Gemeinsam, nicht einsam. WIR über Fürsorge und Pflege in einer älter werdenden Gesellschaft - awo-erlangen.de
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2•2020 DAS MAGAZIN #WIR MACHEN DER AWO BAYERN WEITER 74. Jahrgang des „Helfer“ In der DIE Es kann sehr anspruchsvoll sein Gemeinschaft ist es ein BEWOHNER mit dementen Men- schen zu arbeiten. Aber es ist auch sehr SIND SEHR bisschen wie früher daheim. befriedigend. Ich hoffe, dass TAPFER. die Anerkennung für die Pflege auch in Zukunft bleibt! DER BONUS IST DIE PFLEGE- Die Ange- NUR EIN TROPFEN AUF DEM HEISSEN STEIN. KRÄFTE GEBEN 200 hörigen PROZENT. fehlen. Die AWO in Bayern unterhält 143 stationäre Wir wünschen Altenpflegeeinrichtungen, Wir haben uns wieder mehr 52 ambulante Pflege Leben für unsere Wartezeiten Senior*innen. dienste, 70 Tagespflegen für unsere und 42 Einrichtungen Wohngruppen. mit Seniorenwohnen. 65 Prozent der zu Hause lebenden Pflegebedürftigen Danke an alle Haupt und werden ohne ambulanten Pflegedienst, aus- Ehrenamtlichen für Ihren VIELEN unermüdlichen Einsatz! schließlich durch Angehörige, betreut. DIE AWO IN OBER- DANK! UND MITTELFRANKEN ES GIBT EIN Zusammenhalt NEUES GEFÜHL Tolle Aktionen in Gemeinsam, nicht einsam. FÜR ZUSAMMEN GEHÖRIGKEIT. Corona-Zeiten. WIR über Fürsorge und Grundsatzprogramm Pflege in einer älter Die Zukunft ist offen, wir aber wollen sie werdenden Gesellschaft. gestalten.
WIR IN BAYERN WIR IN OBER- UND MITTELFRANKEN Aus der AWO 3 Editorial / Aus dem Bezirksverband 11 Landeskonferenz abgesagt + Hilfe für Gemeinsam, nicht einsam. 12 Obdachlose Kreisverband Hof-Land e.V. 14 Kamm-Stiftung prämiert gute Ideen + Neues im AWO-Projekte 16 Vereinsrecht + Schwierige Zeiten für die Kleinsten Grundsatzprogramm 17 AWO-Pinnwand 18 Unser Thema: Fürsorge und Pflege 6 Alles was Recht ist 19 Gemeinsam. Nicht einsam. Interview zum Rezept 20 Thema Pflege + Wir stehen für gute Pflege: Kreuzworträtsel 21 Fachleute berichten + Lehren für die Zukunft: Mitgliedervorteile 22 Ein Heim kämpft gegen Corona Liebe Leserinnen und Leser, es sind besondere Zeiten. Noch nie in den vergangenen Jahrzehnten prägte ein Thema das öffentliche und private Leben so sehr, wie die Corona-Pandemie. Viele Fragen stehen seither im Raum, viele Fragen müssen noch gestellt werden zum ethisch-moralischen und rechtlichen Umgang mit der Krise aber auch zum Management durch die Gesundheitsbe- hörden und die Politik. Die Abwägung von Gütern, die Einschränkung der Grundrechte, die Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen: Das alles erfordert irgendwann eine seriöse, sachliche und offene Debatte. Momentan überwiegen die Emotionen und die ständig sich verändernden aktuellen Herausforderungen vor Ort, gerade beim Thema Pflege, dem Schwerpunkt unseres aktuellen Mitgliedermagazins. Eigentlich waren dazu Reportagen aus verschiedenen Einrichtungen der AWO geplant, doch das Thema Corona hat alles überla- gert. Verständlich, denn gerade die Pflegeheime in Bayern waren im Frühjahr von dem Virus besonders betroffen. Die Mitarbeiter*innen in den Einrichtungen der Bayerischen AWO geben alles, um das Leben der Bewohner*innen trotz der vielen Einschränkungen weiter- hin lebenswert zu gestalten. Viele gute Initiativen sind entstanden. Motiviert sind auch die Schülerinnen und Schüler an den Pflegefachschulen der Hans-Weinberger-Akademie, die in Zeiten der Krise in den Heimen den Beruf mit all seinen Facetten erleben. Die Corona-Pandemie schließlich führt auch dazu, dass die Bayerische AWO ihren Zeitplan umwerfen muss. Die Eröffnung der Jubiläumsausstellung Macherinnen.Helferinnen. Frauen und die AWO ist auf den Herbst 2020 verschoben, die für den September in Nürn- berg einberufene Landeskonferenz ins kommende Frühjahr. Die Mitarbeiter*innen des AWO Landesverbandes organisieren vom Home-Office aus, was geht, halten Kontakt zu Behörden und Einrichtungen. Auch in den Bezirks- und Kreisverbänden wurden innovative Lösungen gesucht und gefunden, um das laufende Geschäft gut aufrecht zu erhalten. Haupt- und Ehrenamt arbeiten in vielen Regionen noch stärker als bisher zusammen und kämpfen gegen die Krise. Ich bin stolz auf all das, was von der AWO in diesen Zeiten geleistet wird. Ihr Thomas Beyer
Landeskonferenz 2020 abgesagt Die für 11. und 12. September 2020 in die Meistersinger- halle Nürnberg einberufene 27. Landeskonferenz der Arbei- terwohlfahrt in Bayern ist abgesagt. Dies hat der Engere Landesvorstand Ende März einstimmig beschlossen. Der Grund für diese langfristig zu treffende Entscheidung liegt darin, dass aus Fürsorge gegenüber den Beteiligten und auch wegen behördlicher Veranstaltungsuntersagungen AUS DER AWO bereits im ersten Quartal 2020 eine Vielzahl von AWO- Konferenzen abgesagt werden musste. Betroffen sind auch die Bezirkskonferenzen in Bayern. Eine Durchführung der Landeskonferenz ist rechtssicher aber erst dann mög- lich, wenn die hierzu einzuladenden Delegierten der Bezirksverbände zu diesem Zweck satzungsgemäß neu gewählt wurden. Gute Ideen in der Krise: Kamm Stiftung lobt Preise aus Viele gute Ideen haben Mitglieder und Ehren- amtliche der Bayerischen AWO entwickelt, um in Zeiten von Corona das Leben ein bisschen besser zu machen. Ob selbstgenähter Mundschutz oder Initiativen gegen die Traurigkeit von Senior*innen in Pflegeheimen: Vieles wurde unbürokratisch und schnell auf den Weg gebracht. Die 2017 in Erinnerung an den langjährigen Landes- und Ehrenvorsitzenden der Bayerischen AWO gegrün- AWO gegen Corona dete Bertold Kamm Stiftung will dieses Engage- ment belohnen: Sie stiftet fünf mal 200 Euro für Mit Musik, Briefen, Bildern und Initiativen wie gute Ideen in der Corona-Krise. dem Nähen von Mundschutz oder einem Ein- kaufsservice für Senior*innen haben AWO Aktive Für die Teilnahme reicht die Einsendung des in ganz Bayern in den vergangenen Wochen die Projektes mit einer kurzen Beschreibung und Herzen der Menschen erreicht. Danke! ein paar Fotos bis 20. Juli 2020 an die Bertold Kamm Stiftung c/o AWO Landesverband Geschäftsstelle Nürnberg, Bartholomäusstraße 26d, 90489 Nürnberg, Mail nicole.rossnagel@awo-bayern.de. Obdachlose brauchen Auswahlgremium ist der Stiftungsvorstand und Unterstützung der AWO Landesvorsitzende als Vorsitzender des Stiftungsrates. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Der Landesvorsitzende der Arbeiter- Die prämierten Ideen werden in der Ausgabe wohlfahrt (AWO) in Bayern, Prof. Dr. 3-2020 der WIR kurz vorgestellt. Thomas Beyer, hat die durch den Freistaat neu geschaffene „Stiftung Obdachlosenhilfe Bayern“ aufgerufen, Menschen ohne festen Wohnsitz in der Corona Krise zu helfen. Viele stünden ganz allein da. Die meisten Unter- künfte und Tafeln seien geschlossen. Als Mit- glied des Kuratoriums der neuen Stiftung regte Beyer an, die für 2020 vorgesehenen Mittel kurzfristig für konkrete Hilfsmaßnahmen für die Betroffenen zur Verfügung zu stellen. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 3
