Klima-News Januar 2021 - anja kollmuss
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Klima-News Januar 2021 Ein ca. 2 monatlicher Newsletter für Menschen, die sich zum Klimawandel informieren möchten. Zusammen- gestellt von Anja Kollmuss und Thomas Schenk COVID-19 und das Klima ausgerichtet, ermöglichte dies eine Reduktion der CO2-Emissionen bis 2030 um bis zu 25%. Bleibt Starker Rückgang der CO2-Emissionen, Klimaschutz in den Programmen hingegen ausge- dennoch steigt CO2-Konzentration blendet und werden weder klimafreundliche Ener- gieträger gefördert noch fossile Subventionen abge- Seit 1945 sind die CO2-Emissionen nie mehr so baut, rückt das Ziel, die Erderwärmung auf 1.5°C zu stark gesunken wie im letzten Jahr. Der neueste beschränken, laut UNEP noch weiter weg. «Global Carbon Project»-Bericht beziffert den Rückgang auf 7%. In den USA, Europa und Indien Luftverschmutzung und Covid-Risiken gingen die Emissionen um 9-12% zurück. In China hängen zusammen beträgt die Reduktion nur 1.7%; hier stieg der Aus- Eine neue Studie belegt den Zusammenhang zwi- stoss nach Aufhebung des Lockdowns wieder schen Luftverschmutzung und dem Risiko, an Co- schnell an. Trotz des globalen Einbruchs steigt die vid-19 zu sterben. In einer grossangelegten Unter- CO2-Konzentration in der Atmosphäre weiter an, suchung wurde die langjährige Feinstaubbelastung unter anderem durch CO2-Ausstösse aufgrund von in über 3000 Bezirken der USA analysiert. Abholzung und Waldbränden. Das zeigt auch der Jahresbericht der Weltorganisation für Meteorolo- gie (mehr dazu hier). Für 2021 rechnen die For- Schweiz scher damit, dass die Emissionen stark steigen, auch als Folge der milliardenschweren Stimulati- Kritik am Gegenvorschlag des Bundesrats onsprogrammen für die Wirtschaft. zur Gletscher-Initiative Nach Abschluss der Vernehmlassung zeigt sich: Corona-Wirtschaftshilfen sind nicht Nicht nur Umweltverbände, sondern auch die Kan- klimaverträglich tone Genf und Appenzell-Ausserrhoden lehnen den Die Hoffnung, dass es nach der Corona-Krise zu direkten Gegenentwurf des Bundesrats zur Glet- einem grünen Wirtschaftsaufschwung kommt, er- scher-Initiative ab und unterstützen stattdessen die füllt sich nicht, analysiert der Guardian. Mit den Initiative. Die Initianten der Gletscher-Initiative Rettungspaketen werden in vielen der grössten halten die Initiative aufrecht. Sie kritisieren, dass Volkswirtschaften Ausgaben gefördert, die der der Bundesrat die Nutzung fossiler Energie nur Umwelt schaden. China will nur gerade 0.3% des soweit reduzieren wolle, wie dies wirtschaftlich Rettungspakets für grüne Projekte ausgeben, die tragbar sei. Damit fehle den Unternehmen weiter- USA 1%. Besser schneidet die EU ab; hier sollen hin Planungssicherheit und der Anreiz, in alternati- 30% des Aufbauprogramms in die Dekarbonisie- ve Energien zu investieren. Gemäss den Initianten rung von Industrie und Verkehr und in Gebäudesa- soll der Einsatz fossiler Energien nur noch dort nierungen fliessen. Die Schweiz blendet bei der möglich sein, wo technische Alternativen fehlen Corona-Hilfe das Klima aus. Die Hilfsgelder für die und falls die dadurch verursachten CO2-Emissionen Schweizer Wirtschaft sind an keine ökologischen durch Senken kompensiert werden. Bedingungen geknüpft, auch nicht der Milliardenk- Auch die Klima-Allianz lehnt den Vorschlag des redit an die Fluggesellschaft Swiss. Die Republik Bundesrats ab. Stattdessen wird ein indirekter Ge- findet deshalb, die Schweiz habe den Klimaschutz genvorschlag auf Gesetzesstufe verlangt. Auf die- im Pandemiejahr verschlafen. sem Weg liessen sich Bereiche, für die bis heutige Dabei wäre das Potenzial der Corona- griffige Massnahmen fehlen, schneller auf Klima- Wirtschaftshilfen für das Klima enorm, wie der kurs bringen. Dies betrifft unter anderem den Emissions Gap Report 2020 des UN- Strassen- und Luftverkehr, den Finanzplatz und die Umweltprogramms UNEP deutlich macht. Würden Landwirtschaft. Falls der Bundesrat an einem direk- die Aufbauprogramme auf eine grüne Wirtschaft ten Gegenvorschlag festhält, fordert die Klima- Allianz das Parlament dazu auf, diesen zu verschär-
