2.17 kulturzeiger - Fotografin Ursula Müller deckt für Geschichten Schichten ab Der Neubau des Bürgerspitals Solothurn erhält Kunst Der Thaler ...

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2.17 kulturzeiger - Fotografin Ursula Müller deckt für Geschichten Schichten ab Der Neubau des Bürgerspitals Solothurn erhält Kunst Der Thaler ...
kulturzeiger                                                     2.17

Fotografin Ursula Müller deckt für Geschichten Schichten ab
Der Neubau des Bürgerspitals Solothurn erhält Kunst
Der Thaler Kulturvermittler Markus Egli im Interview

                                       Kuratorium für Kulturförderung
2.17 kulturzeiger - Fotografin Ursula Müller deckt für Geschichten Schichten ab Der Neubau des Bürgerspitals Solothurn erhält Kunst Der Thaler ...
Fotografin Ursula Müller führt Betrachter Schicht um Schicht zu ihren Geschichten                  3

                                                               Kunst am neuen Bürgerspital Solothurn          5

               Neue Führung auf Waldegg: Die Familie Besenval als Beispiel besonderer Zeiten                  7

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                      Markus Egli im Interview: «Kulturvermittler sind bescheidene Menschen»                  8

    IMPRESSUM: kulturzeiger ist das Informationsmagazin des Kantonalen Kuratoriums für
    Kulturförderung Solothurn und erscheint drei Mal jährlich gedruckt in einer Auflage von 3000 Stück bzw.
    zehn Mal jährlich im Internet. Redaktion und Gestaltung: Fabian Gressly, communiqua – Büro für
    Kommunikation. Herausgeber: Kantonales Kuratorium für Kulturförderung. Kontakt: Kantonales
    Kuratorium für Kulturförderung, Geschäftsstelle, Schloss Waldegg,
    Waldeggstrasse 1, 4532 Feldbrunnen-St. Niklaus –
    Internet: www.sokultur.ch – E-Mail: info@sokultur.ch

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2.17 kulturzeiger - Fotografin Ursula Müller deckt für Geschichten Schichten ab Der Neubau des Bürgerspitals Solothurn erhält Kunst Der Thaler ...
Schicht um Schicht
zur Geschichte
W
            enn Ursula Müller
            zum Fotoappa-
            rat greift, forscht
sie. Das sei, was ihre Arbeit
bestimme, erzählt sie: sich
im Vorfeld überlegen, was sie
will, sich Zeit nehmen, sich
auf das Motiv einlassen, sich
ihm allmählich annähern. Als
Beispiel dafür bringt sie ihr
Projekt «Still ist es» ins Spiel:
Während einigen Monaten hat
sie den verlassenen Haushalt
der verstorbenen Mutter ihrer
ehemaligen Nachbarin foto-
grafisch dokumentiert: «Dieses
Vakuum, wenn jemand eigent-
lich noch anwesend ist, man
aber weiss, dass diese Person
nicht mehr zurückkehrt, dieser
Zwischenraum, der sich auftut,
das war, was mich interessiert
hat.» Immer wieder habe sie
das Haus betreten und sich          Der bevorstehende Abbruch   Italien und Spanien zu Ursula
dem Leben dieser Frau ange-         ihres Elternhauses führte   Müllers Kindheit. Diesen Men-
nähert – Schicht um Schicht:        Ursula Müller wieder nach   schen ist die Fotografin dann
Sie fotografierte Bilder an den     Uzwil. Während des Foto-    buchstäblich nachgereist. Sie
Wänden, Böden, Kleider an           Projekts «Zeiten» blieb     hat sie Jahrzehnte später in ih-
Haken, die Brille der Verstor-      sie bis zum Abbruch und     ren Heimatregionen ausfindig
benen... «Ich habe mich ge-         blickte auch unter die      gemacht, dabei die Landschaft
fragt: Wie hat sie gelebt? Wer      Oberfläche des Bodens.      ihrer Herkunft entdeckt und
ist sie? Wer bin ich?», erzählt     (Foto: Ursula Müller)       damit auch sich selbst, ihre
                                                                eigene Heimat und ihre eigene
Seit gut drei Jahren lebt und arbeitet die St. Gallerin         Gegend.

