Zweipunkt-Marienkäfer - Eine bekannte Schönheit wird zur Rarität - sachsen.de
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Zweipunkt-Marienkäfer Eine bekannte Schönheit wird zur Rarität Sammelreihe Natur und Landschaft · Heft 7
Vorwort Marienkäfer gelten in der Bevölkerung als Glücksbringer. Sie haben viele verschiedene Namen und sind auch den meisten Kindern bekannt. Weniger bekannt ist, dass es in Sachsen über 70 verschie- dene Marienkäferarten gibt. Eine früher überall verbrei- tete kleine Art ist der Zweipunkt-Marienkäfer. Auch im Siedlungsbereich war er in Gärten und auf Laubbäumen zu finden. Der in Europa und Asien heimische Zweipunkt- Marienkäfer wurde sogar in anderen Regionen der Erde zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingeführt. Aktuell ist diese Art nur noch sehr selten zu beobachten. Die Broschüre gibt einen Einblick in die Lebensweise des Käfers und erläutert die Veränderungen, die zum Rück- gang des Zweipunkt-Marienkäfers geführt haben. Zudem soll sie dazu anregen, Marienkäfer etwas genauer zu beobachten. Ihre Beobachtungen nimmt das Landes- amt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie gern ent- gegen. Wir hoffen, dass wir dadurch einige Hinweise zur aktuellen Verbreitungssituation der Art erhalten. Fast jeder kann auch zum Schutz der Marienkäfer und vieler anderer Insektenarten beitragen. Dafür reicht schon eine Ecke im Garten oder auf dem Balkon. Mit dieser Broschüre und der Unterstützung möglichst vieler Ak teure möchten wir einen kleinen Beitrag zu Bewahrung unserer heimischen Insektenvielfalt leisten. Norbert Eichkorn Präsident des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie | 01
Selbstverständlich Marienkäfer Marienkäfer gehören zu den beliebtesten Der Zweipunkt-Marienkäfer (Adalia bipunc- Käfern, jeder kennt sie. Viele Volksnamen tata) ist neben dem Siebenpunkt-Marienkä- und manche Bräuche zeugen von unserer fer (Coccinella septempunctata) einer der Vertrautheit mit ihnen. In Sachsen gibt es im bekanntesten einheimischen Marienkäfer. Freiland aktuell 70 Arten, eine weitere ist Jahrzehntelang galt er als eine der häufigs- ausgestorben, zwei leben in Gewächshäu- ten Arten und war vor allem auf Laubbäu- sern. Einen Teil von ihnen wird selbst der men zu finden sowie in gemeinschaftlichen fortgeschrittene Naturfreund nicht ohne Überwinterungsquartieren. Diese Spitzen- weiteres den Marienkäfern zuordnen. position hat jetzt der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) eingenommen, der 1997 erstmals in Deutschland nachgewie- sen wurde. Nach dem Erstfund in Sachsen im Jahr 2004 hat sich diese Art rasant ausgebreitet und kommt bereits seit etwa 2008 flächendeckend vor. Seit 2009 – also fast unmittelbar nach der Einschleppung des Asiatischen Marien Abb. 2: Asiatischer Marienkäfer (Harmonia axyridis) käfers – ist der Zweipunkt eine seltene Art Foto: E. Wachmann geworden und vielerorts verschwunden. Das früher häufig beobachtete Auftreten in großer Zahl gibt es nicht mehr: Aus einem häufigen Käfer ist eine Rarität geworden. Diese Entwicklung ist der Grund, weshalb der Zweipunkt in dieser Broschüre näher vorgestellt wird. Siebenpunkt (Coccinella septempunctata) Foto: E. Wachmann 02 | Selbstverständlich Marienkäfer
Weltenbürger Das natürliche Verbreitungsgebiet des Zwei- Für Mitteleuropa ist die allgemeine Verbrei- punktes umfasst Eurasien einschließlich der tung des Zweipunktes seit der Mitte des 19. Kanarischen Inseln und Madeira. In Nordaf- Jahrhunderts vielfach belegt. Die Art wurde rika fehlt die Art. Sie wurde aus Europa nach überall als häufig bis sehr häufig bezeich- Nordamerika eingeführt. Dort ist sie von net. Der Verfasser beobachtet seit dem Jahr Alaska bis Labrador und von Kalifornien bis 2009 einen Rückgang in Sachsen. Spätes- Alabama verbreitet. Auch nach Afrika südlich tens seit 2016 ist der Zweipunkt fast völlig der Sahara wurde die Art gebracht sowie verschwunden. Es gibt nur noch Beobach- nach Australien, Neuseeland und Südamerika. tungen einzelner Exemplare, kaum mehr als Der Grund für die weltweite Verbreitung zwei bis drei Meldungen pro Jahr. Der durch den Menschen liegt in der Nutzung Rückgang betrifft nicht nur Sachsen, er ist dieser Art zur biologischen Kontrolle von auch aus Thüringen und Sachsen-Anhalt Blattläusen. Um genügend Tiere verkaufen zu dokumentiert und scheint ganz Deutsch- können, wurden Verfahren zur Massenzucht land zu berühren. mit synthetischer Nahrung entwickelt. Zweipunkt (Adalia bipunctata), dunkle Form, Foto: Archiv Naturschutz LfULG, O. Leillinger Weltenbürger | 03
