10 Jahre Gesunde Städte-Netzwerk Leipzig
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10 Jahre Gesunde Städte-Netzwerk Leipzig Inhalt 05 Vorwort 06 Grußwort 08 Aus dem Leben eines Dinosauriers 11 Es hat immer etwas mit Vertrauen zu tun 14 Meilensteine auf dem Weg zur gesunden Stadt Leipzig 16 Mit dem Gesunde Städte-Netzwerk zum „Gesunden Leipzig“ 21 Chapeau und weiter so! 22 Spiegelbilder 24 Eine gesunde Stadt braucht engagierte Menschen 25 Gesundheitsfördernde Stadtentwicklung 28 Fehler, Ungemach, Chaos & Kollaps – F.U.C.K. 30 Neue Leitlinien für ein „Gesundes Leipzig“ 32 Meine Vision für unsere Stadt 34 10 Jahre in Zahlen 35 Impressum 03
10 Jahre Gesunde Städte-Netzwerk Leipzig Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, gerade allerorts die Diskussion, nicht nur im Bereich der Gesundheitsförderung. Leipzig ist seit 10 Jahren Mitglied im Ge- Vor diesem Hintergrund rückt die große sunde Städte-Netzwerk der Bundesrepu- Bedeutung des bürgerschaftlichen Mitei- blik Deutschland. Bereits 2010 hatte sich nanders und Füreinanders einmal mehr der Stadtrat per Ratsbeschluss für den in den Fokus und damit auch die zahlrei- Beitritt in das Netzwerk ausgesprochen chen Bürgerinitiativen und Selbsthilfe- und damit den Weg bereitet, dass Gesund- gruppen, die sich in der Krise engagiert heit im Sinne von ‚Health in All Policies‘ für ihre Mitmenschen eingesetzt haben. im kommunalen Denken und Handeln Pandemiebedingt verzichtet das ‚Ge- eine wichtige und wachsende Rolle spielt. sunde Leipzig‘ auch in diesem Jahr auf Seither wurde viel erreicht! Wir ge- die traditionelle und immer gut besuch- hören heute deutschlandweit zu den te Jahrestagung. Stattdessen wollen wir, „Leuchttürmen der Gesundheitsförde- gemeinsam mit vielen Weggefährtinnen rung“. Leipzig unterhält im Rahmen der und -gefährten, die in der Broschüre zu bundesweiten Gesunde Städte-Bewegung Wort kommen, Bilanz ziehen, Danke sa- ein Kompetenzzentrum für integrierte gen und mit Ihnen nach vorn schauen. kommunale Strategien und berät andere In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Mitgliedskommunen. – gemeinsam mit dem Team der Gesund- All das war und ist nur möglich, weil heitsförderung des Gesundheitsamtes – viele Partner/-innen aus der Wissenschaft, eine interessante Lektüre und freue mich von Seiten der Krankenkassen, aus der auf eine weitere gute Zusammenarbeit. Stadtverwaltung und der Kommunalpo- litik, die gemeinschaftliche Selbsthilfe Mit freundlichen Grüßen sowie weitere kommunal tätige Akteu- rinnen und Akteure den Aufbau eines ‚Gesunden Leipzigs‘ unermüdlich und tat- kräftig unterstützen. Dr. med. Regine Krause-Döring Ein entscheidender Meilenstein der Leiterin des Gesundheitsamtes vergangenen 10 Jahre ist die Aufnahme des Querschnittsthemas Gesundheit in das Integrierte Stadtentwicklungskonzept, das die Zukunftsstrategie für die Entwick- lung Leipzigs bis 2030 beschreibt. Die Schaffung und Sicherung gesunder Le- bensverhältnisse unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Chancengerechtig- keit wurde dort als zentrales kommunales Handlungsfeld verankert. Die Bedeutung von Gesundheit für Leipzig und das Leben in der Stadt wurde und wird in der letzten Zeit vor allem auch bezüglich der Auswirkungen von Corona deutlich. Fragen nach der Krisenfestig- keit von Städten gegenüber der Pandemie aber auch des Klimawandels bestimmen 05
Grußwort Wir gratulieren der Stadt Leipzig herzlich Städte-Initiativen in der Kommunalpoli- und Handeln verankert werden. Das „In- zum 10. Jubiläum ihrer Mitgliedschaft im tik und den immer wichtiger werdenden tegrierte Stadtentwicklungskonzept Leip- Gesunde Städte-Netzwerk der Bundesre- ‚Health in All Policies‘-Ansatz. zig 2030“ wurde im Mai 2018 als ressort- publik Deutschland. Das Gesunde Städte- Leipzig hat sich in den letzten zehn übergreifendes Handlungskonzept der Vorhaben der Stadt war und ist – auch im Jahren mit großem Engagement und Lei- Stadt beschlossen. Die Förderung einer bundesweiten Vergleich – äußerst erfolg- denschaft dem Leitbild der ‚Gesunden gesunden Entwicklung und die Sicherung reich. Stadt‘ verpflichtet und ist heute einer der von gesundheitlicher Chancengerechtig- Es ist kein Zufall, dass die Autoren dieser bundesweit wahrgenommenen Leucht- keit werden seither als gesamtstädtische, Zeilen schon etliche Jahre vor dem Bei- türme der kommunalen Gesundheitsför- fachübergreifende Herausforderungen tritt zum Gesunde Städte-Netzwerk mit derung. Die klare Absicht und der Gestal- betrachtet. Aber auch in Stadtteilentwick- Leipzigerinnen und Leipzigern einen en- tungswille der Stadt spiegeln sich auch in lungsplänen und verschiedenen Fachpla- gen kollegialen und fachpolitischen Aus- den „Leitlinien Gesundes Leipzig“ wider, nungen wird Gesundheit inzwischen kon- tausch pflegten. Dieser betraf vor allem die in ihrer Form Vorbildcharakter für an- sequent mitgedacht. Fragen der Selbsthilfeförderung und Bür- dere Kommunen haben. Aber nicht nur auf gesamtstädtischer gerbeteiligung. Schon früh setzte die Stadt in Fragen Ebene wurde Gesundheit weiter voran- Denn bereits in jener Zeit zeigte sich der Gesundheitsförderung mehr auf die gebracht, sondern auch in den Stadtquar- eine besondere Stärke der Stadt und der Veränderungen der Lebensverhältnisse tieren – also dort, wo Menschen leben, Menschen, die in ihr leben und arbeiten: als auf individuelle Verhaltensänderun- spielen, lernen und arbeiten. Besonde- Gute Grundlagen schaffen für anspruchs- gen und schaffte damit im Austausch mit re Leuchtkraft über Leipzigs Stadtgren- volle Ziele, Prozesse in Gang setzen und Dezernaten und Ämtern eine gemeinsa- zen hinaus entfaltete unter anderem die dabei möglichst viele mitnehmen. Kom- me Wissensbasis, die sich später noch „Koordinierungsstelle kommunale Ge- munale Gesundheitsförderung ist ein auszahlen sollte. sundheit“ in Verbindung mit dem „Verfü- anspruchsvolles Ziel. Die Weltgesund- So konnte Gesundheitsförderung – gungsfonds Gesundheit“. Leipzig gelang heitsorganisation (WHO) verfolgt dafür ganz im Sinne der WHO – schrittweise als damit etwas, das zwar im Bundespräven- die wirksame Strategie durch Gesunde Querschnittsthema im städtischen Planen tionsgesetz gefordert wird, aber vieler- 06
