Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle - Sicherheit bis zur Endlagerung - Bundesamt für die ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung zweitausendzwanzig Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle Sicherheit bis zur Endlagerung
IMPRESSUM Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung V.i.S.d.P. Ina Stelljes Wegelystraße 8 10623 Berlin Telefon: 030 18 4321 0 Internet: www.base.bund.de Gestaltung: Quermedia GmbH, Kassel Druck: Volkhardt Caruna Medien GmbH & Co. KG, Amorbach Fotos: BASE und genannte Quellen natureOffice.com | DE-616-1VPZXBA Stand: Februar 2020
Inhalt 04 Einleitung 06 Warum gibt es Zwischenlager? 09 Geschichtlicher Hintergrund 09 Aufgaben des BASE 10 Radioaktive Abfallstoffe 12 Inhalt der Zwischenlager: bestrahlte Brennelemente 19 §: Abfälle in staatlicher Hand 20 Zwischenlager – wer macht hier eigentlich was? 22 Exkurs: Basiswissen Radioaktivität 24 Wie funktionieren Zwischenlager? 26 Zentrale und dezentrale Zwischenlager 28 Konstruktion der Zwischenlager 30 §: Ablauf des Genehmigungsverfahrens 32 Wie sind Zwischenlager geschützt? 34 Sicherheit und Sicherung 34 §: Voraussetzungen für die Genehmigung 35 Schutz durch Behälter 38 Schutz bei Störfällen 40 Schutz vor Terror- und Sabotageakten 42 Schutz vor den Folgen eines absichtlich herbeigeführten Flugzeugabsturzes 44 Wie geht es weiter? 46 Genehmigungen sind befristet 46 Zwischenlager auf dem Prüfstand 47 Folgen des Atomausstiegs 48 Reparaturmöglichkeiten für Behälter 50 Exkurs: Endlagersuche 54 Glossar 56 Abkürzungsverzeichnis 3
Wolfram König, Der Ausstieg aus der Energieversorgung durch Atomkraftwerke Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit in Deutschland ist mit der Abschaltung des letzten Kraftwerks im der nuklearen Entsorgung Jahre 2022 beschlossen, die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle festgelegt, die Zuständigkeiten für die verschiedenen Aufgaben sind neu geordnet. Das sind wichtige Voraussetzungen für den verantwortungsvollen Umgang mit den gefährlichen Hinterlassenschaften der Kernenergie. Doch bis zur Endlagerung ist es noch ein weiter Weg, auf dem die Sicherheit zu jeder Zeit Priorität haben muss. Eine bedeutende Rolle spielen dabei die Zwischenlager für hochradioaktive Abfälle. Neben den jeweiligen Aufsichtsbehörden in den Ländern nimmt hier das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) eine Wächterfunktion ein. Es prüft, ob die Betreiber der Zwischenlager die hohen Anforderungen an eine sichere Aufbewahrung erfüllen. Dafür müssen die Antragsteller alle erforderlichen Nachweise bringen. Nur dann kann und wird das BASE eine Genehmigung erteilen. Sicherheit hat bei den Bewertungen die oberste Priorität. Sie ist allerdings nicht statisch, sondern muss immer wieder hinterfragt werden. Wer sich einer Sache zu sicher ist, wird unvorsichtig. Zweifel und Unsicherheiten bleiben notwendige Begleiter. Das BASE steht dafür, dass die Sicherheit immer wieder neu betrachtet und bewertet wird. Es hinterfragt zudem bei den Sicherheitsbehörden kritisch, ob geltende Risikobetrachtungen noch dem aktuellen Stand entsprechen. Für die Zukunft zeichnen sich Fragen zur Sicherheit ab. Zum Beispiel, was mit und in den Behältern passiert, in denen die hochradioaktiven Abfälle lagern. Denn die Genehmigungen, die bewusst auf 40 Jahre befristet erteilt wurden, werden voraussichtlich nicht bis zur Inbetriebnahme eines Endlagers ausreichen. Das BASE sieht sich daher in der Verantwortung, rechtzeitig die Fragen zu identifizieren, die bei einer verlängerten Aufbewahrung zu stellen und von den Beteiligten zu beantworten sind. Für die Zwischenlager standen und stehen laufend Sicherheitsfragen Hintergrund im Fokus. Gleichzeitig sind Zwischenlager – wie es das Wort informationen andeutet – eine Zwischen- und keine Dauerlösung. Mauern, Bestimmte Hintergrund Wachmannschaften und Stacheldraht können auf lange Sicht informationen sind nicht den Schutz gewähren, den ein Endlager in stabilen hervorgehoben. Gesteinsschichten tief unter der Erde bietet. Zügig ein Endlager in Deutschland zu finden, das langfristig den bestmöglichen Schutz von Mensch und Umwelt vor den strahlenden Hinterlassenschaften bietet, muss daher das Ziel sein. Für die Themen, die Gesetze und Verfahrensfragen betreffen, Wegstrecke dahin darf es keinen Sicherheitsrabatt geben. haben eine grüne Färbung. 5
Zwischenlager am Atomkraft werk Philippsburg Ende 2019 sind 62 der Behälter stellplätze belegt, genehmigt sind insgesamt 152. © Picture Alliance / dpa / Uli Deck 6
Warum gibt es Zwischenlager? Geschichtlicher Hintergrund | Aufgaben des BASE | Radioaktive Abfallstoffe | Inhalt der Zwischenlager | §: Abfälle in staatlicher Hand | Zwischenlagerung – wer macht hier eigentlich was? | Exkurs: Basiswissen Radioaktivität 7
Protestaktion im Jahr 2001 gegen den Transport von verfestigten hochradio- aktiven Abfällen aus der Wiederauf- arbeitungs- anlage in La Hague nach Gorleben. © Picture Alliance / dpa / Tim Brakemeier 8
Geschichtlicher Was ist radioaktiver Abfall? Hintergrund Radioaktivität kann sowohl natürlich als auch von Menschen produziert vorkommen. Die Solange es in Deutschland noch kein Zivilisation erzeugt eine Vielzahl Endlager für hochradioaktive Abfälle von radioaktiven Stoffen, deren Gefahrenpotential aufwändige gibt, müssen diese Abfälle zum Schutz Sicherheitssysteme erfordert. von Mensch und Umwelt sicher Ist eine weitere Verwendung für zwischengelagert werden. einen radioaktiven Stoff nicht möglich oder nicht gewünscht, Zu Beginn der Kernenergienutzung in Deutschland lag der Zwischenlagerung Aufgaben des wird er als radioaktiver Abfall definiert. Radioaktive Abfälle noch ein anderer Zweck zugrunde. BASE müssen nach dem AtG geordnet beseitigt – also endgelagert – So waren die zentralen Zwischenlager werden. Ein Großteil der radio- Ahaus und Gorleben in den 1970er Das BASE erteilt die Genehmigungen aktiven Abfälle stammt aus dem Betrieb der Atomkraftwerke. Jahren als Teil eines sogenannten zur Aufbewahrung von Kernbrenn- Weitere entstehen in Forschungs- Kernbrennstoffkreislaufes konzipiert. stoffen in Zwischenlagern nach § 6 reaktoren sowie wissenschaftlich- Bestrahlte Brennelemente sollten AtG. Für eine Genehmigung müssen technischen Einrichtungen, in einer Wiederaufarbeitungsanlage Betreiber von Zwischenlagern viele in geringen Mengen auch in der Medizin. in Deutschland in Teilen zu neuem Sicherheitsnachweise