DROGENKURIER - 20 Jahre JES-Netzwerk Für ein menschenwürdiges Leben mit Drogen - JES Bundesverband
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DROGENKURIERmagazin des bundesweiten jes-netzwerks Juli 2009 nr. 78 20 Jahre JES-Netzwerk Für ein menschenwürdiges Leben mit Drogen
vorwort 2 DROGENKURIER IMPRESSUM Nr. 78, Juli 2009 Herausgeber des DROGENKURIER: JES*-Netzwerk c/o Deutsche AIDS-Hilfe e. V. Wilhelmstr. 138 10963 Berlin Tel.: 030/69 00 87-56 Fax: 030/69 00 87-42 Mail: jes-sprecherrat@ yahoogroups.de http//: jes-netzwerk.de Dirk Schäffer, Deutsche AIDS-Hilfe e. V. (V.I.S.d.P.) Mitarbeit: Dirk Schäffer, Markus Bernhard, Mathias Häde, Katrin Heinze, Christian Holl, Marco Jesse, Jochen Lenz, Claudia Schieren liebe Leserinnen und Leser Satz und Layout: Carmen Janiesch des DROGENKURIER, Liebe Freundinnen Druck: und Freunde des JES-Netzwerks, X-Press Grafik & Druck GmbH, Lützowstr. 107-112, JES hat es geschafft – wir sind 20 Jahre alt geworden und haben dies mit einer 10785 Berlin zweitägigen Fachtagung gefeiert. Einen ausführlichen Bericht des Fachtages findet Auflage: ihr in dieser Ausgabe. 1.000 Exemplare Seit mehr als zwei Jahren dokumentieren wir den Stillstand und die Weiternetwick- lungen in Sachen „HEROINGESTÜTZTE BEHANDLUNG“ Nun ist es endlich geschafft. Der DROGENKURIER wird Der Bundestag hat vor wenigen Wochen eine Änderung des Betäubungsmittelge- unterstützt durch setzes beschlossen und Heroin als Medikament zur Substitution zugelassen. In Deutsche AIDS-Hilfe e. V. dieser Ausgabe geben wir einen Ausblick auf die Zukunft dieser neuen vielverspre- essex – Pharma chenden Behandlungsform. Sanofi Aventis Die Bundesregierung hat vor einigen Wochen die Arbeit des letzten Jahres vorge- stellt. Diese Ausgabe des DROGENKURIER informiert über die für uns wichtigsten Themen, Daten und Fakten. *Junkies, Ehemalige, Substituierte Ergänzt durch die Rubriken, VERANSTALTUNGEN, PRESSE, MEDIZIN, und AUS DEN REGIONEN liegt wieder einmal eine interessante Ausgabe des DROGENKURIER vor. Die Nennung von Produktnamen bedeutet keine Werbung. Das Team des DROGENKURIER
DROGENKURIER 3 topthema 20 Jahre JES-Netzwerk in Deutschland Bericht zur JES-Fachtagung in Berlin Am 24. und 25. Juni trafen sich Selbsthilfeförderung für JES durch die volle JES-Selbsthilfeaktivisten aus über 20 Krankenkassen? regionalen JES-Gruppen. ca. 80 Mitglieder des bundes Aufgrund der Tatsache, dass sich die Kran- Vor dem eigentlichen Beginn des Fach- kenkassen der Bundesebene nach 20 Jah- tages am Nachmittag nutzte der JES-Spre- weiten JES-Netzwerks mit ren JES-Arbeit immer noch überaus schwer cherrat die Chance Mitglieder aus allen vielen Gästen, um in Berlin damit tun JES-Projekte über den eigens für Gruppen über die zentralen Inhalte seiner die Selbsthilfeförderung geschaffenen §20c dreijährigen Arbeit zu informieren. den 20-jährigen Geburtstag SGB V zu unterstützen, musste die JES- Leider gelang es uns im Rahmen der an- Fachtagung ohne eine eigentlich erforder- schließenden Wahl des JES-Sprecherrats des JES-Netzwerks zu feiern. liche 2. Übernachtung stattfinden. nicht weitere JESler für die Arbeit im JES- E Einfach beeindruckend was viele JES- Sprecherrat zu gewinnen, sodass mit ines Vorab: Es war eine tolle zwei- Gruppen auf sich nahmen um Berlin bereits • Claudia Schieren – Berlin tägige Fachtagung mit engagier- um 11:00 Uhr zu erreichen. Trotz der Tatsa- • Marco Jesse – Köln ten Referenten und Diskutanten che, dass viele 6–8 Stunden Zugfahrt in der • Jochen Lenz – Köln aber vor allem mit vielen interes- Nacht hinter sich gebracht hatten versam- dasselbe Team zur Wahl stand. sierten und netten JES-Aktivis- melten sich zum JES-Internen Teil des Fach- Alle Kandidaten wurden in offener Ab- ten aus dem gesamten Bundesgebiet. tags ca. 80 gutgelaunte und erwartungs- stimmung mit großer Mehrheit für die
topthema 4 DROGENKURIER Ein zweites Referat, von Bundessprecher Marco Jesse, stellte die Frage „JES – Per- spektivlosigkeit durch eigene Erfolge?“ Be- reits nach wenigen Sätzen wurde deutlich, dass auf JES sehr wohl noch eine immense Fülle an Aufgaben wartet: Der flächende- ckende Ausbau einer med. Heroinvergabe, Erleichterungen bei der tradierten Substi- tution, Kampf um Patientenrechte und die immer aktueller werdende Problematik der ,Senior-Junkies‘. Mit neuen Ansätzen in der Behandlung von Hepatitis C befasste sich im Anschluss das Referat von Kerstin Dettmer, Ärztin im Berliner Verein Fixpunkt. Nach einem Über- blick über die gegenwärtig praktizierte The- rapie mit Interferon und Ribavirin wurden von ihr für das Jahr 2010 neue Verfahren mit voraussichtlich leicht ansteigender Er- folgsquote avisiert. Es wurde aber auch deutlich, dass nach heutigem Wissen of- fenbar lediglich 16 % der mit HCV-Infizier- ten einen letalen Verlauf ihrer unbehandel- ten Erkrankung – also Zirrhose und Krebs Dr. Ingo Ilja Michels (BMG) – fürchten müssen. Die Reihe der Impulsreferate schloss Dr. nächste Amtszeit wiedergewählt. Dieses AIDS-Hilfe zum Ende der 80er Jahre und Axel Hentschel, auch er ein alter Wegbeglei- überaus gute Wahlergebnis ist sicherlich in den 90er Jahren als Drogenbeauftragter ter des Netzwerks, mit seinem Vortrag über auch mit der engagierten Arbeit der letz- in Bremen maßgeblich an der Entstehung „Drogen und Alter“. So war es jedenfalls ge- ten 3 Jahre zu erklären. und Weiterentwicklung des JES-Netzwerks plant. Weil die Zeit drängte und die Mägen So bilden die drei genannten Bundes- beteiligt war, gelang es in seinem Referat bereits hörbar knurrten, wurde -nach einem sprecher, gemeinsam mit wichtige Entwicklungslinien von JES unter kurzen Abriss der Problematik- das geplante • Mathias Häde – Bielefeld (Westschiene) Berücksichtigung unterschiedlicher Rah- Referat von Dr. Hentschel in den zugehöri- • Katrin Heinze (Halle) Nordschiene menbedingungen Revue passieren zu las- gen Workshop am Freitag verlegt. und einen noch zu wählenden Vertreter der sen. Den Referenten gelang es mit kurzen JES-Südschiene den bundesweiten JES- Die nachfolgenden Impulsreferate soll- und prägnanten Impulsreferaten tatsäch- Sprecherrat. ten als Appetitanreger für die am Folgetag lich Appetit zu machen. Die abschließen- Dieses Gremium ist das bundesweite anstehenden Workshops dienen. de Einschreibung in die Workshoplisten Sprachrohr des JES-Netzwerks und verant- zeigte ein großes Interesse an allen Work- wortlich für die Außenvertretung von JES Die Impulsreferate shopthemen. sowie die inhaltlich/fachliche Weiterent- Die Strecke