Ursula Müller in Solothurn. In dieser Zeit hat sie unter        Begegnung im Elternhaus
anderem an drei Ausstellungen auf sich aufmerksam               Die Arbeit in der Fremde
                                                                führte sie zurück zu ihrem Ur-
gemacht. Wie die Beobachterin arbeitet, erzählt sie hier.       sprungsort: Als Ursula Müller
                                                                erfuhr, dass ihr Elternhaus in
Ursula Müller. Entstanden ist                                   Uzwil, wo sie bis zum 12. Le-
ein Bildband, der die Stille in                                 bensjahr aufwuchs, abgerissen
intimen Bildern einfängt und                                    werden sollte, begab sie sich
das Wesen eines Menschen                                        auf Spurensuche. Ebenfalls
herausschält, ohne dass dieser                                  behutsam, Schritt um Schritt.
zu sehen ist.                                                   Sie fotografierte das Haus
                                                                und die inzwischen grösser
Oft führt das, was Ursula Mül-                                  gewordenen Pflanzen der Um-
ler durch die Linse einfängt, zu                                gebung. Sie schnitt Zweige ab,
einer Auseinandersetzung mit                                    trocknete sie und fotografierte
sich selbst. Auch in ihrer Ar-                                  sie. So sei, wie sie sagt, «das
beit «Heimat anderswo»: Auf-                                    Herbarium meiner Kindheit
gewachsen auf dem Areal der                                     entstanden». Auch die Woh-
Baufirma ihrer Eltern in Uzwil,                                 nungen, in welchen damals
gehörten die Gastarbeiter aus                                   andere Menschen lebten, hat

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2.17 kulturzeiger - Fotografin Ursula Müller deckt für Geschichten Schichten ab Der Neubau des Bürgerspitals Solothurn erhält Kunst Der Thaler ...
Im Rahmen des Projekts                                      die Fotografin abgelichtet.       dreieinhalb Jahren nach
    «Zeiten» betrat die Fo-                                     Wände mit unterschiedlichen       Solothurn gekommen. Zu se-
    tografin die Räume ihres                                    Farbanstrichen, der inzwi-        hen war sie hier aber schon oft:
    Elternhauses, das nun                                       schen leere Platz zwischen zwei   Beteiligt an zwei Ausstellungen
    andere Personen bewohn-                                     Steckdosen, wo vermutlich alle    im Kunstmuseum Solothurn,
    ten, und den Garten des                                     Bewohner das Bett platziert       darunter in der eben abge-
    Hauses. In der Fotoserie                                    hatten – Räume, die ihr Ge-       schlossenen Jahresausstellung,
    näherte sie sich selbst,                                    schichten erzählen, aber auch     sowie im Rahmen einer Foto-
    ihrer Vergangenheit und                                     die Geschichten anderer auf-      ausstellung im Kulturm.
    der des Hauses an. (Foto:                                   decken: Sie freue sich jeweils,
    Ursula Müller)                                              wenn sich andere Menschen         «Ich bin eine Sammlerin»,
                                                                mit ihrer Arbeit beschäftigen     sagt Ursula Müller lachend
                                                                würden und sie Reaktionen         über ihren Arbeitsstil. Schon
                                                                auf ihre Fotografien erhalte,     immer sei sie ein beobachten-
                                                                sagt Ursula Müller. Es entstehe   der Mensch gewesen. So auch,
    Ursula Müller                                               ein Dialog, in welchem sie sich   wenn sie durch den Fotoap-
                                                                über Fotos ausdrücke und der      parat schaut. Ursula Müller
                     Ursula Müller wurde 1958 in Uzwil (SG)     Betrachter bzw. die Betrachte-    weiss, was sie fotografieren
                     geboren. Erst spät wurde die Fotografie    rin «zuhört». «Zeiten» lautet     will, aber sie lässt sich Zeit.
                     für sie mehr als ein Hobby. Nach einem     der Titel dieser umfangreichen    Den Zugang zu einem Motiv
                     Kurs an der Berufsschule für Gestaltung    Arbeit – ein Triptychon dazu      müsse man sich erarbeiten,
                     bildete sie sich von 2003 bis 2008 in      war im Kunstmuseum anläss-        findet die 58-Jährige. Objek-
                     der Gruppe Autonomer FotografInnen (GAF)   lich der Gruppenausstellung       tiver macht das Objektiv sie
                     in Zürich zur Fotografin aus. Seit 2005    «Zeit verstreichen» bereits zu    aber nicht: «Mein Blick ist im-
    ist sie als freischaffende Fotografin tätig und lebt und    sehen – und nun hier erst-        mer subjektiv.» Fotografieren
    arbeitet seit gut drei Jahren in Solothurn. Hier war sie    mals weitere Bilder aus dieser    lehre sie, Menschen und Dinge
    im vergangenen Jahr unter anderem im Kunstmuseum an der     Werkgruppe.                       aus unterschiedlichen Blick-
    Ausstellung «Zeit verstreichen» sowie an der Jahresaus-                                       winkeln wahrzunehmen und
    stellung zu sehen. Mehr zu Ursula Müller gibts auf ihrer    Mit dem Objektiv subjektiv        gebe ihr die Gelegenheit, diese
    Website: www.muellerursula.ch                               Aus dem Kanton Zürich ist die     neu zu erfahren, sagt Ursula
                                                                gebürtige St. Gallerin vor rund   Müller. (gly)

