15./16. Januar 2022 Vladimir Jurowski - Rundfunk ...

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15./16. Januar 2022
Vladimir Jurowski
15./16. Januar 2022 Vladimir Jurowski - Rundfunk ...
2   BEETHOVEN – SINFONIE NR. 7

                                 „Wie Prokofjew war Schostakowitsch fasziniert von Auto-
                                 maten und vom Scheinleben des Maschinengetriebenen,
                                 und wenn es wahr ist, was man in Wolkows Buch ‚Zeu-
                                 genaussage‘ liest, entwickelte sich sein Interesse bereits
                                 als Teenager von aufziehbaren Puppen zu aufziehbaren
                                 Menschen. … Auch der erste Satz der Fünfzehnten Sinfo-
                                 nie gibt dafür ein Beispiel. Wir sind alle Marionetten, soll
                                 Schostakowitsch dazu angemerkt haben. Und tatsäch-
                                 lich scheint das Motiv vom Menschen als Marionette die
                                 beherrschende Idee des ganzen Werkes zu sein.“

                                        Ian MacDonald über den ersten Satz von Schostakowitschs op. 141

                                 „Zwei kristallklare und freudige Schläge eines Glöck-
                                 chens eröffnen den ersten Satz der Sinfonie. Die Flöte
                                 intoniert eine schlichte, unbeschwerte Melodie, und
                                 schon treiben in reger und scherzhafter Tanzbewegung,
                                 einander unterbrechend, verschiedene Instrumenten-
                                 gruppen ihr Spiel: Es beginnt ein fröhliches Spektakel,
                                 Lärm und eine gutmütige Rauferei. Die Bewegung ähnelt
                                 mal einem Galopp, mal einer kindlich hüpfenden Polka,
                                 ohne Groteske, ohne jedwede Spur von Ironie (... ) Es ist
                                 die heitere und sorglose Welt der Jugend, vielleicht die
                                 eines schönen Märchens, in dem jeder sein Leben lang
                                 Liebe und Zärtlichkeit bewahrt.“

                                     Natalja Lukjanowa über den ersten Satz von Schostakowitschs op. 141
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4   PROGRAMM                                                                                                                                  5

    15. Januar 2022
    Samstag / 20 Uhr
    Konzerthaus Berlin
    16. Januar 2022
    Sonntag/ 20 Uhr                                                                      Jelena Firssowa
    Philharmonie Berlin                                                                  (geb. 1950)
                                                                                         „Der Garten der Träume“
    Abo-Konzerte                                                                         (Hommage an Schostakowitsch) für Orchester op. 111

                                                                                         Robert Schumann
                                                                                         (1810 – 1856)
                                                                                         Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54
    VLADIMIR JUROWSKI                                                                    › Allegro affettuoso
    Seong-Jin Cho, Klavier                                                               › Intermezzo. Andantino grazioso
    Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin                                                    › Rondo. Allegro vivace

                                                                                         Pause (nur am 16. Januar in der Philharmonie)

                                                                                         Dmitri Schostakowitsch
                                                                                         (1906 – 1975)
                                                                                         Sinfonie Nr. 15 A-Dur op. 141
                                                                                         › Allegretto
                                                                                         › Adagio
    Einführung von Steffen Georgi auf rsb-online.de                                      › Allegretto
                                                                                         › Adagio – Allegretto – Adagio – Allegretto

    Konzert mit

    Aufzeichnung am 15. Januar 2022. Sendung am 16. Januar 2022, 20.03 Uhr.
    Europaweit. In Berlin auf UKW 89,6 MHz; Kabel 97,55; Digitalradio (DAB); Satellit;
    online und per App.
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    Steffen Georgi

    Traumwandeln
    im Zaubergarten
                                      Gerade haben wir vor zwei Wo-
                                      chen Jelena Firssowas neueste
    Jelena Firssowa                   Komposition kennengelernt,
    „Garten der Träume“ op. 111       „Ornamente der Freude“ auf
                                      ein Gedicht ihres verstorbenen
    Besetzung                         Mannes Dmitri Smirnow. Und wir
    Piccolo, 2 Flöten, 3 Oboen,       haben gestaunt über die beharr-     Jelena Firssowa
    2 Klarinetten, Bassklarinette,    lichen Schlusstöne dieses kurzen
    2 Fagotte, Kontrafagott, 4 Hör-   Chor-Orchester-Werkes. Handelt
    ner, 3 Trompeten, 3 Posaunen,     es sich dabei doch um die so        risierten Stücke. … Mein ganzes      Nach einigen Jahren kehrte ich
    Tuba, Pauken, Schlagzeug,         still verklingende wie obsessiv     Leben ist mit Schostakowitschs       allmählich zu ihm zurück, wie in
    Harfe, Celesta, Streicher         unüberhörbare Wiederholung der      Musik verbunden. Mit Schosta-        einer neuen Runde. Seit Mitte der
                                      Tonformel d-es-c-h. Diese Töne      kowitsch und Prokofjew begann        1960er-Jahre war ich wohl bei all
    Dauer                             bilden das Anagramm des Kom-        meine Liebe zur modernen Musik       seinen Uraufführungen dabei.“
    ca. 12 Minuten                    ponisten Dmitri Schostakowitsch.    schon als Kind. Die Einstellung
                                      Sie sind nichts weniger als die     zur Musik Schostakowitschs ver-
    Verlag                            tragende Substanz des heute         änderte sich im Laufe der Zeit.      Blumen für den
    Sikorski,                         Abend erklingenden Werkes von       Ich mochte die eine oder andere      Steinernen Gast
    Internationale Musikverlage       Jelena Firssowa aus dem Jahre       seiner Kompositionen, obwohl die
    Hamburg                           2004. Die Komponistin erklärt ih-   14. Sinfonie seit ihrer Entstehung   Diese Annäherung, Abwendung
                                      ren Ansatz: „Meine Komposition      immer meine Lieblingskompo-          und Wiederannäherung klingt wie
    Entstehung                        ‚Der Garten der Träume‘ basiert     sition war. In seiner Jugend war     der Widerschein einer klassischen
    2004                              auf dem musikalischen Motto         Schostakowitsch lange Zeit mein      Tochter-Vater-Beziehung, welches
                                      DSCH, das zunächst ganz un-         Lieblingskomponist, dann in den      in Jelena Firssowas „Garten der
    Uraufführung                      merklich im Kontrapunkt im Bass     Konservatoriumsjahren, als wir       Träume“ in ein überraschend
    23. Juni 2006, Amsterdam          auftaucht, dann immer deutlicher    Kompositionsstudenten tatsäch-       naturnahes, geradezu zärtliches
    Tugan Sokhiev, Dirigent           wird und schließlich im Höhe-       lich gezwungen wurden, Musik in      Verhältnis zu ihrem Idol mündet:
    Koninklijk Concertgebouworkest    punkt zum Vorschein kommt, der      seinem Stil zu schreiben, begann     „Ich stelle mir dieses einteilige
    Amsterdam                         auch Material aus dem Finale von    die Ablehnung seiner Musik           Stück als eine Art surrealen
                                      Schostakowitschs 7. Streichquar-    zugleich mit einem wachsenden        Traum vor, in dem ein Mensch
                                      tett enthält – eines meiner favo-   Interesse an neuerer Musik.          durch einen wunderschönen
15./16. Januar 2022 Vladimir Jurowski - Rundfunk ...
8   JELENA FIRSSOWA – „GARTEN DER TRÄUME“                                                           9