fen und darin zu verankern, dass die Schweiz be- Landwirtschaft und individuelle Verhaltensände- reits bis 2040 klimaneutral wird. Dieses Ziel soll rungen betrifft. auch für Importe von Produkten und Dienstleistun- gen sowie Investitionen und Finanzdienstleistungen Energieperspektiven 2050: BFE strapaziert im Inland und ins Ausland gelten. das Netto-null-Ziel Bis zum 7. August 2021 muss der Bundesrat seine Mit den aktualisierten Energieperspektiven 2050+ Botschaft zur Gletscher-Initiative vorlegen. zeigt das Bundesamt für Energie auf, wie die Schweiz das Netto-null-Ziel bis 2050 erreichen Das Referendum gegen das CO2-Gesetz kann. Dazu muss Energie in Zukunft effizienter komme zustande genutzt, der Verkehr vollständig elektrifiziert und müssen Gebäude mit elektrischen Wärmepumpen Die Erdölverbände hätten mehr als die erforderli- und Wärme aus erneuerbaren Quellen beheizt wer- chen 50'000 Unterschriften gesammelt, schreibt den. Zudem soll die Kapazität der Solarenergie ge- der Blick. Voraussichtlich am 13. Juni 2020 findet genüber heute um den Faktor 15 steigen. Den Um- die Volksabstimmung über das revidierte CO2- weltorganisationen gehen die präsentierten Szena- Gesetz statt. Unterstützung erhält das CO2-Gesetz von der Akademie der Na- turwissenschaften Schweiz (SCNAT). In einem Positi- onspapier fordern die Wis- senschafter jedoch, dass der Bundesrat das Gesetz mit strengen Vorgaben umsetzt und in den kommenden Jahren noch verschärft. Auch Climate Action Tracker hat die Schweizer Klimapoli- tik auf der Basis des neuen CO2-Gesetzes analysiert und kommt zum Schluss, dass die Massnahmen weiterhin ungenügend seien. Sie wür- den bloss ausreichen, um rien zu wenig weit. Die Initianten der Gletscher- den Temperaturanstieg auf 3°C zu begrenzen. Initiative rechnen vor, dass gemäss den Modellen der Energieperspektiven bis 2050 gesamthaft dop- Die Schweiz ist stärker vom Klimawandel pelt so viel CO2-ausgestossen wird, als mit dem 1.5- betroffen – schon heute Grad-Ziel vereinbar ist. Die Schweizerische Energie- 2020 wurden in der Schweiz rekordhohe Tempera- Stiftung verlangt, dass die Produktion erneuerbarer turen registriert. Laut Meteoschweiz lag die Jahres- Energien im Inland rascher ausgebaut wird, um die temperatur mit 6.9°C ebenso hoch wie im bisheri- Abhängigkeit von Stromimporten zu reduzieren. gen Rekordjahr 2018. Seit der vorindustriellen Zeit swisscleantech kritisiert, dass gemäss Energieper- hat sich die Durchschnittstemperatur in der spektiven nur drei Viertel aller heute ausgestosse- Schweiz bereits um 2°C erhöht, doppelt so stark ner Treibhausgase effektiv reduziert und der Rest wie im globalen Mittel. Hitzewelle n, beschleunigter über negative Emissionen neutralisiert werde soll. Gletscherschwund und häufigere Starkniederschlä- Eine gute Analyse liefert auch die Republik. ge sind nur ein paar der Veränderungen, die den Klimawandel belegen. Der Bericht «Klimawandel in Energiegesetz: Wie die Schweizer der Schweiz» der Bundesämter für Umwelt sowie Energieversorgung 100% erneuerbar wird für Meteorologie und Klimatologie liefert eine um- Nach dem CO2-Gesetz ist die Revision des Energie- fassende und aktuelle Übersicht über die Ursachen gesetzes der zweite wichtige Hebel, damit die des Klimawandels und auf die Auswirkungen auf Schweiz ihre Klimaziele erreichen kann. Nach der Natur und Mensch in der Schweiz. Der Bericht Vernehmlassung zum Energiegesetz hat der Bun- weist zudem auf die Notwendigkeit von Emissions- desrat entschieden, die Revision des Energiegeset- verminderungen hin, auch was Finanzwirtschaft, zes mit jener des Stromversorgungsgesetzes zu Klima News Januar 2021 2