DIE „WIR-REDAKTION“ AWO wirkt – Sie haben Anregungen, Lob oder Bayern hilft Kritik? Ihre Anmerkungen zum aktuellen Heft nehmen wir gerne auf. Es war ein Gespräch mit Folgen, das der AWO-Landes- Sie erreichen uns hier: vorsitzende Prof. Dr. Thomas Beyer Anfang März mit der „Augsburger Allgemeinen“ führte. Er verwies darin auf die AUS DER AWO Arbeiterwohlfahrt schwierige Situation vieler Senior*innen, die ganz alleine Landesverband Bayern e.V. leben und angesichts der Corona-Krise von Ausgangs- Edelsbergstraße 10, 80686 München beschränkungen besonders betroffen seien. In diesem Telefon 089 546754–0 Zusammenhang forderte er eine landesweite Koordinie- redaktion@awo-bayern.de rung der erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen wie Einkaufs- und Besuchsdienste. Beyer sah hier unmittel- bar das Bayerische Sozialministerium gefragt.Selten war eine Initiative der Arbeiterwohlfahrt schneller am Ziel: Bereits am Tag darauf kam der Anruf aus dem Ministerium, man greife das auf, zwei Tage später gab es einen Runden Tisch bei Sozialministerin Carolina Trautner mit allen Bundestag bayerischen Wohlfahrtsverbänden und den Kommunalen ändert Vereinsrecht Spitzenverbänden. Geboren war die Aktion „Unser Soziales wegen Corona Bayern Wir helfen zusammen!“. Nach Anlaufschwierig- keiten legte das Ministerium eine Fördersumme von Was passiert, wenn die Vorstandsmitglieder eines 60.000 Euro für jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt AWO-Kreisverbandes laut Satzung alle vier Jahre neu zu auf, die eine Koordinierungsstelle einrichten. Mit gutem wählen sind, die Kreiskonferenz aber wegen des Corona- Erfolg. Der Anstoß für diese notwendige Verbesserung – Ausbruchs nicht wie geplant stattfinden kann? Bleiben auch er kam von der AWO. sie dann auch ohne Satzungsgrundlage im Amt bis die Konferenz nachgeholt werden kann? Dürfen Vorstands- Mehr Infos unter sitzungen eines Vereins in den Zeiten behördlicher Ver- www.stmas.bayern.de/ sammlungsverbote auch „online“, etwa per Videokon- unser-soziales-bayern/ ferenz stattfinden? Ist ausnahmsweise eine Beschluss- senioren/index.php und fassung im Umlaufverfahren zulässig, auch wenn die unter www.awo-bayern.de Satzung das an sich gar nicht vorsieht? Der Bundestag hat am 27. März 2020 ein Gesetz beschlossen, das diese und weitere Fragen löst, um Vereine auch in der Corona- Krise handlungsfähig zu halten. Das Gesetz lässt befristet bis Jahresende 2020 Abweichungen von den entsprechen- den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu. Auf sie kommt Der AWO Bundesverband hat hierzu Materialien es an entwickelt, die schnell über die Ausnahme- regelungen informieren. Junge Menschen, die im sozialen, pflege- Quelle: Paragraph 5 Gesetz zur #WIR rischen und gesundheitlichen Bereich tätig Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, MACHEN sind, rückt die neue Social Media Aktion „Here we Care“ der Hans-Weinberger Akade- Insolvenz- und Strafver- fahrensrecht, Bundes- WEITER mie der AWO in den Blick. Auszubildende in gesetzblatt 2020 Teil I, der Pflege, der Physiotherapie und im Bereich S. 569 DANKE! AN ALLE HAUPT- UND Erziehung schildern, welchen Einfluss Corona auf ihren Alltag hat und welche kreativen Wege sie finden, mit der Krise umzugehen. EHRENAMTLICHEN FÜR IHREN EINSATZ IN DIESER Unter #herewecare SCHWIERIGEN ZEIT (HWA = Here we are = Here we Care) sind die Short-Stories nachzulesen. 4 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
455 KITAS HAT DIE AWO IN BAYERN AUS DER AWO Armut verfestigt sich im Leben Seit 1997 erstellt die AWO gemeinsam mit dem Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) eine Langzeit- studie zur Kinderarmut. Nun sind die neuen Ergebnisse erschienen. Sie bestätigen, dass sich Armut bei Kinder und Jugendlichen auf alle Lebenslagen Kita per Video auswirkt. Das Risiko, arm zu bleiben ist bei Kindern und Jugendlichen, die aus einem armen Elternhaus stam- Die Kinder in den bayerischen Kitas werden seit März wegen der Corona-Pande- men, größer als das Risiko anderer mie nicht mehr flächendeckend betreut. Nur eine Notbetreuung wird aufrecht- junger Menschen, arm zu werden. erhalten. Schwere Zeiten für Familien, die Beruf und Betreuung im Spagat Armut ist kein Ergebnis individuellen stemmen müssen. „Wir hoffen sehr, dass sich die Situation so entwickelt, dass Versagens, sondern ein gesellschaft- wir die Kitas bald wieder für alle Kinder öffnen können“, sagt Stephanie Haan, lich strukturelles Problem. Referentin Kinder- und Jugendhilfe beim AWO Landesverband Bayern. Armut ist nicht der einzige Faktor, Ende April wurde die Regelung immerhin so gelockert, dass seither auch der die Lebenslage von Kindern und Alleinerziehende ihre Kinder wieder in die Kitas geben dürfen und Familien, Jugendlichen beeinträchtigt, aber in denen ein Elternteil in einem systemrelevanten Beruf tätig ist. „Die Öff- ein großer Risikofaktor, so die Studie. nung war richtig“ sagt Axel Geißendörfer, Leiter der Fachabteilung Kinder- Armutserfahrungen im Kindes- und tagesstätten beim AWO Bezirksverband Oberbayern. „Besonders für Allein- Jugendalter wirken sich auch auf das erziehende war das eine schwierige Situation“. junge Erwachsenenalter aus und haben negative Folgen auf Gesund- Der Bezirksverband hatte auf die Verfügung der Bayerischen Staatsregie- heit, Bildung und Selbstbewusstsein. rung sofort reagiert. Innerhalb weniger Tage wurde die Notbetreuung eingerichtet. 40 der 55 Einrichtungen blieben dafür geöffnet. Doch nur Um Armut von Kindern und Jugend- wenige der 4360 betreuten Kinder wurden in den ersten Wochen der lichen entgegen zu wirken, bedarf es Corona-Krise in die Kitas gebracht. „Die Eltern haben sehr verantwortungs- einer nachhaltigen Armutsprävention. voll reagiert und gut abgewogen“, so Geißendörfer. Arbeitsbedingungen von Eltern müssen so gestaltet sein, dass sie die Existenz In den Einrichtungen wurden die Teams geteilt. Während ein Teil in der der Familie sichern. Die Einführung Notbetreuung arbeitete, blieb der andere zuhause. Im Home-Office wurden einer einkommensabhängigen Kinder- Konzeptionen überarbeitet und Materialien erstellt. „Es war von Anfang grundsicherung würde das Armuts- an klar, wir müssen mit den Familien in Kontakt bleiben“, so Geißendörfer. risiko von Kindern senken. Dafür setzt So entstanden Materialien, die sich die Eltern als Idee und Anregung für die sich die AWO seit Jahren gemeinsam Beschäftigung des Nachwuchses zuhause herunterladen konnten. Krippen- mit anderen Verbänden ein. mitarbeiterinnen drehten Videos, lasen Bilderbücher vor und entsendeten virtuelle Grüße. Auch telefonisch blieb man in Verbindung. „All das und Kurzfassung der Ergebnisse zum die Medien sind wichtig und gut. Aber sie können den direkten Kontakt Download unter www.iss-ffm.de/ und den Besuch der Kita natürlich nicht ersetzen“, so Geißendörfer. „Ich publikationen wünsche mir, dass die medizinischen Studien bald Klarheit über das An- steckungsrisiko von Kindern bringen und wir dann hoffentlich unsere Kitas wieder aufmachen können“. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 5