                                                                                  DEINE
    Garten mit ausgefallenen Blumen         eines Baumes, die daraus ge-
    und Pflanzen wandert, aber als          wachsene Komposition seine
    er anfängt, eine Blume oder             Zweige und Blätter. Man kann sie
    einen Busch oder einen Baum             zwar als neu bezeichnen, aber es
    genau zu betrachten, erkennt er         sind eben dennoch Blätter, und

                                                                                  OHREN
    plötzlich, dass dies DSCH ist! Er       unter diesem Gesichtspunkt sind
    geht immer weiter in den Garten         sie immer traditionell, alt.“ Sofia
    und biegt schließlich in eine           Gubaidulina und Jelena Firssowa
    Gasse ab, findet sich plötzlich         verbindet, dass sie ihre Werke lie-
    vor einer riesigen Statue von           ber wachsen lassen, statt sie zu
    Schostakowitsch – so etwas wie          bauen. Das hat viel mit Natur zu

                                                                                     R D  E  N
    ein gewaltiger ‚Steinerner Gast‘        tun, mit Respekt vor dem Leben-

                                                                                  W E
    – vor der er entsetzt davon-            digen, weniger mit Kultur, jenem
    läuft und sich erneut mittendrin        Begriff, der oft strapaziert wird
    wiederfindet zwischen schönen           für typisch männliche Eingriffe in
    Pflanzen. Nach und nach beginnt         die Welt.
    der ganze Garten in Tönen zu            Anlässlich der Deutschen Erstauf-

                                                                                  AUGEN
    schwingen, und der letzte Auftritt      führung von „Garten der Träume“
    des DSCH-Mottos klingt wie eine         fasste Habakuk Traber 2007 die
    Schlusskadenz.“                         scheinbar disparaten Elemente
    Zu dieser sehr persönlichen             zu einem übergreifenden Bild
    Anverwandlung des fremd-ver-            zusammen, das direkt hinführt
    trauten Vorbildes durch Jelena          zur heute Abend nach der Pause

                                                                                       H   E  N .
    Firssowa passt ihr eigener Zu-          erklingenden Sinfonie Nr. 15 von

                                                                                      C
                                                                                  MADIO, TV, WEB.
    gang zum Komponieren an sich:           Dmitri Schostakowitsch: „Die At-
    „Gewöhnlich bedeutet Kompo-             mosphäre ihrer Klang-Traum-Gär-
    nieren für mich Selbstvertiefung,       ten aber schuf Jelena Firssowa
    Berührung mit der Schönheit,            mit kompositorischen Verfahren,
    Verbindung zur immateriellen            die an der Zwölftonmethode
    Welt. Komponisten – natürlich           geschult sind. Deren Vorformen,
    nicht alle – haben viel mit Pries-      meinte einst Theodor W. Adorno,
    tern und Gärtnern gemeinsam.“
    Diese Selbstreflexion von Jelena
    Firssowa korrespondiert mit
                                            folgten einer traumartigen Logik,
                                            denn überlieferte Muster der
                                            musikalischen Form trugen nicht
                                                                                   IM RA
    einem Bekenntnis ihrer eine             mehr. In sein Spätwerk bezog
    Generation älteren Kollegin Sofia       Schostakowitsch die Zwölfton-
    Gubaidulina: „Es gibt Komponis-         komposition ein, obwohl er sich
    ten, die ihre Werke sehr bewusst        in Worten zuvor gegen sie erklärt
    bauen, ich zähle mich dagegen zu        hatte. Jelena Firssowa führte
    denen, die ihre Werke eher ‚züch-       weiter, was er begann – vielleicht
    ten’. Die von mir verinnerlichte        die beste Widmung, die man aus-
    Welt bildet gleichsam die Wurzeln       sprechen kann.“
15./16. Januar 2022 Vladimir Jurowski - Rundfunk ...
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     So poetisch wie kraftvoll

                                  „Vom Konzert sagte ich Dir
     Robert Schumann              schon; es ist ein Mittelding
     Konzert für Klavier und      zwischen Symphonie, Konzert
     Orchester a-Moll op. 54      und großer Sonate; ich sehe, ich
                                  kann kein Konzert schreiben für
     Besetzung                    den Virtuosen; ich muß auf etwas
     2 Flöten, 2 Oboen,           Andres sinnen“, erläutert Robert
     2 Klarinetten, 2 Fagotte,    Schumann schon im Jahre 1839
     2 Hörner, 2 Trompeten,       seiner späteren Frau Clara Wieck
     Pauken, Streicher            ein ästhetisches Grundproblem
                                  des 19. Jahrhunderts. Unter-
     Dauer                        dessen arbeitet Clara emsig an
     ca. 29 Minuten               ihrer Virtuosenkarriere. Es gehört
                                  zu den Kernwidersprüchen des
     Verlag                       Künstlerpaares Schumann, dass
     Breitkopf & Härtel           Robert fest entschlossen ist, die
     Wiesbaden, Leipzig           Musik vom Amüsierbetrieb zu
                                  trennen, während Clara gerade
     Entstehung                   auf das Funktionieren desselben
     1841                         angewiesen ist.