verknüpfen. Der Titel des Mantelerlasses weist die Mitte Dezember erklärte die SNB, sie werde Unter- Richtung: «Bundesgesetz über eine sichere Strom- nehmen aus ihren Portfolios ausschliessen, die pri- versorgung mit erneuerbaren Energien». Bis Mitte mär Kohle abbauen. Die Klima-Allianz hält dies für 2021 soll das UVEK dazu eine Botschaft vorlegen. einen symbolischen Schritt und weist darauf hin, Folgende Eckepunkte hat der Bundesrat bereits dass mit diesem Kriterium gerade einmal 1 Promille festgelegt: Der Strommarkt soll vollständige geöff- des Anlagevolumens betroffen seit, das die SNB in net werden; die Zielwerte für die inländische fossilen Energieunternehmen halte. Zuvor hatten Stromproduktion aus erneuerbaren Energien wer- sich die hiesigen Grossbanken UBS und CS aus den den erhöht (auf 17 Terawattstunden für 2035, auf umweltschädlichsten Investments verabschiedet. 39 TWh für 2050); ein Fokus wird auf Winterstrom gelegt (Zielwert für Speicherwasserkraft für 2040 Klimaschädlichste Fabrik der Schweiz soll bei 2 TWh); für grosse Photovoltaikanlagen werden schneller saniert werden Auktionen eingeführt; Investitionsbeiträge werden Bis Ende 2021 will der Chemiekonzern Lonza 2021 bis 2035 verlängert. in der Fabrik in Visp einen Katalysator anschlies- Die Schweizerische Energiestiftung bemängelt, die sen, um die Emission von klimaschädlichem Lach- Zielwerte seien zu tief, und fordert, der Energiesek- gas zu verhindern. Das Unternehmen wusste seit tor müsse bis spätestens 2035 vollständig dekarbo- 2017 von den Emissionen, die umgerechnet 1% der nisiert werden. Selbst die tieferen Ziele, die sich der gesamten Treibhausgase der Schweiz entsprechen. Bund für 2035 setzt, sind nicht zu erreichen, zeigt Eine Sanierung wurde jedoch von Lonza und den der Monitoringbericht des Bundesamts für Energie Behörden verschleppt. Nachdem Medien auf das zur Energiestrategie 2050. Der Ausbau erneuerba- Versagen hingewiesen haben, hat nun auch die rer Energie ist zu langsam, der Energieverbrauch Politik reagiert. So soll die Regulierung von Lachgas sinkt nicht schnell genug. verschärft werden, damit vergleichbare Fälle ver- hindert werden. Mehr dazu hier. Schweizer Finanzplatz ist nicht auf Klimakurs Internationale Auch der zweite Klimaverträglichkeitstests des BAFU zeigt: «Der Schweizer Finanzsektor ist insge- Klimapolitik samt noch nicht auf die Ziele des Übereinkommens 5 Jahre Pariser Klimaabkommen von Paris ausgerichtet.» Der Report weist darauf hin, dass vier von fünf Banken nach wie vor Aktien Fünf Jahren nach Abschluss des Pariser Abkom- von Firmen halten, die Kohle abbauen. Wer wissen mens lässt sich eine erste Bilanz ziehen: Das Ab- will, wie einzelne Institute abschneiden, findet im kommen hat das Netto-Null-Ziel und das 1.5-Grad- Bericht keine Antworten, denn die Angaben sind Ziel zu Schlagworten gemacht und auch den Rück- anonymisiert. Anders das Klima-Rating der Klima- zug der USA überstanden. Dennoch steigen die Allianz. Danach werden 92 Prozent des Vorsorge- Emissionen und Temperaturen weiter. Der Hand- kapitals nicht klimaverträglich angelegt. Als Reakti- lungsbedarf ist deshalb