110 Jahre Firmengruppe Riedel Bau - Firmenchronik von 1899 bis 2009
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110 Jahre Firmengruppe Riedel Bau Firmenchronik von 1899 bis 2009 1899 legte Baumeister Johann Riedel mit der Eröffnung seines Maurergeschäfts in Schweinfurt den Grundstein für die heutige Firmengruppe Riedel Bau. Die bewegte Geschichte des Firmengründers und der gesamten Unternehmerfamilie, die Riedel Bau durch zwei Weltkriege und viele wirtschaftlich schwierige Zeiten führte, wurden in dieser Chronik mit Unterstützung des Bayerischen Wirtschaftsarchivs München aufbereitet. 110 Jahre Firmengruppe 110 Jahre Firmengruppe Riedel Bau Schweinfurt - Chronik von 1899 bis 2009 Firmengruppe Riedel Bau Silbersteinstraße 4 97424 Schweinfurt Telefon 09721 / 676 - 0 Telefax 09721 / 676 - 110 Email: info@riedelbau.de www.riedelbau.de Firmenchronik von 1899 bis 2009
110 Jahre Firmengruppe Riedel Bau Firmenchronik von 1899 bis 2009 1899 legte Baumeister Johann Riedel mit der Eröffnung seines Maurergeschäfts in Schweinfurt den Grundstein für die heutige Firmengruppe Riedel Bau. Die bewegte Geschichte des Firmen- gründers und der gesamten Unternehmerfamilie, die Riedel Bau durch zwei Weltkriege und viele wirtschaftlich schwierige Zeiten führte, wurden in dieser Chronik mit Unterstützung des Bayerischen Wirtschaftsarchivs München aufbereitet. 1
Inhaltsverzeichnis 110 Jahre Firmengruppe Riedel Bau Die Jahrhundertwende in Schweinfurt Meilensteine der Der Weg zur Aktiengesellschaft 1995 Gründung der Riedel Bauunter- nehmen GmbH & Co. KG Erfurt (Tochter- Firmengeschichte: Vorgeschichte: Eine gesunde und Steigende Umsatzzahlen 56 unternehmen der Gebr. Riedel GmbH & Co. KG Bauunternehmen Schweinfurt). 1899 Firmengründung durch Baumeister aufstrebende Entwicklung 4 Johann Riedel als Hoch- und Tiefbauun- Seite 58 ternehmen. Seite 8 100-jähriges Firmenjubiläum 60 Konzentration auf das Kerngeschäft 62 Die Firmengründung durch Johann Riedel „...empfehle mich bei vorkommenden 1903 Pionier in Stahlbetonkonstruktion, wie z.B. Staustufe Schweinfurt. Seite 13 Neubauten aller Art.“ 8 1996 Bau des Verwaltungsgebäudes in der Silbersteinstraße im Gewerbegebiet 1906 Baumeister Die Firmengruppe Riedel Bau heute Hafen in Schweinfurt Leonhard Riedel wird Gesellschafter. 1997 Einzug in das neue Verwaltungs- Seitdem Firmierung Anspruchsvolle Bauvorhaben 68 gebäude in der Silbersteinstraße 4 im Gebr. Riedel. Schweinfurter Gewerbegebiet Hafen. Seite 13 Vom handwerklichen zum industriellen Bauschaffen Seite 59 1922 Moderne Ausrüstung - Einsatz von Firmenstruktur für die Zukunft gesichert 74 Bauausführung in Cement und Eisen 14 LKWs und Raupenbaggern. Seite 34 1923 Die fünf Söhne des Firmengrün- 110 Jahre Riedel Bau 76 ders treten in die Firma ein. Seite 24 1. Weltkrieg - Verwaltung des Mangels 20 1931 Grundsteinlegung Ernst-Sachs- Bad in Schweinfurt. Seite 28 Die „Goldenen Zwanziger“ 24 1999 100-jähriges Firmenjubiläum der Firmengruppe Riedel Bau, Seite 60 Allgemeine Informationen Krise und Boom 28 2001 Umwandlung der Riedel Bau Stammbaum der Familie Riedel 78 GmbH Holding in die Riedel Bau AG Holding Der Einsatz von Baumaschinen 34 2003 Verschmelzung der Firmen Gebr. 1949 Aufnahme des schlüsselfertigen Firmenstruktur Riedel Bau 2009 80 Riedel GmbH & Co. KG Bauunterneh- men, Riedel Bauteilwerk GmbH & Co. Im Zeichen des 2. Weltkrieges 36 Bauens (Amerikanische Wohnsiedlung) KG und Riedel Gewerbe- u. Wohnbau GmbH & Co. KG in die Riedel Bau 1954 Errichtung des ersten Transport- GmbH & Co. KG. betonwerks in der Region. Seite 45 2005 Gründung der Riedel Construct 1978 Dipl.-Ing. Gert Riedel übernimmt SRL Cluj-Napoca in Rumänien (Tochter- in der 3. Generation die Leitung der unternehmen der Riedel Bau GmbH & Firmengruppe. Seite 55 Co. KG Schweinfurt). Verantwortung für die Zukunft 2007 Berufung von Stefanie Riedel (Tochter von Dipl.-Ing. Gert Riedel) in Ein schwerer Neubeginn 40 Die vorliegende Publikation basiert im Wesentlichen auf Archivunterlagen den Aufsichtsrat der Riedel Bau AG der Riedel Bau AG Holding. 1996 entschloss sich die Geschäftsleitung das Holding. historische Material dem Bayerischen Wirtschaftsarchiv anzuvertrauen, das seither treuhänderisch dieses Depositum verwaltet. Nach den Publikationen Der Vorstand der Riedel Bau AG Holding Aufbruch ins „Wirtschaftswunder“ 42 zum 50jährigen und 75jährigen Firmenjubiläum ist dies die dritte Veröffent- wurde um die beiden Geschäftsführer lichung zur Firmengeschichte der Riedel Bau Gruppe. Unser Dank gilt der Heinz Lenhart und Herbert Treuting Familie Riedel sowie Dr. Eva Moser und Dr. Richard Winkler / Bayerisches erweitert. 1987 Integrierte Software über nahezu „Überall wird gebaut!“ 50 alle Funktionsbereiche der technischen Wirtschaftsarchiv für die Unterstützung dieses Werks. Dipl.-Ing. Gert Riedel / Vorstandsvor- und kaufmännischen Verwaltung und sitzender der Riedel Bau AG Holding Impressum: verstarb am 12. Dezember 2007 im alle Unternehmen der Firmengruppe. Herausgeber: Riedel Bau AG Holding, Schweinfurt; V.i.S.d.P.: Heinz Lenhart, Alter von 64 Jahren nach einer kurzen, Von der Bauunternehmung Herbert Treuting; Autoren: Dr. Eva Moser und Dr. Richard Winkler vom schweren Krankheit. Seite 74 1991 Die Firmengruppe übertritt die 130 zur Firmengruppe 54 Bayerischen Wirtschaftsarchiv München sowie für die Zeit ab 2000 Christina Mio-DM-Grenze mit 400 Mitarbeitern in Frase / Riedel Bau AG Holding. Layout & Satz: Christina Frase / Riedel Bau 2009 Die Firmengruppe Riedel Bau der Stammbelegschaft. Seite 56 AG Holding. Druck: CityDruck Würzburg. feiert ihr 110-jähriges Bestehen. Fotoquellen (soweit bekannt): A. Breiteneicher, Hans Rost, Eichel, Benkert, Seite 76 1991 Gründung der Bauträgerfirma Hans Krehel, W. Kupfer und Wolfgang Fojtu alle Schweinfurt; Stiftung Pfister; Riedel Gewerbe- und Wohnbau GmbH Uhlenhut; Werksarchive Kugelfischer, SKF, Fichtel & Sachs, ZF-Sachs & Co. KG Schweinfurt; Stadtarchiv Schweinfurt; Werksarchiv Firmengruppe Riedel Bau; Peter Leutsch, Schwebheim; Josef Müller Luftbilder, Schweinfurt; Ali Moshiri, 2 1992 Eröffnung einer Geschäftsstelle 3 Zierenberg; Gerhard Kassner, Berlin; Dr. Bernhard Rauh, Würzburg; Studio B, der Bauunternehmung in Erfurt Bremen; Thomas Koculak, Mörfelden-Walldorf; Norbert Steiche, Schweinfurt; Ingrid Scheffler, München; Matthias Maas, Würzburg; Volker Hielscher, Erfurt.