     Uraufführung
     4. Dezember 1845, Dresden
     Clara Schumann, Klavier
     Ferdinand Hiller, Dirigent

                                                                       Robert und Clara Schumann, 1847
                                                                         Lithographie von Eduard Kaiser
15./16. Januar 2022 Vladimir Jurowski - Rundfunk ...
12   ROBERT SCHUMANN – KONZERT FÜR KLAVIER UND ORCHESTER                                                                                                      13

     Das Klavierkonzert von Robert            Werk wieder zu. Gleichzeitig          jedoch werden die Metamorpho-        zu kommunizieren verstanden
     Schumann klingt wie aus einem            arbeitete er an der Sinfonie Nr. 2,   sen so unmerklich-spielerisch wie    hat, dem Klavierkonzert einen be-
     Guss. Dies verdient besonders            obwohl er doch eigentlich gar         geistvoll-logisch vollzogen, dass    glückenden Tiefblick in die Seele
     hervorgehoben zu werden, weil            nicht komponieren sollte. Die         man die Verwandtschaft mehr          dieses Künstlers.
     der erste Satz einer Fantasie in         Ärzte hatten es ihm untersagt         ahnt als hört. Eine wohl mögliche    Am 4. Dezember 1845 spielt
     a-Moll für Klavier und Orchester         nach dem katastrophalen psy-          Zergliederung des Satzes hin zum     Clara die Uraufführung unter
     entstammt, einem Werk aus                chischen Zusammenbruch, den           analytischen Nachweis der Sona-      Leitung von Ferdinand Hiller,
     Schumanns sogenanntem sin-               er als unbekannter, mitreisender      tenform würde das Ziel verfehlen,    dem das Werk gewidmet ist. Wie
     fonischen Jahr 1841, während             Ehegatte an der Seite Claras          weil neue poetische Freiheit hier    kann man auf ein solches Werk
     die Sätze Nr. 2 und 3 erst 1845          während ihrer Konzerttournee          alte Formgesetze feinsinnig über-    mit derart abgegriffenen Worten
     komponiert worden sind.                  1844 durch Russland erlitten          lagert. Die sinfonische Qualität     wie „trefflich“, „geistreich“,
                                              hatte.                                gründet nicht zuletzt auf der zyk-   oder „originell“ reagieren? Die
                                              Komponieren also als Kompen-          lischen Form und der souveränen      zeitgenössische Presse findet
     Manischer Auftakt                        sation – aber mit welch durch-        Architektur des ganzen Werkes.       anfangs keinen Zugang zu den
                                              schlagendem Ergebnis! Dieser          In den ersten Wochen, nachdem        ungewohnten, lyrisch-poetischen
     Zwei Tage hatte Schumann                 Schumann ist kein schwacher           Familie Schumann 1845 nach           Ideen Schumanns, nennt das
     im Mai 1841 für die Skizze               „Verzager“, er verfügt über           Dresden übergesiedelt ist, kom-      Konzert später im Überschwang
     der „Phantasie“ benötigt, fünf           enorme Bewältigungsstrategien.        poniert Robert zuerst das Final-     allerdings „das Konzert der
     weitere für die Instrumentation.         Seine himmelsstürmende Leis-          rondo, dann das Intermezzo, das      Konzerte“. Wenn Schumann im
     Eine öffentliche Aufführung kam          tungsfähigkeit zeigt sich gerade      viel mehr ist als eine Überleitung   Bewusstsein der musikliebenden
     nicht zustande, wohl aber eine           in kritischen Situationen.            zwischen den beiden Ecksätzen:       Öffentlichkeit trotz seiner tragi-
     Durchspielprobe am 13. August                                                  eine berührend schlichte Liebes-     schen Biographie einen würdigen
     1841 im Leipziger Gewandhaus                                                   erklärung.                           Platz jenseits von heuchleri-
     unter Leitung von Ferdinand Da-          Liebeserklärung mit Biss              Im Finale gelingt Schumann ein       schem Mitleid und diffamieren-
     vid. Clara Schumann spielte den                                                ausbalanciertes Miteinander          dem Verständnis eingenommen
     Solopart. Genau 18 Tage später           Die Fantasie erhält im Sommer         von Klavier und Orchester wie        hat, dann vor allem wegen dieses
     gebar die junge Frau ihr erstes          1845 ihre heutige Fassung als         seit Beethoven niemandem             einzigartigen Konzertes.
     Kind. Clara am Klavier notierte          erster Satz des Klavierkonzertes.     mehr. Temperamentvoll nimmt
     nach der Probe: „ich spielte sie         Die ersten Takte wirken wie elek-     Schumanns Komposition wieder
     ... zweimal und fand sie herrlich!       trisierend: ein Orchesterschlag,      Fahrt auf. Das riesige Schluss-
     Fein einstudiert muß sie den             eine scharf profilierte Klavier-      rondo (860 Takte!) spielt mit
     schönsten Genuß dem Zuhörer              passage, dann das sehnsuchts-         dem Thema des ersten Satzes,
     bereiten. Das Klavier ist auf das        volle Hauptthema, nacheinander        wandelt die Lyrik des Allegros
     feinste mit dem Orchester ver-           von den Holzbläsern und dem           jedoch ins Heroische. Deutliche
     webt – man kann sich das eine            Soloinstrument vorgetragen. Die       Beethovennähe ist hier genauso
     nicht denken ohne das andere.“           Gedankenfülle des ersten Satzes       zu verspüren wie in der parallelen
     Bis 1843 fand sich kein Verleger         resultiert aus Schumanns varia-       Sinfonie Nr. 2. Dabei verleiht das
     für die „Phantasie“, sie blieb in        tivem Prinzip. Allen Themen und       Klavier als Schumanns ureigens-
     der Schublade. Im Sommer 1845            Gestalten ist ihre Verwandtschaft     tes Ausdrucksinstrument, mit
     wandte sich der Komponist dem            zum Hauptthema anzumerken,            dessen Hilfe er stets am besten
14                                                                                            15

     Der Mensch
     als Marionette

                                      Rätsel über Rätsel. Die letzten
     Dmitri Schostakowitsch           Takte der letzten Sinfonie des
     Sinfonie Nr. 15 A-Dur op. 141    letzten großen Sinfonikers ent-
                                      schweben gen Himmel. Durch-
     Besetzung                        irren sie eine verbrannte Land-
     Piccolo, 2 Flöten, 2 Oboen,      schaft? Versickern sie im Nichts?
     2 Klarinetten, 2 Fagotte,        Die fünfzehnte ist die leiseste,
     4 Hörner, 3 Trompeten,           lyrischste, langsamste, kontrast-
     3 Posaunen, Tuba, Pauken,        ärmste, unspektakulärste und
     Schlagzeug, Celesta, Streicher   geheimnisvollste aller Sinfonien
                                      von Dmitri Schostakowitsch. Und
     Dauer                            sie erschüttert vielleicht gerade
     ca. 48 Minuten                   deshalb mit unsagbarer Wucht.
                                      Der Komponist, der das Erbe
     Verlag                           Ludwig van Beethovens, Pjotr
     Sikorski,                        Tschaikowskys und Gustav
     Internationale Musikverlage      Mahlers angetreten hatte, war als
     Hamburg                          Komponist einer der wichtigsten
                                      Zeitzeugen des 20. Jahrhunderts.
     Entstehung                       Schier unendlich die Facetten
     1971                             seiner Musik, mit der er Ideo-
                                      logien aushebelte, Bewertungs-
     Uraufführung                     schablonen ad absurdum führte
     8. Januar 1972, Moskau           und Generationen von Konzertbe-
     Maxim Schostakowitsch,           suchern, Kritikern, Wissenschaft-
     Dirigent                         lern Stoff zum Denken gab – und
                                      zum Irren.

