Zu wenig Lohn, schlechte Unterkünfte und kein Gesundheitsschutz - Katholische ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Dezember 2021 Betriebsseelsorge und Faire Mobilität informieren Erntehelfer*innen in der Region Bodensee; Foto: Aleksandra Grobelna Zu wenig Lohn, schlechte Unterkünfte und kein Gesundheitsschutz ... Der Jahresbericht „Saisonarbeit in der Landwirtschaft“ 2021 listet wieder viele Arbeitsrechtsverletzungen auf (wh) Bundesweit machten sich im fast Sie haben im Südwesten durchaus durch die großen Lebensmittelhändler abgelaufenen Jahr 2021 insgesamt 44 unterschiedliche Erfahrungen ange- leiden, ins Gespräch zu kommen, verlief Mal Mitarbeiter*innen der Initiative troffen. Neben vorbildlich geführten dabei nicht immer ohne Spannungen. Faire Landarbeit auf den Weg zu Sai- Betrieben mit guten Arbeitsbezie- Im kommenden Jahr wird die Betriebs- sonarbeitenden, um die in der Ernte hungen zu den durchweg osteuropäi- seelsorge mit ihren Partnerorganisa- von Spargel- und Erdbeeren, aber schen Saisonkräften wurden teils sehr tionen deshalb wieder unterwegs sein, auch von Feldgemüse, Gurken, Obst, problematische Situationen bis hin zu um für gute und würdige Arbeitsbedin- Wein Beschäftigten zu ihren Rechten unwürdigen Unterkünften, niedrigen gungen für die Beschäftigten in der Sai- als Erntehelfer*innen zu informie- Arbeitsstandards und ausbleibende sonarbeit einzustehen. ren, das Gespräch über ihre Lebens- Lohnzahlungen angetroffen. Der Ver- Den Jahresbericht der Initiative Faire und Arbeitsbedingungen zu suchen such, mit den Landwirten, die ihrerseits Landarbeit, in den auch die Ergebnisse und gegebenenfalls für Rat und häufig unter dem extremen Druck auf und Erfahrungen aus dem Südwesten Fragen zur Verfügung zu stehen. die Erzeugerpreise und dem Diktat eingeflossen sind, finden Sie hier: Erstmals im Rahmen der Initiative waren Mitarbeitende der Betriebsseel- sorge Rottenburg-Stuttgart mit den Kol- leg*innen von Faire Mobilität an insge- samt 6 Tagen im Unterland, Mittleren Neckarraum und Bodensee unterwegs und konnten sich einen eigenen Ein- druck von der Realität der Saisonarbeit machen.
Dezember 2021 Nachrichten Aalen Kommentar „Happy Running“ Gekommen – Ein künstlerischer Beitrag. Gewidmet den Männern und geblieben – und und Frauen in der Pflege das ist gut so! (rs) 17.000 Schritte sind es, die Anne Dabei ist es der schönste Beruf, den ich jeden Tag geht. Normalität in der mir vorstellen kann, aber das ist nicht Im Oktober jährte sich zum 60. Mal das Pflege. mehr vermittelbar. Alle Menschen, die deutsch-türkische Anwerbeabkommen, in Betriebsseelsorger Dr. Rolf Siedler hat dort mal reinschnuppern, kommen dessen Folge hunderttausende türkische Erfahrungen von Menschen wie Anne nicht wieder - wie auch - wer arbeitet Arbeitnehmer*innen in die noch junge Bun- gesammelt, diese in einem Video künst- schon unter solchen Bedingungen!“ Das desrepublik migrierten, um den Bedarf lerisch mit seinen Freunden verarbeitet bestätigen auch Klinikseelsorger*in- nach Arbeitskräften in der boomenden deut- und den Beitrag jetzt auf Youtube nen, die immer mehr von Beschäftigten schen Nachkriegswirtschaft zu decken. gestellt. Eine Krankenschwester hat den in den Kliniken um Unterstützung und Angeworben wurden „Gastarbeiter*innen“ Beitrag gesehen und schreibt aus Rat gebeten werden. Die Betriebsseel- – gekommen sind Menschen, die mittler- eigener Betroffenheit: „Vielen Dank, sorge Aalen wünscht sich, dass sie mit weile in der dritten oder vierten Generation Euer Beitrag ist super! Ich gehöre zu den ihrem Beitrag Öffentlichkeit herstellen in der Bundesrepublik leben und mit ihrer Happy Running-People. Du machst dir und politischen Druck verstärken kann. Kultur, ihren Traditionen und Lebenserfah- kein Bild davon, wie es bei uns zugeht. „Gesundheit ist zu einem Renditeobjekt rungen längst lebendiger Teil unseres Lan- Ich habe noch nicht einmal Zeit, aufs Klo verkommen, daran muss schleunigst des geworden sind. zu gehen, geschweige denn einen Kaffee etwas geändert werden!“ Davon sind Der Weg zu einer wirklichen Integration zu trinken. Rennen, 100 Dinge gleich- Maria Sinz von der KAB, Karolina aber ist noch lange nicht abgeschlossen. zeitig abhandeln... und immer unter Tomanek und Rolf Siedler überzeugt. Zum einem, weil Integration ein fortwäh- dem Druck: Habe ich etwas Wichtiges Hier gehts‘s zum Video auf Youtube: render Prozess ist, zum anderen, weil auch vergessen? Wenn dann das Telefon in nach 60 Jahren Menschen mit türkischem der Freizeit wieder klingelt, stellt sich Migrationshintergrund – und nicht nur sie die Frage, nehme ich mir meine freie – noch immer Ausgrenzung und Diskrimi- Zeit, weil ich nach 10 Tagen dringend nierung erfahren. Menschen mit einem „tür- ein paar freie Tage brauche oder gehe kischklingenden“ Namen werden bei der ich ran, weil ich weiß, dass wenn ICH es Wohnungssuche oder in Bewerbungsver- nicht mache, es meine Kollegin trifft, die fahren benachteiligt, und auch der Blick ja auch fertig ist ... auf die Bildungsverläufe zeigt, dass sich ES IST VÖLLIG UNMENSCHLICH! Foto: Screenshot vom Video „Happy Running“ Menschen mit Migrationserfahrung bzw. Migrationshintergrund ungleich schwerer tun, vergleichbare Bildungsabschlüsse zu erwerben. Letztlich zeigt auch die politische Diskussion der vergangenen Jahrzehnte, wie beschwerlich das Anerkennen der Tat- sache war, dass Deutschland ein Einwande- rungsland ist. Wir Betriebsseelsorger*innen wissen dank des betriebsbezogenen Ansatzes unserer Arbeit um die Bedeutung einer fair und gerecht ausgestalteter Erwerbsarbeit als ein wesentlicher Schlüssel zu echter Integrati- on. Deshalb setzen wir uns genau dafür ein, egal welche kulturellen Wurzeln ein Kollege oder eine Kollegin besitzt. Angeworben wurden „Gastarbeiter*innen“, gekommen sind Menschen, und das ist gut so, meint Ihr Wolfgang Herrmann
