Zwei Jahre Corona - AWO Bayern

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Zwei Jahre Corona - AWO Bayern
1•2022
                                   DAS MAGAZIN
                                   DER AWO BAYERN
                                   76. Jahrgang des „Helfer“

Zwei Jahre Corona.
„Eine Spezies ist verantwortlich
für Covid-19: der Mensch.“         DIE AWO IN OBER-
Stimmen aus der Praxis.            UND MITTELFRANKEN
                                   Die Folgen der
                                   Corona-Pandemie
                                   Wir fragen intern nach.

                                   Klimafreundlich
                                   pflegen – überall!
                                   Rückschau vom
                                   1. regionalen Fachtag.
Zwei Jahre Corona - AWO Bayern
WIR IN BAYERN                                       WIR – IN OBER- UND MITTELFRANKEN
Aus der AWO                                     3   Editorial / Aus dem Bezirksverband         11
AWO übernimmt Vorsitz der FW Bayern + Bayerische    Titelthema                                 12
Ampel-Gespräche + Compliance + Entwicklungs-        Kreisverband Neustadt b. Coburg e. V.     16
partnerschaften + Neue Doppelspitze des LJW +
                                                    AWO-Pinnwand                              18
Aktuelles aus dem Demokratieprojekt
                                                    Projekte aus dem Bezirksverband           19
Unser Thema: Zwei Jahre Corona                 6
                                                    AWO-Intern                                20
Stimmen aus der Praxis + Interview: „Eine Spezies
                                                    Nachhaltigkeit                            22
ist verantwortlich für Covid-19: der Mensch.“ +
Frauen und Corona

Liebe Leser*innen, liebe Freund*innen der AWO,

zwei Jahre Corona – ein Jubiläum, das sicher kein Grund zum Feiern ist. Wie bestimmt vie-
le von Euch haben wir die Nase gestrichen voll von dieser Pandemie, die unser aller Leben
schon viel zu lange bestimmt und einschränkt.

Eigentlich können wir das Wort Corona nicht mehr hören. Dennoch haben wir uns dazu
entschieden, diese Ausgabe noch einmal dem Virus zu widmen. Denn wir finden, dass einige
Aspekte bisher unterbelichtet sind, obwohl es seit zwei Jahren kaum ein anderes Thema gibt.
Da wären erstens die Menschen in den „systemrelevanten“ Bereichen, neuerdings „kriti-
sche Infrastruktur“ genannt. Gedankt wurde ihnen. Applaudiert auch. Und sogar Boni ha-
ben einige erhalten. Aber sie selbst kommen nur selten zu Wort. Wir freuen uns, dass vier
Kolleg*innen aus der Pflege, dem Kitabereich, der Sozialpsychiatrie und einem Frauenhaus
von ihrem Alltag mit Corona berichten. Ein weiterer Punkt, der in der Diskussion um Corona
häufig zu kurz kommt, ist der Zusammenhang zwischen unserer Art des Wirtschaftens und
der Entstehung von Pandemien. Darüber haben wir mit dem Agrarökologen Professor Settele
gesprochen. Und schließlich wollen wir im Frauenmonat März den Blick auf die Gruppe
richten, die von den Corona-Belastungen besonders betroffen ist: Frauen arbeiten
überproportional häufig in sozialen Berufen und übernehmen in der Regel die zusätzlichen
Aufgaben in der Pandemie wie das Homeschooling.

Wir wünschen Euch eine interessante Lektüre und hoffen mit Euch gemeinsam, dass dieses
Jahr endlich die Wende in der Pandemie bringt.

Eure

Nicole Schley                                                                   Stefan Wolfshörndl
Zwei Jahre Corona - AWO Bayern
Bayerische Ampel-
                                                                                    Gespräche
AWO übernimmt Vorsitz

                                                 Foto: BayernSPD-Landtagsfraktion
In der Freien Wohlfahrtspflege Bayern arbeiten
die sechs Spitzenverbände zusammen: AWO, BRK,

                                                                                                                                                      AUS DER AWO
Caritas, Diakonie, Israelitische Kultusgemein­
den und Paritätischer. Einer von ihnen über­
nimmt rotierend für ein Jahr den Vorsitz. 2022
ist die Arbeiterwohlfahrt Bayern an der Reihe.
Welche Schwerpunkte wird die AWO setzen?

„An Corona kommen wir auch dieses Jahr nicht
vorbei. Wir werden die Staatsregierung mit
dem geballten Fachwissen der Wohlfahrtsver­
bände darin unterstützen, die Pandemie zu
bewältigen“, meint AWO-Co-Landesvorsitzen­
der Stefan Wolfshörndl. „Wir richten den Blick
                                                 Foto: AWO Bayern

vor allem auf die sozialen Folgen der Pande­
mie. Zwei Jahre Einschränkungen, gerade was
Kontakt mit anderen angeht, macht was mit
Menschen. Das ist klar. Und auch die Situation
in den sozialen Einrichtungen und Diensten ist
angespannt. Das Personal leistet Unglaubliches
und ist zunehmend überlastet. Wir brauchen
Lösungen, damit Menschen weiter und gerne
in ihrem Beruf arbeiten können“, ergänzt AWO-
Co-Landesvorsitzende Nicole Schley.

  Infos unter freie-wohlfahrtspflege-bayern.de
                                                 Foto: Andreas Gregor

Innovationspreis Ehrenamt 2022
Alle zwei Jahre würdigt das bayerische
Sozialministerium innovative Projekte und
Ideen, die ehrenamtliches Engagement vor­
anbringen. Eine Jury wählte am 24. Januar
2022 elf Preisträger*innen aus. An der
Entscheidung war auch AWO-Co-Landes­
vorsitzende Nicole Schley beteiligt: „Super,
was die Leute sich einfallen lassen! Ich
hätte mir nur gewünscht, dass sich mehr                                             Die AWO-Landesvorsitzenden Nicole Schley und
AWO-Projekte beteiligt hätten. Aber                                                 Stefan Wolfshörndl setzen ihre politischen Gespräche
vielleicht ja in zwei Jahren."                                                      fort. Jüngst mit bayerischen Vertreter*innen der
                                                                                    Ampel-Parteien: Mit Fraktions- und Parteichef
  Infos unter: ehrenamt.bayern.de/                                                  Florian von Brunn, MdL, und der Vorsitzenden des
engagement-anerkennen/innovation/                                                   Sozialausschusses Doris Rauscher, MdL, von der SPD,
                                                                                    mit FDP-Fraktions- und Parteichef Martin Hagen, MdL,
                                                                                    sowie mit Grünen-Parteichefin Eva Lettenbauer, MdL
                                                                                    (von oben nach unten).

                                                                                                               WIR • Das Magazin der AWO Bayern   3
Zwei Jahre Corona - AWO Bayern
DIE „WIR-REDAKTION“

                                                                                                                                 Foto: AWO Bayern
                                Sie haben Anregungen, Lob oder
                                Kritik? Ihre Anmerkungen zum
                                aktuellen Heft nehmen wir gerne auf.
                                Sie erreichen uns hier:
AUS DER AWO

                                Arbeiterwohlfahrt                                 „Die Entwicklungspartnerschaften
                                Landesverband Bayern e.V.                         schaffen Vertrauen und Ehrlich-
                                Edelsbergstraße 10, 80686 München
                                                                                  keit innerhalb des Verbandes und
????????