Variable Schönheit mit Hintergrund Der Zweipunkt ist an seiner charakteristi- schen Färbung gut zu erkennen. Er begegnet uns in zwei Farbformen. Bei der namensge- benden sind die Flügeldecken rot und tragen je einen runden schwarzen Punkt. Die ande- ren Farbformen sind durch schwarze Flügel- decken mit roten Flecken ausgezeichnet: mit vier (Form quadrimaculata) oder sechs (Form sexpustulata). Die vorderen schließen fast immer den Seitenrand der Flügeldecken ein. Zweipunkt (Adalia bipunctata), rote Form Weitere Farbformen kommen vor, sind aber Foto: E. Wachmann sehr selten. Insgesamt kennt man etwa 150 von ihnen. Der Halsschild ist entweder weiß mit schwarzen Flecken, die bei der roten Form ein M bilden, das manchmal verflossen wirkt, oder bei den schwarzen Formen schwarz mit schmalem weißen Seiten- und Vorderrand. Die Körperlänge beträgt 3,5 bis 5,5 mm, die Weibchen sind meist etwas größer als die Männchen. Die schwarzen Zweipunkte mit den roten Flecken können eventuell mit anderen Mari- enkäfern verwechselt werden, zum Beispiel mit dem Zehnpunkt (Adalia decempunctata) oder mit dem Vierfleckigen Schildlaus-Mari- enkäfer (Exochomus quadripustulatus). Der Zehnpunkt hat am Ende der Flügeldecken meist eine quer liegende Bogenfalte, die beim Zweipunkt, schwarze Form Zweipunkt niemals ausgebildet ist. Die zweite Foto: E. Wachmann 04 | Variable Schönheit mit Hintergrund
Zehnpunkt (Adalia decempunctata), dunkle Form Vierfleckiger Schildlaus-Marienkäfer Foto: E. Wachmann (Exochomus quadripustulatus) Foto: E. Wachmann Art ist durch die etwas andere Färbung ge- F lecken dominiert über die sechsfleckige Va- kennzeichnet: Der Halsschild ist meist völlig riante. Das Verhältnis der roten zu den schwarz, der rote Schultermakel ist bogen schwarzen Formen variiert beim Vergleich förmig und lässt die Schulterbeule frei. Beim verschiedener Lebensräume und Fundorte Zweipunkt ist die schwarze Form durch den und ändert sich im Laufe des Jahres. In Mit- teleuropa liegt es oft bei 85 Prozent rot zu 15 Prozent schwarz. Die schwarzen Individuen erwärmen sich im Sonnenlicht etwas stärker als die roten. Dies spielt besonders in den Morgenstunden, auch im beginnenden Früh- jahr eine Rolle. Sie sind dadurch aktiver, nehmen mehr Nahrung auf, sind erfolgreicher Ein Kennzeichen des Vierfleckiger Schildlaus- bei der Partnersuche und ihr Fortpflanzungs- Zehnpunkts ist die Marienkäfer mit einem quere Bogenfalte. bogenförmigen Schulter- erfolg ist höher. Ihr Anteil an der Gesamtpo- Foto: E. Wachmann fleck (Makel). pulation ist deshalb in der Tochtergeneration Foto: E. Wachmann höher, als er in der Elterngeneration war. Andererseits sind die schwarzen Formen bei hell gerandeten Halsschild und einen großen der Überwinterung benachteiligt. Sie werden roten Schulterfleck, der auch die Schulter leichter bei milden Wetterlagen aktiv und beule einschließt, gekennzeichnet. Hinzu verbrauchen dann schneller ihre Reserven. Sie kommt beim Vierfleckigen Schildlaus-Mari- verlieren auch leichter Wasser und können enkäfer die starke Erweiterung des Kopf deshalb eher vertrocknen. Dies führt dazu, schildes vor den Augen. dass mehr schwarze als rote Individuen Die Farbformen sind genetisch definiert. Die während des Winters umkommen, wodurch schwarzen Formen sind gegenüber der roten für das kommende Jahr wieder das ursprüng- Form dominant. Die Form mit vier roten liche Zahlenverhältnis hergestellt wird. Variable Schönheit mit Hintergrund | 05
Die nächsten Verwandten In Sachsen kommen außer dem Zweipunkt Fichten-Marienkäfer (Adalia conglomerata) Foto: E. Wachmann noch zwei weitere Arten der Gattung Adalia vor: der Fichten-Marienkäfer (Adalia conglo- merata) und der Zehnpunkt (Adalia decem- dern, an Waldrändern, in Parks und Gärten punctata). vor allem in der Strauch- und Baumschicht Die Flügeldecken des Fichten-Marienkäfers vor, lebt aber auch in der Krautschicht. sind gelb, mit einer längs gerichteten variab- Relativ oft werden Kreuzungen zwischen len Fleckenzeichnung, die meist eine mittlere dem Zweipunkt (meist Männchen) und dem und auf jeder Seite eine seitliche Linie zeigt. Zehnpunkt (meist Weibchen) beobachtet. Der Fichten-Marienkäfer kommt in Fichten- Offenbar sind beide Arten nahe miteinander wäldern, auch in Hochmooren vor und lebt verwandt. Die betreffenden Weibchen legen besonders auf Fichten, seltener auf Kiefern. eine normale Anzahl Eier ab, aber aus den Die Färbung des Zehnpunktes ist sehr varia- meisten schlüpfen keine Larven. Die wenigen bel: Die Flügeldecken sind gelb, jeweils mit geschlüpften Larven entwickeln sich normal drei bis fünf kleinen Punkten, braun mit einer und ergeben erwachsene Tiere, die entweder schwarzen verflossenen Gitterzeichnung dem Zweipunkt oder dem Zehnpunkt ähneln oder schwarz mit roten oder gelblichen – e inige von ihnen haben aber eine ganz Schulterflecken. Die Flügeldecken besitzen an ungewöhnliche andere Zeichnung. Diese ihrem Hinterende meist die schon erwähnte durch Kreuzung entstandenen Nachkommen quere Bogenfalte. Die Art kommt in Laubwäl- sind unfruchtbar. Zehnpunkt, helle Form mit dunklen Zehnpunkt, dunkle Form mit hellen Zehnpunkt (Adalia decempunctata), Punkten, Foto: E. Wachmann Flecken, Foto: I. Altmann dunkle Form, Foto: E. Wachmann 06 | Die nächsten Verwandten