erbringen (siehe Kernbrennstoff „recycelt“ werden. Kapitel 3). Das BASE informiert die Radioaktive Abfälle enthalten Später transportierten die Kraftwerks- Öffentlichkeit über die Genehmigungs- instabile Atome, also Atome, betreiber die bestrahlten Brenn- verfahren. Es überprüft zudem deren Kerne spontan zerfallen und dabei ionisierende Strahlung elemente zur Wiederaufarbeitung wesentliche Änderungen, die beispiels- aussenden (siehe S. 20). ins Ausland. Die Abfälle, die dort weise das Inventar oder Sicherungs- Um Mensch und Umwelt vor den entstanden, werden in den zentralen maßnahmen der Anlagen betreffen. negativen Auswirkungen dieser Zwischenlagern aufbewahrt. Dieses Strahlung zu schützen, muss zum einen die Direktstrahlung Entsorgungskonzept, das eine Vielzahl Das BASE wurde 2016 zunächst abgeschirmt werden, zum an Transporten erforderte, wurde als Bundesamt für die Sicherheit anderen muss eine Freisetzung 2002 mit der Novellierung des Atom- der nuklearen Entsorgung (BASE) der radioaktiven Stoffe verhindert gesetzes (AtG) grundlegend verändert. gegründet, seit dem 1.1.2020 trägt es werden. Da einige der Isotope sehr langlebig sind, ist die Ein- Um die Transporte der hochradio- den neuen Namen. Es ist Regulierungs-, haltung beider Ziele über einen aktiven Abfälle zwischen Anlagen zur Genehmigungs- und Aufsichts- langen Zeitraum sicherzustellen. Wiederaufarbeitung, den Kraftwerken behörde des Bundes im Bereich der Die Abschirmung der Direkt- und den zentralen Zwischenlagern zu kerntechnischen Entsorgung und strahlung kann etwa durch vermeiden, verpflichtete der Gesetz- Sicherheit. Das BASE ist zuständig für mehrere 100 Meter Gestein bei der Endlagerung oder durch dicke geber die Atomkraftwerksbetreiber, Genehmigungen von Transporten und Betonwände erreicht werden. die bestrahlten Brennelemente in der Zwischenlagern für hochradioaktive Nähe der Reaktoren zwischenzulagern. Abfälle und reguliert die Suche nach Radioaktive Abfälle unterschei- Die Aufbewahrung der Abfälle in den einem Endlager. Die Behörde ist zudem den sich in ihren Eigenschaften erheblich voneinander. Sie sogenannten Standort-Zwischenlagern atomrechtliche Aufsicht über die werden in verschiedene Abfall- wurde auf 40 Jahre befristet. Seit Endlager für schwach- und mittelradio- gruppen unterteilt. Die Gruppen dem Jahr 2005 verbietet das Gesetz aktive Abfälle Morsleben und Konrad unterscheiden sich beispiels- die Abgabe von bestrahlten Brenn- sowie für die Schachtanlage Asse II. weise durch: »» Aktivität (hoch-, mittel- und elementen aus kommerziellen Atom- Das BASE initiiert und begleitet For- schwachradioaktive Abfälle kraftwerken zur Wiederaufarbeitung. schungsvorhaben auf dem Gebiet der bzw. HAW, MAW, LAW) nuklearen Entsorgung und führt dabei »» freigesetzte Wärmeleistung Das seitdem verfolgte Konzept der auch eigene Forschungen durch. Die (wärmeentwickelnde Abfälle und Abfälle mit vernachlässig- direkten Endlagerung sieht vor, Expertinnen und Experten des BASE barer Wärmeentwicklung) bestrahlte Brennelemente nach unterstützen und beraten außerdem »» Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der Zwischenlagerung in endlager die Bundesregierung in Fragen der einer nuklearen Kettenreaktion fähige Behälter zu verpacken, diese kerntechnischen Sicherheit und sind in (Kernbrennstoffe und sonstige radioaktive Stoffe) dicht zu verschließen und in tiefen verschiedenen Gremien auf nationaler geologischen Formationen end- und internationaler Ebene vertreten. zulagern. Dem Gesetz nach wird der Rechts- und Fachaufsicht des BASE Standort eines Endlagers für hoch- ist das Bundesministerium für Umwelt, radioaktive Abfälle in Deutschland Naturschutz und nukleare Sicherheit im Jahr 2031 festgelegt. (BMU). 9
Radioaktive Abfallstoffe Kernbrennstoffe: hohe Radioaktivität, geringes Volumen Kernbrennstoffe werden durch ihre Anteile an spaltbaren Stoffen (z. B. Uran-233, Uran-235, Plutonium-239 und Plutoni- um-241) von den sonstigen radioaktiven Stoffen abge- grenzt. In die Kategorie der Kernbrennstoffe fallen u. a. Brennelemente aus Atomkraftwerken und Forschungsreaktoren. Zusätzlich werden verfes- tigte mittel- und hochradio- aktive Abfälle aus der Aufarbeitung von Kernbrenn- stoffen, sogenannte Kokillen, wie Kernbrennstoffe be- handelt. Die Abfallkategorie Kernbrennstoffe umfasst den überwiegenden Anteil der wärmeentwickelnden Abfälle. Diese Abfälle haben einen Anteil von unter 5 % am Gesamtvolumen der radioaktiven Abfälle in Deutschland. Sie enthalten jedoch etwa 99 % der gesamten Radioaktivität aller radioaktiven Abfälle. AKTIVITÄT ca. 1 % ca. 99 % sonstige radioaktive Abfälle Kernbrennstoffe 10
Bis zu 100.000 m3 ggf. zusätzlich anfallendes Abfallvolumen durch Rückstände aus der Urananreicherungs- anlage Gronau Sonstige radioaktive Stoffe: schwache Radioaktivität, hohes Volumen Alle radioaktiven Abfälle, die nicht Kernbrennstoffe sind, fallen in die Kategorie der Bis zu 220.000 m³ sonstigen radioaktiven Stoffe. zusätzlich Dementsprechend ist hier anfallendes eine große Vielfalt von Abfallvolumen Abfällen zusammengefasst. durch eine Gemeinsam ist ihnen, dass sie Rückholung der meist eine schwache Aktivität Abfälle aus der aufweisen. Beispiele für Schachtanlage sonstige radioaktive Stoffe Asse II sind kontaminierte Abwässer, Schutzbekleidung oder Werkzeuge, aber auch aus- gediente Strahlungsquellen aus Industrie und Medizin. Weitere erhebliche Mengen sonstiger radioaktiver Stoffe werden aus der Räumung der Schachtanlage Asse II sowie Ca. 300.000 m3 aus der Urananreicherung Abfälle aus dem erwartet. Betrieb und Rückbau von Kernkraftwerken und Forschungs- einrichtungen, aus der Industrie und zu einem geringen Teil aus der Medizin Bestrahlte Brennelemente und hochradioaktive Rückstände aus der Wiederauf- arbeitung VOLUMEN ca. 27.500 m³ bis zu 620.000 m³ Kernbrennstoffe sonstige radioaktive Abfälle 11
