Klima-News Januar 2021 - anja kollmuss

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Klima-News Januar 2021 - anja kollmuss
Klima-News Januar 2021
Ein ca. 2 monatlicher Newsletter für Menschen, die sich zum Klimawandel informieren möchten. Zusammen-
gestellt von Anja Kollmuss und Thomas Schenk

COVID-19 und das Klima                                  ausgerichtet, ermöglichte dies eine Reduktion der
                                                        CO2-Emissionen bis 2030 um bis zu 25%. Bleibt
Starker Rückgang der CO2-Emissionen,                    Klimaschutz in den Programmen hingegen ausge-
dennoch steigt CO2-Konzentration                        blendet und werden weder klimafreundliche Ener-
                                                        gieträger gefördert noch fossile Subventionen abge-
Seit 1945 sind die CO2-Emissionen nie mehr so           baut, rückt das Ziel, die Erderwärmung auf 1.5°C zu
stark gesunken wie im letzten Jahr. Der neueste         beschränken, laut UNEP noch weiter weg.
«Global Carbon Project»-Bericht beziffert den
Rückgang auf 7%. In den USA, Europa und Indien          Luftverschmutzung und Covid-Risiken
gingen die Emissionen um 9-12% zurück. In China         hängen zusammen
beträgt die Reduktion nur 1.7%; hier stieg der Aus-
                                                        Eine neue Studie belegt den Zusammenhang zwi-
stoss nach Aufhebung des Lockdowns wieder
                                                        schen Luftverschmutzung und dem Risiko, an Co-
schnell an. Trotz des globalen Einbruchs steigt die
                                                        vid-19 zu sterben. In einer grossangelegten Unter-
CO2-Konzentration in der Atmosphäre weiter an,
                                                        suchung wurde die langjährige Feinstaubbelastung
unter anderem durch CO2-Ausstösse aufgrund von
                                                        in über 3000 Bezirken der USA analysiert.
Abholzung und Waldbränden. Das zeigt auch der
Jahresbericht der Weltorganisation für Meteorolo-
gie (mehr dazu hier). Für 2021 rechnen die For-         Schweiz
scher damit, dass die Emissionen stark steigen,
auch als Folge der milliardenschweren Stimulati-        Kritik am Gegenvorschlag des Bundesrats
onsprogrammen für die Wirtschaft.                       zur Gletscher-Initiative
                                                        Nach Abschluss der Vernehmlassung zeigt sich:
Corona-Wirtschaftshilfen sind nicht                     Nicht nur Umweltverbände, sondern auch die Kan-
klimaverträglich                                        tone Genf und Appenzell-Ausserrhoden lehnen den
Die Hoffnung, dass es nach der Corona-Krise zu          direkten Gegenentwurf des Bundesrats zur Glet-
einem grünen Wirtschaftsaufschwung kommt, er-           scher-Initiative ab und unterstützen stattdessen die
füllt sich nicht, analysiert der Guardian. Mit den      Initiative. Die Initianten der Gletscher-Initiative
Rettungspaketen werden in vielen der grössten           halten die Initiative aufrecht. Sie kritisieren, dass
Volkswirtschaften Ausgaben gefördert, die der           der Bundesrat die Nutzung fossiler Energie nur
Umwelt schaden. China will nur gerade 0.3% des          soweit reduzieren wolle, wie dies wirtschaftlich
Rettungspakets für grüne Projekte ausgeben, die         tragbar sei. Damit fehle den Unternehmen weiter-
USA 1%. Besser schneidet die EU ab; hier sollen         hin Planungssicherheit und der Anreiz, in alternati-
30% des Aufbauprogramms in die Dekarbonisie-            ve Energien zu investieren. Gemäss den Initianten
rung von Industrie und Verkehr und in Gebäudesa-        soll der Einsatz fossiler Energien nur noch dort
nierungen fliessen. Die Schweiz blendet bei der         möglich sein, wo technische Alternativen fehlen
Corona-Hilfe das Klima aus. Die Hilfsgelder für die     und falls die dadurch verursachten CO2-Emissionen
Schweizer Wirtschaft sind an keine ökologischen         durch Senken kompensiert werden.