Der Zweipunkt im Jahresverlauf In Sachsen ist für den Zwei- punkt etwa der folgende Zeitablauf zu beobachten, wobei die angegebenen Zeiträume in Abhängig- keit vom Beobachtungs- ort und seiner Höhenla- ge und der Witterung etwas schwanken kön- nen. Etwa von Anfang Oktober bis Ende April überwintern die Zweipunk- te. Im Herbst und im Frühjahr sind sie aktiv und können beim Aufsuchen oder Verlassen des Winterquartiers beobachtet werden. Die Phase im Frühling endet mit dem Finden der ersten Nahrung. Es schließt sich von Lebenszyklus des Zweipunktes, nach Klausnitzer & Klausnitzer (1997), verändert, Anfang Mai bis Ende Juli die Fortpflan- Zeichnung: P. Schüle zungsperiode an, zu deren Beginn der ge- eignete spezifische Lebensraum aufgesucht abschnitt ist besonders fließend, da an sei- wird. Dort erfolgen die Eiablage, die Ent- nem Beginn über einen längeren Zeitraum wicklung der Larven und die Verpuppung. Larven und erwachsene Tiere der neuen Dieser Zeitabschnitt wird mit dem Schlüpfen Generation nebeneinander vorkommen der erwachsenen Tiere der neuen Generati- können. Beendet wird diese Zeit mit dem on abgeschlossen. Es folgt die Periode des Aufsuchen des Winterlagers. Jungkäferfraßes, auch Reifungsfraß ge- Normalerweise bildet der Zweipunkt in nannt, vor der Überwinterung. Sie dauert Sachsen nur eine Generation pro Jahr. Mit- von Anfang August bis Ende September, unter kann aber lokal eine zweite Generati- mitunter bis Mitte Oktober. Dieser Lebens- on auftreten. Der Zweipunkt im Jahresverlauf | 07
Die Paarung Beim Zweipunkt geschieht die Paarung nach Beginn der Nahrungsaufnahme der Weibchen. Sie kann bis zu mehreren Stun- den dauern und wird auch dann nicht un- terbrochen, wenn sich das Weibchen an Blattläusen labt. Meist finden bis zu 20 Paarungen mit ver- schiedenen Partnern statt. Die Eier eines einzigen Geleges können deshalb von bis zu sechs Männchen befruchtet worden sein. Die Weibchen vermögen etwa 15.000 Sper- mien zu speichern. Als Sonderfall unter den Käfern werden bei der Paarung bis zu drei Samenkapseln übertragen, die jeweils Zweipunkt, Paarung von zwei roten Formen Foto: E. Wachmann durchschnittlich 10.000 Spermien enthal- ten. Das Weibchen kann folglich nur einen Teil aufbewahren. Die leeren Samenkapseln werden nach der Paarung vom Weibchen ausgestoßen und meist als eiweißreiche Nahrung verzehrt. Zweipunkt, Paarung einer schwarzen (Männchen) mit einer roten Form (Weibchen) Foto: H. Bellmann/F. Hecker 08 | Die Paarung
Das Ei Die Weibchen des Zweipunktes besitzen 48 Larven reichlich Nahrung finden, eine Form Eiröhren, in denen mehrere Eier gleichzeitig der Brutfürsorge. Bevorzugt werden vor reif werden. Deshalb erfolgt die Ablage allem wachsende Blattlauskolonien, die portionsweise. Die Gelege bestehen aus auch durch die Produktion von Honigtau fünf bis 40 aufrecht stehenden Eiern. Ins- angezeigt werden können. Die Nähe zur gesamt kann ein einziges Weibchen 700 bis Nahrung ist wichtig, da die Junglarven nur 1.500 Eier legen. Die Zahl ist vor allem von kurze Zeit hungern können. Lange Wege der Nahrung und den Witterungsbedingun- zur Nahrungssuche werden dadurch ver- gen abhängig. Die Eier selbst sind gelb, ei- mieden. Die Dauer der Eientwicklung ist nen Millimeter lang und langgestreckt, ihre insbesondere von der Temperatur, aber Oberfläche ist glatt. auch von der Luftfeuchtigkeit abhängig. Fast immer werden sie an solchen Stellen Unter Freilandbedingungen beträgt sie abgelegt, wo die später ausschlüpfenden etwa fünf bis zehn Tage. Weibchen eines Zweipunktes bei der Eiablage, Foto: I. Altmann Das Ei | 09
Die Larve Die frisch aus den Eiern geschlüpften Lar- liegen. Diese Lebensabschnitte sind für die ven bleiben zunächst gemeinsam auf dem Larve besonders gefährlich. Fressfeinde, Gelege sitzen. Für die zuerst schlüpfenden Vertrocknungsgefahr oder Störungen wäh- Tiere sind unbefruchtete Eier, aber auch die rend des Häutungsgeschehens können zu etwas später schlüpfenden Geschwistereier Verlusten führen. Nach den Häutungen sind die erste Nahrung. Man spricht von Zwil- die Larven zunächst noch weich und hell, lingskannibalismus. Im Anschluss an diese das Außenskelett braucht einige Stunden, Phase vereinzeln sich die Larven. um auszuhärten. Bei jeder Häutung nehmen Insgesamt hat der Zweipunkt vier Larven- Volumen, Gewicht und Größe der Larven zu. stadien, zwischen denen drei Häutungen Der Körper der Larven ist gerade, schlank, Zweipunkt, Larve des 4. Stadiums, Foto: I. Altmann 10 | Die Larve