Dezember 2021 Friedrichshafen Georgische Erntehelfer*innen kämpfen um ihre Rechte Beschäftigte und Hofbesitzer einigen sich nicht vor dem Arbeitsgericht (Die Fortsetzung unserer Titelgeschichte des Rastplatz‘ September 2021) (wl) Die Ernethelfer*innen eines Erd- nicht befolgt. Richtig ist, dass sie nach kaum Lohn bekamen. Beeindruckend beerhofes in der Nähe von Friedrichs- vier Wochen Arbeit einen Tag streikten, dennoch der Wille und die Stärke der hafen geben nicht klein bei. Mit weil sie bis dahin nur 50 Euro bekamen georgischen Kolleg*innen, die nicht auf- Unterstützung von Margarete und die Unterkünfte katastrophal geben. Brugger von der Beratungsstelle waren. Um sie in ihrem Kampf zu unterstützen, mira-Mit RECHT bei der ARBEIT Doch die Erntehelfer*innen geben nicht hat mira ein Spendenkonto eingerich- haben sie nach ihrer Rückkehr Klage auf. Sie halten ihre Klage aufrecht, so tet. Mit dem Geld sollen die anfallenden vor dem Arbeitsgericht Friedrichs- dass es im Frühjahr zum Arbeitsge- Kosten für Übersetzungen, Dolmetscher hafen eingereicht. Zwischenzeitlich richtsprozess kommen wird. Aus der vor Ge-richt und evtl. Flugkosten oder hat ein Gütetermin stattgefunden, bei Ferne und online übertragen. Das große Online-Übertragungen übernommen dem die Richterin einen Vergleich Problem stellt jedoch die Finanzierung werden. Es geht bei der Unterstützung vorschlug, der von beiden Seiten aber des Prozesses dar. Die Gewerkschaft IG auch um ein starkes Zeichen gegen aus- abgelehnt wurde. BAU übernimmt die Rechtsvertretung, beuterische Arbeitsbedingungen und Die Erntehelfer*innen sollten statt der die Kosten für Dolmetscher und Online- der Botschaft, dass skandalöse Verhält- eingeklagten 2000 Euro ein Ersatz von Übertragungen können jedoch nicht nisse auf deutschen Äckern nicht mehr 400 Euro erhalten, was sie jedoch ab- übernommen werden. Für die Beschäf- hingenommen werden. lehnten. Auch der Landwirt lehnte ab, tigten ist eine Finanzierung nicht leist- denn er versuchte die Opfer zu Tätern zu bar, zumal manche Erntehelfer*innen machen, indem er ihnen vorwarf, sie mit Schulden nach Georgien zurückge- Wer die Erntehelfer*innen unter- wären zur Arbeit gar nicht bereit kehrt sind, weil sie den Flug selbst stützen möchte, findet weitere Infor- gewesen und hätten seine Anweisungen bezahlen mussten und für ihre Arbeit mationen über diesen QR-Code: Georgische Erntehelfer*innen klagen um gerechten Lohn für ihre Arbeit. (Bildmitte Be- triebsseelsorger Werner Langenbacher) Foto: Langenbacher
Dezember 2021 Die Mitarbeiter*innen des real-Marktes in Tuttlingen; Foto: Thomas Maile Tuttlingen real.- Einmal hin, für Mitarbeiter*innen nichts mehr drin! Ende April 2022 ist Schluss bei real-Tuttlingen (bs) Ein Bericht von Beate Scholz, 30. April 2022 wieder eine Stelle finden. Alter von 61 Jahren überhaupt noch eine Betriebsratsvorsitzende im real- Es gibt auch schon positive Signale. Anstellung bekommen würde. Markt Tuttlingen: Einige umliegende Märkte/Unter- Auf unserer Betriebsversammlung am „Im letzten Rastplatz konntet ihr nehmen haben erklärt, dass sie Verstär- 9. November 2021, die erstmals bei lesen, wie es aktuell um die Zukunft kung bräuchten. Auch die Kolleg*innen, geschlossenem Markt während der Öff- der Mitarbeiter*innen der real Märk- die regelmäßig am Betriebsrätestamm- nungszeit stattfand, haben wir vom te in Deutschland, und speziell bei tisch der Betriebsseelsorge teilnehmen, Betriebsrat unseren Kolleg*innen mit uns in Tuttlingen, bestellt ist. versorgen uns laufend mit Stellenaus- kompetenter Unterstützung von Be- Was damals noch eine Vorahnung war, schreibungen aus deren Betrieben. triebsseelsorger Thomas Maile, DGB-Se- hat sich zum 7. September 2021 leider Soviel Solidarität und Zusammenhalt kretär Hans-Peter Menger und Markus bewahrheitet: Unser Markt wird spätes- hat uns doch glatt die Freudentränen in Klemt von der Gewerkschaft ver.di die tens zum 30. April 2022 geschlossen. die Augen getrieben. ganzen Auswirkungen von Kündigung, Dass Kaufland den Standort Tuttlingen Einige Erfolge konnten wir auch schon Sozialplan und Interessenausgleich übernimmt, die bestehenden Gebäude erzielen: erklärt, und konnten hoffentlich auch abreißt und in ca. 17-monatiger Bauzeit Wir vom Betriebsrat haben uns dafür ein- ein bisschen die Angst vor dem, was jetzt einen supertollen neuen Markt hinbaut, gesetzt, dass unsere Auszubildende zu auf uns zu kommt, nehmen. konnten wir dann fünf Wochen später REWE wechseln kann, um dort ihre Dafür ein herzliches Dankeschön an die der Presse entnehmen. Wir waren es Ausbildung fortzusetzen. Außerdem drei. Sie mussten nämlich zusammen nicht wert, dass man uns darüber infor- konnte ich der guten Seele unseres Mark- mit uns ganz schön frieren, da unsere miert. Wir scheinen denen da oben egal tes, unserer langjährigen Putzfrau, die Heizung im Verkaufsmarkt seit Früh- zu sein. Was zählt da schon, dass wir über einen Dienstleister bei uns be- jahr defekt ist, und gerade erst an einer über viele, viele Jahre hinweg für real schäftigt ist, eine Festanstellung bei Lösung für die bevorstehenden Winter- tagtäglich geschuftet und gerackert einem Dienstleister, der für die Stadt monate gebastelt wird. Getreu dem haben. tätig ist, vermitteln. Sie machte sich Motto: real.- Einmal hin, für Mitarbei- Wir alle hoffen aber, dass wir nach dem schon große Sorgen, ob sie in ihrem ter*innen nichts mehr drin!
Dezember 2021 Ulm Gegen Menschenhandel und Kinderarbeit Betriebsseelsorgerin Susanne Hirschberger stellt bei bei europäischer Tagung die Situation in Deutschland dar (sh) Die Bekämpfung von Zwangsar- Deutschland ist zu „Mindestlöhnen“ schüssen nicht zum Thema gemacht beit, moderner Sklaverei und Men- kein auskömmliches Leben möglich. wird, obwohl die Realität der kriminali- schenhandel ist das Entwicklungsziel Ohne sogenannte aufstockende Lei- sierten Kinderarbeit in Europa präsent 8.7 der UN-Agenda für nachhaltige stungen können Arbeitnehmer*innen ist. Die Kollegen aus Rumänien und Bul- Entwicklung 2030. Beim Seminar im Mindestlohnsektor nur schwer am garien berichten von der größten Quelle des Europäischen Zentrums für gesellschaftlichen Leben teilhaben. des europäischen Menschenhandels. Arbeitnehmerfragen EZA wurde zum Immer weniger Betriebe sind tarifge- Die fehlenden abgewanderten Arbeits- Thema sensibilisiert und Handlungs- bunden. kräfte befördern die Kinderarbeit in vorschläge beraten. In der globalen ihrem Land, genauso wie die illegale Diese Realität ist ähnlich in vielen euro- „Allianz 8.7“ wird das Ziel einer voll- Beschäftigung. päischen Ländern und führt dazu, dass ständigen Bestandsaufnahme und einer nationalen Strategie verfolgt, Arbeitskräfte u.a. aus Osteuropa in Ein ehemaliger Personalleiter eines glo- um 2025 weltweit Kinderarbeit abzu- vielen Bereichen eingesetzt werden. balen Unternehmens fordert die Be- schaffen. Pflege, Landwirtschaft, Schlachthöfe, triebsrät*innen auf, der Stachel im Gastronomie, Logistik. Um Missstände, Fleisch zu sein, nachzufragen, inwieweit Nationale Berichte bilden die Grundlage die dadurch entstehen, zu beheben, ihr Unternehmen Kinderarbeit und Men- der Tagung. Jedes fünfte Kind in müssen die Nationen wie auch die Euro- schenhandel durch ihre Aktivitäten Deutschland ist armutsgefährdet, dadurch leiden die Bildungschancen päische Union Standards definieren und unterstützt. Dadurch bekomme die The- von Kindern. Die Armut ist weiblich, kontrollieren. matik Öffentlichkeit. Frauen führen die Statistik in den Ein erster Erfolg in Deutschland ist das Die Verantwortung in der Mitbestim- unteren Lohngruppen an und verdienen Lieferkettengesetz, welches in diesem mung wahrnehmen heißt, für men- 18 % weniger als Männer. Besonders Jahr in Kraft getreten ist. Ein ehemaliger schenwürdige Arbeit einzutreten. Des- betroffen sind Alleinerziehende und aus- EU-Parlamentarier aus Belgien stellte halb ist dieses Engagement von großer ländische Arbeitnehmer*innen. In fest, dass Kinderarbeit in den Aus- internationaler Bedeutung. Susanne Hirschberger (Bildmitte) bei Ihrem Vortrag. Rechts von ihr Joseph Thouvenel, Bundes- geschäftsführer der CFTC (Französischer Bund christli- cher Arbeiter), links im Vordergrund Sigrid Schraml, Generalsekretärin des EZA. Foto: Rainer Rißmayer Reinklicken! betriebsseelsorge.de