Die Jahrhundertwende in Schweinfurt Eine gesunde und aufstrebende Entwicklung Im Gründungsjahr der Firmengruppe Riedel gene Stadterweiterungsbüros ihre Schalter ge- Wilhelm Sattler 1837 Bau 1899 stand an der Spitze Bayerns - als öffnet. Und in Augsburg wandte sich 1899 die (Öl auf Leinwand von Georg Friedrich Adolph Schöner) „des Königreichs Verweser“ - jener Mann, der Maschinenfabrik Augsburg an das Bezirksamt einer ganzen Epoche ihren Namen verliehen mit der Bitte, eine eigene Gemeinde einrichten hat: Prinzregent Luitpold. Liebe zur Natur, ein zu dürfen. Sie sollte die Fabrik, die vom Werk volkstümliches Auftreten, Frömmigkeit und errichteten Arbeiterwohnungen sowie gemein- Liebenswürdigkeit - all dies gewann ihm die nützige Gebäude umfassen. Schweinfurt zähl- Herzen seiner Untertanen. Seine Residenz war te mittlerweile mehr als 13.000 Einwohner, xikon nachlesen, daß der „jährliche Zutrieb zu grünen Tapeten gestorben sein soll, ist freilich Mittelpunkt des gesellschaftlichen und poli- 1861 waren es 8.707 „Seelen“ gewesen. Tür- den Viehmärkten 25 - 30.000 Stück Rindvieh nur Legende. Später wurde das Schweinfur- tischen Lebens. Eine neue Kunstrichtung mit me und Tore - Zeugen einstiger reichsstädti- und 40- 45.000 Stück Schafe“ betrage. Und ter Grün gerade wegen seines Arsengehalts frischem und freiem Lebensgefühl bricht sich scher Herrlichkeit - waren bereits weitgehend das Bezirksgremium für Handel und Gewerbe und seiner weithin warnenden Farbe äußerst Bahn: der Jugendstil. In München erscheint abgebrochen. 1876 trug man schließlich das in Schweinfurt beginnt seinen Bericht für das erfolgreich als Schädlingsgift gegen fressende das satirische Blatt „Simplicissimus“, das Mühltor mit seinem wuchtig-barocken Turm Jahr 1899 mit der betrüblichen Feststellung, Insekten wie etwa den Kartoffelkäfer einge- gegen bürgerliche Verlogenheit und wilhelmi- ab. Die Steine wurden zur Pflasterung des dass die für das Geschäftsleben der Stadt so setzt. Friedrich Wilhelm Sattler erwies sich nisch erstarrte Obrigkeit zu Felde zieht. Der Marktplatzes und zur Beschotterung des Roß- einflußreichen großen Viehmärkte „mehrfach als ebenso erfolgreicher Erfinder wie tüchti- Würzburger Physikprofessor Wilhelm Conrad marktes verwendet. Überhaupt kam noch bis wieder recht unliebsame Störungen durch ger Kaufmann. So war er unter anderem an Röntgen hat bereits bei einem Experiment mit gegen Ende des 19. Jahrhunderts dem Markt- Marktverbote infolge von Viehseucheanfäl- der Gründung der ersten Zuckerraffinerie in einer in schwarzes Papier gehüllten elektri- wesen in Schweinfurt große Bedeutung zu. So len“ erlitten hätten. Dass die Stadt durchaus Schweinfurt beteiligt. In Schloss Mainberg, schen Röhre „eine neue Art von Strahlen“ kann man 1878 in Meyer’s Konversationsle- noch ländliche Züge aufwies, zeigt die zum 1. das er 1821 vom bayerischen Staat erwarb, entdeckt. Und in München werden die ersten Dezember 1900 vorgenommene „Vieh- und richtete er eine Tapetenfabrik ein, für die „Fahrerlaubnisse“ für 25 Automobilisten Obstbaumzählung“: 291 Pferde, 417 Stück seine Frau Katharina, die begabte Tochter ausgestellt. Rindvieh, 718 Schafe, 753 Schweine, 2.348 des Kunstmalers Conrad Geiger, die Muster Hühner, aber nur 1 Perlhuhn, lebten auf dem entwarf. Darüber hinaus entwickelte er aus Auch in Schweinfurt, der „in freundlicher Stadtgebiet. Und in städtischer Erde wurzelten Kartoffelmehl künstlichen Sago, der noch bis Gegend an Rebenhügeln gelegenen Bezirks- 11.450 Apfelbäume und 6.029 Zwetschgen- vor einigen Jahrzehnten fester Bestandteil der amtsstadt“, hielt die neue Zeit Einzug. Seit und Pflaumenbäume. Alltagsküche war. 1895 ratterte die Pferdebahn durch die Rück- ertstraße über den Marktplatz bis hin zum Nur allmählich war das vom Handel geprägte Der Anschluss an die Bahnlinie Bamberg- Hauptbahnhof. Dort konnten sich die Reisen- Schweinfurt in die Industrialisierung hinein- Würzburg 1852 erwies sich auch für die den drei Jahre später einer neuen technischen gewachsen. Zwar gab es bereits um 1780 eine Schweinfurter Wirtschaft als wichtiger Impuls. Errungenschaft erfreuen: „Electrisches Licht“ 1907 - Weißkohlmarkt auf dem Schweinfurter Bleiweißfabrik, doch überörtliche Bedeutung Neue Industrieunternehmungen entstanden: erhellte die Bahnhofshalle. Auch auf die „Seg- Roßmarkt. erreichten weder sie noch die in den Folgejah- so etwa in den 1870er Jahren die Gelatine- nungen der Telephonie“ mußten die Schwein- ren errichteten „Industrie-Etablissements“ zur fabrik, 1873 die Malzfabrik Schweinfurt, furter Bürgerinnen und Bürger nicht mehr Leder-, Essig- und Tabakfabrikation. Welt- 1879 die Kartonagenfabrik Johann Allmis. verzichten: Am 19. August 1893 war die erste geltung erlangte dagegen eine Erfindung, die Noch auf Markung der wohlhabenden und Telefonanlage mit 40 privaten Sprechstellen in Wilhelm Sattler 1814 gemeinsam mit seinem aufstrebenden Dorfgemeinde Oberndorf Betrieb genommen worden. Freund, dem Apothekenprovisor Friedrich entstand 1874 der neue Rangier- und Zentral- Ruß gelang: das Schweinfurter Grün. Diese bahnhof, der die Ausdehnung der Stadt Eng verbunden mit der in dieser Zeit rasch „prachtvolle“ Kupferfarbe aus „mikroskopi- nach Westen beschleunigte. voranschreitenden Industrialisierung vollzog schen smaragdgrünen Krystallen“ war äußerst sich auch im Königreich Bayern das sprung- lichtbeständig, aber durch ihren hohen Arsen- hafte Wachstum von Städten und Gemeinden. anteil auch sehr giftig. Dass Friedrich Schiller 4 So hatten etwa in Nürnberg und München ei- an den „Aushauchungen“ seiner feuchten 5 1900 - Viehmarkt auf dem Postplatz (heute Georg-Wichtermann-Platz) in Schweinfurt.