Gemeinsam, 29 Prozent der Pflegebedürftigen werden in einem Heim und 71 Prozent Die nicht einsam. zu Hause betreut. Leb Über Fürsorge und Andreas Czerny: Es sind auch in Einrichtungen der gu Pflege in schwierigen Bayerischen AWO Seniorinnen und Senioren an Corona erkrankt und gestorben, gerade in den ersten Wochen, Zeiten. ???????? als sich das Virus noch weitgehend ungehindert in PFLEGE Bayern verbreitete. Das war und ist für alle Beteiligten eine schlimme Zeit. Frau Erd, Herr Czerny, die Pflege bei der bayrischen AWO hat Haben Sie nachgeforscht, wo die Ursachen lagen? eine lange Tradition. In den 1950er Jahren bereits begann Andreas Czerny: Natürlich, wir stehen permanent mit der Aufbau professioneller Strukturen. Von damals bis heute: allen Trägern und Gesundheitsbehörden in Kontakt, haben Was hat sich entscheidend verändert? unsere Hygienekonzepte überprüft. Wir wissen heute, Anne Erd: Die Pflegeversicherung und der neue Pflege- dass die Erkrankungsraten in den Heimen korrespondier- bedürftigkeitsbegriff. Das waren zwei Meilensteine. Mit ten mit den Erkrankungsraten in der jeweiligen Region. Einführung der Versicherung wurde erstmals politisch anerkannt, dass die Absicherung der Pflege eine gesamt- Waren Pflegeheime, die mit dem Wohngruppenkonzept gesellschaftliche Aufgabe ist. Der neue Pflegebedürftigkeits- arbeiten, besonders betroffen? begriff, der 2017 definiert wurde, berücksichtigt neben Anne Erd: Das können wir definitiv verneinen. Natürlich den körperlichen endlich auch kognitive und psychische ist es in so einer Situation eine große Herausforderung, Beeinträchtigungen. Gleichzeitig stellt er die Selbstständig- eine Einrichtung mit einem Wohngruppenkonzept, bei keit und die Fähigkeiten pflegebedürftiger Menschen ins dem das soziale Leben der Bewohner*innen im Mittel- Zentrum. Das war eine gute und richtige Entwicklung, mit punkt steht, zu managen. Aber es wurde schnell reagiert. der eine langjährige Forderung der AWO umgesetzt wurde. Die Kontakte der Bewohner*innen wurden auf ein Mini- Andreas Czerny: Die AWO hat die Pflege über all die mum reduziert. Deshalb das Konzept in Frage zu stellen, Jahrzehnte weiterentwickelt. Unsere Altenhilfekonzepte wäre völlig überzogen. Im Gegenteil: Wir wollen, soweit wurden immer wieder angepasst und greifen die Bedürf- das mit Corona möglich ist, auch in Zukunft in unseren nisse der Menschen auf. Gerade beim Thema Demenz Einrichtungen so viel Normalität leben wie möglich. oder im Bereich kultursensible Pflege wird heute ganz Andreas Czerny: Die Corona Pandemie darf nicht dazu anders gearbeitet als noch vor einigen Jahren. führen, dass unsere Seniorenheime Bewahranstalten werden. Dagegen werden wir uns verwehren. Wir brau- Die Notwendigkeit, ins Heim zu gehen, verschiebt sich immer chen jetzt gute Konzepte, wie wir die Einrichtungen weiter nach hinten. Das ist gut, hat aber auch zur Folge, dass langsam wieder etwas öffnen können, wie wir wieder das Leben in den Heimen heute ganz anders aussieht, als Besuche und Kontakt mit Angehörigen ermöglichen noch vor ein paar Jahren. können. Dazu ist begleitend erforderlich, unser Personal Anne Erd: Das ist richtig. Das Durchschnittsalter in den und unsere Bewohner*innen regelmäßig und flächen- stationären Einrichtungen ist deutlich höher als früher, deckend testen zu können. Es braucht dazu dringend es liegt bei über 80 Jahren. Die Menschen sind, wenn sie mehr Testkapazitäten. Die Test-Ergebnisse müssen viel in eine Einrichtung ziehen, meist multimorbid erkrankt, schneller vorliegen. Personal, Bewohner und Angehörige haben meist schon einen hohen Pflegegrad und waren brauchen Sicherheit. oft vorher schon in der ambulanten Pflege. Entsprechend kürzer leben sie meist auch in unseren Einrichtungen. Diese Zeit gut zu gestalten, ist sehr wichtig und heraus- fordernd. Einrichtungen sind heute mehr denn je Orte der letzten Lebensphase und damit auch des Sterbens. Andreas Czerny ist seit Die aktuelle Situation hat die Pflege in den Blick gerückt. Von Januar 2020 Geschäfts- dem Corona-Virus sind überdurchschnittlich viele hochbetagte führer des AWO Landes- Menschen betroffen. Auch Heime der bayerischen AWO mussten verbandes. sich in den vergangenen Wochen damit auseinandersetzen. 6 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
399.357 MENSCHEN IN BAYERN SIND e letzte Der Fachkräftemangel PFLEGEBEDÜRFTIG. ist in den nächsten Jahren eine große bensphase Herausforderung. ut gestalten. DIE KRISE MUSS DIE PFLEGE GANZ NEU IN DEN BLICK VON GESELLSCHAFT UND Wir POLITIK RÜCKEN. wünschen uns ???????? PFLEGE Normalität. Immerhin gibt es jetzt staatlicherseits einen Bonus für die Pflegekräfte. Was sagen Sie dazu? Selbstbestimmt Leben Andreas Czerny: Das ist toll, aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Er kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Pflege entstand ursprünglich aus der Notwendig- die Pflege in den vergangenen Jahren eben nicht im Zen- keit, kranke und schwächere Mitglieder der eige- trum der politischen Aufmerksamkeit stand. Das hat sich nen Familie oder Gemeinschaft zu versorgen. auch in der Corona Krise gezeigt. Viele Seniorenheime wur- Erst Mitte des 20. Jahrhunderts entstanden die den erst nach den Kliniken mit Schutzausrüstungen und ersten Pflegeberufe. Der zunehmende Bedarf an Tests versorgt. Dadurch sind auch Mitarbeiter*innen er- geschulten Pflegekräften führte 1969 zur Schaf- krankt, was für sie persönlich, aber auch für die Versorgung fung des Berufsbildes Altenpfleger. unserer Bewohner*innen in manchen Einrichtungen sehr schwierig war. Die Mitarbeiter*innen geben dort geben Die AWO in Bayern engagiert sich seit Mitte der seit Monaten 200 Prozent. Und das unter ständiger Volllast. 1950er Jahre professionell in der Pflege. Anfang der 1960er Jahre entstanden die ersten Altenheime. Was muss jetzt passieren? Das erste war 1962 das Käthe Reichert Heim in Anne Erd: Es braucht mehr denn je eine gesamtgesell- Nürnberg. Weitere Einrichtungen folgten. Daneben schaftliche Debatte über die Pflege und auch eine höhere gibt es seit den 1960er Jahren offene Formen der Wertschätzung. Auch ohne Corona stellen der demografi- Altenhilfe wie Altenklubs, Nachbarschaftshilfe oder sche Wandel, die steigende Zahl pflegebedürftiger Men- auch Essen auf Rädern. Sie unterstützen Menschen schen und der gravierende Fachkräftemangel in der Pflege dabei, ihren Lebensabend zuhause zu verbringen. unser System vor erhebliche Herausforderungen. Die AWO fordert seit langem eine Reform der Pflegeversiche- Heute ist ein selbstbestimmtes Leben bis ins hohe rung mit einer Begrenzung des Eigenanteils in der statio- Alter der gesellschaftliche Anspruch - und eine Her- nären Pflege und eine Abgeltung der Behandlungspflege ausforderung. Denn der Anteil älterer Bürger*innen durch die Krankenkassen. Wir hoffen, dass die neue ge- steigt. 2030 wird jeder vierte, 2050 bereits jede neralistische Ausbildung, die ja nun zum Herbst starten dritte Mensch in Bayern über 65 Jahre alt sein. wird, dem Pflegeberuf mehr Anerkennung und Gleich- Zudem wächst die Zahl der Hochbetagten und der wertigkeit verschafft. Demenzpatienten. 2030 werden in Bayern mehr als 500.000 Menschen pflegebedürftig sein. Im Projekt „Leben im Alter – passgenaue Wohn- formen und individuelle Unterstützung“ hat die bayerische AWO zukunftsfähige Ideen für die Pflege Anne Erd arbeitet seit identifiziert. So setzt sie sich dafür ein, dass Pflege 18 Jahren beim AWO Landes- ganzheitlich gesehen wird und auch psychische verband Bayern als Referentin Altersveränderungen Berücksichtigung finden. für Entgelt in der Pflege. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 7