10 Jahre Gesunde Städte-Netzwerk Leipzig v.l.n.r. Dr. Hans Wolter, Marion Wolf, Reiner Stock (Team GSN-Sekretariat) orts kaum umsetzbar scheint; Kranken- ren kommunal tätigen Akteuren. Es geht tigen Beiträge zur Weiterentwicklung der kassen schließen sich auf lokaler Ebene in Leipzig ganz augenscheinlich nicht um kommunalen Gesundheitsförderung. Wir zusammen, um gemeinsam und zielge- schnelle, häufig nur kurzlebige Gesund- wünschen Leipzig und seinen engagier- richtet gesundheitsförderliche (Mikro) heitsprojekte, sondern um den nachhalti- ten Menschen weiterhin Erfolg auf dem Projekte in deprivierten Quartieren zu un- gen Aufbau selbsttragender Gesundheits- Weg zu einer ‚Gesunden Stadt‘. Wir freuen terstützen. Begleitet und koordiniert wird förderungsstrukturen. uns auf den Erfahrungsaustausch auch das Engagement der Krankenkassen von Mit diesem ‚Leipziger Ansatz‘ hat sich in der Zukunft und hoffen auf eine nie der Koordinierungsstelle im Leipziger Ge- die Stadt auch im bundesdeutschen Ge- nachlassende Motivation in Leipzig, im- sundheitsamt. sunde Städte-Netzwerk verdient gemacht. mer auch für andere Mitgliedskommunen Eine afrikanische Lebensweisheit be- Das Netzwerk mit seinen insgesamt 90 Vorbild zu sein. sagt, dass, wer schnell gehen will, allein Mitgliedskommunen ist stolz darauf, mit gehen muss und wer weit gehen will, mit der Stadt Leipzig und seinem Gesund- anderen gemeinsam gehen muss. In Leip- heitsamt seit 2018 auf ein Kompetenzzen- zig sind vertrauensvolle Partnerschaften trum für integrierte kommunale Strategi- und Zusammenarbeit Erfolgsfaktoren en verweisen zu können, das sich für den Dr. Hans Wolter der kommunalen Gesundheitsförderung fachpolitischen und wissenschaftlichen Bundesweiter Koordinator Gesunde der letzten zehn Jahre! Das zeigt sich auf Austausch innerhalb des Netzwerks und Städte-Netzwerk Quartiersebene in verschiedenen Gesund- in ganz Deutschland einsetzt. Für die Inte- heitsnetzwerken, Bürgerinitiativen und ressen und Bedarfe der Mitgliedskommu- Selbsthilfeaktivitäten und auf gesamtstäd- nen setzt sich Leipzig seit dem Jahr 2015 tischer Ebene im „Koordinierungskreis auch im Sprecher*innenrat des bundes- Gesundes Leipzig“, dem ressortübergrei- deutschen Netzwerks ein. fenden Gremium von Ämtern und Refe- Vor dem Hintergrund dieser Erfolgs- Reiner Stock raten der Stadtverwaltung, Fraktionen, story dankt das Gesunde Städte-Sekreta- Vertretung der Gesundheits- und Selbst- Krankenkassen, Hochschulen und weite- riat der Stadt sehr herzlich für ihre wich- hilfeinitativen in der Geschäftsführung 07
Aus dem Leben eines Dinosauriers Ein Rückblick auf 22 Jahre Gesundheitsförderung Wie alles begann Als ich am 1. Juni 1999, aus dem Bereich Manchmal möchte ich es mir selbst kaum eingestehen, seit der Umweltsoziologie der Universität Hal- 22 Jahren bin ich im Gesundheitsamt für das Thema Gesund- le-Wittenberg kommend, im Amt begon- heitsförderung zuständig, das heißt, ich war schon im letzten nen habe, hatte ich wenig bis gar keine Jahrhundert hier … aber zumindest hoffe ich, dass ich einen Ahnung von Gesundheitsförderung. Da- Satz nicht sagen werde: „Das haben wir schon immer so ge- her wusste ich auch nicht, dass das Gesetz macht und das hat immer gut funktioniert.“ Denn, fast alles über den Öffentlichen Gesundheitsdienst hat sich geändert und das ist auch gut so. im Freistaat Sachsen meinen Handlungs- rahmen im § 11 ‚Gesundheitliche Aufklä- rung und Beratung‘ beschreibt. Dort heißt es (leider) immer noch: „Die Gesundheits- ämter klären die Bevölkerung in Fragen der körperlichen, geistig-seelischen und sozialen Gesundheit (Gesundheitshilfe) auf und beraten sie über die Gesunder- haltung und Krankheitsverhütung. […] Die Gesundheitsämter [bieten …] insbe- sondere folgende Dienste an: […] Beratun- gen zu Fragen einer gesundheitsbewuss- ten und altersgerechten Lebensweise und Aufklärung über die Folgen falscher Ernährung, des Rauchens und des Alko- holmissbrauchs […].“ Ganz im Sinne dieses Wortlautes habe ich mich am Anfang mit der Gestaltung von Ausstellungstafeln zum Nichtrauchen und zur gesunden Ernährung, der (Mit-) Organisation von größeren Veranstaltun- gen auf dem Markt oder im Festsaal des Neuen Rathauses beschäftigt. Außerdem gab es da noch den ‚Guten Rat am Telefon‘. Für diese Bandansage musste wöchent- lich ein Gesundheitsthema von Fußpilz über Schlaganfall, Frühjahrsmüdigkeit bis Grippeimpfung auf 1,5 bis 2 Seiten ausgearbeitet werden. Leipziger Gesundheitskon- ferenzen – ein erster Blick über den Tellerrand des indi- viduellen Ansatzes Anfang der 2000er waren Gesund- heitskonferenzen auch sachsenweit en vogue. Allerdings verstand man unter ‚Gesundheitskonferenz‘ eine klassische 08
10 Jahre Gesunde Städte-Netzwerk Leipzig Fachtagung und nicht, wie in anderen kumentiert. Folgende positive Verände- Blick genommen und Vertreter/-innen Bundesländern, ein beratendes und koor- rungen konnten zu Projektende in allen unterschiedlicher Professionen an einen dinierendes Gremium. Kitas erzielt werden: Tisch gebracht. Im Januar 2001 fand die 1. Leipziger ȣȣ Auch außerhalb der Mahlzeiten wur- Gesundheitskonferenz zum Thema ‚Ge- den nun Getränke angeboten. Nach dem Projekt ist vor dem sundheit von Kindern und Jugendlichen‘ ȣȣ Der Anteil süßen Gebäcks reduzierte Projekt – ein Hoch auf die mit Fokus auf somatische Erkrankun- sich vor allem beim Frühstück deut- Projektitis und immer neue gen statt. 2003 folgte die zweite mit dem lich. Möglichkeiten Schwerpunkt ‚Seelische Gesundheit von ȣȣ Die wöchentliche ‚Sportstunde‘ wurde 2005 schrieb das Bundesministerium Vorschulkindern‘. Diese Konferenzen wi- von täglichen aktiven Bewegungsein- für Verbraucherschutz, Ernährung und derspiegelten mit mehr als 100 bzw. fast heiten abgelöst. Landwirtschaft den Wettbewerb ‚Besser 200 Teilnehmenden das große Interesse Eine weitere wichtige Erkenntnis war essen. Mehr bewegen.‘ aus. Leipzig gehör- am Thema. die Aufgeschlossenheit der Erzieherin- te mit ‚optiSTART – eine optimaler Ernäh- Im Nachgang zur 1. Konferenz ent- nen (damals gab es in den teilnehmenden rungs- und Bewegungsstart in die Schul- stand in Kooperation mit der Universität Kitas noch keine männliche Fachkraft) karriere‘ zu den 24 Modellregionen (im Leipzig, dem Umweltforschungszentrum gegenüber Gesundheitsthemen. Dass es Übrigen die einzige in Sachsen), die über Leipzig-Halle, der Deutschen Gesellschaft in allen Fortbildungen auch Tipps zur Er- zwei Projektphasen von Sommer 2006 bis für Ernährung, Sektion Sachsen, dem Ju- zieherinnengesundheit gab, war für fast 2011 gefördert wurden. In den ersten drei gendamt, mehreren Krankenkassen und alle Teilnehmerinnen ein neuer und un- Jahren wurden neun Kitas, sechs Grund- Sponsoren das erste Leipziger – wahr- erwarteter Mehrwert, der dankend ange- schulen und Horte und zwei Förderschu- scheinlich sogar das erste sächsische – nommen wurde. len einbezogen. Settingprojekt. Anders als heute gab es damals im An der Erziehungswissenschaftlichen Vorfeld nur eine relativ grobe Zielstellung. Fakultät wurde über Projektmittel eine Projekt „Gesunde Kinder- Die neun Themen standen zu Beginn fest, zusätzliche Stelle geschaffen und so 11 tagesstätte Leipzig“ – mehr dann folgten zwei Jahre Projektarbeit umfangreiche Bewegungsmodule erar- als nur ein Gesundheitstag nach dem Motto ‚learning by doing‘. Eben- beitet, die von zwei Ernährungsmodulen Im Mai 2002 startete das Projekt „Ge- falls kaum noch vorstellbar ist, dass das ergänzt wurden. Zu diesen Modulen wur- sunde Kindertagesstätte Leipzig“, in das Projekt ohne Finanzierung auskam. Die den pädagogischen Fachkräfte aus Schu- zehn Kitas mit ca. 650 Kindern über einen Partner/-innen unterstützten unentgelt- le, Hort und Kita fortgebildet. Pro Klasse Zeitraum von zwei Jahren eingebunden lich und der guten Sache willens. gab es wöchentlich zwei zusätzliche opti- waren. Dieses wendete sich an drei Ziel- Dieser Projektauftakt weckte die Lust START-Stunden zum Beispiel zur Ernäh- gruppen: auf mehr. Blieb allein die Frage, wie das rungspyramide, Lebensmitteilerzeugung ȣȣ Pädagogische Fachkräfte, die als Mul- ‚kleine Kita-Projekt‘ möglichst vielen Leip- und -verarbeitung, ausdauerorientierten tiplikatorinnen und Multiplikatoren ziger Kitas weiter zugutekommen konn- Spielen, Psychomotorik, Haltungsschu- praxisnah fortgebildet wurden, te. Eine erste Antwort waren zwei Hand- lung/Kinderzirkus; in den Kitas pro Grup- ȣȣ Eltern, die über Elternabende und/ bücher für Erzieher/-innen, eines zum Ge- pe eine. Außerdem konnten für die Mo- oder Broschüren und Faltblätter er- samtprojekt und ein zweites zur Sprach- dulumsetzung benötigte Materialien wie reicht wurden, förderung mit einem großen Spielteil. Küchenutensilien, Lebensmittel, kleine ȣȣ Kita-Kinder, deren Alltag sich mit Parallel zur ‚Gesunden Kita‘ entstand Sportgeräte über Fördermittel beschafft Hilfe der geschulten pädagogischen der Arbeitskreis für Bewegungsförderung, und die zusätzlichen Stunden der pädago- Fachkräfte und den Informationen an welches sich erstmals auch mit verhält- gischen Fachkräfte extra vergütet werden. die Elternhäuser gesünder gestalten nispräventiven Fragestellungen beschäf- Diese paradiesischen Zustände führ- sollte. tigte. Wie bringt man Kinder in Bewe- ten dazu, dass die Einrichtungen opti- Das Projekt beinhaltete die Themen- gung? Was müssen die verschiedenen START mit großem Engagement und vie- komplexe Ernährung, Bewegung, Sprach- Lebenswelten der Kinder (Familie, Kita, len eigenen kreativen Ideen umgesetzt förderung, Lebenskompetenzförderung, Schule/Hort und auch die Kommune) haben. Sexualerziehung, Unfall- und Lärmprä- dazu beitragen, dass sich vention, Allergie und Umwelt sowie För- Kinder ausreichend – das Anfang der 2000er waren Gesundheits- derung der Teilnahme an den U-Untersu- heißt in der Regel mehr – konferenzen auch sachsenweit en vogue. chungen sowie Schutzimpfungen. bewegen und in ihrer Um- Allerdings verstand man unter ‚Gesund- Ein Novum der ‚Gesunden Kita‘ war gebung vielfältige Bewe- die Messung der Wirksamkeit einzelner gungsanreize finden? Mit heitskonferenz‘ eine klassische Fach- Maßnahmen. Bis dato wurden Erfolge von dem Arbeitskreis wurden tagung und nicht, wie in anderen Bundes- Veranstaltungen vor allem durch Fotos, erstmals die Lebensver- ländern, ein beratendes und koordinie- z. B. mit glücklich lachenden Kindern do- hältnisse bewusst in den rendes Gremium. 09
Die zweite Projektphase widmete sich sige Ladenbetreibende mit einbezogen der Implementierung der Module in die wurden. So gaben zum Beispiel Friseur- Ganztagsangebote und erreichte weitere salons und Nagelstudios niedrigschwellig 19 Horte und Grundschulen. Gleichzeitig Informationen zu den Vorsorgeuntersu- entstand für Kitas in Kooperation mit der chungen im Kindesalter (U-Untersuchun- Gutenbergschule – Berufliches Schulzen- gen) weiter. Außerdem wurde ein breites trum der Stadt Leipzig – ein sogenanntes Gesundheitsnetzwerk im Leipziger Osten Knie-Buch „In unserer Kita ist was los! Mit aufgebaut. Tina und Leo bewegt und lecker durch Das Gesundheitsamt unterstützte die- das Jahr“. Ein Buch voller gesundheitsför- se Projekte von Anfang an. Gemeinsam derlicher Geschichten und Ideen, dessen gelang es, das Thema Gesundheit erst- liebevoll gestalteten ausklappbaren Bilder mals in die Stadtentwicklung „zu tragen“ – über das Knie des Vorlesenden hängend und Anfang 2013 im „Integrierten Stadt- – von Kindern besonders gut betrachtet teilentwicklungskonzept Leipziger Osten“ werden können. als extra Kapitel zu verankern. Nach Ende der Projekte zeigte sich, Perspektiverweiterung durch dass es für die langfristige Fortführung noch mehr (sozial)wissen- und Begleitung der aufgebauten Struk- schaftliche Expertise – der turen einen ‚festen Kümmererʻ in der Stadtteil rückt in den Fokus Stadtverwaltung braucht. Und so wurde 2009 startete die Forschungsgruppe die Idee der ‚Koordinierungsstelle Ge- „Soziales und Gesundheit“ der Hochschu- sundheitʻ geboren, die von 2012 bis 2017 le für Technik, Wirtschaft und Kultur als Modellprojekt der HTWK gemeinsam Leipzig (HTWK) zwei vom Bundesminis- mit der AOK PLUS, der ikk classic und der terium für Bildung und Forschung für je Stadt Leipzig umgesetzt wurde und da- drei Jahre geförderte Modellprojekte im nach als feste Personalstelle am Gesund- Leipziger Osten, einem Stadtteil mit be- heitsamt etabliert werden konnte. sonderem Handlungsbedarf: Seit 2011 bin ich im Bereich Gesund- ȣȣ Das Projekt „GO – Gesund im Leipzi- heitsförderung keine Einzelkämpferin ger Osten. Stadtteilbezogene Präven- mehr, da eine zusätzliche halbe Stelle tion für sozial benachteiligte Mütter für die Koordination der Gesunde Städte- mit Migrationshintergrund“, welches Arbeit geschaffen werden konnte. Bis über die Mütter die gesamte Familie heute hat sich das Team der kommunalen erreichen wollte und zusätzlich von Gesundheitsförderung weiter vergrößert der AOK PLUS unterstützt wurde und weitere Aufgabenschwerpunkte sind ȣȣ sowie das Projekt „AGNES – Aktivie- hinzugekommen. rende Gesundheitsförderung durch Vieles hat und wird sich auch in Zu- nachbarschaftliches Engagement im kunft ändern, nur eines nicht, ich beken- Stadtteil“ mit dem Hauptaugenmerk ne mich dazu, meinen Traumjob schon auf Seniorinnen und Senioren. vor vielen Jahren gefunden zu haben. Und Beide Projekte verfolgten das Ziel, daran sind nicht zuletzt Sie, liebe Leserin- partizipativ mit Stadtteilakteurinnen und nen und Leser dieser Broschüre „schuld“! -akteuren sowie den Bewohnerinnen und Bewohnern die Problemlagen, aber vor Dr. Karoline Schubert allem vielfältige Potentiale zu erkennen Sachgebietsleiterin Gesundheitsförde- und gemeinsam passende Ansätze für rung und Gesundheitsberichterstattung, mehr Gesundheitsförderung auf Stadtteil- Gesundheitsamt ebene zu finden. Neben der Etablierung zahlreicher an- wendungsorientierter Angebote im Quar- tier wie Info-Cafés und Angeboten zum kulturspezifischen gesunden Kochen wur- den ehrenamtliche Gesundheitsmittler- innen und -mittler geschult. Besonders beeindruckend fand ich, dass auch ansäs- 10