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Kunst am
neuen Spital
Solothurn
N
          och bis 2023 entsteht
          direkt südlich des
          bestehenden Bürger-
spitals in Solothurn ein neuer
Spitalbau. Die historischen
Altbauten des Bürgerspitals
haben heute bereits ein Alter
von rund 80 Jahren und auch
die sogenannten Neubauten
– Ökonomiegebäude, Betten-
hochhaus und Behandlungs-
trakt – wurden vor bereits 43
Jahren fertig gestellt. Deshalb
hatte der Kanton 2007 einen
Architekturwettbewerb
lanciert, aus welchem ein
Neubauprojekt entstanden
ist, dessen Baukredit über
340 Millionen Franken die
Solothurner Bevölkerung im
Sommer 2012 an der Urne
bewilligte.
                                    Noch wird am Rohbau des
Nun wird nicht nur gebaut,            neuen Bürgerspitals im
sondern die Verantwortlichen        Süden von Solothurn auf
beschäftigen sich bereits mit         Hochtouren gearbeitet.
der Ausgestaltung des Neu-        Intensiv beschäftigt sich
baus, der ab 2020 in Betrieb        aber auch schon die vom
genommen wird. Auch, wie          Regierungsrat eingesetzte
bei Bauten der öffentlichen         Kunstkommission mit der
Hand vorgeschrieben, mit der         Frage, wie dereinst der
künstlerischen Ausgestaltung:     Bau bzw. das Areal künst-
Wie die Bauarbeiten selbst         lerisch gestaltet werden
erfolgen auch Ausschreibung,       soll. (Foto: Fabian Gressly)
Wettbewerb und Realisierung
der Kunst-und-Bau-Projekte
etappenweise. In einer ersten                                     Die Jury setzt sich zum einen aus der vom Regierungsrat
Phase steht die Kunst am Bau                                      eingesetzten Kunstkommission mit drei Vertretern des Kan-
von Haus 1, in einer zweiten                                      tonalen Kuratoriums für Kulturförderung – Christoph Rölli,
Etappe diejenige von Haus 2                                       (Präsident, Vorsitz), Thomas Woodtli (Leiter Fachkommis-
mit dem Spitalpark im Zen-                                        sion Bildende Kunst und Architektur) und Norbert Eggen-
trum. Für die Gestaltung der                                      schwiler (Fachkommission Bildende Kunst und Architektur)
Perimeter von Haus 1 wurden                                       – , mit Eva Inversini (Leiterin Amt für Kultur und Sport),
                                                                  Silvia Gmür (Vertretung der Architekten), Kurt Eichenberger
                                                                  (Direktor Bürgerspital Solothurn) und Alfredo Pergola (Bau-
Für die Kunst am Bau in Zusammen-                                 und Justizdepartement, Gesamtprojektleiter Neubau) sowie
hang mit der ersten Bauetappe des                                 aus den beigezogenen Fachexperten – Bernard Fibicher (Di-
                                                                  rektor Musée des Beaux-Arts Lausanne), Josef Felix Müller
neuen Bürgerspitals in Solothurn hat                              (Künstler, Verleger, Präsident Visarte Schweiz) und Cécile
die Kunstkommission Kunstschaffen-                                Wick (Künstlerin, Professorin für Fotografie an der Hoch-
                                                                  schule für Gestaltung und Kunst Zürich) – zusammen.
de zu einem Wettbewerb eingeladen.
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von der Kunstkommission            Projekt biete die Chance, «mit
    zehn Kunstschaffende eingela-      spezifischen künstlerischen         Die eingeladenen Kunstschaffenden sind:
    den. Von diesen zehn verfügen      Interventionen eine Symbiose
    drei über einen engen Bezug        mit der Architektur einzuge-        Renate Buser, *1961 Aarau, lebt in Basel, machte Fotografie,
    zum Kanton Solothurn, vier         hen und in einen Dialog mit         Installation, Kunst am Bau und Kunst im öffentlichen Raum
    sind mit dem künstlerischen        Nutzerinnen und Nutzern zu          mit grossformatigen, fotografischen Architekturinterventionen
    Schaffen im Kanton präsent         treten». Um die künstlerische       zu ihren zentralen Tätigkeitsfeldern. Im Kanton Solothurn war
    und drei Bewerber sind «kan-       Kreativität frei fliessen zu las-   sie 2009 und 2012 an den Triennalen in Grenchen präsent.
    tonsunabhängige» Kunst-            sen, werden den eingeladenen
    schaffende.                        Kunstschaffenden relativ            Pedro Cabrita Reis, *1956 in Lissabon, lebt in Lissabon, hat
                                       weite «Leitplanken» gesetzt,        sich über 30 Jahre hinweg mit Installationen im öffentlichen
    Für sie findet am 22. März         ohne grosse Einschränkungen         Raum einen Namen gemacht; unter anderem an der docu-
    2017 die Besichtigung der Bau-     betreffend Materialien, Kon-        menta IX sowie an der Biennale in Venedig 2003 und 2013.
    stelle statt. Nach der Möglich-    struktionen, Farben oder der
    keit zur schriftlichen Frage-      konkreten Platzierung.              Reto Emch, *1961 in Solothurn, lebt in Zuchwil, 1985 Förder-
    stellung bis 31. März 2017                                             preis und 2005 Fachpreis des Kantons Solothurn, stellt immer
    haben sie bis am 2. Juni Zeit,     Gedanken über den Bau und           wieder im Kanton aus und hat bereits mit einer Vielzahl von