Die Jahrhundertwende in Schweinfurt Hatte im Schweinfurt der Biedermeierzeit 1899 starb der schwer herzkranke Mann. eine überwiegend chemische Fabrikation die Zuvor hatte er erleben müssen, daß sich die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt mitge- zwei fähigsten Mitarbeiter von ihm trennten prägt, so entfaltete sich gegen Ende des und unter dem Firmennamen Fries & Höpflin- 19. Jahrhunderts ein neuer Industriezweig. ger ein florierendes Konkurrenzunternehmen Die Entwicklung der „Velociped-Kugel“ aufbauten. sollte dem Namen Schweinfurt ein weiteres Mal Weltgeltung verschaffen. Es war der Instrumentenmacher Philipp Moritz Fischer, der 1853 an einem Laufrad Pedale anbrachte. Seinem Sohn Friedrich gelang es 1883 mittels einer neu entwickelten Schleifmaschine die ersten genau runden und gleich großen Fränkische Isolierrohre & Metallwarenwerke Gg. Schäfer und Städt. Kunstmühle A. G. in Stahlkugeln für Kugellager maschinell herzu- Schweinfurt (rechts im Bild die Maxbrücke). stellen. Die Begeisterung für die „Velocipe- desreiterei“ sollte sich in klingender Münze 1894 siedelte sich in Schweinfurt ein junger Die zunehmende Industrialisierung der Stadt, auszahlen. Hatte man in Deutschland 1887 Mann an, der einen wichtigen Beitrag zur das Aufkommen eines neuen Industriezweigs etwa 7.000 Fahrräder hergestellt, so waren es industriellen Entwicklung der Stadt leisten brachte eine „ungemein starke Arbeiterver- rund zehn Jahre später bereits 200.000. Auch sollte: der 27-jährige Radrennfahrer Ernst mehrung“ mit sich. Preisgünstige Mietwoh- Schweinfurt zählte bis zur Jahrhundertwende Sachs. Tagsüber arbeitete er bei einem Fahr- nungen wurden dringend benötigt. So hatte vier Vereine, die sich leidenschaftlich dem radhändler, nach Feierabend „tüftelte“ er an 1896 der königliche Landgerichtsarzt Dr. Radsport verschrieben hatten. 1897 produzier- der Konstruktion einer Fahrradnabe, „die auf Heinrich Fürst mehr als 900 Arbeiterwohnun- te Fischers Fabrik in der Nähe des Hauptbahn- Kugellager gesetzt ist und in Kugeln rollt“. gen besichtigt und in einem ausführlichen Gut- hofs wöchentlich schon 36.000 Gros Kugeln. Noch im gleichen Jahr konnte er beim Kaiser- achten auf die Wohnraummisere aufmerksam Friedrich Fischer selbst konnte sich nicht Nicht weit von Friedrich Fischers erster Werk- lichen Patentamt in Berlin sein Patent eines gemacht: Mangelhafte Beheizung, Belüftung lange an seinem Erfolg erfreuen: statt entfernt, hatte sich 1885 der Schlosser- „Fahrrad-Kugellagers mit verschiebbarer und Beleuchtung, schlechter baulicher Zu- meister Georg Schäfer in der Judengasse selb- Kugellauffläche“ anmelden. Der endgültige stand, indiskutable hygienische Verhältnisse. ständig gemacht. Zielstrebig erweiterte er den Durchbruch gelang Ernst Sachs jedoch erst Der Magistrat versuchte Abhilfe zu schaffen Betrieb für Stahlkonstruktionen, Tresoreinrich- acht Jahre später, nämlich mit der „Torpedo- und ließ auch selbst Häuser für Arbeiterwoh- tungen und Isolierrohre. 1904 nahm auch er Freilaufnabe“. Sie vereinigte erstmals An- nungen errichten. Schritt um Schritt dehnte die Produktion von Kugellagern auf. Schließ- trieb, Freilauf und Rücktrittbremse in einem sich die Stadt nach Westen aus. Die veralteten lich genügten die vorhandenen Räumlichkeiten winzigen Aggregat und revolutionierte damit Fabrikbauten genügten bei weitem nicht mehr bei weitem nicht mehr, und Georg Schäfer zog die Fahrradindustrie: Das Fahrrad entwickelte den Erfordernissen der modernen Produktions- mit seiner Fabrik in die ehemalige Spinnmüh- sich zum Massenverkehrsmittel. methoden. Rege Bautätigkeit setzte ein ... le am Main um. Fünf Jahre später gelang es dem weitsichtigen Unternehmer, für 600.000 Mark die Kugelfabrik Fischer zu übernehmen. Unter dem Namen „Kugelfischer“ gelangte das Unternehmen zu neuer Blüte. 6 7 Erstes Tretkurbelfahrrad von Philipp Moritz Fischer, um 1860
Die Firmengründung durch Johann Riedel „... empfehle mich bei vorkommenden Reparaturen und Neubauten aller Art.“ Am 1. April 1899, einem kalten Karsamstag- Gleichzeitig suchte der „frischgebackene“ Absicht, das bisher auf zahlreichen Baustellen einfachen Stadt- und Landbauten sowie zu morgen, studierten die Leser des Schwein- Unternehmer qualifizierte Maurer und Taglöh- erworbene praktische handwerkliche Wissen den gewöhnlich verkommenden Straßen- und furter Tagblattes wie gewohnt den Inseraten- ner für die ersten Bauaufträge. Eine Karriere und Können durch eine fundierte theore- Brückenbauten“. Ab 1. März 1894 trat Johann teil. Neben Stellenanzeigen der Kugelfabrik als Bauunternehmer war dem am 27. Januar tisch-technische Ausbildung zu erweitern. Riedel für einige Monate als „Bautechniker“ Fischer, die um „geübte Kugelaussucher“ 1868 in Ermetzhofen bei Uffenheim gebore- In den Wintermonaten, in denen die Arbeit beim Baumeister Witschko in Würzburg ein, warb, einer Annonce des Kolonialwarenhänd- nen Johann Georg Michael Riedel nicht in am Bau aufgrund der schlechten Witterung der ihm die Bauleitung für den Umbau der lers Wilhelm Konrad, der „frisch gebrannten die Wiege gelegt worden. Seine Eltern Eva ohnehin häufig unterbrochen war, belegte der Stadtpfarrkirche in Uffenheim anvertraute. Caffee reinschmeckender Qualität“ empfahl Margareta und Georg Michael Riedel bewirt- „Maurer“ Riedel von 1891 bis 1894 einen Noch im selben Jahr erhielt er eine feste An- sowie einem Inserat der verzweifelten Witwe schafteten in dem mittelfränkischen 350- drei-semestrigen Kursus an der Kreisbauge- stellung als Bauführer bei seinem früheren Ar- Brischwein von Poppenhausen, die das Pu- Seelen-Dorf ein kleines landwirtschaftliches werkschule in Würzburg. Diese Ausbildung beitgeber zu Studienzeiten, der Firma Georg blikum vor Geldgeschäften mit ihrem „etwas Anwesen, doch reichte der Ertrag nicht aus, war durch äußerste Sparsamkeit hart erarbei- Kneffel in Schweinfurt. Seine erste Aufgabe geistesbeschränkten Sohne Otto“ warnte, um die achtköpfige Familie zu ernähren. tet. Der unterrichtete Fächerkanon umfasste war hier die Bauleitung beim Umbau des stach dem Leser eine großformatige Anzeige Schon der Vater war auf einen Nebenerwerb Bauzeichnen, architektonische Formenlehre, Rathauses der benachbarten Stadt Königsberg, mit der Überschrift „Geschäftseröffnung“ ins angewiesen. So verwundert es nicht, dass Baukonstruktionslehre, Baukonstruktion die damals noch Teil des Herzogtums Sach- Auge. Geschaltet hatte sie der Baumeister er den 13jährigen Sohn Johann nach dem in Eisen, Geometrie, Arithmetik, Algebra, sen-Gotha und damit jenseits der weiß-blauen Johann Riedel, der das Publikum „hochach- Abschluß der Werktagsschule 1881 bei einem Baukunde und Baurecht, Baumaterialienlehre, Grenzen liegendes „Ausland“ war. Nicht nur tungsvollst“ auf sein eben gegründetes Unter- Maurermeister in die Lehre gab, um dem Straßen- und Brückenbau, Vermessungskunde, beruflich, sondern auch privat erwies sich die nehmen aufmerksam machte: aufgeweckten und tüchtigen Johann eine Mechanik und betriebliche Buchhaltung. Die Königsberger Baustelle als Herausforderung berufliche Existenz als Bauhandwerker zu er- sommerlichen Semesterferien nutze der an- für den damals 26jährigen Bauführer. Dort möglichen. Während der dreijährigen Lehrzeit gehende Bautechniker, um das Erlernte auch nämlich lernte er seine spätere Frau Anna „Erlaube mir einer am Bau besuchte er regelmäßig die obligato- in der Praxis anzuwenden. So war er 1893 bei Johanna Christiana, die Tochter des Brauers verehrlichen Einwohner- rische Sonntagsschule und eine gewerbliche Maurermeister Georg Kneffel in Schweinfurt und Bierwirts Johann Wilhelm Ludwig Otto, schaft Schweinfurts die Fortbildungsschule. 