Bedingungen geknüpft, auch nicht der Milliardenk-       Auch die Klima-Allianz lehnt den Vorschlag des
redit an die Fluggesellschaft Swiss. Die Republik       Bundesrats ab. Stattdessen wird ein indirekter Ge-
findet deshalb, die Schweiz habe den Klimaschutz        genvorschlag auf Gesetzesstufe verlangt. Auf die-
im Pandemiejahr verschlafen.                            sem Weg liessen sich Bereiche, für die bis heutige
Dabei wäre das Potenzial der Corona-                    griffige Massnahmen fehlen, schneller auf Klima-
Wirtschaftshilfen für das Klima enorm, wie der          kurs bringen. Dies betrifft unter anderem den
Emissions Gap Report 2020 des UN-                       Strassen- und Luftverkehr, den Finanzplatz und die
Umweltprogramms UNEP deutlich macht. Würden             Landwirtschaft. Falls der Bundesrat an einem direk-
die Aufbauprogramme auf eine grüne Wirtschaft           ten Gegenvorschlag festhält, fordert die Klima-
                                                        Allianz das Parlament dazu auf, diesen zu verschär-
fen und darin zu verankern, dass die Schweiz be-       Landwirtschaft und individuelle Verhaltensände-
reits bis 2040 klimaneutral wird. Dieses Ziel soll     rungen betrifft.
auch für Importe von Produkten und Dienstleistun-
gen sowie Investitionen und Finanzdienstleistungen     Energieperspektiven 2050: BFE strapaziert
im Inland und ins Ausland gelten.                      das Netto-null-Ziel

Bis zum 7. August 2021 muss der Bundesrat seine        Mit den aktualisierten Energieperspektiven 2050+
Botschaft zur Gletscher-Initiative vorlegen.           zeigt das Bundesamt für Energie auf, wie die
                                                       Schweiz das Netto-null-Ziel bis 2050 erreichen
Das Referendum gegen das CO2-Gesetz                    kann. Dazu muss Energie in Zukunft effizienter
komme zustande                                         genutzt, der Verkehr vollständig elektrifiziert und
                                                       müssen Gebäude mit elektrischen Wärmepumpen
Die Erdölverbände hätten mehr als die erforderli-
                                                       und Wärme aus erneuerbaren Quellen beheizt wer-
chen 50'000 Unterschriften gesammelt, schreibt
                                                       den. Zudem soll die Kapazität der Solarenergie ge-
der Blick. Voraussichtlich am 13. Juni 2020 findet
                                                       genüber heute um den Faktor 15 steigen. Den Um-
die Volksabstimmung über das revidierte CO2-
                                                       weltorganisationen gehen die präsentierten Szena-
Gesetz statt. Unterstützung erhält das CO2-Gesetz
von der Akademie der Na-
turwissenschaften Schweiz
(SCNAT). In einem Positi-
onspapier fordern die Wis-
senschafter jedoch, dass der
Bundesrat das Gesetz mit
strengen Vorgaben umsetzt
und in den kommenden
Jahren noch verschärft.
Auch Climate Action Tracker
hat die Schweizer Klimapoli-
tik auf der Basis des neuen
CO2-Gesetzes analysiert und
kommt zum Schluss, dass
die Massnahmen weiterhin
ungenügend seien. Sie wür-
den bloss ausreichen, um                               rien zu wenig weit. Die Initianten der Gletscher-
den Temperaturanstieg auf 3°C zu begrenzen.            Initiative rechnen vor, dass gemäss den Modellen
                                                       der Energieperspektiven bis 2050 gesamthaft dop-
Die Schweiz ist stärker vom Klimawandel                pelt so viel CO2-ausgestossen wird, als mit dem 1.5-
betroffen – schon heute                                Grad-Ziel vereinbar ist. Die Schweizerische Energie-
2020 wurden in der Schweiz rekordhohe Tempera-         Stiftung verlangt, dass die Produktion erneuerbarer
turen registriert. Laut Meteoschweiz lag die Jahres-   Energien im Inland rascher ausgebaut wird, um die
temperatur mit 6.9°C ebenso hoch wie im bisheri-       Abhängigkeit von Stromimporten zu reduzieren.
