20 Jahre Gestaltungsbeirat - Ein Werkbericht - Stadt Regensburg
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Inhaltsverzeichnis Grußwort / Gertrud Maltz-Schwarzfischer Reflexionen und Eindrücke zum 20-jährigen Bestehen ............................................................................ Seite 8 • 20 Jahre gelebte Baukultur / Christine Schimpfermann • Im öffentlichen Raum / Armin Frohschammer • Die städtebaulichen Herausforderungen annehmen / Sabine Köhler • 20 Jahre Gestaltungsbeirat in Regensburg / Tanja Flemmig und Klaus Heilmeier • Die Schönheit der Stadt ist ihr größtes Kapital / Jórrun Ragnarsdóttir • Regensburg als inspirierende Mitte / Willi Egli • Die Arbeit des Gestaltungsbeirats aus der Sicht des Architekturkreises / Thomas Eckert • Mehr Kommunikation, mehr Baukultur / Jakob Oberpriller • Lohnender Blick von außen: der Beitrag von Gestaltungsbeiräten zur Baukultur / Reiner Nagel • Mehrwert von Gestaltungsbeiräten / Prof. Dr. Agnes Förster Der Gestaltungsbeirat und seine Mitglieder .................................................................................................... Seite 26 • Die Gestaltungsbeiräte aus 20 Jahren • Stimmung zum Jubiläum • Wann und wie sind die Mitglieder des Gestaltungsbeirats involviert? • Vortragsreihe „Unsere neuen Gestaltungsbeiräte stellen sich vor“ • Ablauf von Projekten im Gestaltungsbeirat Projekte aus 20 Jahren Gestaltungsbeirat ...................................................................................................... Seite 38 • Übersicht der Projekte • 20 Jahre 20 Projektebeispiele: Welche Projekte werden im Gestaltungsbeirat behandelt? • Projekte – realisiert - Das Hotel Goliath, Sanierung eines Geschäftshauses - Das Parkhaus am Dachauplatz, Sanierung eines Parkhauses - Puricellistraße 26–30, Neubau einer Wohnanlage - Lore-Kullmer-Straße 163–177, Neubau eines genossenschaftlichen Wohnprojekts - Donaustaufer Straße 253, Neubau eines Sportinternats • Projekte – in Planung - Stahlzwingerweg 6, Neubau einer Wohnanlage - Bäckergasse 13, Neubau eines Wohn- und Geschäftshauses - Donaustaufer Straße 314–316, Neubau einer Wohnanlage - Kirchmeierstraße 8, Planung eines Hotels Jubiläumsfeier ................................................................................................................................................................ Seite 64 • Programmablauf • Podiumsdiskussion • Statements der Stadträtinnen und Stadträte • Eindrücke der Veranstaltung • Würfel-Statements • Pressestimmen Bildnachweis und Impressum 3
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Regensburgerinnen und Regensburger, vor 20 Jahren wurde der Regensburger Gestaltungs- beirat als Instrument zur Qualitätssicherung in Bezug auf Architektur und Städtebau gegründet. Seitdem hat sich der Gestaltungsbeirat als unabhängiges Bera- tergremium in über 100 Sitzungen mit circa 350 Pro- jekten in Regensburg auseinandergesetzt. Alle zwei Monate diskutieren Bauherrinnen und Bauherren, Investorinnen und Investoren sowie Architektinnen und Architekten mit dem Gestaltungsbeirat, um die Wie können trotz der starken Nachverdichtung im ge- bestmögliche Qualität für das jeweilige Bauvorhaben samten Stadtgebiet und des ökonomischen Drucks zu erzielen. Das Gremium hat durch seine Arbeit das qualitätsvolles Wohnen und hochwertige Freiräume Stadtbild mit geprägt und ist zu einer festen Instanz entstehen? Wie kann dabei die Identität der Stadt Re- der baukulturellen Entwicklung in Regensburg gewor- gensburg erhalten bleiben? den. Diese Fragen machen deutlich, wie wichtig – auch Die Gründung des Regensburger Gestaltungsbeirats nach 20 Jahren – die Arbeit des Gestaltungsbeirats geht auf die Initiative des Architekturkreises zurück, ist. Durch seine beratende Funktion leistet er einen der mit Besuchen des Linzer und Salzburger Gestal- wertvollen Beitrag, neue Projekte in das Stadtbild ein- tungsbeirats die Politik und Verwaltung für dessen zufügen, und somit die bauliche Weiterentwicklung Schaffung überzeugen konnte. Mit der Einführung des der historischen Stadt Regensburg zu einer modernen Regensburger Gestaltungsbeirats im Jahr 1998 ist und zeitgemäßen Metropole Ostbayerns zu unterstüt- ein solches Gremium viel früher als in vielen anderen zen. deutschen Kommunen entstanden. Regensburg ge- nießt bundesweit in Fachkreisen einen sehr guten Ruf Die vorliegende Jubiläumsbroschüre gibt einen Ein- und diente in zahlreichen Städten als Vorbild bei der blick in die Arbeit und das Wirken des Regensburger Errichtung von Beiräten. Gestaltungsbeirats. Dies wird anhand einer Auswahl interessanter Bauprojekte dargestellt. Dabei fließen Mit dem öffentlichen Diskurs über Bauprojekte ist nicht auch die Reflexionen und Erfahrungen mehrerer Be- nur ein besseres Verständnis bei allen Beteiligten zur teiligter mit ein. Bauqualität entstanden, sondern es hat sich auch eine Bereitschaft und Kultur zur Qualitätssicherung eta- Für die nächsten 20 Jahre wünsche ich dem Gestal- bliert. So werden in Regensburg immer mehr Bauvor- tungsbeirat viel Erfolg und freue mich auf die künftige haben über Wettbewerbe ausgelobt. Zusammenarbeit und die kommenden Projekte. Regensburg ist eine prosperierende Stadt wie die Baukräne und Baustellen im gesamten Stadtgebiet zeigen. Das immense Wachstum und die enorme Bau- tätigkeit unserer Stadt stellen uns vor neue Herausfor- derungen: Gertrud Maltz-Schwarzfischer Bürgermeisterin 5
Reflexionen und Eindrücke 20 Jahre gelebte Baukultur Christine Schimpfermann Planungs- und Baureferentin Der Gestaltungsbeirat Regensburg hat seit seinem Über die Jahre konnte der Beirat 28 hochrangige – oft Bestehen jährlich rund 20 verschiedene Projekte be- international tätige – Expertinnen und Experten für raten. Dabei gab es oft lebendige, aber auch lebhafte sich gewinnen. Diese haben maßgeblich dazu beige- Diskussionen zwischen den Bauherren und den Archi- tragen, dass sich das Instrument des hier ansässigen tekten. So hatten sich das die Gründerväter und -müt- Gestaltungsbeirats inzwischen bundesweit zu einem ter wohl auch erhofft, als 1998 das Drängen aus dem Erfolgsmodell etabliert hat. Immer wieder wurden die Architekturkreis Regensburg Erfolg zeigte und der Sitzungen von Delegationen aus anderen Städten be- Stadtrat die Gründung eines Beirats nach dem Linzer sucht, die sich ein eigenes Bild machen wollten – um Vorbild beschloss. schließlich dem Regensburger Beispiel zu folgen. Und immer wieder wurde der Regensburger Gestaltungs- Gleich die erste Sitzung war sehr emotionsgeladen beirat eingeladen, andere kommunale Gremien davon und stellte die Weichen