1884 bescheinigte der „im Bureau mit Zeichnen, hauptsächlich aber kennen - und lieben. Im Oktober 1897 heirate- ergebene Mitteilung zu Ermetzhofener Schulinspektor dem „in jeder auf Bauplätzen beschäftigt“. Ein ausgezeich- te das Paar in der vom Ehemann umgebauten machen, dass ich ab Beziehung zu lobenden, strebsamen Schüler“ netes Abschlusszeugnis schließlich beschei- Königsberger Stadtpfarrkirche. In Schweinfurt 1. April hier ein Maurer- und Maurergesellen Johann Riedel in allen nigte dem Absolventen der Bautechnikerschu- bezogen die Neuvermählten eine Wohnung im geschäft errichte. Indem Fächern „sehr gute“ Leistungen. le seine Befähigung „zur Projektierung von Haus Niederwerrnerstraße 8. ich bitte, mir dasselbe Vertrauen entgegen- Im nicht weit vom Heimatort entfernten zubringen, wie es mir eine Rudolzhofen fand Johann Riedel anschließend verehrliche Kundschaft in als „Maurergehilfe“ beim Maurermeister meiner vorigen Stellung Friedrich Mann ein offenbar interessantes schenkte, empfehle ich Tätigkeitsfeld. Bis Ende Oktober 1891 - un- mich bei vorkommenden terbrochen lediglich von der Militärdienstzeit Reparaturen und Neu- - arbeitete er für den Rudolzhofener Betrieb, bauten aller Art. Es wird wo er nach dem Zeugnis seines Meisters „sich mein eifrigstes Bestreben unter dieser Zeit mit einem ausgezeichneten Johann Riedel sein, meine werthe Kund- Benehmen nebst Treue, sehr großem Fleiß Firmengründer schaft bei streng reeller (Foto 1931) und Aufmerksamkeit bei seinem Geschäfte Bedienung und billigster verhalten hat“. Dass seine Fähigkeiten ihn zu Berechnung zufrieden mehr als einem einfachen Maurer befähig- zu stellen“. ten, dessen war sich der junge Riedel wohl 8 bewusst. Zielstrebig verfolgte er deshalb seine 9 1895 - Postkarte von Johann Riedel an seinen Bruder Leonhard Riedel, abgesandt in Würzburg.
Die Firmengründung durch Johann Riedel Von seinem Chef und den Bauherren glei- 4.300 Mark einen Bauplatz an der Cramer- chermaßen als stets „umsichtiger und fleißiger straße von der Schweinfurter Hospitalstiftung. Mann“ mit „bester Führung“ qualifiziert, Auf den Grunderwerb folgte am 18. Juli 1899 schien eine dauerhafte Tätigkeit im Bauunter- die Verleihung des Heimatrechtes der Stadt nehmen Kneffel vorgezeichnet. 1897 brachte Schweinfurt. Noch bevor der Neubau an Johann Riedel sein erspartes Kapitalvermögen der Cramerstraße - ein stattliches Wohnhaus von 19.800 Mark als Darlehen mit Gewinn- mit Nebengebäuden und einem geräumigen beteiligung in das Geschäft ein. Die damit Lagerplatz - abgeschlossen war, hatte Johann eröffnete Perspektive, später auch als Teilha- Riedel im Juni 1900 für 3.000 Mark ein An- ber einzusteigen, zerschlug sich jedoch schon wesen am Fischerrain 111 erstanden, das bis im Jahr darauf. Offenbar harmonierte das zum Umzug in die Cramerstraße 24 zu Beginn stürmische Naturell des jungen Bauführers, des Jahres 1902 als Firmendomizil diente. der eigene Konzepte und Ideen einbrachte, 1904 - Schalung für einen Turbinenschlauch auf Dauer nicht mit der in konservativeren Die Möglichkeiten, die das wirtschaftlich Bahnen sich bewegenden Geschäfspolitik des aufstrebende Schweinfurt einem zupacken- Maurermeisters Kneffel. Nach dem Austritt den und qualifizierten Jungunternehmer der Der Aufbau von Geschäftskontakten zu Zie- bei Kneffel zum 1. März 1899 realisierte Baubranche um die Jahrhundertwende bot, geleien, Portlandzementfabriken, Baumateria- Johann Riedel einen Monat später den Ent- hatte Johann Riedel richtig erkannt. Der lienhandlungen, Zimmereien und Fuhrwerks- schluss zur Gründung eines eigenen Unter- geschäftliche Erfolg gab ihm recht. Schon unternehmen verlief zügig und problemlos, da nehmens. Geschäftsadresse des neuen „Mau- vor der offiziellen Geschäftseröffnung hatte Johann Riedel aufgrund seiner langjährigen rergeschäfts Johann Riedel“ war zunächst die er sich den ersten Auftrag, die Errichtung von Tätigkeit in der Baubranche für die meisten Luitpoldstraße 9, wo das Ehepaar Riedel ab Betonkanälen für die Stadt Schweinfurt, gesi- Lieferanten kein Unbekannter war und - falls Anfang März eine Mietwohnung bezogen hat- chert. Laut Vertrag durfte „nur Heidelberger notwendig - auch entsprechende Referenzen te. Doch war dies nur eine Übergangslösung. oder Mannheimer Portlandcement“ verwendet vorweisen konnte. Doch dies erübrigte sich Im Mai 1899 erwarb der Jungunternehmer für werden, die Haftung „für solide Herstellung, bald. Auch außerhalb Schweinfurts kam der Haltbarkeit, Wasserdichtigkeit, Nichtauffrie- „Bauneuling“ bei Ausschreibungen zum Zuge. Elektrizitätswerk Schwandorf (Arbeiten mit Feldbahngleisen, Loren und Pferdezugwerken). ren und Nichtrissigwerden des Betons“ betrug So erhielt Riedel bereits im April 1899 den drei Jahre. Die für die Kanalbauten nötigen Zuschlag für umfangreiche Renovierungsar- Erdarbeiten übernahm damals noch das Stadt- beiten an der Liebfrauenkirche in Königsberg. „Vereinigte Chemische Fabriken Schweinfurt bauamt selbst, da die Firma Riedel offenbar Im unterfränkischen Obertheres zeichnete das AG“, die „Schweinfurter Präcisions-Kugel- noch nicht über die dazu notwendige Ausrüs- „Maurergeschäft Johann Riedel“ gleichzeitig Lager-Werke Fichtel & Sachs“, die „Erste tung verfügte. Das änderte sich aber schon für den Umbau der Ökonomie des Freiherrn Automatische Gußstahl-Kugelfabrik vorm. zwei Monate später. Im Juli 1899 verzeichnen von Giese auf Schloß Dittfurt verantwortlich. Friedrich Fischer AG“, die „Deutsche Guß- die Geschäftsbücher den Kauf von 135 Metern Auch zur aufstrebenden Schweinfurter Indus- stahlkugel & Maschinenfabrik vorm. Fries & Rollbahngeleise mit Muldenkippern, mit trie, die zunehmend Bedarf an Bauleistungen Höpflinger AG“, die „Malzfabrik Schwein- denen künftig auch umfangreichere Erdbewe- hatte, knüpfte der junge Unternehmer Kontak- furt AG“, die „Seifenfabrik Georg Christian gungen durchgeführt werden konnten. Au- te. Für die „Vereinigten Ultramarinfabriken Kraus“, die „Unterfränkische Malzfabrik S.M. ßerdem erwarb Johann Riedel einen größeren Werk Schweinfurt-Oberndorf“ übernahm ein Seligstein“, die „Zuckerfabrik Wüstenfeld & Posten Handwerkszeug - von Pickeln, Hebei- Riedelscher Bautrupp ab Mai 1899 den Aus- Co.“, die „Spezialfabrik für Eisenkonstruktio- sen, Kellen, Schaufeln, Hämmern, Schal- und bau des zu klein gewordenen Arbeiterhauses. nen Georg Schäfer“, die „Gebr. Werner Braue- Rüstzeug bis zu Flaschenzügen, Betonstapfen Weitere kleinere Aufträge von verschiedenen rei Poppenhausen“ oder die „Basaltwerke Gg. und Mörtelkästen. Schon im ersten Geschäfts- Industrieunternehmen folgten. So verzeichnen H. Leimbach“ in Hösbach. 10 jahr wurden vier Lehrlinge eingestellt. die Geschäftsbücher Maurerarbeiten für die 11 Johann Riedels Wohn- und Geschäftshaus in der Cramerstraße 24 in Schweinfurt.