gen Rekordjahr 2018. Seit der vorindustriellen Zeit    swisscleantech kritisiert, dass gemäss Energieper-
hat sich die Durchschnittstemperatur in der            spektiven nur drei Viertel aller heute ausgestosse-
Schweiz bereits um 2°C erhöht, doppelt so stark        ner Treibhausgase effektiv reduziert und der Rest
wie im globalen Mittel. Hitzewelle n, beschleunigter   über negative Emissionen neutralisiert werde soll.
Gletscherschwund und häufigere Starkniederschlä-       Eine gute Analyse liefert auch die Republik.
ge sind nur ein paar der Veränderungen, die den
Klimawandel belegen. Der Bericht «Klimawandel in       Energiegesetz: Wie die Schweizer
der Schweiz» der Bundesämter für Umwelt sowie          Energieversorgung 100% erneuerbar wird
für Meteorologie und Klimatologie liefert eine um-     Nach dem CO2-Gesetz ist die Revision des Energie-
fassende und aktuelle Übersicht über die Ursachen      gesetzes der zweite wichtige Hebel, damit die
des Klimawandels und auf die Auswirkungen auf          Schweiz ihre Klimaziele erreichen kann. Nach der
Natur und Mensch in der Schweiz. Der Bericht           Vernehmlassung zum Energiegesetz hat der Bun-
weist zudem auf die Notwendigkeit von Emissions-       desrat entschieden, die Revision des Energiegeset-
verminderungen hin, auch was Finanzwirtschaft,         zes mit jener des Stromversorgungsgesetzes zu

Klima News Januar 2021                                                                           2
verknüpfen. Der Titel des Mantelerlasses weist die        Mitte Dezember erklärte die SNB, sie werde Unter-
Richtung: «Bundesgesetz über eine sichere Strom-          nehmen aus ihren Portfolios ausschliessen, die pri-
versorgung mit erneuerbaren Energien». Bis Mitte          mär Kohle abbauen. Die Klima-Allianz hält dies für
2021 soll das UVEK dazu eine Botschaft vorlegen.          einen symbolischen Schritt und weist darauf hin,
Folgende Eckepunkte hat der Bundesrat bereits             dass mit diesem Kriterium gerade einmal 1 Promille
festgelegt: Der Strommarkt soll vollständige geöff-       des Anlagevolumens betroffen seit, das die SNB in
net werden; die Zielwerte für die inländische             fossilen Energieunternehmen halte. Zuvor hatten
Stromproduktion aus erneuerbaren Energien wer-            sich die hiesigen Grossbanken UBS und CS aus den
den erhöht (auf 17 Terawattstunden für 2035, auf          umweltschädlichsten Investments verabschiedet.
39 TWh für 2050); ein Fokus wird auf Winterstrom
gelegt (Zielwert für Speicherwasserkraft für 2040         Klimaschädlichste Fabrik der Schweiz soll
bei 2 TWh); für grosse Photovoltaikanlagen werden         schneller saniert werden
Auktionen eingeführt; Investitionsbeiträge werden         Bis Ende 2021 will der Chemiekonzern Lonza 2021
bis 2035 verlängert.                                      in der Fabrik in Visp einen Katalysator anschlies-
Die Schweizerische Energiestiftung bemängelt, die         sen, um die Emission von klimaschädlichem Lach-
Zielwerte seien zu tief, und fordert, der Energiesek-     gas zu verhindern. Das Unternehmen wusste seit
tor müsse bis spätestens 2035 vollständig dekarbo-        2017 von den Emissionen, die umgerechnet 1% der
nisiert werden. Selbst die tieferen Ziele, die sich der   gesamten Treibhausgase der Schweiz entsprechen.