                                Telefon 089 546754–0
                                redaktion@awo-bayern.de                           damit die besten Voraussetzun-
                                                                                  gen für eine bayerische AWO,
                                                                                  die mit dem Blick auf ihre Inte-
                                                                                  grität stärker und selbstbewusster
                                                                                  nach außen auftreten kann."
                    Verantwortungsvoll führen                                     Andreas Czerny, Landesgeschäftsführer
                                                                                  AWO Bayern
                    Die Arbeiterwohlfahrt setzt sich selbst­los für das Gemein­
                    wohl ein und unterstützt hilfsbedürftige Menschen.
                    Doch was ist selbstlos? Selbstlos bedeutet nicht, für seine
                    Arbeitsleistung kein Entgelt zu erhalten. Mitarbeiter*innen   Sich gemeinsam
                    dürfen aber keine unangemessenen persönlichen Vor­            weiterentwickeln
                    teile aus ihrer Tätigkeit ziehen. Um klarzustellen, was als
                    unangemessen anzusehen ist, sowie Transparenz und             Offenheit, Transparenz, Vertrauen: Das ist
                    Kontrolle zu sichern, hat der AWO-Bundesverband im            die beste Art, um voneinander zu lernen
                    Jahr 2020 einen neuen Governance-Kodex eingeführt,            und Probleme zu lösen oder gar nicht erst
                    der für alle Gliederungen verbindlich gilt. Es geht nicht     entstehen zu lassen. Diese Erfahrung machten
                    um einen generellen Misstrauensantrag, sondern um             die Führungen der fünf bayerischen Bezirks­
                    Aufklärung und Rechtssicherheit für alle ehrenamtlich         verbände ebenso wie der Landesgeschäfts­
                    und hauptamtlich Engagierten. Bei Fragen stehen die           führer der bayerischen AWO, Andreas Czerny.
                    Landesvorsitzenden und der Landesgeschäftsführer              Im Rahmen der vom Bundesverband initi­
                    ebenso zur Verfügung wie die Verantwortlichen in den          ierten Entwicklungspartnerschaften tausch­
                    Bezirksverbänden.                                             ten sie sich in intensiven Gesprächen aus.
                                                                                  Dabei drehte es sich um alles, was die AWO
                      Weitere Infos unter awo.org/                                so umtreibt: Sozialpolitik, Mitglieder und
                    awo-governance-kodex-20                                       Verbandsleben, Personal- und Unternehmens-
                                                                                  entwicklung und wirtschaftliche Lage. Der
                                                                                  Gesprächsleitfaden, der für Gespräche von
                                                                                  Bundesverband mit Landes- und Bezirks­
                                 „Wir als AWO Bayern nehmen                       verbänden konzipiert ist, wurde gemeinsam
                                 das Thema Compliance sehr                        auf die bayerische Situation angepasst. In
                                                                                  einem nächsten Schritt sollen nach und nach
                                 ernst und kehren nichts
                                                                                  Gespräche zwischen Bezirks- und Kreisver­
                                 unter den Tisch."                                bänden stattfinden. Der enge Austausch zwi­
                                                                                  schen Landesverband und Bezirksverbän­
                                 Stefan Wolfshörndl,                              den wird ebenfalls bestehen bleiben.
                                 Co-Landesvorsitzender
                                 AWO Bayern
 Foto: AWO Bayern

                    4   WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Zwei Jahre Corona - AWO Bayern
Landesjugendwerk:                                                                    Aktuelles aus unserem
                                                                                                                             Demokratieprojekt

                                        Doppelte Frauenpower                                                                 Gemeinsam mit unserem Projekt
                                                                                                                             AWO l(i)ebt Demokratie können
                                                                                                                             Sie weiterhin in der bayerischen
                                        Fragen: Christa Landsberger                                                          Arbeiterwohlfahrt Demokratie stär­
                                                                                                                             ken. Jeden Monat finden die be­

                                                                                                                                                                          AUS DER AWO
                                                                                  Warum engagieren Sie sich ausgerech-       liebten Demokratiewerkstätten statt:
                                                                                  net im Jugendwerk der AWO?                 Singen Sie im Demokratiechor, dis­
                                                                                  Roxana Pilz: Das Jugendwerk der AWO        kutieren Sie im digitalen Buchclub

                                                                                                                                                                          ????????
                                                                                  hat mich damals vor allem deswegen         mit und nehmen Sie an (Online-)
                                                                                  überzeugt, weil hier Angebote für alle     Veranstaltungen aus den Themen­
                                                                                  geschaffen werden. Ich konnte mich         bereichen Antidiskriminierung,
                                                                                  von Anfang an mit den Werten iden­         Umwelt/Nachhaltigkeit oder Erinne­
                                                                                  tifizieren und war begeistert von der      rungskultur teil. Sie können jeder­
                                                                                  Freiheit, die man in diesem Verband        zeit neu einsteigen oder auch nur
                                                                                  hat. Das Jugendwerk hat mir viel Halt,     einmalig dabei sein – ganz wie
                                                                                  Freundschaften und das Gefühl von          Sie möchten!
                                                                                  Angekommensein geschenkt. Dies
                                                                                  möchte ich gerne an andere Menschen        Auch in diesem Jahr sind gemein­
                                                                                  weitergeben.                               same Ausflüge, Aktionen und
                                                                                                                             Spaziergänge (beispielsweise zu
                                        Die neuen Vorsitzenden des Landes-        Anna Biebl: Während meines Studi­          „50 Jahre Olympia-Attentat Mün­
Foto: Landesjugendwerk der AWO Bayern

                                        jugendwerks der AWO Bayern: Roxana        ums in Würzburg wurde ich von einem        chen 72“) geplant, für die Sie sich
                                        Pilz, 26 Jahre, Kinderpflegerin, und      Kommilitonen gefragt, ob ich nicht         kostenlos anmelden können.
                                        Anna Biebl, 24 Jahre, Sozialpäda-         eine Ferienfreizeit beim Bezirksju­
                                        gogin, beide aus Regensburg (v.l.).       gendwerk der AWO Unterfranken                  Sie möchten gerne mit dem AWO
                                                                                  betreuen möchte. Ab da war es quasi        l(i)ebt Demokratie-Projektteam
                                                                                  um mich geschehen. Die Offenheit,          eine Veranstaltung in Ihrer Gliede-
                                        Sie wurden am 13.11.2021 zur neuen        der Zusammenhalt und die starke            rung oder Einrichtung umsetzen?
                                        Doppelspitze des Landesjugendwerks        Verbundenheit mit den Werten im            Melden Sie sich gerne bei unserem
                                        gewählt. Herzlichen Glückwunsch           Jugendwerk haben mich immer mehr           Aktionsbüro Demokratie per Mail
                                        dazu! Doppelspitzen bestehen ja übli-     gepackt und mittlerweile ist das Ju­       an demokratie@awo-bayern.de
                                        cherweise aus einem Mann und einer        gendwerk nicht mehr aus meinem             oder telefonisch:
                                        Frau. Warum ist das bei Ihnen anders?     Leben wegzudenken. Ich habe tolle          089 / 54 67 54 140.
                                        Anna Biebl: Erstmal vielen Dank für die   Menschen aus ganz Deutschland
                                        Glückwünsche! Ich freue mich wahn­        kennengelernt, neue Impulse und
                                        sinnig auf die Aufgaben und darauf,       Sichtweisen erfahren und vor allem
                                        diese als Doppelspitze anzugehen.         mich selbst weiterentwickelt.
                                        Als wir uns dafür im letzten Vorstand
                                        entschieden haben, stand für uns vor      Sie wurden erstmal für zwei Jahre als
                                        allem die Aufgabenverteilung und          Vorsitzende gewählt. Was haben Sie
                                        die Arbeitserleichterung im Vorder­       in dieser Zeit vor?
                                        grund. Auch war das Mitgehen mit          Roxana Pilz: Natürlich haben wir
                                        der Zeit ein wichtiger Aspekt für uns!    uns im Vorfeld Gedanken gemacht.         Zusammenarbeit mit der AWO sehr
                                        Selbstverständlich haben auch wir mit     Bayern ist ein großes Bundesland         wichtig. Die beiden Verbände können
                                        einer paritätischen Besetzung geplant.    mit vielen Gliederungen. Einige davon    in einem hohen Maß voneinander
                                        Bei der Wahl konnten wir dieses Ziel      sind sehr aktiv, in anderen schlum­      profitieren, wenn der Austausch und
                                        aufgrund eines Kandidat*innen-            mert noch unheimlich viel Potential.     das beidseitige Interesse vorhanden
                                        Mangels jedoch nicht erfüllen. Wir        In den nächsten zwei Jahre wollen        sind. Auch uns hat die Pandemie
                                        sind davon überzeugt, dass wir den        wir es schaffen, dass die Gliederun­     stark getroffen. In den nächsten zwei
                                        Aufgaben und Pflichten gerecht wer­       gen stärker zusammenarbeiten und         Jahren möchten wir tolle Angebote
                                        den und freuen uns auf die nächsten       das Landesjugendwerk als Vernet­         schaffen, in denen wir neue enga­
                                        zwei Jahre voller spannender Auf­         zungsmittelpunkt agiert und ange­        gierte Ehrenamtliche finden und an
                                        gaben und neuer Bekanntschaften.          sehen wird. Außerdem ist uns die         uns binden können.

                                                                                                                                   WIR • Das Magazin der AWO Bayern   5
Zwei Jahre Corona - AWO Bayern
Foto: privat
                                        Zwei Jahre
                                        Corona
ZWEI JAHRE CORONA

                                        Stimmen                                                          Markus Gaßner, Leiter Beschäftigungs- und
                                                                                                         Trainingszentrum (Besondere Wohnform mit

                                        aus der
????????

                                                                                                         Tagesstrukturierung), AWO Augsburg

                                        Praxis
                                                                                            „Ich hoffe auf zeitnahe
                                                                                            Impfpflicht für alle.“
                                                                                            Als Leiter der Tagesstruktur im Rahmen von besonderen
                                                                                            Wohnformen der AWO Augsburg stelle ich fest: Mit der
                                        Was waren und sind die Herausforderungen während    Pandemie hat sich vieles verändert! In meinem Bereich
                                        der Pandemie? Gibt es auch positive Erkenntnisse?   erhalten psychisch kranke Menschen Tagesstrukturierung
                                        Vier AWO-Mitarbeiter*innen berichten aus ihren      in Form von Beschäftigung.
                                        Fachbereichen.
                                                                                            Meine Mitarbeitenden und ich verbringen einen guten
                                        Protokolle: Markus Gaßner, Ulrike Hahn,             Teil unserer Arbeitszeit damit, die Einhaltung der diversen
                                        Manuela Billing, Nicola Kaufmann                    Regeln hinsichtlich Corona umzusetzen. Wir mussten
                                                                                            unter anderem die Anwesenheitszeiten der einzelnen
                                                                                            Personen reduzieren, da weniger Betreute als zuvor gleich­
                                                                                            zeitig in einem Raum sein dürfen. Daraus resultiert für
                                                                                            die Klient*innen zeitlicher Leerlauf, der in der Regel für
                                                                                            die psychische Stabilität kontraproduktiv ist. Daraus ent­
                                                                                            steht mangelnde Motivation der Klientel zu einer regel­
                                                                                            mäßigen Teilnahme. Ein Teufelskreis für Klient*innen
                                                                                            und Mitarbeitende!