                                                                          Dmitri Schostakowitsch
16   DMITRI SCHOSTAKOWITSCH – SINFONIE NR. 15                                                                                                                  17

     Der Mehrheit seiner Landsleute             heitlich geschwächte Komponist       schwarze Mönch“ und seiner           lang das Loslassen. Scheinbar
     (und der Menschen in den ehe-              die Nähe des Todes. Seine            Fünfzehnten. Er trug sich sogar      gleichgültiges Klappern, mono-
     mals sozialistischen Ländern)              physische Bewegungsfreiheit war      mit dem Gedanken, eine Oper auf      tones Ticken diverser (leiser)
     verwehrte ihre eigene Geschichte           durch eine chronische, unheil-       das Sujet zu komponieren, wozu       Schlaginstrumente, z.B. Triangel,
     den vollen Zugang. Es waren die            bare Rückenmarkserkrankung           es nicht mehr kam.                   Kastagnetten, Holzblock, Peit-
     Nachwirkungen der allumfassen-             eingeschränkt. Muskelschwäche                                             sche, Tomtom, Kleine Trommel,
     den, staatlich aufgezwungenen              ließ ihn mehrfach stürzen, sich                                           Becken, Große Trommel, Tamtam,
     Denkmuster, die Schostakowitsch            komplizierte Brüche zuziehen,        Die Zitate                           Glöckchen, Xylophon und Vibra-
     in Russland mit einer verzerrten,          hinderte ihn zudem am geliebten                                           phon, rinnt und tropft behutsam
     propagandistisch verfälschten              Klavierspielen und zwang ihn         Nach den vokalen Sinfonien,          ins Universum. Alles ist zu Ende,
     Vergangenheit dastehen ließen.             jährlich zu mehrmonatigen Kran-      Nummer 13 und Nummer 14,             alles bleibt offen.
     Westliche Denkungsart hingegen             kenhausaufenthalten. Zwischen        kehrt Schostakowitsch mit der        Geheimnisumwittert auch die
     hatte es in ihrem oft oberfläch-           1966 und 1971 entstanden             fünfzehnten auf rein instru-         offenkundigen musikalischen
     lichen Rationalismus ebenfalls             Werke wie die Sinfonien Nr. 14       mentales Terrain zurück. In          Zitate. Es gibt Komponisten,
     sehr schwer, zu wirklichem Ver-            und 15, das zweite Violin- und       dem viersätzigen Werk, auf den       denen Schostakowitsch sehr
     ständnis der Vorgänge in der frü-          das zweite Violoncellokonzert,       ersten Blick wie eine „normale“      nahe gestanden hat, was sich
     heren Sowjetunion vorzudringen             die Streichquartette Nr. 11          klassische Sinfonie, verzichtet      auf subtile Weise in seinem
     und jene Künstler zu begreifen,            bis 13 und die Violinsonate.         er auf die üblichen Tempi und        ganzen Schaffen spiegelt: Gustav
     die das Land bewusst nicht ver-            Nach dem letzten Herzinfarkt         Satzcharaktere. Stattdessen          Mahler, Johann Sebastian Bach,
     lassen hatten.                             (September 1972) kamen noch          überrascht die Symmetrie             Wolfgang Amadeus Mozart, Franz
     Die Angriffe des von Stalin                die Streichquartette Nr. 14 und      abwechselnd langsamer und            Schubert. Niemals hätte und hat
     geführten Regimes gegen                    15, die Zwetajewa-Gedichte, die      gemächlicher Tempi sowohl in         er unmittelbar aus deren Werken
     Schostakowitsch gingen bis                 „Michelangelo“-Suite und die         der Gesamtarchitektur der Sin-       zitiert. Mehr noch: Dem An-
     zur Bedrohung der physischen               Bratschensonate hinzu.               fonie als auch noch einmal in der    sinnen Alma Mahlers, die zehnte
     Existenz und hinterließen tiefe            Welche Position nahm innerhalb       Binnengliederung des Finales:        Sinfonie ihres verstorbenen
     Spuren in der hochsensiblen Per-           dieser Werkreihe die Sinfonie        Allegretto – Adagio – Allegretto     Mannes fertigzukomponieren, hat
     sönlichkeit des Komponisten. Mit           Nr. 15 ein? In einem Interview       – Adagio. Nicht der erste Satz be-   sich Schostakowitsch ganz ent-
     seiner Lebenstechnik trotzigen             betonte Schostakowitsch 1973,        sitzt das größte Gewicht, sondern    schieden verschlossen. Für die
     Beharrens hinter vorgehaltener             ihm sei das Werk auf eine auch       der letzte. Auch Beethoven ist       Sinfonie Nr. 15 bedient er sich
     Maske, mit todernstem Humor                für ihn selten detaillierte Weise    gerade in seiner letzten Sinfonie    dagegen ungeniert bei Rossini
     und äußerlicher Gelassenheit auf           bis in die letzte Note hinein klar   von der selbstbefestigten Abfolge    und Wagner, ohne jede Pietät vor
     die schärfsten Verleumdungen               gewesen, ehe er es binnen zweier     der Archetypen der Sinfoniesät-      dem inneren Zusammenhang,
     zu reagieren, höhlte er seine              Monate, erst im Krankenhaus,         ze abgewichen. Doch während          aus dem er die musikalischen
     Gesundheit aus.                            dann auf seiner Datsche, mit ge-     Beethovens weltumspannender          „Steine“ bricht. Dass er sie nicht
                                                radezu fieberhafter Anstrengung      Bruderkuss unter äußerster           wirklich in seine Tonsprache ein-
                                                und künstlerischer Besessenheit      Anstrengung die Menschheit           baut, sondern als unüberhörbare,
     Dialoge mit dem Ende                       ausarbeitete. Mehrfach erwähnte      einen Augenblick lang unter dem      direkte Zitate in die Sinfonie
                                                Schostakowitsch verborgene           Banner der Freude zusammen-          Nr. 15 übernimmt, deutet auf
     Nach einem Herzinfarkt im Mai              innere Zusammenhänge zwischen        zuzwingen sucht, zelebriert          eine verdeckte Funktion hin.
     1966 spürte der ohnehin gesund-            Anton Tschechows Novelle „Der        Schostakowitsch fast 20 Minuten      Eine mögliche wäre, unsere Auf-
18   DMITRI SCHOSTAKOWITSCH – SINFONIE NR. 15                                                                                                                   19