für ein herausragendes Pro- zu überzeugen, dass sich der Aufwand für eine Stadt jekt: die heute noch überzeugende Parkhausspin- lohnt. del des Donaueinkaufszentrums an der Kreuzung Nordgau-/Frankenstraße. Es folgten Zeiten sehr Das Wirken des Gestaltungsbeirats ist ein funda- entspannt geführter aber auch anregender Diskussi- mentaler Beitrag zur Vermittlung von Baukultur: Die onen und Zeiten kontroverser Debatten. Aber der Bei- Diskussion zwischen Bauherren und Planern wird rat konnte immer auf einen breiten Rückhalt aus dem bereichert. Und so erleben wir immer wieder in den Stadtrat bauen, der mehrheitlich hinter der Idee eines Beratungen, dass Bauherren anerkennen, dass weni- unabhängigen Beratergremiums stand. Dies ist eines ger mehr sein kann, dass gut durchgeplante Projekte der Erfolgsrezepte: die starke politische Rückende- ökonomisch von Vorteil sind und dass ein Projekt, das ckung. Daneben wird die konsequente Linie eingehal- sich in seiner Qualität von der Masse abhebt, nachhal- ten, nur Beiräte zu berufen, die ihren Geschäftssitz in tig im Wert steigt. einer gewissen Mindestentfernung von Regensburg haben, in den letzten zwei Jahren nicht selbst in der Manche Architekten und Landschaftsarchitekten, die Stadt gebaut haben und sich außerdem verpflichten, ihre Entwürfe in einer öffentlichen Diskussion vorstel- auch nach Ende ihrer Beiratstätigkeit eine Karenz- len müssen, gehen zunächst nur ungern in diese ver- zeit von einem Jahr für Planungsprojekte in Regens- meintliche Prüfungssituation. Am Ende schätzen sie burg einzuhalten. Damit kann der Gestaltungsbeirat aber meist die fachliche Beratung der Kolleginnen und vermeiden, dass es zu Interessenskonflikten kommt. Kollegen aus dem Gestaltungsbeirat. Natürlich gibt es Denn solche haben schon manche Gestaltungsbeiräte auch Situationen, in denen der Beirat mit seiner Sicht in anderen Städten zum Scheitern gebracht. der Dinge bei den Planern oder Bauherren nicht auf 8
Verständnis stößt. Dann ist das Geschick der Beiräte den immer dichter werdenden Dschungel der Regel- gefordert, als Team positive Überzeugungsarbeit zu werke und Fachvorschriften liegen. leisten – oder auch einmal zu akzeptieren, dass das Beratungsangebot keine Früchte trägt. Zum Glück Beratung und Qualität brauchen Dialog und Zeit – Zeit sind solche Fälle aber eher selten. Die Fülle an po- und Sorgfalt, die in unserer sich immer schneller dre- sitiven Ergebnissen bestätigt immer wieder, dass der henden Wirtschaft zu fehlen scheint. Andererseits ver- eingeschlagene Weg der Richtige ist. bringt fast jeder von uns die überwiegende Zeit seines Lebens in Gebäuden und in gebauter Umgebung. Und Wie geht es weiter? Die aktuelle Hochkonjunktur ist so gehört es folgerichtig zum öffentlichen Auftrag, bei Fluch und Segen zugleich. In Zeiten, in denen schnell Bauvorhaben – neben den Aspekten der Sicherheit und viel gebaut werden muss – seien es dringend be- und Standfestigkeit – auch baukulturelle Ansprüche nötigte Wohnhäuser oder Gewerbebauten – entsteht zu berücksichtigen. leider manches, das in der Qualität deutlich besser sein könnte. Umso wichtiger ist ein Korrektiv von Sei- Alles Bauen ist öffentlich. Daher sind die Belange der ten der städtischen Bauberatung im Vorfeld der Bau- Baukultur und Baukunst auch gleich am Beginn der anträge. Hier leistet der Gestaltungsbeirat wertvolle Bauordnung verankert. Und sollte man diese Ver- Unterstützung, schon allein dadurch, dass öffentlich ankerung nicht so verstehen, dass sie wie die Statik über Qualität in der Architektur gesprochen wird. oder der Brandschutz zum Prüfprogramm der Bauge- nehmigung gehören? Der Gestaltungsbeirat übt als Wir haben uns vorgenommen, das Interesse der neutrales Beratungsgremium in diesem Prozess eine Öffentlichkeit an den Sitzungen und Ergebnissen wichtige Rolle aus. Dabei stößt er auch eine Debat- des Gestaltungsbeirats wieder zu steigern. Auch für te an zu der Frage: „Was macht die Identität unserer die Medien gäbe es oft Spannendes zu berichten. Stadt aus?“ Was bedeutet es eigentlich, wenn die Die öffentlichen Sitzungen sind nicht zuletzt auch ein neu geplanten Wohnhäuser in Regensburg genauso Angebot an die Bürgerinnen und Bürger, zu verfolgen, aussehen wie in Hamburg, Berlin oder Stuttgart? Die wie viele Gedanken sich Planer, Bauherren und die Suche nach einer architektonischen Haltung an jedem Verwaltung machen, bevor ein neues Projekt Gestalt spezifischen Ort in Regensburg geht deutlich über den annimmt. Bei den Projekten der nächsten Jahre wird schnell zu befriedigenden Zeitgeschmack hinaus. Sol- der Fokus noch intensiver auf den aktuellen Fragen che Diskussionen können nur öffentlich geführt wer- nach kostensparendem Bauen, größtmöglicher Dich- den – da sie uns alle betreffen. Der Gestaltungsbeirat te bei bestmöglichem Wohnumfeld, ökologisch ange- leistet hier fünf Mal im Jahr einen wertvollen Beitrag. passten Techniken und angemessenen Wegen durch 9
Reflexionen und Eindrücke Im öffentlichen Raum Armin Frohschammer Amtsleiter, Bauordnungsamt Wenn ein Jurist gebeten wird, über eine Einrichtung 20 Jahren mit großem Erfolg. Dabei lebt er davon, wie den Gestaltungsbeirat zu schreiben, nähert er sich dass er inhaltlich überzeugt. dem Thema von einer anderen Seite als beispielswei- se Architekten. Die Richtung, aus der er das tut, ist Wer will, dass an den öffentlichen Raum ästhetische natürlich eine rechtliche. Ansprüche gestellt werden, die über die Verhinderung von Verunstaltungen hinausgehen, muss auch bereit Der rechtliche Befund erscheint sehr schnell gefunden sein, dafür einen gewissen Aufwand zu betreiben. Der und eindeutig: Ein Gestaltungsbeirat gehört offen- Gesetzgeber verlangt von Bauherren, dass sie für ih- sichtlich nicht zum Prüfprogramm eines Baugenehmi- ren Bauantrag einen Architekten beauftragen. Diese gungsverfahrens nach der Bayerischen Bauordnung. Tatsache und die Beratung der Verwaltung führen be- Außerhalb der Bayerischen Bauordnung hinaus gibt reits dazu, dass die gröbsten Missgriffe im Vorfeld ver- es in der Realität aber einen Belang, der über die- hindert werden. Aber an besonders sensiblen Stellen ses Prüfprogramm hinausweist. Diese Realität ist der des öffentlichen Raums ist es durchaus erforderlich öffentliche Raum, in dem Bauvorhaben umgesetzt und sinnvoll, Veränderungen in einem größeren Kreis werden. Wer im Hier und Jetzt ein Projekt realisie- von Architekten und in der Öffentlichkeit zu diskutie- ren will, tangiert damit die Interessen von uns allen. ren. Die allermeisten Bauherren und Architekten sind Bauvorhaben können den öffentlichen Raum massiv sich insoweit