Zur Geschichte des Seehornwaldes in Davos - Praktikumsarbeit von Tobias Tschopp Betreuung: PD Dr. Matthias Bürgi, WSL Birmensdorf
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Zur Geschichte des Seehornwaldes in Davos Praktikumsarbeit von Tobias Tschopp Betreuung: PD Dr. Matthias Bürgi, WSL Birmensdorf Dr. Urs Gimmi, WSL Birmensdorf Juni 2012 Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, WSL
„Neben den schönen Bergen und Alpen und den beden lustigen Seen ist dem Land nach dermahlen noch ein franger Wald gewesen, doch aber der Aebne nach lieblich anzusehen.“ (Die Walser Jäger über Davos, aus A. Laely, 1952)
Zusammenfassung Im Seehornwald, der etwas nördlich von Davos Dorf (GR) am See gelegen ist, wurde 1985 eine Fläche zur langfristigen Waldökosystem-Forschung (LWF) eingerichtet. Seither werden dort regelmässig Wald- und Klimadaten erfasst und damit die externen Einflüsse auf den Wald untersucht. Um die langjährige Datenreihe auch historisch besser einordnen zu können, hat die vorliegende Arbeit zum Ziel, die Geschichte des Seehornwaldes zu rekonstruieren und seine historische Entwicklung und Bewirtschaftung aufzuzeigen. Zu diesem Zweck wurde eine Reihe von verschiedenen historischen Quellen in die Untersuchung einbezogen. Es wurde nach Literatur und forstlichen Dokumenten zum Seehornwald gesucht, ver- schiedene Luftbilder, Landkarten, Abbildungen und Fotografien ausgewertet und diverse Interviews mit Forstbeamten und Waldbesitzern geführt. Es wurde versucht, die Hinweise der verschiedenen Quelltypen miteinander zu vergleichen und zu einer einheitlichen Darstellung über die Geschichte des Seehornwaldes zusammenzufügen. Die entdeckten Hinweise waren jedoch nicht sehr ergiebig, es wurde wenig Material gefunden, das spezifische Informationen zum Seehornwald enthält. Aufgrund der gefundenen Informationen spricht jedoch nichts gegen die Annahme, dass sich die Geschichte des Seehornwaldes im Wesentli- chen mit der Geschichte der Wälder in der Landschaft Davos insgesamt vergleichen lässt. Die Wälder von Davos weisen mit über 80% einen sehr hohen Anteil an Privatwaldungen auf. Der Grund dafür liegt in den zahlreichen Waldteilungen, die in der Landschaft Davos bis ins 19. Jahrhun- dert immer wieder vorgenommen wurden. Die Davoser Bevölkerung, die im 13. Jahrhundert die Tä- ler der Landschaft besiedelten, tat sich lange Zeit schwer mit der Einrichtung und Umsetzung einer einheitlichen Forstordnung durch die Obrigkeit. So wurden die Davoser Wälder bis zum Ende des 19. Jahrhunderts von den meist bäuerlichen Waldbesitzern intensiv genutzt. Mit dem Eidgenössischen Forstpolizeigesetz von 1876 kam es schliesslich auch in der Landschaft Davos zu einem Umdenken und zur Einrichtung einer einheitlichen Forstordnung. Angetrieben durch wirtschaftliche Verände- rungen im 20. Jahrhundert verlor die Holznutzung zunehmend an Bedeutung. Eine Extensivierung der Waldbewirtschaftung ist vor allem seit Mitte des 20. Jahrhunderts erkennbar. In der Folge verdichte- ten sich viele Bestände bis Mitte der 1980er Jahre stark, da sie nicht mehr oder nur noch sehr exten- siv bewirtschaftet wurden. Das veranlasste die verantwortlichen Personen im Forstwesen, Mass- nahmen für eine gezielte Nutzung des Waldes zu ergreifen, so dass die für Davos wichtigen Wohl- fahrtsleistungen des Waldes erhalten werden konnten. Diese Massnahmen wurden weitgehend um- gesetzt, so dass heute eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder gewährleistet ist. Diese generelle waldgeschichtliche Entwicklung lässt sich auf den Seehornwald übertragen, da sich viele Elemente dieser Darstellung auch in den Quellen für den Seehornwald wiederfinden.
Inhaltsverzeichnis Einleitung und Zielsetzung................................................................................................................... 7 Methoden .............................................................................................................................................. 9 Die Geschichte der Wälder von Davos............................................................................................. 10 Frühe Geschichte bis ins 20. Jahrhundert......................................................................................................... 10 Der Davoser Wald im 20. Jahrhundert ............................................................................................................. 13 Auswirkungen auf den Seehornwald ................................................................................................................ 14 Historische Karten vom Seehornwald.............................................................................................. 15 Fotografien vom Seehornwald.......................................................................................................... 21 Luftbilder vom Seehornwald ............................................................................................................. 26 Forstliche Dokumente zum Seehornwald ....................................................................................... 29 Waldbesitzer........................................................................................................................................ 32 Diskussion und Schlussfolgerungen ................................................................................................. 33 Dank ...................................................................................................................................................... 34 Literaturverzeichnis ............................................................................................................................ 35 Quellenverzeichnis der Abbildungen ............................................................................................... 37 Anhang ................................................................................................................................................. 39
Einleitung und Zielsetzung 7 Einleitung und Zielsetzung Der Seehornwald in Davos befindet sich oberhalb des Davosersees an der nordwestlichen Flanke des Seehorns, ungefähr einen Kilometer nordöstlich des Dorfes Davos. Entlang der nördlichen Grenze trennt ihn das Drusatschabächli vom nahgelegenen Höhwald und auf der südlichen Seite bildet er bis zum Flüelabach den Eingang ins Flüelatal von wo er in den Weriwald und den Steinschlagwald über- geht. Der Seehornwald umfasst eine Fläche von ungefähr 100 ha und reicht vom See (1559 m.ü.M.) bis fast hinauf zur Spitze des Seehorns auf 2070 m.ü.M. Abb. 1 Situierung Seehornwald (orange Umrandung) und LWF Fläche. (Quelle: swisstopo) 1985 wurde im Seehornwald eine Fläche zur langfristigen Waldökosystem-Forschung (LWF) einge- richtet (Abb 1.). Die 0.66 ha grosse Fläche liegt auf ca. 1650 m.ü.M. auf einem kleinen Hügel im süd- westlichen Teil des Seehornwaldes. Seither werden auf der Fläche in regelmässigen Zeitabständen die Waldstruktur sowie Klimadaten erfasst und anhand eines sogenannten Flux-Towers der atmo- sphärische Austausch (CO2, Ozon etc.) gemessen. Ziel des LWF Projektes, das in der Schweiz insge- samt 18 Beobachtungsflächen umfasst, ist es, externe Einflüsse auf den Wald und deren Bedeutung für die Entwicklung des Ökosystems zu erfassen und aufgrund dieser Daten zukünftige Entwicklungen abzuschätzen. Um die Daten, welche in den letzten 27 Jahren auf der LWF Fläche im Seehornwald erfasst wurden, besser zu verstehen und in Zusammenhang mit der Entwicklung des Waldes zu bringen, verfolgt die
8 Einleitung und Zielsetzung vorliegende Arbeit das Ziel, die historische Entwicklung des Seehornwaldes nachzuvollziehen und die frühere Bewirtschaftung zu dokumentieren.