Die Firmengründung durch Johann Riedel Von Beginn an spielte der Wasserbau eine rationellere Ausnützung der Wasserkräfte nicht unerhebliche Rolle. Bei dem im Som- des Maines im Interesse des wirtschaftlichen mer 1902 begonnenen Neubau der Schwein- Aufschwungs hielt auch die Stadt Schwein- furter Maxbrücke, die im Februar 1897 durch furt für dringend geboten. Oskar von Miller 1903 - Bauarbeiten am Main-Hauptwehr (Maxbrücke) und an der Staustufe in Schweinfurt. Hochwasser und großen Eisgang beschädigt wurde deshalb mit dem Bau eines neuen worden war, übernahm Riedel in Zusam- städtischen Elektrizitäswerkes beauftragt. menarbeit mit der örtlichen Baufirma Georg Für die Ausführung der notwendigen Beton- Vertiefung und Verbreiterung der Wasserka- spiegelt sich schließlich auch in den Bi- Stützel die Maurer- und Steinhauerarbeiten und Maurerarbeiten für die zu errichtende näle, das Ausführen der Turbinenkammern, lanzen. Betrug das Eigenkapital 1901 noch für die Pfeiler und Widerlager. Nachdem Wasserkraft- und Dampfzentrale bewarb sich Gebäude-, Maschinen- und Kesselfunda- 50.000 Mark, hatte sich dieser Bilanzposten das Hochwasser auch beträchtliche Schäden auch das Baugeschäft Riedel. „Nachdem wir mente sowie die Errichtung der Hochbauten bis 1906 mit über 200.000 Mark vervierfacht. an den Mainwehren hervorgerufen hatte, bei den Neubauten der hiesigen Wehranlagen für das Maschinen-, Kessel- und Wohnhaus. Diese Entwicklung erforderte auch eine entschloss sich die Stadt, durch umfassende einen großen Theil der Arbeiten ausführten, Mitte Oktober 1904 konnte Johann Riedel an personelle Verstärkung in der Firmenleitung. Neubauten dem Zerstörungstrieb der Na- sind wir vollständig mit den Stromverhält- Oskar von Miller nach München berichten, Schon seit Juli 1899 unterstütze Leonhard turgewalten dauerhaft Einhalt zu gebieten. nissen (des Maines) vertraut und bitten Sie, dass „die ganzen Betonarbeiten der Centrale Riedel während der Semesterferien seinen Ab April 1903 zeichnete die Firma Riedel dieses bei Vergebung der Arbeiten in wohl- fertiggestellt sind“. Wie geplant konnte das älteren Bruder im Geschäft. Nach Abschluss maßgeblich für die Errichtung der Fundation wollende Erwägung zu ziehen“, warb Johann Schweinfurter Elektrizitätswerk im August seiner bautechnischen Ausbildung trat der für das neue Main-Hauptwehr verantwort- Riedel gegenüber Oskar von Miller für sein 1905 in Betrieb genommen werden. junge Baumeister 1902 mit einer finanziellen lich. Die dabei offenbar gewordene Zuverläs- Unternehmen. Dieses Argument in Verbin- Wichtigstes Standbein neben Aufträgen für Beteiligung in das Unternehmen ein, wo er sigkeit und Präzision in der Bauabwicklung dung mit einem wohlkalkulierten Leistungs- Industrie und öffentliche Bauträger bildete die Bauleitung für verschiedene Projekte, so sollte dem Unternehmen dann im Jahr darauf und Preisverzeichnis für die projektierten der private Wohnungsbau. Bis 1906 errich- u.a. den Bau des Elektrizitätswerkes 1904, im Zusammenhang mit der fortschreitenden Abbruch-, Erd-, Maurer- und Betonierungs- tete Riedel mehr als zwanzig Wohnhäuser in übernahm. Im Februar 1906 schließlich wur- Elektrifizierung Schweinfurts den bis dahin arbeiten war offenbar überzeugend. Am Schweinfurt und Umgebung, darunter eine de er Gesellschafter des Unternehmens, das größten Bauauftrag eröffnen. 24. Mai 1904 erhielt Riedel den Zuschlag. Reihe auf eigens erworbenen Bauplätzen an fortan als „Gebr. Riedel“ firmierte. der Cramerstraße. Der geschäftliche Erfolg Der mit dem Anwachsen der maschinellen Die Abwicklung des Bauauftrages mit einem Technik einhergehende Bedarf an elektri- Gesamtvolumen von fast 100.000 Mark scher Energie gewann zu Beginn des 20. erforderte die Einhaltung eines strikten Die rasante Zunahme des Jahrhunderts zunehmend an Bedeutung. Zeitplanes, da durch die Bauarbeiten der Geschäftsumfangs bedingte Der Ingenieur Oskar von Miller, der sich als Betrieb der benachbarten Mühle und Kugel- eine starke Aufstockung des Direktor der AEG beim Aufbau der Berliner fabrik nicht übermäßig beeinträchtigt wer- Personals. Hatte Johann Elektrizitätswerke einen Namen gemacht den durfte und die maschinelle Einrichtung Riedel 1899 mit 15 Leuten hatte und später durch die Gründung des des Elektrizitätswerkes mit den einzelnen angefangen, beschäftigte er Deutschen Museums 1903 und den Bau des Bauabschnitten zu koordinieren war. Bei im Sommer 1903 bereits 58 Walchenseekraftwerkes 1924 große Be- Fristüberschreitung drohte eine Konventio- Menschen, nämlich dreißig rühmtheit erlangte, setzte sich für die Organi- nalstrafe von 100 Mark pro Tag. Mit tägli- Maurer, zwanzig Taglöhner, sation eines weiträumigen Elektrizitätsnetzes chen Arbeitszeiten von bis zu 13 Stunden, vier Maurerlehrlinge, sowie je in Bayern ein. Seit 1889 betrieb von Miller dazu Akkord- und Sonntagsarbeit, wurde der einen Bauführer, Buchhalter, 1902 - Leonhard Riedel tritt in München ein Ingenieurbüro zum Bau von lukrative und für das Ansehen des jungen Techniker und „Comptorlehr- in das Geschäft seines älteren Elektrizitätswerken. Zahlreiche Städte wand- Unternehmens wichtige Auftrag schließlich ling resp. Baupraktikant“. Bruders Johann ein. ten sich seither an den Münchener Ingenieur, bewältigt. Fristgemäß erfolgte der Abbruch Bis 1906 war die Stammbeleg- um sie bei der Errichtung einer eigenen der Altbauten, die Herstellung der Wasser- schaft auf über hundert Mann Stromversorgung aus der nächst gelegenen haltung, das Ausschachten der Baugruben angewachsen. 12 Wasserkraft zu beraten. Eine bessere und für die Dampf- und Wasserkraftanlage, die 13
Vom handwerklichen zum industriellen Bauschaffen Bauausführung in Cement und Eisen „Die Herrschaft des Steines im Bauwesen bildeten die Grundlage für neue Regeln in der scheint sich ihrem Ende zuzuneigen; Zement, Baukunst, nach denen man die Beanspruchung Beton und Stahl sind dazu bestimmt, an ihre der Bauteile und die Ausnutzung der Baustoffe Stelle zu treten“. Mit diesen Worten warb der besser berechnen und beurteilen konnte. All 1915 - Deutsche Gelatinefabrik Schweinfurt. französische Betonbauunternehmer Francois diese Faktoren machten den Weg frei für neue Coignet bei der Leitung der Pariser Weltaus- Ausdrucksformen und kühne Konstruktionen stellung von 1855 für sein Vorhaben, dort ein in der Architektur. Mit der Entwicklung der ganz in Beton gebautes Haus zu zeigen. Aller- Beton-Eisen-Bauweise befassten sich auch dings zunächst noch ohne Erfolg. Doch sollte noch weitere Konstrukteure in Frankreich. Der sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts Durchbruch gelang schließlich dem Pariser im Massivbau eine technische Umwälzung Handelsgärtner Joseph Monier mit „beweg- vollziehen, die nicht nur die moderne lichen Kübeln und Behältern für den Garten- Mit einigem Stolz konnte Bauindustrie entstehen ließ, sondern bau“. Um ein Gitterwerk aus Eisenstäben und Johann Riedel darauf verwei- auch eine engere Verbindung zwischen Drähten legte Monier eine Holzschalung und sen, dass seine Firma „seit bautechnischem Fortschritt und den verstrich den Korb mit Zement. Nach dem 1915 - Wasser- und Säurebehälter der 1918 - Fichtel & Sachs: Bau eines Wasserbe- dem Jahre 1905 Eisenbeton- Ingenieurwissenschaften schuf. Durch Entfernen der Schalung kam ein bewehrter Gelatinefabrik Schweinfurt. hälters (200m³) am 60m hohen Schornstein. arbeiten jeder Art ausführt und die Verbindung von Eisen und Stahl Betonkübel zum Vorschein. Für dieses Verfah- somit zu den ältesten Eisen- mit Beton, die die geringe Zugfestig- ren erhielt der „Rocailleur en Ciment“ 1867 geschützt. Das „System Monier“ fasste zuerst des Deutschen Beton-Vereins und dem Verband betonfirmen Bayerns gehört“. keit des Betons wesentlich verbesserte, ein Patent, dem weitere folgten. 