ihrer Verantwortung bewusst und neh- beeinträchtigen. Aufgrund der hohen wirtschaftlichen men diese Aufwendungen für den Gestaltungsbeirat Aufwendungen, kann eine solche Beeinträchtigung dankenswerterweise auf sich. Wer will, dass der öf- auch nicht mehr oder nur sehr schwer wieder beseitigt fentliche Raum gut gestaltet ist, muss auch bereit sein, werden. dafür Zeit und Geld zu investieren. Dieser Sachverhalt rechtfertigt es, dass an die Die Erfolge, die der Gestaltungsbeirat in Regensburg Ästhetik und an die Gestaltung baulicher Anlagen, die in den letzten 20 Jahren erzielt hat, rechtfertigen die- in den öffentlichen Raum wirken, hohe Anforderun- sen Aufwand bei der Stadt Regensburg und bei den gen gestellt werden. Leider hat sich der Gesetzgeber Bauherren ohne Zweifel. Die Stadtverwaltung schätzt darauf beschränkt, Bauvorhaben zu verhindern, die den Gestaltungsbeirat als Beratergremium und freut den öffentlichen Raum verunstalten. Die Regeln der sich darauf, dass dies auch mindestens die nächsten Baukunst sind nicht mehr zwingendes Recht. Diese 20 Jahre noch so sein wird. Lücke muss und kann der Gestaltungsbeirat schlie- ßen. Der Gestaltungsbeirat in Regensburg tut dies seit Herzlichen Glückwunsch! 10
Die städtebaulichen Heraus- forderungen annehmen Sabine Köhler Geschäftsstelle Gestaltungsbeirat Bauordnungsamt Vor zwei Jahren habe ich den Regensburger Gestal- gestaltungen erweist sich hier als wirtschaftliche und tungsbeirat übernommen, der damals bereits seit energetische Verbesserung. Des Weiteren sollen für längerer Zeit den Kinderschuhen entwachsen war. die Bewohner nutzbare und qualitätsvolle Freiflächen 18 Jahre lang hatten sich meine Vorgängerin und mein entstehen. Vorgänger darum bemüht, ihn zu dem etablierten In- Außerdem steht das Gremium immer mehr unter dem strument der Qualitätssicherung zu machen als das er Druck schnell und effizient Beratungserfolge zu liefern. sich heute präsentiert. Heute ist er so gut aufgestellt, Die Zeitverzögerung durch die Behandlung in meh- dass er es mit allen aktuellen städtebaulichen und reren Sitzungen wird stark kritisiert. Dabei zahlt sich gestalterischen Herausforderungen aufnehmen kann. die Expertise mehrerer Augen im Nachhinein oftmals Das dies auch künftig so bleibt, ist meine Aufgabe für aus. Durch die intensive Auseinandersetzung können die kommenden Jahre. schon im Vorfeld Probleme in einer frühen Planungs- phase erkannt und gelöst werden. Das nachfolgende Die Auswirkungen des Baubooms in Regensburg der Genehmigungsverfahren kann somit schneller abge- letzten Jahre sind auch an den Projekten in den Sit- wickelt werden. Um auf die zeitliche Herausforderung zungen des Beirats erkennbar. Selten werden Filet- zu reagieren wird versucht das Gremium bereits bei grundstücke behandelt, meist handelt es um Grund- den ersten Konzepten einzubinden. Damit kann der stücke die die Planer aufgrund ihrer komplexen Planungsprozess begleitet und der Zeitverlust mini- Rahmenbedingungen vor große Herausforderungen miert werden. Zu einem frühen Zeitpunkt zeigt sich die stellen. Die steigenden Grundstückspreise und die da- Beratung auch am effektivsten, zumal von Seiten des mit verbundene notwendige maximale Ausnutzung des Bauherren und der Planer eine größere Bereitschaft Grundstückes erhöhen den Druck zusätzlich. Immer zur Umplanung besteht als bei einer fast abgeschlos- öfter startet ein Projekt im Gremium als „Abstandsflä- senen Planung. chenarchitektur“ – ein pyramidenartiges Gebilde das sich in der Höhe abstuft, um die Abstandsflächen der Der Erfolg des Gestaltungsbeirats steht und fällt aber Bayerischen Bauordnung einzuhalten. Die Freiflächen mit der Kommunikationskultur. Im respektvollen Um- sind dabei nahezu vollständig versiegelt. Dies mag eine gang auf Augenhöhe können im Gespräch mit den übertriebe Darstellung sein. Jedoch werden mit diesem Bauherren und Architekten gemeinsam Lösungen ge- Beispiel die zentralen Themen im Beirat deutlich. Ziel funden werden. Denn nur dann, wenn Bauherren und der Beratungen ist dabei, die neuen Gebäude städte- Planer die Beratung mit Überzeugung annehmen und baulich in die bestehende Umgebung zu integrieren. umsetzen, kann die Qualität der einzelnen Bauvorha- Eine Reduzierung auf klare Bauformen und Fassaden- ben und damit auch Stück für Stück die Qualität des Regensburger Stadtbilds erhalten und verbessert wer- den. 11
Reflexionen und Eindrücke 20 Jahre Gestaltungsbeirat in Regensburg Klaus Heilmeier Tanja Flemmig Abteilungsleiter und stellvertretender Amtsleiter, Abteilungsleiterin und stellvertretende Amtsleiterin, Bauordnungsamt a. D. Bauordnungsamt Klaus Heilmeier, der den Beirat von der Entstehung Die Beziehung und Wirkung eines Objekts zu seinem bis 2001 begleitet, und Tanja Flemmig, die von 2002 Umfeld, ebenso die räumliche Kohärenz und die Be- bis 2013 die Geschäftsstelle des Gestaltungsbeirates deutung von Maßstab und Materialität – alles Aspekte geleitet hat, stellen sich gegenseitig Fragen. Diese rei- einer Baukultur, die im Ergebnis schon damals mit Le- chen von der Entstehung über aktuelle Probleme bis bensqualität gleichgesetzt wurde. zu einem Blick in die Zukunft. Wie wurde dieser Wunsch nach unabhängigen Be- Herr Heilmeier, Sie haben die Entstehung des ratern von Politik und Verwaltung aufgenommen? Gestaltungsbeirats aktiv miterlebt. Die Idee dazu kam, soweit ich weiß, von außen. Was war damals Weder in der Politik noch in der Verwaltung gab es eigentlich der Auslöser für den Wunsch nach gegen die primär vom Regensburger Architekturkreis einem Gestaltungsbeirat? vorgetragenen Anregungen Vorbehalte. Im Stadtrat wurden alle Beschlüsse, die für die Etablierung eines Klaus Heilmeier: Architekten und Bauherrn haben Gestaltungsbeirats erforderlich waren, einstimmig ge- früher ihre Projekte den jeweiligen Fachämtern (Bau- fasst. Wichtig war dabei der Aspekt der Transparenz: ordnungsamt, Stadtplanungsamt) vorgestellt. Dabei Die Sitzungen müssen öffentlich sein, das heißt die standen naturgemäß planungs- und bauordnungs- Bürger können jederzeit teilnehmen. Stadträte reprä- rechtliche Fragen im Vordergrund. Architektonische sentieren die politische Ebene und anwesende Me- Aspekte waren zwar nicht sekundär, spielten jedoch dienvertreter erhalten ungefilterte Informationen von keine entscheidende Rolle. Engagierte Architekten allen Beteiligten. Auch die für Baufragen zuständigen empfanden diese Praxis als unbefriedigend und for- Bereiche der Verwaltung waren sehr kooperativ und derten eine Diskussion über architektonische Fragen durch eine abgestimmte Ablaufkoordination bemüht, auf Augenhöhe mit dem Ziel, das Bauen generell trotz Beratung im Beirat keine Zeitverluste beim Ge- als „öffentliche Aufgabe“ zu begreifen und Qualität nehmigungsverfahren aufkommen zu lassen. Um den sicherzustellen. Zudem sollten Bauvorhaben nicht gesamten Prozess zielorientiert zu strukturieren, lag ausschließlich unter budgetären Gesichtspunkten ent- es auf der Hand, die Geschäftsstelle des Beirats beim wickelt werden, sondern auch den Anforderungen in Bauordnungsamt anzusiedeln. Bezug auf Architektur und Baugestalt gerecht werden: 12