    ihr Projekt einzureichen. Im       die in ihm ein- und ausge-          Skulpturen und Objekten im öffentlichen Raum Beachtung
    Juni und Juli finden die Jury-     henden Menschen gibt die            erreicht.
    sitzungen statt, deren Ergeb-      Kunstkommission den ein-
    nis dann im August bekannt         geladenen Kunstschaffenden          Christoph Haerle, *1958 in Zürich, lebt in Zürich. Der
    gegeben wird. Ebenfalls im         dennoch mit auf den Weg: Im         Plastiker, Architekt und Aussenraumgestalter hat sich mit Pro-
    August werden in einer Aus-        siebenstöckigen Hauptbau mit        jekten zur Gestaltung von Plätzen einen Namen gemacht.
    stellung alle Eingaben gezeigt.    seinen über 10�000 Quadrat-
                                       metern Grundfläche spielten         Andreas Hofer, *1956 in Trimbach, lebt in Bremgarten, setzt
    Drei Bereiche für Kunst            Orientierung und Identifi-          in seinen Arbeiten die verwendeten Materialien in einen neuen
    Für künstlerische Inter-           kation der jährlich 12�000          Kontext. Zentral in seinem Schaffen ist die vertiefte Auseinan-
    ventionen in Haus 1 stehen         Patienten, der 1500 Mitar-          dersetzung mit Licht, Raum und Architektur. Er stellt immer
    den Kunstschaffenden drei          beitenden und der Besucher          wieder im Kanton aus und hat 2009 den Preis für Malerei des
    Bereiche des Neubaus zur           mit dem Ort eine wesentliche        Kantons Solothurn erhalten.
    Verfügung: Zum einen soll die      Rolle. Die Jury erwartet von
    Aussenwand beim Hauptein-          den Kunstschaffenden «eine          Sabina Lang (*1972 in Bern) und Daniel Baumann (*1967
    gang, welche im Wettbewerbs-       eigenständige Betrachtung           in San Francisco), arbeiten in Burgdorf, realisieren seit 20
    programm «als Wegweiser            und Erfühlung des Neubaus           Jahren Kunst am Bau, darunter 2012 am Inselspital Bern und
    zum Gebäude» bezeichnet            und dessen räumlicher und           2015 am Landeskrankenhaus Feldkirch/A. In der Ausstellung
    wird, als Kunst-am-Bau-            klinischer Funktionen». Wei-        «Tapetenwechsel» im Kunstmuseum Solothurn waren sie
    Objekt gestaltet werden. Bei       ter gibt das Wettbewerbspro-        2002 im Kanton Solothurn zu sehen.
    den beiden anderen Bereichen       gramm zu bedenken: «Freud
    von Haus 1, die für die künstle-   und Leid, Leben und Tod sind        Katja Schenker, *1968 in St. Gallen, lebt in Zürich/Heimat-
    rische Ausgestaltung zur Ver-      dauernd präsent.» Die künst-        ort Däniken. Die international ausgezeichnete Kunstschaffende
    fügung stehen, handelt es sich     lerische Intervention solle         hat viele öffentliche Bauten künstlerisch ausgestaltet, zuletzt
    um die beiden Innenhöfe des        darum einen Brückenschlag           die FHNW in Muttenz. Im Kanton Solothurn war sie mit Aus-
    neuen Bettenhauses. In den 37      zwischen Gebäude und Nutzer         stellungen 2012 und 2015 im Kunstmuseum Olten sowie drei
    Meter hohen Höfen solle, so        generieren. Sie soll durch ihre     Mal an der Kantonalen Jahresausstellung in Olten zu sehen.
    das Wettbewerbsprogramm,           Ausstrahlung und Wirkung
    «die architektonisch betonte       ein Blickfang sein und zur          Kerim Seiler, *1974 in Bern, lebt in Zürich und Berlin, setzt
    Vertikalität der Innenhöfe mit     neuerlichen Betrachtung und         sich in seiner skulpturalen Arbeit seit Jahren mit Architektur
    dem künstlerischen Eingriff        Auseinandersetzung anregen.         auseinander und hat mit teils liegenschaftenumfassenden
    zu einer neuen Dimension mit                                           Installationen Preise und Auszeichnungen gewonnen.
    einer emotionalen Spannung         Für diese vorgesehenen
    geführt werden». Besonders an      Kunstinterventionen der             Andrea Wolfensberger, *1961 in Zürich, lebt in Waldens-
    den Höfen: Von 7 x 7 Meter im      ersten Bauetappe (bis 2020)         burg, hat u.a. «Kunst am Bau»-Projekte am Universitätsspital
    Untergeschoss bis fast 20 x 20     steht ein Betrag von insgesamt      Zürich (2007) und am Institut für Neurobiochemie der Univer-
    Meter im obersten Geschoss         500�000 Franken zur Verfü-          sität Witten/Herdecke (D) realisiert. Mit Ausstellungen 2011
    werden die Lichtschächte           gung. Für die zweite Bauetap-       und 2014 war sie zudem schon im Kanton Solothurn zu sehen.
    stufenweise grösser.               pe des Hauses 2 am Standort
                                       des jetzigen Bettenhochhauses       Beat Zoderer, *1955 in Zürich, lebt in Wettingen. Ab 1980
    Kunst an sensiblem Ort             (2021-2023) sind die Einzel-        wandte sich der Maler raumgreifenden Skulpturen und
    Wie die Arbeiten aussehen sol-     heiten der Kunstintervention        Objekten zu. Realisierte vor allem in Deutschland (u.a am
    len, darüber wollen die Kunst-     noch nicht festgelegt. Das          Deutschen Bundestag in Berlin) «Kunst am Bau»-Projekte. Mit
    kommission und das Bau- und        Budget dafür aber ist definiert:    Ausstellungen 1985 und 2001 im Kunstmuseum Olten war er
    Justizdepartement keine zu         Vorgesehen sind 200�000             schon im Kanton Solothurn präsent.
    engen Vorgaben machen. Das         Franken. (gly)