                                                                                            Hinzu kommen sich nahezu täglich verändernde ministe­
                                                                                            rielle Vorschriften in Sachen Corona, die sofort umge­
                                                                                            setzt werden sollen. Das bindet wertvolle Energien und
                                                                                            kostet Zeit, die eigentlich für die direkte Betreuung
                                                                                            vorgesehen ist. Eine Zeitlang ist eine solche besondere
                                                                                            Situation handhabbar. Auf Dauer aber werden sowohl
                                                                                            die psychisch kranken Menschen als auch die Mitar­
                                                                                            beitenden unzufrieden. Mindestens.

                                                                                            Wir müssen die Pandemie schnell in den Griff bekommen,
                                                                                            um größeren gesellschaftlichen Schaden abzuwenden.
                                                                                            Daher hoffe ich auf eine baldige Veränderung der Lage,
                                                                                            zum Beispiel durch die zeitnahe Einführung der Impf­
                                                                                            pflicht für alle und die Vernunft von uns allen bezüglich
                                                                                            der Anzahl der persönlichen Kontakte.
                    Foto: Adobe Stock

                                        6   WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Zwei Jahre Corona - AWO Bayern
„Wir können uns auf eigene

                                                                                Foto: Adobe Stock
               Mitarbeiter*innen verlassen."
               Zu Beginn der Pandemie im Februar 2020 war ich zunächst

                                                                                                                                              ZWEI JAHRE CORONA
               sehr verwundert über die Ignoranz, mit der manche
               politische Entscheider*innen sowie Behörden und Kliniken
               unseren Argumenten und Vorschlägen aus der Praxis, wie
               unsere Bewohner*innen und Mitarbeiter*innen vor dem
               Virus am besten geschützt werden könnten, begegneten.
               Unzählige Telefonate mit Gesundheitsämtern, Kranken­
               häusern und Rettungsdiensten sowie Absprachen mit
               Kolleg*innen anderer Verbände waren in diesen ersten
               Monaten, auch an den Wochenenden, mein Tagesgeschäft.
               Eindringliche Appelle an die Krisenstäbe der Landkreise,
               nicht nur an die Patient*innen in den Kliniken zu denken,
               sondern auch die besonders vulnerablen Bewohner*innen
               unserer Pflegeeinrichtungen zu schützen, blieben zu
               Beginn ungehört.

               Die unterschiedlichen Regelungen und Vorgehensweisen
               eines jeden Landkreises und einer jeden Stadt machten
               es äußerst schwierig, den Überblick über die vielen Vor­
               gaben und Maßnahmen zu behalten. Manche waren aus
               unserer Perspektive wenig sinnvoll und nicht praktikabel.   der Eingliederungshilfe oder Kinder-, Jugend- und Fami­
               Letzteres, weil uns einerseits die dazu notwendigen per­    lienhilfe sind bei Vakanz eingesprungen, wenn es irgend­
               sonellen Ressourcen fehlten und andererseits zu Beginn      wo besonders „brannte“. Kolleg*innen aus anderen
               das Schutzmaterial nicht zur Verfügung stand. Zugesagte     Häusern oder Familienangehörige von Mitarbeiter*innen
               Lieferungen von Masken und Desinfektionsmitteln blieben     sprangen ebenfalls mit ein, halfen in der Hauswirtschaft,
               aus. Zusätzliches, unterstützendes Personal der FüGK        brachten Kuchen und Plätzchen für Bewohner*innen
               (Führungsgruppe Katastrophenschutz) oder der Bundes­        und Mitarbeitende. Andere Kolleg*innen organisierten
               wehr war nicht zu bekommen. In der Regel wurden frei­       zu Beginn der Pandemie bei Friseur*innen, Physiothera­
               tagnachmittags die neuen Verordnungen bekannt, so dass      peut*innen und über „Ebay Kleinanzeigen“ Handschuhe
               die Kolleg*innen aus der Verwaltung sowie die Führungs­     und Masken für die Einrichtungen.
               kräfte in den Pflegeheimen auch an den Wochenenden
               arbeiteten, um Mitarbeiter*innen, Bewohner*innen und        In der Pandemie hat sich gerächt, dass die Langzeit­
               Angehörige über die Auswirkungen zu informieren.            pflege seit Jahrzehnten „auf Kante genäht ist“. Die
                                                                           Kolleg*innen in den Einrichtungen, ob als Führungs­-
               Aus den Erfahrungen habe ich gelernt, dass wir uns als      kraft oder in der direkten Pflege tätig, vermissen
               Verband vor allem auf unsere eigenen Mitarbeiter*innen      schmerzlich die Wertschätzung der Gesellschaft. Es ist
               verlassen können. Diese haben die Einrichtungen perso­      dringend von Nöten, dass neben einer angemessenen
               nell unterstützt, Mitarbeiter*innen aus der Hauptverwal­    Bezahlung vor allem die vorhandene fachliche Kompe­-
               tung haben für die Kolleg*innen draußen die Weihnachts­     tenz der Kolleg*innen in den Einrichtungen anerkannt
               dekoration übernommen, Kolleg*innen aus den Bereichen       wird. Dass diese Kompetenz vorhanden ist, wurde jetzt
                                                                           in der Pandemie besonders deutlich. Eine Erkenntnis
                                                                           aus den Erfahrungen der letzten beiden Jahre in der
                                                                           Corona-Pandemie ist, dass die Expertise über den rich­
                                                                           tigen Umgang mit dem Virus vor allem in unseren
Foto: privat

                                               Ulrike Hahn, Bereichs-      Häusern vor Ort vorhanden ist.
                                               leitung Senioren und
                                               Rehabilitation,             Ich hoffe, dass das Fachwissen, die Kompetenz und die
                                               AWO-Bezirksverband          hohe Flexibilität in Krisenzeiten unseren Führungskräften
                                               Unterfranken                und unseren Mitarbeiter*innen in den Einrichtungen
                                                                           das Selbstbewusstsein gibt, sich für ihre Überzeugungen
                                                                           auch nach der Pandemie einzusetzen.

                                                                                                       WIR • Das Magazin der AWO Bayern   7
Zwei Jahre Corona - AWO Bayern
„Wichtig, auch digital optimal
                                                                                                  ausgestattet zu sein.”
                                                                                                  Auch für unsere Arbeit im Frauenhaus Dachau bedeutet
ZWEI JAHRE CORONA

                                    Foto: privat                                                  die Corona-Pandemie gravierende Herausforderungen,
                                                                                                  die es zu bewältigen gilt. Vor allem stellen die Schul- und
                                                                                                  Kitaschließungen für die Kinder im Haus eine schwierige
                                                                                                  Situation dar. Hier sind besonders die Schulkinder her­
                                                   Nicola Kaufmann, Leiterin                      vorzuheben, die immer wieder während eines Lockdowns
                                                   Frauenhaus, AWO Dachau                         oder in Quarantäne online ihre Schulaufgaben bewältigen
                                                                                                  müssen. Das Frauenhaus ist aufgrund der beengten Platz­
????????