     merksamkeit zu fesseln, damit              Stimmung vor. Aber diese Musik       siger Gewissheit heraufwachsen.       lers Vierter. Nicht ein einziges
     sich der Komponist mit weit                bewegt sich nicht von selbst,        Was in so unschuldigem Gewand         Orchestertutti widerspricht in
     wichtigerer musikalischer Fracht           sondern sie wird bewegt, wirkt       dahergekommen war, das war            diesem Satz der beklemmenden
     auf unbemerkte Wege begeben                wie fremdgesteuert. Klappernder      kein Spaß. Aber Schostakowitsch       Vereinzelung, der Isolation der
     kann. Eine solche Funktion der             Aktionismus verstellt den Blick      tröstet nicht, lindert nicht.         Individuen. Beethovens Sechste
     Zitate läge bei einem Künstler mit         auf ihre tatsächliche Lähmung.       Vielmehr lässt er uns allein mit      will Schostakowitsch nach eige-
     der Biographie Schostakowitschs            Man mag kaum glauben, wie            einer (zwölftönigen!) Kantilene,      ner Auskunft hier zitiert haben;
     nicht allzu fern.                          blauäugig oft aus diesem motori-     abwechselnd fortgesponnen von         zu finden ist davon keine Spur.
                                                schen Spuk unbekümmerte Hei-         Solo-Cello und Solo-Violine, wie      Das Gesicht des Clowns erstarrt
                                                terkeit herausgelesen wurde und      sie trauriger, kontemplativer, ein-   zur Fratze.
     Das Klappern                               wird. Ja, natürlich, das „Wilhelm    samer nicht sein könnte. Spätes-
                                                Tell“-Zitat von Rossini! Gutmütig    tens an dieser Stelle verschmel-
     Geradezu clownesk eröffnet ein             poltert es immer wieder in die       zen Sinfonie und Kammermusik          Gelöst ins Ungelöste
     simples Glöckchen die Sinfonie             filigrane Welt hinein, in der die    zu einem untrennbaren Spätstil,
     – man mag sich fühlen wie in               Nerven gleichsam blank liegen.       wie er in den fünf Adagio-Sätzen      „Nur Todgeweihten taugt mein
     einem „Spielzeugladen“ (Schos-             Unversehens nimmt es an Schär-       des fünfzehnten Streichquar-          Anblick; wer mich erschaut, der
     takowitsch). Typisch russischer            fe zu und drückt das eben noch       tetts drei Jahre danach direkt in     scheidet vom Lebenslicht“, singt
     Humor also (vgl. Sinfonie Nr. 13,          luftige Tongeflecht an die Wand.     den Abgrund unaussprechlicher         Brünnhilde in Richard Wagners
     zweiter Satz), von dem man nie-            Wie von Geisterhand scheinen         Trauer münden wird.                   „Walküre“ (2. Aufzug, 4. Szene)
     mals genau weiß, ob er gutmütig            die Charaktere getauscht. Gustav     Unmittelbar nach dieser qualvol-      just auf die Noten, die Schosta-
     herzlich oder verfremdet bitter            Mahlers gefährliche Fröhlichkeit     len Begegnung mit dem Tod führt       kowitsch tongetreu als Motto des
     gemeint ist. Schrille Violine,             blitzt auf, etwa jene der Sinfonie   uns noch einmal ein Allegretto        Finalsatzes seiner Fünfzehnten
     quäkende Trompete, kollerndes              Nr. 4, deren Nimbus als harmlose     auf die falsche Fährte vermeint-      zitiert. Bei Wagner begleiten
     Fagott ringen mit abgerissenen             „Kindersinfonie“ ebenso unaus-       licher Heiterkeit. Hinkende           sie zuvor die Auftritte der drei
     Melodiefetzen darum, erhört                rottbar zu sein scheint wie die      Marschfetzen, vorwitzig-einsame       Nornen und deren Schicksalsfra-
     zu werden, wie letzte erstickte            Arglosigkeit gegenüber Schosta-      Klarinettenspitzen zeichnen das       ge: „Weißt Du, wie das wird?“ Die
     Laute einer zerschlagenen Kultur.          kowitschs „Spielzeugladen“.          trostlose Bild eines „Tages da-       Versuchung liegt nahe, hier heftig
     Unwillkürlich ist an Strawinskys                                                nach“. Noch bis gestern mag hier      zu interpretieren. Überlassen
     „Petruschka“ zu denken, an die                                                  ein rauschendes Fest gefeiert         wir dies der Musik Schostako-
     Melancholie hinter der Jahr-               Der Tod                              worden sein, jetzt spielt der Wind    witschs, die es am Ende besser
     marktsfassade, an die steifen                                                   mit den kümmerlichen Resten           weiß.
     Bewegungen der Marionetten                 Der Irritation des Gauklers folgt    aller Herrlichkeit. Piccolo und       Wenn Schostakowitsch Rossini
     mit den lustig bunten, starren             blankes Entsetzen. Ein Choral, so    gestopfte Trompete tänzeln durch      als originellen Erfinder von
     Gesichtern. Der kaleidoskopische           schlicht gesetzt wie von Bruck-      eine verbrannte Geisterstadt, in      Melodien geschätzt hat, so ver-
     Wechsel allerlei akustischer               ners Hand, aber ohne Wärme,          der das unheimliche Geklap-           hält sich das bei Wagner anders.
     Requisiten vom Militärsignal bis           hat nach diesem ersten Satz eine     per an bizarre Totenkulte mit         Zwei Fakten seien erwähnt,
     zum lärmenden Galopp sugge-                niederschmetternde Wirkung.          herabhängenden, gegeneinander         die unsere Meinung über das
     riert Klangbilder einer gewissen           Zu Tode betroffen, fühlt man das     schaukelnden Knochen erinnern         Wagner-Zitat vielleicht in eine
     Lustigkeit. Automatenhafte                 unterschwellig Irritierende aus      kann. Die Violine säuselt verfüh-     ungewöhnliche Richtung lenken:
     Gesten täuschen geschäftig gute            dem Vorangegangenen zu grau-         rerisch wie „Freund Hein“ in Mah-     Schostakowitsch bezeichnete
20   DMITRI SCHOSTAKOWITSCH – SINFONIE NR. 15                                                                                    21