Dezember 2021 Aus den Dienststellen Tuttlingen Ketten sprengen mit einem Bolzenschneider Oasentag für Betriebs- und Personalrät*innen auf dem Berg (tm) Auch in diesem Jahr folgten über 30 gewählte Arbeitnehmervertre- ter*innen aus Wirtschaft, Kirche und Öffentlichem Dienst der Einladung der Betriebsseelsorge zu einem Oa- sentag auf den Berg. Thomas Maile, der Tuttlinger Betriebsseelsorger hieß die Frauen und Männer im großen Pilgersaal willkommen und lud sie ein, über ihre Arbeit nachzu- denken, sich auszutauschen, einan- der Mut zu machen und aufzutanken. In der Mitte des Saales lag eine schwere Kette auf dem Boden – zum Zeichen dafür, in welche Zwänge jene hineinge- raten, die für die Interessen der ab- hängig Beschäftigten eintreten. Ein Die Kette der Ausbeutung kann mit dem Bolzenschneider der Solidarität gesprengt werden. Foto: T. Maile enormer Arbeits- und Termindruck mache immer mehr zu schaffen. Ein- und könne sich nicht einfach wegdu- Wie können wir Ketten sprengen? Ihre schüchterung, Launen und Machtspiel- cken, wenn Arbeitsplätze verlagert oder Zettel mit vielen praktischen Vorschlä- chen der Vorgesetzten verschärften vernichtet würden. „Gute Arbeit“ sei gen hefteten die Teilnehmer*innen an noch die Spannungen. Auch unsolidari- entscheidend für Wohl und Wehe eine lange Kette der Freundschaft an. sches Verhalten der Beschäftigten ganzer Regionen. Auch die Kirchen Sie wollen den Menschen am Arbeits- selbst verderbe das Betriebsklima. Über seien gefordert, denn sie bekennen den platz zuhören, ihnen Zeit schenken, für allem aber hinge wie ein Damokles- Gott der Bibel, der sein Volk Israel aus sie da sein. Sie können ihnen den schwert die Angst vor dem Verlust des der Arbeits-Sklaverei Ägyptens heraus- Rücken stärken, Konflikte deeskalieren Arbeitsplatzes. Mit Empörung nahmen geführt habe. und immer wieder Mut zusprechen. die Anwesenden zur Kenntnis, dass Aber wie schafft man im alltäglichen Wenn es gelingt, das „Wir-Gefühl“ zu Smith & Nephew sein Tuttlinger Werk Betrieb Gegenmacht und Solidarität? stärken, sei Solidarität zu erzielen. grundlos schließen und 230 Menschen freisetzen wolle. Paul Schobel führte den Teilnehmer*in- nen einen Bolzenschneider vor Augen – Symbol für die Arbeit der Interessenver- tretung im Betrieb. Da käme es an erster Stelle auf eine scharfe Schneide an. Er meinte damit eine klare Analyse der Machtverhältnisse, die notwendigen Kenntnisse der Rechtslage, den „schar- fen Schliff“ in der Beurteilung wirt- schaftlicher Vorgänge. Daran müsse man unermüdlich arbeiten und schlei- fen. Allerdings nütze eine einzige scharfe Klinge gar nichts. Eine zweite, nicht weniger scharf, müsse – durch ein starkes Gelenk verbunden – zum Einsatz kommen. Das sei die Solidarität der Beschäftigten, koordiniert und organi- siert durch die Gewerkschaften. Ein Bol- zenschneider brauche aber auch starke Holme, um ausreichende Hebelwirkung zu erzielen. Hier müssten Bündnispart- ner mit anfassen, wie etwa die Politik Eine bunte Truppe aus Ravensburg und Aalen fand sich für drei Tage in Langenargen ein. Sie sei dem Gemeinwohl verpflichtet. Foto: Werner Langenbacher (Artikel Seite 7, unten)
Dezember 2021 Stuttgart Betriebsseelsorge Stuttgart aufpoliert Alte Räume in neuem Glanz laden ein (mg) Es sieht aus wie in einem Trümmerfeld. Die Deckenverkleidung ist runtergerissen, Putzbrocken liegen auf dem Boden und alles ist mit einer Staub- schicht überzogen. So war der Eindruck während der Renovierung der Betriebsseelsorge in Stuttgart. Die Aus alt mach neu: der Bespre- chungsraum (von oben nach Räume befinden sich im Erdgeschoss eines Innenstadt- unten): vorher, Bauphase und neu: wohnhauses. Darüber liegen drei Etagen mit Wohnun- freundlich und einladend. gen. Mit dem Start des neuen Betriebsseelsorgers Fotos: Michael Görg Michael Görg im Jahr 2020 gab es Überlegungen zu einigen kleineren Renovierungsarbeiten. Bei der Bege- hung durch eine Architektin des Stadtdekanats der katholischen Kirche in Stuttgart wurden allerdings einige gravierende Baumängel festgestellt. Zwei alte Wasserschäden, abgelöste Bodenfliesen und Feuchtig- keit waren nur einige der Themen. Damit wurde aus den bescheidenen Wünschen zur Renovierung eine Baumaßnahme von acht Wochen. Da durch die Corona- beschränkungen sowieso keine größeren Veranstal- tungen und Treffen in den eher kleinen Räumen mög- lich waren, hat es sich angeboten, die Baumaßnahmen im Frühjahr 2021 anzugehen. Jetzt erstrahlt die Ein- richtung wieder im neuen Glanz und die Räume sind auf aktuellem Stand und sehr einladend gestaltet. Auch die Besucher des Erwerbslosenkreises in der Betriebs- seelsorge Stuttgart freuen sich schon auf Veranstal- tungen und einen Neustart ihres Mittwochstreffs. Langenargen Seeluft schnuppern – Gemeinschaft erleben Arbeitslosentreffs aus Ravensburg und Aalen am Bodensee (wl) Zeit zu verbringen an einem der Jahre nicht mehr gesehen) ging es raus ist ohne Zeppelin nicht denkbar. Ein schönsten Urlaubsorte Deutschlands, in den Ort, um Seeluft zu schnuppern Besuch im Zeppelinmuseum mit Kunst- Gemeinschaft zu erleben, Neues zu und die Sehenswürdigkeiten zu erkun- museum war das Highlight des dritten erforschen und Natur zu entdecken – den. Nach einem Abendimpuls gab es Tages. Das spätherbstliche Sonnen- all das konnten die Teilnehmenden Matchduelle beim Tischtennisspiel oder wetter lud zum Bummeln und Ver- der Arbeitslosentreffs aus Ravens- bei Gesellschaftsspielen. weilen in den Uferanlagen ein, bevor es burg und Aalen erfahren. Der zweite Tag stand ganz im Zeichen spätnachmittags dann am Bahnhof Ein großes Hallo erschallte auf dem der Natur, denn die Landesgartenschau hieß: „Alle einsteigen“ – die Heimat war- Bahnhof Langenargen, als die Gruppe in Überlingen wurde besucht. Beindru- tet. Drei gelungene Tage mit nachhal- aus Aalen in dem Bodenseeort ankam. ckend die Seekulisse in Harmonie mit tigen Erlebnissen als Gemeinschaft, aber Quartier wurde im Familienferiendorf der Blumenpracht. Nach der abendli- auch mit Wehmut, ob wir uns nächstes bezogen, ein Glücksfall, da es Gemein- chen Ausstauschrunde ging es um alle Jahr wiedersehen. schaftsräume und gemeinsame Mahl- Neune oder stoß die Kugel: Kegeln und Foto Seite 6, unten rechts zeiten gab. Nach einer ersten Vorstell- Billiard waren angesagt. und Erzählrunde (man hatte sich ja zwei Die Geschichte der Bodenseeregion