Abklingen – wie schnell reduziert sich Radioaktivität? „Abklingen“ bedeutet, dass mit der Zeit die Aktivität der radioaktiven Abfälle sinkt. Das dauert je nach Art der Stoffe unterschiedlich lange. Die bestimmende Größe dafür ist die sogenannte Halbwertszeit der einzelnen Radionuklide, die in den radioaktiven Ab- fällen enthalten sind. Nach einer Halbwertszeit finden nur Inhalt der Zwischenlager: noch halb so viele Kernzerfälle wie zuvor statt, nach einer bestrahlte weiteren Halbwertszeit ist die Aktivität wiederum um die Brennelemente Hälfte zurückgegangen („ab- geklungen“). Nach zehn Halbwertszeiten ist das Niveau Die Zwischenlager enthalten hauptsächlich der Aktivität eines Radio- bestrahlte Kernbrennstoffe aus den Atomkraft- nuklids auf etwa ein Tausend stel des Ausgangswertes werken, daneben auch hochradioaktive Abfälle aus gesunken. Damit geht – der Wiederaufarbeitung. Die Stoffe werden dort bis insbesondere bei den wärme- zu ihrer Ablieferung an ein Endlager aufbewahrt. entwickelnden Abfällen – ein deutlicher Rückgang der Temperatur einher. Brennelemente bleiben etwa drei bis vier Jahre im Reaktorkern der Kraftwerke und werden zur Energie- erzeugung dort bestrahlt. Danach werden sie als Beispiele für Halbwertszeiten „abgebrannt“ aus dem Reaktorkern entfernt und Cäsium-137: gegen frische ausgetauscht. Die Aktivität der be- ca. 30 Jahre strahlten Brennelemente ist erheblich höher als Plutonium-239: die Aktivität der frischen Brennelemente, weshalb ca. 24.000 Jahre der Umgang mit ihnen jederzeit besondere Vorsicht Iod-129: ca. 16 Mio. Jahre (Wärmeabfuhr, Abschirmung) erfordert. Die Halb- wertszeiten einiger Radionuklide in den bestrahlten Brennelementen betragen über eine Million Jahre. Bestrahlte Brennelemente enthalten jedoch auch eine ganze Reihe von Spaltprodukten mit kurzen Halbwertszeiten. Um die Stoffe besser handhaben zu können, werden die Brennelemente üblicherweise rund fünf Jahre in einem wassergefüllten Abkling- becken, einem sogenannten Nasslager, aufbewahrt. In dieser Zeit sinken Aktivität und Temperatur der bestrahlten Brennelemente. So ist nach einem Jahr die Aktivität auf etwa ein Hundertstel des Ausgangs- wertes zurückgegangen. Die Nasslager befinden sich in unmittelbarer Nähe des Reaktors und sind Teil der Anlage eines Atomkraftwerkes. Nach dem Ab- klingen im Nasslager werden die Brennelemente in Transport- und Lagerbehälter umgeladen und dann trocken zwischengelagert. Auch im Zwischenlager setzen die bestrahlten Brenn- elemente noch erhebliche Wärmemengen frei, die abgeführt werden müssen. Je geringer die Wärme- leistung der Abfälle nach der Zwischenlagerung ist, desto dichter können sie bei der Endlagerung unter Tage gepackt werden und desto kompakter kann das Endlager selbst gestaltet werden. 12
Abklingbecken Im Abkling- becken des Atomkraftwerks Neckarwestheim werden die bestrahlten Brennelemente bis zur Transportfähig- keit mehrere Jahre gelagert und gekühlt. © Picture Alliance / dpa / Sebastian Kahnert 13
Mengenprognose für Kernbrennstoffe Die Menge der anfallenden Kernbrennstoffe in Form von bestrahlten Brennelementen aus deutschen Atomkraftwerken lässt sich auf- grund der gesetzlich festgeschriebenen Restlaufzeiten berechnen. Mit dem Abschalten des letzten Atomkraftwerks spätestens 2022 werden bestrahlte Brennelemente mit einer Schwermetallmasse von etwa 17.000 Tonnen (tSM) angefallen sein. aus Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrationsreaktoren, direkt endzulagern* 377 BESTRAHLTE 6.343 BRENNELEMENTE IN t SM - werken und Forschungs-, Entwicklungs- und Demons- trationsreaktoren in die Wiederauf- arbeitung gebracht. Die dabei angefal- lenen Abfälle sind endzulagern. 10.173 direkt endzulagern* * Bei der direkten Endlagerung werden die bestrahlten Brennelemente nach ihrem Einsatz zwischen- und später endgelagert, ohne noch einmal der Wieder- aufarbeitung zugeführt zu werden. 14
Abfälle aus der Wiederaufarbeitung Die Wiederaufarbeitung bestrahlter Brenn- elemente wurde vertraglich zwischen den deutschen Energieversorgungsunternehmen und den Unternehmen COGEMA (heute Orano SA, Frankreich) und BNFL (heute Sellafield Ltd., Großbritannien) geregelt. Die Verträge be- inhalten u. a. die Rücknahmepflicht für Abfälle nach Deutschland, die im Wiederaufarbeitungs- prozess entstanden sind. Die Rücknahme der verglasten hochradio- aktiven Abfälle aus Frankreich in Kokillen wurde 2011 abgeschlossen. Sie lagern in 108 Behältern in Gorleben. Die Rückführung der übrigen Abfälle aus Frankreich sowie weiterer hochradioaktiver Abfälle aus der Wiederauf- arbeitung in Großbritannien steht noch aus. 2014 legte die Bundesregierung fest, dass die verbliebenen und zurückzunehmenden Abfälle in den Standort-Zwischenlagern aufzubewahren sind. Die Transporte nach Gorleben wurden nach einem politischen Kompromiss unterbunden. Ziel sollte es sein, bei der ergebnisoffenen Suche nach einem Endlager nicht den Eindruck zu erwecken, Gorleben als Endlagerstandort sei bereits festgelegt. 2015 einigten sich Bundesumweltministerium, Energieversor gungsunternehmen und die betroffenen Bundesländer, die Behälter mit mittelradio- aktiven Abfällen im Standort-Zwischenlager Philippsburg einzulagern und die hoch radioaktiven Abfälle zwischen den Standort- Zwischenlagern Biblis, Brokdorf und Isar DIE aufzuteilen. WICHTIGSTEN Für weitere Behälter mit kompaktierten Strukturteilen (mittelradioaktive Abfälle) aus Frankreich ist der Transport zum zentralen ZAHLEN Zwischenlager in Ahaus vorgesehen. Nach der Abschaltung der letzten Atomkraftwerke IN KÜRZE verbleiben Forschungsreaktoren als Quelle weiterer bestrahlter Brennelemente. Prognose von Kernbrennstoffen für die Endlagerung Abfallvolumen: ca. 27.500 m³ Angefallene Schwermetallmasse: ca. 17.000 t SM Behälteranzahl: bis zu 1.900 15
ÜBERSICHT ZWISCHENLAGER In Deutschland wird zwischen zentralen und dezentralen Zwischenlagern unterschieden (detaillierte Informationen dazu ab Seite 24). In den Zwischenlagern befindet sich eine Vielzahl an unterschied lichen Behälterbauarten mit verschiedenstem Inhalt. Die Unterschiede ergeben sich beispielsweise in der Wärmeleistung, Aktivität und Schwermetallmasse, so dass die Anzahl der eingelagerten 113 420 Behälter keine Rückschlüsse auf diese Größen zulässt. Gorleben Niedersachsen April 1995 3.800 tSM 16 MW Rubenow (Lubmin) Mecklenburg-Vorpommern Ende 1999 585 tSM 600 kW 74 80 Zentrale Ahaus Zwischenlager Nordrhein-Westfalen 1992 3960 tSM 17 MW 56 420 16