Zehnpunkt, Vorpuppe, Foto: E. Wachmann nach hinten etwas verengt und schwach oder der variablen Färbung der erwachsenen abgeflacht. Die erwachsenen Larven messen Käfer und den Färbungsformen der Larven sieben bis neun Millimeter. Ihre Grundfarbe gibt. ist graubraun bis grauschwarz. Die Dauer der Larvenentwicklung insgesamt Die Larven des Zweipunktes zeigen im und auch die der einzelnen Stadien ist von vierten Stadium ein charakteristisches mehreren Faktoren abhängig, insbesondere Farbmuster. Die Mitte des vierten Hinter- von der Temperatur und dem Nahrungsan- leibssegmentes ziert ein gelboranger Fleck. gebot. Zwischen dem Schlüpfen des Eies Auf dem ersten Segment befindet sich und der Verpuppung vergehen unter durch- seitlich neben der Mitte und an der Seite schnittlichen Freilandbedingungen drei bis jeweils eine orange gefärbte Borstengruppe. sechs Wochen. Auch an der Seite des vierten Segments ist Die erwachsene Larve beendet ihre Nah- eine solche zu sehen. rungsaufnahme etwa einen Tag bevor sie Viele Marienkäferlarven zeigen eine arttypi- sich mit ihrem Hinterende an einer Unterla- sche, meist nahezu konstante Färbung. Der ge festheftet. Mehrere Stunden bis zwei Zweipunkt ist eine Ausnahme, seine Larven Tage bleibt sie als Vorpuppe in gekrümmter variieren. Das Spektrum reicht von dunklen Stellung hängen, ehe sie sich verpuppt. Die Exemplaren ohne orange Flecken bis zu Häutung zur Puppe beginnt am Kopf und solchen mit sieben deutlichen Makeln. Es läuft nach hinten. Die Larvenhaut bleibt am wurden 16 verschiedene Färbungsformen Hinterende an der Anheftungsstelle fast gefunden. Interessant ist, dass es keinen völlig zusammengeschoben erhalten. Zusammenhang zwischen dem Geschlecht Die Larve | 11
Die Puppe Im Gegensatz zu den meisten anderen Kä- Bei Störungen können die Puppen mit ihrem fergruppen ist die Puppe der Marienkäfer Vorderende mehrfach hintereinander heftig eine Mumienpuppe. Die Beine und Fühler auf und ab schlagen. Dazu sind sie unmit- liegen nicht frei, sondern sind mit dem telbar nach der Verpuppung bis einige Körper fest verkittet. Stunden vor dem Schlüpfen der Käfer in der Mumienpuppe eines Zweipunktes, Foto: I. Altmann Gewöhnlich verpuppen sich die Larven auf Lage. Die Dauer der Puppenentwicklung ist Blättern, an Zweigen, an der Rinde von vor allem von der Temperatur und der Stämmen oder an anderen Pflanzenteilen, Luftfeuchtigkeit abhängig. Sie beträgt unter mitunter auch an festem Substrat wie Freilandbedingungen etwa 10 bis 14 Tage. Steinen oder Wänden von Gebäuden. 12 | Die Puppe
Das Schlüpfen Die schlüpfenden Käfer spalten die Puppen- haut am Vorderende in Längs- und Quer- richtung. Das Schlüpfen selbst dauert nur wenige Minuten, und es bleibt die leere Puppenhülle zurück, auf der der Käfer zu- nächst sitzen bleibt. Anfangs hängen die Hinterflügel des Käfers nach außen. Erst nach dem Einpumpen der Körperflüssigkeit werden sie unter den Flügeldecken zusammengefaltet. Diese sind zunächst noch weich, fast weiß, später hell-gelblich und lassen erst langsam den typischen Rotton erkennen. Nach einigen Zehnpunkt, frisch geschlüpfter Käfer. Die Hinterflügel sind noch nicht unter den Flügeldecken Stunden werden auch die schwarzen Punk- zusammengefaltet, Foto: I. Altmann te sichtbar. Die völlige Ausfärbung dauert meist mehrere Tage, wobei die Umgebungs- temperatur eine Rolle spielt. An dem helle- ren Rot mit mehr Gelb-Anteil lassen sich beim Zweipunkt „junge“ Käfer von überwin- terten Individuen unterscheiden. Der Hals- schild ist bereits bei den frisch geschlüpften Exemplaren dunkel beziehungsweise lässt seine Zeichnung erkennen. Die rote Farbe der Flügeldecken wird durch Abkömmlinge von Carotinoiden gebildet, die schwarzen Pigmente sind Melanine. Zehnpunkt, frisch geschlüpfter Käfer. Die Flügeldecken sind noch nicht ausgefärbt, Foto: I. Altmann Das Schlüpfen | 13
Die Nahrung Unser Bild vom Aussehen der Marienkäfer ist Europäischen Birkenblattlaus (Euceraphis vielfach von den häufigen und großen Arten punctipennis) sind die wichtigsten. geprägt, auch bezüglich der Ernährung ist dies so. Meist denkt man, alle Arten vertilgen Besonders im zeitigen Frühjahr spielen die Blattläuse. Dies ist auch nicht falsch, trifft Pollen von Rosengewächsen eine bedeutende aber nur für einen Teil zu, wenngleich den Rolle. Sie werden vermutlich regelmäßig ne- größten Teil. In Sachsen gilt das für etwa 50 ben verschiedenen Blattlausarten aufgenom- Arten. Bei den anderen stehen men. Allerdings konnte experimentell gezeigt werden, dass die alleinige Fütterung mit █ Schildläuse (11 Arten), Pollen nicht zur Reifung der Eizellen führt. █ Mottenschildläuse (1 Art), █ Spinnmilben (1 Art), aber auch Mitunter werden an reifen Süßkirschen und █ Schimmelpilze (5 Arten) und sogar anderen Früchten einzelne Exemplare des █ höhere Pflanzen, zum Beispiel Lupine Zweipunktes gefunden, die sich offenbar am und andere Schmetterlingsblütler, Saft laben. Nelkengewächse sowie █ Gräser und Zaunrüben auf der Sowohl die Käfer als auch die Larven entde- Speisekarte (3 Arten). cken ihre Beute erst bei direktem Kontakt. █ Wenige Arten nehmen eine Die erwachsenen Zweipunkte müssen zum Mischnahrung zu sich. Beispiel mit den Kiefertastern die Blattlaus berühren, ehe sie diese als Beute erkennen. Larven und Adulte des Zweipunktes ernäh- Danach suchen sie in unmittelbarer Nähe ren sich überwiegend von Blattläusen. Sie weiter und haben deshalb besonders bei nutzen verschiedene Arten als Nahrung, die Beutetierkolonien Erfolg. Die Erfolgsaussich- jedoch unterschiedlich geeignet sind. Für ten werden dann vergrößert, wenn sich die den Zweipunkt werden 46 verschiedene Marienkäfer in relativ dichten Pflanzenbe- Blattlausarten als essentielle Nahrung ge ständen mit gegenseitiger Berührung bewe- listet. Wenigstens eine von ihnen muss un- gen, wodurch bei erfolgloser Suche auf einer bedingt aufgenommen werden. Die Linden Pflanze die nächste mit relativ geringem zierlaus (Eucallipterus tiliae), gefolgt von der Laufaufwand erreicht werden kann. 14 | Die Nahrung