                                                                                                  verhältnisse nicht für dauerhaftes Homeschooling aus­
                                                                                                  gelegt. Denn der Distanzunterricht kann nur in Zimmern
                                                                                                  stattfinden, die auch von anderen Personen mitbenutzt
                                                                                                  werden, und die Kinder können während des Unterrichts
                    „Belastet von sehr kurzfristig                                                nie durchgehend ungestört und in Ruhe lernen.
                    angekündigten Anweisungen.”
                                                                                                  Erfreulicherweise wurden die Kinder von der Schule mit
                    Während kreative Pädagog*innen auch in der Pandemie                           geliehenen Tablets ausgestattet, so dass das Homeschooling
                    den Fokus auf gelungene Momente für die Kinder im                             keine zusätzliche finanzielle Belastung für die Frauen
                    Alltag legen, holt sie der Wahnsinn von Corona ein.                           darstellt. Trotzdem haben auch die Mütter im Frauenhaus,
                    Neben der bereits seit Jahren gehegten Hoffnung und                           wie viele alleinerziehende Eltern, mit der Mehrfachbelas­
                    dringenden Notwendigkeit auf grundsätzliche Entlastung                        tung durch Kinderbetreuung, Unterstützung beim Distanz­
                    für ihren Beruf, tragen die Pädagog*innen in diesen                           lernen, Lohnarbeit und Haushaltsführung zu kämpfen.
                    Zeiten noch mehr Last.
                                                                                                  Jedoch können wir dem vergangenen Jahr auch einiges
                    Dringend anstehende Veränderungen wie die Verkleine­                          Positives abgewinnen. Gerade in der Zeit des Lockdowns
                    rungen der Gruppen werden nun erst recht zerschlagen                          war es ein großes Glück, dass im Frauenhaus viele Kinder
                    und zwingen die Pädagog*innen durch Pandemiemaßnah­                           zusammenleben, so dass immer Spielkamerad*innen
                    men zur völligen Umstrukturierung ihrer pädagogischen                         gefunden werden konnten und wenig Langeweile aufkam.
                    Ansätze. Belastet von teils sehr kurzfristig angekündigten                    Durch das enge Zusammenleben waren unsere Frauen
                    Anweisungen und dem Unmut mancher Eltern, die selbst                          und Kinder nie vollständig isoliert und einsam. Auch sind
                    an der Belastungsgrenze angekommen sind, geben Kita-                          wir sehr dankbar für die finanzielle Unterstützung durch
                    leitungen und ihre Teams jeden Tag ihr Bestes. Der nicht                      verschiedene Corona-Förderungen, mit denen wir unsere
                    aufzuhaltende Fachkräftemangel wirft generell größte Pro­                     digitale Ausrüstung erweitern konnten. Da die weitere Ent­
                    bleme auf und führt nicht selten zu reduzierten Öffnungs­                     wicklung und die langfristigen Auswirkungen der Corona-
                    zeiten. Dass sich die Lage in der Pandemie noch mehr                          Pandemie derzeit nicht absehbar sind, ist es wichtig für
                    zuspitzt, ist nicht verwunderlich. Gründe dafür sind zusätz­                  unsere Arbeit im Frauenhaus auch digital optimal aus­
                    lich fehlendes Personal durch Quarantäneverordnungen,                         gestattet zu sein, damit den Frauen und ihren Kindern
                    nicht zu vergessen die üblichen Erkrankungen, die zum                         auch in Zukunft adäquater Schutz, Zuflucht und Beratung
                    Beispiel auch die Jahreszeit mit sich bringt, und die Belas­                  geboten werden können.
                    tung durch das Maskentragen. Zudem ist der tägliche
                    Umgang mit geimpftem und ungeimpftem Personal eine
                    Herausforderung, die auch Dienstplangestaltung und
                    den Personaleinsatz für Träger, Leitungen und die Teams                                                         Manuela Billing,
                    schwierig macht.                                                                                                Fachberatung Kinder-
                                                                                                                                    und Jugendhilfe,
                    Trotz Hürden und Stolpersteinen erfreuen wir uns am                                                             AWO-Bezirksverband
                    schnellen Voranschreiten der Digitalisierung in den Ein­                                                        Schwaben
                    richtungen. Die Möglichkeit, sich unkompliziert in Zoom-
                    Sitzungen zu treffen oder die Eltern mit einem Klick
                    per Kita-App zu informieren, sind Highlights inmitten
                    der Pandemie. Die vielen kreativen Ideen im Umgang
                    mit den Medien und diese sinnvoll zu nutzen, wird
                    uns sicherlich auch weiter begleiten.
                                                                                   Foto: privat

                    8   WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Zwei Jahre Corona - AWO Bayern
Prof. Dr. Josef Settele leitet das

                                                                                     Foto: André Künzelmann, UFZ
                                                                                                                       Department Naturschutzforschung
INTERVIEW                                                                                                              am Helmholtz-Zentrum für Umwelt­

„Eine Spezies ist
                                                                                                                       forschung in Halle. Der Agrarökologe
                                                                                                                       ist Mitglied des Sachverständigen­
                                                                                                                       rats für Umweltfragen der Bundes­

verantwortlich für                                                                                                     regierung und war Co-Vorsitzen­

                                                                                                                                                                  ZWEI JAHRE CORONA
                                                                                                                       der des Globalen Berichtes des
                                                                                                                       Weltbiodiversitätsrats.

Covid-19: der Mensch.”
Interview: Christa Landsberger

                                                                                                                                                                  ????????
Teile der Wissenschaft warnen schon         Nimmt die Gefahr von Pandemien zu?
längere Zeit vor Pandemien, auch Sie,       Wenn ja, warum?
Herr Professor Settele. Hat Sie Corona      Ja, sie nimmt zu. Das liegt am gestie­
also nicht überrascht?                      genen Tempo, in dem wir Lebensraum
Corona als Pandemie hat mich nicht          zerstören und um die Welt Handel
überrascht. Es ist natürlich ein speziel­   treiben und reisen. Wir haben Natur
ler Fall, den man nie so genau vor­         immer ausgebeutet, aber in früheren                                    zu kalkulieren. Ökoprodukte könnten
hersagen kann. Aber prinzipiell ist         Zeiten konnte sie sich noch anpassen.                                  dann billiger sein als Produkte aus
eine Pandemie zu erwarten gewesen.          Jetzt zerstören wir große Flächen auf                                  der konventionellen Landwirtschaft,
Es war nur eine Frage der Zeit,             einmal. Bestimmte Tierarten vermeh­                                    da sie viele Kosten, die für die Gesell­
wann es passiert.                           ren sich rasant und werden domi­                                       schaft entstehen, wie Luft- und Was­
                                            nant, und so die Krankheitserreger,                                    serreinigung gar nicht verursachen.
Woran liegt das? Wodurch entstehen          die sie in sich tragen.
Pandemien?                                                                                                         Was kann jede*r einzelne von uns tun?
Es läuft folgendermaßen ab: Krank­          Sie sprechen in Ihrem aktuellen Buch                                   Wir müssen unser Bewusstsein für
heitserreger können sich besonders          von einer Triple-Krise aus Klimawan-                                   Natur schärfen. Ganz wichtig ist un­
gut vermehren, wenn viele Tiere             del, Artensterben und Pandemien.                                       ser Konsumverhalten. Zum Beispiel
derselben Art eng aufeinander leben.        Wie hängen diese Krisen miteinander                                    Fleischessen. Ich esse auch gerne
Das wiederum passiert, wenn der             zusammen?                                                              mal ein Steak. Aber es ist eine Frage
Mensch Lebensraum zerstört, zum             Alle drei sind Symptome unserer Wirt­                                  von Klasse statt Masse. Lebensmittel­
Beispiel durch Waldroden. Einige            schaftsweise. Unseres Umgangs mit                                      konzerne und Landwirte produzieren
wenige Tierarten bleiben übrig und          der Natur. Die Wechselwirkungen                                        das, wofür eine Nachfrage besteht.
breiten sich immer mehr aus. Unter          erkläre ich am besten an einem Bei­                                    Wenn ich ein System habe, das weni­
diesen Umständen haben Bakterien            spiel: Folgen des Klimawandels, wie                                    ger Fleischproduktion verlangt, habe
und Viren viele Möglichkeiten, sich         mehr Waldbrände, zerstören Lebens­                                     ich schon viel erreicht. Denn ich brau­
auf der Masse an verfügbaren Wir­           raum. Der Verlust an Vielfalt von                                      che weniger Fläche. Dadurch habe
ten zu entwickeln und zu verändern.         Lebensräumen kann die bereits be­                                      ich mehr Spielraum für Artenvielfalt.
Das Eindringen des Menschen in              schriebene Kette in Gang setzen:                                       Weniger Fleischkonsum bedeutet we­
die Lebensräume der Tiere erhöht            Artensterben, dominante Tierarten                                      niger Massentierhaltung. Das senkt
das Risiko sogenannter Zoonosen.            auf engem Raum, leichteres Verbreiten                                  das Risiko, dass Krankheiten sich aus­
Das sind Krankheiten, die von Tieren        von Krankheitserregern. Der Weg zur                                    breiten. Die Landwirtschaft produziert
auf Menschen oder andersrum                 Pandemie ist dann nicht mehr weit.                                     hierzulande 60 Prozent Tierfutter. Sie
übertragen werden können. Mehr                                                                                     könnte eigentlich auch direkt mehr
als 70 Prozent aller neu auftreten­         Was sollten wir an unserer Wirt-                                       „Menschenfutter“ produzieren.
den Krankheiten bei Menschen                schaftsweise ändern?
haben ihren Ursprung in wilden              Wir sollten mehr auf lokale und                                        Ich kann mich natürlich auch fragen,
oder domestizierten Tieren. Wenn            regionale Produkte setzen, ohne uns                                    ob ich das superschicke Handy brauche,
sich die lokale Epidemie bedingt            abzuschotten. Wichtig ist es auch,                                     das viel mehr kann, als ich eigentlich
durch den Waren- und Reisever­-             den Energieverbrauch zu senken und                                     benötige. Oder den SUV. Bei all dem
kehr ausbreitet, entsteht eine              möglichst lokale, vor allem erneuer-                                   geht es nicht um absoluten Verzicht.
Pandemie. Im Grund ist also eine            bare Energiequellen zu nutzen.                                         Aber es geht um die Balance. Sich ab
Spezies verantwortlich für Covid-19:        Ideal wäre es, Produktpreise unter                                     und zu eine Ausnahme zu gönnen,
der Mensch.                                 Berücksichtigung von damit ver­                                        ist absolut in Ordnung. Wichtig ist, was
                                            bundenen Kosten für die Gesellschaft                                   die Ausnahme und was die Regel ist.