Methoden 9 Methoden Wie gut sich die Geschichte eines Waldes rekonstruieren lässt, hängt in erster Linie von der Anzahl und Art der vorhandenen Quellen ab. Die Geschichte eines Waldes, in dem regelmässig Inventuren erhoben wurden und über dessen Bewirtschaftung stets Buch geführt wurde, lässt sich besser nach- vollziehen als jene eines weniger gut dokumentierten Waldes. Beim Seehornwald in Davos handelt es sich um einen Privatwald, der dazu recht klein parzelliert ist. Bei gut 50 Parzellen auf ungefähr 100 ha Wald, ist eine Parzelle im Schnitt nur gerade 2 ha gross, entsprechend zerstückelt sind auch die Hinweise auf deren Bewirtschaftung. Privatwaldungen sind in der Regel weniger gut dokumentiert als Wälder, die im Besitz von Korporationen oder öffentlichen Institutionen sind. Letztere sind dazu verpflichtet, Waldwirtschafts- und Betriebspläne zu erstellen, in welchen neben der Waldstruktur auch die Bewirtschaftung dokumentiert ist. Um die geschichtliche Entwicklung des Seehornwaldes aufzuarbeiten, wurde deshalb versucht, mög- lichst viele Quelltypen einzubeziehen. Zum Schluss sollte ein Gesamtbild entstehen, das einen Über- blick über die Geschichte des Seehornwaldes und seiner Bewirtschaftung liefert. Ausgangspunkt der Quellensuche war eine umfassende Recherche in diversen Bibliotheken und Ar- chiven, in denen mögliche Dokumente oder Berichte über den Seehornwald vermutet wurden, so die Bibliothek der WSL und die ETH Bibliothek (mit den Netzwerken Lib4RI und NEBIS), das Staatsarchiv in Chur, die Dokumentationsbibliothek in Davos und das Archiv des Kreisforstamtes in Schiers, wel- ches für die Region Davos verantwortlich ist. Darüber hinaus wurde der Kontakt mit Fachpersonen und Waldbesitzern gesucht, um weiterführende Hinweise oder Informationen zu erhalten. In Abb. 2 sind die Quellen, welche schlussendlich für die vorliegende Arbeit ausgewertet wurden ersichtlich. Im Folgenden werden diese Quellen einzeln diskutiert, die detaillierte Vorgehensweise bei der Auswertung ist in den jeweiligen Kapiteln beschrieben. Abb. 2 Quelltypen Seehornwald.
10 Die Geschichte der Wälder von Davos Die Geschichte der Wälder von Davos Die Geschichte des Seehornwaldes ist grundsätzlich im Kontext der regionalen Waldgeschichte in der Landschaft Davos zu interpretieren. Anhand einer Literaturstudie wurde versucht, diese regionale Geschichte zu rekonstruieren und in einem kurzen Überblick zusammenzufassen. Frühe Geschichte bis ins 20. Jahrhundert Die frühe Waldgeschichte der Landschaft Davos wurde sehr ausführlich von Alfred Laely (1952) be- schrieben, viele ihm nachfolgende Autoren beziehen sich auf seine Studien. Die folgende Zusammen- fassung folgt im Wesentlichen seinen Ausführungen. Wann und von wem genau die Landschaft Davos als erstes beschrieben wurde, kann heute nicht mehr genau bestimmt werden, der Name Davos taucht jedoch schon zu Beginn des 13. Jahrhunderts in verschiedenen Urkunden auf. Die Landschaft Davos war zu dieser Zeit im Besitz der Freiherren von Vatz, welche im Jahr 1289 den Ammann Wilhelm und seinen Gesellen einen Lehensbrief ausstellte. Diese aus dem Wallis stammenden Siedler (Walser) errichteten in der Folge 12 Siedlungen in den Davoser Tälern. Davos war damals stark bewaldet und die Siedler machten es sich zur Aufgabe, diese Wälder zu „Reuten“ (Roden) um Land und Holz für sich zu nutzen. Gerodet wurde vor allem mit Hilfe von Feuer, daneben zählte auch die Axt zu den wichtigsten Werkzeugen im Wald. Im 15. und 16. Jahrhundert war die Rodung der Wälder bereits weit fortgeschritten, so dass nun ers- te Vorschriften erlassen wurden, um weitere Rodungen zu regeln. Diese wurden im ältesten Davoser Landbuch von 1595 festgehalten. Zu Beginn oblag die Regelung der Waldrodung und -nutzung der Davoser Obrigkeit, später übertrug sie diese den einzelnen Siedlungen, die inzwischen zu grossen, so genannten Nachbarschaften, herangewachsen waren. Diese Nachbarschaften waren angehalten, eine Waldordnung zu erlassen und darüber hinaus je zwei Waldvögte zu ernennen, welche die Ein- haltung dieser Waldordnung überwachen sollten. Es dauerte bis 1695 als eine neue Ausgabe des Davoser Landbuches aufgesetzt wurde. Darin finden sich zum ersten Mal Bestimmungen über Privatwaldungen. Die Unterteilung in Privat- und Gemein- schaftswälder begann also bereits zu Ende des 17. Jahrhundert, auch wenn es sich damals noch nicht um Privatwald im Sinne von Eigentum handelte, sondern vielmehr um Nutzungsrechte an bestimm- ten Wäldern. Diese erstmaligen Bestimmungen über Waldnutzungsrechte von Privaten war eine Folge der soge- nannten „Waldteilung zum See“. Die beiden Nachbarschaften am See („sonne- und litzihalb“) erba- ten sich 1651 bei der Davoser Obrigkeit das Recht, die Wälder ihrer Nachbarschaften den einzelnen Haushalten, sogenannten Feuerstätten, zuzuteilen. Dieses Recht wurde ihnen gewährt und damit begann die Teilung der Davoser Wälder. Die Waldpartien wurden dabei bestehenden Häusergruppen oder auch einzelnen Höfen zugeteilt. Eine Art Gemeinschaftswald, genannt „Wehriwald“, blieb dabei weiterhin bestehen und diente als Holzlieferant für gemeinschaftliche Bauten, beispielsweise zum Schutz von Wegen und Strassen. Die Bestimmungen im Waldteilungsbrief von 1651 wurden später ins Davoser Landbuch von 1695 übernommen. Damit wurde auch eine gesetzliche Bestimmung für Waldteilungen geschaffen, die für die ganze Landschaft Davos galt.