der nachfolgenden Impulsre- wicklung der Arbeitsinhalte. ferate, wurde eröffnet von Achim Weber, einst Mitarbeiter der DAH, heute Referent The Fachtag starts für Selbsthilfe im Paritätischen. Im Zuge Nachdem die internen Angelegenheiten be- seines Vortrags wurde die Diskrepanz in arbeitet waren, galt es gemeinsam mit vie- der Außenbewertung zwischen ,normaler‘ len Gästen den JES-Fachtag zu eröffnen. Selbsthilfe und Drogenselbsthilfe, zumal Neben Winfried Holz (Vorstand Deutsche der akzeptierenden, aufschlussreich be- AIDS Hilfe) und Marco Jesse (JES) begrüßte leuchtet. Was JES schon lange ahnte und Dr. Ingo Michels im Namen von Sabine Bät- auch daher wenig verwundert: Akzeptieren- zing der Drogenbeauftragten der Bundesre- de Drogenselbsthilfe wird von den meisten gierung die anwesenden Teilnehmer. Ingo karitativen Verbänden nicht gerade bevor- Michels, der als Mitarbeiter der Deutschen teilt – um es dezent auszudrücken. Auch für Charly sind Referate anstrengend
DROGENKURIER 5 topthema Das Ginkoblatt für das Bundesweite JES-Netzwerk Zur Überraschung aller im Saal wurden die Im- pulsreferate durch Jürgen Heimchen unterbrochen. Eine Preisverlei- hung stand an, genauer gesagt ein Preis für JES. Jürgen Heimchen skizzierte in seiner ihm eigenen und unnachahmlichen Art seine ersten Kontakte zu JES und gab an- schließend einen Überblick zu 15 Jahren gemeinsamer und erfolgreicher Arbeit von JES und Elternverband. Jürgen Heimchen stellte die Erfolge des JES-Netzwerks her- aus und machte deutlich wie wichtig JES für die Entwicklung des Bundesverbandes der Eltern und Angehörigen war. Mit gro- ßem Stolz nahm Marco Jesse, stellvertre- tend für JES das GINKOBLATT, die höchste Auszeichnung des Elternverbandes entge- gen. Glücklicherweise herrschte nach unse- rem gemeinsamen Abendessen in Berlin gu- Wir wussten es schon immer … nice people wie Winfried, Georg und Henning take drugs? tes Wetter, sodass der Tag am Abend mit einem netten Beisammensein im Hof der Veranstaltungsstätte ausklang. Neben dem üblichen Austausch über JES-Themen ging es hier vielfach um Privates- schließlich hatten sich einige von uns seit vielen Jah- ren nicht mehr gesehen. Celia-Bernecker-Preis für Vision e.V. Beendet war das offizielle Programm des ersten Tages dennoch nicht wirklich: Für viele Anwesende völlig überraschend, trat Dirk Schäffer vor die Versammelten und ver- kündete die Verleihung des Celia Berne- cker Preises an den Verein „Vision e.V.“, ehemals Junkiebund Köln. In der Lauda- tio ging Dirk Schäffer auf die Geschichte und die Entwicklung des Junkie Bund Köln (heute VISION e.V.) ein und hob die beson- deren Verdienste von Bernd Lemke der am 6. Oktober 2006 verstorbene langjährige Ge- schäftsführer des JBK hervor. Bei allen Verdiensten einzelner Personen und Persönlichkeiten in Köln sowie im bun- desweiten Netzwerk stellte Dirk Schäffer die besondere Relevanz von funktionierenden Die Preisträger von VISION e.V. ( v.l.n.r.): Ulrike Schütz, Gertrud Beyelschmidt, Marco Jesse, Jochen Lenz, Teams heraus. Dieser Teamgedanken bildet Simon Kleinmeyer; (unten): Rudi Meyer, Axel Hentschel
topthema 6 DROGENKURIER Der zweite Tag Claudia Schieren die uns als Moderatorin durch den engen Zeitplan manövrierte, be- grüßte um 9:30 alle Teilnehmer. Im An- schluss verteilten sich die Anwesenden auf die drei Workshops: • JES-Zukunftsworkshop, • "Drogen und Alter“ • HCV-Behandlung von Drogengebrau- chern und Substituierten. Auch wenn der Workshop „Drogen und Alter“ auch aufgrund der Altersstruktur der Teilnehmer auf das größte Interesse stieß, waren auch die anderen beiden Workshops gut besucht. Die Workshopergebnisse wur- den im Anschluss im Plenum vorgestellt. Auf diese Weise bot sich die Gelegenheit sich auch über den Verlauf und die Ergebnisse der anderen Workshops zu informieren. In den nächsten Wochen erscheint zu Die Celia-Bernecker-Medaille ist aus massivem Ster- den Workshopergebnissen ein gesonder- ling-Silber ter Bericht. Aufgrund der fast einstündigen Ver- die Basis und ist die Grundlage für die Ent- spätung des Mittagessens geriet unser bis wicklung des Erfolgs von VISION e.V. dahin eingehaltener Zeitplan deutlich ins Viel mehr Leute hätten auch nicht reingepasst Mit der Auswahl des Preisträgers der Ce- wanken. Damit alle Teilnehmer zum vorge- lia Bernecker Medaille am Abend des ersten sehenen Zeitpunkt ihre Heimreise antreten Diskussion. Um den Fish Bowl Charakter zu Tages zeigte der JES-Sprecherrat ein über- konnten, verkürzten wir die anschließende realisieren wurden die vorhandenen Stühle aus gutes Gespür. Diskussion im Fish Bowl-Stil. Dies hatte al- in konzentrischen Kreisen um eine zentra- Mit VISION e.V. erhielt in der 15-jäh- lerdings keinen Einfluss auf die engagierte le Gruppe von (hier 5) Stühlen gestellt. Die rigen Geschichte dieses Preises erst zum Diskutanten sitzen in dieser Mitte, können zweiten Mal eine JES-Gruppe diese höchs- aber von jedem, der etwas anmerken möch- te Auszeichnung des bundesweiten JES- te, per Handzeichen abgelöst werden. Netzwerks. Auf diese Weise entwickelte sich eine höchst dynamische und lebhafte Diskussi- 20 Jahre JES – on. Gestartet wurde mit Ilja Michels (BMG), der neue FORUM-Band Jürgen Heimchen (Eltern), Mathias Häde Als wäre dieser Höhepunkt nicht genug (JES), Henning Schmidt-Semisch (Schil- wurde nach dieser Preisverleihung das just dower Kreis) und Georg Wurth (DHV) der zum JES-Fachtag fertig gestellte JES-Forum freundlicher weise für Heino Stöver (ak- „Für ein menschenwürdiges Leben mit Dro- zept) eingesprungen war gen – 20 Jahre JES“ vorgestellt. Die vielen Zunächst ging es, natürlich, um die He- Photos in diesem Handbuch aus 20 Jahres roinbehandlung. Hier verdeutlichte sich JES-Netzwerk führten zu erstaunten Gesich- schnell, dass auf Länderebene vermutlich tern und viel Diskussion. Jedem Teilnehmer jeweils sehr unterschiedliche Standards wurde ein solches Handbuch überreicht. entwickelt werden. Erste Tendenzen in Süd- Dies ist sicher ein tolles Andenken an die deutschland nähren diese Befürchtung. Der eigene Mitarbeit in diesem einzigartigen eigentliche Kampf, so das bereits bekann- Netzwerk von Drogengebrauchern. Ehema- te und stimmige Mantra von J. Heimchen, ligen und Substituierten. beginne für uns erst jetzt. Nun geht es da- Erst spät am Abend leerte sich dann der rum die vom Gesetzgeber eröffneten Mög- Hof und die Gäste machten sich auf den lichkeiten im Sinne der Drogengebraucher Weg ins Hotel. Unsere Moderatorin Claudia Schieren mit Leben zu füllen.