Die erste Sitzung des Gestaltungsbeirats hat ent- Beratern zusehends geringer. Zudem erfuhr das Wir- scheidend dazu beigetragen, dass der Regens- ken des Beirats in der Öffentlichkeit und den Medien burger Beirat zum Erfolgsmodell werden konnte. große Aufmerksamkeit. Bauplanung und Architektur Können Sie sich erinnern, wie es Ihnen als da- fand jetzt nicht mehr hinter verschlossenen Türen von maliger Geschäftsführer des GBR im Vorfeld und Büros und Amtsstuben statt, sondern stellte sich einer während der Sitzung ergangen ist? öffentlichen Debatte, in deren Verlauf die positive Wei- terentwicklung der Projekte von Jedermann nachvoll- Die erste Sitzung des GBR wurde von allen zogen werden konnte. Beteiligten mit großer Spannung erwartet. Auf der Tagesordnung standen Projekte, die die ganze Band- An den Veröffentlichungen kann man gut sehen, breite der städtebaulichen und architektonischen Ent- dass in der Anfangsphase die Entwürfe durch den wicklung der Stadt abdeckten, angefangen von einem GBR qualitative Quantensprünge gemacht haben. Wohnhausneubau im historischen Kern der Altstadt, Haben Sie eine Erklärung dafür? einer baulichen Weiterentwicklung im westlichen Teil des Oberen Wöhrds bis hin zum Neubau eines Alten- Nach der Geschäftsordnung des Gestaltungsbei- heims am östlichen Altstadtrand und die Erweiterung rats sind alle für das Stadtbild relevanten Vorhaben und bauliche Akzentuierung eines Einkaufzentrums im dem Gestaltungsbeirat vorzulegen – unabhängig Stadtnorden. Alles Vorhaben, die auch das Bauen als von wirtschaftlichen und terminlichen Vorstellungen „öffentliche Aufgabe“ thematisierten. von Architekten und Bauherren. Das bedeutete, dass die Umsetzung der Empfehlungen des GBR bei den Zudem stellte sich die Frage: Wie können die Beirats- Vorhaben an besonderen Orten bald ins Auge fiel. mitglieder – die erstmals in dieser Zusammensetzung Ein prominentes Beispiel ist sicher der Neubau eines agierten – im Dialog mit Bauherrn und Architekten er- Modehauses am St. Kassians-Platz, das einem „Be- folgreich Überzeugungsarbeit leisten? Unter dem Vor- tonklotz“ aus den späten 1960er-Jahren folgen sollte. sitz von Peter Kulka und der herausragenden Kompe- tenz von Fritz Auer, Willi Egli, Heinz Hilmer und Helmut Hier hat meiner Meinung nach der Beirat Maßstäbe für Riemann gelang dies hervorragend. Auch bei Skepti- das Bauen im denkmalgeschützten Bestand gesetzt, kern wurden die Vorbehalte gegenüber den externen die auch heute noch ihre Gültigkeit haben. 13
Reflexionen und Eindrücke „Die Krankheit unserer heutigen Städ- te und Siedlungen ist das traurige Resultat unseres Versagens, menschliche Grundbedürfnisse über wirtschaftliche und industrielle Forderungen zu stellen.“ Walter Gropius, 1883–1969, Architekt und Designer Kubatur und Fassadentextur des Baukörpers liefern chen die Arbeit eines Beirats transparent und besser einen eigenständigen Beitrag zum Ensemblecharakter nachvollziehbar. Die Besetzung mit externen Mitglie- der Regensburger Altstadt. Dass die gefundene Lö- dern verhindert Interessenskonflikte. Alle müssen sich sung einen weiteren Finanzrahmen erforderte, konnte im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes an die der GBR dem Bauherrn vermitteln. Ein Projekt, das Empfehlungen des Beirats halten. Sobald ein Beirat nach Abschluss der Beratung von allen Beteiligten, nur empfiehlt und dann die Politik entscheidet, welche vom Bauherrn, Architekten und den Instanzen der Empfehlungen umgesetzt werden, kann man das Gre- Verwaltung gemeinsam getragen wurde und das in mium gleich abschaffen. Daher ist der Rückhalt vor der Öffentlichkeit zudem positive Resonanz erfuhr. allem in den politischen Gremien von entscheidender Bedeutung. Sie müssen die Stärke haben, fachspezi- Frau Flemmig, der Gestaltungsbeirat der Stadt fische Entscheidungen den Fachleuten zu überlassen. Regensburg galt lange Zeit als Vorbild für ande- Diese Rahmenbedingungen bieten die optimalen Vo- re Städte. Man sprach in diesem Zusammenhang raussetzungen für die Effizienz eines Beirats. vom Regensburger Modell. Was ist darunter zu verstehen? Nach 20-jähriger Aktivität scheint es um den Beirat etwas ruhiger zu werden. Dennoch sind Tanja Flemmig: Öffentliche Sitzungen, eine Besetzung Fragen zur Architektur in Regensburg aktueller mit externen Fachleuten, verbindliche Umsetzung der denn je. Dies beginnt mit dem architektonischen Empfehlungen sowie Rückhalt in Politik und Verwal- Erscheinungsbild des Museums der Bayerische tung. Das sind die Grundpfeiler des Regensburger Geschichte und führt zur öffentlichen Kritik an Modells, die vor allem in den ersten zehn Beiratsjah- der gegenwärtigen städtebaulichen und architek- ren sehr konsequent umgesetzt wurden. Mit diesem tonischen Weiterentwicklung in der Stadt, die von Modell wurden überzeugende Ergebnisse erzielt, die Architektenvertretern süffisant als „Bauträgerar- über die Grenzen Regensburg hinaus Beachtung fan- chitektur“ gebrandmarkt wird. den. Ich habe in den vergangenen Jahren bundesweit Vorträge zum Thema Gestaltungsbeirat gehalten und hatte daher oft Gelegenheit, unterschiedlich agieren- de Beiräte kennenzulernen. Öffentliche Sitzungen ma- 14
