20 Jahre Albinati Aeronautics Fokus Schweizer Business Aviation

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20 Jahre Albinati Aeronautics Fokus Schweizer Business Aviation
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                                                Das aktuelle Magazin der Schweizer Luftfahrt

                                     20 Jahre Albinati Aeronautics

                                     Fokus Schweizer Business Aviation
         CHF 9.80 Nr. 6, Juni 2021

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                                     Emanuel Fleuti, FZAG:         Italiens Erfahrungen
                                     «CO2-Gesetz ist gut gemeint.» mit F-35A und F-35B
20 Jahre Albinati Aeronautics Fokus Schweizer Business Aviation
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THE PERFECT PLACE FOR BUSINESS AIRCRAFT
20 Jahre Albinati Aeronautics Fokus Schweizer Business Aviation
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                                               INHALT                             Business Aviation effektiver denn je
 SkyNews.ch, Nr. 6, Juni 2021, 18. Jahrgang                                                                             Geschätzte Leserinnen und Leser
 Titelbild: Die Cessna Citation Latitude von Albinati Aeronautics im Anflug auf
            den Gstaad Airport. © Albinati Aeronautics
                                                                                                                 Über eine Million Passagiere waren 2020 weltweit erst-
  4   SkyStory: Albinati Aeronautics baut Flotte aus                                                             mals mit einem Privatjet unterwegs. Diese Zahl lässt
INHALT
                                                                                                                 aufhorchen, denn die Corona-Pandemie hat auch viele
11    SkyBiz: Swiss Private Jets Show in Bern                                                                    Businessjets untätig herumstehen lassen. Dennoch ist die
16    SkyTalk: Emanuel Fleuti, FZAG-Umweltspezialist                                                             Business Aviation viel besser durch die Krise geflogen als
                                                                                                                 die Airlines. Die Gründe sind einleuchtend: Dank Bizjets
21    SkyHeli: Adieu Lama bei Air-Glaciers                                                                       sind etliche Destinationen überhaupt erreichbar, weil es
26    SkyForce: Wie Italien seine F-35 einsetzt                                                                  keine Linienflüge mehr dorthin gibt. Zudem schätzen die
                                                                                                                 Kunden der Business Aviation nicht nur die Diskretion an
30    SkyLine: Die Fokker 100 bei Helvetic Airways                                Bord eines privaten Jets, sondern in Pandemiezeiten auch die viel tiefere Anzahl Kon-
33    SkyPort: Flugplatz Münster im Portrait                                      takte als in einem Airliner.
                                                                                  Diese Entwicklung gibt zur Hoffnung Anlass, dass der Wert der Business Aviation für
34    SkyPort: Neues vom Genève Aéroport                                          die gesamte Volkswirtschaft endlich auch in der Schweiz anerkannt wird. Für viele gilt
35    SkyPort: Zürcher C-Büro schliesst für immer                                 der Privatjet nach wie vor als ein «Spielzeug der Schönen und Reichen». Das mag in
                                                                                  Einzelfällen stimmen, aber für die meisten Nutzer ist es ein Werkzeug, um möglichst
36    SkyPort: News vom EuroAirport                                               effizient von A nach B zu gelangen – und das in einem diskreten und sicheren Umfeld.
39    SkyNews: Präsidentenwechsel bei der AAA                                     Ob sie dies in der Schweiz auch nach dem Inkrafttreten des neuen CO2-Gesetzes mit
                                                                                  der Privatjetabgabe immer noch tun, ist fraglich. Einer, der die Schweizer Business
40    SkyNews: FMA übernimmt Do-27 der Luftwaffe                                  Aviation seit Jahrzehnten kennt, ist Stefano Albinati (siehe Titelstory). Er weiss, dass
43    SkyClub: AirsideFoto Zürich wieder auf Tour                                 seine Kunden durchaus bereit wären, in neue Technologien für die Produktion von
                                                                                  fossilfreiem Treibstoff zu investieren. Aber genau das verhindert das CO2-Gesetz. Denn
44    SkyInflight: Flight-Attendant-Kolumne                                       die Milliarden aus der Luftfahrt sollen anderweitig verwendet werden. Deshalb ist das
45    SkyNews: WEBCHECK                                                           Gesetz nur «gut gemeint», das Gegenteil von gut. Das sagt auch Emanuel Fleuti, der
                                                                                  Umweltverantwortliche des Flughafens Zürich ab Seite 16.
45    SkyNews: Swiss baut Flugzeuge und Stellen ab                                Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre.
47    SkyNews: Neues von der Boeing Super Hornet                                                                                 Hansjörg Bürgi, Chefredaktor und Verleger