Dezember 2021 Biberach Ausschnitte aus der Arbeit der Betriebsseelsorge Biberach Links: Jugendli- che spannen vor der Stadthalle ein buntes Schwung- tuch aus. Foto: BS Biberach Rechts: Markus Köder, Antje Trosien, Hermine Burger und Gisela Gretschel start- klar zum Vertei- len der Brezeln und Renteninfos. Foto privat (hb) „Biberach bleibt bunt!“ Personal an seine Grenzen. Betriebsseelsorge an das Pflegepersonal Betriebsseelsorge unterstützt Pro- Die Betriebsseelsorge hat dem Betriebs- übergeben. Wer ein entlastendes Ge- testkundgebung gegen AfD ratsvorsitzenden Norman Christein 700 spräch braucht, kann sich so jederzeit Das Bündnis für Toleranz und Demo- Müsli-Riegel mit den Kontaktdaten der an die Betriebsseelsorge wenden. kratie hat am 15. September zu einer Kundgebung gegen den Wahlkampfauf- tritt der AfD in der Stadthalle aufgeru- fen. Rund 200 vorwiegend junge Men- Aalen schen warben für ein offenes, tolerantes und buntes Biberach, in dem kein Platz für Hass, Ausgrenzung und Diskriminie- rung ist! Braucht Baden-Württemberg „ECHT GERECHT: Die gesetzliche Rente stärken!“ ein Arbeitslosenparlament ? Beim Pendleraktionstag des DBG In den frühen Morgenstunden des 21. Impulse aus den östlichen Bundesländern September wurden vom DGB und der Betriebsseelsorge am Bahnhof in Biber- ach Informationen zum Thema Rente, zusammen mit frischen Brezeln, an rund 200 Pendler verteilt, um auf das sinkende Rentenniveau bei steigendem Beitragssatz aufmerksam zu machen. Dies trifft besonders Menschen mit geringem Lohn, da diese für die gleiche Rente besonders viele Jahre zusätzlich arbeiten müssen. Rentenkürzungen belasten auch die jungen Menschen, da sie das sinkende Rentenniveau durch pri- vate Vorsorge ausgleichen sollen. „Kraft durch Zuversicht“ Zu Besuch in der neuen Sana-Klinik Seit Mitte September ist das neue Kli- nikum in Biberach, in dem über 600 Pfle- gekräfte arbeiten, in Betrieb. Doch auch Die Teilnehmenden besuchten die Thüringer Arbeitsloseninitiative Soziale Arbeit e.V.; hier bringt der Pflegenotstand das Foto: SubKULTan, Betriebsseelsorge Aalen, Artikel Seite 9, links oben
Dezember 2021 Fortsetzung von Seite 8, links unten Aalen (mj) Im Oktober nahm Martin Jahn, Koordinator von SubKULTan Aalen, an einem Seminarworkshop mit dem Thema "Deutschland einig Arbeits- „Auf diese Idee bin ich noch land? Corona als sozialer Sprengstoff im Jahre 30 der Einheit" in Erfurt teil. Von den 20 Teilnehmenden war er gar nicht gekommen!“ der einzige Teilnehmer aus dem Süden Deutschlands. Gleich bei der Ankunft im zentral gelegenen Bil- dungshaus St. Ursula und der darauf- folgenden Stadtführung wurde deut- lich, dass Erfurt eine der schönsten Städte in Deutschland ist. Doch die Tagung diente nicht touristi- schen Zwecken, sondern es sollte etwas über die Situation der Arbeitslosen vor Ort und ganz besonders über das Arbeitslosenparlament erfahren wer- den, welches es außer in Thüringen nur noch in Mecklenburg-Vorpommern gibt. Zu diesem Zweck fanden sich die Teilnehmenden bei TALISA (Thüringer Arbeitsloseninitiative Soziale Arbeit e. V.) ein. Über die umfangreiche Arbeit des Vereins wurden sie von den Grün- dungsmitgliedern von TALISA aufge- Gedankenenge – wenn die Kraft ausgeht; Foto Karolina Tomanek klärt. In den Räumen befinden sich ein Tafelladen, eine Werkstatt, eine Küche Sternstunden in der Selbsthilfegruppe sowie eine Nähstube. Dass dies früher eine große Halle war, sieht man dem (kt) Paul* kommt regelmäßig in die kann seine Zuversicht nicht vermitteln Ganzen nicht mehr an. All dies hatten Burnout-Selbsthilfegruppe. Er hört und „flieht“ aus der Situation. Der die TALISA-Leute in Eigenregie bewäl- gern zu, erzählt auch mal etwas. Er ist eigentlich kleine Konflikt saugt alle tigt. Es fiel auf, dass die Erwerbslosen sehr reflektiert, sehr sensibel mit Energie aus ihm und er muss sich für den aktiver am Geschehen beteiligt sind und sich und anderen, er achtet auf sich. nächsten Tag krankmelden. mehr Initiative zeigen. Das mag daran Paul hat schon mehrere Reha-Maß- Burnout zeigt sich auf verschiedene liegen, dass Erwerbslose hier nicht nur nahmen aufgrund von Burnout Weise. Oft reichen schon kleine Trigger auf die Rolle des Bedürftigen reduziert hinter sich. Er geht regelmäßig zur aus, um in ein schwarzes Loch zu fallen, werden, wie es im Westen oft der Fall ist. Therapeutin, führt eine Burnout- in dem man keine Kraft mehr hat und Dazu trägt auch eine Einrichtung wie Ampel. das ursprünglich Gute nicht mehr sehen das Thüringer Arbeitslosenparlament Im Grunde ist Paul enttäuscht von kann. Alle Gedanken drehen sich nur bei. Hier kommen zwei Mal im Jahr etwa seinem Arbeitgeber. Gut gemeinte Ver- noch um das Versagen. „Das wird 170 Erwerbslose aus allen Teilen des Thü- änderungen „Wohlfühlmanagements“ wieder nichts!“ „Die Umstrukturierung ringer Landes im Landesparlament mit stellten sich als oberflächliche Stillhal- war ein Fehler!“ „Alles bleibt wie Parlamentarier*innen und den dafür te-Taktik heraus. Paul erwartet eigent- immer!“ „Ich halte das nicht mehr aus!“ zugehörigen Minister*innen zusam- lich nichts Positives mehr, seine Arbeit In dieses Gedanken-Karussell hinein men, um ihre Sorgen, Nöte, aber auch empfindet er als „vollkommen sinn- stellt Johann*, ein anderer Gruppenteil- Lösungsvorschläge vorzubringen. Wei- entleert“. nehmer, eine Frage: „Vielleicht braucht tere Höhepunkte waren der Besuch des Bei unserer letzten Sitzung hatte er Zeit das Ganze einfach Zeit und wird am Landesparlamentes und Reise mit der und Raum zu erzählen. Es geht ihm Ende doch gut? Wäre doch möglich?“ Tram an die Außenbezirke von Erfurt. aktuell nicht gut. Die Woche hat super „Auf diese Idee bin ich noch nicht Alle Teilnehmer*innen waren abschlie- angefangen. Die Firma wurde (wieder) gekommen!“ gibt Paul zu und lächelt ßend der Meinung, dass solche Veran- umstrukturiert, das bringt natürlich erleichtert. Zum ersten Mal an diesem staltungen verbindend, informativ und erstmal Chaos rein, aber Paul findet die Abend. unbedingt notwendig sind. Es bleibt zu Idee dahinter diesmal ganz gut. Er ist Das sind diese wertvollen Momente in hoffen, dass diese Workshops, die von guter Dinge und hofft, die Kolleg*innen den Zusammenkünften: Eine Idee, eine der Diözese Mainz organisiert werden, machen mit. Mit ganzer Energie stellt er Frage oder Anregung von außen. Ein weiterhin erhalten bleiben und eine stär- sich den skeptischen Fragen der älteren kleiner Denkanstoß, der die Beteiligten kere Beteiligung des Südens möglich ist. Beschäftigten. Diese können aber nicht aus der Gedankenenge herausbringt. Sei Informationen unter: ganz mitgehen, sind nicht überzeugt es auch nur für diesen einen Abend. https://www.talisa.net und Paul hat das Gefühl zu scheitern. Er *Namen geändert.