10 Jahre Gesunde Städte-Netzwerk Leipzig Es hat immer etwas mit Vertrauen zu tun Ein Interview mit Frau Prof. Dr. Gesine Grande Frau Prof. Dr. Grande war langjährige Wenn Sie an die Anfangszeit 2009 zu- ten, sehr vertrauensvollen Beziehung, die Leiterin der Forschungsgruppe „Soziales rückdenken: Wie würden Sie Ihre Vision immer mehr möglich gemacht hat. und Gesundheit“ der Hochschule für beschreiben, die Sie damals als Leiterin Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig der Forschungsgruppe „Soziales und Ge- Mit dem Leipziger Beitritt zum Gesunde (HTWK), ab 2014 war sie Rektorin dieser sundheit“ der HTWK mit kommunaler Ge- Städte-Netzwerk hat der Aufbau der kom- Hochschule. Seit Oktober 2020 ist sundheitsförderung verbunden haben? munalen Gesundheitsförderungsstruktu- Frau Prof. Grande als neue Präsidentin Ich weiß gar nicht, ob ich das so in ren damals an Fahrt aufgenommen. Sie der Brandenburgischen Technischen ein Bild bringen kann. Wir haben damals haben dabei auch ganz kräftig mitge- Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) ein großes Projekt eingeworben, das hieß mischt und die Gespräche mit den ver- tätig. Der Leipziger Stadtverwaltung „GO – Gesund im Osten“. Wir waren total schiedenen Fachämtern und Dezernaten ist sie seit 2009 eine enge Kooperations- glücklich, dass wir uns bei einer so har- geführt. Können Sie sich an eine Episode partnerin und wichtige Ansprechpartnerin ten Konkurrenz mit unserem Projektan- erinnern, die typisch war für diese aufre- in verschiedenen stadtteilbezogenen trag durchgesetzt hatten. Aber wir haben gende Zeit? Gesundheitsförderungsprojekten (z. B. schon so ziemlich bei Null angefangen. Wir saßen zum Beispiel mit dem „Gesund im Osten“, „AGNES – Aktivieren- Das betraf unsere eigene Erfahrung in Sportamt zur Frage von Bewegungsför- de Gesundheitsförderung durch nachbar- diesem Feld, unsere Kenntnis des Leipzi- derung im öffentlichen Raum zusammen. schaftliches Engagement im Stadtteil“, ger Ostens und unsere Haltung zu sozialer Ich glaube, was so wichtig war, dass ich „GRÜNAU BEWEGT sich“). Als Leiterin und gesundheitlicher Benachteiligung. immer ein gutes Gefühl dafür hatte, wie des Projektes „Etablierung einer Koordi- Da waren für mich sehr viele Aha-Effekte schwierig es ist, die Perspektive zu än- nierungsstelle Gesundheit“ hat sie nicht dabei. Ich habe dabei unglaublich viel dern. Das weiß ich natürlich auch aus nur einzelne Stadtteile, sondern auch die gelernt; meine Sensibilität für Diskrimi- eigener Erfahrung. Wenn man bisher Stadtverwaltung und -politik für die Vi- nierung – auch völlig ungewollte Diskri- immer in seiner beruflichen Verantwor- sion eines ‚Gesunden Leipzig‘ gewinnen minierung – ist extrem geschärft worden. tung von der anderen Seite hergedacht können. Aufgrund ihrer Initiative bildete Und ich denke auch, dass wir das Feld hat, dann ist das ja logisch so und es ist sich der „Koordinierungskreis Gesundes damals ganz neu beackern mussten. Das erstmal überhaupt nicht naheliegend, ei- Leipzig“, den sie bis heute moderiert. ist für mich rückblickend sehr berührend. nen ganz neuen Ansatz zu verfolgen. Dass Die Stadt machte damals schon etwas man öffentlichen Raum zum Beispiel als Prävention und ein bisschen Gesund- Raum für Bewegungsförderung versteht. heitsförderung. Das waren schon eher Da gehören ja ganz andere Konzepte dazu. randständige Themen und dann kamen Ich glaube aber, dass wir die Offenheit für wir so angewalzt mit all unseren Ansprü- andere Perspektiven und Ansätze schon chen. Wir waren ja auch nicht zu bremsen auch unterstützen konnten, weil wir eben und daraus entwickelte sich dann, wenn immer versucht haben zu werben, zu man so will, über viele, viele Jahre eine diskutieren und weil wir uns nie als bes- Dynamik. Aber wir brauchten dafür eben serwissende Expertinnen und Experten auch Leute wie Frau Dr. Schubert, wie die verstanden haben. Wir wollten vor allem Leute bei der Stadt. Extrem wichtig waren hören, was die anderen beitragen können, damals auch die Krankenkassen. Wir hat- was deren Positionen und Ideen sind und ten einfach auch so gute und nachhaltige wie man sich da verständigen kann. Unterstützer gehabt, sonst wäre es auch Ich glaube, das war auch am Anfang mit der „Koordinierungsstelle kommu- mit der „Koordinierungsstelle kommuna- nale Gesundheit“ im Anschluss und auch le Gesundheit“ ein sehr ungewöhnlicher mit dem Projekt „GRÜNAU BEWEGT sich“ Ansatz. Dass wir nicht dagesessen und nichts geworden. Es ist alles im Grunde referiert haben, sondern dass wir dage- das Ergebnis einer nachhaltig erarbeite- sessen und gefragt haben „Was stellen 11
© Kirsten Nijhof Prof. Dr. Gesine Grande Sie sich denn vor?“ und alle „Wie jetzt?“ worden. Wie die Stadt sich einbringt und wenn es nur in einem Stadtteilkonzept Und dann haben wir Kolleginnen und Kol- mitdenkt und dass Gesundheit wirklich zu steht. Man braucht unterschiedliche For- legen einfach eineinhalb Stunden damit einem Querschnittsthema geworden ist. mate, um die Umsetzung in konkretes beschäftigt, nachzudenken und Modera- Auch das Verständnis von Gesundheit hat Handeln zu begleiten. Es braucht Arbeits- tionskarten vollzuschreiben. Zum Schluss sich gewandelt, weil wir bei Gesundheit gremien, die Gesundheit mitdenken. Man hatten wir dann den ganzen Raum voller nicht nur an Gesundheitsversorgung den- braucht Leute, die Gesundheit in Erinne- Karten. Das hat manchmal auch zu Irrita- ken, sondern vor allem an Lebensqualität, rung bringen. Zum Beispiel ist der „Ko- tionen geführt. Aber wir hatten das große Aktivität, Bildung. Nein, das kann man ordinierungskreis Gesundes Leipzig“ ein Glück, dass unsere Art nicht zu Zerwürf- wirklich beim besten Willen nicht be- wichtiges Gremium, obwohl wir dort gar nissen geführt hat, sondern einen gewis- dauern. Und Sie dürfen auch nicht unter- nichts beschließen dürfen. Aber wir brin- sen Nachahmungseffekt entwickelte. schätzen, wir haben ja Phasen gehabt, da gen Gesundheit und Gesundheitsförde- waren wir wirklich ein sehr großes Team. rung immer wieder bei sehr unterschied- Das war doch sicher auch mitunter ein Wir hatten parallel mehrere Projekte zum lichen Akteuren ins Bewusstsein, worum aufreibendes Geschäft, nicht immer ein Beispiel mit den Angehörigen Demenzer- es uns geht und was sich auch schon wie- Zuckerschlecken, nicht immer sprach krankter, mit sozial benachteiligten älte- der alles entwickelt hat. Also ich denke man eine Sprache. Haben Sie es schon ren Bürgern und so. Wir kamen quasi von immer, wenn man Gesundheitsförderung mal bereut, dass Sie sich das vor die allen Seiten. ernst nimmt, dann müssen wir bei den Brust genommen haben? gesetzlichen Grundlagen, bei den Ver- Nein, überhaupt nicht. Dafür gibt es Sie haben gerade schon erwähnt, dass ordnungen, bei den Strukturen, bei den auch überhaupt keinen Grund. Dazu muss ‚Gesundheit‘ im Integrierten Stadtent- Verhältnissen anfangen, damit man eine man sagen, dass sich Leipzig inzwischen wicklungskonzept ein Querschnittsthema Nachhaltigkeit erreicht. Dass Gesundheit zu einem Leuchtturm der kommunalen geworden ist. Das ist natürlich ein riesen als Querschnittaufgabe im Stadtentwick- Gesundheitsförderung entwickelt hat. Da Erfolg. Arbeit getan? lungskonzept verankert ist, ist eine wich- kann man wirklich nur extrem stolz dar- Naja. Der erste Schritt war damals, tige Voraussetzung, aber das allein ist auf sein und das beglückt mich auch. Da dass Gesundheit im Leipziger Osten als nicht hinreichend. wird inzwischen so viel Energie und Kre- eigenständiges Thema gesetzt wurde. ativität freigesetzt und so vieles ist inzwi- Das war schon ein bisschen sensationell. Ein Jahr Corona. Die öffentliche Aufmerk- schen für die Stadt selbstverständlich ge- Wirklich. Aber natürlich reicht es nicht, samkeit ist in Bezug auf Gesundheitsvor- 12