     gegenüber Isaak Glikman Richard            im sogenannten „Invasionsthe-
     Wagner als Rassisten und sprach            ma“ seiner Sinfonie Nr. 7, der
     ihm trotz musikalischer Wert-              „Leningrader“. Die Passacaglia
     schätzung alles Genialische ab,            im Finale der Sinfonie Nr. 15
     denn Verbrechen und Genialität             besitzt große rhythmische und
     schlössen einander aus. Ob aus-            motivische Ähnlichkeit mit dem
     gerechnet der tiefe Sympathisant           Gerüst dieses „Invasionsthemas“.
     des jüdischen Volkes und Ver-              Verzweifelte Sechzehntelfiguren
     ehrer Gustav Mahlers dem ihm               der Streicher versuchen vor dem
     wohlbekannten Antisemitismus               behäbigen, selbstzufriedenen
     Richard Wagners in seiner letzten          „Walzer“ der Bläser zu fliehen.
     Sinfonie ein Denkmal setzen                Die ausweglose Situation wird
     wollte? Eher mag er uns einen              durch eine bizarre Instrumenta-

                                                                                       DEUTSCHLANDS
     Denkzettel verpasst haben.                 tion unterstrichen: extrem hohe,
     Das ist das eine. Das zweite:              extrem tiefe Töne, die Mitte
     1940 reiste der deutsche Außen-            bleibt hohl und leer. Aber die

                                                                                       BESTES KINO
     minister Ribbentrop zwecks                 Passacaglia nimmt im Vergleich
     Pflege des Hitler-Stalin-Paktes            zur „Leningrader“ einen diametral
     zum Staatsbesuch nach Moskau.              entgegengesetzten Ausgang.
     Stalin befahl, zu Ehren des                Schostakowitsch lässt sein sin-
     Gastes die Lieblingsoper Hitlers           fonisches Lebenswerk auf ganz
     erstmals am Bolschoi-Theater in            unspektakuläre Weise ausklin-
     Moskau zu inszenieren. Sergei              gen. Wie Gustav Mahler im „Lied
     Eisenstein erhielt also die Auf-           von der Erde“ findet er Töne des
     gabe, „Walküre“ auf die Bühne zu           loslassenden Verlöschens.
                                                                                       FÜR EIN KULTURELL HERAUSRAGENDES KINOPROGRAMM
     bringen. „Dem Ritt der Walküren            Es bleibt das Gefühl aus Neugier
     konnte ich natürlich nicht wider-          und Unbehagen, eine lichte Land-
     stehen“, bekannte Eisenstein               schaft voller unberechenbarer
     in seinen Memoiren. Am 21.                 Gefahren betreten zu haben, wie
     November 1940 fand die Premie-             sie in Andrei Tarkowskis Film
     re statt. Sieben Monate später             „Stalker“ ins Bild gesetzt ist. Sind
     marschierte die faschistische              die grellen Zitate wirkliche Orien-
     Wehrmacht in die Sowjetunion               tierungspunkte oder werden wir
     ein. Die Wagnersche „Todesver-             von ihnen nur angelockt wie die
     kündigung“ hatte in der Wirklich-          Motten vom Licht. „Meiner Mei-
     keit ihre furchtbare Entsprechung          nung nach habe ich eine ziemlich
     gefunden. Schostakowitsch                  kecke Sinfonie geschrieben“
     musikalisierte die verächtliche            (Dmitri Schostakowitsch).
     Brutalität des Verrates an allen
     friedensgläubigen Menschen
22   SOLIST                                                                                                                                             23

                                                                               zum Ersten Gastdirigenten des         ter Berlin ist er 2021/2022 bei
                                                                               London Philharmonic Orchestra         mehreren Konzerten in Bukarest,
                                                                               ernannt und war von 2007 bis          Spanien, Ungarn und Österreich
                                                                               Sommer 2021 dessen Principal          zu erleben.
                                                                               Conductor. Ebenfalls bis Sommer       Die erste gemeinsame CD von
                                                                               2021 war er Künstlerischer Leiter     Vladimir Jurowski und dem RSB
                                                                               des Staatlichen Akademischen          aus dem Jahre 2015 wurde
                                                                               Sinfonieorchesters „Jewgeni           sogleich zu einem Meilenstein.
                                                                               Swetlanow“ der Russischen             Alfred Schnittkes Sinfonie Nr. 3
                                                                               Föderation und Principal Artist       folgten 2017 eine Strauss-Mah-
                                                                               des Orchestra of the Age of           ler-Aufnahme und Violinkonzerte
                                                                               Enlightenment in Großbritannien,      von Britten und Hindemith mit
                                                                               außerdem Künstlerischer Leiter        Arabella Steinbacher und dem
     Vladimir Jurowski                                                         des Internationalen George-Enes-
                                                                               cu-Festivals in Bukarest. Er arbei-
                                                                                                                     RSB. 2020 erschien eine von der
                                                                                                                     Kritik hochgelobte Einspielung
                                                                               tet regelmäßig mit dem Chamber        von Gustav Mahlers „Das Lied
                                                                               Orchestra of Europe und dem           von der Erde“, im August 2021
                                                                               ensemble unitedberlin.                Richard Strauss‘ „Eine Alpensin-
                                                                               Vladimir Jurowski ist rund um die     fonie“.
     Vladimir Jurowski ist seit 2017      Ausgebildet zunächst an der          Welt als Gastdirigent gefragt. Er     Vladimir Jurowski wurde vielfach
     Chefdirigent und Künstlerischer      Musikhochschule des Konserva-        hat Konzerte der bedeutendsten        für seine Leistungen ausgezeich-
     Leiter des Rundfunk-Sinfonie-        toriums in Moskau, kam Vladimir      Orchester Europas und Nord-           net, darunter mit zahlreichen
     orchesters Berlin (RSB). Der         Jurowski 1990 nach Deutsch-          amerikas geleitet, darunter die       internationalen Schallplatten-
     Dirigent, Pianist und Musikwis-      land, wo er sein Studium an den      Berliner, Wiener und New Yorker       preisen. 2018 kürte ihn die Jury
     senschaftler stellt sich allen mu-   Musikhochschulen in Dresden          Philharmoniker, das Königliche        der Royal Philharmonic Society
     sikgeschichtlichen, stilistischen    und Berlin fortsetzte – Dirigieren   Concertgebouworchester Amster-        Music Awards zum Dirigenten
     oder dirigiertechnischen Heraus-     bei Rolf Reuter, Korrepetition und   dam, das Cleveland und das            des Jahres. 2016 erhielt er aus
     forderungen.                         Liedbegleitung bei Semion Ski-       Philadelphia Orchestra, die Sin-      den Händen von Prince Charles
     Seit Beginn der Saison 2021/2022     gin. 1995 debütierte er auf inter-   fonieorchester von Boston und         die Ehrendoktorwürde des Ro-
     ist Vladimir Jurowski – parallel     nationaler Ebene beim britischen     Chicago, das Tonhalle-Orchester       yal College of Music in London.
     zu seinem Engagement beim            Wexford Festival mit Rimski-Kor-     Zürich, die Sächsische Staatska-      2020 wurde Vladimir Jurowski
     Rundfunk-Sinfonieorchester Ber-      sakows „Mainacht“ und im selben      pelle Dresden und das Gewand-         in Anerkennung seiner Tätigkeit
     lin – Generalmusikdirektor der       Jahr am Royal Opera House            hausorchester Leipzig. Er gastiert    als Künstlerischer Leiter des
     Bayerischen Staatsoper in Mün-       Covent Garden mit „Nabucco“.         zudem regelmäßig bei den BBC          George-Enescu-Festivals vom
     chen und bekleidet damit eine        Anschließend war er u.a. Erster      Proms, dem Musikfest Berlin           Rumänischen Präsidenten mit
     der renommiertesten Positionen       Kapellmeister der Komischen          sowie bei den Musikfestivals in       dem Kulturverdienstorden aus-
     im deutschen und internationalen     Oper Berlin (1997– 2001) und         Dresden, Luzern, Schleswig-Hol-       gezeichnet.
     Musikleben.                          Musikdirektor der Glyndebourne       stein und Grafenegg sowie beim
                                          Festival Opera (2001–2013).          Rostropowitsch-Festival. Mit
                                          2003 wurde Vladimir Jurowski         dem Rundfunk-Sinfonieorches-
24   SOLIST                                                                                                                                         25