Ort Genügend Bundesland Lagerkapazitäten für Inbetriebnahme Behälterstellplätze Kernbrennstoffe Masse Schwermetall Stand 31.12.2019: Die Kapazität der Zwischen- Wärmeleistung belegt | benötigt | genehmigt lager für Kernbrennstoffe ist in den jeweiligen Genehmigun- Brunsbüttel* gen durch Obergrenzen für die Schleswig-Holstein eingelagerte Menge an Schwer- 20 9 20 24 05.02.2006 metallmasse, Aktivität, Wärme- 200 tSM 300 kw leistung und der Anzahl der Behälterstellplätze festgelegt. Krümmel** Die jeweilige Kapazität der Schleswig-Holstein Standort-Zwischenlager 42 42 65 14.11.2006 wurde unter Berücksichtigung 775 tSM 3 MW der mit dem Atomausstieg 2002 festgelegten Restlauf- Brokdorf zeiten von maximal 32 Jahren Schleswig-Holstein berechnet, beantragt und genehmigt. Nach dem Reaktor- 33 81 100 05.03.2007 1.000 tSM 3,75 MW unfall von Fukushima 2011 wurden acht Atomkraftwerke unmittelbar abgeschaltet und Unterweser die zulässigen Restlaufzeiten Niedersachsen der verbleibenden Kraftwerke 40 40 80 18.06.2007 reduziert. Bei einer geschätz- 800 tSM 3 MW ten Gesamtzahl von bis zu 1.900 in Deutschland an- Grohnde fallenden Castor-Behältern Niedersachsen sind die Kapazitäten der 34 74 100 27.04.2006 zentralen und dezentralen 1.000 tSM 3,75 MW Zwischenlager ausreichend. Lingen Niedersachsen 47 85 125 10.12.2002 1.250 tSM 4,7 MW Jülich Nordrhein-Westfalen 152 August 1993 225 kg Kernbrennstoff 158 Dezentrale Biblis Zwischenlager Hessen 102 108 135 18.05.2006 1.400 tSM 5,3 MW Grafenrheinfeld Bayern 43 54 88 27.02.2006 800 tSM 3 MW Philippsburg Baden-Württemberg 62 106 152 19.03.2007 1.600 tSM 6 MW Neckarwestheim Baden-Württemberg 86 127 151 06.12.2006 1.600 tSM 3,5 MW Isar Bayern 73 125 152 * Ursprünglich genehmigt: 12.03.2007 80 Behälterstellplätze, 450 tSM , 1.500 tSM 6 MW 2 MW Wärmeleistung. Nach Gerichtsverfahren Neugenehmigung notwendig, neu beantragt: Gundremmingen 24 Behälterstellplätze, 200 tSM , Bayern 300 kW Wärmeleistung. 69 176 192 ** Ursprünglich genehmigt: 25.08.2006 80 Behälterstellplätze. 1.850 tSM 6 MW Nach vollständiger Umsetzung der sicherungstechnischen Nachrüstung 65 Behälterstellplätze gestattet. 17
Prognosen für sonstige radioaktive Abfälle Atomkraftwerke, sonstige kerntechnische Industrien und staatliche Einrichtungen werden nach derzeitigen Prognosen bis zum Jahr 2050 rund 300.000 m3 sonstige radioaktive Abfälle ver- ursachen. Die Prognose für das Jahr 2050 geht von 63 % sonstigen radioaktiven Abfällen aus Atomkraftwerken und der kerntechnischen Industrie und von 37 % aus staatlichen Einrichtungen aus. Für die Endlagerung von 303.000 m3 radioaktiver Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung ist das Endlager Konrad in Salzgitter (Niedersachsen) genehmigt. Es wird derzeit zum ersten nach Atomrecht genehmigten Endlager ausgebaut. Darüber hinaus sind bei Prognosen für sonstige radioaktive Abfälle bis zu 220.000 m3 radioaktive Abfälle einzubeziehen, die aus der Schachtanlage Asse II zurückgeholt werden sollen. Dazu kommen bis zu 100.000 m3 Reststoffe aus der Urananreicherung, sofern diese nicht anderweitig verwertet werden. Zwischenlager in Karlsruhe Endlagerfähige Container mit schwach- und mittelradio- aktivem Abfall. © Picture Alliance / dpa / Wolfram Kastl 18
Abfälle in staatlicher Hand Die Bundesregierung hat im Zuge des Ausstiegs aus der Kernenergie die Kommission zur Überprüfung der Finanzie- rung des Kernenergie ausstiegs (KFK) eingerichtet. Ihre Aufgabe war es, die Finanzierung der Entsorgung Aufgrund eines laufenden der radioaktiven Abfälle neu zu Genehmigungsverfahrens ist bewerten. Auf Grundlage für dieses Zwischenlager der Empfehlungen der KFK weiterhin der Betreiber des verabschiedete der Bundestag stillgelegten Atomkraftwerks, im Dezember 2016 das Vattenfall, zuständig. Sobald Gesetz zur Neuordnung der die Genehmigung für das Verantwortung in der Zwischenlager erteilt ist, geht kerntechnischen Entsorgung. auch das Zwischenlager Das Gesetz regelt die organisa- Brunsbüttel in die Zuständig- torischen und finanziellen keit der BGZ über. Rahmenbedingungen für die Stilllegung und den Rückbau Die BGZ ist seit dem 1. Januar der Atomkraftwerke sowie 2019 außerdem verpflichtet, für die Entsorgung der radio- bestrahlte und radioaktive aktiven Abfälle. Die Abfall Abfälle aus der Wiederauf- verursacher haben ent- arbeitung im Ausland in ihren sprechend ihrer Pflicht aus Besitz zu nehmen, sofern diesem Gesetz zum 1. Juli 2017 diese den festgelegten rund 24 Mrd. Euro in einen Annahmebedingungen der eigens dafür gegründeten jeweiligen Zwischenlager Fonds eingezahlt. Im Gegen- entsprechen. Die Verant- zug trägt der Bund die Kosten wortung und Finanzierungs- und Verantwortung für pflicht für die Stilllegung und die weitere Zwischen- und den Rückbau der Atomkraft- Endlagerung. werksanlagen sowie die Verpackung der radioaktiven Für den Betrieb der Zwischen- Abfälle verbleibt in Händen der lager wurde im März 2017 die Kraftwerksbetreiber. Aus dem bundeseigene BGZ Gesell- Fonds werden sowohl die schaft für Zwischenlagerung Zwischenlager als auch die mit mbH gegründet. Sie hat am der Endlagerung verbundenen 1. August 2017 die Verant- Aufgaben finanziert. wortung für die Zwischenlager Die BGZ kann längstens für in Ahaus und in Gorleben über- fünf Jahre nach Erlöschen der nommen. Seit dem 1. Januar Berechtigung zum Leistungs- 2019 fallen auch die Standort- betrieb eines Atomkraft- Zwischenlager in die werkes den bisherigen Zuständigkeit der BGZ. Betreiber mit der weiteren Betriebsführung des Eine Ausnahme stellt das Zwischenlagers beauftragen. Zwischenlager Brunsbüttel dar. Als Betreiberin der Zwischen- lager führt die BGZ auch die entsprechenden Genehmi- gungsverfahren. Dabei hat sie – wie jeder andere Antrag- steller auch – gegenüber dem BASE als Genehmigungs- behörde den Nachweis zu führen, dass alle Sicherheits- anforderungen erfüllt sind. 19
Zwischenlagerung – wer macht hier eigentlich was? 1 Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit trägt die politische Ver antwortung. Es führt die Aufsicht gegenüber dem BASE und den Bundesländern. Bundesaufsicht 2 Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung prüft die Genehmigungs anträge der Zwischenlager betreiber. Nur wenn die strengen Sicherheits anforderungen des Atom- gesetzes erfüllt sind, erteilt das BASE eine Genehmigung für die Aufbewahrung von hochradioaktiven Abfällen. 3 3 Die Landesbehörden führen die Aufsicht über die Zwischenlager-Betreiber. Sie überprüfen den sicheren Betrieb der Zwischenlager. Gemäß der geografischen Lage der Zwischenlager sind die Länder Baden-Württem- berg, Bayern, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein- führen die Aufsicht Westfalen und Schleswig- Holstein zuständig. 4 Bundeseigene Unternehmen für den Zwischenlager-Betrieb sind für die sichere Auf- bewahrung der hochradio- aktiven Abfälle verant- wortlich. Für die meisten Zwischenlager in Deutsch- land ist die BGZ zuständig (BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung mbH). Das Zwischenlager in Jülich betreibt die JEN (Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen), das Zwischenlager in Lubmin/ Greifswald die EWN Ent- sorgungswerk für Nuklear- anlagen GmbH. 20