Dezember 2021 Aus der Bündnisarbeit der Betriebsseelsorge KAB - Diözese Kleider machen Leute – und dazu noch Geld für Projekte KAB Gruppe verkauft neue Ware und unterstützt Uganda (ih/eb) Die Aktion Hoffnung, ein Alt- kleider-Sammelprojekt, bekam von verschiedenen Modehäusern neue Kleidung, welche durch die Corona- zeit nicht verkauft werden konnten. Diese Kleiderspende konnte für gute Zwecke verkauft werden, was die KAB-Gruppe Pfullingen aufgriff. Irmtraud Hagel und Ernst Bodenmüller, die Hauptverantwortlichen für diese Aktion, waren sich schnell einig, dass der Verkauf eine Woche lang im Ge- meindehaus durchgeführt werden soll. Der Aufwand für Aufbau und Abbau wären bei nur zwei Tagen Verkauf der- selbe. Einmal alles ausgepackt und arrangiert, konnte es so liegen bleiben. Allerdings wurde es jeden Tag noch opti- miert: noch zwei Spiegel mehr, noch ein Kleiderständer mehr, zusätzliches Anbauen mit Stangen usw. Viele Käufe- rinnen (Käufer gab es weniger) kamen mehrmals oder haben Nachbarinnen Der Verkauf neuer Ware bringt Spenden für KAB-Uganda-Projekte; Foto (KAB DRS) und Freundinnen geschickt, nachdem sie sahen, was für ein gutes Angebot es gab. Marken wie S.Oliver, Betty Barclay, Gerry Weber, Street One und andere KAB waren vertreten und das sprach sich herum. Erfolgreich war die Aktion auch dank der vielen Helfer*innen, die eine Woche lang angepackt haben. Utopie Camp – Am Samstag wurde gezählt und es kam ein stolzer Gesamtumsatz von nahezu L(i)ebenswertes Ravensburg 20.000 € bei 676 verkauften Teilen zusammen. Und nebenbei wurden Wachstum kreativ (neu)denken noch drei „Bildungsaktionäre“ für die Schulen in unserer Partnergemeinde (ah) Im August luden Dr. Anja Hir- haltigkeitswissenschaftlerin, Prof. Dr. Butema gewonnen. Die Hälfte des scher (KAB) und Robert Klauer (Kapu- Maja Göpel, und der Philosoph Richard Umsatzes erhält die KAB für das Ugan- ziner Kreativzentrum) Interessierte David Precht eingeladen hatten. Das da-Projekt, die andere Hälfte geht an die ins Kapuziner Kreativzentrum ein, Ganze wurde dezentral von der Leu- Aktion Hoffnung, die damit u.a. eine cari- um sich im Rahmen eines zweitägi- phana Universität Lüneburg organi- tative Suppenküche in Georgien unter- gen Utopie Camps mit der Frage siert. Mit einem spannenden Auftakt stützt. zu beschäftigen: Wie kann utopi- startete die Utopie Konferenz bereits Eine gute Woche mit vielen netten sches Denken über Wohlstand und am Abend des 23. August mit einem digi- Begegnungen und alles für einen guten Wachstum unsere Visionen für ein talen Impuls via Zoom aus dem Utopie Zweck, was will man mehr! L(i)ebenswertes Ravensburg 2030+ Studio in Lüneburg. Am nächsten Tag Hier kann die Liste der angebotenen verändern? ging es dann direkt vor Ort im Utopie Modemärkte eingesehen werden, die Das Utopie Camp war Teil einer europa- Camp Ravensburg mit einer kurzen Vor- sich ständig erweitert: weiten Utopie Konferenz, zu welcher stellungsrunde der acht Teilnehmenden www.aktion-hoffnung.org/news.html die bekannte Politökonomin und Nach- weiter Seite 11 oben links
Dezember 2021 netzwerk arbeitSwelt, Göppingen Fortsetzung von Seite 10 unten rechts los. Die insgesamt 125 lokalen Camps Beschäftigte am Limit folgten alle einem ähnlichen Ablauf von digitalen Impulsen aus dem Utopie Politisches Nachtgebet im Oktober in Geislingen Studio z. B. mit Carola Rackete, Hartmut Rosa, Eckart von Hirschhausen, Anna- Nicole Heinrich, Diana Kinnert, Harald Welzer und vielen weiteren Gästen. Zusätzlich gab es zahlreiche kreative Workshops, angeleitet durch ein Kar- tendeck, welches von der Leuphana Uni- versität zur Verfügung gestellt wurde. Gemeinsam wurde u.a. an den folgenden Themen gearbeitet: Ÿ Erweiterte Teilhabe durch Vereine und Genossenschaften Ÿ Neue Wohnformen (Quartier mit kurzen Wegen, nachhaltigen Baustof- fen, regenerative Energien). Ÿ Ganzheitliche und kollektive Versor- gung (Solidarische Landwirtschaft, pflanzliche Ernährung) Ÿ Arbeit neu gedacht (Tätigkeitsmodell, Zeitwohlstand) In den zwei Tagen bildete die sehr diverse Gruppe des Utopie Camps Die Situation der im Einzelhandel Beschäftigten stand im Zentrum des Politischen Nachtgebets. Ravensburg ein konstruktiv arbeitendes Foto: Ákos Csernai-Weimer Team, welches sich zum Ziel gesetzt hat, in der Region um Ravensburg Ansätze (nk) Das politische Nachtgebet im durch prekäre Beschäftigungen, zuneh- zu ganzheitlich gedachtem Lebensraum Dekanat Göppingen-Geislingen hat menden Leistungsdruck und unter- voranzutreiben. Als Ergebnis und ange- eine lange Tradition. Es nimmt ernst, tarifliche Bezahlung. Dringend not- strebtes Ziel wurde eine Utopie formu- dass das Eintreten für Solidarität und wendig sind neben ordentlicher Bezah- liert, welche Anja Hirscher auf Einla- Gerechtigkeit unabdingbar zur lung eine Wertschätzung für gute dung des Baubürgermeisters der Stadt Bezeugung des Evangeliums gehört Arbeit, für Tätigkeiten, die systemrele- Ravensburg dort vorstellen wird. und im Gottesdienst nicht nur der vant sind. Darüber hinaus wurde das Choral, sondern auch der Schrei der Thema „Beschäftigte am Limit“ ausge- Menschen seinen Platz haben muss. dehnt auf viele Bereiche der Beschäftig- Ravensburger LebensRaum als Blaupause für ein utopisches Ideal; Foto: Anja Hirscher Aus dem Zusammenlesen von Bibel ten und dem Erleben „am Limit zu sein“. und Zeitung erwächst die Spiritua- Als notwendige Schritte wurden die lität der Betriebsseelsorge und der Wichtigkeit der Vertretung der Arbeit- KAB, ihre Art zu sehen, zu urteilen nehmer*innen durch Betriebsräte und und zu handeln. Gewerkschaften, aber auch das kon- Das Politische Nachtgebet im Oktober krete Tun jedes Einzelnen benannt. Mit stand unter dem Thema „Beschäftigte Gebeten und Bitten – gestaltet und vor- am Limit“. Ausgehend von biblischen getragen durch KAB-Mitglieder – wur- Texten des Jakobusbriefes und am Bei- den die betroffenen Kolleg*innen ins spiel des Einzelhandels nahmen die Gebet genommen. Der Gottesdienst Diakone Josef Putz und Norbert Kön- wurde musikalisch begleitet von der geter die Situation der Beschäftigten auf Band „invite!“ der Katholischen Ge- und verwiesen auf die schwierige Lage samtkirchengemeinde Geislingen, die der Kolleg*innen im Einzelhandel, nicht die inhaltliche Botschaft ergänzte. Im zuletzt durch die Ausdehnung der Anschluss daran standen die Teilneh- Ladenöffnungszeiten, Corona-Regeln menden des Politischen Nachtgebets in und Hamsterkäufe. In den Gängen vieler lockerer Runde bei Getränken und Ge- Märkte ist es fast unmöglich, Sicher- bäck „corona-gerecht“ zum Austausch heitsabstände einzuhalten. Obwohl es zusammen – und werden Beschäftigte inzwischen Schutzvorrichtungen gibt, im Einzelhandel beim nächsten Einkauf sind Kassierer*innen dennoch einem vielleicht mit anderen Augen sehen und höheren Infektionsrisiko ausgesetzt. schätzen. Verschärft wird die Situation zum Teil