10 Jahre Gesunde Städte-Netzwerk Leipzig Da wird inzwischen so viel Energie und Krea- ich Gedanken, Ideen, geschafft. Aber durch die Breite der Ge- tivität freigesetzt und so vieles ist inzwischen Kooperationen und sundheitsprojekte und durch die lange für die Stadt selbstverständlich geworden. Teamgeist investieren zeitliche Dimension haben wir eine hohe konnte. Für mich ist Stabilität in Unterstützernetzwerken be- Wie die Stadt sich einbringt und mitdenkt es eine große Chance, kommen. Aber auch in der strategischen und dass Gesundheit wirklich zu einem Quer- dass ich die Möglich- Entwicklung des Themas für Leipzig. Ich schnittsthema geworden ist. keit habe diesen Pro- glaube, das ist für mich einer der ganz zess noch ein Stück zentralen Faktoren. Dann braucht man an sorge doch sehr auf Infektionskrankheiten zu begleiten. Natürlich verschieben sich den verschiedenen Stellen Personen, die verengt. Was bedeutet das aus Ihrer Sicht die Gewichte und ich bin jetzt nicht mehr sich das Thema selbst zu eigen machen. für die Gesundheitsförderung in den Kom- regelmäßig vor Ort. Aber ich glaube, dass Am Anfang reicht vielleicht ein Zugpferd, munen? es für den Koordinierungskreis vielleicht aber irgendwann wird man lahm, und es Man könnte das so sehen, dass Corona doch noch ganz gut ist, wenn es jemanden müssen auch andere ein Teil dieser Ver- den Blick auf Pandemie und Ansteckung gibt, der das Koordinieren, das Moderie- antwortung in ihren Feldern ganz alleine verengt hat. Aber ich sehe das nicht so. ren, das Inspirieren zu seiner Herzens- übernehmen und dann kann daraus eine Eigentlich hat die Pandemie vor allem aufgabe gemacht hat. Es wird bestimmt breite Bewegung entstehen. Das ist übri- einen Blick darauf gelenkt, wie wichtig irgendwann jemand geben, der das bes- gens auch eine Frage von Nachhaltigkeit, bestimmte Verhaltensweisen sind und ser kann als ich und mehr verbunden ist Reichweite und von der Vielschichtigkeit auf unsere Lebensweise. Sie hat auch mit der Leipziger Gesundheitsförderung. eines solchen Prozesses. unser Bewusstsein für Dinge geschärft, Aber im Moment mache ich das gerne die uns gar nicht mehr bewusst waren. noch ein Stück weiter. Sodass viel vom Miteinander und vom Die Anfänge von ‚Public Health‘ waren partnerschaftlichen Arbeiten abhängig doch Hygiene, sodass wir also eher eine Und darüber freuen wir uns sehr! ist? Stärkung des öffentlichen Gesundheits- Danke! Ja, genau. Und es hat immer etwas dienstes erreicht haben. Auch die Rolle, mit Vertrauen zu tun. Mit einer guten Ba- die die Gesundheitsämter jetzt gespielt Wir feiern in diesem Jahr den zehnten sis und mit guten Erfahrungen, die man haben. Die Gesundheitsämter werden ge- Jahrestag des Beitritts der Stadt Leipzig miteinander gemacht hat. Wenn man stärkt werden, bekommen Personal, weil zum Gesunde Städte-Netzwerk der Bun- das nächste Mal ein Anliegen hat, dann man verstanden hat, wie wichtig diese desrepublik Deutschland. In diesen zehn werden die Türen schon offenstehen, kommunale Aufgabe ist. Und wir reden Jahren hat das Netzwerk manche Hochs während man beim ersten Mal noch viel nicht nur über Gesundheitsatteste oder und Tiefs erlebt. Haben Sie einen guten klopfen musste. Aus meiner Sicht war in Kariesprophylaxe, sondern wir sprechen Rat für andere Kommunen auf dem Weg Leipzig die langjährige vertrauensvolle über ein ganz breites Spektrum von Ge- zur ‚Gesunden Kommune‘? Zusammenarbeit mit zahlreichen Akteu- sundheitsthemen. Die Pandemie hat den So eine Art Erfolgsrezept?! Darü- ren über verschiedene Förderphasen hin- Blick auf Gesundheitsbelange gestärkt. ber habe ich noch nie nachgedacht. Ich weg einer der zentralen Erfolgsfaktoren. Jetzt braucht es eine gemeinsame An- glaube, es braucht Mehreres. Ein Faktor Natürlich auch der Beitritt zum Gesunde strengung, um die Folgen der Pandemie allein reicht nicht aus. Es braucht eine Städte-Netzwerk und die Verankerung zu bewältigen. In Leipzig haben wir dafür coole Stadt wie Leipzig. Ganz sicher. Die der kommunalen Gesundheitsförderung super Voraussetzungen und Konzepte. einfach auch viel Offenheit hat und sich als Querschnittsaufgabe in der gesamten selbst so dynamisch entwickelt. Man Stadtverwaltung. Auch die Krankenkas- Seit dem 1. Oktober letzten Jahres sind braucht manchmal auch Zufall, so zum sen, die sich in besonderer Weise in Leip- Sie die neue Präsidentin der BTU in Cott- Beispiel, dass wir damals mit diesem zig zusammengetan haben, was anderswo bus. Trotz der neuen Aufgaben halten Sie großen Projekt „Gesund im Osten“ star- ganz schwierig war. In der Wissenschaft. dem Netzwerk „Gesundes Leipzig“ und ten konnten. Dass wir mit der AOK eine Selbst in der Stadtpolitik war das Thema dem Koordinierungskreis die Treue und Unterstützerin hatten, die auch langfris- dann irgendwann eines, das eine gewis- wollen sich auch weiterhin aktiv darin ein- tig an Gesundheitsförderung in Leipzig sen Fürsorge erfahren hat. bringen. Warum so viel Herzblut? interessiert war. Die waren wirklich vor- Wenn man mal so alt ist wie ich, da bildlich. Die haben einfach unglaublich Frau Grande, ich bedanke mich für das ist man sehr vorsichtig damit, Dinge viel investiert, auch in die Stadt Leipzig. Gespräch! über Bord zu werfen, die einem viel be- Damit hatten wir eine Nachhaltigkeit, die deuten und in die man viel investiert hat. man sonst in der Regel nicht hat. Wissen Die Gesundheitsförderung in Leipzig ist Sie, wenn wir nur das eine Projekt gehabt Das Interview wurde am 17. Juni 2021 ein wichtiger Teil meines Schaffens, der hätten, plus vielleicht einer Verlänge- von Markus Heckenhahn, Koordinator mich fünfzehn, zwanzig Jahre meines rung, dann wäre nach vier Jahren Schluss Gesunde Städte-Netzwerk Leipzig, Lebens intensiv beschäftigt hat und wo gewesen. Dann hätten wir das niemals geführt. 13