Die Geschichte der Wälder von Davos 11 Im Weiteren finden sich im Davoser Landbuch von 1695 auch Bestimmungen über Bannwälder. Die Einrichtung von Bannwäldern, die primär zum Schutz von Siedlungen und Infrastruktur vor Naturge- fahren wie z.B. Lawinen oder Steinschlag dienen sollten, vollzog sich in vielen Gebirgsregionen der Schweiz. Eine Eigenheit von Davos ist es, dass nicht die für den Schutz der Bevölkerung zuständige Obrigkeit bestimmte, wo Bannwälder eingerichtet werden sollten, sondern dass dies auf Begehren von einzelnen Grundbesitzern geschah. Diese konnten bei der Obrigkeit ein Gesuch zur Bannung eines Waldstücks einreichen, welche in der Folge einen so genannten Waldbannbrief ausstellte und damit den Wald bannte. Ein solches Gesuch war in vielen Fällen aber nicht mit der Angst vor Natur- gefahren begründet. Mit dem Erhalt eines Bannbriefes sicherte man sich in erster Linie auch das Vor- recht auf die Nutzung dieses Waldes und schütze sich so vor Nutzniessern. So wurden in der Folge viele Wälder gebannt, welche keine eigentliche Schutzfunktion vorwiesen. Bei den vielen Waldteilungen und auch bei der Vergabe und Durchsetzung der Bannbriefe kam es immer wieder zu Streitigkeiten und Auseinandersetzungen. Eine ganze Reihe von Gerichtsprotokol- len und Spruchbriefen zeugen davon. Da die Rechtslage bei solchen Streitigkeiten nicht immer ganz klar war, waren erneute Teilungen von gemeinsam genutzten Wäldern ein gängiges Urteil. Das beflü- gelte die Teilung der Davoser Wälder noch zusätzlich. Gelangte ein Verstoss gegen die Waldordnung nicht direkt über die betroffenen Parteien zur Obrig- keit, waren die von den Nachbarschaften eingesetzten Waldvögte für die Einhaltung der Waldord- nung zuständig. Sie wurden in der Regel auf Lebenszeit gewählt und ihre Aufgabe bestand darin, die Nutzung der Wälder zu überwachen und etwaige Verstösse gegen die Waldordnung anzuzeigen. Grundsätzlich durfte in den Wäldern kein Holz genutzt werden, ohne das Einverständnis der Wald- vögte. Auch wenn die Nachbarschaften ihrer Pflicht, Waldvögte zu ernennen, grundsätzlich nachka- men, so war deren Autorität und Einfluss doch nur sehr gering. Im 17. und 18. Jahrhundert wurde ein grosser Teil der Waldreviere zunehmend als Löserwälder be- zeichnet. Die Waldrechte in den Löserwäldern waren eng mit dem Bedarf der einzelnen Haushalte (Feuerstätten) verknüpft. Jeder Haushalt erhielt dabei ein „Los“, also das Recht auf eine bestimmte Nutzung im Wald. Dabei wurden verschiedene Nutzungsrechte unterschieden, wie z.B. Brennholz- rechte, Bauholzrechte, Zaunrechte, Steuerrechte und Weiderechte. Die zunehmende Einführung des Begriffs der Löserwälder in Überschneidung mit den Genossenschaftswäldern aber auch anderer Waldrechte, wie der Waldbannbriefe und den alten Anteilsrechten der Feuerstätten erzeugte ein grosses Durcheinander in der waldrechtlichen Situation der Landschaft Davos. Mit dem Beitritt zur Schweizerischen Eidgenossenschaft im Jahre 1803 wurde sich nun auch der Kan- ton Graubünden nach und nach seiner hoheitlichen Pflicht zur Regelung des Forstwesens bewusst. 1822 gab es erste Versuche der Bündner Regierung (Kleiner Rat), die Vertreter der Landschaften (Grosser Rat) für Massnahmen gegen die aus ihrer Sicht teilweise missbräuchliche Waldwirtschaft zu gewinnen. Es wollte sich jedoch anfänglich keiner der Landschaftsvertreter dazu bewegen lassen, die Souveränität der Gemeinden in irgendeiner Art und Weise einzuschränken. Die Diskussion verebbte und wurde erst 1836 wieder aufgegriffen, worauf schliesslich ein kantonaler Forstbeamter ernannt wurde. Bis ins Jahr 1862 wurde die kantonale Forstordnung mehrmals revidiert, der Kanton wurde in verschiedene Forstbezirke eingeteilt, Bezirksförster ernannt und die Wälder unter die Aufsicht des Staates gestellt. Die Gemeinden wurden ihrerseits angehalten, Revierförster zu ernennen und eine eigene Forstordnung zu erstellen. Zudem wurde ihnen untersagt, gemeindeeigenen Wald weiter zu
12 Die Geschichte der Wälder von Davos teilen oder Gemeinwald an Private abzutreten. Holzschläge, insbesondere in Wäldern mit Schutz- funktion, waren bewilligungspflichtig und mussten durch den Revierförster angezeichnet werden. Die nächste Revision der kantonalen Forstordnung orientierte sich dann bereits am ersten Eidgenössi- schen Forstpolizeigesetz von 1876, welches den Begriff der Schutzwaldungen einführte, welcher sämtliche Wälder von Davos umfasste. Die Landschaft Davos stand dieser Entwicklung und der kantonalen Forstordnung äusserst ablehnend gegenüber und unterliess es, den kantonalen Anordnungen, insbesondere jene zur Erstellung einer eigenen Forstordnung für die Landschaft, Folge zu leisten. Aber auch innerhalb der Landschaft Davos gab es mehrfach Streitigkeiten um den Wald bzw. um Waldrechte. Ein prominentes Beispiel dafür ist der Streit um den Kirchenbannwald zwischen der Obrigkeit von Davos und privaten Waldeigentü- mern. Die Auseinandersetzung endete schlussendlich damit, dass die Obrigkeit ihre Rechte am Wald gegen Entgelt an private Eigentümer abtrat. Es sollte nicht das einzige Beispiel dieser Art bleiben und es gelang der Obrigkeit nicht, eine zielgerichtete Waldpolitik für die Landschaft von Davos zu etablie- ren. Der Weigerung der Landschaft Davos, eine eigene Forstordnung zu erlassen, trat der Kanton immer wieder entgegen. 1852 erliess der damalige Forstinspektor Joan Coaz die Regelung, dass in Davos kein Holz mehr geschlagen werden dürfe, ohne die Bewilligung des Kleinen Rates. Damit wollte er in erster Linie auch der anhaltenden Übernutzung der Davoser Wälder entgegenwirken. Die Davoser Obrigkeit versuchte indes immer wieder, ihre Autonomie bzw. die Autonomie der Waldeigentümer in Forstangelegenheiten zu wahren. Der Kanton erhielt seinerseits den Druck aufrecht. 1853, 1856 und 1857 unternahm die Davoser Obrigkeit jeweils einen Versuch eine eigene Forstordnung einzuführen, diese wurde aber stets von den Davoser Bürgern abgelehnt. Darauf erliess die Bündner Regierung nun ihrerseits eine Forstordnung für die Landschaft Davos. Diese stiess wiederum auf Ablehnung seitens der Davoser. Stein des Anstosses war vor allem die zeitliche Festsetzung eines winterlichen Weideverbots im Wald von Oktober bis Juni. Die Obrigkeit unternahm in der Folge einen weiteren Versuch, eine eigene Verordnung aufzustellen, allerdings mit einer verkürzten Weideverbotszeit. Der Kanton liess sich jedoch nicht erweichen und erhöhte den Druck durch ein Holzhandelsverbot für Davos. So kam es, dass die Davoser 1861 schlussendlich der ersten eigenen Forstverordnung zu- stimmten. Die Auseinandersetzung um das kantonal verordnete Weideverbot im Winter war damit aber noch nicht vom Tisch. Das hatte auch mit dem ausschliesslich in Davos verbreiteten Preisgangs zu tun. Während das Vieh, insbesondere das Schmalvieh, den Sommer hindurch von Mai bis November auf den jeweiligen Weideflächen des Viehhalters gehütet wurde, wurde es im Winter sogenannt „preis gegeben“ und konnte sich sein Futter ungeachtet aller Besitzgrenzen selber suchen. Kein Grundbesit- zer hatte während dieser Zeit das Recht, fremdes Vieh vom eigenen Land zu vertreiben. Damit wurde während der Stallfütterungszeit im Winter zwar einiges an Futter gespart, allerdings auch grosse Schäden im Wald verursacht, wo das Schmalvieh sich grösstenteils aufhielt. Eine brauchbare Verjün- gung konnte unter diesen Umständen nicht aufkommen und die Wälder waren in der Folge bald einmal überaltert. Ungeachtet dessen hielten die Davoser an ihrer Tradition des Preisgangs fest, die sich nun aber am kantonalen Weideverbot im Wald stiess, was zu erneuten Auseinandersetzungen der Gemeinde mit den kantonalen Behörden führte. Nach einigem Hin und Her wurde 1873 doch noch eine Gemeindeforstordnung verabschiedet, die ein Weideverbot beinhaltete. Die Beweidung der Alpgebiete nahm in der Folge tatsächlich ab, was aber nicht allein durch die forstliche Gesetzge-