Die Überwinterung Die Lebensräume Zur Überwinterung suchen die Zweipunkte Der Zweipunkt bevorzugt die Strauch- und oft lose Rindenpartien an Baumstämmen auf. Baumschicht von Laubbäumen vor allem im Gelegentlich kommen sie auch in Gebäude, Randbereich von Wäldern, aber auch einzeln wo sie vor allem hinter Fensterläden oder auf stehende Gebüsche und Bäume. Er wird bzw. Dachböden die kalte Jahreszeit verbringen. wurde vor allem gefunden auf: Heutzutage hat diesen Platz der Asiatische Marienkäfer eingenommen. █ Birken oder Linden, aber auch auf Eichen, Zur Überwinterung werden gelegentlich █ Obstbäumen und anderen Rosenge- Gemeinschaften mit anderen Arten gebil- wächsen, det, zum Beispiel mit dem Pappel-Marien- █ Kiefernjungwüchsen, käfer (Oenopia conglobata). Der Anteil an █ Holunderbüschen, Zweipunkten kann bei dieser Gesellschaft █ Sonnenblumen, Kletten, Brennnesseln, bis 20 Prozent betragen. Disteln und Gartenpflanzen mit Blatt- läusen bzw. deren Blüten, █ Äckern mit Getreide oder Kartoffeln und █ Pflanzen der Ufervegetation an Still Zweipunkt, Überwinterungsgesellschaft unter loser Borke gewässern. Foto: H. Bellmann/F. Hecker Die Überwinterung | 15
Natürliche Feinde – Räuber, Parasiten und Killerbakterien Räuberische Gliederfüßer, zum Beispiel Raubwanzen können natürliche Feinde der Käfer und deren Entwicklungsstadien sein. Relativ oft fallen Zweipunkte verschiedenen Webespinnen zum Opfer. So wurden Larven in Netzen von Baldachinspinnen gefunden. Hinzu kommen andere Marienkäferarten und auch der Kannibalismus. Ameisen, zum Beispiel die Schwarze Weg- ameise (Lasius niger), bewachen die von ihnen gehegten Blattläuse. Sie greifen vor allem die Buckelfliege (Phalacrotophora berolinensis) Zweipunktlarven an, aber auch die Käfer. Sie Foto: E. Wachmann werden von den Ameisen vertrieben, von der Pflanze geworfen, in die Beine oder die Flü- geldecken gebissen, mitunter sogar getötet Räuber sind wichtige biotische Begren- oder mit Ameisensäure bespritzt. zungsfaktoren des Zweipunktes. Sowohl Wirbeltiere als auch Wirbellose kommen als Parasitische Milben, vor allem der winzige Feinde in Frage. Die Marienkäfer können Coccipolipus hippodamiae, der kleiner als 0,4 einen gelblichen, stark riechenden, bitteren mm ist, lebt am Zweipunkt. Die weiblichen Saft aus den Kniegelenken ausscheiden, das Milben saugen sich mit ihren Mundwerkzeu- sogenannte „Reflexbluten“. Dieser kann gen unter den Flügeldecken fest und legen abschreckend wirken. Tatsächlich hat der dort ihre Eier ab. Die daraus schlüpfenden Zweipunkt nur einen geringen Anteil an der Larven sind beweglich und werden bei der Vogelnahrung. Es wird nur von einzelnen Paarung übertragen. Deren lange Dauer und Exemplaren berichtet, lediglich beim Feld- der häufige Partnerwechsel der Zweipunkte sperling spielt er eine größere Rolle als erhöhen die Befallsmöglichkeiten. Die Milben Futter für Jungvögel. Auch Spitzmäuse und verringern die Fortpflanzungsfähigkeit der Eidechsen kommen als Räuber in Frage. Zweipunkt-Weibchen. 16 | Natürliche Feinde – Räuber, Parasiten und Killerbakterien
Im Darmkanal und in der Leibeshöhle der Sie verlassen ihren Wirt durch eine Öff- Käfer leben Fadenwürmer (Nematoda) ver- nung zwischen Kopf und Bruststück, fallen schiedener Gattungen. Ein Beispiel ist der auf den Boden und verpuppen sich dort. Marienkäfer-Fadenwurm (Parasitylenchus Die Buckelfliegen schlüpfen meist nach coccinellae). Die Weibchen dringen in die zwei bis drei Wochen und können dann Leibeshöhle des Marienkäfers ein, ihre Eier weitere Puppen befallen. Der Befallsgrad und Larven entwickeln sich dort und werden kann fünf bis zehn Prozent betragen, aber vorwiegend bei der Paarung auf andere Indi- auch noch höher sein. viduen übertragen. 2. In den Larven und Puppen lebt die Erzwes- Im Inneren der Marienkäfer sowie ihrer Lar- pe Aprostocetus neglectus. Deren Weib- ven oder Puppen können sich andere Insek- chen belegen Larven des dritten oder ten entwickeln, die den Wirt nach Abschluss vierten Stadiums zwischen Bruststück ihrer eigenen Entwicklung töten, sogenannte und Hinterleib. Sie können aber auch die Parasitoide. Puppen befallen. Die Erzwespenlarven verpuppen sich innerhalb des Wirtes. Die Beim Zweipunkt sind dies vor allem drei Ar- erwachsenen Tiere schlüpfen aus der ten, die im Folgenden kurz vorgestellt werden. Puppe, meist durch ein einziges Loch auf der Oberseite. Gewöhnlich sind es zwei 1. Die Larven und Puppen werden von der Exemplare, die aus einer Zweipunktpuppe Buckelfliege Phalacrotophora berolinensis schlüpfen. Der Befallsgrad kann hoch sein befallen. Deren Weibchen legen ihre Eier und 10 bis 15 Prozent betragen. an kurz vor der Verpuppung stehenden Larven zwischen den Beinen und zudem an frische Puppen meist unter den Flügel- anlagen ab. Es dauert nur wenige Stunden, bis die Fliegeneier schlüpfen und sich die Larven in ihre Wirte einbohren. In der Puppe entwickeln sich dann meist zwei Fliegenlarven in zwei bis zwölf Tagen. Natürliche Feinde – Räuber, Parasiten und Killerbakterien | 17