Meilensteine auf dem Weg zur gesunden Stadt Leipzig 2012 ȣȣ Auftaktveranstaltung und 1. Jahrestagung ȣȣ 1. „Infobrief Leipziger Gesunde Städte-Netzwerk“ ȣȣ Beginn des HTWK-Projek- 2010 2011 tes „Koordinierungsstelle ȣȣ Stadtratsbeschluss zum ȣȣ Betritt Leipzigs zum Gesundheit“ (2012 – 2014) Beitritt Leipzigs zum Gesunde Städte-Netzwerk in Kooperation mit der Gesunde Städte-Netzwerk ȣȣ Leipziger Selbsthilfe- und AOK PLUS und der Stadt Deutschland Angehörigentag Leipzig 2017 2016 ȣȣ Selbsthilfe-Aktionstag ȣȣ Bewegungskiste mit ȣȣ Dauerhafte Etablierung der Schulung „Koordinierungsstelle kommu- 2018 ȣȣ Projektstart von „Selbst- nale Gesundheit“ im Gesund- ȣȣ Unterzeichnung 1. Sammel- hilfegruppen in der Nach- heitsamt vertrag „Verfügungsfonds barschaft“ und „Selbsthilfe ȣȣ Kompetenzforum „Interkultu- Gesundheit“ mit 6 gesetz- in Bewegung“ relle Gesundheitsförderung“ lichen Krankenkassen ȣȣ 1. „Stadtteilbewegungsplan in Leipzig ȣȣ Verankerung von Gesund- Leipziger Osten“ ȣȣ Begleitbeirat wird „Koordinie- heit als Querschnittsthema ȣȣ Listung „Koordinierungs- rungskreis Gesundes Leipzig“ im INSEK stelle kommunale ȣȣ „Kinderstadtplan Georg Schu- ȣȣ Leipzig wird Kompetenz- Gesundheit“ als Projekt mann-Straße“ zentrum für integrierte im Rahmen der Landes- ȣȣ Beginn Projekt „Kultursensible kommunale Strategien im rahmenvereinbarung Gesundheitslotsen Leipzig – Gesunde Städte-Netzwerk Prävention Sachsen KuGeL“ (2017–2022) Deutschland 14
10 Jahre Gesunde Städte-Netzwerk Leipzig 2013 ȣȣ Beschlussfassung der „Leitlinien Gesunde Städte- 2015 Netzwerk Leipzig“ ȣȣ Veranstaltung „Selbsthilfe ȣȣ 1. Sitzung des Begleitbeira- 2014 bewegt“ tes „Koordinierungsstelle ȣȣ Arbeitsprogramm 2020 mit ȣȣ Start der Kampagne „Werden Gesundheit“ Unterziel „Gesunde und Sie ein Aufsteiger – Nutzen ȣȣ Stadtteilentwicklungskon- sichere Stadt“ Sie die Treppe!“ zept Leipziger Osten (STEK ȣȣ 1. Kampagne „Familie in ȣȣ Leipzig im Sprecher*innen- LeO) mit ‚Fachbeitrag Bewegung“ im Leipziger rat des bundesdeutschen Gesundheit‘ Osten Gesunde Städte-Netzwerks ȣȣ Projektstart „STARTPILOT ȣȣ Beginn Etablierung ȣȣ Etablierung des „Verfügungs- Selbsthilfe“ „Koordinierungsstelle fonds Gesundheit“ ȣȣ 1. Leipziger Schulgesund- kommunale Gesundheit“ ȣȣ Projektauftakt „GRÜNAU heitstag (2014 –2016) BEWEGT sich“ (2015–2019) 2019 ȣȣ Verleihung Carola Gold- Preis für gesundheitliche Chancengleichheit an Dr. Karoline Schubert ȣȣ Beginn von Vorlesungen 2020 und Seminaren bei ȣȣ Beginn des GKV-Projektes 2021 Medizinstudierenden zu „Aufbau von Gesundheits- ȣȣ Inklusive Bewegungskiste Selbsthilfethemen durch förderungsstrukturen in ȣȣ „Leitlinien Gesunde Städte- die Arbeitsgruppe Selbst- neuen Schwerpunkt- und Netzwerk“ werden über- hilfefreundlichkeit der Aufmerksamkeitsgebieten arbeitet und zu „Leitlinien Leipziger Selbsthilfe des INSEK“ (2020– 2023) Gesundes Leipzig“ 15
Mit dem Gesunde Städte-Netzwerk zum „Gesunden Leipzig“ Die Zeit war überreif und die Vorzeichen wurde. Somit entstand ein gewisser kom- Form einer halben Stelle mussten aus standen gut. Trotzdem war die Etablie- munaler Handlungsdruck, Gesundheit dem Stellenpool des Gesundheitsamtes rung von Gesundheit als Querschnittsthe- über Ämtergrenzen hinweg neu zu den- beigesteuert werden. Nur so konnten die ma der Stadtverwaltung kein Selbstläufer ken. Auf diesem Weg floss das Thema zwei Säulen aus der Vertretung der Selbst- und auch die folgenden Jahre nicht im- Gesundheit in das erste Leipziger Stadt- hilfe und der kommunalen Vertretung mer stolperfallenfrei. Deshalb hätte sich entwicklungskonzept (SEKO) 2009 ein und geschaffen werden, die Voraussetzung für damals wirklich niemand träumen lassen, fand sich – wenn auch etwas versteckt – die Mitgliedschaft im bundesdeutschen dass sich Leipzig einmal zum Kompetenz- in den Bereichen Umwelt, Bildung, Sport Netzwerk waren. zentrum für integrierte kommunale Strate- und Wirtschaft wieder. Diese ressortüber- gien mausern würde. greifende Perspektiverweiterung war für Startschuss alle Beteiligten ein Lernprozess, was sich Noch im Dezember 2010 stellte die Aufwärmübung anekdotisch auch in der Wortschöpfung Stadt Leipzig mit Stadtratsbeschluss den Leipzig ging es bis 2007 wie wohl je- ‚Gesundheitspräventionʻ (prevenire [lat.] Antrag zur Aufnahme und wurde zum 1. der anderen Stadt: Gesundheit wurde in verhindern, vorbeugen; hier wortwörtlich Januar 2011 Mitglied im Gesunde Städte- der Stadtverwaltung vor allem mit den somit Gesundheitsvermeidung) zeigte, Netzwerk der Bundesrepublik Deutsch- klassischen Aufgaben des Gesundheits- die sich unbemerkt ins SEKO einschlich. land. Damit verpflichtete sich Leipzig, Ge- amtes wie Impfen, Hygienekontrollen, Relativ parallel dazu rückte das The- sundheit als übergreifendes Thema in der Schulaufnahmeuntersuchungen bis hin ma der ‚Gesunden Stadtʻ auch in den Fo- Stadtverwaltung zu etablieren (‚Health in zu kleineren Projekten oder einem Ge- kus des Stadtrates und mündete in einen All Policies‘). Zu Beginn stand vor allem sundheitstag assoziiert. Ein Wendepunkt Fraktionsantrag, den Beitritt Leipzigs das Lernen von anderen Mitgliedsstädten kam, als die Forderung der „Leipzig Char- zum Gesunde Städte-Netzwerk (GSN) zu im Mittelpunkt der Arbeit. Parallel dazu ta zur nachhaltigen europäischen Stadt“ prüfen. So verwundert es nicht, dass ein ging es um die Vernetzung innerhalb nach einer integrierten Stadtentwicklung, diesbezügliches Schreiben des Gesunde Leipzigs, die mit der ersten Jahrestagung die neben wirtschaftlicher Prosperität Städte-Sekretariats im Jahr 2010 in Leip- im Januar 2012 Fahrt aufnahm. Bei dieser auch Aspekte des sozialen Austauschs zig auf offene Ohren stieß. Die Beitritts- Auftaktveranstaltung konnten sowohl der und gesunder Umwelt gleichermaßen vorbereitung wurde zu einer der ersten erste Leipziger Gesunde Städte-Koordina- berücksichtigen müsse, zur allgemeinen Aufgaben der neuen Amtsleiterin. Die tor als auch die geplante Arbeitsstruktur Fördervoraussetzung für Städtebaumittel notwendigen personellen Ressourcen in des Leipziger GSN präsentiert werden. 16