Die Geschichte der Wälder von Davos 13 bung zu erklären ist, sondern vielmehr auch durch die Tatsache, dass die Anstellung eines Viehhirten immer weniger rentabel wurde. Was aber weiterhin Bestand hatte, war die grosse Zerstückelung der Davoser Wälder. 1869 schlug der Forstinspektor Coaz den Waldeigentümer des Flüelatales vor, sich zu einer Privatkorporation zusammenzuschliessen und einige, für eine nachhaltige Gewährleistung der Schutzwaldfunktion wichtige Massnahmen vorzunehmen. Der Vorschlag wurde abgelehnt. „Die Davoser haben sich von jeher eher zur Teilung, nicht aber zur Zusammenlegung forstlicher Interessen verstanden“, so Laely. Im Laufe des 20. Jahrhunderts ist schliesslich eine langsame Tendenz der Davoser Gemeinde auszu- machen, einzelne Privatwälder wieder zurückzukaufen, sofern sie nicht von einem Haushalt genutzt wurden. Der Erfolg war jedoch gering, der Anteil an Privatwäldern blieb sehr hoch. Der Davoser Wald im 20. Jahrhundert Dieser Abschnitt zur Entwicklung der Davoser Wälder in den letzten ungefähr 100 Jahren stützt sich auf die Publikationen von Josias Flury (1967), Bernhard Teufen (1983, 1985) Richard Volz (1988), Hans Peter Michel (1993) und Peter Bebi (2000). Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Wälder in Davos intensiv genutzt, was zu aufgelockerten und teilweise überalterten Waldstrukturen führte. Das bedingte auch einen verminderten Lawinen- und Hochwasserschutz. Ausgelöst durch das Eidgenössische Forstpolizeigesetz von 1876 und die darauf aufbauenden kantonalen und kommunalen Forstordnungen kam es Ende des 19. Jh. schliesslich zu einem Umdenken. Seither etablierte sich auch in Davos eine geordnete Waldnutzung, was nach und nach zu einer Verdichtung der Wälder führte, welche sich auch wieder verjüngen konnten. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts war die Waldwirtschaft in Davos geprägt von klein- flächiger, bäuerlicher Waldnutzung. Die Bauern schlugen Holz für den Selbstbedarf (Brenn- und Bau- holz), nutzten den Wald weiterhin als Weide und sammelten die Streu. Der Wald als Weide verlor ab den 1930er Jahren an Bedeutung, unter anderem bedingt durch den Rückgang an Schmalvieh. Trotz- dem findet die Weidethematik auch im Waldwirtschaftsplan von 1985 noch Erwähnung, man be- müht sich um eine intensivere Waldweide auf einer beschränkten Fläche. Die Rede ist zu dieser Zeit aber vor allem von Grossvieh. Ab etwa Mitte des 20. Jh. bis in die 1980er Jahre ist eine stetige Extensivierung der Waldbewirtschaf- tung feststellbar. Aus dem Waldwirtschaftsplan von 1985 geht hervor, dass auf den rund 5‘500 Hek- taren Davoser Wald von 1924 bis 1964 jährlich noch rund 10‘300 m3 Holz geschlagen wurden, sich diese Menge von 1964 bis 1983 aber um über die Hälfte auf 4‘550 m3 pro Jahr reduzierte. Als Folge davon verdichteten sich die Wälder zusehends und die Vorräte stiegen ab den 1950er Jahren stetig an, bis 1983 um ca. 200‘000 m3. Für diesen Rückgang in der Intensität der Wald- und Holznutzung lassen sich mehrere Gründe finden; Erstens wurde der lokale Holzbedarf geringer, vor allem jener an Brennholz, das durch neue Heizma- terialen wie Öl nach und nach verdrängt wurde. Zudem stagnierten die Holzpreise, während die Holzerntekosten immer höher wurden, was unter anderem auch in einem Mangel an Waldwegen und Transportmitteln begründet war. Durch diese stetig sinkenden Holzerlöse verloren viele Waldbe- sitzer das Interesse an der Holzerei. Zweitens fanden viele Bauern, welche den Grossteil der Waldbe- sitzer ausmachten, anderweitige Nebenbeschäftigungen, in erster Linie in der stetig wachsenden Tourismusbranche, so z.B. in Skischulen oder bei Bergbahnen. Viele, zuvor bäuerlich genutzte Wäl-
14 Die Geschichte der Wälder von Davos der, wurden an Personen vererbt, die selber kein Interesse am Wald und an der Waldnutzung hatten und zum Teil nicht einmal mehr in Davos wohnhaft waren. Drittens wuchs mit der Entwicklung von Davos von einem Kur- zu einem Sport- und Tourismusort auch das allgemeine Interesse am Wald. Dementsprechend veränderten sich auch die Ansprüche an den Wald und Wohlfahrtsfunktionen wie Erholung und Schutz wurden wichtiger als die Holznutzung. Die stark verdichteten Wälder stellten den Forstdienst aber wiederum vor Probleme, denn man be- fürchtete einen erheblichen Stabilitätsverlust und stark zunehmende Waldschäden. In den 1980er Jahren traf man schliesslich Massnahmen, um die Holznutzung wieder zu intensivieren und zumin- dest die Vorräte nicht weiter ansteigen zu lassen. Ziel war eine bessere Erschliessung der Wälder durch zusätzliche Waldstrassen und eine verstärke Nutzung der Wälder durch den Forstdienst der Gemeinde, überall dort, wo die Waldbesitzer nicht willens waren, ihren Wald selber zu bewirtschaf- ten. Diese Waldnutzungsstrategie hat bis heute Bestand. Bis heute geblieben ist auch der hohe Anteil an Privatwald in Davos, der mit über 80 % einen Schweizer Spitzenwert und für den Forstdienst eine stetig grosse Herausforderung darstellt. Auswirkungen auf den Seehornwald Es ist schwierig, in der allgemeinen Geschichte der Wälder von Davos Spezifisches zum Seehornwald zu finden. In den geschichtlichen Abhandlung werden praktisch keine Beispiele genannt, die dieses Waldgebiet im Besonderen betreffen würden. Trotzdem kann wohl davon ausgegangen werden, dass die Bewirtschaftung des Seehornwaldes grundsätzlich ähnlich verlief wie allgemein in Davos. In einem Bericht über die Böden im Seehornwald bei Davos erwähnt Jörg (2008) auch die geschichtli- che Komponente und verweist auf die anfängliche Übernutzung und Beweidung, welche durch ge- setzliche Regelungen eingedämmt wurde und zu einer Zunahme der Vorrats und der Dichte im Be- stand führte. Zudem habe eine konzeptionslose Bewirtschaftung der Privatwälder der Bauern zu einer unbewussten Plenterbewirtschaftung geführt. Günter (1980) geht in seiner Untersuchung der Wälder der Landschaft Davos noch etwas stärker auf die einzelnen Nutzungsformen und die Rechte an diesen Nutzungen (sogenannte Servituten) ein. Aus der Übersicht über die Beweidung der Wälder geht hervor, dass es für den Seehornwald mehrere weideberechtigte Personen gab (genaue Anzahl unbekannt). Beweidet wurde mit Schmalvieh. Bei den übrigen Servituten (Weide- und Grasnutzung, Mahd- und Heurechte, Bau-, Brenn- und Zaunholz- rechte) wird der Seehornwald nicht aufgeführt. Jedoch wird er, im Gegensatz zu anderen Wäldern, auch nicht explizit zu den servitutenfreien Wäldern gezählt. Eine gewisse landwirtschaftliche Nutzung ist also nicht auszuschliessen. In der Zusammenstellung der gebannten Wälder ist zudem erkennbar, dass der Seehornwald zwischen Ende des 15. Jh. und dem 18. Jh. nicht gebannt war, d.h. es sind kei- ne Bannbriefe für den Seehornwald vorhanden
Historische Karten vom Seehornwald 15 Historische Karten vom Seehornwald Als weitere Quelle zur Interpretation der historischen Waldbewirtschaftungsentwicklung im Seehornwald wurde nach historischem Kartenmaterial gesucht, zum einen sowohl in der Zentralen Hochschulbibliothek in Zürich als auch in der Dokumentationsbibliothek von Davos. Zum anderen stand an der WSL historisches Kartenmaterial (Dufourkarte, Siegfriedkarten, alte Landeskarten) als georeferenzierte GIS Daten zur Verfügung. Ziel der Analyse des Kartenmaterials war das Aufzeigen von allfälligen Veränderungen in der Fläche des Seehornwaldes. Waldbauliche Strukturen können anhand des vorliegenden Kartenmaterials nicht nachvollzogen werden. Für die vorliegende Analyse wurden einzig die in GIS verfügbaren Landkarten verwendet, da sie eine lange Zeitspanne (1845-1991) umfassen und jeweils von der gleichen Institu- tion stammen (Schweizerische Landestopographie) und damit untereinander vergleichbar sind. Das Kartenmaterial, das in den beiden Bibliotheken entdeckt wurde, bezieht sich oft auch auf diese offizi- ellen Landeskarten oder es handelt sich um nicht-massstabsgetreue Abbildungen und Zeichnungen, die meist in Bezug zu touristischen Aktivitäten stehen (wie z.B. Wanderkarten) und daher nur sehr schwer mit anderen Karten vergleichbar sind. Für die Ermittlung der Waldflächenentwicklung des Seehornwaldes anhand der Landkarten wurden die einzelnen Karten mit ArcGIS entsprechend ihrer zeitlichen Abfolge dargestellt. Anschliessend wurden in jeder Karte die Waldflächen als Polygon digitalisiert. Um die Waldflächenveränderungen des Seehornwaldes anschliessend besser beurteilen zu können, wurden auch die Flächen des angren- zenden Steinschlagwaldes und des Aebiwaldes (Wald auf der gegenüber liegenden Seite des Flüelab- aches) eingezeichnet. Beim Einzeichnen der Flächen wurde jeweils die Fläche auf der vorhergehen- den Karte im nächsten Jahrgang entsprechend den sichtbaren Veränderungen angepasst. Dadurch wird die Entwicklung der Waldgrenze und dementsprechend der Waldfläche über die Zeit ersichtlich. In Abb 3. sind alle Karten und die darauf eingezeichneten Waldflächen abgebildet.