                                                                                                                           WIR • Das Magazin der AWO Bayern   9
Zwei Jahre Corona - AWO Bayern
Situation von Frauen                                                                   Corona: Frauen sind
                                                                                                           besonders belastet

                    in Bayern verbessern                                                                   Sorgearbeit ist nach wie vor Frauen-
                                                                                                           sache – egal, ob bezahlt oder unbe-
ZWEI JAHRE CORONA

                                                                                                           zahlt. Die Pandemie hat das noch ver-
                    Der Bayerische Landesfrauenrat wählte am 27. Oktober 2021 die                          stärkt, aber auch gezeigt, dass wir in
                    Co-Landesvorsitzende der AWO Bayern Nicole Schley in seinen Haupt­                     puncto Gleichstellung noch nicht so
                    ausschuss. Damit setzt Schley gemeinsam mit sieben Vertreterinnen                      weit sind, wie wir vielleicht dachten.
                    weiterer Verbände in den nächsten vier Jahren in die Tat um, was die
                    Vollversammlung des Landesfrauenrats als Arbeitsprogramm beschließt.
                                                                                                           Frauenanteile in „system-
                                                                                                           rele­vanten“ Berufen
????????

                    Im Bayerischen Landesfrauenrat setzen sich 54 Verbände für gleiche
                                                                                                             Pflegeberufe
                    Chancen und Rechte für Frauen ein. Der Zusammenschluss berät die
                                                                                                             Erziehungs- und Sozialberufe
                    Politik in allen Fragen, die gleichstellungspolitisch relevant sind, und
                                                                                                             Verkaufsberufe
                    macht in der Öffentlichkeit auf die Belange von Frauen aufmerksam.
                                                                                                             Reinigungsberufe
                    AWO-Co-Landesvorsitzende Nicole Schley und die stellver­tretende AWO-
                    Landesvorsitzende Brigitte Protschka vertreten die AWO Bayern im
                    Landesfrauenrat. Ersatzdelegierte sind Mona Frommelt, Vorstands­                       84     83    82     82
                    vorsitzende der Hans-Weinberger-Akademie, und Gertrud Mehrl,                           %      %     %      %

                    Beisitzerin im Landesvorstand der AWO Bayern.

                         Weitere Infos unter lfr.bayern.de
                                                                                                           Quelle: DGB Index Gute Arbeit Kompakt 1/2020

                                                                                                           Wer kümmert sich um die Kinder
                                               „In Sachen Gleichstellung haben wir
                                                                                                           bei geschlossenen Schulen und Kitas?
                                               noch viel Luft nach oben. Gerade in                           Frau
                                               Bayern, wo die Lohnlücke zwischen                             Mann
                                               den Geschlechtern besonders groß                              beide gleich

                                               und Altersarmut vor allem für Frauen                        Aus Sicht                Aus Sicht
                                               ein Problem ist. Deswegen mache                             der Frauen:              der Männer:
                                               ich mich gerne auch im Landes­
                                               frauenrat für Frauenrechte stark.”                             27%                       34%
                                                                                                                        66 %                     59 %
                                               Nicole Schley, Co-Landesvorsitzende                         7%
                                               AWO Bayern                                                                              7%

   Foto: AWO Bayern
                                                                                                           Quelle: Böckler Impuls 01/2021

                                                                       „Ich möchte die Frauen in der AWO
                                                                       noch stärker vernetzen, damit wir uns
                                                                       gemeinsam mit aller Kraft weiter enga-
                                                                       gieren können. Und der Blick auf unsere
                                                                       Role Models bei der Arbeiterwohlfahrt
                                                                       macht anderen Frauen Mut, sich auch in
                                                                       Führungspositionen zu engagieren.”
                                                                       Brigitte Protschka, stellvertretende Landesvorsitzende
                                                                       und Gleich­stellungsbeauftragte AWO Bayern
                                   Foto: AWO Schwaben

                    10    WIR • Das Magazin der AWO Bayern
AUS DEM BEZIRKSVERBAND
WIR DIE AWO
WIR DIE AWO IN                                             Mit der Rikscha durch Coburg
IN OBER- UND
UNTERFRANKEN
                                                           Ab dem Frühjahr können sich mobilitätseingeschränkte
                                                           Menschen mit der Rikscha durch Coburg fahren lassen –

MITTELFRANKEN
                                                           buchbar über das AWO Mehr Generationen Haus. Ein Be-
                                                           such auf dem Wochenmarkt oder in der Eisdiele – das
Liebe Freundinnen und Freunde,                             wird möglich durch das Engagement der Projektgruppe
Lorem ipsum dolor sit amet, consete-                       Stadtmacher und des AWO Mehr Generationen Hauses. Bei
Liebe Freundinnen und Freunde,                             einer Förderausschreibung der Adalbert-Raps-Stiftung
tur sadipscing elitr, sed diam nonumy
die Pandemie ist nicht nur eine gravieren-                 hatten sich die beiden Organisationen für Coburg als Rik-
eirmod     tempor invidunt
de Herausforderung         für allutunsere
                                      laboreGliede-
                                                et
                                                           schastandort beworben: „Mit dieser neuen Form von Bar-
dolore
rungen magna
          und unsaliquyam
                      als sozialenerat,  sed diam
                                      Dienstleister.       rierefreiheit wird die Möglichkeit geschaffen, zentrale Orte
voluptua.
Sie           At vero
    ist für mich    aucheoseine
                              et accusam
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                                                   exis-   in der Innenstadt oder nahegelegene Erholungsgebiete zu
duo   dolores    et  ea rebum.      Stet
tenziellen Bedrohungen der letzten Jahr-  clita  kasd      besuchen. Körperlich eingeschränkten Bürger*innen wird
zehnte,
gubergren, die tief  in alle
                no sea        gesellschaftlichen
                          takimata     sanctus est         so ein Stück Lebensqualität geschenkt“, sagt Liane Bliet-
und   privaten                                             zsch, Leiterin des AWO Mehr Generationen Hauses. Im Vor-
Lorem    ipsum Lebenssphären
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                                        Lorem ipsum
Corona    verlangt    von   uns  die  Infragestel-         feld erhält das Team entsprechende Schulungsangebote
dolor sit amet, consetetur sadipscing do-                  und fachliche Unterstützung am Standort durch Radeln
lung
lor sitund   Anpassung
         amet,   consetetur all unserer
                                 sadipscingalltägli-
                                                elitr,     ohne Alter e. V., gefördert von der Adalbert-Raps-Stiftung.
chen Denk-und Handlungsmuster, die uns
sed diam nonumy eirmod tempor invid-
bisher Orientierung und Sicherheit gegeben
unt  ut labore
haben.    Jeder hatet dolore    magna aliquyam
                       die Koordinaten        für seine
erat,  sed   diam   voluptua.      At  vero  eos   et      Haus-der-Generationen-Projekt in
Verantwortungswahrnehmung neu be-
accusam      et justo  duo    dolores
stimmen müssen: in der Verantwortung zu  et  ea  re-       Markt Erlbach
                                                           Der AWO Bezirksverband Ober- und Mittelfranken e. V.
bum.    Stet clita
sich selbst,   seinenkasd   gubergren,
                        nächsten            no sea
                                      Mitmenschen,
                                                           ist schon lange am Standort Markt Erlbach sowie im
dem    Bekanntenkreis
takimata     sanctus estsowieLoremimipsumBerufsleben
                                                dolor      Landkreis durch seine verschiedenen Angebote stark
zu
sit den
    amet. Kolleginnen
             Lorem ipsum   unddolor
                                 Kollegen    und den
                                        sit amet.    no    verwurzelt und vertreten. Nun kommt ein weiterer
uns  Anvertrauten.      Die  Stimmen
sea takimata sanctus est Lorem ipsum      einiger          wichtiger Meilenstein hinzu. Im Beisein der Bürgermeis-
Kolleg*innen
dolor sit amet.   ausLorem
                       unseremipsum Bezirksverband
                                        dolor sit do-      terin Dr. Birgit Kreß und Bauherrin Nadine Paulus sowie
bringen dies eindrucksvoll zum Ausdruck.                   der Vorstandsvorsitzenden Sonja Borzel wurde der Miet-
lor sit amet. takimata sanctus est Lorem
Wenn die Einschätzung von Gesundheits-                     vertrag für ein Generationen-Projekt im ehemaligen
ipsum.
ministerjusto     duo dolores
            Lauterbach             et ea
                           eintrifft,      rebum.
                                       werden     wir      Brauereigasthof Hagen unterschrieben. Die Idee dieses
Stet  clita.  sea  takimata     sanctus
nach Einführung einer Impfpflicht (wie im-  est Lorem      Projektes ist aufgrund der erkannten Bedarfe entstan-
ipsum
mer siedolor     sit amet.
          aussehen      wird)Lorem      ipsum dolor
                                die Pandemie       be-     den und eröffnet die Möglichkeit, gemeinsam mit der
sit dolor   sit amet.    takimata
herrschen und unser vorheriges „schönessanctus    est      Kommune und einem örtlichen Investor eine Lücke in
                                                           der Betreuungs- und Versorgungslandschaft zu schlie-
Leben“
Lorem sea wieder    führensanctus.
               takimata       können. Ich persön-
                                                           ßen. Zudem lassen sich damit neue Angebote vor Ort
lich hoffe sehr, dass wir alle, bevor wir ins
                                                           etablieren, die präventiv und sozialraumorientiert in die
„schöne
Ihre        Leben" zurückkehren, innehalten
                                                           Marktgemeinde hineinwirken. Das ist modernste Vernet-
und
Name  unsere    vielleicht auch positiven Erfah-
         Mustername                                        zung und Integration für Jung und Alt.
rungen während der Pandemie in unser
Position
persönliches, berufliches und gesellschaft-
liches Wertesystem integrieren und dies zu
einer bewussteren Lebensqualität für jeden
von uns führen mag.
Ihnen allen für die nächste Zeit die besten
Wünsche, verbunden mit meinem tiefen
Dank für Ihre Verantwortung,