weiterhin gross, fast Clima- on auf den BAFU-Bericht fordert die Kima-Allianz, te Change News zusammen. dass der Bundesrat nicht länger auf freiwillige Mas- Am digitalen Klimagipfel der Vereinten Nationen snahmen der Branche setzt. Nötig seien gesetzliche zum fünften Jahrestag des Paris Abkommens Bestimmungen, damit klimabedingte Finanzrisiken brauchte UN-Generalsekretär António Guterres besser gesteuert und Finanzflüsse umgelenkt wer- klare Worte: «Auch fünf Jahre nach Paris bewegen den können. Die Klima-Allianz prüft verschiedene wir uns immer noch nicht in die richtige Richtung», politische Instrumenten, um den Finanzplatz klima- sagte Guterres. Die damals abgegebenen Verspre- freundlicher zu machen, darunter auch eine Volks- chen seien nicht genug, und nicht einmal diese initiative. Auch die SP verfolgt Pläne für eine Volks- würden bislang ausreichend umgesetzt. Stattdessen initiative, die die Banken auf eine Grüngeld- gäben die G20-Staaten mit ihren Corona- Strategie verpflichten soll. Mehr dazu hier. Rettungspaketen 50 Prozent mehr für fossile Ener- Der Bundesrat setzt hingegen weiter auf die Selbst- gien aus als für klimafreundliche Energien. Das sei regulierung durch die Finanzbranche, das zeigen «inakzeptabel». Einige Länder haben am Klimagip- die jüngsten «Vorschläge für einen nachhaltigen fel verbesserte Klimaziele angekündigt; Finnland Finanzstandort Schweiz.» hat für 2035 ein Netto-Null-Ziel beschlossen, Japan Klima News Januar 2021 3
und Südkorea für 2050, China für 2060. Klimare- Konzern fokussiert sich nun auf erneuerbare Ener- porter bietet eine Übersicht dazu. gie. Mehr dazu hier. Finanzhilfe für ärmere Länder stockt Französisches Gericht verpflichtet Regierung zu mehr Klimaschutz Die UNO, Grossbritannien und Frankreich haben im Rahmen des fünften Jahrestages des Pariser Ab- Das höchste französische Verwaltungsgericht, der kommens die reichen Nationen aufgefordert, Fi- Conseil d'Etat, hat entschieden, dass «Frankreich nanzierungszusagen für die Zeit nach 2020 zu ma- sich zwar verpflichtet hat, die Emissionen bis 2030 chen. Ab dem Jahr 2020 sollen die Entwicklungs- um 40 % zu reduzieren, aber in den letzten Jahren länder jährliche Finanzhilfen von 100 Milliarden regelmässig seine CO2-Budget überschritten» habe. Dollar erhalten, um die Herausforderungen des Das Gericht hielt fest, dass die französische Regie- Klimawandels zu meistern. Aber nur eine Handvoll rung nicht alle notwendigen Massnahmen umge- europäischer Staaten sind dem Aufruf gefolgt. Ak- setzt habe, um ihr Klimaziel für 2030 einzuhalten. tuelle Zahlen der OECD für das Jahr 2018 zeigen, Das Urteil ist bindend und verpflichtet die Regie- dass es weitere Anstrengungen braucht, um dieses rung, innerhalb von drei Monaten Erklärungen Ziel zu erreichen, da erst Zusagen von 79 Mrd. $ abzugeben. Wenn die Antwort nicht zufriedenstel- gemacht wurden. Der grösste Teil entfällt auf öf- lend ausfällt, wird der Conseil d'Etat die Regierung fentliche Gelder. Davon werden die meisten Mittel auffordern, umgehend zusätzliche Massnahmen zu in Form von Krediten ausbezahlt, was die Schulden- ergreifen. Mehr dazu hier. last der ärmsten Staaten noch erhöht. Nun plant Grossbritannien, die Geberländer und die ärmsten Die Europäische Investitionsbank soll zur Nationen im März auf einer Konferenz zusammen- «Klimabank» werden zubringen. Mehr dazu hier. Die europäischen Regierungen haben einen Plan gebilligt, der die Europäische Investitionsbank (EIB) EU erhöht Klimaziel erheblich in eine «Klimabank» mit einem grünen Investiti- Die Staats- und Regierungschefs der EU (der Euro- onspaket von 1 Billion Euro bis 2030 verwandeln