48    SkyReg: April-News im HB-Register
                                                                                                 Gedruckt
50    SkyView: Gastkolumne, Events und Vorschau                                                      in der Schweiz

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                                                                                    Wir freuen uns über die Kooperationen mit folgenden Vereinen:
                                                                                    Airside Foto Zürich, www.airsidefoto.ch (Vereinsorgan)
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 Telefon 044 881 72 61, Mobil     076
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                    Peter      (stellvertretender
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 Jacqueline Egloff, je@skynews.ch                                                   Aerosuisse, Dachverband der Schweizer Luft- und Raumfahrt, www.aerosuisse.ch (Partner)
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 Verlagsleitung: Brigitte Wettstein, bw@skynews.ch
 Team media GmbH, 6482 Gurtnellen                                                   Aviation Club der Hochschule St. Gallen, www.aviation-club.ch (Partner)
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 E-mail: team@teammedia.ch                                                          Fliegermuseum Altenrhein FMA, www. fliegermuseum.ch, www.swisshunterteam.com (Partner)
 Brigitte Wettstein, Hansjörg Bürgi, info@skynews.ch                                Interessengemeinschaft Flughafen Zürich, www.igfz.ch (Partner)
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 Monika Imholz-Walker, Roger Indergand, Raini Sicher
 Abonnements:                                                                       Pro Regionalflughafen Grenchen, www.airport-grenchen.ch (Partner)
 Grafik/Konzept:                                                                    SFSA Swiss Flight-Simulation Association, www.pcflight.ch (Partner)
 Brigitte Wettstein, abo@skynews.ch
 Raini Sicher, Jason Hegetschweiler                                                 Verein der Freunde der Schweizer Luftwaffe VFL, Fliegermuseum Dübendorf, www.airforcecenter.ch (Partner)
 Jahresabo Schweiz: CHF 88, Jahresabo Europa: EUR 88
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 Abos   inkl. Porto und Mwst.                                                       Die Mitglieder dieser Vereine können SkyNews.ch zu einem Vorzugspreis beziehen.
 Daniel Dufner, Monika Imholz-Walker
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 Team media GmbH, 6482 Gurtnellen, E-mail: team@teammedia.ch
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 Telefon 044 928 56 15, E-Mail: urs.grossmann@zs-werbeag.ch
 Monika Imholz-Walker, Roger Indergand, Raini Sicher
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                                                                                                                                                                              TEAM
 Jacqueline Egloff                                                                  Das SkyNews.ch-Team setzt sich aus folgenden freien Mitarbeitenden zusammen:
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 Auflage:      900010'000  Exemplare,
                      Exemplare         verbreitete Auflage
                                   (Druckauflage),     6825(WEMF/SW
                                                                Ex. (WEMF/SW-
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 Beglaubigung 2019/2020):     9797 monatlich
                 11/12), monatlich
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                                                               entsprechender       Kunadt – Erich Riester
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 ISSN
 ISSN 1660-8178
      1660-8178                                 Mwst.-Nr. Mwst.-Nr.
                                                          CHE-110.507.040
                                                                    599 433         Dufner – Andy Fischer – Werner Gisler – François Hug – Reto Isler – Peter Weder