16 Historische Karten vom Seehornwald Abb. 3 Übersicht Seehornwald, Steinschlagwald und Aebiwald.(Quelle: swisstopo) a) Dufourkarte, Messtisch 1845 b) Siegfriedkarte 1884
Historische Karten vom Seehornwald 17 c) Siegfriedkarte 1887 d) Siegfriedkarte 1891 e) Siegfriedkarte 1895 f) Siegfriedkarte 1912 g) Siegfriedkarte 1924 h) Siegfriedkarte 1934
18 Historische Karten vom Seehornwald i) Landeskarte 1950 j) Landeskarte 1958 k) Landeskarte 1967 l) Landeskarte 1973 m) Landeskarte 1985 n) Landeskarte 1991 Abb. 4 Landkarten des Seehornwaldes mit eingezeichneter Waldfläche; rot (Dufourkarte), grün (Siegfriedkarten) und braun (Landeskarten).(Quelle: WSL, reproduziert mit Bewilligung von swisstopo)
Historische Karten vom Seehornwald 19 Aus Abb. 4 wird ersichtlich, dass es im Verlaufe der Zeit immer wieder kleinere Veränderungen der Waldfläche gegeben hat. Dies kann einerseits z.B. durch Holzschläge begründet sein. In Abb. 4 a) sind deutlich vertikale Linien erkennbar, wie sie bei Holzschlägen am Hang oft entstehen, wenn das Holz durch Seilzug entlang des Gefälles transportiert wird. Weitere Ursachen für eine Verminderung der Waldfläche können Naturereignisse wie beispielsweise Lawinen sein. Anderseits kann sich der Wald durch natürlichen Einwuchs oder Pflanzung auch wieder ausdehnen. Eine sich ausdehnende Waldfläche ist beispielsweise zwischen den Jahren 1895 (e) und 1912 (f) erkennbar. Grössere Verän- derungen sind allerdings nicht ersichtlich. In Abb. 5 wird die Flächenentwicklung der drei Waldgebiete auf den Kartenwerken grafisch darge- stellt. Abb. 5 Veränderungen der Waldfläche von Seehornwald (rot), Steinschlagwald (grün) und Aebiwald (blau) an- hand der Landkarten. Insgesamt haben die Waldflächen des Seehornwaldes und des Aebiwaldes im Verlaufe der Zeit eher zugenommen und stiegen im Verlaufe des 20. Jahrhunderts an. Das lässt sich gut mit der geschichtli- chen Entwicklung der Davoser Wälder im Allgemeinen in Einklang bringen. Die Extensivierung der Holznutzung und des Weidegangs im und am Wald hatte auch eine Ausdehnung der Waldnutzung zur Folge. Ein Gegenbeispiel ist der Steinschlagwald, der heute eine geringere Waldfläche aufweist als noch im 19. Jahrhundert. Eine eindeutige Erklärung dafür kann allein anhand der Karten nicht gefunden werden. Der grösste Rückgang der Waldfläche fällt überein mit dem Übergang von den
20 Historische Karten vom Seehornwald Siegfriedkarten zu den Schweizer Landeskarten. Demnach könnte dieser Rückgang auch die Folge einer anderen Interpretation der Unterteilung in Wald/Nicht-Wald in den beiden Kartenwerken sein. Überhaupt sind die grössten Veränderungen der Waldfläche in den Übergangen zwischen den ver- schiedenen Kartenwerken zu finden. Inwieweit sie somit auf einer tatsächlichen Verschiebung der Waldgrenzen beruht, ist schwer abzuschätzen. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Zeitabstände zwischen den einzelnen Karte nicht immer gleich lang sind; eine Veränderung über 17 Jahre, wie dies beispielsweise bei der Flächenzunahme von 1895 (e) bis 1912 (f) der Fall ist, ist weit weniger dras- tisch, als wenn eine solche Veränderung über einen Zeitraum von nur drei oder vier Jahren be- obachtbar wäre. Insgesamt kann man also keine abrupte oder umfangreiche Veränderung der Wald- fläche beobachten. Vergleicht man die drei Wälder untereinander, entsteht der Eindruck, dass der Seehornwald sich in seiner totalen Fläche etwas weniger stark verändert hat, als der Aebiwald und der Steinschlagwald. Setzt man die Veränderung zwischen zwei Jahrgängen aber in Relation zur vorher vorhandenen Flä- che (Abb. 6) so erkennt man, dass der Seehornwald sich etwa ähnlich stark wie der Aebiwald verän- dert hat und die Veränderungen der Fläche max. 10-13 Prozent betragen. Etwas ausgeprägter sind die relativen Veränderungen im Steinschlagwald (mit über 20 %), allerdings ist dies teilweise auch durch seine insgesamt geringere Gesamtfläche zu erklären, bei der vergleichbare Veränderungen stärker ins Gewicht fallen. Abb. 6 Relative Veränderungen der Waldfläche im Vergleich zur vorhergehenden Landeskarte von Seehornwald (rot), Steinschlagwald (grün) und Aebiwald (blau).