1 Fach- und Rechtsaufsicht 2 prüft Genehmigungsanträge der Betreiber 4 betreiben 21
Exkurs: Basiswissen Radioaktivität Weitere Neutronen Neutronenstrahlung bei der Kernspaltung Auslösendes Neutron Spalt- produkte Schwerer Atomkern Was ist Radioaktivität? (z. B. Uran-235) Radioaktivität bezeichnet die Eigen- schaft bestimmter Atomkerne, sich ohne äußere Einwirkung in andere Kerne umzuwandeln und dabei energie- reiche Strahlung auszusenden. Bei diesem Prozess entstehen stabile und / oder radioaktive Zerfallsprodukte, wobei radioaktive Zerfallsprodukte Durchdringungsvermögen der auch weiter zerfallen können. verschiedenen Strahlungsarten Bei einem solchen Kernzerfall können verschiedene Arten sogenannter ionisierender Strahlung frei werden: Bei Alpha- und Betastrahlung handelt Alphastrahlung es sich um Teilchen, die leicht ab geschirmt werden können. Eine Gesundheitsgefahr besteht dann, wenn diese Strahler über die Atmung oder Nahrung in den Körper gelangen. Sie strahlen dann dort weiter. Gammastrahlung ist sehr energiereiche elektromagnetische Strahlung und Betastrahlung lässt sich schwerer abschirmen als Alpha- und Betastrahlung. Für die Abschirmung werden Behälter aus vorwiegend schweren (dichten) Materialien wie Stahl, Beton oder Blei Gammastrahlung verwendet. Neutronenstrahlung kann diese schweren Materialien durchdringen, wird aber z. B. durch Wasser, Graphit oder bestimmte Kunststoffe ab gebremst (moderiert) und kann von Neutronenstrahlung bestimmten Materialien (zum Beispiel Bor) eingefangen werden. 22
Doppelstrang- bruch Einzelstrang- bruch Ionisierende Basen- Strahlung kann schaden die DNA einer Zelle verändern oder zerstören. Wenn die veränder- te Zelle überlebt und Wirkung ionisierender Strahlung auf den Menschen repariert wird, können Krebs- Alles Leben hat sich unter dem Einfluss natürlicher Radioaktivität erkrankungen entstehen bzw. in Keimzellen die entwickelt. Heute wissen wir, dass ionisierende Strahlung, un- Erbanlagen verändert abhängig davon, ob sie natürlichen oder künstlichen Ursprungs ist, werden. eine schädigende Wirkung auf die Zelle ausüben kann, indem sie die Erbsubstanz (DNA) der lebenden Zelle verändert oder zerstört. Der Organismus besitzt zwar die Fähigkeit, Strahlenschäden auszugleichen, die Abwehr- und Reparatursysteme können jedoch versagen oder überfordert sein. Langfristige und kurzfristige Strahlenwirkungen Bei einer geringen Strahlendosis treten Strahlenwirkungen mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit erst Jahre oder Jahrzehnte später auf. Je nachdem, ob es sich um eine Keimzelle oder um eine Körperzelle handelt, kann es zu einer Veränderung der Erb- anlagen kommen oder es können Krebserkrankungen wie z. B. Leukämie entstehen. Anhand der Strahlendosis lassen sich noch keine Aussagen zu Strahlenschäden treffen, wohl aber über die Wahrscheinlichkeit, dass Strahlenschäden auftreten. Zur Information: Für in Deutschland lebende Personen beträgt die Strahlendosis aus natürlichen Quellen durchschnittlich 2 Milli sievert pro Jahr. Es kann jedoch auch zu Situationen kommen, in denen Menschen kurzfristig einer hohen Strahlendosis ausgesetzt sind, z. B. bei den Aufräumarbeiten in unmittelbarer Nähe der verunglückten Reaktoren von Tschernobyl und Fukushima. Gesundheitliche Schäden treten in solchen Fällen sofort oder innerhalb weniger Wochen auf. Diese Art von Schäden – Fachleute sprechen von deterministischer Strahlenwirkung – erfolgt erst bei einer hohen Strahlendosis oberhalb eines bestimmten Schwellenwertes. Dieser liegt beim Menschen bei rund 500 Millisievert. Wird dieser Schwellenwert um mehr als das Zehnfache überschritten, führt das in der Regel zum Tod. 23
Zwischenlager am Atomkraftwerk Brunsbüttel Der Bau umfasst 80 Stellplätze, in einem Neugenehmi- gungsverfahren wurden 24 Stellplätze beantragt. © Picture Alliance / dpa / Ulrich Perrey 24
Wie funktionieren Zwischenlager? Zentrale und dezentrale Zwischenlager | Konstruktion der Zwischenlager | §: Ablauf des Genehmigungsverfahrens 25
Zentrale und Standort- Zwischenlager Ahaus dezentrale Das Transportbehälterlager an den Ahaus wurde 1990 fertiggestellt Zwischenlager Atomkraftwerken und 1992 in Betrieb genommen. In den Standort-Zwischen- Die Lagerhalle ist in zwei lagern werden derzeit Lagerbereiche (Lagerbereich I In Deutschland wird zwischen zentralen bestrahlte Brennelemente aus und II) aufgeteilt, zwischen dem Betrieb des jeweiligen denen sich ein gemeinsamer und dezentralen Zwischenlagern Atomkraftwerks aufbewahrt. Empfangs- und Wartungs- unterschieden. Zentrale Zwischen- Eine Ausnahme bilden die bereich befindet. Im Lager- lager befinden sich in Gorleben und Abfälle aus dem Atomkraft- bereich II werden momentan Ahaus, als dezentrale Zwischenlager werk Obrigheim, die vom die Brennstoffkugeln aus dem Betreiber 2017 im standort- THTR-300 in Hamm-Uentrop werden die zwölf Standort-Zwischen- nahen Zwischenlager (305 Castor-Behälter THTR/ lager bezeichnet, die Anfang der AVR), Brennelemente aus Neckarwestheim eingelagert 2000er Jahre an den Atomkraft- wurden. 2014 legte die Forschungsreaktoren (18 werken errichtet wurden (siehe S. 9). Bundesregierung fest, dass die Castor-Behälter MTR2) sowie in restlichen noch aus der geringem Umfang Brenn- Die Zwischenlager Jülich und Lubmin Wiederaufarbeitung in elemente aus Atomkraftwerken (Zwischenlager Nord) nehmen in dieser (jeweils drei Castor-Behälter Frankreich und Großbritannien Einteilung eine Sonderstellung ein, da zurückzuführenden radio- V/19 und V/52) aufbewahrt. sie sich zwar wie die dezentralen Lager aktiven Abfälle in den Standort- Lagerbereich I dient derzeit in unmittelbarer Nähe zu einer kern- Zwischenlagern aufzube der Zwischenlagerung wahren sind. Die Abfälle sollen sonstiger radioaktiver Abfälle technischen Anlage befinden, aber (sog. kombinierte Lagerung). auf die Standorte Philippsburg, älter als diese sind und nicht von einem Biblis, Brokdorf und Isar Energieversorgungsunternehmen er- verteilt werden. Die an diesen richtet wurden. Standorten bereits heute Gorleben erlaubten Mengen an Das Transportbehälterlager radioaktiven Abfällen werden Gorleben wurde 1983 dadurch nicht verändert. fertiggestellt und 1995 mit der Einlagerung des ersten Behälters in Betrieb genom- men. Es ist das älteste Zwischenlager für Kernbrenn- stoffe in Deutschland. Der überwiegende Anteil der Be- hälter (108) ist mit hochradio- aktiven Abfällen aus der Wiederaufarbeitung aus Frankreich beladen. Weiterhin werden dort fünf Behälter verschiedener Bauarten mit bestrahlten Brennelementen aufbewahrt. Die Lagerhalle besteht nur aus einem Transportbehälterlager Lagerbereich. In einem gesonderten Gebäude auf Ahaus dem Gelände befindet sich außerdem das Abfalllager Gorleben, welches als ein Zwischenlager für sonstige radioaktive Abfälle genutzt wird. 26