Ihr
Reinhard Strüwe-vanOppen
Vorstand
                                                                                        WIR • Das Magazin der AWO Bayern   11
TITELTHEMA

             Zusammenhalt und
             gegenseitige Unterstützung
             Lockdown – Schulschließungen – geschlossene Kitas – das        In der Seenlandklinik in Gunzenhausen war ich für
             Leben vieler Beschäftigten beim AWO Bezirksverband wurde       dreieinhalb Wochen – die Dauer einer Kur - in der Kin-
             durch die Pandemie komplett umgekrempelt. Als ihre Ein-        derbetreuung tätig. Eine weitere Kollegin aus Ebersdorf
             richtung schließen musste, entschied sich Julia Brendel aus    half ebenfalls dort aus. Durch den Personalmangel, wa-
             der AWO Kita Erlangen, in anderen Einrichtungen des Be-        ren wir sehr schnell auf uns allein gestellt. Kinderbe-
             zirksverbands zu helfen, wo dringend Hilfe benötigt wur-       treuung stellt für mich keine allzu große Herausforde-
             de. Ihre Erlebnisse und Eindrücke schildert sie in einem Er-   rung dar, dachte ich. Doch dass nahezu alle Kinder dort
             fahrungsbericht.                                               traumatisiert waren, brachte mich an meine Grenzen.
                                                                            Ich bewundere die Kolleginnen und Kollegen dort für
             Die Arbeit mit erwachsenen/älteren pflegebedürftigen           ihre Arbeit, mit der sie jeden Tag dazu beitragen, jeder
             Menschen liegt mir eher nicht, so dachte ich. Trotzdem         Familie ein Stück Hoffnung, Freude und Lebensmut zu-
             lies ich mich auf den Hilferuf des AWO Sozialzentrums          rückzugeben.
             Erlangen ein, um in dieser schweren Zeit etwas gesell-
             schaftliches Engagement zeigen zu können. Insgesamt            Ich bin sehr dankbar, dass ich diese beiden Einrichtun-
             war ich dort tatsächlich nur acht Tage, da ich dann wie-       gen näher und aktiv kennenlernen durfte. Außerhalb
             der in der Kita gebraucht wurde. Zu meinen Aufgaben            der Pandemie wäre es wohl nie zustande gekommen,
             gehörte unter anderem die Zubereitung des Frühstücks,          dass ich dort eingesetzt werde bzw. überhaupt einge-
             das von mir für jeden Bewohner auf der Station indivi-         setzt werden kann. Die direkte Arbeit mit Menschen be-
             duell nach dessen Wünschen zusammengestellt wurde.             geistert mich jeden Tag aufs Neue. Jeder Mensch, mit
             Nach dem Austeilen durfte ich beim Eingeben des Früh-          seiner eigenen individuellen Lebensgeschichte, bringt
             stücks helfen. Hier war ich immer bei demselben Herrn.         mich dazu, mich täglich zu reflektieren und mein Ver-
             Mit ihm unterhielt ich mich oft über die aktuellen Nach-       halten zu überdenken. Ich werde sowohl die beiden
             richten oder auch über die Arbeit im Kindergarten. Be-         Einrichtungen als auch jeden einzelnen Menschen, den
             vor ich beim Austeilen und Eingeben des Mittagessens           ich dabei kennenlernen durfte, immer in guter Erinne-
             unterstützen konnte, war ich in der Hausmeisterei tätig.       rung behalten und gerne an diese schöne bereichernde
             Dort übernahm ich Botendienste innerhalb des Hauses,           Zeit in einer der schwierigsten Zeiten meines Lebens -
             half beim Desinfizieren von Gegenständen, verteilte Hy-        der Corona-Pandemie - zurückdenken.
             gieneartikel auf die Stationen oder lieferte Getränkebe-
             stellungen bei den jeweiligen Bewohnern ab. Auch bei              Weitere Informationen:
             Reparaturen im Haus durfte ich mit tätig sein und              Julia Brendel, Einrichtungsleitung,
             konnte sehr viel dazulernen.                                   AWO Kita Erlangen

             12   WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Wie Corona uns verändert hat
Die Pandemie beherrscht seit Monaten unser Leben. Die Folgen sind in alle Lebensbereiche spürbar, wobei nicht jeder
Mensch gleich betroffen ist. Manche Bevölkerungsgruppen leiden stärker als andere. Welche sozialen Folgen hat Corona
für uns persönlich bzw. wie hat sich unser Alltag verändert? Und welche Chancen können durch die Pandemie erwachsen
und wie könnte sich unsere Gesellschaft dadurch verändern? Wir fragen intern nach.

                   Carmen Kluck                                                 Renate Schoor,

                                                                                                                                TITELTHEMA
                   Pflegedienstleitung, Redwitz                                 Pflegedienstleitung, Roth

                     Ich persönlich habe meine Kontakte                            Ich kann nicht all meine Freunde
                     sehr stark eingeschränkt, die Unbe-                           treffen, Geburtstage feiern, nicht
                     schwertheit geht verloren und die                             verreisen, wie ich es möchte. Au-
                     Vorsicht bestimmt den Alltag. Tref-                           ßerdem habe ich Angst, meine
 fen mit Bekannten hängen plötzlich vom Impfstatus            Angehörigen anzustecken und konnte einen letzten
 des Gegenübers ab. Bei meiner Arbeit beobachte ich           Wunsch nicht mehr erfüllen.
 bei meinen Kolleg*innen sowie den Bewohner*innen,            In der Arbeit möchte ich, dass niemand an Covid er-
 dass die Unbeschwertheit, das gemeinsame Lachen              krankt und stirbt.
 oder Umarmungen weniger werden. Die Unsicherheit             Die Bewohner*innen sehen uns nur mit Masken, er-
 und die Angst und auch die Vorsicht regieren das             kennen nicht mehr die Mimik. Manche Angehörige
 Handeln. Die Sehnsucht nach Normalität wird immer            kommen aus Angst nicht mehr, obwohl Besuche mit
 stärker. Doch die Hoffnung daran schwindet langsam,          Maske möglich sind. Und es fehlen die Umarmun-
 da alle glaubten, dass nach den Impfungen alles ist          gen. Bewohner*innen führen Videotelefonate und
 wie vorher, wir jedoch von einer Welle in die nächste        spüren somit die wichtige Nähe nicht mehr.
 gehen. Bewohner*inne vermissen es, unsere Gesich-            Ich habe großen Respekt meinen Mitarbeiter*innen
 ter zu sehen, Hörbeeinträchtigte verstehen uns mit           gegenüber, die in ihrer Arbeitszeit immer FFP2-
 den FFP2-Masken nicht, Demenzbetroffene erkennen             Maske tragen und sich an alle Hygieneregeln halten.
 uns und ihre Angehörigen oft nicht mehr.                     Sie kümmern sich fürsorglich um die Bewohner*in-
 Vieles, was als selbstverständlich galt, wird jetzt mehr     nen, opfern ihre freie Tage und springen bei Ausfall
 wertgeschätzt, da wir erfahren haben, dass es das            ein. Trotz ihrer Sorgen mit der eigenen Familie sind
 nicht ist. Kleine Dinge schätzen, Halt in der Familie        sie nicht krank und leisten gute Arbeit.
 finden, gegenseitiger Trost und Zuspruch, die Freude         Unser Zusammenhalt - auch mit den Schnittstellen
 gesund zu sein, das alles steht in dieser Zeit im Fokus.     - ist einfach toll. Ich weiß, was ich für ein tolles
 Höher, schneller, besser verliert momentan an Wert.          Team habe.