     Seong-Jin Cho

     Seong-Jin Cho debütierte mit        hausorchester Leipzig unter Alain
     dem Rundfunk-Sinfonieorchester      Altinoglu, den Bamberger Sym-
     Berlin (RSB) im Oktober 2011        phonikern unter Andrew Manze
     in Seoul unter der Leitung von      sowie mit dem Mozarteum­
     Marek Janowski. Der damals          orchester Salzburg unter Jörg
     17-Jährige war zu diesem Zeit-      Widmann. Als gefragter Solist für
     punkt Preisträger des Tschai-       Orchestertourneen ist Seong-Jin
     kowsky-Wettbewerbes in Moskau       Cho diese Saison unter anderem
     geworden. Nun wird Seong-Jin        mit der Tschechischen Philharmo-
     Cho erstmals zusammen mit dem       nie und Semyon Bychkov sowie
     RSB in Berlin zu erleben sein.      dem Philharmonia Orchestra und
     Der koreanische Pianist gastiert    Santtu-Matias Rouvali zu erleben.
     an der Seite von Dirigenten         Gefeierte Solo-Klavierabende
     wie Myung-Whun Chung, Iván          gibt Seong-Jin Cho bei wichtigen
     Fischer, Jakub Hrůša, Yannick Né-   Festivals, etwa in La Roque
     zet-Séguin, Gianandrea Noseda,      d’Anthéron, in Verbier, beim          Rainier in Monte-Carlo und dem    1994 in Seoul geboren, begann
     Sir Antonio Pappano und Esa-        Menuhin-Festival in Gstaad und        Konserthuset Stockholm.           Seong-Jin Cho im Alter von
     Pekka Salonen bei namhaften         beim Rheingau Musikfestival. Er       Sein erstes Album für die Deut-   sechs Jahren Klavier zu spielen
     Orchestern weltweit, darunter       tritt mit Rezitals in den namhaf-     sche Grammophon erschien          und gab sein erstes Solorezital
     den Berliner Philharmonikern,       testen Konzertsälen der Welt auf,     2016 mit Werken von Chopin.       mit elf Jahren. 2009 wurde er
     Münchner Philharmonikern, dem       darunter der Carnegie Hall, dem       Es folgten Werke von Debussy      zum jüngsten Preisträger der
     London Symphony Orchestra,          Concertgebouw Amsterdam, der          (2017) und Mozart (2018) sowie    Hamamatsu International Piano
     dem Orchestre Philharmonique        Berliner Philharmonie, der Sunto-     erneut von Chopin (2021). Für     Competition Japan. Von 2012
     de Luxembourg, Philadelphia Or-     ry Hall Tokio, der Walt Disney Hall   die Aufnahme „The Wanderer“,      bis 2015 studierte er bei Michel
     chestra, Los Angeles Philharmo-     Los Angeles, dem Konzerthaus          erschienen 2020, spielte Seong-   Béroff am Conservatoire National
     nic, Boston Symphony Orchestra,     Wien, dem Prinzregententheater        Jin Cho Schuberts „Wanderer-      Supérieur de Musique de Paris
     Mahler Chamber Orchestra und        München sowie demnächst in der        fantasie“, Bergs Klaviersonate    und lebt heute in Berlin.
     Hong Kong Philharmonic. Aktuell     Wigmore Hall London, der Lieder-      op. 1 und Liszts Klaviersonate
     debütiert er mit dem Gewand-        halle Stuttgart, dem Auditorium       h-Moll ein.
26

     Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin –
     Abendbesetzung 15./16. Januar 2022