Bund für 2035 setzt, sind nicht zu erreichen, zeigt       Eine Sanierung wurde jedoch von Lonza und den
der Monitoringbericht des Bundesamts für Energie          Behörden verschleppt. Nachdem Medien auf das
zur Energiestrategie 2050. Der Ausbau erneuerba-          Versagen hingewiesen haben, hat nun auch die
rer Energie ist zu langsam, der Energieverbrauch          Politik reagiert. So soll die Regulierung von Lachgas
sinkt nicht schnell genug.                                verschärft werden, damit vergleichbare Fälle ver-
                                                          hindert werden. Mehr dazu hier.
Schweizer Finanzplatz ist nicht auf
Klimakurs                                                 Internationale
Auch der zweite Klimaverträglichkeitstests des
BAFU zeigt: «Der Schweizer Finanzsektor ist insge-
                                                          Klimapolitik
samt noch nicht auf die Ziele des Übereinkommens
                                                          5 Jahre Pariser Klimaabkommen
von Paris ausgerichtet.» Der Report weist darauf
hin, dass vier von fünf Banken nach wie vor Aktien        Fünf Jahren nach Abschluss des Pariser Abkom-
von Firmen halten, die Kohle abbauen. Wer wissen          mens lässt sich eine erste Bilanz ziehen: Das Ab-
will, wie einzelne Institute abschneiden, findet im       kommen hat das Netto-Null-Ziel und das 1.5-Grad-
Bericht keine Antworten, denn die Angaben sind            Ziel zu Schlagworten gemacht und auch den Rück-
anonymisiert. Anders das Klima-Rating der Klima-          zug der USA überstanden. Dennoch steigen die
Allianz. Danach werden 92 Prozent des Vorsorge-           Emissionen und Temperaturen weiter. Der Hand-
kapitals nicht klimaverträglich angelegt. Als Reakti-     lungsbedarf ist deshalb weiterhin gross, fast Clima-
on auf den BAFU-Bericht fordert die Kima-Allianz,         te Change News zusammen.
dass der Bundesrat nicht länger auf freiwillige Mas-      Am digitalen Klimagipfel der Vereinten Nationen
snahmen der Branche setzt. Nötig seien gesetzliche        zum fünften Jahrestag des Paris Abkommens
Bestimmungen, damit klimabedingte Finanzrisiken           brauchte UN-Generalsekretär António Guterres
besser gesteuert und Finanzflüsse umgelenkt wer-          klare Worte: «Auch fünf Jahre nach Paris bewegen
den können. Die Klima-Allianz prüft verschiedene          wir uns immer noch nicht in die richtige Richtung»,
politische Instrumenten, um den Finanzplatz klima-        sagte Guterres. Die damals abgegebenen Verspre-
freundlicher zu machen, darunter auch eine Volks-         chen seien nicht genug, und nicht einmal diese
initiative. Auch die SP verfolgt Pläne für eine Volks-    würden bislang ausreichend umgesetzt. Stattdessen
initiative, die die Banken auf eine Grüngeld-             gäben die G20-Staaten mit ihren Corona-
Strategie verpflichten soll. Mehr dazu hier.              Rettungspaketen 50 Prozent mehr für fossile Ener-
Der Bundesrat setzt hingegen weiter auf die Selbst-       gien aus als für klimafreundliche Energien. Das sei
regulierung durch die Finanzbranche, das zeigen           «inakzeptabel». Einige Länder haben am Klimagip-
die jüngsten «Vorschläge für einen nachhaltigen           fel verbesserte Klimaziele angekündigt; Finnland
Finanzstandort Schweiz.»                                  hat für 2035 ein Netto-Null-Ziel beschlossen, Japan

Klima News Januar 2021                                                                               3
und Südkorea für 2050, China für 2060. Klimare-         Konzern fokussiert sich nun auf erneuerbare Ener-
porter bietet eine Übersicht dazu.                      gie. Mehr dazu hier.