                   Nathalie Haase, Quartiersmanagerin, Neustadt bei Coburg

                   Ich arbeite in der Quartiersentwicklung. Quartier kann man in diesem Fall auch als Stadtteil
                   übersetzen, sprich, ich bin für die Bürger*innen im Stadtkern von Neustadt bei Coburg zustän-
                   dig. Die professionelle und persönliche Beziehungsgestaltung zu den Klient*innen ist eine
                   meiner liebsten Aufgaben bei der Arbeit, da dies der Grundstein für ein tragfähiges Vertrau-
                   ensverhältnis ist. Dass dies durch Corona nicht mögich war, wurde das zu einer echten Her-
 ausforderung. Es mussten schnell kreative Ideen entwickelt werden, um mit den Bürger*innen in engem Kon-
 takt zu bleiben und auf ihre veränderten Bedürfnisse einzugehen. Neue Quartiersprojekte wie der
 „Glücksbringer“ und die „Bastelspaßtüte“ wirken der Einsamkeit entgegen. Ein Zeitzeugenprojekt gibt den Se-
 nior*innen die Chance, sich an der Gestaltung des Quartiers aktiv zu beteiligen. Das Einbinden und Beteiligen
 der Bürger*innen ist jetzt wichtiger als je zuvor.

 Durch die Pandemie kam ein großes Potential innerhalb des Stadtteils zutage. Die Solidarität, der Zusammenhalt
 und das füreinander Einstehen wie z. B. durch Einkaufsdienste, Brieffreundschaften und weitere wundervolle
 Ideen und Projekte machen deutlich, auf was es im menschlichen Miteinander ankommt – Herzlichkeit und
 Verständnis. Dies ging uns davor, in unserem hektischen und turbulenten Alltag, oft verloren.

                                                                                        WIR • Das Magazin der AWO Bayern   13
Yvonne Große,

             Weitere Stimmen                                                             Einrichtungsleitung, Oberasbach

             zum Titelthema:
                                                                                          Corona zeigt, was der Wert Solida-
                                                                                          rität im aktiven Leben wirklich
                                                                                          heißt und wie wichtig es ist, Ver-
                                                                                          antwortung zu übernehmen und
                                     Anja Kohles, Abteilungsleitung    dafür einzustehen. Denn staatliche Beschlüsse sind in
                                     Gesundheit, Familie & Soziale     der Praxis oft schwer umsetzbar. Das stellt eine große
TITELTHEMA

                                     Dienste, Nürnberg                 Herausforderung für Kinder, Eltern und das Team dar.

                                  Unsere Arbeit in den Kliniken ist    Das Voranschreiten der Digitalisierung bringt viele
                                  durch Corona sehr viel komplexer     Vorteile. Fortbildungen und Elternabende laufen
                                  geworden. Die täglichen Arbeitsab-   online, das spart Fahrzeiten und ist für Familien
              läufe sind aufgrund der Test- und Hygieneauflagen        leichter zu organisieren. Durch die ständigen Verän-
              deutlich erschwert und verlangen unseren Mitarbei-       derungen im Alltag ergibt sich ein stetiger Prozess
              ter*innen viel Flexibilität im Umgang mit Mehrarbeit     der Planung und Organisation mit den Familien.
              und wechselnden Anforderungen ab. Unsere Kli-            Häufig werden Lösungen gemeinsam gefunden. Das
              ent*innen erleben wir durch die Pandemie zusätzlich      hat uns allen gezeigt: Wir ziehen gemeinsam an ei-
              stark belastet, der bereits bestehende Spagat zwi-       nem Strang, zum Wohle des Kindes.
              schen Familie und Beruf ist durch die Auswirkungen
              der Pandemie noch deutlich verstärkt worden.
                                                                                         Silke Huber,
              Unsere Mitarbeiter*innen haben in den letzten Jah-                         Personalentwicklung, Nürnberg
              ren gezeigt, wie flexibel jede*r einzelne und das
              Team auf Anforderungen reagieren kann. Einige der                           Im Lockdown wurde ich mehr
              neuen Arbeitsabläufe haben sich nach anfänglichen                           denn je zum Fels in der Brandung
              Schwierigkeiten positiv entwickelt, so dass sie teil-                       für die ganze Familie und damit
              weise auch dauerhaft beibehalten werden. Diese                              vor eine persönliche Belastungs-
              Flexibilität und der Zusammenhalt in den Teams ha-       probe gestellt. Vieles davon wirkt noch nach, v.a.
              ben geholfen, um gemeinsam diese herausfordern-          die psychische Anspannung der Kinder. Ähnliches
              de Zeit meistern zu können.                              erlebe ich in meiner Arbeit: Unsere Führungskräfte
                                                                       werden bis ans Äußerte gefordert, sind Anker und
                                                                       Orientierungspunkt für Mitarbeiter in ihren Ängsten
                                     Nadine Mairhofer-Pokorny,         und Sorgen und wünschen sich Angebote, die ihnen
                                     Personalabteilung, Nürnberg       Austausch und Handlungssicherheit vermitteln.
                                                                       Als Chance der Pandemie sehe ich das Vorantreiben
                                Für mich persönlich hat sich nicht     der Digitalisierung, mehr familiäre Gleichberechtigung
                                sehr viel geändert. Für meine Kin-     durch Homeoffice, das Vätern Familienleben erlebba-
                                der war es da schon schwieriger,       rer macht und eine Reflexion und Neubewertung der
                                die Zeiten des Homeschoolings          eigenen und gesellschaftlichen Werte als Chance.
              waren für alle nicht einfach. Die Arbeitsbelastung
              hat sich erheblich erhöht. Einerseits musste in
              manchen Einrichtungen mehr Personal eingestellt                            Alexander Kehl, dualer Student
              werden, in anderen musste Kurzarbeit angemeldet                            (an der IU) im Fachbereich Personal
              werden oder andererseits Verdienstausfallentschädi-
              gungen beantragt werden. Außerdem versuchen wir                            Ich bin als dualer Student nach
              in der Personalabteilung, die Präsenszeiten im Büro                        Nürnberg gezogen. Mit nur digita-
              zu halbieren und viel im Homeoffice zu erledigen.                          len Vorlesungen finde ich keinen
                                                                                         Kontakt zu meinen Mitstudenten.
              Ich hoffe, dass die Möglichkeit des Homeoffice wei-      Daher freut mich das familiäre Miteinander in der Ar-
              ter ausgebaut wird. Dies wird sicherlich Auswirkun-      beit umso mehr. Hier wird mir im Alltag von Kollegen
              gen haben, zum einen auf die persönliche Zufrie-         und anderen Bezugspersonen viel Verständnis entge-
              denheit der Mitarbeitenden als auch auf die              gen gebracht. Insgesamt hat mich die ganze Zeit für
              Umweltbelastung durch weniger Autofahrten.               die Bedürfnisse anderer sensibilisiert.