DROGENKURIER 7 topthema Fachtag gelungen ist für die in erster Linie die motivierten, netten und disziplinier- ten Teilnehmer aus dem gesamten Bundes- gebiet verantwortlich sind. Viele Teilneh- mer bedanken sich beim Sprecherrat und der DAH für die gute Organisationen und Durchführung. Es bleibt zu hoffen, dass die in Berlin spürbare Motivation vieler JES´ler in den nächsten Wochen und Monaten in den Hei- matstädten unserer JES-Gruppen die Selbst- hilfearbeit für und von Drogen gebrauchen- den Menschen positiv beeinflussen kann. 20 Jahre JES-Netzwerk- nicht nur JES ist älter und reifer geworden sondern auch seine Mitglieder. Er Altersdurchschnitt der Mitglieder unseres Netzwerks liegt ge- schätzt bei 43 Jahren. Dies wird sicher für die nächsten Jahre noch ein Problem dar- stellen. Klar ist aber auch, dass wir alle uns intensiv um die Rekrutierung neuer jünge- rer Mitstreiter kümmern müssen. Dies ist zur Fortführung unserer Ideen, Ziele und Haltungen unvermeidlich. Wir der JES-Sprecherrat und Dirk Schäf- Im Zuge der Auseinandersetzung wurde fortgeführt werden können, als gegen 15 fer möchten uns an dieser Stelle noch mal allerdings auch deutlich, das Meinungen Uhr das Ende dieses Berliner Jubiläums- recht herzlich für euer erscheinen und eure von JESlern zu zentralen Inhalten und Hal- Fachtags nahte. Schade eigentlich! engagierte Mitarbeit bedanken.- So macht tungen des JES-Netzwerks teilweise vonein- Im abschließenden Resümee wurde JES-Arbeit einfach Spaß. l ander abweichen. So gibt es unterschiedli- deutlich, dass JES hier ein hervorragender Mathias Häde/Dirk Schäffer che Einschätzungen zur Legalisierung von Drogen, so wie sie JES in seinem Positions- papier beschreibt. Die Diskussion erbrachte auch unterschiedliche Positionen zur Um- setzung der Heroingestützten Behandlung. Während einige für eine Selbstbeteiligung von Usern eintraten, waren andere der Mei- nung, dass dieses wirksame Medikament eine Kassenleistung sein muss, wie bei an- deren Behandlungsformen auch. Trotz der in unterschiedlichen JES-Pa- pieren beschriebenen Positionen und Zie- len von JES stellt die Diversifität der Mei- nungen kein unüberwindbares Problem dar. Ein solch heterogenes Netzwerk bringt nun einmal unterschiedliche Meinungen her- vor. Wichtig hierbei ist nur, dass JES in der Außendarstellung übereinstimmt und JES-Positionen die mit großer Mehrheit be- schlossen wurden Vorrang vor individuellen Einzelmeinungen haben müssen. Die Versammlung hätte im Stil der Fish- Bowl Diskussion noch Stunden angeregt Schön wars
topthema 8 DROGENKURIER Foto: S. Hofschlaeger/pixelio Heroin – jetzt und legal Bundestag beschließt mit großer Mehrheit Änderung des BtMG – Heroin für die Substitutionsbehandlung zugelassen E s ist Donnerstag der 28. Mai 2009, Wir haben auch versucht jene zu überzeu- Hiermit meinen wir dass in möglichst vielen ca. 17:30 – der Deutsche Bundes- gen, die bis zum heutigen Tag einer Behand- Städten eine Diamorphinbehandlung imple- tag beschließt nach 45-minütiger lung mit Diamorphin kritisch gegenüberste- mentiert werden muss. Debatte, dass Heroin (Diamor- hen. Es gab Zeiten da haben wir schon fast phin) zur Substitutionsbehand- nicht mehr daran geglaubt, dass die Große Wer hat wie gestimmt? lung eingesetzt werden darf und zukünftig Koalition noch in dieser Legislaturperiode Aber wie kam es eigentlich zu dieser nun über die gesetzlichen Krankenkassen finan- hierzu eine Entscheidung trifft. deutlichen Mehrheit für dieses Gesetz? ziert werden soll. Wir freuen uns, na klar! Mit dieser Ent- Die Antwort auf diese Frage ist recht ein- Mit unserem Magazin DROGENKURIER scheidung erhalten in den nächsten Mona- fach. Die Befürworter der Heroingestützten begleiten und kommentieren wir die poli- ten tausende Heroinkonsumenten die Mög- Behandlung haben es geschafft ihre fach- tischen und fachlichen Debatten um die- lichkeit endlich die von ihren favorisierte fremden FraktionskollegInnen davon zu ses Gesetz seit mehr als zwei Jahren. Wir Substitutionsbehandlung mit Diamorphin überzeugen, dass die Heroinbehandlung ein haben uns eingemischt und über Postkar- zu beginnen, anstatt sich mehr recht als Schritt in die richtige Richtung bedeutet. tenkampagnen, Pressemitteilungen und schlecht durch eine für sie wenig erfolgrei- So haben in namentlicher Abstim- Gesprächen mit Politikern jene in ihrem che Substitution mit den bisher zugelasse- mung schließlich 349 Parlamentarier für Vorhaben bestärkt endlich eine Änderung nen Substanzen quälen. den Gruppenantrag von SPD/FDP/LINKE/ des BtMG zu erwirken und Heroin als Me- Aber wir sind uns auch darüber im Kla- DIE GRÜNEN gestimmt, 3 Parlamentarier dikament zur Substitutionsbehandlung zu- ren, dass die Arbeit nun weiter geht und enthielten sich der Stimme und nur 198 zulassen. es gilt dieses Gesetz mit Leben zu füllen. stimmten mit „NEIN“.
DROGENKURIER 9 topthema Gibt es wirklich hohe Fraktion Ja Nein Enthaltung wiegenden somatischen und psychi- Zugangshürden? SPD 206 1 - schen Störungen bei derzeit über- Bereits kurz nach der Abstimmung gab es wiegend intravenösem Konsum vor- CDU/CSU 11 196 1 viele Stimmen, die sagten: „Das bekommen liegt, FDP 45 - 2 doch eh nur die wenigsten Leute – man muss 3. ein Nachweis über zwei erfolglos be- wieder erst todkrank sein – wie vor 25 Jahren DIE LINKE 44 - - endete Behandlungen der Opiatab- beim Methadon“. hängigkeit, davon eine mindestens BÜNDNIS 90/ Blickt man in das Gesetz so relativiert sich 43 - - sechsmonatige Behandlung gemäß DIE GRÜNEN dieser Vorwurf ebenfalls. Selbstverständlich den Absätzen 2, 6 und 7 einschließ- Gesamt 349 198* 3 gibt es für die Behandlung mit Diamorphin lich psychosozialer Betreuungsmaß- – wie für andere Substitute auch – Indika- * Ein fraktionsloser Abgeordneter stimmte mit nahmen, vorliegt und tionen und Zugangskriterien. „NEIN“ 4. der Patient das 23. Lebensjahr vollen- det hat. Das Gesetz sagt (9b) Die Behandlung mit Diamorphin darf Unser Dank gilt selbstverständlich al- „(9a) … Der Arzt darf Diamorphin nur ver- nur in Einrichtungen durchgeführt werden, len UnterstützerInnen dieses Gesetzes. Ein schreiben, wenn denen eine Erlaubnis durch die zuständige besonderer Dank geht an jene Abgeordne- 1. er selbst eine suchttherapeutische Qua- Landesbehörde erteilt wurde.“ ten** der CDU/CSU Fraktion die sich gegen lifikation im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 den Druck aus der eigenen Fraktion dazu Man könnte also auch sagen, dass kaum Nr. 6 erworben hat, die sich auf die Be- entschlossen haben für die Heroingestütz- ein Heroinkonsument von der Behandlung handlung mit Diamorphin erstreckt, oder te Behandlung zu stimmen. mit Heroin ausgeschlossen wird, da die hier er im Rahmen des Modellprojektes „He- beschriebenen Indikationen die allermeis- roingestützte Behandlung Opiatabhän- Was steht im Gesetz? ten Heroinkonsumenten erfüllen giger“ mindestens sechs Monate ärzt- In vielen Diskussionen wird der Wert des lich tätig war, Gesetzes bereits abgeschwächt, da viele Wo kann behandelt werden? 