Wir stehen Ich arbeite gern mit alten Menschen. Ich bin im ersten Jahr meiner Ausbildung zur Pfle- für gute Pflege gefachkraft. Die Ausbildung macht mir Freude. In dem AWO-Heim in Aschaffenburg, in dem ich meine praktische Zeit absolviere, lerne ich viel. Gerade jetzt, Die AWO in Bayern unterhält 143 stationäre Altenpflege- wo sich durch die Corona-Pandemie so vieles ver- einrichtungen, 52 ambulante Pflegedienste, 70 Tagespflegen ändert. Es kann schon in normalen Zeiten sehr an- und 42 Einrichtungen mit Seniorenwohnen. In ihnen spruchsvoll sein, mit dementen Menschen zu arbei- und für sie arbeiten Menschen, denen gute Pflege aus ten. Jetzt spürt man jeden Tag, dass sie unter der verschiedenen Perspektiven ein Herzensanliegen ist. Situation leiden. Die Stimmung ist oft gedrückt. Es ???????? WIR stellt drei von ihnen vor. ist nicht leicht, mit ihnen über die Situation zu kom- PFLEGE munizieren, weil sie vieles von dem, was sein muss, wie die Schutzmaßnahmen, nicht verstehen. Man merkt, dass die Angehörigen, dass der Besuch fehlt. Ich wünsche mir mehr Anerken- nung für die Pflege. Die Arbeit ist zurzeit stressiger, vor allem für die Kolleg*innen. Viele haben Kinder und eine echte Das Corona-Virus hat uns im März kalt erwischt, wir Doppelbelastung, obwohl wir in unserem Heim per- hatten es plötzlich mit zwei Verdachtsfällen zu tun sonell gut besetzt sind. Wir reden viel, das hilft. Als und es hat Tage gedauert, bis wir durch die Tests Azubi versuche ich in der Praxis so viel beizutragen, endlich Gewissheit hatten. Seit 2005 leite ich das wie möglich. Andererseits muss ich auch noch viel AWO Seniorenzentrum Antonius in Kümmersbruck lernen. Mit meinen Schulkollegen bin ich über die und den ambulanten Pflegedienst, so eine aufwüh- Sozialen Medien in Kontakt, das hilft. lende Zeit hatten wir noch nie. Doch es ist uns ge- glückt, das Virus in den Griff zu bekommen, durch Ich habe es noch keinen Tag bereut, mich für den gute Zusammenarbeit mit den Behörden, durch Pflegeberuf entschieden zu haben. Die Interaktion Disziplin und ein angepasstes Hygienekonzept. mit den alten Menschen macht mir Freude. Natür- lich weiß ich, dass in der Pflege zu arbeiten, be- Als das Gesundheitsamt Mitarbeiter*innen in deutet, früher oder später mit dem Tod konfron- Quarantäne schicken musste, habe ich selbst einige tiert zu sein. Aber das macht mir keine Angst, ich Tage auf der Station mitgearbeitet, um im Extrem- habe mich damit auseinandergesetzt. Das Sterben fall einspringen zu können. Die meisten Sorgen um gehört nun einmal zum Leben. unsere Bewohner*innen machten wir uns um Ostern herum, denn das gab es noch nie, dass wir an den Feiertagen die Türen geschlossen hatten. Niemand spazierte durch unseren schönen Garten. Gott sei WIR KOMMUNIZIEREN Dank konnten die Angehörigen über die Balkone mit MIT DEN ANGEHÖRIGEN unseren Bewohnern sprechen. Zudem kauften wir ÜBER FACEBOOK. DIE DEMENTEN für jeden Pflegebereich ein Handy, um den Bewoh- DAS KOMMT GUT AN. BEWOHNER ner*innen Videotelefonie zu ermöglichen. Erik Bachmann, 18 Jahre, Andrea Motzel, Leitung LEIDEN 1. Aus- aus Aschaffenbug, Auch auf Facebook sind wir aktiv und berichten AWO Seniorenzentrum AM MEISTEN. bildungsjahr an der Kümmersbruck aus unserem Alltag. Ich hätte nie gedacht, dass Hans-Weinberger-Akade- Erik Bachmann, das einmal so wichtig werden würde. Am meisten mie für Pflege Auszubildender an gerührt haben mich in den vergangenen Wochen der Hans-Weinberger- die Zuschriften von Kindern aus Schulen und Kitas Akademie für Pflege in der Umgebung, die an unsere Senior*innen gedacht haben. Es ist eine positive Seite der Krise, dass der Berufsstand mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bekommt. Hoffentlich bleibt das auch nach der Krise so. 8 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Das unterstützt Pflegebedürftige Der Berufsethos ist sehr hoch. und ihre Wir bilden seit Jahrzehnten junge Menschen in Angehörigen der Pflege aus. Dieses Jahr ist ein besonderes. Bis Mitte April wussten wir nicht, ob und wie wir die Pflegende Angehörige können sich Abschlussjahrgänge an unseren fünf Pflegefach- über die Fachstellen für Pflegende schulen in Bayern prüfen können, dabei ist das Angehörige und über die Pflegestütz- so wichtig, denn die jungen Menschen brauchen punkte in Bayern Beratung holen. PFLEGE nicht nur ihren Abschluss, sie werden auch dringend Diese sind auf der Seite des Bayerischen in den Einrichtungen und Heimen gebraucht. Gesundheitsministeriums unter www.stmgp.bayern.de/service/ansprech- In der Ausbildung an unseren Schulen und in den partner-und-fachstellen aufgelistet. Partnereinrichtungen lernen die angehenden Pflege- fachkräfte und Pflegefachhelfer*innen schon in Psychologische Online-Beratung den ersten Wochen, wie wichtig Hygiene ist. Krank- gibt die Internet-Plattform www.pflegen- heiten gehören in der Pflege schon immer dazu, und-leben.de/online-beratung-pflegen- auch Quarantäne, darin üben sich die Auszubilden- und-lebende den ohnehin, doch das Corona-Virus hat hier noch einmal neue Dimensionen gebracht. Viele Menschen machen sich derzeit Gedanken, ob Sie eine Patientenverfü- Viele der Azubis wurden in den vergangenen Wochen gung machen sollen, oder nicht. Infor- in den Heimen gebraucht und sind damit in eine mationen und Entscheidungshilfen bietet sehr stressige Zeit gekommen. Neben dem Lernen das Bundesgesundheitsministerium unter zu Hause gab es Praxis wie nie. Wir haben Ihnen www.bundesgesundheitsministerium.de/ Unterrichtsmaterial gesendet, sie in der Bearbeitung patientenverfuegung.html Hier gibt es begleitet und sie regelmäßig gefragt, wie es ihnen Infobroschüren zum Herunterladen, geht. Die Schulleitungen und Lehrkräfte haben hier außerdem Formulare zum Thema Vorsor- viel getan. gevollmacht sowie Textbausteine für eine Patientenverfügung. Wir spüren ein großes Berufsethos schon bei den Azubis, sie wollen helfen, sie Die Arbeiterwohlfahrt bietet seit 2011 wollen leisten. Wir müssen schauen, dass DIE PFLEGE- eine bundesweite und kostenlose Online- wir sie damit nicht zu schnell allein lassen. Pflege und Seniorenberatung an. SCHÜLER SIND Ungerecht wäre, wenn der Pflegebonus Das Beratungsportal www.awo-pflege- nur an examinierte Pflegekräfte gezahlt HOCH MOTIVIERT. beratung.de informiert und berät pfle- würde, nicht an die Auszubildenden. Mona Frommelt, gende Angehörige, Pflegebedürftige, Das wäre nicht motivierend. Direktorin der Hans- Seniori*nnen rund um das Thema Pflege Weinberger Akademie und Alter, Leistungsansprüche aus der der AWO Im Herbst starten wir mit der gener- Pflegeversicherung, Krankenversicherung, alistischen Pflegeausbildung, dann Sozialhilfe, Demenz oder Vorsorge. wird sich noch mehr ändern. Ich hoffe, dass dann die Alten- Für akute Krisen gibt es in allen pflege endlich auch das gleiche bayerischen Regionen Krisendienste und gute Image bekommt wie die Telefonseelsorge-Stellen, die rund um Krankenpflege in den Kliniken. die Uhr telefonisch erreichbar sind. Die Corona-Krise zeigt, was tagtäglich in Heimen geleistet wird. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 9
