur zu bedenken: Selbst Länder,      Personen festgenommen, die terroristi-
                                          Wir hatten Transportkapazitäten in der       die das getan haben, sind schon Opfer         sche Angriffe in Dänemark vorbereitet
                                          Luft, aber sie waren nicht einsatzbereit     von Terroranschlägen geworden. Denken         haben. Aber wir waren sicher nicht dar-
                                          in so kurzer Zeit: Wir hätten den Hub-       Sie an Spanien und die Erfahrungen mit        auf vorbereitet, dass ein weißer, christ-
                                          schrauber erst nach Oslo bekommen, die       der Eta. Trotzdem konnten in Madrid           licher Norweger einen Anschlag vorbe-
                                          Polizeikräfte einladen und anschließend      Bomben von islamistischen Attentätern         reitet.
                                          zum Tatort fliegen müssen. Die Verant-       gezündet werden. Es ist einfach schwer,       SPIEGEL: Entsprach es nicht auch der nor-
                                          wortlichen dachten damals, es wäre           sich gegen einsame Wölfe zu schützen,         wegischen Political Correctness, über die
                                          schneller, mit dem Auto nach Utøya zu        gegen Einzeltäter ohne große Organisati-      Probleme einer multikulturellen Gesell-
                                          fahren.                                      on im Hintergrund.                            schaft zu schweigen?
                                          SPIEGEL: Aber es muss doch schmerzhaft       SPIEGEL: Aber haben Sie nicht die Gefahr,     Stoltenberg: Nein, das ist ein Mythos, den
                                          sein, wenn Angehörige Ihnen solche Fra-      die in Ihrem Land vom antiislamistischen      hier einige schaffen wollen, dass es an-
                                          gen stellen?                                 Milieu ausgeht, unterschätzt?                 geblich illegal oder nicht akzeptabel sei,
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                                                                                                                                                                                                         Arbeitsmaterial —Workshop zum Attentat in Oslo und auf Utøya
                                                                                                                                                                                                                                                                        Gegen rechten Terror – Workshop-zim

                                          104                                                 �� �   � � � � �� �   4 1 /2 0 1 1
zim
                                                                                                       Ausland

                                          in Norwegen verschiedene Auffassungen        heit, schärfere Gesetze verlangen. Wie        Stoltenberg: Es wird Teil unserer Geschich-
                                          über Immigration zu haben. Ich akzep-        wollen Sie da die Offenheit Ihrer Gesell- te, unserer Identität werden. Wir werden
                                          tiere durchaus, dass es Parteien gibt, die   schaft verteidigen?                       nicht jeden Tag daran denken, aber dieser
                                          weniger liberale Auffassungen zur Immi-      Stoltenberg: Die Mehrheit der Norweger    dramatische Moment wird uns viele, viele
                                          gration haben als andere.                    sind Verfechter einer solchen Gesellschaft,
                                                                                                                                 Jahre begleiten. Aber wir sind schon wie-
                                          SPIEGEL: Wie weit kann denn die freie Mei-   und die Offenheit zwischen Politikern     der zurück im normalen Leben und wer-
                                          nungsäußerung in einer solchen Debatte       und Bürgern wird bleiben. Wir werden      den auch wieder Beispiele für Intoleranz
                                          gehen?                                       aber für mehr Sicherheit vor öffentlichen und Vorurteile erleben.
                                          Stoltenberg: Ich würde ihr keine Grenzen     Gebäuden sorgen.                          SPIEGEL: Ihre Partei hat bei der ersten
                                          setzen. Aber jeder muss sich seiner Ver-     SPIEGEL: Im Ausland war man sehr beein-   Wahl nach den Anschlägen nicht so über-
                                          antwortung bewusst sein, ob er Worte         druckt von der besonnenen Reaktion der    ragend abgeschnitten wie erwartet. Ist
                                          verwendet, die mehr Konflikte, mehr Vor-                                               das ein Zeichen für die Rückkehr zur Nor-
                                          urteile gegen Ausländer verursachen.          „Es bedarf nur eines Individuums, malität?
                                          SPIEGEL: Breivik hat seine Gewalttat unter                                             Stoltenberg: Ja sicher, und trotzdem wird
                                          anderem damit gerechtfertigt, dass die              um eine ganze Nation in            der 22. Juli in unserem Bewusstsein stets
                                          Regierung den Islamisten das Land über-         ihren Grundfesten zu treffen.“         verankert sein. Meine Partei hat das beste
                                          lassen habe. Wie halten Sie es aus, dass                                               Ergebnis seit 24 Jahren eingefahren. Aber

zielgruppe – inhalt – methode
                                          auch die Fortschrittspartei, zweitgrößte     Norweger. Hätten wir die gleiche Reak- es ist schwer zu beurteilen, wie viel Anteil
                                          Fraktion im Parlament, diese Meinung         tion gesehen, wenn Islamisten die An- die Anschläge daran hatten, weil wir
                                          vertritt?                                    schläge begangen hätten?                  nicht wissen, wie die Wahlen sonst aus-
                                          Stoltenberg: Es gibt einen großen Unter-     Stoltenberg: Nun, ich befürchte, dass wir gegangen wären.
                                          schied zwischen extremen Ansichten und       nicht eine so tolerante Reaktion erlebt SPIEGEL: Und wie lange noch, glauben Sie,
                                          extremistischen Taten. Und es ist legal,     hätten, wäre der Täter nicht ein weißer werden Sie populärer sein als der König?
                                          extreme Ansichten zu haben. Zweitens:        Attentäter gewesen. Andererseits haben Stoltenberg: Wir haben gerade ein Haus-
                                          Ich habe die Möglichkeit, gegen diese        wir am 22. Juli gelernt, dass Individuen haltsbudget vorstellen müssen, das für
                                          Meinung zu argumentieren, aber nicht         für Taten verantwortlich sein können, norwegische Verhältnisse sehr knapp be-
                                          das Recht, diese Meinung zu ignorieren       nicht nur Organisationen. Vor diesem Da- messen ist. Meine Aufgabe als Premier-
                                          oder gar zu verbieten. Ich glaube im Üb-     tum konnten wir uns nicht vorstellen, minister ist es, die Bürger auch mit unpo-
                                          rigen auch, dass dies den Extremen nur       dass ein Mann aus dem reichen Westen pulären Entscheidungen zu konfrontie-
                                          mehr Macht geben würde, weil es sie zu       Oslos solche Anschläge verüben würde. ren. Der König wird mich also schon bald
                                          Märtyrern machte.                            SPIEGEL: Wie lange wird das Gefühl von wieder einholen.
                                          SPIEGEL: Umfragen zeigen, dass die Nor-      Einigkeit, das sich auch mit den Anschlä- SPIEGEL: Herr Premierminister, wir danken
                                          weger seit den Anschlägen mehr Sicher-       gen vom 22. Juli verbindet, anhalten?     Ihnen für dieses Gespräch.

 ARBEITSHILFE FÜR DIE SEMINARGESTALTUNG
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                                                                                                                                                                                                                                                  Gegen rechten Terror – Workshop-zim
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