2. bei dem Patienten eine seit mindes- fälschlicherweise der Auffassung sind Dia- Auch hier hat der Gesetzgeber keine un- tens fünf Jahren bestehende Opiat- morphin wäre wie Codein nur ein Medika- überwindbaren Hürden in das Gesetz ge- abhängigkeit, verbunden mit schwer- ment das in Ausnahmefällen angewandt schrieben, denn dort heißt es: werden darf. Dies ist nicht richtig, denn der Geset- zestext lautet: +++ Presse PRESSE ++++++ Presse PRESSE +++ +++ Presse+++ PRESSE +++PRESSE Presse „Als Substitutionsmittel darf der Arzt nur Stuttgart, 23.06.2009 n Die Landtagsfraktion der FDP will die Pläne der CDU a) Zubereitungen von Levomethadon, Me- zur kontrollierten Heroinabgabe an Schwerstabhängige nachbessern. Die medi- thadon, Levacetylmethadol und Bu- zinische Behandlung von Schwerstabhängigen müsse im Land möglichst flächen- prenorphin, deckend und wohnortnah angeboten werden. b) in begründeten Ausnahmefällen Codein So sollten Süchtige nicht nur in ausgewählten größeren Städten und nicht nur oder Dihydrocodein, an den Zentren der Psychiatrie mit künstlichem Heroin behandelt werden können c) Diamorphin als zur Substitution zugelas- – sondern möglichst immer genau dort, wo sie wohnen und leben, sagte der Frak- senes Arzneimittel oder tionschef der Liberalen Hans-Ulrich Rülke gestern. d) ein anderes zur Substitution zugelasse- Wenn nötig, solle die Behandlung auch in einer gewöhnlichen Arztpraxis er- nes Arzneimittel laubt werden – vorausgesetzt, der Arzt besitzt die fachliche Kompetenz dafür. He- verschreiben.“ roinabhängige seien zumeist in größeren Städten zu finden, während die Zentren für Psychiatrie vor allem im ländlichen Raum angesiedelt seien, begründete Rül- Also kein Ausnahmefall oder kein Präpa- ke seine Forderung. Viele Süchtige seien aber nicht mobil genug, um an den Ort rat der 2. Klasse.!!! der Therapie zu reisen. Rülke kündigte an, nun gemeinsam mit der CDU und dem Sozialministerium ein Konzept zur wohnortnahen Abgabe von künstlichem Heroin zu erarbeiten. ** Ursula Heinen, Jürgen Klimke, Norbert Mit seiner Forderung unterstützt Rülke den Kurs von Sozialministerin Moni- Königshofen, Stefan Müller (Erlangen), ka Stolz (CDU), die ebenfalls für ambulante Angebote eintritt. Er hoffe auf eine Rita Pawelski, Dr. Heinz Riesenhuber, schnelle Einigung mit der CDU: „Die Betroffenen haben keine Zeit zu verlieren", Uwe Schummer, Bernd Siebert, Gerald betonte der FDP-Fraktionschef. Weiß (Groß-Gerau), Ingo Wellenreuther, Quelle: SWR Elisabeth Winkelmeier-Becker
topthema 10 DROGENKURIER stunden werden dann mit Methadon oder Diamorphin teurer als … ? „Die Behandlung mit Diamorphin darf Polamidon überbrückt. Viele Kritiker und Gegner argumentieren nur in Einrichtungen durchgeführt werden, Aber, und das ist sicher das wichtigste, immer mit den angeblich weitaus höheren denen eine Erlaubnis durch die zuständige diese Behandlungsform hat immense sozi- Kosten der Heroinbehandlung. Hierzu ist Landesbehörde erteilt wurde. ale und gesundheitliche Potentiale und Ef- folgendes zu sagen: Die Erlaubnis wird erteilt, wenn fekte. Die gesetzlichen Krankenkassen wer- 1. nachgewiesen wird, dass die Einrich- den, vorbehaltlich einer entsprechenden tung in das örtliche Suchthilfesystem Was passiert nun? Entscheidung des Gemeinsamen Bundes- eingebunden ist, Der Gesetzgeber hat den GBA ( Gemeinsamer ausschusses, mit den Kosten der Diamor- 2. gewährleistet ist, dass die Einrichtung Bundesausschuss) beauftragt festzulegen phinbehandlung belastet. Dies betrifft so- über eine zweckdienliche personelle unter welchen Kriterien oder Bedingungen wohl die ärztlichen Leistungen als auch die und sachliche Ausstattung verfügt, die Diamorphinbehandlung in den Leis- Kosten des Arzneimittels. 3. eine sachkundige Person, die für die tungskatalog der Gesetzlichen Krankenkas- Perspektivisch werden die Haushalte von Einhaltung der in Nummer 2 genann- sen (GKV) aufgenommen wird. Ländern und Kommunen sowie die gesetz- ten Anforderungen, der Auflagen der Dieses Verfahren wird sicherlich noch ei- lichen Krankenkassen und Rentenversiche- Erlaubnisbehörde sowie der Anord- nige Monate in Anspruch nehmen, sodass rungsträger von den Kosten wiederholter, nungen der Überwachungsbehörde vor Ende des Jahres sicher nicht mit einer aber letztendlich erfolgloser Suchthilfe- verantwortlich ist (Verantwortlicher), Entscheidung gerechnet werden kann maßnahmen entlastet. Durch die Diamor- benannt worden ist.“ phinbehandlung können gerade solche Klar ist hingegen, Was könnt ihr tun? Konsumenten erreicht werden, bei denen • dass es keine Take Home Vergabe geben Wie bereits beschrieben, gilt es nun dieses eine herkömmliche Substitutionsbehand- wird, Gesetz mit Leben zu füllen. Das heißt, ihr lung wenig erfolgreich verläuft oder die von • dass die psychosoziale Betreuung nur für müsst vielleicht gemeinsam mit der Aids anderen Maßnahmen der Drogenarbeit gar die ersten 6 Monate der Behandlung ob- Hilfe oder der Drogenhilfe in eurer Stadt nicht erreicht werden. Hierdurch können ligatorisch ist den Bedarf für eine Diamorphinvergabe in Kosten für die Behandlung späterer Folge- • Diamorphin nicht für die Schmerzbe- eurer Stadt deutlich formulieren und arti- und Begleiterkrankungen, für wiederholte handlung zugelassen ist kulieren. Entzugs- und Rehabilita- tionsmaßnahmen • dass es nur in spritzbarer Form zur Ver- Setzt euch mit den politischen Vertre- sowie für sonstige Drogenhilfemaßnahmen fügung steht. tern eurer Stadt in Verbindung um auch reduziert werden. Und … aufgrund der gesetzlichen Rahmen- dort den deutlich zu machen das die Subs- Darüber hinaus ist für die öffentlichen bedingungen und der kurzen Halbwertzeit titution mit Heroin auch in eurer Stadt an- Haushalte aufgrund der verbesserten Le- von Diamorphin wird die Behandlung mit geboten werden muss. Sicherlich ist es hilf- galbewährung der Patientinnen und Pa- Diamorphin höchst anspruchsvoll sein und reich wenn ihr eure kräfte bündelt und mit tienten langfristig eine Ersparnis bei den von euch als vielleicht zukünftige Patien- Unterstützern kooperiert. durch Delinquenz verursachten Kosten zu ten viel Disziplin erfordern. In einigen Städten und Bundesländern erwarten. Die Erfahrungen in den deutschen Stu- wie in Berlin und in baden Württemberg gibt Also nur Mut es gibt viele gute Argumen- dienorten und im Ausland zeigen, dass man es bereits jetzt Bestrebungen entsprechen- te für die Einrichtung einer Diamorphinbe- zwei- bis dreimal täglich in die Ambulanz de Einrichtungen zu b denen diese neue Be- handlung in eurer Stadt. l muss um das Heroin zu spritzen. Die Nacht- handlungsform angegliedert werden kann. Dirk Schäffer Alexander Dietsch ist tot Völlig überraschend verstarb im April 2009 Alexander Dietsch aus Wuppertal. Alexander war über viele Jahre im JES-Netzwerk aktiv. Als Koordinator der JES- Westschiene gehörte Alexander bis 2007 dem JES-Sprecherrat an. Alexander hat ferner maßgeblich an der Entwicklung von JES-Wuppertal mit- gewirkt hat. Seine zurückhaltende und freundliche Art wird uns fehlen. Das bundesweite JES-Netzwerk trauert um Alexander