Zurück ins IN UNSEREN WOHNGRUPPEN LEBEN WIR Alltagsleben GEMEINSCHAFT UND NORMALITÄT. „Wir wünschen eine gute Zeit“, steht handschriftlich auf einer schwarzen Tafel im Foyer der AWO-Senioren- betreuung in Langenzenn. Das Haus im Zentrum der mittelfränkischen Kleinstadt grüßt seine Besucher freund- ???????? lich. Große Glastüren und Fenster gliedern das moderne PFLEGE Gebäude, der vordere Eingang liegt zur Hauptstraße, gleich gegenüber ein Einkaufszentrum. Hier kaufen die Bewohner*innen gerne ein. Nur wenige Meter zu Fuß sind es über die Straße, ein Spaziergang für die Rüstigen und eine kleine Freiheit. Seit März ist alles anders. Die Türen der Einrichtung sind verschlossen, die Tafel im Foyer auf die Seite geschoben, damit das Personal im Laufschritt besser durchkommt. Der gemütliche Gemeinschaftsbereich im Erdgeschoss, sonst Mittelpunkt des Lebens, wo sich Bewohner, Ange- hörige, Besucher und Pflegekräfte zum Kaffeetrinken und Reden treffen, verwaist. Sieglinde Kerschbaum schiebt Leiterin Sieglinde Kerschbaum im Foyer einen Stuhl zur Seite und setzt sich. „Wir machen weiter, der AWO Seniorenbetreuung in Langenzenn. natürlich, aber es ist eine sehr schwere Zeit“, sagt die Das Heim litt besonders unter Corona. Leiterin der Einrichtung. Nicht mehr genügend Kraft Viele Gespräche wurden in den letzten Wochen mit Ange- 21 Menschen sind seit Beginn der Corona-Krise im hörigen und mit Mitarbeitern geführt, Auch das Wohn- in der AWO-Seniorenbetreuung in Langenzenn gestorben. konzept war immer wieder Thema. Seit Beginn an arbeitet Das Pflegeheim gehört damit zu den am meisten vom die Langenzenner Einrichtung mit Wohngruppen. Jedes Virus und seinen Folgen betroffenen in Bayern. Medien Stockwerk verfügt über einen gemeinsamen Wohnbereich berichteten, Heimleitung und Geschäftsführung des und eine gemeinsame Küche. Dort wird gekocht, werden Kreisverbandes gaben Interviews. Es gab wenige Vor- Beschäftigungsangebote gemacht, wird der Alltag gelebt. würfe, auch die Gesundheitsbehörden, die das Haus im Sieglinde Kerschbaum ist von der Idee überzeugt. „Das April auf den Kopf stellten, hatten kaum etwas zu be- ist das, was das Leben im Heim doch lebenswert macht. anstanden. Das Corona-Virus, es hat im Frühjahr eine Und damit haben wir uns hier in der Gegend auch einen Schneise geschlagen ins Leben vieler Heime, Schuldige guten Ruf gemacht.“ zu suchen, ist müßig. Wie das Virus nach Langenzenn kam, ist nicht geklärt. Und jetzt? Soll man wegen Corona all das aufgeben? In den vergangenen Wochen mussten die Bewohner in den 113 schwerstpflegebedürftige und hochbetagte Menschen Zimmern bleiben, Besuche waren verboten, statt gemein- leben im AWO Heim, einige von ihnen hatten dem Virus samem Mahlzeiten gab es das Tablett ans Bett. „Wir nicht mehr genügend Kraft entgegenzusetzen. Der Tod merken, wie den Menschen die sozialen Kontakte täglich gehört zum Alltag von Pflegeeinrichtungen. „In normalen mehr fehlen“, sagt Fabian Ziegler, stellvertretender Pflege- Jahren leben wir mit zwei bis drei Sterbefällen im Monat“, dienstleiter. „Viele bauen jetzt ab, weil das Leben fehlt“. sagt Sieglinde Kerschbaum. Jetzt waren es 21 in wenigen Wochen. „Man kann gar nicht beschreiben, was das für Um dem entgegenzuwirken und den Kontakt zu Angehö- ein Gefühl ist“. Auch viele Mitarbeiter*innen erkrankten, rigen wieder zu ermöglichen, hat die Einrichtungen ein zeitweilig musste zwei Drittel der Belegschaft in Quaran- Tablet angeschafft, wo nun regelmäßig Videochats durch- täne, nur durch Leiharbeiter*innen konnte der Betrieb geführt werden. Die Wohngruppen werden beibehalten, aufrechterhalten werden. der Alltag an die Coronasituation angepasst. Das familiäre Klima, es soll bleiben, im AWO Heim in Langenzenn. 10 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
WIR DIE AWO AUS DEM BEZIRKSVERBAND IN OBER- UND MITTELFRANKEN Liebe Leser*innen, wieder einmal wird uns gezeigt, wie schnell sich unser Alltag verändern kann und wir mit Situationen umzugehen lernen müssen, die wir uns bisher kaum vorstellen konnten. Aufgrund der großen Corona-Einschrän- kungen müssen viele Veranstaltungen ausfallen, wie z. B. die Treffen in den Seniorenclubs und in den Verbandsglie- derungen. Diese persönlichen Treffen trugen wesentlich zum gesellschaftlichen Zusammenleben bei. Das Fehlen des per- Kleiner Virus – große Wirkung sönlichen Kontaktes können auch digitale Die Corona-Pandemie hat die Welt verändert, auch im Bezirksverband. Wir nehmen die Gesundheit unserer Hilfsmittel nicht ersetzen. Hier sieht man Beschäftigten und Klient*innen sehr ernst und haben wieder wie wichtig diese Treffen der AWO sofort und umfassend reagiert. Unsere Hygienekommis- für die zwischenmenschlichen Beziehun- sion bewertet täglich die Lage und aktualisiert laufend gen sind. unsere Schutzmaßnahmen. Ebenso wird uns in dieser Zeit wieder Beschäftigte aus geschlossenen oder wenig frequentierten Einrichtungen unterstützen die Pflegekräfte in den Ein- vor Augen geführt, welche Leistungen in richtungen oder helfen durch das Nähen von Schutzmas- unseren Einrichtungen, insbesondere in ken oder das Verteilen von dringend benötigtem Material. den Seniorenheimen, erbracht werden. Wir bedanken uns bei allen unseren Mitarbeiter*innen Die Anerkennung für den Einsatz unserer für ihren Einsatz bei der Bewältigung der vielen Heraus- Mitarbeitenden wird hoffentlich auch nach forderungen! Corona anhalten und sich nicht nur durch Beifall und Dankessprüche, sondern auch in der Refinanzierung bemerkbar machen. Bleiben Sie gesund! Ihr Rudolf Schober Präsidiumsvorsitzender Die Bezirksgeschäftsstelle ist umgezogen Wie berichtet, wird das Nürnberger SPD-Haus grundle- gend saniert. Deshalb musste die Bezirksgeschäftsstelle für ca. zwei Jahre in die Katzwanger Straße 150 in Nürnberg umziehen. WIR • Das Magazin der AWO Bayern 11