Wie gehen Sie mit dieser Kritik um? Letzte Frage: Gibt es den Gestaltungsbeirat noch in 20 Jahren? Um den Beirat ist es in der Tat ruhiger geworden. Viele Projekte werden heute über Wettbewerbe entwickelt Wer weiß? Der Stadtrat könnte morgen entscheiden: und daher nicht vom Beirat beraten. Das ist ein Grund, „Der Beirat ist überflüssig oder er ist zu kostenintensiv.“ warum die Zahl der beratenen Projekte – trotz stei- Das wäre die einfache und ehrliche Variante, das Gre- gender Baukonjunktur – in den vergangenen Jahren mium abzuschaffen. Nachdem der Beirat in Regens- gesunken ist. Häufig wird aber auch der richtige Zeit- burg trotz aller Kritik aber einen gewissen Stellenwert punkt verpasst, bei dem es Sinn macht, ein Projekt besitzt, besteht meines Erachtens eher die Gefahr, im Beirat zu behandeln. Da brauchen wir dringend dass er zum zahnlosen Tiger wird, der zwar berät, neue Strategien, um das Gremium wieder effizienter aber am Ende macht doch jeder was er will. Solche einzusetzen. Was die generelle Kritik an der Architek- Tendenzen kann man durchaus erkennen. Damit das tur betrifft, sehe ich nicht allein das Beratergremium Gremium auch in 20 Jahren noch effizient bestehen in der Pflicht. Die Kritik ist sicher berechtigt, aber kein kann, muss man seine Arbeit beständig hinterfragen. Phänomen, das allein Regensburg betrifft. Die – blei- Die Verwaltung kann sich zum Beispiel überlegen, ob ben wir bei dem Begriff „Bauträgerarchitektur“ – finden der Zeitpunkt zu dem man in die Beratung einsteigt, Sie Land auf, Land ab. Sie ist ein Stück weit ein Spie- immer der richtige ist. Auch stellt sich die Frage, ob gel unserer heutigen Gesellschaft. Um das zu ändern, man das Beratergremium nicht auch bei städtebau- bräuchten wir politische Vertreter und Verwaltungen, lichen Planungen einbinden sollte? Von den Beiräten die bereit sind, neue Wege zu beschreiten; Planer, die kann man ebenfalls eine Reflextion erwarten: Ist ihre sich trauen, den Investoren abseits des Mainstreams Beratung noch effizient? Findet tatsächlich eine Dis- auch Planungen anzubieten und die sich wieder mehr kussion auf Augenhöhe statt? Erreichen sie mit ihren mit der Typologie des Ortes auseinandersetzen; und Empfehlungen überhaupt Bauherren und Planer? schlussendlich qualitätsbewusste Bauherren, die sich Wenn es gelingt, den Beirat immer wieder neu zu er- zum einen nicht mit schlechten Angeboten zufrieden- finden und den sich wandelnden Prozessen so anzu- geben und zum anderen verstehen, dass Gebäude ei- passen, dass er weiter effizient agieren kann, dann nen Bezug zum jeweiligen Ort brauchen. kann er noch lange bestehen. 15
Reflexionen und Eindrücke Regensburg als inspirierende Mitte Willi Egli ehemaliger Gestaltungsbeirat (1998 - 2002) Regensburg hat vor 20 Jahren mit der Schaffung seines Gestaltungsbeirats Pionierarbeit geleistet, Wenn wir uns als ehemalige „Regensburger“ in der zum Vorbild vieler neu gegründeter Beiräte in anderen Beiräten wie Lübeck, Nürnberg, Ingolstadt Deutschland wurde. und Konstanz wieder begegnen, lebt die Erinnerung an ein Stück geistiger Heimat auf. Hinter den Namen Das Anliegen zur Gründung dieser neu konzipierten Schaidinger, Stöberl, Werner, Raab und viele mehr Institution entstand, wie vielerorts, als Reaktion zur stehen Persönlichkeiten, die sich in der Gründerge- bedauernswerten Tatsache, dass die zeitgemäße neration mit viel Mut und Engagement der anspruchs- Bautätigkeit mehrheitlich ihre kulturelle Verpflichtung vollen Aufgabe zum qualitativen Weiterbauen an der ignoriert. Die immense Bauproduktion steht in einem Stadt verpflichtet haben. krassen Gegensatz zur wünschenswerten Qualität. Rücksichtvolles Weiterbauen am reichen Erbe ei- Selbst die unvollständige Aufzählung zeigt, dass Re- ner Stadt wie Regensburg war die Zielsetzung von gensburg zu einer inspirierenden Kompetenz gewor- Politik, Verwaltung und Architekturkreis. Unter dieser den ist, was die Förderung von Baukultur betrifft. So Prämisse sind Experten berufen worden, deren wie sich Weimar zum Zentrum des Deutschen Idealis- eigenes Schaffen bewiesen hat, dass Bauen und Kul- mus entwickelt hat, hat sich Regensburg zu einem Vor- tur untrennbar ineinander verwoben sein können. bild in der Einforderung baulicher Verantwortung ent- faltet. Diese 20-jährige Tradition darf nicht stillstehen. Die Berufung auswärtiger Experten ist für ei- Sie sollte als Stafette auf kulturell hohem Niveau mit nen gut funktionierenden Gestaltungsbeirat immer neuen Persönlichkeiten weiter gepflegt und wichtig, aber nicht allein zielführend. Von en- vererbt werden. ormer Bedeutung ist auch die grundsätzliche Akzeptanz der Politik mit ihrer Spitze, bis hin zu allen entsprechenden Dienststellen. Äußerst wertvoll ist, dass die Sitzungen öffentlich abgehalten wer- „Tradition ist die Bewahrung des Feu- den. Damit geht Regensburg einen entscheidenden ers und nicht die Anbetung der Asche“ Schritt weiter als das Linzer Vorbild. Die Offenheit in (Gustav Mahler). der Durchführung ermöglicht eine freie Presse, die im Stande ist, die beratenen Projekte zu reflektieren und damit eine klärende Vermittlung zum Bürger schafft. 16
Die Schönheit der Stadt ist ihr größtes Kapital Jórun Ragnarsdóttir LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei GmbH & Co. KG Vorsitzende Gestaltungsbeirätin Von Thomas Jefferson, dem dritten Präsidenten der de, die aus der Gemeinschaft der einzelnen Ge- USA, sagt man, er habe empfohlen, für jedes Neu- bäude entstehen. Wenn die Gebäude Schulter an bauprojekt 5 bis 7 Prozent Mehrkosten einzurech- Schulter stehen, sich zu benehmen wissen, und nicht als nen, mit dem Ziel, eine bessere Architekturqualität Einzelement die Nachbarn zu übertrumpfen versu- zu erreichen. Dieser Aufwand zahle sich später um chen, dann empfinden wir den Stadtraum als schön. ein Vielfaches wieder aus. Als Politiker sah er zwei- Die hohe Kunst von Orchesterspielern ist da gefragt, felsohne eine direkte Verbindung zwischen guter weniger die Virtuosität von Solisten. Gestaltung und Ökonomie. Mit seinen Entwürfen für den Campus der Universität von Virginia, auch für seinen Jedem, der in der Stadt bauen will, muss klar sein, dass eigenen Wohnsitz, bewies der begabte Hobbyarchitekt es ein Privileg ist, in einer schönen Stadt ein neues seine These, denn beide Ensembles haben Dank ihrer Haus errichten zu dürfen. Die Spekulation auf kurzfri- Schönheit stetig an Marktwert gewonnen. stige Gewinnchancen, aber auch das Argument, aus dem Zwang der Wirtschaftlichkeit die architektonische Es geht also, wenn wir über die Qualität von Stadt- Qualität hintanstellen zu müssen, schaden der Stadt räumen sprechen, nicht allein um die Frage von (und damit ihrer Ökonomie) im Gesamten. Schönheit, sondern immer auch um Investitionen in die wirtschaftliche Zukunft der Stadt selbst. Das Für mich gibt es keinen schöneren Beleg hinsicht- kulturelle Kapital einer historisch gewachsenen Stadt lich der These von Jefferson, als die Altstadt von ist also immer auch ein ökonomisches Kapital. Insofern Regensburg. Dieses Kapital nicht nur zu bewahren, es müssen Gebäude, die als Neulinge in die Stadt auch zu mehren, bedarf eines ebenso liebevollen wie gepflanzt werden, grundsätzlich so beschaffen sein, professionellen Umgangs mit dem städtebaulichen dass sie zu einer gestalterischen Verbesserung des und architektonischen Erbe. Das wird der Grund dafür Gesamten beitragen. Nur unter Wahrung dieses sein, dass die Bürger und die Politik von Regensburg Prinzips ist die Lebensfähigkeit, wie auch die Schön- – als eine der ersten Städte in Deutschland – einen heit der Stadt, langfristig gesichert. Gestaltungsbeirat ins Leben gerufen haben. Ich bin mir sicher, dass diese Einrichtung über die vielen Jah- Wer immer sich mit der Schönheit einer Stadt be- re hinweg geholfen hat, die einmalige Qualität dieser schäftigt, wird feststellen, dass es die Straßen und Stadt zu wahren. Für mich zählt die Arbeit im Gestal- Plätze sind, die wie Flure, Dielen und Zimmer einer tungsbeirat dieser Stadt zu den vornehmsten Aufga- Wohnung die Qualität bestimmen. Ihre harmonische ben und ich bin dankbar, in diesem Gremium mitarbei- Wirkung erreichen diese Räume durch ihre Wän- ten zu dürfen. 17