Finanzhilfe für ärmere Länder stockt                    Französisches Gericht verpflichtet
                                                        Regierung zu mehr Klimaschutz
Die UNO, Grossbritannien und Frankreich haben im
Rahmen des fünften Jahrestages des Pariser Ab-          Das höchste französische Verwaltungsgericht, der
kommens die reichen Nationen aufgefordert, Fi-          Conseil d'Etat, hat entschieden, dass «Frankreich
nanzierungszusagen für die Zeit nach 2020 zu ma-        sich zwar verpflichtet hat, die Emissionen bis 2030
chen. Ab dem Jahr 2020 sollen die Entwicklungs-         um 40 % zu reduzieren, aber in den letzten Jahren
länder jährliche Finanzhilfen von 100 Milliarden        regelmässig seine CO2-Budget überschritten» habe.
Dollar erhalten, um die Herausforderungen des           Das Gericht hielt fest, dass die französische Regie-
Klimawandels zu meistern. Aber nur eine Handvoll        rung nicht alle notwendigen Massnahmen umge-
europäischer Staaten sind dem Aufruf gefolgt. Ak-       setzt habe, um ihr Klimaziel für 2030 einzuhalten.
tuelle Zahlen der OECD für das Jahr 2018 zeigen,        Das Urteil ist bindend und verpflichtet die Regie-
dass es weitere Anstrengungen braucht, um dieses        rung, innerhalb von drei Monaten Erklärungen
Ziel zu erreichen, da erst Zusagen von 79 Mrd. $        abzugeben. Wenn die Antwort nicht zufriedenstel-
gemacht wurden. Der grösste Teil entfällt auf öf-       lend ausfällt, wird der Conseil d'Etat die Regierung
fentliche Gelder. Davon werden die meisten Mittel       auffordern, umgehend zusätzliche Massnahmen zu
in Form von Krediten ausbezahlt, was die Schulden-      ergreifen. Mehr dazu hier.
last der ärmsten Staaten noch erhöht. Nun plant
Grossbritannien, die Geberländer und die ärmsten        Die Europäische Investitionsbank soll zur
Nationen im März auf einer Konferenz zusammen-          «Klimabank» werden
zubringen. Mehr dazu hier.                              Die europäischen Regierungen haben einen Plan
                                                        gebilligt, der die Europäische Investitionsbank (EIB)
EU erhöht Klimaziel erheblich                           in eine «Klimabank» mit einem grünen Investiti-
Die Staats- und Regierungschefs der EU (der Euro-       onspaket von 1 Billion Euro bis 2030 verwandeln
päischer Rat) haben Mitte Dezember beschlossen,         soll. Im Rahmen ihres Klimabank-Plans hat sich die
das 2030 Klimaziel der EU von derzeit 40% auf           EIB verpflichtet, ihre Kreditvergabe für Klimaschutz
«mindestens 55%» zu erhöhen. Das Ziel beinhaltet        und grüne Aktivitäten bis 2025 auf mehr als die
zwar die Anrechnung der Wälder als CO2 Senken,          Hälfte ihrer Finanzierungsaktivitäten zu erhöhen.
aber im Unterschied zur Schweiz keine internatio-       Die Bank wird bis Ende 2022 die Finanzierungen
nale Zertifikate. Die relevanten Details werden da-     für fossile Brennstoffe und den Ausbau von Flughä-
nach im EU-Klimagesetz definiert. Damit nimmt die       fen beenden, aber weiterhin grosse Strassenbaupro-
EU eine Vorreiterrolle ein. Das Ziel ist deutlich am-   jekte unterstützen. Vor einem Jahr hatte die EIB als
bitionierter als die Ziele der meisten anderer Län-     erste multilaterale Bank beschlossen, die Finanzie-
der.                                                    rung neuer Öl- und Gasprojekte ab 2022 einzustel-
                                                        len.