DROGENKURIER 11 leben mit drogen Der Drogen- und Suchtbericht der Bundesregierung W ie in den Jahren zuvor wollen wir euch, den Leserin- Vorjahr sind Rückgänge der Sicherstellungsmengen von Heroin und nen und Lesern des DROGENKURIER einen Einblick in Kokain zu verzeichnen. Großsicherstellungen mit zum Jahr 2007 vergleichbaren Mengen blieben in Deutschland aus. Die Sicher- den Suchtbericht der Bundesregierung bieten. stellungsmenge von Amphetamin stieg im siebten Jahr in Folge. W 2008 erfolgte mit 284 kg die bislang größte Einzelsicherstellung ir konzentrieren uns hierbei auf den Konsum von von Amphetamin in Deutschland. Die Zahl der Drogenlabore stieg, Opiaten, der Drogenkriminalität und der Substitu- insbesondere wurden vermehrt Kleinlabore zur Methamphetamin- tionsbehandlung. Zu unserer Freude, wurden eine herstellung sichergestellt. Projekte der DAH und JES als so wichtig erachtet, Gegenüber dem Vorjahr stieg die Zahl der EKhD im Jahr 2008 dass sie im Suchtbericht erläutert wurden. um 3 % von 18.620 auf insgesamt 19.203 Personen (Abb. 1). Insbe- sondere bei den synthetischen Drogen wurden Steigerungen fest- Die Situation in Deutschland im Jahr 2008 gestellt. Schätzungen der Bundesregierung gehen davon aus, dass rund So stieg die Zahl der EKhD bei Amphetamin (+9 %), LSD (+9 %) 200.000 Menschen in Deutschland illegale Drogen, d. h. Opiate, und Ecstasy (+7 %) an. Auch bei Kokain war eine Zunahme (+4 %) Kokain und Amphetamine sehr riskant konsumieren, d. h. injizie- zu verzeichnen, während die Entwicklungen bei Heroin (-6 %) ren. Nach dem Bericht des nationalen REITOX Knotenpunkts an die und vor allem bei Crack (–30 %) und kristallinem Methampheta- EBDD 2008 werden vor allem in jüngeren Altersgruppen bis etwa 40 min (-22 %) deutlich rückläufig waren. Jahre illegale Drogen konsumiert. Dies gilt jedoch nicht für Hero- in: hier ist das Durchschnittsalter über 35 Jahre. Weniger i.v. Konsum zugunsten vermehrtem Grundlagen der Darstellung der Drogensituation in Deutschland inhalativem Konsum bilden die Auswertungen der Falldatei Rauschgift (FDR) sowie der Nach wie vor ist in Deutschland der intravenöse Konsum stark mit Personendatei. Die darin erfassten Daten basieren auf von den zu- Heroin verknüpft. Berechnungen auf der Basis von Zahlen aus ständigen Strafverfolgungsbehörden getroffenen Feststellungen. Behandlung, Polizeikontakten und Drogentoten führen zu einer Schätzung der Zahl problematischer Konsumenten von Heroin von Aktuelle Entwicklungen rund 150.000 Personen. Heroin wird von knapp zwei Drittel der Kli- Die Gesamtzahl der EKhD ( Erstauffällige Konsumenten harter Dro- enten vorwiegend injiziert, wobei der intravenöse Gebrauch von gen) stieg erstmals seit dem Jahr 2004 wieder an. Im Vergleich zum Heroin seit 2003 zugunsten des Rauchens gesunken ist. Abb. 1: Erstauffällige Konsumenten harter Drogen (EKhD) Zeitraum Gesamt* Heroin Kokain Meth-/Amphetamin** Ecstasy Crack Sonstige*** 01.01. –31.12. 2007 18.620 4.153 3.812 9.949 2.038 498 456 01.01. –31.12. 2008 19.203 3.900 3.970 10.631 2.174 350 444 Veränderungen +3,1 % -6,1 % +4,1 % +6,8 % +6,7 % -29,7 % -2,6 % *** Jede Person wird in der Gesamtzahl nur einmal als erstauffälliger Konsument harter Drogen registriert. Zur Aufhellung des polytoxikomanen Kon- sumverhaltens ist jedoch die Zählung einer Person bei mehreren Drogenarten möglich. *** Unter den 10.631 Personen im Jahr 2008 befinden sich 443 erstauffällige Konsumenten von kristallinem Methamphetamin. Gegenüber dem Jahr 2007 (567 Personen) bedeutet dies einen Rückgang um 21,9 %. *** Unter den 444 Personen im Jahr 2008 befinden sich 158 erstauffällige Konsumenten von LSD. Gegenüber dem Jahr 2007 (145 Personen) bedeutet dies einen Anstieg um 9,0 %. Quelle: Bundeskriminalamt, 2008
leben mit drogen 12 DROGENKURIER Neben der Vermittlung von Wissen ist die soziale Komponente dieser neuen Präventionsmethode zu betonen. Über das Spiel kom- men die Drogenkonsumenten miteinander ins Gespräch und lernen sich kennen. So entsteht ein Gefühl von Gemeinschaft – ein Wert der insbesondere bei Drogen gebrauchenden Menschen häufig zu kurz kommt. Das Spiel kommt vorrangig in Kontakt- und Cafébe- reichen niedrigschwelliger Einrichtungen zum Einsatz. Aktionsbündnis Hepatitis und Drogengebrauch Das „Aktionsbündnis Hepatitis und Drogengebrauch“ publizierte im Rahmen der Dokumentation zum 3. Internationalen Fachtag Hepatitis C Hamburg 2007 ein Factsheet „Fakten zu Hepatitis-C- Virus-Infektionen“. Es ist zur Auslage und Mitnahme in Einrichtun- gen und Praxen gedacht und zielt als kompakte Kurzinformation auf Mitarbeiter/innen von Drogen- und AIDS-Hilfeeinrichtungen, Betroffene und Infektionsgefährdete sowie Mediziner und deren Mitarbeiter/innen. Es informiert über die Epidemiologie, Präven- tion und Behandlung der Hepatitis-C-Infektion sowie über den Verlauf der Erkrankung. Individuelle sowie gesundheits- und ge- sellschaftspolitische Folgen werden beschrieben. Ende 2008 er- schien die zweite Auflage. (JES und die DAH sind Mitglied des Das neue Präventionsspiel Aktionsbündnisses) Erfreulicher Weise wurden im Bericht der Bundesregierung auch einige Projekte von JES und der Deutschen AIDS-Hilfe aufgegrif- Substitutionsbehandlung fen. Von besonderer Bedeutung ist für uns, dass das von JES mit- Die Zahl der gemeldeten Substitutionspatienten steigt seit Beginn entwickelte erste Präventionsspiel der DAH vorgestellt wurde. Hier der Meldepflicht nach Zahlen des Bundesministeriums kontinu- der Text des Suchtberichtes: ierlich an: Zum 1. Juli 2002 waren 46.000 Substitutionspatienten gemeldet, zum 1. Juli 2008 waren im Substitutionsregister bereits Präventionsspiel „Asphaltdschungel“ 72.200 Patientinnen und Patienten verzeichnet (Abb. 2). In der Arbeit mit Drogen gebrauchenden Menschen bedarf es immer wieder neuer Anreize, um das Bewusstsein für die Themen Gesund- Abb. 2: Anzahl gemeldeter Substitutionspatienten heit, HIV und Hepatitis zu erhalten oder zu erhöhen. Mit Förderung in Deutschland (jeweils Stichtag 1. Juli) der BZgA wurde ein Brett- und Würfelspiel für Drogen konsumie- rende Frauen und Männer entwickelt. 72.200 Mit dem Präventionsspiel „Asphaltdschungel“ soll die Bereit- 68.800 schaft erhöht werden, eigenes Verhalten zu reflektieren und Wis- 64.500 61.000 sensdefizite z. B. in Bezug auf Substanzwirkung und Infektions- 57.700 risiken zu minimieren. Soziale und gesundheitliche Folgen des 52.700 Drogenkonsums können in „spielerischer“ Form erfasst werden. Um schneller zum Ziel vorzurücken, müssen während des Spielver- 46.000 laufs Fragen z. B. zu Übertragungswegen von HIV und Hepatitis, Safer Sex, Hygiene und Maßnahmen der Infektionsvermeidung be- antwortet werden. Ziel des Spiels ist es, aufgrund der vielen Informationen Impul- se zu setzen, den eigenen Lebenshintergrund (z. B. Hilfsangebote, Arztbesuche, Behördengänge) zu strukturieren. Durch das (Vor-) Lesen von Fragen, die Formulierung von Antworten und das Zuhö- ren werden unterschiedliche Formen der Wahrnehmung angespro- chen und die Kommunikation der Mitspieler/innen angeregt. Auf die Einbindung individueller und taktischer Fähigkeiten des Ein- zelnen im Spielverlauf wird verzichtet, um die Konzentration auf 2002 2004 2004 2005 2006 2007 2008 den Inhalten zu belassen. Quelle: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