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2.17 kulturzeiger - Fotografin Ursula Müller deckt für Geschichten Schichten ab Der Neubau des Bürgerspitals Solothurn erhält Kunst Der Thaler ...
Die Familie Besenval als
Beispiel besonderer Zeiten
A
        uf Schloss Waldegg       der Stadt Solothurn ein für
        können Besucherinnen     alle sichtbares Monument
        und Besucher in die      ihrer herausragenden Stellung
solothurnische, eidgenös-        erbauen liess und auch in der
sische und sogar europäische     Stadt selbst viele Spuren hin-
Geschichte eintauchen. Die in    terlassen hat. Wie gelangte
den 1680er-Jahren angelegte,     diese Familie innerhalb
prächtige Schlossanlage zeugt    kürzester Zeit zu einer in
nicht nur von der Macht und      der Solothurner Geschichte
dem Reichtum der Erbauer-        einzigartigen Machtposition?
familie von Besenval, sondern    Welche Rolle spielten dabei
auch von der Bedeutung der       ihre Beziehungen zum franzö-
französischen Ambassade in       sischen Hof? Auf der Führung
Solothurn und verweist damit     durch die herrschaftlichen

Dank der Französischen Botschaft in Solothurn kamen
                                                                                                        Schlossführung mit
Solothurner Familien wie die Besenval zu viel Macht. Wie                                                Andreas Affolter: Mitt-
das ging, zeigt eine Führung auf Schloss Waldegg.                                                       woch, 12. April 2017,
                                                                                                        18 Uhr, auf Schloss Wal-
                                                                                                        degg in Feldbrunnen-St.
auf die vielfältigen Beziehun-   Räume des Schlosses erfahren                                           Niklaus; Unkostenbeitrag:
gen, welche Solothurner Patri-   die Teilnehmerinnen und Teil-                                          CHF 12, Dauer: ca. eine
zierfamilien zum französischen   nehmer zudem, weshalb die                                              Stunde. Die Führung wird
Hof unterhielten.                französischen Könige eigene                                            am Donnerstag, 12. Ok-
                                 Botschafter in die Eidgenos-                                           tober 2017 um 18 Uhr, ein
Historiker und Museumsleiter     senschaft entsandten, wieso sie                                        weiteres Mal angeboten.
Andreas Affolter erläutert in    in Solothurn residierten und                                           Für weitere thematische
der Führung durchs Schloss       was es für die Kleinstadt Solo-                                        Führungen auf Schloss
und durch die Ausstellung,       thurn bedeutete, Residenzort                                           Waldegg siehe www.
wer die Familie war, die mit     eines französischen Ambassa-                                           schloss-waldegg.ch
der Waldegg vor den Toren        dors zu sein. (mgt)