UK und Dänemark verschärfen ihre
                                                        Die EIB ist eine der progressiveren Entwicklungs-
Klimaziele
                                                        banken, was Klimaschutz betrifft, doch auch sie
Die britische Regierung hat ein noch ambitionierte-     finanziert weiterhin Erdgasprojekte. Einen zaghaf-
res Reduktionsziel angekündigt. Bis 2030 sollen die     ten Schritt in die richtige Richtung haben rund 400
britischen Emissionen um 68% unter dem Niveau           öffentliche Entwicklungsbanken im November ge-
von 1990 liegen. Das ist eine deutliche Verschär-       macht: Sie unterzeichneten eine Erklärung, ihre
fung des bisherigen 57%-Ziels. Wie die EU will auch     Aktivitäten mit dem Pariser Abkommen, nachhalti-
Grossbritannien keine internationale Zertifikate        ger Entwicklung und Biodiversitätszielen in Ein-
benutzen. Mehr dazu hier.                               klang bringen zu wollen. Es ist die erste gemeinsa-
Dänemark strebt bis 2030 eine Emissionsreduktion        me Erklärung dieser Art. Nicht dabei waren die
um 70 % an und hat zudem beschlossen, bis 2050          Asiatische Entwicklungsbank (ADB) und die Asiati-
aus der Förderung fossiler Brennstoffe auszustei-       sche Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB). Mehr
gen. Es ist die erste Zusage dieser Art von einem       dazu hier.
bedeutenden - wenn auch nicht riesigen - Ölprodu-
zenten. Der staatliche Ölkonzern Dong hatte sich
zuvor in das Unternehmen Ørsted umbenannt; der

Klima News Januar 2021                                                                             4
Neues vom und zum                                      schen Eisschildes und des westantarktischen Eises
                                                       sowie das Absterben von Korallenriffen.
Klimawandel                                            Der Meeresspiegel steigt noch schneller als prog-
                                                       nostiziert. Eine neue Studie zeigt, dass der globale
2020: Rekordtemperaturen, verschobene
                                                       Meeresspiegel in den letzten zehn Jahren im Schnitt
Klimazonen und mehr Stürme
                                                       um 4.8 mm pro Jahr steigt. Der IPCC hatte den
Das vergangene Jahr war gemäss dem «State of the       Anstieg auf 3.2 mm pro Jahr beziffert. Grund dafür
Global Climate 2020»-Report der Weltorganisation       ist das raschere Abschmelzen des Grönlandeises.
für Meteorologie das zweitwärmste, das jemals          Damit wird der Hochwasserschutz für Inseln und
gemessen wurde. Die Durchschnittstemperatur auf        Städte an Küsten und in Deltas noch dringender.
der Erde lag 1.2°C über dem vorindustriellen Wert.
                                                       Das vergangene Jahr war auch von häufigeren Wir-
Besorgniserregend ist für Forscher, dass die Re-
                                                       belstürmen geprägt. Im Nordatlantik traten im
kordtemperatur trotz des kühlenden Effekts von La
                                                       vergangenen Herbst 30 Stürme auf, die höchste je
Niña erreicht wurde. Die Arktis heizt sich deutlich
                                                       registrierte Zahl und fast dreimal so viele auf wie
schneller auf als der Rest der Welt; im Juni 2020
                                                       im langfristigen Schnitt. 13 davon waren Wirbel-
wurden in Ostsibirien 38°C erreicht, die heisseste
                                                                                  stürme. Mehr dazu hier.
jemals      aufge-
zeichnete Tempe-                                                                 Zwar sind viele Klima-
ratur am Polar-                                                                  forscher nach wie vor
kreis. Die hohen                                                                 zurückhaltend mit Prog-
Temperaturen                                                                     nosen, ob die Klimaer-
führten zu inten-                                                                wärmung zu einer Zu-
siven Waldbrän-                                                                  nahme der Stürme füh-
den, in Sibirien                                                                 ren wird. Deutlich zeigt
ebenso wie in den                                                                sich jedoch, dass sich die
USA (Kalifornien                                                                 Stürme selbst verän-
und     Colorado)                                                                dern: Sie werden stär-
und in Australien.                                                               ker, und aufgrund der
Am Horn von                                                                      höheren Windgeschwin-
Afrika und in der                                                                digkeiten können sie
Sahelzone häuf-                                                                  mehr Schaden anrichten.
ten sich nach                                                                    Zudem bringen sie mehr
stärkeren Nieder-                                                                Regen, auch weil sie sich
schläge die Über-                                                                langsamer über das
schwemmungen.                                                                    Land bewegen. Mehr
                                                       dazu hier.