Dezember 2021 Personen S 21 Beschäftigte unterstützen und Netzwerkarbeit Stabübergabe im Beratungsangebot Faire Mobilität (pm) Im Herbst haben sich Dragana land entsandt. Oft ist Ausbeutung vor- rung im Hinblick auf Netzwerkarbeit. Bubulj und Sejla Vojic - Mitarbeite- programmiert; in sehr seltenen Fällen Wir hatten alle das Glück, dass wir eine rinnen von Faire Mobilität Stuttgart - schlittern die Arbeitnehmer*innen in Übergangszeit hatten und so beide gut in eine längere Elternzeit verabschie- eine Scheinselbständigkeit. Wir neh- einlernen konnten. Sehr wichtig ist uns det. Peter Maile, Betriebsseelsorger men auch wahr, dass es eine Verschie- auch die Kooperation mit der Betriebs- der Baustelle S21, hat zuvor mit bung gen Westen gibt. Die Polen kom- seelsorge und die Zusammenarbeit mit ihnen gesprochen und stellt die men z. B. nach Deutschland und Leute der Beratungsstelle Mira. Und zu guter neuen Kolleg*innen, die die Eltern- aus der Ukraine gehen nach Polen. Und Letzt das Dranbleiben an den Menschen, zeitvertretung übernommen haben, in Rumänien kommen die Arbeitskräfte damit sie zu ihrem Recht kommen. vor. mittlerweile aus Nepal. Zum Schluss bleibt mir, euch beiden, Peter: Dragana und Šejla, wie war es Wir reden von der Stabübergabe. Was Dragana und Šejla, für die sehr gute denn damals als ihr gestartet seid und gebt ihr den Neuen, Jovana und Zusammenarbeit danke zu sagen und konntet ihr mit dem Begriff der Adnan, mit auf den Weg? Euch, Jovana und Adnan einen guten Fairen Mobilität etwas anfangen? Die von uns in den letzten Jahren entwi- Start zu wünschen. Als Geschenk will Dragana und Šejla: Nicht so wirklich, ckelten Strategien, die Beschäftigten zu ich euch einen Helm mit auf den Weg wohl aber hatten wir eine Vermutung. unterstützen. Unsere langjährige Erfah- geben. Seid behütet und beschützt. Wir beschäftigten uns anfänglich mit den Strukturen vom bundesweiten Bera- tungsangebot der Fairen Mobilität, Kurze Vorstellung der beiden „Neuen“ arbeits- und sozialrechtlichen Bera- tungsthemen, häufigen Fallkonstella- tionen und lernten die Partnerorganisa- tionen kennen. Uns waren auch die Auf- gaben von der Betriebsseelsorge nicht wirklich bekannt. Könntet ihr bitte in einem Satz euer Kerngeschäft formulieren? Wir beraten die Arbeitnehmer*innen muttersprachlich zu den arbeits- und sozialrechtlichen Themen und unter- stützen sie bei der Durchsetzung ihrer Rechte. Marian Schirmer (m) mit Hedwig Blank und Helmut Bauer; Foto: Betriebsseelsorge Böblingen Die Frage, die mich immer wieder beschäftigt: Was denken die Men- schen aus euren Heimatländern über Deutschland? Foto: Peter Maile Viele verbinden mit Deutschland ein Adnan Jovana geregeltes und strukturiertes Land, wo „Durch mein Studium der Internatio- „Ich bin Juristin und bin bei der Fairen die Arbeitnehmer*innen ihre Rechte nalen Entwicklung habe ich einige Be- Mobilität am Standort Stuttgart als Bera- genießen und für ihre Arbeit fair bezahlt rührungspunkte zum Thema Ungleich- terin tätig. Zusammen mit meinen Kol- werden. Aus diesem Grund sind sie heit gehabt. Probleme, die dadurch leg*innen berate ich mobile Beschäf- weniger vorsichtig bzgl. der Arbeitszeit- entstehen, bekomme ich direkt von den tigte im Hinblick auf arbeits- und sozial- dokumentation; sie gehen davon aus, Ratsuchenden mit. Durch die viel- rechtliche Themen. Mein Studium habe dass in Deutschland Ausbeutung nicht schichtige Arbeit bei der Fairen Mobi- ich in Bosnien-Herzegowina und Ser- toleriert wird. lität habe ich die Möglichkeit erhalten, bien absolviert und lebe seit einem Jahr Welche Erfahrungen habt ihr mit mein Wissen und meine Sprachkennt- in Deutschland. Dadurch kann ich mich Beschäftigten auf dem Bausektor nisse einzusetzen. Für die Menschen da gut in die Situation von unseren Ratsu- gemacht? zu sein und eine kompetente Beratung chenden hineinversetzen und ihnen Viele Baubeschäftigte aus Drittstaaten anzubieten, bereitet mir große Freunde. Tag für Tag weiterhelfen.“ arbeiten in Deutschland als Entsandte. Geboren und aufgewachsen bin ich in Die Kolleg*innen sind in Slowenien ge- Deutschland als Kind von bosnisch- www.faire-mobilitaet.de meldet und werden dann nach Deutsch- herzegowinischen Gastarbeitern.“
Dezember 2021 Böblingen „Wertschätzender Umgang war immer wichtig“ Sprecherin der Arbeitergemeinde verabschiedet Konflikt ausgetragen wurde, mehr be- schäftigt als mir lieb war. Was nimmst du nach all den Jahren als Mitglied der Gemeindeleitung und langjährige Sprecherin mit? Ich durfte die Erfahrung machen, dass wir in der Gemeindeleitung in unter- schiedlichen Zusammensetzungen immer einen wertschätzenden Umgang miteinander gepflegt haben und trotz unterschiedlicher Meinungen auch ohne „Kampfabstimmungen“ zu kon- struktiven Lösungen finden konnten. Die Zusammenarbeit mit den Betriebs- seelsorgern beider Konfessionen und mit dem BABS – dem Leitungsgremium der evangelischen Betriebsseelsorge - und der Rückhalt aus der Arbeiterge- meinde werde ich in guter Erinnerung behalten. Marian Schirmer (m) mit Hedwig Blank und Helmut Bauer; Foto: Betriebsseelsorge Böblingen Gibt es eine Situation, an die du besonders gerne zurückdenkst? (ms) Hedwig Blank war seit 2004 Mit- motivierte mich schließlich zur Kandi- Oh je, ich verbinde mit der Betriebsseel- glied in der Gemeindeleitung und seit datur für die Gemeindeleitung. Walter sorge so viele bereichernde und interes- 2006 Sprecherin für die Arbeiterge- Wedl kannte ich von unserer gemein- sante Erfahrungen, dass es mir schwer meinde. Dieses Jahr verlässt sie samen Zeit bei Hewlett-Packard. Es fällt, die eine Situation zu benennen. Bil- zusammen mit Helmut Bauer das Gre- waren also persönliche Freundschaften dungsreisen, Wanderfreizeiten, Neu- mium. Im Interview mit Betriebsseel- als auch die Themen der betrieblichen jahrsempfänge, Gemeindefeste und Got- sorger Marian Schirmer blickt sie Interessenvertretung. tesdienste waren und sind wichtige nochmal auf ihre Zeit zurück. Was macht die Arbeitergemeinde für Höhepunkte. Vielleicht kann ich beson- Marian: Wie bist du damals zur dich aus? ders die letzte Wanderung erwähnen, Betriebsseelsorge und ins Arbeiter- In der Arbeitergemeinde ist Raum für die ich zusammen mit Walter Wedl und zentrum gekommen? gelebtes Miteinander und Begegnungen Rolf Schäfer im Monbachtal unter- Hedwig: Wir sind 1986 wegen der Arbeit über verschiedene Milieus hinweg – hier nehmen durfte. Aber auch ein lang zu- aus Münster in Westfalen nach Böb- kommen Arbeitslose, Überarbeitete, rückliegender Ostergottesdienst mit lingen gekommen. Nachdem wir im Stu- Sozial-Benachteiligte und Privilegierte Paul Schobel ist mir noch in lebhafter dium in der Studentengemeinde aktiv zusammen und begegnen sich auf Erinnerung, als eine Daimlerarbeiterin waren, haben wir uns auch in Böblingen Augenhöhe. Politisch und seelsorger- von ihren Erfahrungen am Band berich- nach einer kirchlichen Heimat umge- lich steht immer der Mensch und seine tete. sehen und sind dabei auf die Betriebs- Bedürfnisse im Zentrum der Arbeit. Par- Gibt es etwas, was du der neuen seelsorge gestoßen. teilichkeit für die, die durch unsere Art Gemeindeleitung mit auf dem Weg Was hat dich dazu bewogen, dich in den Wirtschaftsprozess zu organisieren geben möchtest? der Arbeitergemeinde und in der benachteiligt werden, ist selbstver- Nein, die sind alle selber groß und brau- Gemeindeleitung zu engagieren? ständlich. chen meine guten Ratschläge nicht. 