Reflexionen und Eindrücke Die Arbeit des Gestaltungsbeirats aus der Sicht des Architekturkreises Thomas Eckert Vorstand Architekturkreis 20 Jahre Gestaltungsbeirat der Stadt Regensburg sind Weiterentwicklung der Altstadt mit zeitgenössischer, 20 Jahre Erfolgsgeschichte einer Idee für bessere höchsten Qualitätsansprüchen genügender Archi- Bauqualität. Der Architekturkreis, mit dem damaligen tektur. Dabei darf der Blick auf die Gesamtstadt nicht Vorsitzenden Siegfried Dömges als Initiator und Ge- verloren gehen. Viele Viertel außerhalb der Altstadt burtshelfer des Gestaltungsbeirats, freut sich mit der haben ihren eigenen Charakter entwickelt, den es auf- Stadt Regensburg, dass das gemeinsame Bemühen zuspüren und bei der Bewertung von Bauvorhaben zu für eine bessere Bauqualität mit der Einführung die- berücksichtigen gilt. ses Beratergremiums zu einer erfolgreichen und aner- kannten Einrichtung geführt hat. Das war nicht immer Leider habe ich den Eindruck, dass der Gestaltungs- so. Anfangs musste das Votum der Gestaltungsbeiräte beirat in den letzten Jahren an den die Stadtentwick- gegen Kritik und juristische Anfechtungen durchge- lung prägenden, großen, neuen Quartiersentwick- setzt werden. Dies war nur möglich, weil Verwaltung lungen weniger einbezogen wurde. Es wäre deshalb und Politik dieses Instrumentarium bedingungslos wünschenswert, dass der Gestaltungsbeirat auch die unterstützten und seinen Gutachten ohne Einschrän- städtebaulichen Planungen beurteilt. Ebenso wichtig kung folgten. Etliche Bausünden konnten so verhin- ist es, dass nicht nur die Beurteilung und Diskussion dert werden, vieles wurde im Diskurs besser. der Projekte in den frühen Planungsphasen stattfin- det, sondern dass eine Qualitätssicherung bis zur Inzwischen ist der Gestaltungsbeirat als hochkarätig Realisierung erfolgt – am Besten in Begleitung eines besetztes Forum zur Beurteilung der Baukultur aner- „Projektpaten“ aus dem Gestaltungsbeirat. Der Ge- kannt und eine verlässliche Größe im Baugeschehen staltungsbeirat wird nach wie vor dringend gebraucht. der Stadt. Er diente inzwischen sogar vielen Städten Sein Aufgabengebiet ist vielfältiger geworden. und Gemeinden als Vorbild, die wie Regensburg ein geeignetes Instrument zur Verbesserung ihrer Baukul- Ich wünsche dem Gestaltungsbeirat weiterhin viel Er- tur suchten. folg, Unabhängigkeit und Eigenständigkeit sowie das rechte Maß beim gemeinsamen Streben nach der be- Neue Herausforderungen kommen auf den Gestal- sten Lösung im Dienste der Baukultur für unsere Stadt. tungsbeirat zu. Der Welterbestatus der Altstadt er- fordert beherztes Eintreten für eine qualitätsvolle 18
Mehr Kommunikation, mehr Baukultur Jakob Oberpriller 1. Vorsitzender BDA, Kreisverband Regensburg, Niederbayern-Oberpfalz Vor 20 Jahren begann in Regensburg die Arbeit des Gestaltungsbeirats als unabhängige Experteninstanz, Gestaltungsbeirats und diese Tätigkeit hat sich be- die einen wichtigen Beitrag für eine qualitätvolle, ar- währt. So hat Regensburg mit seinem erfolgreichen chitektonische und stadtplanerische Weiterentwick- Modell eine wichtige Vorbildfunktion für das Entstehen lung der Stadt geleistet hat, ein nicht zu unterschät- und Wirken von Gestaltungsbeiräten in vielen ande- zender Standortfaktor. ren deutschen Städten übernommen. Ziel und Zweck eines solchen unabhängigen Expertengremiums für Dem Gestaltungsbeirat geht es bei seinen Empfeh- Fragen der Architektur und Stadtplanung ist es, die lungen um einen ganzheitlichen Ansatz, der für städ- bauliche Weiterentwicklung unserer Städte zu quali- tebaulich bedeutsame Vorhaben nicht nur gestalte- fizieren, also die Qualität des Baugeschehens an er- rische Gesichtspunkte berücksichtigt, sondern auch ster Stelle zu setzen. Dies ist deckungsgleich mit den soziale, ökologische und wirtschaftliche Zusammen- Zielen, die sich der Bund Deutscher Architekten (BDA) hänge erfasst. Dieser Prozess ist von Offenheit und in seiner Satzung gesetzt hat. Auch der BDA will die Transparenz geprägt, in der die Kommunikation mit Qualität des Planens und Bauens in Verantwortung allen Beteiligten – also auch den Bürgern – eine tra- gegenüber der Gesellschaft und Umwelt stärken und gende Säule ist. Somit gelingt es, die Architektur und fördert die Diskussion darüber in der Öffentlichkeit. Stadtplanung verstärkt in das öffentliche Interesse zu rücken und auf die kulturelle und politische Agenda Immer mehr Städte sehen im Stadtbild ein wichtiges zu holen. Die Arbeit von Gestaltungsbeiräten ist von Kulturgut, mit dem sich die Bürgerinnen und Bürger einem signifikanten Mehrwert gekennzeichnet, also identifizieren, das den Tourismus voranbringt und das nicht nur im Ergebnis mehr Baukultur, sondern auch selbst als Standortfaktor für Unternehmen gilt. Seit der mehr Kommunikation, mehr Diskussion und mehr Einsetzung des Gestaltungsbeirats 1998 hat sich in Verständnis für eine ganzheitliche Betrachtungswei- Regensburg viel getan. Nicht nur, dass die Altstadt seit se. Dies trifft auf das Wirken des Gestaltungsbeirats 2006 UNESCO-Welterbe ist. Die Stadt hat sich auch Regensburg in herausragender Weise zu. Der hier rasant wirtschaftlich weiterentwickelt, sie ist bei Tou- verfolgte Ansatz ist nicht ohne Grund für viele Städte risten aus aller Welt sehr beliebt und nicht zuletzt auch Vorbild geworden. bei den jungen Leuten, die Regensburg als Studien- ort schätzen und die die Stadt zu einer so genannten Somit wünschen ich dem Gestaltungsbeirat Regens- Schwarmstadt machen, die auch in Zukunft eine hohe burg auch weiterhin Offenheit, Transparenz, Unab- Bevölkerungsdynamik aufweisen wird. Zu dieser Ent- hängigkeit und Mut für die Erarbeitung seiner Empfeh- wicklung haben natürlich viele Faktoren beigetragen, lungen, damit deren Umsetzung die Baukultur in der nicht zuletzt eine vorausschauende und zukunftsori- Stadt auch künftig sichtbar und entscheidend fördern. entierte Stadtpolitik. Dabei ist sicherlich die Arbeit des 19