Wie radikal die Klimaveränderung in der Arktis
abläuft, zeigt die neue Arctic Report Card. Der Eis-   Auch der World Disasters Report des Roten Kreuzes
schild Grönlands schmilzt heute viermal schneller      weist auf die Häufung extremer Wetterereignisse
als zur Jahrhundertwende. Der Bericht macht deut-      hin. Im Jahr 2019 ereigneten sich mehr als 300
lich, dass sich die Region in ein grundlegend ande-    Naturkatastrophen. Diese betrafen 98 Millionen
res Klima verwandelt: Was die Arktis heute und in      Menschen und kosteten über 24'000 Menschen das
Zukunft ausmacht, sind weniger Meereis und             Leben. Drei Viertel aller Naturkatastrophen waren
Schnee, sondern ein offenes Meer und Regen.            auf das Wetter oder die Klimaveränderung zurück-
                                                       zuführen.
Generell verschieben sich die Klimazonen, zeigt der
Klimatologe Andrew Glikson auf. In den letzten vier    Weltweit müssten 2030 Klimaziele drei-
Jahrzehnten haben sich die tropischen Zonen der        bis fünfmal ambitionierter sein
Erde um etwa zwei Breitengrade ausgedehnt. Die
Verschiebung der Klimazonen in Richtung der Pole       Das Ziel, die Klimaerwärmung auf unter 2°C, wenn
verändert die Geografie des Planeten. Das erhöht       möglich auf 1.5°C zu begrenzen, wird immer
die Gefahr, dass Kipppunkte erreicht werden, die zu    schwieriger zu erreichen. Das zeigen Analysen von
einer abrupten und irreversiblen Veränderung auf       Carbon Brief, die mit der neusten Generation von
der Erde führen. Dazu gehören unter anderem der        Klimamodellen (CMIP6) erstellt wurden. Die Model-
Verlust des Permafrosts, der Zerfall des grönländi-    lierungen zeigen eine stärkere Erwärmung im 21.

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Jahrhundert, wobei diese über der Arktis besonders     Erderwärmung aufgrund der globalen Lebensmit-
stark ist. Mit den bisherigen Massnahmen zur CO2-      telproduktion die Schwelle von 1.5°C. Massgebliche
Reduktion wird der Temperaturanstieg bereits zwi-      Faktoren sind die Rodung von Waldflächen, das
schen 2026 und 2042 die Grenze von 1.5°C über-         Trockenlegen von Moorböden, der Einsatz von
steigen, zwischen 2038 und 2072 die Schwelle von       Dünger, die Fleischproduktion sowie der Einsatz
2°C.                                                   fossiler Energien in der Produktion. Um das 1.5-
                                                       Grad-Ziel zu erreichen, sind schnelle und weitrei-
Dass die Massnahmen gegen den Klimawandel un-
                                                       chende Veränderungen erforderlich; dazu zählen
genügend sind, zeigt auch der diesjährige Emissions
                                                       geringer Konsum tierischer Produkte, Halbierung
Gap Report der UNEP. Zwar sind 2020 die globalen
                                                       der Lebensmittelverschwendung und eine effizien-
Emissionen aufgrund von Covid-19 um 7% gegen-
                                                       tere Landwirtschaft. Mehr dazu hier und hier.