1880 wurde in Süddeutschland Fuß. Die Firmen Martensen Deutscher Architekten- und Ingenieur-Vereine 1906 stellte Riedel bei den wurde die Herstellung von Stahlbeton Moniers Erfindung der „Herstellung von Ge- & Josseaux aus dem hessischen Offenbach und 1904 die ersten „Leitsätze für die Vorbereitung, SKF-Kugellagerfabriken einen möglich. Die zunehmenden Erkennt- genständen verschiedener Art aus einer Ver- Freytag & Heidschuch in Neustadt in der Pfalz Ausführung und Prüfung von Eisenbetonbau- Bau in Stahlbetonskelettbau- nisse auf den Gebieten der Mathe- bindung von Metallgerippen mit Zement“ auch konnten Lizenzverträge mit Monier abschlie- ten“, die den Regierungen der deutschen Bun- weise mit Ziegelausmauerung matik, der Mechanik und der Statik in Deutschland vom Kaiserlichen Patentamt ßen. Beide Unternehmen traten schließlich ihre desstaaten zugeleitet wurden. Das Schweinfur- fertig. Rechte an den rührigen Betonbauunternehmer ter Bauunternehmen Riedel hatte sich auch auf Gustav Adolf Wayss ab, der sein Geschäft den Bau von „selten schwierigen und bemer- 1885 nach Berlin verlegt hatte. Dort ließ er kenswerten“ Eisenbetonbehältern spezialisiert, auch 1887 die „Monier-Broschüre“ in einer die „zur vollen Zufriedenheit der Auftraggeber“ Auflage von 10.000 Stück drucken. Der mit der zur Ausführung gelangten. Zu den Kunden Rohbauausführung des Reichstagsgebäudes be- gehörten unter anderem die Deutschen Gela- traute Regierungsbaumeister Mathias Koenen tine Fabriken, für die die Firma Gebr. Riedel hatte darin seine bahnbrechenden Ergebnisse erstmals 1915 Eisenbetonbehälter herstellte, die niedergelegt, die er aus einem wissenschaftlich sowohl kochendes Wasser als auch schwache begründeten Versuchsprogramm für Monier- Säuren aushalten mußten. Das Empfehlungs- konstruktionen gewonnen hatte. Obwohl der schreiben konnte sich sehen lassen, denn die Eisenbetonbau in Deutschland Ende des 19. Deutsche Gelatine Fabriken AG galt damals als Jahrhunderts einen stürmischen Aufschwung eines der größten Unternehmen der Branche in erlebte, fand das neuartige Verfahren nicht nur Deutschland. Zu den bemerkenswerten techni- Befürworter. Vor allem Baubehörden verhiel- schen Leistungen zählte aber auch der Wasser- ten sich zunächst noch ablehnend. So fürch- behälter aus Eisenbeton für Fichtel & Sachs, tete man, dass das Eisen bei nicht genügend der am etwa 60 Meter hohen Fabrikschornstein dichtem Beton rosten könnte. Die Entwicklung 36 Meter über dem Boden errichtet wurde. fester Normen wurde unumgänglich, um Ver- 14 trauen in den neuen Baustoff zu wecken. Daher 15 erarbeitete eine Kommission aus Mitgliedern
Vom handwerklichen zum industriellen Bauschaffen Neben Aufträgen der großen Schweinfurter Zu den größten Bauprojekten vor dem Ersten Industrieunternehmen nahmen auch die Bau- Weltkrieg gehörte aber auch der Neubau des leistungen für die Stadt Schweinfurt mehr „Kgl. Filialbankgebäudes“. Bereits 1857 und mehr zu. Bürgermeister Hofrat Wilhelm hatte die Königlich Bayerische Bank zu 1912 - Königlich Bayerischer Staatsbahnbau, Hammelburg-Gräfendorf. Söldner bemühte sich sehr, angesichts rasch Nürnberg eine Niederlassung in Schwein- steigender Einwohnerzahlen die städtische furt eröffnet. Die Königliche Bank, später Infrastruktur weiter auszubauen. Allein im in Bayerische Staatsbank umbenannt, war ausgeführten Gebäude konnte das Unterneh- von Riedel: Er erreichte nicht einen Druck letzten Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg eine „Staatsanstalt“ und unterstand dem men einmal mehr seine Leistungsfähigkeit von 12 Atmosphären und der Puffer „schlot- war die Bevölkerung von rund 18.000 auf Finanzministerium. Ihre Aufgabe war es, als zeigen und sich auch für Repräsentations- terte“ an der Maschine. Außerdem erwies er über 26.000 Menschen angewachsen. Beson- Depositen-, Wechsel- und Geschäftsbank bauten empfehlen. Im selben Jahr, als die sich als „leichtfertig“, was auf der Baustelle deres Augenmerk richtete Hofrat Söldner auf „verfügbares Capital nutzbar zu machen“ Königliche Filialbank an der Schultestraße zu schweren Unfällen führen konnte. Ei- den Bereich der Bildung. So konnte am 10. sowie Handel, Industrie, Gewerbe und ihre Schalter öffnete, nahm Gebr. Riedel lends suchte man nach einem zuverlässigen September 1908 ein neues Volksschulgebäu- Landwirtschaft zu fördern. Dabei entwickel- ein völlig neues Bauprojekt in Angriff. Die Ersatz, und endlich konnte Otto Schorer aus de an der Ludwigstraße eröffnet werden. Die ten die Filialbanken ihr eigenes Gepräge. Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen der Nähe von Straubing zu einem Monats- architektonische Gestaltung hatte der Ma- Die Schweinfurter Niederlassung betrieb erteilten Anfang Januar 1908 den Auftrag für salär von 150 Mark angeheuert werden. Die gistrat dem Stuttgarter Architekten Professor vor allem den Wechselverkehr und hatte den zweigleisigen Ausbau der Hauptbahn Königliche Bahnverwaltung scheint mit der Paul Bonatz übertragen. Die Fassade war sich besonders auf die Betreuung der großen Schweinfurt - Ebenhausen. Für die Bauar- Bauausführung sehr zufrieden gewesen zu vom Jugendstil geprägt, Portalfiguren des Industrie- und Handelsfirmen spezialisiert. beiten am Los I sollte Riedel 222.310 Mark sein, denn weitere Aufträge folgten sofort. Münchner Bildhauers Karl Weidle zierten 1907 wurde ein Neubau unumgänglich: Die erhalten. Zur Sicherung der Ansprüche der Unter der Führung von Leonhard Riedel das Gebäude. Für die Ausführung in Mauer- Firma Riedel erhielt für ihr Angebot von Königlichen Bahnverwaltung mußte das wurde 1911 an der Strecke Mellrichstadt- werksbauweise mit Stahlbetondecken zeich- 64.576 Mark und 95 Pfennigen den Auftrag. Unternehmen rund 5 Prozent der Vertrags- Ritschenhausen gebaut. Am Abend des nete die Firma Gebr. Riedel verantwortlich. Mit diesem „zur allseitigen Zufriedenheit“ summe in Wertpapieren bei der Königlichen 16. Juli notierte er in sein Baubuch: „Der Eisenbahndirektion Würzburg hinterlegen. Boden war schwer zu bearbeiten, bestand Dieser Sicherheitsbetrag sollte ein Jahr nach meistens aus Sandsteinplättchen mit zusam- der Schlussabrechnung und „nach Erfüllung mengewaschenen Lagern. Der Boden war aller dem Unternehmer obliegenden Verbind- bergauf zu transportieren und mußten dazu lichkeiten“ freigegeben werden. 2 Pferde verwendet werden. Die Witterung war günstig.“ Akribisch wurden die Arbeits- Die Arbeit beim Eisenbahnbau war schwer, leistung und die Vergütung festgehalten. der Einsatz von Baumaschinen beschränkt. So kam ein Taglöhner auf einen Stunden- Für den Transport von großen Erdmassen verdienst von 35 Pfennig, ein Maurer erhielt mietete Riedel 1908 bei der Firma Georg 50 Pfennig. Der Bahnbau blieb bis in die Zeit Otto Schneider in Leipzig eine gebrauchte, nach dem Ersten Weltkrieg eine wichtige 1903 gebaute Lokomotive mit Namen „Va- Domäne. Das Schweinfurter Unternehmen leska“, die über eine Leistung von 40 PS und kam bei der Strecke Gemünden - Hammel- eine Spurweite von 600 mm verfügte. Der burg zum Einsatz und war auch an den mit überstellte Lokomotivführer erregte aber Arbeiten bei der Bahnlinie Hammelburg gleich das Mißfallen der Geschäftsleitung - Bad Kissingen beteiligt. 16 17 1907 - Filialgebäude der Königlich Bayerischen Bank in der Schultesstraße in Schweinfurt.