Fotografien vom Seehornwald 21 Fotografien vom Seehornwald In der Dokumentationsbibliothek Davos (DBD) findet sich eine Sammlung von Bildern und Fotogra- fien, die das Seehorn und den Seehornwald abbilden. Die Fotos wurden dabei aus zwei verschiede- nen Perspektiven gemacht; einerseits von Davos Dorf aus, von oberhalb der hohen Promenade am ungefähren Standort der heutigen Jugendherberge (früher ein Kurheim). Von dort sieht man Rich- tung Nordosten über das Dorf hinweg auf das Seehorn. Der zweite Standort befindet sich auf der nördlichen Seite des Davoser Sees, von wo aus man in südlicher Richtung zum Dorf blickt und auf der linken Seite den untersten Vorsprung der Westflanke des Seehorns erkennt. Die beiden Blickwinkel sind auf der Karte in Abbildung 7 eingezeichnet und auf der Abbildung 8 erkennt man die Situierung der LWF Fläche von der Perspektive Davos Dorf aus. Die Zeitreihe der Bilder ist relativ lang. Die ers- ten Abbildungen (damals noch Zeichnungen) entstanden Ende des 18. Jahrhundert, die jüngsten ge- sammelten Fotografien stammen aus den 1980er Jahren. Die Fotografien wurden in der DBD ge- scannt. Abb. 7 Die beiden Perspektiven auf den Seehornwald. (Quelle: swisstopo)
22 Fotografien vom Seehornwald Abb. 8 Situierung LWF Fläche. Abb. 9 Und Abb. 10 zeigen je eine Zusammenstellung einiger Fotografien über die gesamte erfasste Zeitspanne, einerseits aus der Perspektive Davos Dorf und andererseits aus der See-Perspektive. Die Index-Nummern der Abbildungen in der DBD, sowie allfällige Informationen zum Fotografen oder Besitzer des Fotos sind im Abbildungsverzeichnis angegeben. Eine vollständige Auswahl aller in der DBD gesammelten Fotos findet sich auf der CD im Anhang. a) 1798 (Zeichnung) b) Anfang 19. Jh. (Zeichnung)
Fotografien vom Seehornwald 23 c) 1865 d) 1880 e) 1885 f) 1895 g) 1900 h) 1905 i) 1910 j) 1915
24 Fotografien vom Seehornwald k) 1920 l) 1925 m) 1930 n) 1970 o) 2012 Abb. 9 Fotos vom Seehornwald aus der Perspektive Davos Dorf. (Quelle: DBD) Es ist sehr schwierig anhand der Bilder eine Veränderung des Seehornwaldes über die Zeit festzustel- len. Augenfällig ist, dass die Wälder am Seehorn ihre ursprüngliche Fläche offenbar mehr oder weni- ger beibehalten haben. Veränderungen in der Dichte oder im Alter der Bestände sind auf den Bildern Bilder nicht auszumachen. Grossflächige Holzschläge mit anschliessender Verjüngung scheinen dem- nach wenig wahrscheinlich, was wiederum zum Bild des Davoser Waldes als Bauernwald passt, in dem eine Einzelstammnutzung vorherrschte. Auf eine weiterführende quantitative Interpretation wurde indes verzichtet, da die Fotos aufgrund der leicht unterschiedlichen Perspektiven und den verschiedenen Jahreszeiten bei der Aufnahme etwas variieren und die daraus entstehenden Einflüsse nicht leicht zu interpretieren sind.
Fotografien vom Seehornwald 25 a) 1877 (Zeichnung) b) 1892 c) 1906 d) 1920 e) 1963 Abb. 10 Fotos vom Seehornwald aus der See-Perspektive.(Quelle: DBD)
26 Luftbilder vom Seehornwald Luftbilder vom Seehornwald Für die Interpretation der Waldfläche und Waldentwicklung wurden Luftbilder in Form von Orthofo- tos vom Seehornwald analysiert, namentlich die Jahrgänge 1954, 1985 und 1997. Eine Zusammen- stellung aller Jahrgänge, für die Luftbilder vom Seehornwald verfügbar sind findet sich in Tab. 1. Auf diesen Luftbildern (Abb. 11) ist die Entwicklung der Wälder in Davos ab Mitte des 20. Jahrhun- derts gut nachvollziehbar. Die Wälder scheinen von 1954 bis 1985 deutlich dichter zu werden, dies als Folge der nur noch sehr extensiven Holznutzung während dieser Zeit. Die unter anderem im Waldwirtschaftsplan von 1985 vorgeschlagenen Massnahmen, die eine verstärkte Holznutzung zum Ziel hatten, weisen dann bis 1997 bereits Erfolge auf. Es scheint einige Eingriffe gegeben zu haben und die Wälder wirken etwas weniger dicht. Auch erkennt man, dass auch die Erschliessung des Seehornwaldes verbessert wurde, dies vor allem mit dem Bau einer weiteren Waldstrasse in den 1990er Jahren. a) Luftbild Seehornwald 1954
Luftbilder vom Seehornwald 27 b) Luftbild Seehornwald 1985 c) Luftbild Seehornwald 1997 Abb. 11 Luftbilder vom Seehornwald. (Quelle: WSL, reproduziert mit Bewilligung von swisstopo)
28 Luftbilder vom Seehornwald Tab. 1 Jahrgänge für die Luftbilder zum Seehornwald vorhanden sind (Quelle: swisstopo). Jahr Bemerkung 1949 1954 An der WSL verfügbar 1956 1979 Mehrere Bilder 1985 Mehrere Bilder, an der WSL verfügbar 1990 1991 1993 Infrarot-Serie 1997 Mehrere Bilder (auch infrarot), an der WSL verfügbar 1999 2000 Mehrere Bilder 2003 2005 2009 Infrarot-Serie
Forstliche Dokumente zum Seehornwald 29 Forstliche Dokumente zum Seehornwald Im Staatsarchiv Chur, im Kreisforstamt Schiers und beim Gemeindeforstbetrieb Davos wurde nach Dokumenten gesucht, mit deren Hilfe man die Entwicklung der Waldstruktur im Seehornwald etwas genauer beschrieben werden kann (Bestandesaufbau, Eingriffe etc.). Private Waldbesitzer sind je- doch nicht verpflichtet, eine Bestandesplanung zu erstellen oder Eingriffe zu dokumentieren. Dem- entsprechend war wenig zu finden. Zwei Dokumente sind dennoch erwähnenswert, da sie – zumin- dest zu einem gewissen Zeitpunkt – einen Einblick in die Waldbestände des Seehornwaldes erlauben. Das erste Dokument ist die Aufnahme für die Waldinventur von 1982/83, welche in Zusammenarbeit mit dem MAB-Projekt (Man and Biosphere Projekt) erstellt wurde und deren Ergebnisse im Wald- wirtschaftsplan von 1985 veröffentlicht wurden. Für die Unterregion „Seehorn-Flüela Sunni“, welche den Seehornwald, den Steinschlagwald und die Wälder bei Bedra, Alpenrose und Büdemü auf der nördlichen Flüelatalseite umfasst, sind die wichtigsten Ergebnisse in Tab. 2 und Tab. 3 zusammenge- fasst. Tab. 2 Stammzahlen in der Unterregion Seehorn-Flüela Sunni anhand der Waldinventur von 1983. (Quelle: WWP Davos 1985) BHD (cm) 16-23 24-35 36-52 über 52 TOTAL Stärkeklasse I II III IV Stammzahl pro ha 131.6 146.4 74.9 34.7 387.5 Anteil Stämme in % 34 38 19 9 100 Tab. 3 Vorratsverteilung in der Unterregion Seehorn-Flüela Sunni anhand der Waldinventur von 1983. (Quelle: WWP Davos 1985) BHD (cm) 16-23 24-35 36-52 über 52 TOTAL Stärkeklasse I II III IV Tfm pro ha 29.3 89.0 111.8 99.2 329.4 Anteil Vorrat in % 9 27 34 30 100 Anteil Vorrat Modell in % 12 24 32 32 100 Der Vorrat wird jeweils in Tariffestmetern (Tfm) angegeben. Ein Tariffestmeter (Tfm) entspricht unge- fähr einem Kubikmeter Holz. Die Bezeichnung Tariffestmeter wird in der Regel als Begriff für stehen- des Holz verwendet, meist aufgrund von Messungen des Brusthöhendurchmessers (BHD). Aus diesen beiden Aufnahmeergebnissen wird ersichtlich, wie dicht die Bestände 1983 gewesen sind. Allerdings werden bei der Beurteilung der Bestände im Waldwirtschaftsplan von 1985 im Gebiet Seehorn-Flüela Sunni zwei Teilfächen unterschieden. Als relativ stabil werden die Bestände im Seehorn- und Schindelbodenwald bezeichnet. Ausserordentlich labil, sowohl bezüglich Altersaufbau als auch Gesundheitszustand, seien der Werri und der Steinschlagwald. Dementsprechend sieht auch die Eingriffsplanung aus, die in 225 von insgesamt 288 Hektaren für die folgenden 20 Jahre ein Ein- griff vorsieht. Das zweite Dokument wurde aus diversen Taxationsberichten (Waldaufnahmen zur Bestimmung des Holzerertrags) vom Seehornwald aus den Jahren 1954, 1956 und 1984, die beim Kreisforstamt in