3. Die dritte im Bunde ist die Raupenfliege Vor allem seit dem Auftreten des Asiatischen Medina separata. Sie befällt die erwach- Marienkäfers wird auch der Marienkäferpilz senen Käfer. Das Raupenfliegenweibchen Hesperomyces virescens, ein Schlauchpilz setzt sich auf den Rücken eines aus der Gruppe der Laboulbeniales verstärkt Zweipunktes, der wegen dieser Beunru- beobachtet. Die 0,5 bis 2 mm langen, im higung die Flügeldecken ein wenig öff- Durchmesser 0,1 bis 0,3 mm großen, stab net. Sofort legt die Fliege mit ihrem an förmigen, gelblich bis grünlichen, durch- diese besondere Art der Eiablage ange- scheinenden Fruchtkörper sitzen oft am passten Legeapparat ein Ei an die Innen- Hinterende der Flügeldecken, können sich seite einer Flügeldecke des Marienkäfers aber auch an anderen Körperteilen befinden. nahe der Spitze. Die aus dem Ei schlüp- Dieser Pilz wird bei der Paarung oder bei ge- fende Fliegenlarve bohrt sich durch die meinschaftlicher Überwinterung übertragen. Zwischenhäute der Rückenplatten in den Hinterleib ein. Dort wächst sie heran und Beim Zweipunkt kommen Populationen mit überwintert im zweiten Larvenstadium einem sehr hohen Weibchen-Anteil vor, weil innerhalb des lebenden Marienkäfers. die männlichen Keime schon zu Beginn der Erst im zeitigen Frühjahr des folgenden Entwicklung absterben. Eine Ursache für Jahres, nach Beginn der Nahrungsauf- dieses stark verschobene Geschlechterver- nahme des Wirtes, vollendet die Larve hältnis liegt in endosymbiontischen „Killer- ihre Entwicklung. Sie verlässt den Zwei- Bakterien“ (Rickettsia, Wolbachia). Sie töten punkt auf der Rückenseite des ersten männlich befruchtete Eizellen ab, also solche, Hinterleibssegmentes und verpuppt sich die durch Spermien mit einem Y-Chromosom am Boden. Der Käfer überlebt den Befall befruchtet wurden. Infektionsraten von fast nicht. 50 Prozent sind keine Seltenheit. Die männ- lichen Nachkommen werden also während der Embryonalentwicklung abgetötet, gerin- ge Männchen-Anteile (0 bis 35 Prozent) sind die Folge. 18 | Natürliche Feinde – Räuber, Parasiten und Killerbakterien
Wird der Zweipunkt aussterben? Die Zusammensetzung der Tierwelt unter- auch auf andere Glieder der heimischen liegt ganz allgemein ständigen Veränderun- Tierwelt aus. Fledermäuse und viele Vogel- gen. Arten werden selten und sterben sogar arten brauchen zu ihrem Leben, vor allem aus, neue kommen hinzu. Dieser Vorgang zur Aufzucht ihres Nachwuchses, Insekten läuft seit Jahrmillionen ab und lässt sich für in großer Zahl. die geschichtliche Zeit seit mindestens 4.000 Jahren mit zunehmender Genauigkeit Natürlich stellt sich die Frage nach den Ur- auch in der Kleintierwelt verfolgen. Aller- sachen für einen solchen drastischen Rück dings ist die Geschwindigkeit der Verände- gang, wie wir ihn beim Zweipunkt registrie- rungen in unserer Gegenwart beängstigend. ren. Lebensraum und Nahrung scheinen Seit drei Jahren ist sogar von einem „Insek- mancherorts unverändert vorhanden zu tensterben“ die Rede. Gemeint ist damit ein sein. Die vor allem bewohnte Baum- und drastischer Rückgang nicht nur der Arten- Strauchschicht von Laubbäumen gibt es zahl und Vielfalt, sondern auch der Indivi- nach wie vor. Eine grundsätzliche Verände- duenzahl und damit der Biomasse. rung des Lebensraumes ist empirisch jedoch nicht nachweisbar. Ähnlich verhält es sich Insekten haben vielfältige Beziehungen zum mit der Nahrung. Das Angebot scheint auch Leben des Menschen. Das Verschwinden gegenwärtig ausreichend zu sein. Die riesige vieler Arten hätte höchst fatale Folgen, Palette der chemischen Beeinflussung durch wenn man zum Beispiel an ihre bedeutende Herbizide, Insektizide, Düngung und anderes Rolle bei wirkt aber fast überall. Wie alle Marienkä- █ der Blütenbestäubung, ferarten, die sich von Blattläusen ernähren, █ beim Abbau toter organischer Substanz braucht auch der Zweipunkt bestimmte oder Blattlausarten als unbedingt erforderliche █ für die Stabilität von Ökosystemen essentielle Nahrung zum Aufbau und Erhalt denkt. Hier wäre auch der Zweipunkt einzu- seiner Fortpflanzungsfähigkeit und zur er- ordnen. Er ist ein wichtiges Glied des Blatt- folgreichen Entwicklung der Larven. Ob es lausfeindkreises und trägt zur Regulierung in diesem Bereich Veränderungen gegeben des Befalls auch an Nutzpflanzen bei. Ein hat, ist nicht bekannt und müsste unter- zunehmender Mangel an Insekten wirkt sich sucht werden. Wird der Zweipunkt aussterben? | 19