             14   WIR • Das Magazin der AWO Bayern
TITELTHEMA
Was haben wir aus Corona gelernt?
            Mit Schlagworten wie „Wissensgesellschaft“      Vor dem Hintergrund, dass die Pandemie eine enorme
            und „lebenslanges Lernen“ wird signalisiert,    Belastung für alle Mitarbeiter*innen und alle Führungs-
            dass einmal erworbenes Wissen – gleich ob in    kräfte darstellt, dürfen eigene Grenzen durchaus gesetzt
            der schulischen oder beruflichen Ausbildung –   und ernst genommen werden. Speziell bei Personen in
            nicht ausreichend ist, um verändernden bzw.     Leitungsverantwortung besteht die Gefahr des grenzen-
            steigenden Anforderungen der modernen Zeit      losen Arbeitens. Auch in der hoffentlich bald abklingen-
            Genüge leisten zu können.                       den Pandemiezeit darf der Stellenwert der Gesundheit
                                                            nicht zurückgeschraubt werden.
Auch eine soziale Organisation wie die AWO kann sich        Vielen ist es auch gelungen, sich persönlich wie auch als
nicht auf einem erreichten Qualitätsstand ausruhen. Hier-   Organisation neu zu justieren: Was ist wirklich wichtig?
bei fallen natürlich auch neue Erwartungen von Kund*in-     Was ist nur vermeintlich wichtig und kann auch mal
nen-Seite wie auch anders gesetzte Rahmenbedingungen        vernachlässigt werden?
durch Behörden und die Gesetzgebung ins Gewicht.            Die Corona-bedingten Restriktionen boten und bieten
Mit dem Coronavirus kam eine für alle unerwartete Her-      die Chance, sich im dienstlichen wie im privaten Alltag
ausforderung auf uns zu, die immer noch fortwirkt. Von      auch mal über Kleinigkeiten zu freuen. Gerade kleine
dem früheren US-amerikanischen Präsidenten J.F. Kenne-      Gesten können auch den Zusammenhalt stärken – und
dy wurde das Bonmot überliefert: „Das Wort Krise setzt      haben dies schon getan! In Nürnberg ist dies erfreuli-
sich im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen –     cherweise auch über Verbandsgrenzen hinweg gelun-
das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit.“       gen. Genauso anerkennenswert sind konkrete Formen
Wir können die Corona-Krise insofern auch als Lack-         der innerverbandlichen Unterstützung. Was heute zählt,
mustest sehen, wer solidarisch mit uns ist und hinter       ist mehr denn je die schnelle Umsetzung von neuen
uns steht. Symbolische Aktionen, etwa das Beifall klat-     Ideen, das Lernen aus Erfolgen und Fehlern sowie das
schen in der Nachbarschaft von Kliniken und Pflegehei-      solidarische Miteinander.
men, dürfen nicht als billige Effekthascherei abgetan       Die zentralen AWO-Werte bedürfen keiner pandemischen
werden. Sie sollten vielmehr als Impuls genutzt werden,     Revision. Sie sind weiterhin von großer aktueller Rele-
um die unzulänglichen Rahmenbedingungen im Sozial-          vanz und Zukunftsfähigkeit. Und die Zukunft beginnt
bereich spürbar und dauerhaft zu verbessern. Dies sind      nicht in fernen Zeiten. Denn zukunftsfähiges Handeln
wir auch unseren Mitarbeiter*innen schuldig!                beginnt im Hier und Heute. Trotz aller verqueren Diskus-
Wir konnten feststellen, dass viele über ihre bisherigen    sionen über Corona-Maßnahmen darf nicht vergessen
Belastungsgrenzen hinausgegangen sind. Dies darf aber       werden, dass eine Gesellschaft nur gut funktioniert,
nicht als Aufforderung angesehen werden, bedenkenlos        wenn alle Menschen respektvoll zusammenleben. Hier
physische und psychische Grenzen zu überschreiten. Es       ist auch die AWO „dank“ Corona mehr denn je gefordert.
gilt, immer wieder den Blick auf sich selbst zu richten.
Daher darf auch der Gedanke der Resilienz keine                Weitere Informationen:
Modeerscheinung sein. Wer seine Widerstandsfähigkeit        Ina Schönwetter-Cramer, Vorständin und
trainiert, muss nicht zum Supermenschen mutieren.           Pandemiebeauftragte der AWO KV Nürnberg

                                                                                       WIR • Das Magazin der AWO Bayern   15
KREISVERBAND-VORSTELLUNG

                           AWO KREISVER-                                               Spielenachmittage reichen die Angebote. Kochkurse,
                                                                                       Fach- und Bildvorträge und Handy- bzw. Computerkur-

                           BAND NEUSTADT
                                                                                       se runden das Veranstaltungsangebot ab und unterstüt-
                                                                                       zen Senior*innen dabei, geistig fit zu bleiben.
                                                                                       Mehr denn je arbeiten die Ehrenamtlichen des Kreisver-

                           BEI COBURG
                                                                                       bandes Neustadt Hand in Hand und leisten vieles – und
                                                                                       das oft auch in kürzester Zeit. Durch die engagierte Un-
                                                                                       terstützung der Mitglieder, Helfer*innen und Spen-
                                                                                       der*innen können viele Veranstaltungen im Jahresver-
                           Im oberfränkischen Landkreis Coburg hat der AWO             lauf angeboten werden. So ist der Kreisverband
                           Kreisverband Neustadt b. Coburg seinen Sitz. Mit 220 Mit-   regelmäßig auf dem Neustädter Nikolausmarkt vertreten
                           gliedern ist dieser Kreisverband einer der kleineren Ver-   und organisiert eine gesellige Seniorenweihnachtsfeier
                           bände im AWO Bezirksverband Ober- und Mittelfranken.        mit Bustransfer aus den Ortsteilen.

                           Die Wurzeln der Arbeiterwohlfahrt in der Region Coburg      Auch andere soziale Organisationen nutzen die Räum-
                           liegen in den 1920er-Jahren. Wie viele andere Verbän-       lichkeiten der AWO für ihre Zusammenkünfte. Monatli-
                           de wurde die AWO dort 1933 durch die Nationalsozialis-      che Treffen des Bayerischen Blinden- und Sehbehinder-
                           ten verboten. 1947/48 wurde der AWO Kreisverband            tenbunds und ein Plaudercafé finden unter dem Dach
                           Neustadt wiedergegründet, der das Gebiet der Großen         des AWO Kreisverbands statt. Auch der Stammtisch des
                           Kreisstadt umfasst.                                         deutschen Mieterbunds sowie der Shantychor und die
                                                                                       Teilnehmer*innen der Bingoveranstaltung der SPD AG
                           Seniorenabeit ist Kern der Tätigkeit                        60plus treffen sich im AWO Haus.
                           Zentral im Ortskern der bayerischen Puppenstadt Neu-
                           stadt liegt das Haus des AWO Kreisverbands. Im Mittel-      Auf sehr große Nachfrage stößt die Kleiderkammer des
                           punkt der verbandlichen Arbeit steht die Seniorenar-        AWO Kreisverbands Neustadt. Montagnachmittag und
                           beit. Eine sozialpädagogische Fachkraft und eine            Samstagvormittag öffnet sie ihre Türen für Hilfsbedürftige.
                           Verwaltungskraft kümmern sich mit rund 35 ehrenamt-         Menschen mit geringen Einkünften oder in Notsituatio-
                           lich Engagierten um die Angebote für ältere Menschen.       nen finden in der Kleiderkammer des Kreisverbands
                           Der AWO Kreisverband Neustadt ist fest ins gesellschaft-    praktische Hilfe aus erster Hand. Knapp 2.000 Besu-
                           liche Leben der Stadt mit eingebunden und stärkt mit        cher*innen jährlich bekommen dort gut erhaltene, ge-
                           seinen Veranstaltungen das soziale Angebot der Kreis-       spendete Artikel, vor allem Bekleidung, Die Kleiderkam-
                           stadt – wenn auch aktuell mit pandemiebedingten Ein-        mer wird ausschließlich von ehrenamtlich Tätigen
                           schränkungen.                                               getragen, die im Notfall auch am Wochenende oder fei-
                                                                                       ertags helfen.
                           Im AWO Seniorencafé TeddyBär gibt es für die ältere Ge-
                           neration viele Möglichkeiten, um die Freizeit aktiv zu      Die enge Vernetzung des AWO Kreisverbands Neustadt
                           gestalten. Vom Zusammensein zum gemütlichen Plausch         mit dem AWO Seniorenzentrum Neustadt des Bezirksver-
                           bei Kaffee und Kuchen über die Werkelgruppe bis hin zu      bands und der dortigen Quartiersmanagerin sowie dem

                           16   WIR • Das Magazin der AWO Bayern
KREISVERBAND-VORSTELLUNG
                                                                STECKBRIEF:
                                                                AWO KREISVERBAND
                                                                NEUSTADT BEI COBURG
                                                                Name:	Kreisverband
                                                                                          Neustadt bei Coburg
                                                                Sitz:                     Kirchstraße 9
                                                                                          96465 Neustadt b. Coburg
                                                                Vorsitzender:             Bernd Gärtner
                                                                Mitgliederzahl:           220
                                                                Mitarbeiter*innen:        2
                                                                Ehrenamtliche:            35
                                                                Ortsvereine:              Keine

Die bayerische Puppenstadt ist Sitz des
AWO Kreisverbands Neustadt bei Coburg.

Familienzentrum der Stadt Neustadt trägt zur Angebots-     AWO Seniorencafé TeddyBär
vielfalt des Kreisverbands bei. Gern besuchte Bastel-      Öffnungszeiten:
nachmittage für Senior*innen und Enkelkinder wurden        Montag bis Donnerstag 14.00 Uhr bis 17.00 Uhr,
gemeinsam veranstaltet, die pandemiedingt gerade lei-      für Vorträge etc. ab 18.00 Uhr nach Absprache
der auf Eis liegen.
                                                           AWO Kleiderkammer:
Die engagierte Unterstützung ehrenamtlicher Kräfte         Öffnungszeiten:
trägt die Aktivitäten des AWO Kreisverbands Neustadt –     Montag von 14.00 – 17.00 Uhr,
und bereichert so das Leben der Senior*innen in Neu-       Samstag von 10.00 – 12.00 Uhr.
stadt in vielfältiger Art und Weise!
                                                              Weitere Informationen:
Wenn auch Sie sich beim AWO Kreisverband Neustadt b.       AWO Kreisverband Neustadt b. Coburg
Coburg ehrenamtlich einbringen wollen, sind Sie herzlich   Kirchstraße 9, 96465 Neustadt b. Coburg
eingeladen!                                                Telefon: 09568 2700

                                                                           AWO Seniorenbetreuung in Cadolzburg.

                                                                                     WIR • Das Magazin der AWO Bayern   17
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