10 Jahre Gesunde Städte-Netzwerk Leipzig Geplant war, dass eine Steuerungsgruppe die Zielbestimmung des GSN erarbeitet, Koordinierung Selbsthilfe Kontakt- während eine Koordinierungsgruppe die (0,5 VzÄ) und Informationsstelle Leipziger ‚Gesundheitslandschaftʻ analy- (anteilig) sieren sowie konkrete Maßnahmen und Projekte auf den Weg bringen sollte. Über die Arbeitsfortschritte, gesundheitsbezo- Steuerungsgruppe gene Neuerungen und relevante Themen (befristet bis Ziel- des Leipziger Netzwerks sollte ein Info- bestimmung) brief berichten, der seitdem regelmäßig erscheint. Koordinierungsgruppe (Maßnahmenplanung) Hochfahren auf Arbeits- temperatur Jene Steuerungsgruppe (zusammen- UAG Gesundheitsför- gesetzt aus Vertreter/-innen der Fachäm- derliche Umwelt ter und je einem Mitglied der städtischen Jahrestagung Beiräte und Ausschüsse) beauftragte das UAG Gesundheitliche Gesundheitsamt mit der Erarbeitung von Infobrief Chancengerechtigkeit Leitlinien, die nach einem kurzen ge- meinsamen Diskussionsprozess zur zwei- UAG Gesundheitliche ten GSN-Jahrestagung 2013 verabschiedet Versorgung wurden. Nach getaner Arbeit löste sich diese Steuerungsgruppe auf. Gründungsstruktur des Leipziger GSN 2012 Aus der Koordinierungsgruppe mit Interessierten aus Selbsthilfe, Stadtgesell- schaft und Verwaltung entstanden drei schnittsaufgabe in der Stadtverwaltung zu der HTWK mit der Arbeit des GSN ver- Unterarbeitsgruppen („Gesundheitliche verankern. Es folgten viele sorgfältig vor- schränkt. Peu à peu konnte so das Thema Chancengerechtigkeit“, „Gesundheitsför- bereitete Sondierungsgespräche mit den Gesundheit in städtischen Strategiepapie- derliche Umwelt“ und „Gesundheitliche verschiedenen Dezernaten der Stadtver- ren und Planungen platziert werden, so Versorgung“), die sich i. d. R. vierteljähr- waltung über vorhandene Schnittstellen z. B. als „Fachbeitrag Gesundheit“ im lich über ihre Arbeitsschwerpunkte ver- zum Thema Gesundheit. Im März 2013 Stadtteilentwicklungskonzept Leipziger ständigten. Aus den Unterarbeitsgruppen tagte der erste Begleitbeirat „Gesundes Osten oder im Arbeitsprogramm des gingen u. a. die Schulgesundheitstage Leipzig“ mit 18 Teilnehmenden aus ver- Oberbürgermeisters – Leipzig 2020 unter (2013–2017), die Kampagne „Werden Sie schiedenen Ressorts. Der fachliche Input dem Label „Gesunde und sichere Stadt“. ein Aufsteiger – nutzen Sie die Treppe“ mit dem Thema ‚Wohnumgebung und Ge- Mit diesen ersten gemeinsamen Zwi- (2015–2017) oder die Gesundheitswerk- sundheit – Ansatzpunkte für kommunale schenerfolgen wuchs auch das Selbst- statt zum Thema ‚Pflege und Demenz‘ Strategien’ unterstützte die Entwicklung bewusstsein und das Interesse anderer (2016) hervor. eines gemeinsam geteilten ganzheitli- Städte an der Leipziger Entwicklung. Damit zusammenwachsen konnte, was chen Gesundheitsverständnisses. Als 2015 wurde Leipzig das erste Mal in den zusammengehört, beteiligte sich die Stadt Handlungsschwerpunkte priorisierte der ‚Sprecher*innenrat‘ des bundesdeutschen Leipzig per Ratsbeschluss auch finanziell Begleitbeirat in der Folgesitzung die The- Gesunde Städte-Netzwerks gewählt und am Modellprojekt „Etablierung einer Ko- men vertritt seither die Interessen aller derzeit ordinierungsstelle kommunale Gesund- 1. Gesundheitsförderliche Stadtentwick- ca. 90 Mitgliedskommunen nach außen. heit“ (2012 – 2017) der HTWK Leipzig zu- lung und -planung, Parallel dazu wurden Teile der Koordinie- sammen mit der AOK PLUS. Ziel war es, 2. Bewegungsförderung im öffentlichen rungsstelle bereits in den Strukturen des u. a. ressortübergreifende Partnerschaf- Raum sowie Gesundheitsamtes verankert und somit in ten aufzubauen, um Gesundheit als Quer- 3. verbesserter Zugang zur Gesundheits- kommunale Verantwortung überführt. versorgung von Geflüchteten und Menschen mit Migrations- Erste kooperative Leucht- Es folgten viele sorgfältig vorbereitete hintergrund. effekte Sondierungsgespräche mit den ver- Somit war die gemeinsame Etwa zeitgleich konnten weitere Maß- schiedenen Dezernaten der Stadtver- Zielrichtung für die kommen- nahmen und Projekte verwirklicht wer- waltung über vorhandene Schnittstel- den Arbeitsjahre bestimmt den. Im Rahmen der Kampagne „Familie len zum Thema Gesundheit. und das Forschungsvorhaben in Bewegung“ (2014 – 2015) schlossen sich 17
Teamgeist und Ausdauer waren u. a. BEWEGT sich“ (2015 – 2019) mit instrument für Muliplikator/-innen auch im Handlungsschwerpunkt zur der AOK PLUS, der HTWK Leip- konzipiert ist und alle öffentlich zu- Bewegungsförderung im öffentlichen zig und dem Universitätskli- gänglichen wie auch organisierten nikum Leipzig zur stadtteilbe- Bewegungsangebote im Quartier samt Raum gefragt. zogenen Gesundheitsförderung Kontaktdaten darstellt. Diese Pläne erstmals drei Krankenkassen zusammen, von Kindern in Leipzig-Grünau mit ein- gibt es mittlerweile für fünf weitere um gemeinsam ein Setting-Vorhaben im bringen konnten. Daher verwundert es Leipziger Stadtteile mit besonderem Leipziger Osten zu unterstützen. Die hier auch nicht, dass sowohl dieses Leipziger Handlungsbedarf. gesammelten guten Erfahrungen bildeten Projekt als auch die Koordinierungsstelle ȣȣ Die erste Bewegungskiste (2016), die die Vertrauensbasis für den deutschland- zu den ersten Projekten zählten, die von sich an Stadtteilakteur/-innen richtet, weit ersten von Krankenkassen poolfinan- der Geschäftsstelle der Sächsischen Lan- die so eine Vielzahl von Bewegungs- zierten „Verfügungsfonds Gesundheit“. desrahmenvereinbarung zum Präventi- und Sportmaterialien kostenfrei aus- Dieser ging im April 2015 im Rahmen onsgesetz offiziell zur kassenübergreifen- leihen können, flankiert von dement- des Forschungsprojektes zur Koordinie- den Finanzierung empfohlen wurden. sprechend kostenfreier Fortbildung rungsstelle mit zwei beteiligten Kassen zur Nutzung der Materialien im (pä- an den Start. Flankiert durch kommunale Mit gebündelter Kraft dagogischen Arbeits-)Alltag. Mittler- Beratung, Qualifizierung und Vernetzung Eine interdisziplinäre und ressortüber- weile gibt es drei Ausleih-Orte in der können Stadtteilakteur/-innen seitdem greifende Zusammenarbeit birgt manch- Stadt und die Projektidee inspirierte relativ unbürokratisch Fördergelder be- mal auch nicht wenige (Fach)Sprach- und sachsenweit zur Nachahmung. antragen, um bedarfsorientierte (Mikro) Verständigungsbarrieren, insbesondere ȣȣ Den ersten Kinderstadtteilplan (2017) Projekte umzusetzen, durch die ihre Le- dann, wenn die Handlungslogiken un- mit Bewegungskängurus, Kulturra- benswelten vor Ort gesundheitsförderlich terschiedlicher Disziplinen miteinander ben und Erdmännchentreffs, die für mitgestaltet werden. Um Projektideen aus konkurrieren. Das zeigte sich auch im Kinder relevante Orte und Zugänge den Stadtteilen entsprechend der stren- von 2015 bis 2018 andauernden verwal- ins Grüne im Quartier aufzeigen und gen Förderrichtlinien der Krankenkassen tungsinternen Erarbeitungsprozess des hierzu erstmalig durch eine gemein- durch fundierte Vorschläge weiterentwi- zweiten Stadtentwicklungskonzeptes. Da- same anteilige Finanzierung aus Städ- ckeln zu können, wurde ein ‚kurzer Drahtʻ bei unterstützten insbesondere die Ämter tebau- und Gesundheitsförderungs- zwischen Krankenkassen und Koordi- und Referate, die im Begleitbeirat vertre- mitteln realisiert werden konnte. Der nierungsstelle vereinbart und zu Beginn ten waren (konform des dort priorisierten Kinderstadtplan für einen fünften mitunter auch noch weit nach Feierabend Handlungsschwerpunktes zur gesund- Stadtteil wird aktuell mit den Kindern zusammen beraten. Dieser gemeinsame heitsförderlichen Stadtentwicklung), im- und Akteur/-innen vor Ort erarbeitet. Geist des konstruktiven Austauschs setzte mer wieder den Grundgedanken, dass Der