päischer Rat) haben Mitte Dezember beschlossen, soll. Im Rahmen ihres Klimabank-Plans hat sich die das 2030 Klimaziel der EU von derzeit 40% auf EIB verpflichtet, ihre Kreditvergabe für Klimaschutz «mindestens 55%» zu erhöhen. Das Ziel beinhaltet und grüne Aktivitäten bis 2025 auf mehr als die zwar die Anrechnung der Wälder als CO2 Senken, Hälfte ihrer Finanzierungsaktivitäten zu erhöhen. aber im Unterschied zur Schweiz keine internatio- Die Bank wird bis Ende 2022 die Finanzierungen nale Zertifikate. Die relevanten Details werden da- für fossile Brennstoffe und den Ausbau von Flughä- nach im EU-Klimagesetz definiert. Damit nimmt die fen beenden, aber weiterhin grosse Strassenbaupro- EU eine Vorreiterrolle ein. Das Ziel ist deutlich am- jekte unterstützen. Vor einem Jahr hatte die EIB als bitionierter als die Ziele der meisten anderer Län- erste multilaterale Bank beschlossen, die Finanzie- der. rung neuer Öl- und Gasprojekte ab 2022 einzustel- len. UK und Dänemark verschärfen ihre Die EIB ist eine der progressiveren Entwicklungs- Klimaziele banken, was Klimaschutz betrifft, doch auch sie Die britische Regierung hat ein noch ambitionierte- finanziert weiterhin Erdgasprojekte. Einen zaghaf- res Reduktionsziel angekündigt. Bis 2030 sollen die ten Schritt in die richtige Richtung haben rund 400 britischen Emissionen um 68% unter dem Niveau öffentliche Entwicklungsbanken im November ge- von 1990 liegen. Das ist eine deutliche Verschär- macht: Sie unterzeichneten eine Erklärung, ihre fung des bisherigen 57%-Ziels. Wie die EU will auch Aktivitäten mit dem Pariser Abkommen, nachhalti- Grossbritannien keine internationale Zertifikate ger Entwicklung und Biodiversitätszielen in Ein- benutzen. Mehr dazu hier. klang bringen zu wollen. Es ist die erste gemeinsa- Dänemark strebt bis 2030 eine Emissionsreduktion me Erklärung dieser Art. Nicht dabei waren die um 70 % an und hat zudem beschlossen, bis 2050 Asiatische Entwicklungsbank (ADB) und die Asiati- aus der Förderung fossiler Brennstoffe auszustei- sche Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB). Mehr gen. Es ist die erste Zusage dieser Art von einem dazu hier. bedeutenden - wenn auch nicht riesigen - Ölprodu- zenten. Der staatliche Ölkonzern Dong hatte sich zuvor in das Unternehmen Ørsted umbenannt; der Klima News Januar 2021 4
Neues vom und zum schen Eisschildes und des westantarktischen Eises sowie das Absterben von Korallenriffen. Klimawandel Der Meeresspiegel steigt noch schneller als prog- nostiziert. Eine neue Studie zeigt, dass der globale 2020: Rekordtemperaturen, verschobene Meeresspiegel in den letzten zehn Jahren im Schnitt Klimazonen und mehr Stürme um 4.8 mm pro Jahr steigt. Der IPCC hatte den Das vergangene Jahr war gemäss dem «State of the Anstieg auf 3.2 mm pro Jahr beziffert. Grund dafür Global Climate 2020»-Report der Weltorganisation ist das raschere Abschmelzen des Grönlandeises. für Meteorologie das zweitwärmste, das jemals Damit wird der Hochwasserschutz für Inseln und gemessen wurde. Die Durchschnittstemperatur auf Städte an Küsten und in Deltas noch dringender. der Erde lag 1.2°C über dem vorindustriellen Wert. Das vergangene Jahr war auch von häufigeren Wir- Besorgniserregend ist für Forscher, dass die Re- belstürmen geprägt. Im Nordatlantik traten im kordtemperatur trotz des kühlenden Effekts von La vergangenen Herbst 30 Stürme auf, die höchste je Niña erreicht wurde. Die Arktis heizt sich deutlich registrierte Zahl und fast dreimal so viele auf wie schneller auf als der Rest der Welt; im Juni 2020 im langfristigen Schnitt. 