DROGENKURIER 13 leben mit drogen Bei der Zahl der meldenden Substitutionsärzte lässt sich bis Medikamente zur Substitution 2007 ein kontinuierlicher leichter Anstieg feststellen. Das überwiegend gemeldete Substitutionsmittel ist Methadon Im Jahr 2008 haben Ärztinnen und Ärzte mit nur wenigen an- (2008: 59,7 %). gemeldeten Patientinnen und Patienten auf individuelle Nachfra- Allerdings steigt seit mehreren Jahren der Anteil von Buprenor- ge des BfArM rückwirkend mitgeteilt, dass sie keine Substituti- phin (von 9,7 % in 2002 auf 18,9 % in 2008) und Levomethadon onsbehandlungen mehr durchführen, so dass die Zahl in 2008 auf (von 16,2 % in 2002 auf 20,6 % in 2008, Abb. 4). Weitere gemelde- 2.673 substituierende Ärztinnen und Ärzte gesunken ist. Die Zahl te Substitutionsmittel in 2008 waren: Dihydrocodein (0,4 %), Dia- der seitens der Ärztekammern gemeldeten und registrierten sucht- morphin (0,3 %) und Codein (0,1 %). therapeutisch qualifizierten Ärztinnen und Ärzte (2008: ca. 6.900) liegt deutlich höher als die Zahl der substituierenden Ärztinnen Drogenselbsthilfe-Netzwerk JES: und Ärzte (Abb. 3). „Profis fördern Selbsthilfe“ Selbsthilfen von Junkies, Ehemaligen und Substituierten sind seit Abb. 3: Anzahl der im Substitutionsregister registrierten vielen Jahren im Bereich Drogen, HIV/Aids und Hepatitis tätig. Ärzte Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass auch die Mitar- beit in der JES-Selbsthilfe die Abstinenzmotivation stärken und substituierende Ärzte die Entstehung sozialer Netzwerke fördern kann. Ärzte mit suchttherapeutischer Qualifikation Sie erhöhen u. a. die Erreichbarkeit bestimmter Zielgruppen 6.919 und leisten in diesem Zusammenhang wertvolle Dienste im Sinne 6.626 6.329 der HIV/Aids- und Hepatitisprävention sowie der Schadensmini- 5.984 mierung. Trotz dieser positiven Effekte haben viele Einrichtungen 5.516 5.146 der Drogenhilfe keinen Bezug zur Selbsthilfe Drogen gebrauchen- der Menschen bzw. zu geringe Kenntnisse über Möglichkeiten der Selbsthilfeförderung. Deshalb wurde eine neue Veranstaltungsreihe des JES-Netz- 2.607 2.616 2.664 2.706 2.786 2.673 werks organisiert, die 2007 und 2008 in sechs Städten durchge- führt wurde. Ziel ist es, die Relevanz der Peer-Arbeit zu vermitteln. Die Teilnehmer/innen sollten ermutigt werden, im Rahmen ihrer täglichen Begegnung mit Drogenkonsumenten als Multiplikatoren zu agieren und sie zu einem Engagement in der Selbsthilfe zu mo- tivieren. Es wurden einerseits das JES-Selbstverständnis und ande- 2003 2004 2005 2006 2007 2008 rerseits Grundlagen der Selbsthilfeförderung vorgestellt. l Quelle: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte JES-Sprecherrat/Dirk Schäffer Abb. 4: Entwicklung der Häufigkeit gemeldeter Substitutionsmittel 72,1 70,9 68,3 70 66,2 64,1 61,4 59,7 60 Methadon Levomethadon 50 Buprenorphin 40 30 19,0 20,6 17,2 18,0 20 16,2 14,8 15,6 18,6 18,9 15,8 17,2 10 15,0 12,9 9,7 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008
leben mit drogen 14 DROGENKURIER Erleichterungen für Ärzte und Substituierte 23. Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung (23. BtMÄndV) in Kraft getreten V or einigen Wochen ist die bungsverordnung (BtMVV) werden um zwei brückung von Wochenenden und Fei- 23. Betäubungsmittelrechts- wichtige Punkte erweitert: ertagen die Voraussetzung für eine Änderungsverordnung (23. • Um Urlaubs- und Krankheitsphasen sub- kontinuierliche und flächendeckende BtMÄndV) in Kraft. Damit ist stituierender Ärztinnen und Ärzte – im Versorgung geschaffen. ein weiterer Schritt getan um Sinne einer kontinuierlichen Substituti- eine praxisnahe und somit auch patienten- onsbehandlung – besser überbrücken zu Zur Urlaubs- und gerechtere Substitutionsbehandlung zu er- können, wird eine modifizierte Regelung Krankheitsregelung: möglichen. für Vertretungsfälle eingeführt. Bisher war in § 5 BtmVV geregelt, dass die • Daneben besteht ab jetzt die Möglich- Vertretung substituierender, suchtmedizi- Was hat sich eigentlich verändert? keit, Substitutionsmittel für die Dauer nisch qualifizierter Ärztinnen und Ärzte Die Vorschriften zur Substitutionsbehand- von bis zu zwei Tage zu verschreiben. grundsätzlich nur dann möglich ist, lung in § 5 der Betäubungsmittel-Verschrei- Hierdurch wird insbesondere zur Über- wenn die Vertreterin oder der Vertreter 500 Fragen und Antworten zur Substitutionsbehandlung Das Forum „Substitution und Recht“ Fragen können z. B. zu folgenden Bereichen der Substitution gestellt werden Die substitutionsgestützte Behandlung Opiatabhängiger in l Behandlungsvertrag Deutschland unterliegt mannigfaltigen Regelungen, Verordnun- l Urinkontrollen gen und Gesetzen, die die Behandlung für Patienten und Ärzte l Take Home Vegabe deutlich erschweren können. l Beendigung der Behandlung Die Autoren des Buches „500 Fragen Substitution und Recht“ l PSB Dr. Bernd Weber Schwerpunktpraxis für Suchtmedizin und He- Das Internetprojekt und das daraus resultierende Buch lebt von eu- patologie und Jörn Schroeder-Printzen Fachanwalt für Medizin- ren Fragen, daher möchte ich euch an dieser Stelle dazu ermuntern recht unternehmen mit diesem Internetforum und mit dem Ende einmal einen Blick auf die Seite www.500fragen.de zu werfen und 2009 erscheinenden Buch den Versuch, die rechtlichen Aspekte der jene Fragen zu stellen die euch schon immer interessiert haben. Behandlung unter rein praktischen Gesichtspunkten aufzuarbei- Die Befragung wird selbstverständlich vollständig anonym aus- ten und Ärzten, Patienten und Beratern eine Hilfe an die Hand zu gewertet. geben. Dirk Schäffer