30 Forstliche Dokumente zum Seehornwald Schiers archiviert sind, zusammengestellt (Tab. 4). Erfasst wurde die Waldparzelle, das Jahr der Taxa- tion, der Waldbesitzer, die Betriebsart, die (Haupt)Baumarten, der Holzvorrat, der Zuwachs und der erwartete Ertrag aus Holzschlägen, die innerhalb einer bestimmten Anzahl Jahre ausgeführt werden sollten. In einigen Fällen war das Jahr der Taxation oder der Name des Besitzers nicht eindeutig les- bar, dann wurde die Angabe jeweils mit einem Fragezeichen ergänzt. Auch allfällige Bemerkungen oder Angaben zu einem Eigentumswechsel wurden im Feld „Bemerkungen“ erfasst. Die LWF Fläche befindet sich innerhalb der Parzellen 1754, 1756, 1758, 1759, 1760 und 1771. Insgesamt sind 24 Taxationen erfasst worden, davon 19 von 1954 und 5 von 1984. Vergleicht man die beiden Jahre, so erhält man für 1984 einen höheren durchschnittlichen Vorrat (ca. 235 Tfm) als für 1954 (ca. 204 Tfm). Dieser Vergleich ist allerdings mit grosser Vorsicht zu interpretieren, da die Zah- len für 1954 und 1984 grösstenteils nicht von den gleichen Beständen stammen und für die beiden Jahre insgesamt nicht genügend Aufnahmen vorhanden sind. Für die Parzelle 1747, für die in beiden Jahren eine Aufnahme vorliegt, tritt beispielsweise gerade das Gegenteil ein und der Vorrat nahm zwischen 1954 bis 1984 ab. Trotzdem kann mit dieser Zusammenstellung die tendenzielle Entwick- lung in diesem Zeitraum, also eine zunehmende Dichte der Davoser Wälder von der Mitte des 20. Jahrhunderts bis Mitte der 1980er Jahre, grundsätzlich auch für den Seehornwald bestätigt werden. Hanspeter Hefti, Forstbetriebsleiter von Davos, bestätigt auf Anfrage, dass die Vorratswerte unge- fähr seinen Erfahrungen entsprechen und sich seit den 1980er Jahren bis heute nicht gross verändert hätten. Vergleicht man die Vorräte anhand der Taxationsberichte von 1984 mit den Erhebungen der Waldin- ventur, so ist ein deutlicher Unterschied erkennbar. Die Waldinventur gibt den durchschnittlichen Vorrat im Untersuchungsgebiet mit 329 Tfm/ha an, die Werte aus den Taxationen liegen mit durch- schnittlich 235 Tfm/ha deutlich tiefer. Waren die Bestände im Seehornwald also weniger dicht, als die anderen Wälder im Untersuchungsgebiet Seehorn-Flüela Sunni? Ein Hinweis liefert der Vergleicht der beiden unterschiedlichen Werten mit jenen, die im Rahmen des LWF-Projekts auf der Beobachtungsfläche erhoben wurden. In der LWF Fläche wurde 1985 der Vorrat anhand von Stichproben auf rund 388 m3/ha geschätzt. Dieser Wert liegt näher an den Ergebnissen der Waldinventur von 1983 als an den Werten in den Taxationsberichten. Eine mögliche Ursache dafür wäre eine unterschiedliche Vorgehensweise bei den Waldaufnahmen. Während die Waldinven- tur von 1983, sowie die Aufnahmen im Rahmen des LWF Projektes bestrebt waren, alle stehenden Bäume auf der Fläche zu erfassen, beschränkten sich die Taxationen möglicherweise auf das unmit- telbar nutzbare Holz, das für die Berechnung einer Ertragsmenge in den nächsten 10-15 Jahren rele- vant war. Eine abschliessende Erklärung für den grossen Unterschied lässt sich aber nicht finden.
Forstliche Dokumente zum Seehornwald 31 Tab. 4 Taxationsberichte von Parzellen aus dem Seehornwald; Betr.=Betriebsart (H=Hochwald; u=ungleichaltrig, g=gleichaltrig; r=rein, g=gemischt), BA=Baumart (Fi=Fichte, Lä=Lärche), Tfm=Tariffestmeter. Parzellenn, die Teile der LWF Fläche beinhalten sind unterstrichen. Angaben, die mit einem „?“ versehen sind waren nicht eindeutig entzifferbar. Ein Parzellenplan befindet sich auf der diesem Bericht beiliegenden CD.(Quelle: Taxationsberichte Kreisforstamt Schiers) Parzelle Jahr Besitzer Betr. BA Holzvorrat Zuwachs Ertrag Bemerkung Tfm/ha Tfm/ha/Jahr Tfm (in Anz. Jahren) 1729 1984 Hans Meisser-Beely Hug Fi, Lä 135 2.5 Keine Nutzung möglich, Räumung, Weide 1731 1954 Gebr. Heldstab Hug Fi, Lä 140 1.1 16.5 (15) 1734 1984 Hans Meisser-Beely Hug Fi, Lä 300 3 50 1736 1954 Hans Marugg Hug Fi, Lä 240 2 20 (10) 1737 1954 Jakob Kessler Hur Fi 220 1.8 18 (10) 1739 1954 Abrah. Buol Hug Fi, Lä 120 1 15 (15) 1741/1743 1954 Hermann Fopp Hug Fi, Lä 200 1.5 15 (10) 1742/994/1755 1954 R. Klosters ? Hug Fi, Lä 220 2.2 22 (10) 1744 1954 Hans Schumacher Hug Fi 230 2.2 22 (10) 1745 1984 Hans Meisser-Beely Hgr Fi 320 3.5 60 1746 1954 Andr. Rudolf Hur Fi 260 2.6 26 (10) Besitzer ab 1958 Kathr. Heldstab-Rudolf, ab 1978 Kunz-Heldstab 1747 1984 ? Lydia Prader's Erben Hur Fi 200 2 50 1747 1954 Flor. Prader's Erben Hug Fi, Lä 240 1.8 18 (10) 1750/1752 1954 Künzli's Erben Hug Fi, Lä 240 1.8 10 (10) Besitzer ab 1980 Erbgemeinschaft Künzli 1753/1751 1954 Peter Oberrauch ? Hur Fi 240 2.4 24 (10) 1754 1954 Hans Stiffler Hur Fi 240 2.4 24 (10) 1757 1954 Andr. Gredig Hur Fi 180 1.7 17 (10) 1759/1756/1771 1954 Th. Heldstab-Biäsch Hur Fi 210 2 20 (10) Besitzer ab 1956 Th. Heldstab-Meisser 1760 1954 Hans Stiffler Hur Fi 240 1.8 18 (10) 1761 1984 ? Meisser-Bösch, Jakob und Hur Fi 220 1.7 40 Annas Erben ? 1762 1954 Kars. Meisser ? Hur Fi 130 1 15 (15) Besitzer ab 1974 Fr. B. Meisser-Frei 1763 1954 Paul Sprecher's Erben Hur Fi 120 0.8 12 (15) 1770 1954 Jugr. Tab. Branger ? Hur Fi 150 1.4 21 (15) Windwurf 1956