13 davon waren Wirbel- wurden in Ostsibirien 38°C erreicht, die heisseste stürme. Mehr dazu hier. jemals aufge- zeichnete Tempe- Zwar sind viele Klima- ratur am Polar- forscher nach wie vor kreis. Die hohen zurückhaltend mit Prog- Temperaturen nosen, ob die Klimaer- führten zu inten- wärmung zu einer Zu- siven Waldbrän- nahme der Stürme füh- den, in Sibirien ren wird. Deutlich zeigt ebenso wie in den sich jedoch, dass sich die USA (Kalifornien Stürme selbst verän- und Colorado) dern: Sie werden stär- und in Australien. ker, und aufgrund der Am Horn von höheren Windgeschwin- Afrika und in der digkeiten können sie Sahelzone häuf- mehr Schaden anrichten. ten sich nach Zudem bringen sie mehr stärkeren Nieder- Regen, auch weil sie sich schläge die Über- langsamer über das schwemmungen. Land bewegen. Mehr dazu hier. Wie radikal die Klimaveränderung in der Arktis abläuft, zeigt die neue Arctic Report Card. Der Eis- Auch der World Disasters Report des Roten Kreuzes schild Grönlands schmilzt heute viermal schneller weist auf die Häufung extremer Wetterereignisse als zur Jahrhundertwende. Der Bericht macht deut- hin. Im Jahr 2019 ereigneten sich mehr als 300 lich, dass sich die Region in ein grundlegend ande- Naturkatastrophen. Diese betrafen 98 Millionen res Klima verwandelt: Was die Arktis heute und in Menschen und kosteten über 24'000 Menschen das Zukunft ausmacht, sind weniger Meereis und Leben. Drei Viertel aller Naturkatastrophen waren Schnee, sondern ein offenes Meer und Regen. auf das Wetter oder die Klimaveränderung zurück- zuführen. Generell verschieben sich die Klimazonen, zeigt der Klimatologe Andrew Glikson auf. In den letzten vier Weltweit müssten 2030 Klimaziele drei- Jahrzehnten haben sich die tropischen Zonen der bis fünfmal ambitionierter sein Erde um etwa zwei Breitengrade ausgedehnt. Die Verschiebung der Klimazonen in Richtung der Pole Das Ziel, die Klimaerwärmung auf unter 2°C, wenn verändert die Geografie des Planeten. Das erhöht möglich auf 1.5°C zu begrenzen, wird immer die Gefahr, dass Kipppunkte erreicht werden, die zu schwieriger zu erreichen. Das zeigen Analysen von einer abrupten und irreversiblen Veränderung auf Carbon Brief, die mit der neusten Generation von der Erde führen. Dazu gehören unter anderem der Klimamodellen (CMIP6) erstellt wurden. Die Model- Verlust des Permafrosts, der Zerfall des grönländi- lierungen zeigen eine stärkere Erwärmung im 21. Klima News Januar 2021 5
Jahrhundert, wobei diese über der Arktis besonders Erderwärmung aufgrund der globalen Lebensmit- stark ist. Mit den bisherigen Massnahmen zur CO2- telproduktion die Schwelle von 1.5°C. Massgebliche Reduktion wird der Temperaturanstieg bereits zwi- Faktoren sind die Rodung von Waldflächen, das schen 2026 und 2042 die Grenze von 1.5°C über- Trockenlegen von Moorböden, der Einsatz von steigen, zwischen 2038 und 2072 die Schwelle von Dünger, die Fleischproduktion sowie der Einsatz 2°C. fossiler Energien in der Produktion. Um das 1.5- Grad-Ziel zu erreichen, sind schnelle und weitrei- Dass die Massnahmen gegen den Klimawandel un- chende Veränderungen erforderlich; dazu zählen genügend sind, zeigt auch der diesjährige Emissions geringer Konsum tierischer Produkte, Halbierung Gap Report der UNEP. Zwar sind 2020 die globalen der Lebensmittelverschwendung und eine effizien- Emissionen aufgrund von Covid-19 um 7% gegen- tere Landwirtschaft. Mehr dazu hier und hier. über dem Vorjahr gesunken, dennoch entfernt sich das 1.5-Grad-Ziel aus der Greifweite. Mit den der- Eine neue Studie bestätigt, dass der gesamte Klima- zeitigen nationalen Klimazielen wird sich die globa- fussabdruck des Flugverkehrs etwa dreimal so hoch le Temperatur um 3.2°C erhöhen. Um