                                                                                                                                                                                                         3
20 Jahre Albinati Aeronautics Fokus Schweizer Business Aviation
Albinati Aeronautics baut Flotte auf über 25 Flugzeuge aus

Schweizer Qualität hebt ab:
vom PC-12 bis Global 7500
Vor 20 Jahren hat Stefano Albinati seine eigene Firma gegründet: Albinati Aeronautics.
Mittlerweile dürfte sie der grösste unabhängige Operator von Businessjets in der
Schweiz sein. Nicht weniger als 25 Flugzeuge, vom PC-12 bis zum Global 7500,
zählen aktuell zur Flotte. Dank ihrer absoluten Passion für die Fliegerei und der
kompromisslosen Schweizer Qualität unterscheidet sich Albinati Aeronautics von
Mitbewerbern.

In unmittelbarer Nähe des Genfer Flughafens hat Albinati Aeronautics 2008 ihren Hauptsitz           Die Kabine der Bombardier Global 6000 I-PFLY bietet   in d
gebaut.                                                                 Foto Albinati Aeronautics   aber auch in sieben Betten verwandelt werden.

4                        Juni 2021
20 Jahre Albinati Aeronautics Fokus Schweizer Business Aviation
SkyStory
                              Report von Hansjörg Bürgi              Deshalb kann er seinen Kunden genau jenes              Den Fokus legt Stefano Albinati auf Details,
                                                                     Privatflugzeug empfehlen, das am besten auf         Klarheit und Präzision. Das widerspiegelt sich
             Lange Jahre sei er mit seiner Firma «unter              deren Bedürfnisse passt: Sei es ein PC-12 für       auch in ihrem 2008 selbst erstellten Hauptsitz
             dem Radar der breiten Öffentlichkeit» geflo-            Europastrecken, eine Falcon 8X für lange Flüge      in unmittelbarer Nähe des Genfer Flughafens
             gen. Diese Art der Firmenkultur habe auch               ab kurzen Pisten oder ein Global 7500 für den       in Meyrin. Dort sind die Büros für Customer
             zum Erfolg beigetragen, blickt Stefano Albinati         Nonstopflug von Genf nach Hawaii. Betrieben         Relations, Sales, Flight Operations und auch
             zurück. Doch mit mittlerweile 25 Flugzeugen             werden die Albinati-Jets mit einer schweizeri-      die Schulungsräume untergebracht. «Mit un-
             in der Flotte und über 135 Mitarbeitenden ist           schen Betriebsbewilligung (Air Operator Certi-      serem eigenen Headquarter zeigen wir unse-
             die Genfer Albinati Aeronautics zu einem der            ficate, AOC) und einem maltesischen AOC. Mit        ren Kunden, dass wir nicht einfach Büros am
             grössten Player der schweizerischen Busi-               den maltesisch und europäisch registrierten         Flughafen mieten, sondern hier gebaut haben,
             ness-Aviation-Szene gewachsen – und sie                 Jets kann uneingeschränkt in Europa operiert        um zu bleiben», sagt Stefano Albinati
             dürfte vermutlich der grösste unabhängige               werden.

                                                                     «
             Operator sein. Nun soll der Bekanntheitsgrad
                                                                                                                         Mit Breitling um die Welt
             in der Deutschschweiz gesteigert werden.
                                                                          Wir sind nicht von                             Der heute 55-jährige Unternehmer starte-

             AOC von der Schweiz und Malta
                                                                          einem grossen Flug-                            te seine Karriere als Pilot bei der damaligen
                                                                                                                         Aeroleasing SA. In den frühen 1990er-Jahren
                                                                     zeughersteller oder einem
             «Wir sind nicht von einem grossen Flugzeug-                                                                 wechselte er zur Transairco SA – welche von
             hersteller oder einem weltumspannenden                  weltumspannenden Konzern                            RUAG und später von Dassault übernom-
             Konzern abhängig», sagt Stefano Albinati.               abhängig. Stefano Albinati                          men wurde – und flog nicht nur King Airs und