Jülich Zwischenlager Im AVR-Behälterlager bei Jülich befinden sich gegenwärtig Nord die Brennstoff-Kugeln des AVR- Versuchsreaktors des Forschungs- zentrums Jülich. Die für 20 Jahre erteilte Betriebsgenehmigung dieses Lagers ist am 30. Juni 2013 ausgelaufen. Momentan erfolgt der Betrieb des Lagers auf der Grundlage einer Anordnung nach § 19 AtG der zuständigen atomrechtlichen Aufsichts- behörde, des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisie- rung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (MWIDE). In diesem Zusammenhang hat die atomrechtliche Aufsichtsbehörde 2014 angeordnet, das Lager zu räumen. Der Betreiber hat eine Neugenehmigung für drei Jahre beantragt. Mittelfristig werden drei Optionen verfolgt: ■■ Transport nach Ahaus Lubmin ■■ Neubau eines Zwischenlagers Das Zwischenlager Lubmin, bei Jülich auch Zwischenlager Nord ■■ Transport in die USA genannt, ging 1999 in Betrieb. Die Genehmigung zur Aufbewah- Das Lagergebäude besteht rung der Abfälle im Transport- aus acht nebeneinander behälterlager Ahaus wurde am errichteten Hallenschiffen, 21. Juli 2016 erteilt. Eine Geneh von denen eines (Halle 8) als migung nach § 4 AtG für den Transportbehälterlager zur Transport der Abfälle von Jülich Aufbewahrung von Kernbrenn- nach Ahaus wurde bisher nicht Brunsbüttel stoffen dient. Mittelfristig soll erteilt. Lubmin ein Neubau Halle 8 ersetzen. Brokdorf Die atomrechtliche Genehmi- gung für diesen Neubau wurde 2019 beim BASE beantragt. In Unterweser Krümmel den anderen sieben Lager- bereichen befinden sich sonstige radioaktive Abfälle Gorleben sowie Anlagen zu deren Konditionierung. Im Lager- bereich für Kernbrennstoffe Lingen befinden sich die bestrahlten Brennelemente der ost- deutschen Atomkraftwerke Ahaus Rheinsberg und Greifswald, Grohnde Brennstäbe und Glaskokillen aus Karlsruhe sowie Brenn- stäbe des nuklearbetriebenen Forschungs- und Frachtschiffes „Otto Hahn“. Außerdem wird dort Lagerkapazität für die staatliche Verwahrung von Jülich Kernbrennstoffen vorgehalten. Grafenrheinfeld Dezentrale Zwischenlager für wärmeentwickelnde Abfälle Biblis Dezentrale Zwischenlager, die ab 2019 Abfälle aus der Wiederaufarbeitung aufnehmen Zentrale Zwischenlager für wärmeentwickelnde Abfälle Philippsburg Neckarwestheim Isar Gundremmingen 27
Konstruktion der Zwischenlager Die Standort-Zwischenlager wurden Tunnellager mit Ausnahme des Zwischenlagers in Neckarwestheim nach zwei grund- Neckarwestheim legenden Zwischenlagertypen errichtet (STEAG oder WTI). Trotz unterschiedlicher Bauweise erfüllen alle Zwischenlager die Anforderungen ich des AtG und sind auch gegen sb e re gang Szenarien wie den absichtlich herbei Ein geführten Flugzeugabsturz gesichert (siehe S. 42 f.). Hallen nach dem STEAG-Konzept Das Konzept der STEAG GmbH sieht eine Stahlbetonhalle mit ca. 1,20 Meter dicken Wänden und einer 1,30 Meter dicken Decke vor. Lagergebäude nach dem STEAG-Konzept befinden sich an den fünf norddeutschen Stand- orten Brokdorf, Krümmel, Brunsbüttel, Grohnde und Unterweser sowie am Standort Lingen. Lagerbereich Lagerbereich Hallen nach dem WTI-Konzept Das WTI-Konzept stammt von der Wissenschaftlich-Technischen Ingenieurberatung GmbH. Es geht mit einer Wandstärke von ca. 70 bis ca. 85 Zentimetern und einer Decken- stärke von ca. 55 Zentimetern auf die Konstruktion der Lagergebäude in Gorleben und Ahaus zurück. Das WTI- Konzept ist für die fünf süddeutschen Standorte Biblis, Philippsburg, Grafenrheinfeld, Isar und Gund- remmingen genehmigt. Tunnellager Neckarwestheim Da das Atomkraftwerk Neckarwest- heim in einem ehemaligen Steinbruch am Neckar errichtet wurde, war auf dem Anlagengelände kein Platz für eine große Lagerhalle. Bei der Errichtung des Zwischenlagers wurde daher das durch den Betrieb des Steinbruchs abgesenkte Bodenniveau genutzt und ein Lager in Form zweier paralleler Tunnel horizontal in das umgebende Kalkgestein getrieben. 28
WTI-Konzept Eingangsbereich Eingangsbereich Eingangsbereich Lagerbereich Lagerbereich Lagerbereich 1,20 m dicke Stahlbetonwände Lagerbereich STEAG-Konzept 0,70–0,85 m dicke Stahlbetonwände 29
Ein Genehmigungsverfahren für die Aufbewahrung von Kern- brennstoffen beginnt, sobald dafür ein Antrag beim BASE eingegangen ist. Die Form des Genehmigungsverfahrens hängt maßgeblich davon ab, ob für das beantragte Vorhaben eine Umweltverträglichkeits- prüfung (UVP) durchgeführt werden muss. Eine UVP muss durchgeführt werden, wenn bestrahlte Kernbrennstoffe oder andere hochradioaktive Abfälle länger als zehn Jahre an einem anderen Ort als dem Ort, an dem diese Stoffe angefallen sind, aufbewahrt werden sollen. Außerdem hat eine UVP zu erfolgen, wenn eine Vorprüfung ergibt, dass von dem beabsichtigten Vorhaben erhebliche nach teilige Umweltauswirkungen ausgehen können. Bei UVP-pflichtigen Vorhaben ist Grundlage für ein Geneh migungsverfahren die Atom- rechtliche Verfahrensver ordnung (AtVfV) sowie das Gesetz über die Umweltverträg- lichkeitsprüfung (UVPG). Ist für ein Vorhaben eine UVP nicht erforderlich, richtet sich das Genehmigungsverfahren nach den allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrens- gesetzes (VwVfG). In einem Genehmigungsver- fahren, das eine UVP beinhaltet, muss die Öffentlichkeit beteiligt werden. Unabhängig davon informiert das BASE umfassend über alle Zwischenlager. Im Genehmigungsverfahren für Zwischenlager bewertet das BASE die eingereichten Antragsunterlagen daraufhin, ob alle gesetzlichen Vorausset- zungen für eine Genehmigung vorliegen. Werden alle Anforderungen erfüllt, muss die Genehmigung erteilt werden. Die Behörde hat hier keinen Ermessensspielraum. Die Ergebnisse der UVP bzw. der Vorprüfung fließen in die Ablauf des Genehmigung ein. Genehmigungs- Vor Erteilung der Genehmigung bindet das BASE die atomrecht- verfahrens liche Aufsichtsbehörde und gegebenenfalls das Innen- ministerium des jeweiligen Bundeslandes mit ein, außer- dem hat der Antragsteller im Rahmen einer Anhörung Gelegenheit zur Stellungnahme. 30