Eine andere Ursache für den Rückgang Pilzen gehörende Parasiten vor allem aus könnte das Auftreten des Asiatischen Mari- der Gattung Nosema. Nosema-Arten verur- enkäfers sein. Beide Arten besiedeln gleiche sachen Erkrankungen bei verschiedenen Lebensräume und scheinen sich auch in der Insekten. Bekannt und gefürchtet ist der Nahrung nicht zu unterscheiden, zumindest Erreger der Nosemose, einer häufigen nicht bei den für den Energiestoffwechsel Krankheit der Honigbienen. Der Asiatische des Zweipunktes erforderlichen Blattlaus- Marienkäfer ist gegen diese Krankheitserre- arten. Der Asiatische Marienkäfer hat ein ger weitgehend resistent. Er produziert ein viel größeres Nahrungsspektrum, das auch Antibiotikum mit Namen Harmonin, das andere Insekten einbezieht und nicht auf auch gegen die Erreger von Malaria und Blattläuse beschränkt ist. Weil er die glei- Tuberkulose getestet wurde, sowie eine chen Ansprüche wie der Zweipunkt hat, große Zahl antimikrobiell gegen Pilze und könnte vielleicht ein Mangel an essentieller Bakterien wirksamer Peptide. Es wird von Nahrung eine Rolle spielen. Es gibt also über 50 verschiedenen Peptiden berichtet. durchaus eine Konkurrenzsituation. Natür- So viele entsprechende Moleküle wurden in lich war der Zweipunkt auch vor der An- keiner anderen Tierart gefunden. Wenn aber kunft des Asiatischen Marienkäfers nicht die Larven oder Käfer des Zweipunktes oder die einzige Marienkäferart der entsprechen- anderer Marienkäfer Eier oder Larven des den Biotope. Er teilte sich seinen Lebens- Asiatischen Marienkäfers aufnehmen, raum mit anderen Arten. Durch detaillierte können sie sich infizieren. Da sie keine Ab- Unterschiede in der Lebensweise wird die wehrstoffe besitzen, sterben sie an diesen Konkurrenz mit anderen heimischen Arten Krankheitserregern. Der Asiatische Marien- jedoch möglichst vermieden. käfer ist also gegen Krankheiten besser geschützt als die bisher näher untersuchten Hinzu kommt aber ein Umstand, der in Marienkäfer der heimischen Fauna. seinen Auswirkungen noch gar nicht völlig abzuschätzen ist. Die Körperflüssigkeit des Allerdings bleibt offen, ob der extrem starke Asiatischen Marienkäfers, einschließlich der Rückgang des Zweipunktes allein auf das Eier und Larven, kann von Mikrosporidien Wirken des Asiatischen Marienkäfers zu- befallen sein. Dies sind einzellige, zu den rückgeführt werden kann. Für das „Insek- 20 | Wird der Zweipunkt aussterben?
tensterben“ insgesamt wird eine Fülle von Ursachen in Betracht gezogen. Und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass der Zwei- Die Art wurde deshalb in der Roten punkt von allen nachgewiesenen oder ver- Liste Sachsen in die Kategorie 2, muteten Faktoren – oder wenigstens eini- stark gefährdet, eingeordnet. gen – nicht betroffen sein sollte. Nähere Untersuchungen liegen für unsere Art bisher nicht vor. Der drastische Rückgang des Zweipunktes ist aber eindeutig. Larve des Asiatischen Marienkäfers (Harmonia axyridis) beim Angriff auf eine Puppe. Foto: E. Wachmann Wird der Zweipunkt aussterben? | 21
Marienkäfer brauchen unsere Hilfe Was kann man tun, außer der Beobach- Wenn jeder in seinem Verantwortungsbe- tung und Registrierung des Vorganges? reich dem Schutz der Natur Vorrang ge- Einige Vorschläge für jedermann, die aber währen würde, wäre schon viel gewonnen. großräumige Ansätze nicht ersetzen kön- nen, sind: Wenn jeder im Kleinen, in seinem Garten oder anderswo durch blühende Wiesen oder █ Bei der Gartengestaltung auf blühende naturbelassene Gartenbereiche Lebensräu- Wiesenteile achten. Nicht überall muss me für Insekten erhält oder schafft, wäre der Rasen wöchentlich gemäht werden. noch mehr gewonnen. Rasenroboter töten viele Insekten. Wenn jeder, der sich für die Vielfalt der █ Zweipunkte brauchen vor allem im Natur interessiert, die Zerbrechlichkeit un- Frühjahr Pollen. Heimische Pflanzen im serer Schatzkammer anderen vermittelt, Garten können helfen. wäre noch viel mehr gewonnen. █ Teile des Gartens sollen naturbelassen Wenn es gelingt, den Kindern frühzeitig sein. Vor allem „wilde Ecken“ mit mehr- die Augen zu öffnen, ihr noch unverstelltes jährigen Krautpflanzen sollten belassen Gemüt mit der Liebe zur Natur zu erfüllen, oder angelegt werden. wäre das meiste gewonnen. Denn sie wer- den später fragen, was wir Älteren damals █ Winterquartiere sind wichtig und feh- – also heute – unternommen haben, und sie len oft. Der Zweipunkt überwintert gern sind diejenigen, die endlich grundsätzliche unter loser Borke. Man kann aus Bret- Veränderungen nicht nur mit Worten an- tern vergleichbares basteln. mahnen, sondern sie konsequent umsetzen müssen. █ Blattläuse sollten nicht immer be- kämpft werden, schon gar nicht auf chemischem Wege. Zweipunkte brau- chen sie. 22 | Marienkäfer brauchen unsere Hilfe