                                                                                                                         Die Bombardier Global Express XRS HB-JII ist
                                                                                                                         für zehn Fluggäste ausgelegt und kann 11‘200
                                                                                                                         Kilometer weit fliegen.    Foto Albinati Aeronautics

etet   in der Tageskonfiguration zwölf Sitze an, sie können          Vor 20 Jahren hat Stefano Albinati seine Firma gegründet. Dassault hat ihm ein Falcon 7X-Modell
                                         Foto Albinati Aeronautics   mit seinem Konterfei geschenkt.                                                   Foto Hansjörg Bürgi

                                                                                                                                                                           5
20 Jahre Albinati Aeronautics Fokus Schweizer Business Aviation
Foto Bernhard Baur
Am 24. August 2019 überflog die Global 5000 von Albinati Aeronautics langsam das Fly-in von Prangins. Die 9H-ARE war von 2006 bis 2018 als
HB-JRS im HB-Register eingetragen.

Businessjets, sondern demonstrierte sie den       Auftrieb zu verleihen. So wechselte Stefano         metern die bisher eingesetzten Gulfstreams
Kunden und verkaufte sie auch gleich. Der in      Albinati 1996 zu Breitling. Und er enttäuschte      und Falcons in den Schatten stellte.
Grenchen ansässigen Firma Breitling verhalf er    nicht, denn sein erstes Projekt war die Bal-
zu mehreren King Airs, so kam er in Kontakt       lon-Weltumrundung des Breitling Orbiters mit
                                                                                                      Eigenen Hauptsitz in Genf gebaut
mit dem Chronographenhersteller. Er schulte       Bertrand Piccard und Brian Jones, welche
dessen Piloten um und lernte dadurch auch         1999 nach drei Versuchen erfolgreich abge-          2008 bremste die Finanzkrise die gesamte Bu-
den Breitling-Besitzer und Piloten Theodore       schlossen werden konnte. Zudem nahm er              siness Aviation, nicht aber Albinati Aeronautics
Schneider kennen.                                 Kontakt mit allen nationalen Kunstflugteams         SA. In dieser Zeit baute sie sich den neuen
    Dieser suchte einen Fachmann aus der          wie den Frecce Tricolori, der Patrouille Suisse     Hauptsitz und schaute sich nach einem euro-
Fliegerei, um seinen aviatischen Projekten        oder der Patrouille de France auf, um sie als       päischen AOC um, damit sie ihre Dienstleis-
                                                  Partner von Breitling gewinnen zu können.           tungen auch ausserhalb der Schweiz anbieten
                                                                                                      konnte. Optionen waren Grossbritannien, Ös-
    ZUR PERSON                                    Start der eigenen Firma im 2001
                                                                                                      terreich und Malta. Die Mittelmeerinsel konnte
                                                                                                      damals bereits auf eine reiche Erfahrung aus
                                                  Anfang der 2000er-Jahre bat ihn ein Freund,         der Schiffsindustrie zählen und expandierte
    Stefano Albinati                              zwei Flugzeuge für ihn zu beschaffen. Stefano       damit in die Luftfahrt. 2009 und 2010 waren
    Der 55-jährige Stefano Albinati blickt auf    Albinati fand nicht nur die richtigen Maschinen,    die Grundsteine für die internationale Expan-
    rund 7000 Flugstunden zurück. Vor gut zehn    eine Falcon 900EX und einen CitationJet, er         sion gelegt und Albinati Aviation Ltd. konnte
    Jahren hat er das Fliegen mit Businessjets    wurde auch angefragt, ob er sie auch managen        mit einem maltesischen AOC als Schwes-