Öffentlichkeits Umwelt Grenzüberschreitende beteiligung verträglichkeitsprüfung UVP Bei einer Öffentlichkeits Die UVP ist ein Instrument, mit Wenn ein Vorhaben erhebliche beteiligung gibt das BASE das dem die Umweltauswirkungen grenzüberschreitende Um- Vorhaben im Bundesanzeiger geplanter Vorhaben frühzeitig, weltauswirkungen haben sowie in örtlichen, standort- systematisch und umfassend kann, werden die potentiell nahen Tageszeitungen ermittelt, beschrieben und betroffenen Nachbarstaaten bekannt, bewertet werden. über das Vorhaben unter- »»legt das BASE den Antrag richtet. Wünscht ein Nachbar- sowie weitere relevante Als Grundlage für die UVP staat eine Beteiligung Unterlagen an seinen legt der Antragsteller der im Verfahren, so ist eine Behörden-Standorten in Genehmigungsbehörde einen grenzüberschreitende UVP Berlin und Salzgitter Bericht zu den voraussicht- durchzuführen. In diesem sowie an einer geeigneten lichen Umweltauswirkungen Rahmen findet auch im Stelle in der Nähe des des Vorhabens (UVP-Bericht) Nachbarstaat eine Beteiligung Standortes aus, vor. Dieser Bericht muss eine der Öffentlichkeit statt. »»besteht die Möglichkeit, Beschreibung des Vorhabens schriftlich Einwendungen mit Angaben zum Standort, gegen das Vorhaben zu zur Art und technischen Aus- ABLAUF GENEHMIGUNGSVERFAHREN NACH § 6 ATG erheben sowie die Ein- gestaltung, zur Größe und zu wendungen mit dem BASE, anderen wesentlichen dem Antragsteller und Merkmalen des Vorhabens den Einwenderinnen und sowie eine Beschreibung der Antr ag Einwendern zu erörtern. Umwelt und ihrer Bestandteile im Einwirkungsbereich des Die ausgelegten Unterlagen Vorhabens enthalten. zum Vorhaben können zu- sätzlich auf der Homepage Die Genehmigungsbehörde des BASE sowie auf einem prüft und bewertet die Aus- UVP obligatorisch nach UVPG Informationsportal des wirkungen des Vorhabens ja nein Bundes (www.uvp-portal.de) auf Menschen, Tiere, Pflanzen abgerufen werden. Zu den und die biologische Vielfalt. UVP-Vorprüfung: erforderlichen Auslegungs- Sie betrachtet ebenfalls Entscheidung über Notwendigkeit einer unterlagen gehören u. a. Auswirkungen auf Fläche, Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) eine allgemeinverständliche Boden, Wasser, Luft und Klima. Kurzbeschreibung des Auch mögliche Einflüsse auf ja nein Vorhabens, ein Sicherheits- Landschaft, Kulturgüter und bericht und ein UVP-Bericht sonstige Sachgüter sowie zur Vorbereitung der UVP. Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern müssen Förmliches Verfahren Im Rahmen der Öffentlich- untersucht werden. Die Prüfvermerk nach AtVfV keitsbeteiligung organisiert Ergebnisse der UVP fließen Umweltverträglichkeits- das BASE einen Erörterungs- anschließend in die Genehmi- prüfung termin. Er dient dazu, die von gungsentscheidung ein. Nichtförmliches Anwohnern oder Bürgerinnen Auslegung und Verfahren nach VwVfG und Bürgern rechtzeitig Erörterungstermin erhobenen Einwendungen Zusammen- fassende Bekanntgabe mündlich zu besprechen, soweit dies für die Prüfung der Darstellung Genehmigungsvorausset- und zungen von Bedeutung sein Bewertung kann. Vor dem Termin hat das der Umwelt- Prüfung Genehmigungsvoraussetzungen BASE die Unterlagen öffentlich auswirkungen nach § 6 Abs. 2 AtG ausgelegt. Ziel der Erörterung ist es, sich gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern und dem Antragsteller über die in den Einwendungen schriftlich erhobenen Anmerkungen, Hinweise Entw und Befürchtungen Gen ur ehm f im direkten Gespräch igun besc gs- heid auseinanderzusetzen. Anhörung Behörden- Antragstellerin beteiligung AtVfV – Atomrechtliche Verfahrensverordnung g VwVfG – Verwaltungsverfahrensgesetz hm igun AtG – Atomgesetz G ene UVPG – Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung 31
Zwischenlager Gund remmingen Mit 192 genehmigten Stellplätzen ist es das Standort- Zwischenlager, das die meisten Behälter aufnehmen kann. © Picture Alliance / dpa / Stefan Puchner 32
Wie sind Zwischenlager geschützt? Sicherheit und Sicherung | §: Voraussetzungen für die Genehmigung | Schutz durch Behälter | Schutz bei Störfällen | Schutz vor Terror- und Sabotageakten | Schutz vor den Folgen eines Flugzeugabsturzes 33
Voraussetzungen für die Genehmigung Um Kernbrennstoffe in einem Zwischenlager aufbewahren zu dürfen, benötigt der Betreiber eine Genehmigung des BASE. Für jede wesentliche Änderung an den Zwischenlagern oder bei Sicherheit der Handhabung mit dem hoch- radioaktiven Inventar muss und Sicherung er außerdem eine sogenannte Änderungsgenehmigung beantragen. Der Schutz von Mensch und Umwelt hat bei der In diesen Genehmigungsver- Lagerung hochradioaktiver Stoffe in den Zwischen- fahren müssen die jeweiligen lagern höchste Priorität, die Strahlenbelastung Betreiber der Zwischenlager muss für die Anwohner und das Personal so gering dem BASE gemäß § 6 AtG nachweisen, dass wie möglich gehalten werden. Zu unterscheiden sind »»die nach dem Stand von dabei Maßnahmen gegen Schäden, die durch die Wissenschaft und Technik Aufbewahrung der Kernbrennstoffe selbst in einem erforderlichen Maßnahmen zur Zwischenlager entstehen könnten (Sicherheit) Schadensvorsorge getroffen sind (Sicherheit), und Maßnahmen gegen kriminelle und terroristisch »»die Kernbrennstoffe ausreichend motivierte Taten (Sicherung). gegen SEWD geschützt sind, z. B. gegen terroristische Für die Aufbewahrung von hochradioaktiven Abfällen Angriffe (Sicherung), braucht es ein umfassendes Schutzkonzept. »»das Personal über Fachkunde verfügt und zuverlässig ist und Sicherheit Die Gewährleistung der Sicherheit ist dabei zentrale »»die erforderliche Vorsorge umfasst die nach dem Stand Aufgabe des Zwischenlagerbetreibers. Bevor die für die Erfüllung gesetzlicher von Wissenschaft und Technik Aufbewahrung hochradioaktiver Abfälle vom BASE Schadenersatzverpflichtungen erforderliche Vorsorge gegen getroffen ist. genehmigt werden kann, muss er die Einhaltung aller Schäden, die durch die Aufbewahrung von hochradio- notwendigen Sicherheitsanforderungen nachweisen. Sind alle Voraussetzungen er- aktiven Abfällen in einem füllt, hat der Antragsteller einen Zwischenlager entstehen Zwischenlager müssen u. a. folgende sicherheits- Rechtsanspruch darauf, dass können. die Genehmigung erteilt wird. technischen Anforderungen erfüllen: Man spricht