Gemeinsam, GEMEINSAM, NICHT EINSAM nicht einsam. WIR über Fürsorge und Pflege in einer älter werdenden Gesellschaft. ???????? Die Menschen in Deutschland können sich über eine kümmern sich um Lektüre und versuchen immer wie- hohe Lebenserwartung freuen, die zudem immer weiter der, die Lebenswelt der Kinder aufzugreifen und mit ansteigt. Laut Statistischem Bundesamt ist heute jede den Lesestunden an ihren Interessen anzuknüpfen. zweite Person in Deutschland älter als 45 und jede fünf- Text: Nathalie Haase te Person älter als 66 Jahre. Und die Senior*innen von heute sind gesünder und mobiler als die Generationen „Bewegtes Frühstück“ der AWO Altdorf vorher. Sie können dadurch selbstbestimmter leben und die vielfältigen Freizeitangebote nutzen. Ergänzend dazu Das erste „Bewegte Frühstück“ der AWO Altdorf Anfang gibt es verschiedenste Angebote des betreuten Wohnens September 2019 war der Neustart eines regelmäßigen und der Pflege. Da wundert es nicht, dass nach dem Angebots, immer am ersten Mittwoch im Monat. Die Deutschen Alterssurvey das Risiko für Vereinsamung im Veranstaltungsreihe möchte mit einem gemeinsamen Alter erst im sehr hohen Alter zunimmt. Frühstück neue Akzente setzen und der Vereinsamung einen Riegel vorschieben. In gemütlicher, entspannter Unter dem Motto „Gemeinsam, nicht einsam“ berichten Atmosphäre wird gelauscht, geratscht, geturnt und ge- wir über Betätigungsfelder für ältere Menschen, aber frühstückt. Wechselnde Referent*innen sorgen mit Hei- auch über die Schwierigkeiten, mit denen Pflegeein- terem, Besinnlichem, Musik oder Bewegungstraining richtungen zu kämpfen haben. dafür, dass es den Gästen nie langweilig wird. Natürlich gibt es auch ein reichhaltiges Frühstücksbüffet, das so Hier kommen Wir – denn Quartier, das sind WIR! schnell keine Wünsche offen lässt (siehe Foto oben). In Neustadt bei Coburg wurde im September 2018 ein Quartiersprojekt ins Leben gerufen. Es soll den dort an- Pflegedemo: „Wir beerdigen die menschliche Pflege“ sässigen Senior*innen die Möglichkeit geben, ihr Lebens- umfeld aktiv mit zu gestalten und so lange wie möglich im eigenen Zuhause zu leben. Im Rahmen der Quar- tiersarbeit sind viele tolle Projekte entstanden. Zum Bei- spiel das Projekt „Leseoma und Leseopa“. Rüstige Seni- or*innen besuchen den Evangelisch-Lutherischen InklusionsKindergarten Löwenzahn. Die Leseomas und -opas arbeiten in Teams zusammen, haben „Team-Mee- tings“ und Reflexionsrunden mit der Quartiersmanage- rin, die sie ehrenamtlich begleitet und betreut. Besonders großer Wert wird darauf gelegt, dass die Eh- renamtlichen sich nach individueller Begabung mit ei- Am Aschermittwoch demonstrierte der AWO Kreisverband genen Ideen einbringen können. Nürnberg vor dem Bayerischen Staatsministerium für Ge- Aber auch die Bewohner*innen des AWO Seniorenzen- sundheit und Pflege. Das Motto der Demo hatte den pro- trums „arbeiten“ als ehrenamtliche Leseopas und Lese- vokanten Titel: „Wir beerdigen die menschliche Pflege“. omas. Sie sind mitten drin, statt nur dabei! Eigenver- Zu Beginn hielt Vorstand Michael Schobelt eine kurze antwortlich bereiten sie die Stunde für die Kinder vor, Rede, in der er schlaglichtartig den Unmut der Pflege- 12 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
GEMEINSAM, NICHT EINSAM kräfte erläuterte. Denn die vielen Ankündigungen und Versprechungen seitens der politisch Verantwortlichen haben noch zu keiner spürbaren Verbesserung der Ar- beitsbedingungen in der Pflege vor Ort geführt. Die Pflegekräfte fordern daher tragfähige und vor allem schnell wirksame Lösungen für ihren Arbeitsalltag. Die- ser ist oftmals sehr stressig und es bleibt wenig Zeit für (zwischen-)menschliche Kommunikation. Doch genau über diese Zuwendung würden sich die Bewohner der Heime oftmals sehr freuen. ???????? er. Diese Unsicherheit und Perspektivlosigkeit gibt den jungen Albaner*innen den Anlass, sich bei der DEKRA zu bewerben und die deutsche Sprache zu erlernen, um dann einen Arbeitgeber in Deutschland zu finden. Ein weiterer Demogrund war der Personalmangel in den stationären Altenpflegeeinrichtungen. Die Pflegekräfte Am 24.10.2019 reisten wir nach Tirana. Wir wurden fordern mehr Kolleginnen und Kollegen. Dies stellt sich dort in der Schule sehr freundlich empfangen und die jedoch als eine schwierige Aufgabe dar, denn es besteht Bewerber*innen erwarteten uns bereits. zu wenig Interesse an Ausbildungsberufen im pflegeri- Wir waren positiv überrascht, wie gut die Bewerber*in- schen Bereich. nen trotz ihrer hohen Nervosität das Gespräch mit uns Text: Thomas Rüger auf Deutsch führen konnten. Gewinnung ausländischer Fachkräfte über die DEKRA Mit jedem Gespräch wurden wir nachdenklicher, wel- chen Druck diese jungen Menschen haben müssen, die Auch die Einrichtungen des Bezirksverbandes finden lei- eigene Familie und ihre Heimat zu verlassen und in der zu wenige Pflege-Nachwuchskräfte. Als die Anfrage Deutschland ein neues Leben beginnen zu wollen, ob- von unserer Fachbereichsleitung Frau Schön kam, ob sich wohl noch keiner von ihnen jemals in Deutschland war. jemand findet, ein „Casting-Team“ zu bilden und nach Tirana (Albanien) zu fliegen, mussten wir nicht lange Es waren alle hochmotiviert und sie hatten klare Vor- überlegen. Unser Team bestand aus Katrin Ahne und Car- stellungen wie ihr weiteres Leben aussehen sollte. men Kleitsch vom AWO Sozialzentrum Markt Erlbach sowie Nach den 15 Vorstellungsgesprächen waren wir emotio- Mario Wachs vom AWO Seniorenzentrum Weidenberg. nal sehr berührt und es wurde einem wieder einmal vor Der Kontakt mit Frau Ludl von der DEKRA zeigte sich Augen geführt, wie gut es uns doch eigentlich geht. Die mehr als positiv. Wir bekamen im Voraus die Lebens- Auswahl war nicht einfach. Letztendlich haben wir uns läufe der Bewerber*innen und gaben allen 15 Interes- für zehn Bewerber*innen entschieden und freuen uns sierten die Möglichkeit für ein Vorstellungsgespräch. Alle sehr, dass alle zugesagt haben. Bewerber*innen sind ausgebildete Gesundheits- und Die Einsatzorte der neuen albanischen Mitarbeiter*in- Krankenpfleger und besuchten die DEKRA Schule in Tira- nen wurden gemeinsam mit den Einrichtungsleitern na. Sie haben bereits das Sprachniveau B1 absolviert festgelegt. Diese Einrichtungen haben nun im Vorfeld und belegen gerade den Sprachkurs B2 Pflege. die Aufgabe, geeigneten Wohnraum zu finden und alles Die Pflegefachkraftausbildung in Albanien ist eine theo- vorzubereiten, um den Onboarding-Prozess so gut wie retische Ausbildung mit einem dreimonatigen Prakti- möglich zu gestalten. kum. Die Ausbildung dauert drei Jahre und wird mit ei- Hierzu gibt es eine Facharbeitsgruppe, bei der auch die nem Bachelor abgeschlossen. Viele der Bewerber*innen Personalabteilung sowie die Fachbereichsleitung vertre- haben noch eine 1-2-jährige Masterausbildung (Pfle- ten sind, um dieses Projekt gut begleiten zu können. gewissenschaften) angeschlossen. Wir freuen uns darauf, unsere neuen albanischen Fach- Trotz der guten Ausbildung ist es nur Wenigen möglich kräfte bald begrüßen zu dürfen. eine Arbeitsstelle in einem Krankenhaus o.ä. zu be- kommen und wenn, ist dies meist nur von kurzer Dau- Text: Katrin Ahne WIR • Das Magazin der AWO Bayern 13