    aufgegeben, weil es sich nicht mehr mit       könnte. So entschied er sich, den spannenden        terfirma von Albinati Aeronautics SA starten.
    seiner Aufgabe als CEO vereinbaren liess.     Job bei Breitling aufzugeben, ging «back to the     Die Zulassungen als FAR Part 129 Operator,
    Doch fliegt er heute noch sehr gerne und      roots» und gründete 2001 seine eigene Luft-         jene von IS-BAO und auch jene fürs USA Visa
    das am liebsten kopfüber. Denn zu seiner      fahrtunternehmung: Albinati Aeronautics SA.         Waiver Program ermöglichten mehr operatio-
    Flotte zählt auch die Extra 300/LC HB-        Zu Beginn arbeitete er mit Avcon zusammen           nelle und kommerzielle Flexibilität. Über das
    MLV, die in Yverdon stationiert ist. Gerne    und betrieb zwei Flugzeuge. Die Zahl der Mit-       maltesische AOC werden heute alle in Frank-
    trainiert er in der Aerobatik-Box über dem    arbeiter wuchs kontinuierlich auf fünf an. 2005     reich, Italien, der Isle of Man oder San Marino
    Flugplatz. Mit diesem Kunstflugzeug nimmt     erlangte die junge Firma als eine der kleinsten     registrierten Jets betrieben. Doch wie Stefano
    er auch an internationalen Wettbewerben       in der Schweiz ihr eigenes AOC und konnte           Albinati betont, gelten dieselben Standards
    teil. Aerobatik sei der beste Weg, um         somit auch kommerzielle Flüge anbieten.             und Regeln für die Operationen unter den bei-
    zu fliegen, weil man alles tut, was man           Dann folgte eine «crazy time», in welcher die   den AOCs und Ziel sei es, schlicht besser als
    eigentlich während eines normalen Fluges      Business Aviation nahezu explodierte. Stefano       die Konkurrenz zu sein.
    unterlassen sollte. Doch so erlangt man die   Albinati erinnert sich: «Wir konnten ein Flug-          2017 eröffnete Albinati Aviation eine Nieder-
    vollständige Kontrolle über das Flugzeug      zeug für 40 Millionen kaufen und es kurze Zeit      lassung in Turin, um mit drei in Turin und Mai-
    und das ist fantastisch. «Und bei einem       später für 45 Millionen verkaufen. Es war eine      land stationierten Jets den italienischen Markt
    Fehler gibt es kein Pardon, man kann sich     verrückte Zeit.» Er selbst flog mit einer Hawker    besser bedienen zu können. Mit über einem
    nicht selber überlisten. Bei jedem Manöver    900 bis in die USA und nach Neuseeland.             Dutzend Bombardier Global-Jets hat sie den
    spürt man gleich, ob es gut oder schlecht     Der Flugplan des Besitzers bestimmte seine          Fokus auf Langstrecken-Operationen gelegt
    gelungen ist. Das einzige Problem ist, dass   Arbeitszeit. Dann wurde Albinati Aeronautics        und sich dabei eine ausgezeichnete Reputa-
    diese Wettkämpfe sehr zeitaufwendig           erster Operator einer Bombardier Global 5000        tion erschaffen. Mit dem Challenger 604, der
    sind», meint Stefano Albinati.                und mit Charteranfragen überhäuft, weil die         Citation Latitude und den PC-24 werden aber
                                                  Reichweite der Global 5000 von 12‘400 Kilo-         auch Mittelstrecken abgedeckt.

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20 Jahre Albinati Aeronautics Fokus Schweizer Business Aviation
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Neu mit kommerziellem PC-12

Doch ein Kunde, der einen PC-24 und zwei
PC-12 besitzt, war mit seiner bisherigen Ma-
nagementfirma nicht mehr zufrieden und ge-
langte deshalb an Albinati. «Der PC-24 war
ja ok, aber von den beiden PC-12 war ich
nicht so begeistert, weil wir keine Erfahrung
damit haben und es ein bisschen eine Mi-
cky-Mouse-Operation ist, die mehr zu Clubs
und Pilots Owner passt», erwähnt Stefano Alb-
inati. Doch der Kunde hat insistiert und so um-
fasst das Albinati-AOC ab Juni 2021 auch zwei
PC-12NG. Damit sind sie der zweite kommer-            Als zweite Global 5000 operiert Albinati Aeronautics die 9H-FLN, hier in Genf.      Foto Max Fankhauser

«
zielle Operator von PC-12NG in der Schweiz.