dabei von einer »» Abschirmung der ionisierenden Strahlung vor allem gebundenen Entscheidung. durch die Behälter »» sicherheitsgerichtete Organisation und Durch- Nach Erteilung einer Genehmi- führung des Betriebes gung ist die staatliche Aufsicht zuständig für die Überwachung »» sichere Handhabung und sicherer Transport der der Sicherheit und Sicherung radioaktiven Stoffe der Zwischenlager. Die staat- »» Auslegung gegen Störfälle liche Aufsicht wird durch eine zuständige Landesbehörde Sicherung wahrgenommen, in den meisten Bei der Sicherung, also dem Schutz der Bevölkerung Bundesländern ist dies das ist der für alle kerntech- gegen Terror- und Sabotageakte, unterstützt der jeweilige Umweltministerium. nischen Anlagen und Staat, insbesondere die Polizei, die Maßnahmen des Aufgabe der Aufsicht ist ins- Einrichtungen erforderliche Betreibers. Ein zentraler Begriff ist hier der Schutz besondere die Überwachung der Schutz gegen Störmaß- gegen „Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Einhaltung der Bestimmungen nahmen und sonstige und Auflagen der Genehmigungen Einwirkungen Dritter (SEWD). Dritter“, kurz SEWD. SEWD beschreibt den Versuch, sowie die Einhaltung des AtG und Als solche kommen krimi- radioaktive Stoffe zu entwenden oder eine Frei der atomrechtlichen Verord- nelle und terroristisch setzung radioaktiver Stoffe herbeizuführen. Mit nungen. Wie das BASE in motivierte Taten in Betracht. Dritte sind dabei die jeweiligen Täter gemeint. Ziel Genehmigungsverfahren nach § 6 AtG lassen sich die Aufsichts- der Maßnahmen ist es, Fälle von SEWD zu ver- behörden bei ihrer Tätigkeit durch hindern, die eine Gefahr für den Menschen und seine unabhängige Sachverständige Gesundheit darstellen könnten (siehe S. 40 ff.). unterstützen. 34
Wie werden die Behälter für bestrahlte Brennelemente getestet? Die in Deutschland ein- gesetzten Lagerbehälter sind auch als Transportbehälter ausgelegt und verfügen über Schutz eine entsprechende verkehrs- rechtliche Zulassung, die durch die ebenfalls vom BASE erteilt wird. Sie müssen besonderen Behälter thermischen und mecha- nischen Belastungen gemäß den Transport-Empfehlungen Zwischenlager müssen sicher- der Internationalen heitstechnische Aspekte, die Atomenergie-Behörde (IAEA) sogenannten Schutzziele, erfüllen. standhalten. Bei den verkehrs- rechtlichen Zulassungs Die Behälter müssen: verfahren arbeitet das BASE »» die radioaktiven Stoffe sicher mit der Bundesanstalt einschließen für Materialforschung und »» die Zerfallswärme sicher -prüfung (BAM) zusammen. Die BAM führt eine mechanische abführen Bewertung des Behälters »» die Unterkritikalität sicher ein- durch und prüft jeden Behälter- halten (Kritikalitätssicherheit) typ unter den hier und auf der »» unnötige Strahlenbelastungen folgenden Seite genannten Bedingungen. Diese Prüf vermeiden bedingungen decken bereits einen großen Teil der Die Sicherheit in den Zwischen- 15 m Belastungen ab. lagern wird nach dem in Deutsch- land verfolgten Konzept haupt- sächlich durch die Behälter gewährleistet. Spezifische An forderungen an die Konstruktion der Behälter sind: »» massive metallische Behälter aus verformungsfähigem Gusseisen oder Schmiedestahl »» überwachtes Doppeldeckel dichtsystem oder ein verschweißter Deckel »»Transportierbarkeit Ausgehend von den bisherigen Betriebserfahrungen hat sich das aus diesen Anforderungen abge- leitete System der Zwischen- lagerung in den vergangenen 25 Jahren bewährt. Die Behälter 1. Eintauchprüfung in werden kontinuierlich mit Mess- Wasser über 8 h geräten überwacht. Ein Versagen in 15 m Wassertiefe eines der Deckeldichtsysteme und damit ein Dichtheitsverlust in einem der beiden Schutzsysteme wurde bislang nicht festgestellt. Es waren lediglich Instandsetzungen defekter Druckschalter notwendig. 8h Diese Defekte wurden aufgrund der Selbstüberwachungsfunktion der jeweiligen Druckschalter erkannt. 35
1m 3. Freier Fall aus 1 m Höhe auf einen Stahldorn von 15 cm Durchmesser 9m 200 m 4. Freier Fall aus 9 m Höhe auf ein unnachgiebiges Aufprallfundament 800 °C 2. Eintauchprüfung über eine Stunde in 200 m Wassertiefe im Fall von Transport behältern mit bestrahlten Brennelementen 1h 5. Feuertest in einer allseitigen Flammenumgebung mit einer Temperatur von mindestens 800 °C für die Dauer von 30 min 36
2,44 m Die Konstruktion der Behälter Die meisten in Deutschland einge- setzten Transport- und Lager- Schutzplatte behälter sind sogenannte Castor- Sekundärdeckel Behälter (Cask for storage and transport of radioactive material). Moderatorplatte Die Modelle unterscheiden sich Primärdeckel nach der vorgesehenen Beladung. Sie teilen aber konstruktive Grundlagen. Der monolithische Behälterkörper besteht aus ca. 40 Zentimeter dickem Gusseisen mit Kugelgraphit und ist außen mit Kühlrippen zur Wärmeabfuhr versehen. In die Wand der Be- hälter sind axiale Bohrungen Moderatorstäbe eingebracht, die mit Kunststoff aufgefüllt werden. Der Kunststoff Brennelemente wirkt als Moderator und erhöht die Abschirmung der Neutronen- Kühlrippen strahlung. Die Oberfläche des Behälters ist mit einem mehr- schichtigen Anstrich versehen, der gut gereinigt (dekontaminiert) Tragkorb werden kann. Die Behälter verfügen über ein überwachtes Doppeldeckeldicht- system (Primär- und Sekundär- deckel mit drucküberwachtem Sperrraum). Die Deckel sind ebenfalls beschichtet, lackiert oder bestehen aus korrosions- beständigem Stahl. Die Dich tungen sind langzeitbeständige Metalldichtungen. Neben den Castor-Behältern kommen 5,94 m in geringem Umfang auch TN- Behälter eines französischen Herstellers zum Einsatz. TN- Behälter sind in ihrer Auslegung mit den Castor-Behältern vergleichbar. Sie unterscheiden sich aber in der Konstruktion. Der Behälterkörper besteht aus zwei geschmiedeten Stahlteilen (Mantel und Boden), die mit- einander verschweißt werden. Der Moderator ist ein anderer Kunststoff, der den Behälter als zusätzliche Abschirmschicht umgibt und dabei in einer Außenhülle mit äußeren Kühl- rippen eingeschlossen ist. Zur Verbesserung der Wärmeabfuhr sind Mantel und Außenhülle zu- sätzlich über wärmeleitende Metallstrukturen verbunden. Die Behälteroberfläche ist ebenfalls mit einem gut dekontaminierbaren Anstrich versehen. Tragzapfen Castor-Behälter V/19 Behältergewicht, leer: 108 t Kapazität: max. 19 Brennelemente aus Druckwasserreaktoren Gesamtwärmeleistung: max. 39 kW Gesamtaktivität: max. 1900 PBq (Billiarden Becquerel) 37
Sie können auch lesen