Reflexionen und Eindrücke Lohnender Blick von außen: der Beitrag von Gestaltungs- beiräten zur Baukultur Reiner Nagel Vorstandsvorsitzender der Bundesstiftung Baukultur Gestaltungsbeiräte haben sich als Instrument in vie- kultur. Damit wird aus dem Sonderfall Gestaltungsbei- len größeren Städten bewährt. Deutschlandweit be- rat der Regelfall besseren Planens und Bauens als trägt ihre Zahl aktuell 130, Tendenz steigend. Immer bürgerschaftliches Anliegen. mehr Städte schätzen ihr Stadtbild als Kulturgut, das sich positiv auf die Identifikation der Bürger mit ihrer In kleineren Gemeinden und ländlichen Regionen Stadt auswirkt, auf den Tourismus und die Wirtschaft. scheint dieses Instrumentarium noch nicht angekom- Hilfreich ist daher ein kompetentes und unabhängiges men zu sein. Die Kommunalumfrage der Bundes- Beratungsgremium für qualitätsvolle Architektur, Städ- stiftung Baukultur im Baukulturbericht 2016/17 zeigt, tebau und Stadtplanung. dass es in ländlichen Räumen neben der Akzeptanz vor allem an ausreichenden Mitteln und Fällen fehlt, Der Beirat berät als Expertengremium nicht nur zur um einen festen Gestaltungsbeirat zu installieren. Der Gestaltung von Bauprojekten, sondern gibt auch Einsatz von mobilen Gestaltungsbeiräten ist daher ein Empfehlungen für den Planungs- und Bauprozess, Versuch, zumindest die finanzielle und organisato- ganz im Sinne der Baukultur: Er fungiert als Vermitt- rische Hürde abzubauen. ler zwischen den beteiligten Akteuren, wirkt als aus- gleichender Part und argumentiert im Sinne des Ge- Die Bundesstiftung Baukultur ermöglicht durch bun- meinwohls,. Denn das scheinbar private Bauvorhaben desweite Netzwerktreffen von Gestaltungsbeiräten betrifft dauerhaft die Öffentlichkeit der Stadt. Deshalb den direkten Austausch von Kommunen, die bereits ermöglichen viele Beiräte durch öffentliche Sitzungen einen Gestaltungsbeirat eingerichtet haben und sol- oder Presseinformationen eine Teilhabe der Stadtbe- chen, die dies in Erwägung ziehen. Ziel ist es, dem wohner am Gestaltungsprozess und schaffen Trans- in jeder Weise lohnenden Blick von außen noch mehr parenz und Glaubwürdigkeit bei der Entscheidungsfin- Konjunktur zu verschaffen. dung. Über die Jahre bilden die lehrende und lernende Funk- tion dieser Baukulturvermittlung so etwas wie eine stadtgesellschaftliche Wahrnehmungsfähigkeit und qualifizierte Urteilskompetenz für Gestaltung und Bau- 20
Mehrwert von Gestaltungsbeiräten Prof. Dr. Agnes Förster Professorin für Planungstheorie und Stadtentwicklung an der RWTH Aachen University Dieser Artikel ist eine Kurzfassung der Ergebnisse des Forschungsprojekts «Mehr Qualität durch Gestal- tungsbeiräte. Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden.» Quelle: Förster, Agnes; Ackermann, Constanze; Borgmann, Nicola; Holl, Christian (2017): Mehr Qualität durch Gestaltungsbeiräte. Perspektiven für die Baukultur in Städten und Gemeinden. Bonn: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Baukultur ist eine Gemeinschaftsaufgabe, zu deren Im persönlichen Gespräch werden Empfehlungen zum Gelingen viele Akteure auf der Ebene der Kommunen Projekt ausgesprochen. Tiefgang und Expertise dieser beitragen. Gestaltungsbeiräte sind ein wichtiges In- Beratung machten in den Augen zahlreicher Diskus- strument, um Baukultur im öffentlichen Diskurs, in den sionsteilnehmer der im Rahmen des Forschungspro- Verhandlungen zwischen öffentlicher Hand, privaten jekts durchgeführten Fachtagung, den Kern der Arbeit Investorinnen und Investoren und zivilgesellschaft- von Gestaltungsbeiräten aus. Neben den Bauherren lichen Organisationen zu verankern. und Architektinnen und Architekten wird die Politik explizit als bedeutende Zielgruppe dieser Beratung Deutschland verfügt über eine ausgeprägte und viel- gesehen. fältige Landschaft von Gestaltungsbeiräten, die seit Jahren wächst. Ebenso wie architektonische Ansprü- Baukultur eine Sprache geben. Die verständliche che und lokale Baukultur befindet sich das Instrument und nachvollziehbare Argumentation sowie die For- des Gestaltungsbeirats in einem fortwährenden Ent- mulierung von Empfehlungen werden als zweiter zen- wicklungsprozess. Dieser Erfahrungsschatz und die traler Wirkungsbaustein der Arbeit von Gestaltungs- vielfältigen Erwartungen an die Arbeit von Gestal- beiräten wahrgenommen. Baukultur wird wesentlich tungsbeiräten sind es wert, das Instrument in seiner über die individuelle Wahrnehmung, den unmittel- Arbeitsweise wie auch in seinem Mehrwert genauer baren, räumlichen Gebrauch und die mediale Verbrei- zu beleuchten. Was tragen Gestaltungsbeiräte zu ei- tung von Fotos und Bildern kommuniziert. Für eine ner dauerhaft lebenswerten und auch schönen Stadt Verständigung über Baukultur ist es aber von zentraler bei? Bedeutung, diese auch sprachlich zu fassen. Diese Leistung erbringen Gestaltungsbeiräte. Neben dem Beraten und Wissen vermitteln. Die Beratung von fachlichen Know-how der Mitglieder ist ihre sprach- Bauherren, Politik und Verwaltung steht im Mittelpunkt liche und kommunikative Kompetenz eine wichtige Vo- der Arbeit von Gestaltungsbeiräten. Die Besonderheit raussetzung für eine wirkungsvolle Arbeit. Auf dieser besteht in der Konstellation und den Rollen von Archi- Ebene bewirken Gestaltungsbeiräte Veränderungen in tektin und Architekt, Verwaltung und Politik. Die Be- den Köpfen, sie unterstützen eine breite und fachlich ratung erfolgt auf Basis von Ortsbesichtigungen, der fundierte Diskussionskultur. Sichtung und der Präsentation der Planunterlagen. 21
GESTALTUNGSBEIRÄTE IN DEUTSCHLAND Die Verteilung der 130 bestehenden Gestal- tungsbeiräte nach Stadtgrößen zeigt ein regional stark differenziertes Bild, wonach sich vor allem im Ruhrgebiet und in Baden- Württemberg zahlreiche Gestaltungsbei- räte konzentrieren. Im Norden und Osten Deutschlands, wie in Brandenburg oder Sachsen, gibt es hingegen nur sehr verein- zelt Gestaltungsbeiräte. Die Karte zeigt ebenfalls die Verteilung der neueren Entwicklung der Sonderformen der Beiräte in Form der insgesamt 8 bestehenden tem- porären, regionalen und mobilen Gestal- tungsbeiräte der Architektenkammern der Länder. Definition der Stadtgrößen: Große Großstadt (≥ 500.000 Einwohner), Kleine Großstadt (100.000 – < 500.000 Einwohner), Mittelstadt (25.00 – < 100.000 Einwohner) und Kleinstadt (< 25.000 Einwohner) Großstädte Kleine Großstädte Mittelstädte Kleinstädte Sonderformen Quelle: die Autoren. Daten: BBSR 2017, Förderverein Bundesstiftung Baukultur e.V. 2014 Gestaltungsbeiräte in Deutschland Öffentlichkeit herstellen. Die öffentliche