     Violine I                           Viola                                    Fridtjof Ruppert                           Trompete
     Erez Ofer / Erster Konzertmeister   Lydia Rineker / Solobratschistin         Julian Schlootz *                          Florian Dörpholz / Solotrompeter
     Kosuke Yoshikawa / Vorspieler       Gernot Adrion / stellv. Solobratschist   Jakub Zon *                                Jörg Niemand
     Susanne Herzog /                    Christiane Silber / Vorspielerin         David Trost **                             Simone Gruppe
     stellv. Konzertmeisterin            Elizaveta Zolotova / Vorspielerin
     Marina Bondas                       Emilia Markowski                         Flöte                                      Posaune
     Franziska Drechsel                  Alexey Doubovikov                        Ulf-Dieter Schaaff / Soloflötist           Hannes Hölzl / Soloposaunist
     Philipp Beckert                     Carolina Montes                          Franziska Dallmann                         Dominik Hauer **
     Karin Kynast                        Lucia Nell                               Markus Schreiter / Piccoloflötist          Jörg Lehmann
     Steffen Tast                        Lucia Ortiz
     Bettina Sitte                       Daniel Burmeister *                      Oboe                                       Tuba
     Maria Pflüger                       Anastasia Maschkowski **                 Gabriele Bastian / Solooboistin            Fabian Neckermann
     Anna Morgunowa                      Rosa George **                           Gudrun Vogler
     Anne Feltz                                                                   Thomas Herzog / Englischhornist            Pauken
     Richard Polle                       Violoncello                                                                         Arndt Wahlich / Solopaukist
     Chiaki Nishikawa                    Konstanze von Gutzeit / Solocellistin    Klarinette
     David Marquard *                    Ringela Riemke / stellv. Solocellistin   Oliver Link / Soloklarinettist             Schlagzeug
     Inhwa Hong *                        Jörg Breuninger / Vorspieler             Peter Pfeifer / stellv. Soloklarinettist   Tobias Hegele **
                                         Volkmar Weiche / Vorspieler              Christoph Korn / Bassklarinettist          Jan Westermann **
     Violine II                          Peter Albrecht                                                                      Juri Azers **
     Nadine Contini / Stimmführerin      Andreas Weigle                           Fagott                                     Dirk Wucherpfennig **
     David Drop / Vorspieler             Georg Boge                               Miriam Kofler / Solofagottistin            Wolfgang Morbitzer **
     Sylvia Petzold / Vorspielerin       Romane Montoux-Mie *                     Alexander Voigt / stellv. Solofagottist
     Anne-Kathrin Seidel                 Uschik Choi *                            Clemens Königstedt / Kontrafagottist       Harfe
     Brigitte Draganov                   Nina Monné **                                                                       Maud Edenwald
     Martin Eßmann                       Josephine Bastian **                     Horn
     Juliane Manyak                                                               Martin Kühner / Solohornist                Celesta
     Neela Hetzel de Fonseka             Kontrabass                               Ingo Klinkhammer /                         Markus Syperek
     Juliane Färber                      Hermann Wömmel-Stützer /                 stellv. Solohornist
     Ania Bara                           Solokontrabassist                        Frank Stephan
     Enrico Palascino                    Stefanie Rau / Vorspielerin              Felix Hetzel de Fonseka                    * Orchesterakademie
     Elena Schwalbe *                    Georg Schwärsky                                                                     ** Gäste
     Yuna Toki *                         Axel Buschmann
     Sophia Maiwald *                    Nhassim Gazale
28   VORSCHAU

     20. Januar 2022                          Ludwig van Beethoven
                                              Septett für Klarinette, Horn, Fagott,
     Donnerstag / 19 Uhr                      Violine, Viola, Violoncello und Kontra-
     Haus des Rundfunks                       bass Es-Dur op. 20
     Ultraschall Berlin –                     Franz Schubert
                                              Oktett für Klarinette, Horn, Fagott,
     Festival für neue Musik                  zwei Violinen, Viola, Violoncello und
                                              Kontrabass F-Dur op. post. 166 D 803
     BAS WIEGERS
     Rei Nakamura, Klavier

     Christian Winther Christensen            26. Februar 2022                                      Aus Opernhäusern,
     Piano Concerto                           Samstag / 20 Uhr                                      Philharmonien
     Mirela Ivicevic                          Konzerthaus Berlin                                    und Konzertsälen.
     „Black Moon Lilith“ für Orchester
     (Uraufführung der revidierten Fassung)   27. Februar 2022
     Sergej Newski                            Sonntag / 16 Uhr
     „Achtzehn Episoden“ für Orchester
     und Zuspiel
                                              Philharmonie Berlin
                                              Abo-Konzerte
     Veranstalter

                                              VLADIMIR JUROWSKI
                                              Alban Gerhardt, Violoncello

                                              Pjotr Tschaikowsky
                                              Slawischer Marsch op. 31
                                              Anton Rubinstein

                                                                                              Konzerte,
     27. Januar 2022                          Konzert für Violoncello und Orchester
     Donnerstag / 19.30 Uhr                   Nr. 2 d-Moll op. 96
                                              Dmitri Smirnow
     Kühlhaus Berlin

                                                                                              jeden Abend.
                                              Concerto piccolo für Violoncello
     Kammerkonzert                            und Orchester („History of Russia in
                                              4 anthems“) op.127 (Uraufführung)
     Michael Kern, Klarinette

                                                                                              Jederzeit.
                                              Pjotr Tschaikowsky
     Sung Kwon You, Fagott                    Sinfonie Nr. 5 e-Moll op. 64
     Dániel Ember, Horn
     Enrico Palascino, Violine                Konzert mit
     Martin Eßmann, Violine
     Alejandro Regueira Caumel, Viola
     Georg Boge, Violoncello                  Übertragung am 1. März 2022, 20 Uhr ins
     Hermann Wömmel-Stützer,                  Zeiss-Großplanetarium Berlin „Schallbrücken –
     Kontrabass                               Konzert unterm Sternenhimmel“
                                              Veranstalter: Zeiss-Großplanetarium Berlin

                                                                                                    In der Dlf Audiothek App, im
                                                                                                    Radio über DAB+ und UKW
                                                                                                    deutschlandfunkkultur.de/
                                                                                                    konzerte
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     Impressum

     Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin        Bildnachweise:
     (RSB)                                    S. 7 Foto: Dmitri Smirnov
                                              S. 11 gemeinfrei
     Chefdirigent und Künstlerischer Leiter   S. 15 Foto: Wladimir Wjatkin, Nowosti
     Vladimir Jurowski                        S. 22 Foto: Robert Niemeyer
                                              S. 25 Foto: Christoph Köstlin,
     Orchesterdirektorin                      Deutsche Grammophon
     Clara Marrero

     Ein Ensemble der Rundfunk-               Gestaltung und Realisierung
     Orchester und -Chöre gGmbH Berlin        GRACO GmbH & Co. KG

     Geschäftsführer                          Druck
     Anselm Rose                              H. Heenemann GmbH & Co, Berlin

     Kuratoriumsvorsitzender                  Redaktionsschluss
     Ernst Elitz                              10. Januar 2022

     Gesellschafter                           Ton- und Filmaufnahmen sind
     Deutschlandradio, Bundesrepublik         nicht gestattet. Programm- und
     Deutschland, Land Berlin,                Besetzungs­änderungen vorbehalten!
     Rundfunk Berlin-Brandenburg
                                              © Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin,
     Text und Redaktion                       Steffen Georgi
     Steffen Georgi
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T 030 202 987 15
F 030 202 987 29

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