«Schola Cantorum» auf Schloss Waldegg
Studierende und junge Absol-                                       Fachhochschule – Aargau, die        sons Sammlungen «The
ventinnen bzw. Absolventen                                         beiden Basel und Solothurn –        Seasons» und «The Monthes»,
der Schola Cantorum Basili-                                        mit dem vielfältigen Repertoire     die zu den virtuosesten Kom-
ensis reisen jedes Jahr in der                                     der Alten Musik zu verbinden.       positionen für das Instrument
Konzertreihe «Vier Jahres-                                         Auf diese Weise soll die Lehr-      gehörten, wie die Verantwort-
zeiten» durch das Gebiet der                                       und Forschungstätigkeit der         lichen schreiben.
Fachhochschule Nordwest-                                           Schola Cantorum Basiliensis
schweiz, zu der die Schola                                         bekannter gemacht werden.           Dieses Jahr gastiert die Schola
gehört. In der noch jungen                                                                             Cantorum Basiliensis am
Tradition dieser Konzertreise                                      In der dritten Konzertreihe, die    Sonntag, 9. April 2017 (17 Uhr)
machen die Musikerinnen                                            in der Saison 2016/17 durch-        auf Schloss Waldegg. Es
und Musiker auch jeweils auf                                       geführt wird, wird englische        spielen Teodoro Baù (Viola da
Schloss Waldegg in Feldbrun-                                       Musik des 17. Jahrhunderts für      gamba und Leitung), Filipa
nen-St. Niklaus Halt.                                              die division viol, eine englische   Mota de Meneses, Mathias
                                                                   Spielart der Viola da gamba,        Ferré (Viola da gamba) und
Hauptanliegen der Konzerte                                         präsentiert. Das Programm           Andrea Buccarella (Cembalo).
ist, historische Monumente in                                      enthält unter anderem Aus-          Der Eintritt ist frei, um
den vier Trägerkantonen der                                        züge aus Christopher Simp-          Kollekte wird gebeten. (mgt)