AWO Kreisverband Hof-Land e. V. KV HOF-LAND E. V. ???????? Der AWO Kreisverband Hof-Land e. V. wurde 1974 ge- Die Ortsvereine im Landkreis Hof bieten überwiegend gründet. Die Ortsvereine Münchberg (1946) und Naila Halbtags-, oder Tagesausflüge, Frühschoppen und Kaf- (1947) bestanden aber schon vorher. Der Kreisverband feekränzchen, Spiele-Nachmittage, gemeinsames Wan- umfasste anfangs die vier Landkreise Hof, Naila, Mün- dern, Seniorengymnastik, oder –tanzgruppen, Bastel- chberg und Rehau. Erst im Zuge der Gebietsreform in gruppen und Singgruppen an. den Jahren 1988/89 erfolgte die Aufteilung in die Kreis- Weitere Aktivitäten auf Kreisebene sind unter anderem verbände Hof-Land und Hof-Stadt. Die meisten Ortsver- Faschings-, Weihnachts- und Muttertagsfeiern, Jubilä- eine im Landkreis Hof wurden in den 1960ern gegrün- umsveranstaltungen, Theaterbesuche, Sommerfeste det. Heute hat der Kreisverband 12 Ortsvereine. oder Vorträge. Anfangs stand noch die solidarische Hilfe untereinander Die Ortsvereine sind fest in der Region etabliert, den- im Vordergrund, die sogenannte „Erholungsfürsorge mit noch plagt auch sie das gängige Problem, dass zu we- Alten-, Erwachsenen und Kindererholung“. Dann ka- nig jüngere Mitglieder nachrücken. Das Durch- men Kindergärten, Kinderspielplätze und Altenclubräu- schnittsalter der Mitglieder betrug im Dezember 2019 me hinzu. knapp 68 Jahre, die Mitglieder sind überwiegend Von 1974 bis in die 90er Jahre bestand eine Arbeitsge- weiblich. Der Ortsverein Münchberg beschäftigt eine meinschaft mit dem AWO Kreisverband Wunsiedel. Da- Sozialhelferin in der Familien- und Hauswirtschafts- mals hatte die AWO im Landkreis Hof 23 Altenclubs mit pflege in Münchberg. rund 900 Mitgliedern und jährlich wurden rund 500 Kinder in Erholung geschickt. Es gab eigene AWO-Thea- tervorstellungen am Städtebundtheater Hof, die leider heute aus Kostengründen nicht mehr stattfinden kön- nen. Der Kreisverband wurde von 2005 bis 2011 von Walter Rausch geführt, nachdem der Kreisvorsitzende Klaus Gruber überraschend verstorben war. 2011 übernahm der Konradsreuther Bürgermeister Matthias Döhla den Kreisvorsitz. Leider ist vor kurzem auch Walter Rausch verstorben. Er war seit 1999 in ehrenamtlicher Funktion bei der AWO im Landkreis Hof und hatte immer ein offenes Ohr für die Anliegen der Mitglieder. Seine Hilfsbereitschaft und sein Engagement werden jetzt schon schmerzlich ver- misst. 14 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
STECKBRIEF: AWO KREISVERBAND HOF-LAND e. V. Name: AWO Kreisverband Hof-Land e. V. KV HOF-LAND E. V. Sitz: Schwarzenbach am Wald Kreisvorsitzender: Matthias Döhla Geschäftsführung: ehrenamtl. Matthias Döhla Mitgliederzahl: 542 Mitarbeiter*innen: 5 Ehrenamtliche: 31 Ortsvereine: 12 Der Kreisverband Hof-Land ist auch Träger der Kinderta- Zielgruppe sind vor allem diejenigen Familien, die sich gesstätte „Netz für Kinder“. Sie besteht aus einer Grup- in die Kindertagesbetreuung einbringen und direkt am pe von 15 Kindern im Alter von zwei bis zwölf Jahren, Gruppenalltag teilnehmen möchten z. B. Spielen, Bas- die von zwei Erzieherinnen und von den Eltern betreut teln, Lernangebote, Freizeitgestaltung, hauswirtschaftli- und gefördert werden. che Arbeiten, Feste und Feiern gestalten. Wichtig ist da- bei ein kindgerechter, altersentsprechender Tagesablauf mit festen Bestandteilen im fröhlichen, unbeschwerten Miteinander und gegenseitiger Rücksichtnahme und Ak- zeptanz. Die Kita nimmt auch an Veranstaltungen in der Region teil, z. B. am jährlichen Wiesenfestumzug und Later- nenfest oder dem Firmenlauf der Mitarbeiterinnen und Eltern. Die Kinder besuchen Schule und Bücherei, Fir- men, Arztpraxen, den Kleintierzoo in Hof und an Weih- nachten dürfen die Kinder sogar den Bürgermeister be- suchen. Die Kita besteht seit fast 25 Jahren und wurde baulich immer wieder modernisiert und auf den aktuellen Stand gebracht. Weitere Informationen gibt es hier: AWO KV Hof-Land e.V. Hochstr. 26 95131 Schwarzenbach am Wald Tel.: 09289/936-502 Fax: 09289/936-599 WIR • Das Magazin der AWO Bayern 15
AWO-PROJEKTE Zusammenhalt in Zeiten der Krise AWO-Einkaufsservice Die Corona-Pandemie hat vieles verändert, manches Von jetzt auf sofort organi- auch zum Guten. Die Menschen zeigen mehr Solidarität sierte der Vorstand des und Empathie. Hier berichten wir über einige schöne Kreisverbandes Wunsiedel Beispiele aus der AWO, stellvertretend für viele andere. einen landkreisweiten Ein- kaufsservice der AWO für Menschen, die aufgrund Mal- und Briefaktionen für Pflegeheime der Pandemie besser ge- „Leider dürft ihr zurzeit nur schützt werden müssen. wenig Besuch bekommen. Handzettel wurden geschrieben, Ehrenamtliche ange- Deshalb habe ich für euch fragt und Absprachen mit Supermärkten und kommu- dieses Bild gemalt. Es soll nalen Vertretern getroffen. Seitdem stehen die Telefone euch fröhlich machen“, so nicht mehr still. Hauptamtliche, die sonst eigentlich an- schrieb die vierjährige Sa- dere Aufgaben haben, geben Einkaufsaufträge an ei- rah an die Bewohner*innen ne*n der über 100 ehrenamtlichen Helfer*innen weiter. im Pflegheim Heidenheim des AWO Kreisverbandes Mit- Diese kaufen eigenverantwortlich ein und liefern den telfranken-Süd. Da die Betreuten in den stationären bestellten Einkauf aus. Einkäufe und Geld werden an Pflegeeinrichtungen Corona-bedingt keinerlei Besuch einer vereinbarten Stelle deponiert und manchmal liegt empfangen durften, initiierte Ulrike Hörst spontan eine dort auch ein Dank an die Helfer*innen der AWO (Foto). Mal- und Briefaktion. Innerhalb weniger Tage erhielt die Diese sind bunt gemischt, von Abiturienten, Geflüchte- Einrichtung kistenweise liebevolle Zeichnungen, Bastel- ten, Menschen die in Kurzarbeit geschickt wurden über arbeiten und Präsente für die Senior*innen. Aber auch hilfsbereite Nachbar*innen. Alle erfüllen das Motto mit die Mitarbeitenden, die in der Pandemie besonders ge- Leben: „Echtes Engagement. Echte Vielfalt. Echt AWO.“ fordert waren, wurden von den Kindern bedacht. Schutzmasken in Eigenproduktion Fast ein wenig Volksfeststimmung in Markt Erlbach Die Masken werden immer Die Schaustellerfamilie Kalb perfekter! Als solidarischen aus Wilhermsdorf spielte mit Beitrag für die Pflegeberufe ihrer 100jährigen Konzert- nähen die Kitas des Bezirks- orgel vor dem Pflegeheim verbandes aus Stoffresten Markt Erlbach. Viele Bewoh- Schutzmasken für Seniore- ner*innen saßen bei geöff- neinrichtungen. Die neten Fenstern, lauschten 2.000er-Grenze wurde der Konzertorgel und erfuhren damit etwas Ablenkung in schon erreicht und es werden immer mehr. „Viele abge- dieser schwierigen Zeit. Zusätzlich gab es gebrannte Man- brochene Nadeln, neue Erfahrungswerte im Nähen und deln vom Markt Erlbacher Schausteller Vespermann. Bei- die unterschiedlichsten Kniffe führen zur perfekten Mas- des in Kombination hatte fast ein bisschen was von kenherstellung“, so die Leitung des Oberasbacher Kinder- Volkfeststimmung. Vielen Dank dafür! gartens. Herzlichen Dank an alle fleißigen Näher*innen! 16 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