       Wir konnten ein Flug-
       zeug für 40 Millionen
kaufen und es kurze Zeit spä-
ter für 45 Millionen verkaufen.
Es war eine verrückte Zeit.
Stefano Albinati

Was Stefano Albinati natürlich freut, ist, dass
er nun mit vier Pilatus-Flugzeugen auch Bu-
sinessjets- und -props «made in Switzerland»
seinen Kunden anbieten kann. Und die PC-12            Bereits seit 2007 fliegt Albinati Aeronautics mit der Bombardier CL-604 HB-JRQ, die hier in Bern
werden nach demselben Standard, mit dem-              zum Start rollt.                                                                  Foto Peter Gerber
selben Spirit und derselben Qualität wie alle
anderen Albinati-Flugzeuge operiert. Klar wäre
eine Einheitsflotte viel einfacher als die diversen
verschiedenen Typen, welche Albinati betreibt.
Doch diese Vielfalt erweitere auch die Erfah-
rung der Firma und der Mitarbeitenden, ist
Stefano Albinati überzeugt.

Nonstop von Genf nach Honolulu
Als erster Schweizer Operator fliegt Albinati die
für Ultralangstrecken geeignete Bombardier
Global 7500. Zwei sind bereits abgeliefert, die
dritte folgt im Juli. Zwei werden in der Schweiz,
eine in Frankreich registriert. «Mit diesem Flug-     Albinatis einzige Gulfstream IV ist als T7-GCC in San Marino registriert.             Foto Hansjörg Bürgi
zeug können wir Paris-Montreal-Paris ohne
Auftanken fliegen», schwärmt Stefano Albinati.
Auch ein Nonstopflug von Genf nach Honolulu
sei mit der Global 7500 möglich. Bombardier
arbeite sehr gern mit seiner Firma zusammen,
nicht nur weil sie viele Bombardier-Jets betrei-
be, sondern diese eben auch auf den höchs-
ten Standards fliege, es sei eine Win-Win-
Situation, so Stefano Albinati weiter.
    Wie lassen sich Bombardier- und Das-
sault-Jets vergleichen? «Wie lassen sich Audi
und Mercedes vergleichen?», fragt Stefano
Albinati zurück. Es komme auf die Bedürf-
nisse der Kunden an. Wo soll das Flugzeug
stationiert sein, soll ab kurzen Pisten gestartet
werden, welches sind die häufigsten Destinati-        Ganz neu zur Flotte gestossen ist 2021 ein zweiter PC-24, die 9H-RIM, hier in Bern. Foto Peter Gerber

                                                                                                                                                             7
20 Jahre Albinati Aeronautics Fokus Schweizer Business Aviation
halb hat sich Stefano Albinati auch bei der 2015
                                                                                                     gegründeten Association Genèvoise d’Aviation
                                                                                                     d’Affaires AGAA engagiert, um mehr Slots für
                                                                                                     Business Aviation zu erhalten. So setzte man
                                                                                                     sich gemeinsam mit dem Flughafen an einen

                                                                                                     «
                                                                                                     Tisch, um eine Lösung zu finden.