Bitte melden! Zweipunkt (Adalia bipunctata), schwarze Form, Foto: I. Altmann Kenntnisse über aktuelle Vorkommen des LfULG Zweipunkt-Marienkäfers sind für wirksame Ref. 62 Artenschutz Maßnahmen zum Schutz des Lebensraums Stichwort „Zweipunkt“ unverzichtbar! Bitte melden Sie daher Be- Pillnitzer Platz 3 obachtungen dieses Marienkäfers an das 01326 Dresden Sächsische Landesamt für Umwelt, Land- artenerfassung.lfulg@smekul.sachsen.de wirtschaft und Geologie! Es stehen Ihnen auch weitere Möglichkeiten Wenn Sie einen Zweipunkt-Marienkäfer zur Verfügung, Beobachtungen oder Funde entdeckt haben, dann schreiben Sie uns an das LfULG zu übermitteln. Weiteres er- Ihre Beobachtung mit Anzahl, Ort, Datum fahren Sie unter: sowie Angaben zum Fundort, wenn möglich https://www.natur.sachsen.de/zweipunkt- mit Foto, per Post oder E-Mail an: marienkaefer.html Bitte melden! | 23
Literatur Dietrich, W. (2018): Nachweise von Marienkäfern Klausnitzer, B. (2006a): Der Siebenpunkt im Erzgebirge (Coleoptera: Coccinellidae). Ver (Coccinella septempunctata Linnaeus, 1758) – öffentlichungen des Museums für Naturkunde Das Insekt des Jahres 2006 in Deutschland und Chemnitz 41, S. 87-106. Österreich (Col., Coccinellidae). Entomologische Nachrichten und Berichte 50 (1/2), S. 5-27. Fürsch, H. (1967): 62. Familie: Coccinellidae (Marienkäfer). – In: Freude, H.; Harde, K. W. & Lohse, Klausnitzer, B. (2017): Rückgang von Adalia G. A. (Hrsg.): Die Käfer Mitteleuropas, Bd. 7 bipunctata (Linnaeus, 1758) (Coleoptera, Clavicornia, Goecke & Evers, Krefeld, S. 227-278. Coccinellidae)? Entomologische Nachrichten [Bestimmungstabellen für die Käfer] und Berichte 61 (2), S. 158-162. Hodek, I. & HonĔk, A. (1996): Ecology of Klausnitzer, B. (2019): Veränderungen der Marien- Coccinellidae. Series Entomologica 54. Kluwer käfer-Fauna (Coleoptera, Coccinellidae) der Ober- Academic Publishers Dordrecht, Boston, London. lausitz im Verlauf von 60 Jahren. Berichte der 464 S. Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz 27, S. 43-58. Hodek, I.; Emden, H. F. Van & HonĔk, A. (ed.) (2012): Ecology and Behaviour of the Ladybird Beetles Klausnitzer, B. (2020): Kommentiertes Verzeichnis (Coccinellidae). Wiley-Blackwell Publishing Ltd., der Marienkäfer (Coleoptera, Coccinellidae) des 561 S. Freistaates Sachsen (Neubearbeitung). Mitteilun- gen Sächsischer Entomologen 39 (133), S. 14-24. Klausnitzer, B. (1961): Zur Verbreitung der Coccinelliden (Col.) in Ostsachsen. Natura Klausnitzer, B. (2020): Rote Liste und Artenliste lusatica 5, S. 73-91. Sachsens. Marienkäfer. Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, 51 S. Klausnitzer, B. (1969): Zur Kenntnis der Entomo- parasiten mitteleuropäischer Coccinellidae. Klausnitzer, B. & Klausnitzer, H. (1997): Marienkäfer Abhandlungen und Berichte des Naturkunde (Coccinellidae). 4. überarbeitete Auflage. Die museums Görlitz 44, S. 1-15. Neue Brehm-Bücherei Bd. 451, Westarp Wissen- schaften Magdeburg. 175 Seiten, 96 Abbildun- Klausnitzer, B. (2001): Die Larven der Käfer Mittel- gen, 2 Farbtafeln. europas. 6. Band. Polyphaga Teil 5. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, Berlin. 309 Rauch, U. (2020): Die Marienkäfer. Die Neue Seiten, 1175 Abbildungen. [Bestimmungstabellen Brehm-Bücherei. NBB junior. VerlagsKG Wolf, für die Larven] Magdeburg, 72 S. Klausnitzer, B. (2002): Harmonia axyridis (Pallas, Vilcinskas, A. & Schmidtberg, H. (2014): Der Asia 1773) in Deutschland (Col., Coccinellidae). tische Marienkäfer als Modell – invasiv durch Entomologische Nachrichten und Berichte 46 (3), biologische und chemische Waffen. Biologie in S. 177-183. unserer Zeit 44 (6), S. 386-391. 24 | Literatur
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Herausgeber: Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Pillnitzer Platz 3, 01326 Dresden Telefon: + 49 351 2612-0 Telefax: + 49 351 2612-1099 E-Mail: lfulg@smekul.sachsen.de www.lfulg.sachsen.de Das LfULG ist eine nachgeordnete Behörde des Sächsischen Staatsminis- teriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft. Diese Ver- öffentlichung wird finanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes. Redaktion: Abteilung Naturschutz, Landschaftspflege Telefon: + 49 3731 294-2001 Telefax: + 49 3731 294-2099 E-Mail: abt6.lfulg@smekul.sachsen.de Autor: Prof. Dr. sc. nat. Dr. rer. nat. h. c. Bernhard Klausnitzer Mitglied des Senckenberg Deutschen Entomologischen Instituts Postfach 202731 01193 Dresden E-Mail: klausnitzer.col@t-online.de Foto: Zweipunkt (Adalia bipunctata), I. Altmann Gestaltung und Satz: Serviceplan Solutions 1 GmbH & Co. KG Druck: Stoba-Druck GmbH Redaktionsschluss: 15.09.2021 Auflage: 15.000 Exemplare Papier: Gedruckt auf 100 % Recycling-Papier Bezug: Diese Druckschrift kann kostenfrei bezogen werden bei: Zentraler Broschürenversand der Sächsischen Staatsregierung Hammerweg 30, 01127 Dresden Telefon: + 49 351 2103-671 Telefax: + 49 351 2103-681 E-Mail: publikationen@sachsen.de www.publikationen.sachsen.de Verteilerhinweis Diese Informationsschrift wird von der Sächsischen Staatsregierung im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidaten oder Helfern im Zeitraum von sechs Monaten vor einer Wahl zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen.
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