dritte Handlungsschwerpunkt sich im Qualitätszirkel mit allen beteilig- Gesundheit nicht nur schwerpunktmäßig des verbesserten Zugangs zur Gesund- ten Krankenkassen fort, wobei die Runde in einzelnen Fachkonzepten berücksich- heitsversorgung von Geflüchteten und der Beteiligten bis 2018 schnell auf sechs tigt, sondern auch als Querschnittsthema Menschen mit Migrationshintergrund er- Kassen anwuchs. Aufgrund der positiven verankert sein sollte. langte mit der starken Zuwanderung von Erfahrungen mit diesem neuen inno- Teamgeist und Ausdauer waren u. a. Geflüchteten 2015/2016 eine besondere vativen Förderformat soll der Leipziger auch im Handlungsschwerpunkt zur Be- Priorität. Zum Teil konnten im Begleitbei- Ansatz des Verfügungsfonds nun sach- wegungsförderung im öffentlichen Raum rat „Gesundes Leipzig“ schnelle alterna- senweit unter dem Label „Gesundheit im gefragt, da die Planung von Maßnahmen tive Lösungswege gefunden werden. Das Quartier“ über das kommunale Förder- auch auf kommunal unterschiedlichen betraf beispielsweise die Kostenübernah- programm des GKV-Bündnisses für Ge- Ebenen ansetzt. Einerseits wurden Hand- me von Sprachmittler/-innen bei Schwan- sundheit etabliert werden. lungsbedarfe top-down berücksichtigt, gerschaftskonfliktberatungen (2016) oder Während 2015 das lang ersehnte Prä- indem beispielsweise Fitnessparcours zahlreiche Verfügungsfonds Gesundheit- ventionsgesetz mit seiner Empfehlung zur für unterschiedliche Stadtteile in das Projekte und Workshops auf Stadtteil- kassenübergreifenden Zusammenarbeit Sportprogramm 2024 aufgenommen ebene gemeinsam mit Geflüchteten und auf Bundesebene in Kraft trat und auf die wurden. Flankierend dazu wurden an- Menschen mit Migrationshintergrund, ausgestaltete Rahmenvereinbarung auf dererseits bottom-up gemeinsam mit bis hin zur Mitinitiierung des Modellpro- Landesebene wartete (in Sachsen wurde Stadtteilakteur/-innen gesundheitsbezo- jektes zur Etablierung von „Kultursensib- diese 2016 verabschiedet), wurde diese gene Strukturen und Kenntnisse vor Ort len Gesundheitslotsen in Leipzig – KuGeL“ Zusammenarbeit in Leipzig bereits gelebt. durch bedarfsgerechte (Mikro-)Projekte (2017–2022), das von der Techniker Kran- So stand es im Sinne der etablierten Betei- gestärkt. In diesem Zusammenhang ent- kenkasse im Rahmen der Förderung des ligungskultur außer Frage, dass sich wei- standen unter anderem: Gesunde Städte-Netzwerks der Bundesre- tere Krankenkassen in das große kommu- ȣȣ Der erste Stadtteilbewegungsplan publik finanziert wird. In diesem Kontext nale Praxis-Forschungsprojekt „GRÜNAU (2016), der vor allem als Beratungs- übernahm Leipzig auch die Gastgeberrol- 18
10 Jahre Gesunde Städte-Netzwerk Leipzig LE STEUERUNGS UNA EB MM EN Interessen- KO E Strategie- vertretung is entwicklung sk re Gesu Stra g nd te un he it Gremienarbeit gi förd Projekte er sc ni s he erung Öffentlichkeits- rdi Koo Vernetzung arbeit Gesundes Leipzig Koo kom - Jahrestagung Le ädte Projektförderung rd i ig mu ni ipz St un er na Schulung g nd Fachforum e E G es s s t e l l l su erk ST EN e & Qualifizierung e AD e EB u G nd tz w TT E S heit Ne IL R EB EU Arbeitsgruppen E KT Netzwerke und NE A Kooperation Aktuelle Struktur: Netzwerk „Gesundes Leipzig“ seit 2020 le für das bundesweite GSN-Kompetenzfo- (INSEK) durch die Aufnahme des Quer- oder weniger frühzeitigen Einbeziehung rum zum Thema „Interkulturelle Gesund- schnittsthemas Gesundheit verwirklicht in unterschiedliche Fachplanungsverfah- heitsförderung“ (2017). und ausformuliert. Deshalb findet Ge- ren. Diese Prozesse gewähren einerseits sundheit(sförderung) in diesem zentralen interessante und detaillierte Einblicke in In feste Bahnen Strategiepapier der Stadt explizit seinen die Arbeit der Fachämter und zeigen eine Die vollständige Überführung des Niederschlag in acht der elf Fachkonzep- Vielzahl von Schnittstellen auf. Anderer- HTWK-Modellprojektes „Koordinierungs- te bzw. implizit als ‚Lebensqualität‘ in den seits nehmen diese Prozesse viel Zeit in stelle kommunale Gesundheit“ in die Konzepten ‚Wohnen‘, ‚Kultur‘ sowie ‚Wirt- Anspruch. Strukturen des Gesundheitsamtes wur- schaft und Arbeit‘. Dies ist auch richtungs- Darüber hinaus wurden im INSEK de planmäßig 2016 vorbereitet. Wegen weisend für alle zukünftigen Fachplanun- weitere Gebiete als ‚Stadtteile mit beson- nicht vorhersehbarer Hürden, die dank gen. derem Handlungsbedarfʻ definiert. War einer unbürokratischen kostenneutra- die „Koordinierungsstelle kommunale len Verlängerung der Projektförderung Nach dem Ziel ist vor Gesundheit“ ursprünglich vor allem für überbrückt werden konnten, wurde die dem Ziel den Leipziger Osten und Grünau verant- Koordinierungsstelle letztlich 2017 als Der Strukturaufbau war mit vereinten wortlich, gibt es nun fünf Schwerpunkt- volle, unbefristete Personalstelle im Ge- Kräften damit tatsächlich auf allen Ebe- stadtteile. Hier kam für Leipzig das bun- sundheitsamt, mit samt den durch sie auf- nen gelungen. Im Jahr 2018 wurde Leipzig desweite Förderprogramm „Kommunaler gebauten Strukturen, gesichert. Im Zuge vom Gesunde Städte-Netzwerk der Bun- Strukturaufbau“ des „GKV-Bündnisses für dessen wurde der Begleitbeirat „Gesun- desrepublik Deutschland zum „Kompe- Gesundheit“ genau zur richtigen Zeit. So- des Leipzig“ aus dem Forschungsprojekt tenzzentrum für integrierte kommunale mit bestand die Möglichkeit, eine weitere unter neuem Namen: „Koordinierungs- Strategien“ ernannt und steht seither mit Personalstelle für drei Jahre (mit Verlän- kreis Gesundes Leipzig“ in den kommu- seinen Erfahrungen zu Gelingensbedin- gerungsoption für weitere zwei Jahre) zu nalen Gesundheitsförderungsstrukturen gungen und Stolpersteinen anderen Mit- schaffen. Diese nahm nach erfolgreicher fest integriert. Kurze Zeit später zeigte gliedskommunen beratend zur Seite. Antragstellung, einschließlich Stadtrats- sich dies auch optisch im neuen Logo Gesundheit auf dem Papier als eines beschluss Anfang 2020 ihre Arbeit auf. Da- „Gesundes Leipzig“. der Querschnittsthemen im Integrier- mit gibt es aktuell 3,5 Planstellen im Be- Das zentrale Vorhaben des Leipziger ten Stadtentwicklungskonzept zu veran- reich der Gesundheitsförderung. Anlass GSN wie auch der Koordinierungsstelle, kern, war ein erster, wenn auch zentraler genug, um auch die Arbeitsstrukturen des Gesundheit als Handlungsschwerpunkt Schritt. Seitdem gilt es, diese Vorgabe mit „Gesunden Leipzigs“ auf den Prüfstand zu in der Stadtverwaltung zu etablieren, Leben zu füllen. Dies erfolgt durch zahl- stellen und neu auszuloten. wurde ein Jahr später im Integrierten reiche fachämterübergreifende Work- Die Corona-Pandemie stellte ab März Stadtentwicklungskonzept Leipzig 2030 shops bzw. Arbeitsgruppen und der mehr 2020 auch die Stadt Leipzig vor giganti- 19
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