                                                                                                           Auch wenn oft nur ein
                                                                                                           Passagier an Bord ei-
                                                                                                     nes Businessjets ist, es ist
                                                                                                     wichtig zu erkennen, was sein
Im PC-24 von Albinati Aeronautics finden bis zu acht Passagiere Platz, die 9H-JZM rollt in Bern      Besuch für die Wirtschaft
zum Start.                                                                       Foto Peter Gerber   der ganzen Region bewirken
                                                                                                     kann. Stefano Albinati
onen, wie viele Stunden pro Jahr werden geflo-     norieren müssen als bei europäischen Opera-
gen? Die Antwort, welches Flugzeug die Anfor-      tors. Das hat sich nun ausbezahlt.»               In der Corona-Zeit spielt die Business Aviation
derungen am besten erfülle, komme dann von             Im Sommer 2020 hat das Geschäft wieder        in Genf die wichtigste Rolle und sorgt für am
alleine, sagt er. Dabei profitiert er von seiner   angezogen, insbesondere die kleinen und mitt-     meisten Flugbewegungen. «Doch was passiert
jahrzehntelangen Erfahrung und der Flotten-        leren Jets waren sehr gefragt. Viele Kunden       danach? Der Flughafen wird wohl wieder zu-
vielfalt. Er weiss exakt, welches Flugzeug für     zog es auch weit weg auf einsame Inseln, wie      gunsten der Airlines entscheiden, weil diese
welchen Kunden das Beste ist. Gespannt ist         die Malediven, wo sie ihre Ferien verbrachten.    mehr Passagiertaxen zahlen, mehr Fuel tanken
er auf die neue Falcon 10X, welche Dassaults       Im September brach das Geschäft aber erneut       und die Passagiere im Terminal einkaufen»,
Antwort auf die Global 7500 sei.                   ein. Die Leisure-Flüge wurden nicht durch Bu-     fürchtet Stefano Albinati. Doch er hofft, dass
                                                   sinessflüge ersetzt und mit der zweiten Welle     Genève Aéroport auch in Zukunft die Business
                                                   kamen ein sehr herausfordernder Herbst und        Aviation wertschätzt und nicht vergisst, dass
Unterschiedliche Pandemie-Folgen
                                                   Winter. Immerhin wurde über die Weihnachts-       nur dank den Privatjets Passagiere während
Wie hat die Pandemie das Geschäft von Albi-        und Neujahrszeit wieder mehr geflogen. Die        der Pandemie ihre Destinationen erreichen
nati Aeronautics beeinflusst? «Im Frühling 2020    grossen Kabinen waren für lange Strecken          konnten. Auch wenn oft nur ein Passagier an
ist es von einem Tag auf den anderen komplett      sehr gefragt. Aktuell wird dringend die «Öff-     Bord eines Businessjets sei, sei es wichtig zu
eingebrochen, von 100 auf 0», blickt Stefano       nung» von Europa und hoffentlich der ganzen       erkennen, was sein Besuch für die Wirtschaft
Albinati zurück. Kunden wollten ihre Flugzeu-      Welt erwartet, welche wieder uneingeschränk-      der ganzen Region bewirken könne.
ge grounden oder gar verkaufen. «Doch zum          tes Reisen ermöglicht.
Glück leben wir in der Schweiz und erhielten
                                                                                                     CO2-Gesetz vertreibt Kunden
Unterstützung von der Regierung. Die Kurzar-
                                                   Wichtige Rolle für Genfer Flughafen
beit hat uns sehr geholfen, alle Mitarbeitenden                                                      Zum CO2-Gesetz sagt Stefano Albinati, dass
haben wir an Bord behalten. Das hat auch un-       Vor der Pandemie hat der Genfer Flughafen die     die Schweiz heute bezüglich des Umwelt-
sere ausländischen Kunden beeindruckt, auch        Business Aviation eher zweitrangig behandelt,     schutzes bereits sehr gut dastehe. Wenn man
wenn sie unsere Leistungen etwas teurer ho-        an erster Stelle dominierte klar EasyJet. Des-    nun meine, die «Allgemeine Abgabe Luftfahrt»
                                                                                                                                                        Foto Albinati Aeronautics

Ebenfalls neu in der Albinati-Flotte ist der PC-12NG HB-FXC, welcher auch kommerziell eingesetzt werden kann.