DROGENKURIER 15 leben mit drogen ebenfalls suchtmedizinisch qualifi- ziert ist. Kommentar Diese zweifellos richtige Regelung hat in einigen Regionen zu erheblichen Problemen bei einer kontinuierlichen Si- cherstellung der Substitution geführt. Zukünftig können Ärztinnen oder Ärz- te mit suchtmedizinischer Qualifikati- on – ausnahmsweise und für einen be- grenzten Zeitraum – durch eine Ärztin oder einen Arzt ohne diese besondere Qualifikation vertreten werden (insge- samt maximal 12 Wochen im Jahr). Für uns als JES-Netzwerk bietet die- se neue Regelung die Chance, neue Ärzte Hatz auf Drogenuser von Erfolg gekrönt für die Behandlung von Substituierten gewinnen zu können und so die Anzahl Die Stimmungsmache gegen Drogenkosumenten am Kottbusser Tor im Berliner Bezirk substituierender Ärzte mittelfristig zu- Kreuzberg trägt erste Früchte. Über Wochen hinweg sah sich die Szene einer Kampagne mindest konstant bleibt oder gar an- von Bürgerwehren und selbsternannten Fachpolitikern ausgesetzt, die eine Verdrängung steigt. der User forderten. Flankiert von unerträglicher Berichterstattung der Berliner Leitmedien, mobilisierten die Sicherheits- und Ordnungsfanatiker zu Demonstrationen und setzten an- Zur Verschreibung stelle einer sachlichen Auseinandersetzung auf populistische Parolen und Bauernfängerei für bis zu zwei Tage (DROGENKURIER berichtete). Vor allem der CDU-Abgeordnete Kurt Wasner machte sich als Die Verordnung für bis zu zwei Tage bie- wahrlich profunder Kenner der Szene einen Namen. Er konstatierte in einem Interview bei tet die Chance Behandlungslücken zu TV Berlin, dass der Drogenkonsumraum in der Drednerstrasse bereits bei seiner Einrichtung schließen die aufgrund der Öffnungszei- höchstumstritten war, da die Drogenszene ja nur 100 Meter entfernt liegt. ten substituierender Praxen und ande- Wie jetzt, wir dachten das Drogenkonsumräume seit 15 Jahren in Szenennähe betrie- rer Vergabeeinrichtungen an Sonn- und ben werden, damit Drogenkonsumenten sie auch nutzen? Da müssen wir uns wohl ge- Feiertagen zu Problemen geführt haben. irrt haben … Eine Verordnung für zwei Tage ist auch Infolge der inszenierten „Probleme“ – es war von blutverschmierten Hauseingängen dann möglich, wenn entsprechende Be- und Spritzenbergen die Rede – setzten Polizei und der Sicherheitsdienst der Berliner Ver- handlungsmöglichkeiten, etwa in länd- kehrsbetriebe (BVG) auf verstärkte Präsenz und Kontrollen rund um den U-Bahnhof Kott- lichen Regionen, nur in unzumutbarer busser Tor. Entfernung zur Verfügung stehen oder Das Ergebnis dieser Eskalationsstrategie ist bedrückend: Die Szene ist für Präventi- wenn Substituierte Werktags unauf- onsmaßnahmen schwerer erreichbar als je zuvor. Dies liegt maßgeblich an ihrer räum- schiebbare Termine wie z. B. (Vorstel- lichen Zerstreuung quer durch die Stadt. Die verantwortlichen MitarbeiterInnen des Ver- lungsgespräche, Fortbildung, Gericht, eins Fixpunkt, die für die vor Ort Arbeit und den Betrieb der Drogenkonsumraums sowie Trauerfall etc.) haben und eine Subs- des Druckmobils zuständig sind, werden viel Zeit und Emphatie investieren müssen um titution an jenen Tagen nicht sicherge- das verlorengegangene Vertrauen der User aufgrund repressiver Maßnahmen der Stadt stellt werden kann. zurückzugewinnen. Für JES bietet diese Neue Regelung Helfen würde z. B. ein neuer szenenaher Standort für das Druckmobil. Aufgrund eiligst auch die Chance positive Entwicklungen monierter Fahrradständer durch Geschäfts- und Hausinhaber an just jenem Standort der in der Behandlung zu honorieren und für das Duckmobil vorgesehen war, besteht für die User am Kotti weiterhin keine Alterna- Substituierten, als Vorstufe zur klassi- tive zum Konsum in der Öffentlichkeit unter höchst unhygienischen Zuständen. schen Take Home Regelung, das Subs- Auch von den politischen Entscheidungsträgern der Parteien, die sich zumindest nach titut für einen oder zwei Tage zu über- eigenem Bekunden für eine fortschrittliche Drogenpolitik stark machen – wie Bündnis 90/ lassen. (Ob dies über die neue Regelung Die Grünen und Die Linke, ist bezüglich der Verdrängungsstrategie nichts zu hören. rechtlich einwandfrei ist, ist unklar). l Die Verdrängung der Drogenszene passt indes in die derzeit vorherrschende Politik in der Bundeshauptstadt. Vor allem in Kreuzberg kommt es derzeit zu einer Verdrängung der Der Text des 23. Betäubungsmittelrechts- alteingesessenen Bevölkerung zugunsten finanzstarker Investoren. Somit ist dort auch für Änderungsverordnung (23. BtMÄndV) Drogengebraucher, Alternative und Migranten kein Platz mehr. Mehr als Zeit, sich nun end- ist erhältlich unter: lich gemeinsam zu wehren! Markus Bernhardt www.jes.aidshilfe.de/index.php?id=518
aus den regionen 16 DROGENKURIER Marihuanamarch Frankfurt/M. 2009 – JES war dabei Frankfurt/Main 11.05. 2009 n Auch JES- ten nicht aus den Augen zu verlieren, par- Abschließend habe ich für jes-Frank- Frankfurt hat sich am weltweiten Marihua- lamentarisch Druck zu machen und diesen furt das Wort ergriffen. Ich habe die An- namarch beteiligt. Der weltweite Aktions- zu nutzen, um auf das Thema aufmerksa- wesenden auf unser 20jähriges Jubiläum tag wurde von der Grünen Hilfe e.V. und mer zu machen. Carsten Labudda, ebenfalls aufmerksam gemacht, den Namen jes als der Bundesarbeitsgemeinschaft Drogen der von der Bundesarbeitsgemeinschaft Drogen Antwort auf die Kampagne der Reagan-Ad- LINKEN veranstaltet und stand unter dem der LINKEN, wies noch einmal auf das Mot- ministration, just say no“, erklärt. Es galt Motto „Give five“, was soviel bedeuten soll to der Frankfurter Veranstaltung hin, dass eben 1989 den Drogenkriegern aus den USA wie fünf Pflanzen für jeden Kiffer. Insge- jedem Cannabiskonsumenten gestattet sein und der UNO einen entschlossenes just say samt wurde die Veranstaltung am Opern- sollte, für seinen Eigenkonsum fünf Hanf- jes!“ entgegen zu schleudern. Ich habe für platz von 70–90 Personen besucht. pflanzen anzubauen. jes-Frankfurt betont, dass wir die Forderun- Die Grüne Hilfe e.V., die nichts mit den Als Pressesprecher der Grünen Hilfe gen und Ziele der Hanffreunde unterstüt- GRÜNEN zu tun hat, setzt sich für inhaf- (und in Vertretung des an dieser Stelle ei- zen. Aber jes-Frankfurt und das bundeswei- tierte CannabiskonsumentInnen ein, be- gentlich vorgesehenen Jost Lessmann) re- te jes-Netzwerk gehen noch einen großen sorgt Rechtsanwälte, erledigt Ämterkorres- dete Joachim Biermanski, der rhetorisch Schritt weiter. Die Drogenprohibition ist ge- pondenzen und steht für die Legalisierung blitzsauber die Schizophrenie innerhalb scheitert. Daraus müssen endlich die not- von Hanf ein. des BtMG ansprach, die Ungerechtigkeit wendigen Konsequenzen resultieren, die da Als JES-Frankfurt konnten wir zwar mit bei der angeblichen Fahruntüchtigkeit heißen: Legalisierung aller illegalisierten einem großen Transparent auf unsere noch nach Cannabiskonsum,(der bereits Tage- Drogen und zwar so schnell wie möglich! weitergehenden Forderungen, über die Le- oder Wochenlang vergangen ist) benann- Ich habe dann das jes-Positionspapier galisierung von Hanf hinaus, aufmerksam te. Zum Schluss gab’s dann noch einmal zur Legalisierung von 2003 verlesen und machen. Der Text lautet: Feuer auf Sabine Bätzing“. Berechtigte Kri- erläutert. Bei den TeilnehmerInnen fanden „Die DROGENPROHIBITION fordert Mil- tik äußerte Lessmann vor allem über die diese jes-Vorschläge lautstarke Unterstüt- lionen von Menschenopfern! jes-Frankfurt Vergesslichkeit der ehemals Jungen Sozi- zung. Zum Schluss habe ich noch auf un- fordert die Legalisierung aller Drogen! So- alisten (Jusos) in der SPD, aber auch bei sere Veranstaltung und auf die Demonstra- fort!“ den GRÜNEN (GRÜNE Jugend) oder der FDP tion am Gedenktag aufmerksam gemacht. Erster Redner für eine antiprohibiti- (Julis). Sobald die jungen Wilden“ ins po- Vor, während und nach der Veranstaltung ve Hanfpolitik war Joachim Biermanski, litische Erwachsenenalter kommen, wer- haben wir 300 Flugblätter mit dem jes-Po- von der Bundesarbeitsgemeinschaft Dro- den die Thesen von der Legalisierung von sitionspapier an Passanten verteilt. Alles in gen der LINKEN. Danach sprach Ulrich Hanf mal mehr, mal weniger klammheim- allem war unsere Teilnahme am Marihuana- Wilken (MdL), von den LINKEN, und ver- lich entsorgt. march ein voller Erfolg. l sprach die Legalisierung von Hanfproduk- Christian