1999 wurde ich bei Agilent – einer Aus- Welche Situation hat dich als Spre- Aber ich wünsche dem neuen Gremium gründung von Hewlett-Packard – in den cherin besonders gefordert? viel Erfolg und eine glückliche Hand bei Betriebsrat gewählt. Nachdem wir 2001 Die Auseinandersetzungen um das den anstehenden Entscheidungen. an Philips verkauft wurden, habe ich Arbeiterzentrum, die in den letzten Was du noch gerne sagen möchtest: mich zunehmend auch dort in dem neu Jahren geführt wurden, war für mich Danke, es war eine wunderbare Zeit! gegründeten Betriebsrat engagiert und eine Herausforderung. Auch wenn ich Aber man soll ja aufhören, wenn es am dabei die Unterstützung durch die als Vorsitzende von Betriebsrat und schönsten ist. Ich bleibe euch erhalten Betriebsseelsorge als hilfreich empfun- Gesamtbetriebsrat bei Philips gewohnt und werde mich sicher immer mal den. Rolf Schäfer, der lange Jahre die war, inhaltlich harte Interessenkon- wieder in der Arbeitergemeinde sehen Betriebsseelsorge als Sprecher der flikte zu bewältigen, so hat mich doch lassen. Gemeindeleitung mit geprägt hat, der Stil, wie dieser innerkirchliche
Dezember 2021 Diözese Menschen arbeiten hart für die Annehmlichkeiten der Gesellschaft Theologiestudentin schnuppert Betriebsseelsorge-Duft (wh) Tabea Günther war im Sommer kämpft, die Stelle, an der er jahrelang Ähnliches hat mich auch auf der Bau- für einen Monat an verschiedenen gearbeitet hat, zurückzubekommen. stelle Stuttgart 21 bewegt, auf der ich Orten der Betriebsseelsorge unter- Dann ist da die Begegnung mit den Men- mit Peter Maile und Wolfgang unter- wegs, schwerpunktmäßig in Ulm. schen in der Mobbingberatung und Mob- wegs sein durfte: wie hart Menschen Wolfgang Herrmann befragt sie nach bingselbsthilfegruppe, die so viel Leid arbeiten müssen und dabei ihre Gesund- ihren Erfahrungen. und Terror erfahren haben, davon oft heit einbüßen, aber mit ihrer Leistung Tabea, Du studierst für das Bistum verunsichert sind und das Vertrauen die Gesellschaft tragen und gerade auch Fulda Theologie und bist im dortigen verloren haben und wieder Mut und Annehmlichkeiten erst ermöglichen, Bewerber*innenkreis. Wie kam es zu Kraft schöpfen wollen. wie z.B. das Zugfahren. Meiner Ansicht Deinem Praktikum in der Betriebs- Als drittes möchte ich die Begegnung nach wird ihre Arbeit dafür heute seelsorge Rottenburg-Stuttgart? mit einem jungen Schweißer bei einem immer noch ungenügend bezahlt und zu Betriebsbesuch nennen, der erst einen wenig wertgeschätzt. Tabea: Mein Ausbildungsleiter, Ste- phan Schilling, hat mir mein Praktikum anderen Beruf gelernt hatte und dann Gleiches gilt auch für die Pflegekräfte. vermittelt. Er selbst hat im Bistum Rot- sich entschlossen hatte, Schweißer zu Die Begegnung mit den Mitgliedern vom tenburg-Stuttgart seine Wurzeln. Die werden, die Ausbildung absolvierte und Pflegebündnis hat mich auch in beson- Arbeit der Betriebsseelsorge, gerade die Arbeit als Schweißer immer noch derer Weise berührt, vor allem ihre auch die von Paul Schobel, ist ihm nicht gerne macht. Weiter auf Seite 15, oben links entgangen und hat ihn beeindruckt. Im Bistum Fulda, in dem er jetzt seit einigen Jahren Pastoralreferent und Ausbil- dungsleiter für die Bewerber*innen mit dem Berufsziel Pastoralreferent*innen ist, gibt es noch keine Betriebsseelsorge. Der Gedanke, dass im Bistum Fulda eine Betriebsseelsorge eingerichtet werden könnte, ist in ihm gereift. Als ich ihm im Semestergespräch mitteilte, dass ich gerne mein berufsorientiertes, vierwö- chiges Praktikum im Rahmen meines Theologiestudiums absolvieren möchte, kam er auf die Idee, dass ich dies in der Betriebsseelsorge in Rottenburg-Stutt- gart tun könne – vielleicht in der Hoff- nung, dass ich all die Eindrücke und Erfahrungen der Praktikumszeit eines Tages im Bistum Fulda fruchtbar ma- chen kann. Du hast in ganz verschiedene Arbeits- bereiche der Betriebsseelsorge Ein- blick genommen. Welche Begeg- nungen und Orte haben Dich in besonderer Weise berührt? An sieben Orte und Begegnungen muss ich immer wieder denken, weil sie mich in besonderer und in ganz unterschied- licher Weise berührt haben. Zum einen ist da die Begegnung mit einem Mann, den Betriebsseelsorgerin Susanne Hirschberger und ich zu sei- nem Gerichtstermin begleitet haben. Tabea ist beindruckt von der Arbeit auf Ein Mann, dem gekündigt wurde und der Baustelle S 21; der sich so sehr wünscht und darum Foto: privat
Dezember 2021 Fortsetzung von Seite 14 Leidenschaft und Hingabe im Einsatz für die Wichtigkeit, im Team zu arbeiten, Wer weiß. Das Praktikum hat in mir den die Patient*innen, ihr Ausgebranntsein nicht alleine unterwegs zu sein, sondern Wunsch erweckt und das Bistum Fulda aufgrund der Überstunden, des Fach- vernetzt, sich gegenseitig zu unter- scheint offen dafür zu sein, eine kräftemangels, des ständigen Einsprin- stützen und auszutauschen. Betriebsseelsorge zu ermöglichen. Erste gen-Müssens, des Schlaf- und Erho- Wirst Du die erste Betriebsseelsor- Ideen für eine Betriebsseelsorge im lungsmangels, der geringen Wertschät- gerin im Bistum Fulda? Bistum Fulda habe ich jedenfalls schon. zung, der auch körperlich anstren- genden Arbeit und der zusätzlichen Bela- stung durch die Corona-Pandemie sowie ihre Verzweiflung und Wut mit dem Ulm Wunsch zur Veränderung hin zur Ver- besserung der Arbeitsbedingungen und dem Kampfgeist, sich dafür auch einzu- setzen. Renate Walser lässt sich Als sechstes möchte ich die Begegnung mit Erntehelfern und auch einer Land- wirtin in Meckenbeuren/Tettnang nicht mehr aufhalten erwähnen. Ihre Abhängigkeiten vonei- (sh) Im Dekanat Ulm verabschiedet gestellt: Susanne Hirschberger. Gut nander, verbunden mit einer zum Teil die Betriebsseelsorge ihre Verwal- schwäbisch würde man sagen, sie hatte prekären Situation, haben mich beson- tungskraft nach knapp 20-jähriger „von ällem ebbes“. So vielfältig