8                         Juni 2021
20 Jahre Albinati Aeronautics Fokus Schweizer Business Aviation
SkyStory
                            könne man einfach auf die Kosten eines Fluges
                            schlagen, dann sei das vielleicht in einigen Fäl-             3 Bombardier Global 7500         zwei HB-registriert, eine in Frankreich
                            len möglich, aber gewisse Kunden würden da-                   8 Bombardier Global 6000         9H-FCA, 9H-TNF, I-PFLY, drei weitere in Frankreich
                            durch aus der Schweiz vertrieben, weil es auch                                                 und zwei in der Schweiz registriert
                            ihnen schlicht zu teuer werde. «Die Regierung
                                                                                          1 Bombardier Global XRS          HB-JII

                                                                                FLOTTE
                            muss da sehr vorsichtig sein, und zweimal
                            überlegen, ob man das Gesetz wirklich so um-                  2 Bombardier Global Express 9H-III, M-YGJL
                            setzen will und nicht eine Grenze überschritten               2 Bombardier Global 5000         9H-ARE, 9H-FLN
                            wird. Wir können auch ab Annecy fliegen, dann                 1 Bombardier Challenger 604 HB-JRQ
                            bezahlen wir diese CO2-Steuer nicht», sagt er.
                                                                                          1 Dassault Falcon 8X             HB-JWX
                                Albinati Aeronautics hat sich auch in einem
                                                                                          1 Dassault Falcon 7X             9H-FCB
                            Projekt mit alternativen Treibstoffen für die Bu-
                            isness Aviation engagiert. Dabei hat sie festge-              1 Gulfstream IV                  T7-GCC
                            stellt, dass ihre Kunden durchaus bereit sind,                1 Citation Latitude              9H-AOA
                            Geld in die Produktion von nachhaltigem Treib-                2 Pilatus PC-24                  9H-JZM, 9H-RIM
                            stoff zu investieren, weil sie sich des Privilegs
                                                                                          2 Pilatus PC-12NG                HB-FXC und ein weiterer HB-registriert
                            bewusst seien, welches sie mit einem Privatjet
                            besitzen. Aber im Moment fehlt schlicht die                   www.albinati.aero
                            Technologie dafür. Das Geld aus dem CO2-Ge-
                            setz werde eben nicht dafür verwendet, des-
                            halb sei es einfach eine Steuer, welche von
                            der grün-linken Seite benutzt werde, um die
                            finanziell Bessergestellten mit weiteren Steuern
                            zu belasten. Speziell in Genf sei zu beobach-
                            ten, dass viele gut situierte Personen die Stadt
                            verlassen, weil sie den Gegenwert ihrer sehr
                            hohen Steuerzahlungen nicht mehr erkennen.
                            «Man kann die Kuh nicht ewig melken, irgend-
                            wann gibt sei keine Milch mehr», sagt Stefano
                            Albinati.
                                Was bringt die Zukunft? «Die Pandemie hat
                            der Business Aviation neue Kunden gebracht,
                            die zuvor nicht mit einem Privatjet unterwegs
                            waren», antwortet Stefano Albinati. Für ihn ist
                            aber auch nach der Corona-Krise unbestritten,
                            dass sein Service-Angebot nach wie vor einen
                            gewissen Preis haben werde, auch wenn ein
                            allgemeiner Preisdruck herrsche. Nur so kön-
                            ne der hohe Standard aufrechterhalten werden
                            und nur so könne man sich von den Mitbewer-         Albinatis Falcon 7X 9H-FCB am 4. März 2019 im «Short Final» auf die Piste 28 in Zürich.
                            bern abheben.                                                                                                                        Foto Hansjörg Bürgi
Foto Albinati Aeronautics

                            Seit 2018 setzt Albinati Aeronautics die Falcon 8X HB-JWX ein. Sie kann bis zu zwölf Fluggäste aufnehmen und fliegt knapp 12‘000 Kilometer weit.

                                                                                                                                                                                  9
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