Vom handwerklichen zum industriellen Bauschaffen Die Verpflegung der Arbeiter wurde meist schreckliches Unglück bei den Bauarbeiten ter Architekt Lehrmann, der Johann Riedel den Schweinfurter Brauereien übertragen, die für die Schuhfabrik Heimann in der Cramer- das Zeugnis ausstellte, „daß er Spezialist in an den Baustellen eigene Kantinen einrich- straße. Die Firma Gebr. Riedel hatte die Auf- Eisenbetonkonstruktionen sei und stets auf teten. Auch die 1903 gegründete Brauhaus stockungsarbeiten übernommen. Gegen 11.00 das Gewissenhafteste unter Verwertung des Schweinfurt GmbH lieferte bei Riedel. Deren Uhr stürzte plötzlich ein Teil der Vorderwand besten Materials arbeite.“ Produktionsstätten erwiesen sich aber bald sowie die Decken von zwei Stockwerken ein. als zu klein, und 1912 entschloss sich die Die Fabrikfeuerwehren von Fichtel & Sachs Am Ende kam auch das Gericht zu der Ent- Direktion zu einem Neubau am Theilberg. und Fries & Höpflinger waren sofort zur schließung, dass ein Verschulden des Bau- Mit der Ausführung beauftragte sie Riedel. Stelle. Wie das Schweinfurter Tagblatt be- meisters Johann Riedel nicht angenommen Offensichtlich hatte Johann Riedel bei dieser richtete, strömten „Hunderte von Menschen werden könne. Architekt Gottschalk dagegen, Gelegenheit einen günstigen Eindruck von zur Unglücksstelle, wo sich den Beschauern der auch die Bauleitung innehatte, wurde diesem Unternehmen gewonnen, denn bereits ein schreckliches Bild der Verwüstung bot.“ zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Das im Oktober des selben Jahres erwarb er eine Vier Männer konnten nur noch tot aus den Gerichtsverfahren hatte für großes Aufsehen Beteiligung in Höhe von 10.000 Mark am Trümmern geborgen werden. Ein aus Back- gesorgt, zumal Johann Riedel schon seit lan- 1910 - Filiale des Warenhaus H.& C. Tietz Brauhaus Schweinfurt. Eine Investition, die stein gemauerter Pfeiler, der noch aus den gem im Blickpunkt des öffentlichen Lebens in Schweinfurt. sich lohnte. 1913 fusionierte das Brauhaus Anfangsjahren der Fabrik von 1886 stamm- stand. Dies spiegelt sich insbesondere in der mit der ebenfalls in Schweinfurt ansässigen te, hatte der Eisenbetonkonstruktion nicht Zahl seiner Ehrenämter wider. Sachkenntnis Vereinsbrauerei, und Riedel verdoppelte standgehalten. Wegen fahrlässiger Tötung und kluge Besonnenheit machten Johann gremium Schweinfurt der Handelskammer daraufhin seinen Anteil. Trotz aller Erfolge wurden Johann Riedel und Architekt Gott- Riedel zu einem geschätzten und gesuchten für den Regierungsbezirk Unterfranken und waren die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg schalk angeklagt. Eine Vielzahl von Experten Gesprächspartner. Frühzeitig wurde er in das Aschaffenburg hatte er einen Sitz. Er amtier- nicht frei von Schicksalsschlägen. Am Vor- gab in einem dreitätigen Gerichtsverfahren Kollegium der Gemeindebevollmächtigten te als Vorsitzender der Meisterprüfungskom- mittag des 13. Juni 1911 ereignete sich ein Stellungnahmen ab, so auch der Schweinfur- der Stadt Schweinfurt gewählt. Im Handels- mission für Maurer und wurde schließlich zum Obermeister der Schweinfurter Bau- gewerbe-Innung bestellt. Natürlich warben auch Vereine um ihn, die das gesellschaftli- che Leben der Stadt prägten. So gehörte der „werte Sports-College“ Johann Riedel dem traditionsreichen Radfahrer-Verein Schwein- furt an und war als begeisterter „Automobi- list“ Mitglied im renommierten Bayerischen Automobil-Club Unterfranken. 18 19 1912 - Neubau des „Brauhaus Schweinfurt“am Theilberg. 1911 - Einsturz der Schuhfabrik Heimann
Vom handwerklichen zum industriellen Bauschaffen 1. Weltkrieg - Verwaltung des Mangels Mit Fahnen und Festschmuck war Ende Juni An Arbeitskräften herrschte bald Mangel. dem Krieg gab es Planungen, in Kitzingen 1914 die Stadt für „allerhöchsten“ Besuch Ein Blick in die alten Geschäftsbücher zeigt, einen Flughafen zu errichten, der für die gerüstet, die Gesangsvereine hatten seit Wo- dass der Haus- und Wohnungsbau für Privat- Flugverbindung zwischen dem rechtsrhei- chen geprobt und das Bahnhofspersonal die leute bald zum Erliegen kam. Die Schwein- nischem Bayern und der Pfalz von Vorteil Uniformen gebürstet: König Ludwig III. und furter Industrie musste ihre Produktion auf gewesen wäre. Darüber hinaus hatte die seine Gemahlin wollten bei ihrer Frankenrei- die Erfordernisse des Krieges umstellen. Bei Heeresverwaltung größtes Interesse, „daß der se in Schweinfurt Station machen. Doch Ban- Fichtel & Sachs entstand eine Munitions- Flugsport weit mehr als bisher sich verbreitet ner und Girlanden wurden wieder eingeholt, fabrik, Fries & Höpflinger nahmen die Ferti- und Zivilflieger vorhanden sind, die auf ihre die Notenblätter verstaut. Mit den Schüssen gung von Zündern auf. Und Gebr. Riedel er- eigenen Kosten das Fliegen erlernen.“ auf den österreichischen Thronfolger in hielt die Bauaufträge. In dringenden Briefen Sarajewo ging der Friede in Europa zu Ende. wandte sich das Bauunternehmen an das in Mit Kriegsausbruch wurde der Bau des Flug- 1920 - Deutsche Gelatinefabriken Schweinfurt. Die Auswirkungen des Krieges Die Mobilmachung wurde befohlen. Schweinfurt stationierte Ersatzbataillon des hafens energisch vorangetrieben, und zwar bekam man auch in Schwein- Und statt des königlichen Hofstaats 9. Infanterieregiments und an die Verwunde- als Fliegerstation für das 2. Armeekorps. furt zu spüren. Im April 1916 rollten die ersten Truppentransporte ten-Kompanie in Würzburg mit der „erge- Für den Neubau des Flugwerftgebäudes und Erliegen. Zudem wuchsen die Baustoffpreise genehmigte der Magistrat die in den Schweinfurter Bahnhof ein. benen Bitte“, Leute zu überweisen, „welche die damit verbundenen Erd-, Maurer- und immer stärker an. Backsteine und Ziegel Ausgabe von Fleischmarken. Auch bei Riedel erhielten viele gewillt sind, Bau- & Bauhilfsarbeiten und Steinhauerarbeiten erhielt die Firma Riedel kosteten bis zu 1.000 % mehr als vor 1914, Fett und Eier wurden ab Juli Mitarbeiter den Gestellungsbefehl. deren Körperzustand es erlaubt, zu verrich- den Zuschlag. Doch stand dieser Auftrag bei Rundeisen betrug der Unterschied zum rationiert. Außerdem eröffnete Der Polier Grimmer wurde zum ten!