die Erwär- ist, als wenn nur CO2-Emissionen berücksichtigt mung auf 2°C zu begrenzen, müssten die globalen werden, da auch Stickstoffoxide, Russpartikel, Treibhausgasemissionen bis 2030 um 23% gegen- Schwefel und Wasserdampf zur Erwärmung füh- über 2019 sinken. Um das 1.5-Grad-Ziel zu errei- ren. Im Internationalen Klimaabkommen für den chen, müssen die Emissionen um 56% reduziert Flugverkehr (CORSIA), im Europäischen und auch werden, d.h. bestehende 2030-Klimaziele müssten im schweizerischen Handelssystem werden jedoch drei- bis fünfmal ambitionierter sein. Eine gute nur die CO2-Effekte berücksichtigt. Ein Bericht der Zusammenfassung der Studie liefert diese Infogra- EU-Kommission macht nun Vorschläge, wie dies in fik, inklusive konkreten Massnahmen, um die Dis- der EU geändert werden könnte. Es ist aber un- krepanz zwischen CO2-Ausstoss und nötigen Mass- wahrscheinlich, dass diese tatsächlich im grösseren nahmen zu überbrücken. Umfang umgesetzt werden. Gross sind die Defizite auch bei der Energieerzeu- Streaming ist nicht das neue Fliegen gung, wie der Production Gap Report 2020 der UNEP zeigt. Der Bericht misst die Diskrepanz zwi- Ein neue Berechnung zeigt, dass Videostreaming schen den Zielen des Pariser Abkommens und der das Klima nicht erheblich beeinflusst. Wer 30 Minu- geplanten und prognostizierten Produktion von ten lang eine Film von Netflixt streamt, verursacht Kohle, Öl und Gas. Diese Lücke ist weiterhin gross: 36 g CO2. Das sind 90mal weniger als das Shift- Weltweit sollen bis 2030 noch immer 2% mehr Projekt 2019 angegeben hatte. Die Berechnung des fossile Brennstoffe pro Jahr produziert werden. Um französischen Thinktanks hatte damals Schlagzeilen die Klimaziele zu erreichen, müsste die fossile gemacht. Die relative geringe Klimawirkung führen Energieerzeugung jedoch bis 2030 jährlich um 6% die Autoren der Internationalen Energieagentur sinken. Mit den aktuellen Plänen wird im Jahr 2030 darauf zurück, dass Rechenzentren, Netzwerke und doppelt so viel fossile Energie erzeugt, als mit dem Pariser Klimaziel vereinbar ist. Immerhin einen Lichtblick liefert der Renewables 2020 Report der Internationale Energieagentur. 2020 waren 90% der gesamten neu installierten elektrischen Leistung erneuerbar. In den nächsten fünf Jahren soll sich die Kapazität von Wind- und Solarenergie verdoppeln. Mit dieser Entwicklung werden erneuerbare Quellen bis 2024 mehr Strom erzeugen als Kohle und Erdgas. Wie Ernährung und Flugverkehr die Klimakrise verschärfen Der Einfluss von Landwirtschaft und Ernährung auf das Klima ist enorm. Selbst wenn die Emissionen von fossilen Energien für Verkehr, Industrie und Gebäude sofort gestoppt würden, überstiege die Klima News Januar 2021 6
auch Abspielgeräte effizienter geworden sind. Mehr dazu hier. Je reicher der Mensch, desto grösser sein Klimafussabdruck Dass der Mensch den Klimawandel verursacht, ist unbestritten, ebenso dass der Einfluss je nach sozia- ler Schicht sehr unterschiedlicher ist. Dies zeigt eine neue Studie zum Flugverkehr: 1 Prozent der Men- schen, das im häufigsten fliegt, verursacht die Hälf- te der globalen Emissionen. Ebenso ungleich sind die Anstrengungen zur CO2- Reduktion. Ein Oxfam-Bericht zeigt, dass die armen Haushalte und die Mittelschicht in der EU ihre Treibhausgasemissionen reduzieren, während der Ausstoss der reichen Haushalte weiter steigt. So hat die ärmere Hälfte der EU-Haushalte ihre Emissio- nen zwischen 1990 und 2015 um fast einen Viertel gesenkt, während die Emissionen der wohlha- bendsten zehn Prozent um 3 Prozent stiegen. Klima News Januar 2021 7
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