Wahrneh- Verbündete, Multiplikatoren, Netzwerk anspre- mung und Transparenz der Arbeit von Gestaltungs- chen. Die Identifikation, das Gespräch und die Ver- beiräten und die Veröffentlichung der Beratungser- netzung mit Verbündeten und Multiplikatoren zum gebnisse sind ein weiterer bedeutender Beitrag von Thema Baukultur, sind ein weiterer Schlüssel, um mit Gestaltungsbeiräten. Damit wird die Verhandlungs- der Arbeit von Gestaltungsbeiräten tatsächlich einen position der öffentlichen Hand gegenüber dem Pro- Mehrwert zu erreichen. Dabei geht es auch darum, jektträger unterstützt. Im Zusammenspiel mit einer geeignete Kooperationen und Arbeitsteilungen zwi- verständlichen, nachvollziehbaren Sprache und Argu- schen den verschiedenen Akteuren zu finden. Das In- mentation können die Empfehlungen der Gestaltungs- strument Gestaltungsbeirat wird gestärkt, wenn es in beiräte Mitstreiter zum Thema Baukultur erreichen ein weites Feld von Akteuren und Initiativen zum The- und allgemein die Bewusstseinsbildung schärfen und ma Baukultur eingebettet ist. Zudem werden Politiker zum Nachahmen anregen. als wichtige Multiplikatoren genannt, um mit der Arbeit der Gestaltungsbeiräte eine Wirkung in die Breite zu Aushandeln und verhandeln. Gestaltungsbeiräte entfalten. Daher ist die Einbindung der Politik in die werden als entlastendes Gremium für die Verwaltung Beratung wichtig. verstanden. Zugleich ist die Politikberatung von zen- traler Bedeutung. Gestaltungsbeiräte wirken als Zwi- Bewusstseinsbildung, Ausstrahlung, Nachahmer schenebene zwischen Bauherrschaft und Architektin anregen. Gestaltungsbeiräte brauchen – zusammen oder Architekt sowie Verwaltung und Politik. Argu- mit Architektinnen und Architekten, Bauherrschaft, mentation und Empfehlungen des Gestaltungsbeirats Verwaltung und Politik – Erfolgserlebnisse, um den unterstützen die Verwaltung und Politik, öffentliche In- Sinn des Gestaltungsbeirats nach außen zu tragen teressen gegenüber den Projektträgern zu vertreten und weitere Projektträger zu ermutigen, ebenfalls die und erfolgreich auszuhandeln. Beratung dieses Gremiums zu suchen. Transparenz und das richtige Maß an Öffentlichkeit sind wichtig, um Entscheiden und legitimieren. Im Ergebnis soll die in der öffentlichen Diskussion einen Lernprozess zum Arbeit von Gestaltungsbeiräten planerische und poli- Thema Baukultur in Gang zu setzen. Die Arbeit von tische Entscheidungen herbeiführen und diese durch Gestaltungsbeiräten kann Veränderungen in den Köp- die Unabhängigkeit des Gremiums und die Verständ- fen anstoßen, die im Diskussionsprozess über Baukul- lichkeit der Argumentation legitimieren. Mit diesen tur besonders wichtig sind. Über diese wirkungsvollen Entscheidungen werden einzelne Planungsvorhaben Bausteine der Arbeit von Gestaltungsbeiräten können konkret verbessert. Städte langfristig drei Ebenen des Mehrwerts entwi- ckeln. 22
Stadtgestaltung und Alltagsarchitektur – Was prägt die Identität unserer Stadt? – Was ist uns unser bauliches Erbe wert? – Wie soll sich unsere Stadt fortentwickeln? – ... Entscheiden Kommunikation und und legitimieren Institution Beteiligung – Wer sind unsere Partner Arbeitsweise in der Vermittlung von Baukultur? Position und Rolle – Wie nehmen wir die Rahmenbedingungen Bürgerinnen und Bürger Verbündete, im Weiterbau unserer Multiplikatoren, Stadt mit? Netzwerk ansprechen – ... Image und Standortförderung – Welche Alleinstellungs- merkmale haben wir? – Welche Rolle spielt Bewusstseinsbildung Baukultur für die Attrak- Ausstrahlung tivität unserer Stadt? Nachahmer anregen – ... LERNPROZESS Skizze wirkungsvolle Bausteine, Mehrwert und Lernprozess, der mit der Arbeit der Gestaltungsbeiräte angestoßen wird. Stadtgestalt und Alltagsarchitektur. Bauherrschaft tion und Beteiligung grundlegende Fragen mit erörtert und Investierende verstehen, dass die Qualität für den werden: Wer sind geeignete Partner bei der Vermitt- Erfolg ihrer Projekte eine wichtige Voraussetzung ist. lung von Baukultur? Wie werden die Bürger im Wei- Besonders hervorzuheben sind die positiven Auswir- terbau unserer Stadt mitgenommen? Welche weiteren kungen auf den öffentlichen Raum, der in der Bera- Vermittlungsansätze sollten angestoßen werden, um tung eine besondere Aufmerksamkeit erfahren muss. architektonische, städtebauliche und freiräumliche Der Mehrwert von Gestaltungsbeiräten für Stadtge- Qualitäten und gelungene Beispiele in das öffentliche stalt und Alltagsarchitektur wird in einer Stadt erst mit- Bewusstsein zu rücken? tel- bis langfristig sichtbar. Zuvor unterstützt die Arbeit der Gestaltungsbeiräte die Fokussierung und Klärung Image und Standortförderung. Gutes Bauen, ge- wichtiger Fragen zum Thema Baukultur wie beispiels- lungene Stadtgestaltung und Architektur helfen, eine weise: Was prägt die spezifische Identität einer Stadt? Kommune oder auch eine ganze Region als Stand- Welchen Stellenwert hat das bauliche Erbe – aus ort zu stärken und zu positionieren. Das kann für die welchen Epochen? Wie soll sich die Stadt weiterent- Attraktivität als Wohnstandort, als Unternehmens- wickeln? Diese Fragen werden bei jeder Sitzung des standort und auch für den Tourismus gelten. Eine Gestaltungsbeirats mitverhandelt und über die Abfol- wesentliche Aufgabe von Gestaltungsbeiräten ist, die ge der Beratung unterschiedlicher Projekte fortlaufend Bedeutung von Baukultur in der jeweiligen Kommu- vertieft und konsolidiert. ne innerhalb von Verwaltung und Politik zu schärfen: Welche Alleinstellungsmerkmale liegen vor? Wie kann Kommunikation und Beteiligung. In der Stärkung die Attraktivität der Kommune mit guter Architektur, der öffentlichen Diskussion über gute Architektur, Städtebau und Freiraum gesteigert werden? Welche Landschaftsarchitektur und Städtebau liegt ein be- Zielgruppen im Bereich Tourismus, Unternehmen oder deutender Mehrwert von Gestaltungsbeiräten. Bau- Wohnbevölkerung können damit erreicht werden? Die en ist eine öffentliche Angelegenheit und sollte damit Verknüpfung von Stadtgestalt, Image und Standort- auch öffentlich verhandelt werden. Ein gewisser Grad förderung ist ein Lernprozess, den Gestaltungsbeiräte an Öffentlichkeit und Transparenz ist notwendig, um mit ihrer laufenden Arbeit befördern können. Der ei- den Lerneffekt zur Baukultur im öffentlichen Diskurs gentliche Mehrwert kann sich nur mittel- bis langfristig zu fördern. Eine Berichterstattung über die Arbeit der einstellen und erhöhen. Gestaltungsbeiräte in der Presse ist aus dieser Per- spektive wünschenswert. Im Rahmen der Arbeit der Gestaltungsbeiräte sollten in Bezug auf Kommunika- 23
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