“ Auch versuchte die Firmenleitung, von Anfang an unter einem Unstern. Als Friedensstand bis zu 2.000 %. Die Einfüh- man eine Suppenküche, bei der Landsturmbataillon nach Würzburg bereits gemusterte Poliere und Maurer im Ausführungsfrist hatten die Militärbehörden rung des Acht-Stunden-Tags im Zuge der „minderbemittelte Kinder“ eingezogen, und die Firma erließ Betrieb zu halten. Die Arbeiter waren auch lediglich einen Zeitraum von vier Monaten Rätebewegung verursachte erheblich höhere für 20 Pfennig einen Liter ihm - wie auch anderen - sofort die dringend nötig, denn im November 1917 vorgesehen. Mit den Bauarbeiten konnte erst Lohnkosten. Mit Nachdruck erhob daher „nahrhafte Suppe“ erhielten. Miete für die werkseigene Wohnung. kam ein neues Projekt zustande. Bereits vor zwei Wochen später als geplant begonnen die Schweinfurter Baufirma beim Reichs- Im November 1917 betrug werden. Das Anschlussgleis war noch nicht schatzmeister eine stattliche Nachforderung schließlich die wöchentliche fertiggestellt, deswegen lief die Versorgung in Höhe von mehr als 18.000 Mark, die Fleischration für Erwachsene mit Baumaterialien nur mit erheblichen Ver- tatsächlich 1921 zu einem Großteil beglichen nur noch 230 Gramm Rind- zögerungen. Also musste das Schweinfurter wurde. fleisch und 60 Gramm Wurst. Bauunternehmen mit Pferdegespannen und Immer wieder beantragte die Rollwagen selbst für den Transport sorgen. Zurück in den Herbst 1918. 731 Gefallene Firma Riedel für ihre Bauar- Ende Dezember 1917 setzte winterliches hatte Schweinfurt zu beklagen. Vier Jahre beiter Schwerarbeiterzulagen. Frostwetter ein und die Arbeiten mussten Krieg, Not und Verbitterung forderten ihren unterbrochen werden. Dennoch gelang es Tribut. Am Morgen des 9. November wurde dem Bautrupp unter der Leitung von Leon- am Schweinfurter Rathaus unter dem Jubel hard Riedel, trotz Arbeitskräftemangel und der Menge eine rote Fahne gehisst und ein Schwierigkeiten bei der Materialversorgung Arbeiter- und Soldatenrat übernahm die bis zum Oktober 1918 den Rohbau fertig- Führung der Stadt. Die Verwaltungsgeschäfte zustellen. Die Revolution in Bayern und die allerdings wurden weiterhin vom gewählten damit verbundenen politischen Umwälzun- Stadtmagistrat unter Bürgermeister Hofrat gen brachten den Bau abermals beinahe zum Söldner wahrgenommen. 20 21 1919 - Bewehrungsarbeiten
Vom handwerklichen zum industriellen Bauschaffen Doch die Stadt sollte nicht zur Ruhe kom- schwellen aus Kiefernholz. Längst hatte die men. Wie eine Bombe schlug die Nachricht moderne Technik Einzug in die Geschäfts- von der Ermordung des bayerischen Minis- räume in der Cramerstraße gehalten: Unter terpräsidenten Kurt Eisner am 21. Februar Rufnummer 125 war das Baugeschäft zu 1925 - Fabrikhallen der Firma Kugelfischer in Schweinfurt 1919 ein. Einige Tage später bewegte sich erreichen. Doch am Morgen des 29. April aus diesem Anlass ein Trauerzug durch die blieb der Apparat stumm - der gesamte Straßen, begleitet vom Läuten der Kirchen- Telefonverkehr war eingestellt. In der Nacht glocken. In Gedenkansprachen forderten hatten Regierungstruppen die wichtigsten Weltkrieg noch etwa 300 Mitarbeiter, so sank Redner erregt immer wieder die Errichtung Ausfallstraßen, den Hauptbahnhof und die der Personalstand in den Krisenjahren auf einer bayerischen Räterepublik. Und am 7. Hauptpost besetzt. Am Rand der Stadt kam etwa 70 Beschäftigte. Mit kleineren Projek- April war es dann soweit: Auf dem Bleich- es zu Schießereien, die auch zwei Todesopfer ten konnte man sich über Wasser halten. So rasen wurde die Räterepublik ausgerufen. forderten. Die Räterepublik war zu Ende. erhielt Riedel vom Bauverein Schweinfurt Hofrat Söldner suchte um Versetzung in den und Umgebung den Zuschlag für den Bau Ruhestand nach. Ob man bei Gebr. Riedel „Der Mangel an Rohstoffen ist der Haupt- von zehn „Häuschen“. Vor allem die Kohle- von den revolutionären Vorgängen viel merk- grund für die Stockung in der Bautätigkeit. knappheit machte der Schweinfurter Indus- te, ist nicht bekannt. Auf alle Fälle bemühte Eine Besserung der Lage ist heute unter trie, einem der wichtigsten Auftraggeber, zu man sich, das Geschäft aufrecht zu erhalten. den gegebenen Verhältnissen nicht abzuse- schaffen. In einer scharfen Zeitungserklärung So orderte das Büro Rapportblocke und hen.“ So stellte die Handelskammer für den wandte sich die Kugelfabrik Fischer öffent- 1921 - Fries & Höpflinger Werk II Lieferscheine, fragte bei den Sächsischen Regierungsbezirk Unterfranken in ihrem lich gegen Unterstellungen, sie habe „viel- Kalkwerken wegen der baldigen Lieferung Bericht für das Jahr 1919 fest. Auch bei fach die Zufuhr von Kohlen an die Firma von Stückkalk nach und bestellte bei einer Riedel kämpfte man mit den Nöten der Nach- Fichtel & Sachs hintertrieben“. Wegen der Holzhandlung im Schwarzwald Rollbahn- kriegszeit. Hatte die Firma vor dem Ersten schlechten Energieversorgung mussten im- mer wieder Betriebe stillgelegt werden. Die Fleischpreise schnellten in die Höhe: 1922 kostete ein Pfund Schweinefleisch 42 Mark, für Kalbfleisch waren 45 Mark zu bezahlen. Die Betriebe gaben Bezugsscheine für Kar- toffeln an ihre Mitarbeiter aus. Die Währung in Deutschland zerfiel. Im Au- gust 1923 gab die Stadt Schweinfurt erstmals Siedlungsbauten in Schweinfurt Fünfmillionenscheine als Notgeld aus. Und der Stundenverdienst eines Maurers bei der Firma Riedel lag schließlich bei 57 Millionen Mark. Erst die Einführung der „Rentenmark“ Ende 1923 verschaffte dem Wirtschaftsleben wieder eine wertbeständige Grundlage. 22 23 1923 - Hauptumspannwerk Schweinfurt
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