über dem Vorjahr gesunken, dennoch entfernt sich
das 1.5-Grad-Ziel aus der Greifweite. Mit den der-     Eine neue Studie bestätigt, dass der gesamte Klima-
zeitigen nationalen Klimazielen wird sich die globa-   fussabdruck des Flugverkehrs etwa dreimal so hoch
le Temperatur um 3.2°C erhöhen. Um die Erwär-          ist, als wenn nur CO2-Emissionen berücksichtigt
mung auf 2°C zu begrenzen, müssten die globalen        werden, da auch Stickstoffoxide, Russpartikel,
Treibhausgasemissionen bis 2030 um 23% gegen-          Schwefel und Wasserdampf zur Erwärmung füh-
über 2019 sinken. Um das 1.5-Grad-Ziel zu errei-       ren. Im Internationalen Klimaabkommen für den
chen, müssen die Emissionen um 56% reduziert           Flugverkehr (CORSIA), im Europäischen und auch
werden, d.h. bestehende 2030-Klimaziele müssten        im schweizerischen Handelssystem werden jedoch
drei- bis fünfmal ambitionierter sein. Eine gute       nur die CO2-Effekte berücksichtigt. Ein Bericht der
Zusammenfassung der Studie liefert diese Infogra-      EU-Kommission macht nun Vorschläge, wie dies in
fik, inklusive konkreten Massnahmen, um die Dis-       der EU geändert werden könnte. Es ist aber un-
krepanz zwischen CO2-Ausstoss und nötigen Mass-        wahrscheinlich, dass diese tatsächlich im grösseren
nahmen zu überbrücken.                                 Umfang umgesetzt werden.
Gross sind die Defizite auch bei der Energieerzeu-     Streaming ist nicht das neue Fliegen
gung, wie der Production Gap Report 2020 der
UNEP zeigt. Der Bericht misst die Diskrepanz zwi-      Ein neue Berechnung zeigt, dass Videostreaming
schen den Zielen des Pariser Abkommens und der         das Klima nicht erheblich beeinflusst. Wer 30 Minu-
geplanten und prognostizierten Produktion von          ten lang eine Film von Netflixt streamt, verursacht
Kohle, Öl und Gas. Diese Lücke ist weiterhin gross:    36 g CO2. Das sind 90mal weniger als das Shift-
Weltweit sollen bis 2030 noch immer 2% mehr            Projekt 2019 angegeben hatte. Die Berechnung des
fossile Brennstoffe pro Jahr produziert werden. Um     französischen Thinktanks hatte damals Schlagzeilen
die Klimaziele zu erreichen, müsste die fossile        gemacht. Die relative geringe Klimawirkung führen
Energieerzeugung jedoch bis 2030 jährlich um 6%        die Autoren der Internationalen Energieagentur
sinken. Mit den aktuellen Plänen wird im Jahr 2030     darauf zurück, dass Rechenzentren, Netzwerke und
doppelt so viel fossile Energie erzeugt, als mit dem
Pariser Klimaziel vereinbar ist.
Immerhin einen Lichtblick liefert der Renewables
2020 Report der Internationale Energieagentur.
2020 waren 90% der gesamten neu installierten
elektrischen Leistung erneuerbar. In den nächsten
fünf Jahren soll sich die Kapazität von Wind- und
Solarenergie verdoppeln. Mit dieser Entwicklung
werden erneuerbare Quellen bis 2024 mehr Strom
erzeugen als Kohle und Erdgas.

Wie Ernährung und Flugverkehr die
Klimakrise verschärfen
Der Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf
das Klima ist enorm. Selbst wenn die Emissionen
von fossilen Energien für Verkehr, Industrie und
Gebäude sofort gestoppt würden, überstiege die

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auch Abspielgeräte effizienter geworden sind. Mehr
dazu hier.

Je reicher der Mensch, desto grösser sein
Klimafussabdruck
Dass der Mensch den Klimawandel verursacht, ist
unbestritten, ebenso dass der Einfluss je nach sozia-
ler Schicht sehr unterschiedlicher ist. Dies zeigt eine
neue Studie zum Flugverkehr: 1 Prozent der Men-
schen, das im häufigsten fliegt, verursacht die Hälf-
te der globalen Emissionen.
Ebenso ungleich sind die Anstrengungen zur CO2-
Reduktion. Ein Oxfam-Bericht zeigt, dass die armen
Haushalte und die Mittelschicht in der EU ihre
Treibhausgasemissionen reduzieren, während der
Ausstoss der reichen Haushalte weiter steigt. So hat
die ärmere Hälfte der EU-Haushalte ihre Emissio-
nen zwischen 1990 und 2015 um fast einen Viertel
gesenkt, während die Emissionen der wohlha-
bendsten zehn Prozent um 3 Prozent stiegen.

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