wie ihre ders berührt. Tätigkeit. Kolleg*innen waren ihre Aufgabenfel- In einer anderen Weise hat mich die Renate Walser, die zuvor in der Logistik- der. herzliche Aufnahme, Gastfreundschaft Branche gearbeitet hat, fand als Ver- Auf die Frage, was ihre Arbeit in der und Gemeinschaft berührt, die ich im waltungsangestellte in der Zeit von Betriebsseelsorge für sie besonders Betriebsseelsorgeteam und bei allen Betriebsseelsorger Werner Baur zur gemacht hat, sagt Renate: „Sehr interes- Unternehmungen, bei denen ich dabei Betriebsseelsorge Ulm. Die Fernfah- sant war der Umgang mit Menschen. sein durfte, erfahren habe, und die Lei- rer*innen-Seelsorge gehörte wie die Der Kontakt zu den Betrieben und Ein- denschaft, mit der jeder Einzelne und Weihnachtsaktion oder die Vernetzung richtungen hat meine Arbeit sehr jede Einzelne im Team Betriebsseelsor- der betrieblichen Suchtkrankenhilfe zu abwechslungsreich gemacht“. So hat sie ger*in ist. ihren Aufgaben. Mit Alfons Forster eng mit ihrem zugewandten und freundli- Was nimmst Du für Dich und Dein verbunden war die Zeit der Schlecker- chen Wesen vielen mit der Betriebsseel- Bistum mit aus den vier Praktikums- Schließung, die Unterstützung von sorge in Verbindung Stehenden die wochen? betrieblichen Aktionen, die ihre Arbeit Türe geöffnet. Eine sehr bewegte Zeit Ich nehme mir mit, dass für die Betriebs- oft bestimmt hat. Nachdem sie sich an endet für sie und damit geht viel Erfah- seelsorge der Mensch von jung bis alt, den Youngster der Betriebsseelsorge, rung und Kompetenz. religiös und nicht religiös, mit und ohne Michael Brugger, gewöhnt hatte und Danke Renate für Deine tolle Arbeit für Arbeit im Mittelpunkt steht. Sie will viele Abläufe revolutioniert wurden, die Betriebsseelsorge Ulm und alles nah am Menschen und für ihn da sein – stand schon der nächste Wechsel an, Gute für Deine Zeit im Un-Ruhestand! gerade auch am Arbeitsplatz und hin- und sie bekam eine Frau an ihre Seite sichtlich der Belange am Arbeitsplatz. Die Werte Solidarität, Gerechtigkeit und Renate Walser, hier links im Bild. So vielfältig wie ein bunter Blumenstrauß sind die Aufgaben einer Mitarbeiterin im Sekretariat der Betriebsseelsorge. Foto: Betriebsseelsorge Ulm Menschenwürde sowie Beziehungsar- beit liegen ihr besonders am Herzen. Wie genau dies ausgestaltet wird, kann sehr vielfältig aussehen: Von Beratung in betrieblichen und menschlichen Kon- fliktsituationen, bei Suchtproblema- tiken und Mobbing, Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, Sozialverbänden und Fachberatungen, Begleitung zu Ge- richtsterminen, Mitgehen auf Demon- strationen, Unterstützung von und Zusammenarbeit mit Betriebsräten, Per- sonalräten und Mitarbeitervertretun- gen, Seminar- und Tagungsarbeit bis hin zur aufsuchenden Arbeit, der persönli- chen Mitarbeit in einem Betrieb. Der Kern der biblischen Botschaft kann dabei eine Inspiration und Motivation für die Arbeit der Betriebsseelsorge sein. Mitgenommen habe ich mir auch
Dezember 2021 Stuttgart Für einige Zeit im Betriebsseelsorge-Team (js) Ich, Julia Sprißler, bin seit Anfang offenen Büro für Beratung, bei einer Oktober für mein Praxissemester in der LKW-Aktion und auf der S21-Baustelle Betriebsseelsorge Stuttgart. bekommen. Als Sozialarbeiterin habe ich bereits Was es konkret bedeutet, unterwegs zu Berufserfahrung in einer Anlauf- und sein für würdige und gute Arbeit, werde Kontaktstelle sowie beim Streetwork ich hier lernen, erfahren und mitgestal- im Bereich Wohnungslosenhilfe und ten. Jugendhilfe gesammelt. Vor meinem Studium war ich in verschiedenen sozialen Einrichtungen im In- und Aus- land tätig. Nun bin ich in meinem Praxissemester für Religionspädagogik und kann unter anderem entdecken, wie Kirche im täg- lichen Geschehen in der Arbeitswelt prä- sent ist. Ich freue mich auf das neue Arbeitsfeld der Betriebsseelsorge mit den unterschiedlichsten Aktionen für faire Arbeitsbedingungen. In den vergangenen Wochen konnte Reinklicken! Julia sammelt Eindrücke auf der Baustelle S 21; Foto: S 21 ich bereits erste Eindrücke vor Ort im betriebsseelsorge.de Tuttlingen Christsein heißt: Einsatz mit beiden Rudern Gedanken von Betriebsseelsorger Thomas Maile (tm) Ein Mann wollte mit einem Ruder- wie Bonhoeffer von den Nazis ermordet Die beiden Ruder „Gebet“ und „Einsatz boot fahren, hatte aber nur ein Ruder. wurde, stammt der folgende Gedanke: für Nächstenliebe und Gerechtigkeit“ „Macht nichts“, sagte er, „mir reicht „Von der Übernahme und Erfüllung der gleichzeitig zu betätigen, darauf kommt auch ein Ruder, um vorwärtszukom- Verantwortung hängt es ab, ob es sich es an. men“. Also ruderte er los. Aber so sehr er wirklich um ein Gebet oder um ein Thomas Maile, Betriebsseelsorger, sich auch mühte, er drehte sich immer frommes Gerede handelt“. Katholisches Dekanat Tuttlingen- nur im Kreis. Und es dämmerte ihm: Mir geben diese beiden Gedanken täg- Spaichingen „Um vorwärtszukommen, brauche ich lich Kraft und Orientierung für mein zwei Ruder“. Handeln in der Betriebsseelsorge. Je Eine schöne Geschichte und ein schönes mehr ich in Gott verwurzelt bin, desto Impressum Bild auch für das Christsein in dieser mehr engagiere ich mich für Gerechtig- Betriebsseelsorge der Welt. Als Christen sitzen wir in einem keit und Menschenwürde in der Arbeits- Diözese Rottenburg-Stuttgart, Ruderboot und haben zwei Ruder in welt. Ganz aktuell heißt dies für mich, Jahnstr. 30, 70597 Stuttgart unseren Händen: das Gebet einerseits den Kolleginnen und Kollegen beim Tutt- Kolleg*innen: und der Einsatz für Gerechtigkeit und linger Medizintechnik-Unternehmen Hermine Burger (hb), Michael Görg Nächstenliebe andererseits. Wie beim Smith & Nephew beizustehen, die um (mg), Irmtraud Hagel/ Ernst Boden- Ruderboot reicht ein Gebet allein nicht, ihre Arbeitsplätze bangen, weil die ame- müller (ih/eb), Wolfgang Herrmann um etwas zu erreichen. Wichtig ist auch rikanische Konzernleitung den Stand- (wh), Susanne Hirschberger (sh), Anja- immer das Tun. ort schließen will, obwohl der Betrieb Lisa Hirscher (ah), Martin Jahn (mj), „Unser Christsein wird heute nur in tiefschwarze Zahlen schreibt. Ein Un- Norbert Köngeter (ng), Werner Langen- zweierlei bestehen: Im Beten und im ding! Und auch den Kolleg*innen im bacher (wl,), Peter Maile (pm), Thomas Tun des Gerechten unter den Men- real-Markt in Tuttlingen zu helfen, die Maile (tm), Marian Schirmer (ms), Beate schen“, sagt der evangelische Theologe nach der Übernahme durch einen Scholz (bs), Rolf Siedler (rs), Julia Spriß- Dietrich Bonhoeffer. Und von Alfred Investor ohne Not entlassen werden ler (js), Karolina Tomanek (kt), Delp, dem Jesuitenpater, der ebenfalls und großes Unrecht erleiden. Layout: Inge Muff-Bongers, crayonne
Sie können auch lesen