Grundsatz- programm GRUNDSATZPROGRAMM Gemeinsam für soziale Gerechtigkeit „Die Zukunft ist offen, wir aber wollen sie gestalten.“ Die übergeordneten Kapitel werden ergänzt durch ei- So lautet der erste Satz des neuen Grundsatzpro- nen umfangreichen Teil über die Fachlichkeit der AWO: gramms der Arbeiterwohlfahrt. Die Neufassung war „Wir arbeiten professionell, inklusiv, interkulturell, im Dezember letzten Jahres auf einer außerordentli- innovativ und nachhaltig. Das sichern wir durch die chen Bundeskonferenz beschlossen worden, um sich Fachlichkeit unserer Mitglieder, Engagierten und Mit- an die geänderten Bedingungen anzupassen. arbeitenden.“ Einige übergeordnete Kapitel wurden aufgenommen. Der fachliche Teil ist untergliedert in – alphabetisch Sie befassen sich mit dem Verständnis und den Grund- angeordnete – Abschnitte zu den Themen Alter und werten der AWO. In den Leitsätzen wurde beispiels- Altern, Armut, Bildung, Bürgerschaftliches Engagement, weise konkretisiert, dass die AWO aktiv für ihre Grund- Einwanderungspolitik und soziale Arbeit, Europa, Fa- werte einsteht: „Wir treten für Freiheit, Gleichheit, milie, Gleichstellung und Frauenpolitik, Gesundheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz ein.“ Kindheit und Jugend, Menschen in besonderen Le- benslagen, Menschen mit Behinderungen, Pflege und Dies geschah auch vor dem Hintergrund, dass die sozi- Solidarität in einer globalisierten Welt. ale und liberale Demokratie als zunehmend gefährdet erscheint. Abschließend steht die Verpflichtung, den Werten entsprechend zu handeln: „Als Mitgliederverband, als Das zweite Kapitel widmet sich dem Thema Mensch sozialwirtschaftliches Unternehmen und als Interes- und Gesellschaft: „Wir unterstützen Menschen, ein senverband handeln wir entsprechend unseren Wer- selbstbestimmtes Leben zu führen, und fördern ein ten.“ Damit verbunden ist die Verpflichtung zu Trans- demokratisches Zusammenleben in Solidarität und parenz und Kontrolle. Ehrenamt und Engagement sind Achtung vor der Natur.“ Die Nachhaltigkeit wurde ins- selbstbestimmt und freiwillig. Sie werden geschützt gesamt stärker in den Focus gerückt. und in ihrem Eigenwert geschätzt. Die vertrauensvolle Weiterhin im Vordergrund steht die Forderung nach Zusammenarbeit von Ehren- und Hauptamt wird ge- sozialer Gerechtigkeit: „Wir finden uns mit Ungleich- fördert. heit und Ungerechtigkeit nicht ab. Der demokratische Weiter wichtige Felder der Selbstverpflichtung sind Ta- Sozialstaat ist verpflichtet, Ausgleich zwischen Arm und rifbindung, Mitbestimmung, Inklusion, Interkulturalität Reich herzustellen.“ Als geeignetes Mittel wird eine und Geschlechtergerechtigkeit. wirksamere Umverteilung angesehen. Aber auch die Digitalisierung „darf die bestehende soziale Spaltung Im nächsten Heft befassen wir uns mit der Umsetzung nicht weiter verschärfen, sondern muss Teilhabe für des Grundsatzprogramms in der Praxis. alle ermöglichen.“ WIR • Das Magazin der AWO Bayern 17
Mit Deiner Hilfe durch die Krise. Der AWO Nothilfe- und Pflegepool. Um die Versorgung unserer behandlungs- und pflege- bedürftigen Menschen zu garantieren, suchen wir Hel- fer*innen, die im Ernstfall einspringen. Du hast bereits AWO-PINNWAND Erfahrungen im medizinischen- oder pflegerischen Be- reich? Der Kontakt zu kranken und älteren Menschen bereitet dir Freude? Du möchtest einen Beitrag zur Be- wältigung der Krise leisten? Dann melde dich als Helfer*in unserem Nothilfe-Pflege- ???????? pool unter: www.awo-experts.de/pflegepool an. Werde aktiv gegen Corona! Die AWO Aktionswoche 2020 Organkonferenzen abgesagt „Echtes Engagement. Echte Vielfalt. Echt AWO.“ Aufgrund des Versammlungsverbotes während der Corona- Engagement ist tief in der Tradition der AWO verwurzelt Pandemie mussten viele Mitgliederversammlungen auf und nicht zuletzt der Impuls, gemeinsam mit dem Bun- Orts- und Kreisebene sowie Bezirks-, Landes- und Bun- desjugendwerk der AWO bundesweit eine AWO-Aktions- deskonferenz abgesagt werden. woche vom 13. bis 20. Juni 2020 durchzuführen, die Wegen der unsicheren Entwicklung der Pandemie standen nach innen und außen wirkt und über zahlreiche sozia- die Ersatztermine für Bezirks-, Landes- und Bundeskon- le Themen informiert. ferenz zum Redaktionsschluss noch nicht fest. Wir werden in der nächsten Ausgabe berichten. Unser Soziales Bayern: Wir helfen zusammen! Während der Coronakrise haben sich in kürzester Zeit überall Menschen zusammengetan, um gemeinsam an- deren zu helfen. Dieses wertvolle Engagement soll in seiner kreativen Vielfalt sichtbar gemacht und die Ver- netzung gefördert werden. Darüber hinaus bietet das Sozialministerium Informationen und Handreichungen Unterstützungsangebote des Mehrgenerationenhaus AWOthek für Familien, pädagogische Fachkräfte sowie Menschen Für Alle mit Behinderung. www.unser.soziales.bayern.de die sich keinem Infektionsrisiko aussetzen sollten/möchten die sich momentan einsam oder isoliert fühlen Eine Initiative des Bayerischen Staatsmi- die sich auf digitale Art und Weise Unterstützung wünschen nisteriums für Familie, Arbeit und Sozia- Wir unterstützen Sie gerne ehrenamtlich und sind für Sie da! les, der Wohlfahrtsverbände und der Einkaufen/Apothekenbesorgungen o.ä. Telefonpatenschaften für alleinlebende Personen, Familien oder kommunalen Spitzenverbände in Bayern. Menschen in Quarantäne Gassi gehen mit dem Hund Abfall runterbringen Unterstützung für Eltern/Familien: Was kann ich mit meinen Zwei neue Kitas im AWO Kreisverband Nürnberger Land Kindern tun? Unterstützung für Kinder beim „Zuhause lernen“ via Whatsapp/Facebook/Skype/Zoom 2020 konnte der AWO Kreisverband Nürnberger Land e. V. Online Nachhilfe für Englisch, Deutsch, Mathe die Trägerschaft für die Kinderhäuser in Neunkirchen am Online Matching für gemeinsames Schach- und Scrabble-Spielen Online Bewerbungshilfe Sand und Speikern übernehmen. Mit der Übernahme der Videokonferenz-Gespräche mit Ehrenamtliche via Zoom Sitztanz für Senioren auf Youtube Trägerschaft dieser beiden Kinderhäuser betreut der AWO Digital-Café für Senioren als Webinar Kreisverband Nürnberger Land e. V. nunmehr knapp 500 Wir sind für Sie erreichbar Mo-Fr unter der Tel. 0911/4506 0167 Kinder in sieben Einrichtungen. Die AWO freut sich auf eine gute Zusammenarbeit mit allen Beteiligten. V. l. Hanna Pilling, 1. Bürgermeisterin Martina Baumann, AWO Vorstandsvor- Möchten Sie auf eine Veranstaltung hinweisen oder sitzender Christian J. haben Sie leckere Rezepte, Bastelanleitungen und ähnli- Fügl, Leonie Britting ches? Schreiben Sie uns: redaktion@awo-omf.de 18 WIR • Das Magazin der AWO Bayern
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