32 Waldbesitzer Waldbesitzer Um zusätzliche Informationen zur Bewirtschaftung des Seehornwaldes der letzten Jahre oder Jahr- zehnte zu erhalten, wurden einige Waldbesitzern und fachkundigen Personen aus dem Forstbereich zu diesem Thema befragt. Eine Zusammenstellung der Personen findet sich in Tabelle 5. Tab. 5 Personen und Institutionen die zum Seehornwald befragt wurden. Ein Parzellenplan befindet sich auf der diesem Bericht beiliegenden CD. Name Funktion Parzelle(n) Rudolf Häsler Ehem. Mitarbeiter WSL, damals zuständig für LWF Fläche in Davos Bernardo Teufen Ehemaliger Kreisförster für die Region mit Davos Hanspeter Hefti Forstbetriebsleiter Davos Gesellschaft für das Gute und Ehem. Besitzer des Kurhauses 959, 979, 1350, 1396, 1397, Gemeinnützige (GGG) Basel am Seehornwald und von an- 1758, 1769, 1772, 1773, 1774, grenzendem Wald 1775 Künzli Holz AG, Davos Waldbesitzer 1750, 1752 Hans Stiffler Waldbesitzer 1754, 1760 Grundsätzlich können die befragten Personen die bisher aufgezeigten Entwicklungen im Davoser Wald und im Seehornwald bestätigen. Laut Hanspeter Hefti sind viele Waldbesitzer heutzutage nicht mehr an der Bewirtschaftung ihrer Wälder interessiert. Viele davon sind heute in Berufen tätig, die sie nicht mehr mit ihrem Wald ver- binden, wie es zu Zeiten der bäuerlichen Waldbewirtschaftung noch üblich war. Einige Waldbesitzer wie z.B. Hans Stiffler nutzen den Wald zwar immer noch teilweise selber. Ein Grossteil der Holzerei wird heute aber in Zusammenarbeit mit dem Forstbetrieb von Davos ausge- führt. So ist dies beispielsweise auch für die Wälder der Künzli Holz AG der Fall. Diese Entwicklung ist aber erst über die letzten 10-20 Jahre erkennbar, vorher ging lange Zeit nichts im Wald, meint Rudolf Häsler. Im Seehornwald seien diese wieder zunehmenden Holzschläge auch durch die ausgebaute Erschliessung in den 1990er Jahren bedingt. Bernardo Teufen attestiert den heutigen Davoser Wäldern dann auch einen allgemein guten Zustand, der Bestandesaufbau sei in der Regel stabil und nicht überaltert. Es gäbe heutzutage auch Nutzungen in allen Durchmesserklassen und die Verjüngung werde in Gang gehalten. Früher, während der Kriegszeit gab es aber noch eine sehr intensive, kleinflächige Nutzung. Der Seehornwald befand sich seiner Meinung nach jedoch etwas abseits vom Geschehen. Die GGG Basel hat ihrerseits keine eigenen Unterlagen zur damaligen Bewirtschaftung ihrer Wälder. Ihrer Meinung nach dienten diese vor allem als Erholungsraum für die Patienten des Kurhauses.
Diskussion und Schlussfolgerungen 33 Diskussion und Schlussfolgerungen Betrachtet man abschliessend die verschiedenen Quellen, die in die vorliegende Untersuchung ein- bezogen wurden, so zeigt es sich leider, dass diese in direktem Bezug auf den Seehornwald nicht sehr umfangreich sind. Es wurde nur wenig Material gefunden, das spezifische Aussagen zum Seehorn- wald erlaubt. Der Grund für diese dünne Quellenlage liegt in erster Linie in der bereits erwähnten Besitzstruktur im Seehornwald, die typisch ist für die Landschaft von Davos. Die relativ klein parzellierten Bestände, verteilen sich auf viele verschiedene Waldbesitzer. Jeder Waldbesitzer nutzte zwar seinen Wald, war aber nicht verpflichtet, diese Nutzung zu dokumentieren. Deshalb gibt es wenig greifbares Material für eine umfassende Rekonstruktion der Waldnutzungsgeschichte. Insbesondere sind für die Privat- waldungen der Landschaft Davos keine Waldwirtschaftspläne vorhanden, die eine quantitative Re- konstruktion von wichtigen Parametern wie Vorrat oder Stammzahl im Seehornwald erlauben wür- den. Auch war der Wald offenbar nicht oder nur wenig von besonderen Ereignissen, wie zum Beispiel Naturkatastrophen oder rechtlichen Streitereien, betroffen, die in der Folge eine besondere Erwäh- nung verdient hätten. Einige der Quellen wurden möglicherweise auch nicht vollständig erschöpft. So wären beispielsweise noch zusätzliche Interviews mit ehemaligen Waldbesitzern oder Forstbeamten denkbar. Allerdings war es aus Zeit- und anderen Gründen nicht möglich, diese zu kontaktieren. Beim Forstdienst von Davos sind (wahrscheinlich) auch noch einige Schlagprotokolle von Holzschlä- gen in den letzten Jahrzehnten vorhanden, bei welchen der Forstdienst beteiligt war. Es konnte aber nicht abschliessend geklärt werden, wie oder wo genau diese Protokolle archiviert sind. Ein Einblick in diese Protokolle war folglich nicht möglich. Auch wäre eine differenziertere Analyse der Luftbilder denkbar, z.B. eine quantitative Erfassung der Bestandesdynamik unter Einbezug von zusätzlichen Jahrgängen. Durch diese weiterführenden Bemühungen könnten möglicherweise einige Hinweise gefunden wer- den, welche die vorliegende Darstellung der Entwicklung und Bewirtschaftung des Seehornwaldes zusätzlich erweitern oder untermauern können. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass diese Hinweise zu einer gänzlich anderen Interpretation der Waldentwicklungführen würden. Die Ge- schichte des Seehornwaldes kann schlussendlich nicht bis ins Detail rekonstruiert werden. Aber auch wenn die Geschichte des Seehornwaldes nicht viele Eigenheiten aufweist, so führt gerade dieser Tatbestand zu einer wichtigen Erkenntnis. Der Seehornwald folgt in seiner Entwicklung weit- gehend der Geschichte der Wälder der Landschaft Davos im Allgemeinen, so wie sie in der vorliegen- den Arbeit dargestellt wurde. Diverse Hinweise aus unterschiedlichen Quellen, so z.B. die Analyse der Luftbilder oder die forstlichen Dokumente, belegen diese Darstellung. Auch wird klar, dass es im Seehornwald im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts keine grossen Veränderungen in der Waldfläche gegeben hat. Zudem sind keine grossflächigen oder besonders intensive Eingriffe (Kahlschlag, Ro- dung) erkennbar, obwohl der Seehornwald bestimmt auch als Holzlieferant und Weide genutzt wur- de. Im Gegensatz zu einigen anderen Wäldern in Davos (z.B. Mondsteinwald oder Silberbergwald) hebt sich der Seehornwald in der Geschichte der Davoser Wälder also nicht besonders hervor und kann damit als repräsentatives Beispiel für die Landschaft Davos gelten.
34 Dank Dank An erster Stelle möchten ich meinen beiden Betreuern an der WSL, Matthias Bürgi und Urs Gimmi herzlich danken, die mich während meiner Arbeit stets unterstützt haben. Mit ihnen und zusammen mit dem ganzen Team habe ich eine sehr angenehme und interessante Zeit an der WSL verbracht. Christian Ginzler danke ich für die Bereitstellung der Luftbilder und Landkarten. Des Weiteren möchte ich folgenden Personen für ihre Unterstützung und die Inforamtionen, die sie mir zur Verfügung gestellt haben ebenfalls herzlich danken: Rudolf Häsler (ehem. Mitarbeiter WSL Birmensdorf) Peter Bebi (Mitarbeiter SLF Davos) Hanspeter Hefti (Forstbetriebsleiter Davos) Markus Stadler (Regionalleiter Waldregion Davos, Leiter Kreisforstamt Schiers) Bernardo Teufen (ehem. Kreisförster von Davos) Alle Waldbesitzer, die mir breitwillig Auskunft über ihre Waldungen erteilt haben. Ein besonderer Dank geht an dieser Stelle schliesslich an Herrn Timothy Nelson, Leiter der Dokumen- tationsbibliothek in Davos, der mich bei meinen Recherchen unterstützt und mit vielen Informatio- nen versorgt hat.
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