DROGENKURIER 17 aus den regionen Ehrenamtspreis für Projekt von VISION I m Rahmen des Jahresempfangs der Es galt Menschen mittels weißen Wänden zess der für den Brennpunkt Köln Kalk be- AIDS Hilfe NRW wurde der Künstler Gestaltungsspielräume zu geben, sie somit sonders wichtig ist. Aus der Geschichte von Walbrodt und Nina Marxen mit dem zur Kreativität zu ermutigen und die Basis HIV/AIDS haben wir gelernt, dass Kommu- ,merk|würdig‘ Ehrenamtspreis der für einen konstruktiven Dialog zu schaffen. nikation wohl das wichtigste Instrument ist AIDS Hilfe NRW ausgezeichnet. Die Mit der Zielsetzung die Integration und das um Vorurteile abzubauen und Verständnis Ehrung erfolgt für die Umsetzung des Pro- Zusammenleben unterschiedlicher Gruppen oder Akzeptanz für unterschiedliche Lebens- jektes „Weiße Wände“ von VISION (ehem – hier insbesondere Drogengebraucher/in- stile zu entwickeln“, so Dirk Schäffer in sei- Junkie Bund Köln). nen – zu fördern – spielgeln sie eine Leit- ner Laudatio weiter. Mit dem Ehrenamtspreis ,merk|würdig‘ idee des Junkie Bundes Köln e.V./VISION zeichnet die AIDS-Hilfe NRW Menschen wieder. Das bundesweite JES-Netzwerk möchte den aus, die durch ihr ehrenamtliches Engage- Preisträgern Walbrodt und Nina Marxen sei- ment hervortreten und die Aidshilfearbeit „Nina Marxen und Walbrodt sowie der Junkie nen Glückwunsch aussprechen und herzlich in Nordrhein-Westfalen stark beeinflusst Bund Köln haben es verstanden Menschen zum Ehrenamtspreis gratulieren. l und geprägt haben. miteinander in Kontakt zu bringen, ein Pro- JES-Netzwerk Der Preis Dirk Schäffer, der die Laudatio für die Preisträger hielt, machte in seiner Rede auf die Wichtigkeit des ehrenamtlichen Enga- gements in der Aids- und Drogenselbsthi- flearbeit aufmerksam. So stehen allein in NRW 1.500 ehrenamtlich tätige Mitarbeiter 215 bezahlten Mitarbeitern in Mitgliedsor- ganisationen gegenüber. Ein eindeutiger Beweis dafür, dass es AIDS-Hilfen und JES- Selbsthilfen in dieser Form ohne ehrenamt- liches Engagement nicht geben würde. Angeregt durch die Ausschreibung zum Projektwettbewerb „Spuren hinterlassen …“ Die Preisträger (v.l.n.r.): K. P Schäfer (Vorstand AH NRW), Marco Jesse (VISION), Nina Marxen, Walbrodt, Dirk der Stiftung KalkGestalten, formulierten Schäffer (Deutsche Aids-Hilfe), Ruth Steffens (AH NRW) beide gemeinsam Preisträger mit Mitarbei- tern des Junkiebund Köln/VISION e.V. das Projektziel:
neue medien 18 DROGENKURIER +++ Neuerscheinung +++ Neuerscheinung +++ Neuerscheinung +++ Neuerschei Gefängnismedizin Das Buch enthält zahlreiche Abbildun- Medizinische Versorgung unter gen und Tabellen und ist didaktische her- Haftbedingungen vorragend aufbereitet. Erstmalig liegt hiermit in Deutschland ein Bessere Gesundheitsversorgung in Haft! interdisziplinäres Handbuch zur Gefäng- • Alles zur besonderen Situation des me- nismedizin vor. Autoren sind namhafte dizinischen Personals in Haftanstalten gesundheitswissenschaftliche und rechts- • der Arzt im Justizvollzug als Gutachter; wissenschaftliche Fachleute aus Deutsch- Haftfähigkeitsprüfung; Problematik der land, Österreich und der Schweiz. Das Aggravation und Simulation; Kranken- Buch umfasst die medizinische Versor- pflege im Justizvollzug gung sowohl im Justizvollzug (Männervoll- • ethische und rechtliche Grundlagen der zug, Frauenvollzug und Jugendvollzug) medizinischen Arbeit in Haftanstalten, als auch im Polizeigewahrsam. Behandelt strafrechtliche Risiken wird ein breites Spektrum spezifischer Pra- • Polizeigewahrsam und Maßregelvollzug xisproblemen, welches von Problemen der Praxisnah und alltagstauglich Opiatabhängigkeit und Infektionsprophy- • Umgang mit Infektionskrankheiten und laxe über psychiatrische und psychosoma- deren Verhütung: gefängnisspezifische tische Symptomatiken bis zu Tuberkulose Aspekte von Virushepatitiden, HIV, Tu- und Zahnerkrankungen reicht. berkulose etc. • Besonderheiten der medizinischen Versor- Wolfgang Schneider & Ralf Gerlach (Hg.): gung: Frauen- und Jugendstrafvollzug, VWB. Berlin 2009 Alter und Tod in Haft, Suchterkrankun- ISBN-13 978-3-86135-258-7 gen und allgemeinpsychiatrische Versor- gung etc. nostischen Blick auf die Ausgestaltung ge- • verstehen was gemeint ist: Glossar ge- genwärtiger Drogenhilfe und Drogenpolitik, fängnistypischer Ausdrücke nehmen sozusagen punktuell eine bilanzie- Brandaktuell – wohin führt der Weg? rende Gegenwartsanalyse vor, um darauf • Qualitätsmanagement in der medizini- aufbauend aktuelle drogenhilfepraktische schen Versorgung: Arbeit erleichtern – Ef- Entwicklungen aus akzeptanzorientierter fizienz optimieren – Ressourcen nutzen Perspektive projektbezogen zu beschrei- • Gesundheitsförderung und Prävention in ben und praktische Umsetzungsstrategi- Haft: Bedeutung der medizinischen Ver- en zu skizzieren. Die Themen reichen hier sorgung für das soziale Umfeld und für von „Drogenhilfe unter dem Diktat von die Zeit „danach“ Ökonomisierung, Qualitätssicherung, Eva- • über den Tellerrand geschaut: interna- luation und sozialer Kontrolle“, „Migration tionale Aspekte der Gesundheitsversor- und ambulanter Drogenhilfe“, „Psycho- gung in Strafanstalten; Infoboxen zu soziale Unterstützungsangebote im Rah- besonderen Programmen und Maßnah- men von Substitutionsbehandlungen“, men in Österreich und in der Schweiz. „Drogenhilfe und alternde Konsumen- ten“, „Problem- und Risikodroge Canna- bis?“, „Alkoholkonsum – (k)ein Thema der Drogenhilfe und Drogenhilfe?“, „Konsumraum als Ort der Drogenpolitik – Prävention von Drogennotfällen und Dro- Kritische Gegenwartsdiagnosen gentodesfällen“, „Reise- und Take-Home- Möglichkeiten für Substitutionspatienten“. Karlheinz Keppler, Heino Stöver (Hg.): Die Autoren dieses 45. Bandes in der Reihe Diese Veröffentlichung ist auch als ein Bei- Georg Thieme Verlag 2009 „Studien zur qualitativen Drogenforschung trag zur möglichen Auflösung der drogen- ISBN 978-3-13-147731-6 und akzeptierenden Drogenarbeit“, hrsg. politischen Erstarrung von Drogenhilfe zu 89,95 Euro von Indro e.V. werfen einen kritisch-diag- verstehen. Vielleicht ein Utopie?!
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