                                                                                                                                         7
2.17 kulturzeiger - Fotografin Ursula Müller deckt für Geschichten Schichten ab Der Neubau des Bürgerspitals Solothurn erhält Kunst Der Thaler ...
«Kulturvermittler sind
bescheidene Menschen»
Sie kamen im Alter von 27
Jahren als junger Lehrer
nach Matzendorf. Sieben
Jahre später begannen Sie
sich über die Keramiksamm-
lung im Kulturleben zu en-
gagieren. War für Sie immer
klar, dass Sie sich in der
Kultur engagieren würden?
Markus Egli: Ich habe
vor meiner Ausbildung zum
Sekundarlehrer in Luzern
Schriftsetzer gelernt. Dabei
hatte ich das Glück, einen
kunstschaffenden Lehrmeister
zu haben. Leonhard Schnyder
hat damals als Grafiker auch
Holzschnitte erstellt und uns
in den verschiedenen Druck-
techniken angeleitet. So habe
ich einen Einblick in die Welt
des Kunstdrucks erhalten.        Markus Egli in jener                    kulturell tätig sein will, das hat
In der Schule wurden wir im      Kulturinstitution, in der               sich glücklicherweise immer
Bereich Gestaltung von Lehr-     er sich zuhause fühlt: im               einfach so ergeben.
personen der Kunstgewerbe-       Keramikmuseum Matzendorf
schule Luzern unterrichtet. So   bei der Archivarbeit zur                Nachdem Sie die Betreuung
habe ich Emil Steinberger als    Sicherung von Solothurner               der Keramiksammlung über-
Grafiker erlebt. Emil hat uns    Kulturgut (Foto: zVg)                   nommen und für sie einen
seine Kleinbühnenkunst näher                                             Verein gegründet hatten,
gebracht, aber auch ermuntert,   Auch Kabarettist und Grafiker Emil      kam der Kulturbetrieb im
Ausstellungen von Bernhard                                               Restaurant Sonne dazu, der
Luginbühl und Jean Tinguely      Steinberger ist schuld daran, dass      Historische Verein Matzen-
im Kunstmuseum Luzern zu         Markus Egli zum Kulturvermitt-          dorf, Kultur im Thal mit
besuchen. Das waren kultu-                                               verschiedenen Projekten...
relle Erfahrungen, die mich      ler wurde. Er war Eglis Lehrer und      Haben Sie diese Arbeiten
sehr geprägt haben.              schickte seine Schüler in die Museen.   gesucht oder kamen die Ar-
                                                                         beiten und Aufgaben eher
Und wie genau?                                                           zu Ihnen?
Egli: In meiner Freizeit war                                             Egli: Im Thal habe ich vorerst
ich damals als Jungwachtleiter                                           fast ausschliesslich in Matzen-
tätig, habe fotografiert, die                                            dorf gewirkt. Dabei ging es mir
Hauszeitung redigiert, Fest-                                             ähnlich wie als Jugendlicher:
spiele verfasst und aufgeführt                                           Ich habe mich eigentlich nie
sowie mit Gitarre und Trom-                                              zur Übernahme von Funk-
pete die Jazzmesse begleitet.                                            tionen gemeldet, dazu wurde
Am Gymnasium Immensee                                                    ich angefragt oder es hat sich
war ich Mitglied der Haus-                                               einfach so ergeben. Da war
band, der Theatergruppe und                                              zum Beispiel ein Bazar für den
im Redaktionsteam der Schü-                                              neu errichteten Kindergar-
lerzeitung. Schliesslich habe                                            ten und das Pfarreiheim. Als
ich mein Studium mitfinan-                                               Junglehrer wurde ich ins OK
ziert als Animator im Centre                                             geholt und bereits nach der er-
rue Fries, dem Studentenzen-                                             sten Sitzung war ich Schreiber
trum der Uni Fribourg. Ich                                               und Layouter. Später gab es
habe mir nie überlegt, ob ich                                            dann immer wieder ähnliche

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2.17 kulturzeiger - Fotografin Ursula Müller deckt für Geschichten Schichten ab Der Neubau des Bürgerspitals Solothurn erhält Kunst Der Thaler ...
Situationen … beim Pfarreirat     pflichtungen verteilt werden                                     Was haben Sie aktuell grad
Matzendorf, bei der Sonne-        musste und ohne Agenda geht                                      am Laufen? Wann hören oder
Kultur und auch beim histo-       bis heute gar nichts. Ich hatte                                  sehen wir wieder etwas von
rischen Verein. Als Kulturtäter   aber nie den Eindruck, das al-                                   Ihnen?
in Matzendorf wurde ich dann      les sei zu viel. Früher habe ich                                 Egli: Das Jahr 2017 ist geplant
in die regionale Organisation     Grossanlässe über alles geliebt.                                 und kann nun mit allen Betei-
«Kultur im Thal» delegiert, wo    Heute bin ich froh, wenn ich                                     ligten umgesetzt werden. Im
ich später Präsident wurde.       in diesen Situationen nicht                                      Moment arbeiten wir bereits
                                  der Hauptverantwortliche bin.                                    für 2018. Oensingen, Balsthal,
Das besagte Museum, künst-        Das ist wohl eine Alterser-                                      Laupersdorf und Matzendorf
lerische und historische          scheinung oder ein Signal zum                                    wurden vor 1050 Jahren in
Ausstellungen, Theaterauf-        Kürzertreten.                                                    einer Urkunde von König
führungen, die Tätigkeit in                                                                        Konrad von Burgund erstmals
der Galerie Rössli, «Kultur       Sie sind mit Ihrer Art, wie                                      erwähnt. Dies soll gefeiert
im Thal», unzählige Publi-        sie Kultur vermitteln, er-                                       werden. Es ist meine Aufgabe
kationen und Projekte, an         folgreich. Was macht gute                                        als Präsident von «Kultur im
denen Sie mitgewirkt ha-          Kulturvermittlung denn aus?                                      Thal», diese Aktivitäten zu ko-
ben… Was war oder ist Ihre        Welche «Gabe» braucht es?                                        ordinieren. Weil verschiedene
liebste Betätigung?               Egli: Kulturvermittlung                                          Vereine 2018 ebenfalls runde
Egli: Mein Kernstück in allen     braucht Visionen und Utopien.                                    Geburtstage haben, wird dies
kulturellen Tätigkeiten war       Ausgangslage muss immer                                          äusserst interessant.
immer das Keramikmuseum.          etwas Grandioses sein, für das
Dabei geht es mir nicht nur       es lohnenswert ist, sich einzu-                                  Welche oder welcher Solo-
um die Ausstellungen und das      setzen. In der Umsetzung wie-                                    thurner    Kunstschaffende
Museum. Mir ist wichtig, dass     derum braucht es Diplomatie,                                     hat Sie in letzter Zeit be-
das Solothurner Kulturgut er-     Kontakte und Kompromissbe-                                       sonders beeindruckt?
halten bleibt. Da die Produkte    reitschaft. Bei all meinen Pro-                                  Egli: Im Bereich Theater und
des 19. Jahrhunderts kaum         jekten gab es immer Phasen                                       Pantomime bewundere ich
signiert sind, müssen Kriterien   mit Schwierigkeiten. Dabei                                       das Wirken von Christoph
und Belege gefunden werden,       ist es wichtig, neue Wege                                        Schwager aus Härkingen (ein
nach denen die Provenienz         und Varianten zu finden, die                                     kulturzeiger-Interview mit ihm
gesichert werden kann. Wir        passen oder sogar noch besser                                    gibts in der Nr. 10.14 auf www.
haben dazu als erstes Museum      sind. Ein Kulturvermittler                                       sokultur.ch; Anm.d.Red.). Er
der Schweiz im Jahre 2000         blickt immer nach vorne und                                      ist ein Meister der Darstel-
eine naturwissenschaftliche       überrascht alle mit einer neuen                                  lung des Unterbewusstseins,
Analyse erstellen lassen, so      Umsetzungsstrategie, ohne die                                    verblüfft durch Tanz und
dass seither Thaler Produkte      Vision zu verraten.                                              Körpersprache. Für 2018 wird
chemisch zugeordnet wer-                                                                           er voraussichtlich ein Theater-
den können. Ein besonderes        Blicken wir, zu Zeiten von                                       stück zur Eisengiesserei Klus
Erlebnis sind dabei immer das     alternativen Fakten, in eine                                     schreiben und dort aufführen.
Zusammenwirken des inner-         alternative Gegenwart: Was                                       Darauf bin ich ganz besonders
halb Vorstands der «Freunde       wäre heute kulturell im Thal                                     gespannt. (gly)
der Matzendorfer Keramik»         los, wenn Sie vor 40 Jahren
und vor allem die dadurch         nicht nach Matzendorf ge-
entstandenen Freundschaften.      kommen wären?
Im Keramikmuseum bin ich          Egli: Kulturvermittler sind        Markus Egli
zuhause, übernehme gerne          bescheidene Menschen.
Führungen und treffe immer        Darum ist es schwierig, diese                       Markus Egli (*1949) wurde im Kanton
wieder interessante Leute.        Frage zu beantworten. Ich bin                       Schwyz geboren und kam nach Studien in
                                  mitverantwortlich für das                           Fribourg, Paris und Basel und dem
Haben Sie, wenn neben den         Keramikmuseum Matzendorf,                           Sekundarlehrerdiplom 1976 als Lehrer nach
dauernden Verpflichtungen         für den Betrieb der Galerie                         Matzendorf. Im Ort betätigte er sich bald
weitere Projekte hinzu-           Rössli Balsthal und für den                         kulturell, gründete alsbald den Verein
kommen oder -kamen, immer         Kulturtag Thal. Immer aber                          «Freunde der Matzendorfer Keramik» oder
gewusst, wo Ihnen der Kopf        steht hinter all diesen Akti-      initiierte einen Kulturbetrieb im Restaurant «Sonne» oder
steht? Oder kam Markus            vitäten ein funktionierendes       den Historischen Verein Matzendorf. Über die Jahrzehnte
Egli nach der einen Sit-          Team, das dies allenfalls          folgten zahlreiche Ausstellungen und Projekte, «Kultur im
zung nach Hause und musste        auch ohne mich hätte um-           Thal», der «Kulturtag Thal», die Mitarbeit in der Galerie
erst mal überlegen, wann          setzen können. Ich glaube an       Rössli in Balsthal und vieles mehr. Auf diese Weise prägt
und worüber die nächste           Traditionen und habe immer         Markus Egli seit nunmehr 40 Jahren die Kulturregion Thal.
Sitzung sein wird?                darauf hingewirkt, dass Kultur     Dafür hat er im vergangenen Jahr den Preis für Kulturver-
Egli: Es gab schon Zeiten, in     nachhaltig erlebt wird. Das ist    mittlung des Kantons Solothurn erhalten.
denen ein ganzer Strauss Ver-     teilweise gelungen.

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