DIE UN-MILLENNIUMSZIELE - EIN FAHRPLAN GEGEN WELTWEITE ARMUT - 24zwoelf.de

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D I E U N - M I L L E N N I U M SZ I E L E
EIN FAHRPLAN GEGEN WELTWEITE ARMUT
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Wussten Sie, dass viele arme Länder in Asien, Afrika und Lateinamerika für jeden Dollar, den

sie als Entwicklungshilfe erhalten, zwei Dollar für den Schuldendienst aufbringen müssen?

Durch einen Schuldenerlass konnte z.B. in Tansania die Zahl der Lehrer/innen innerhalb von drei

Jahren verdoppelt werden, das Schulgeld wurde abgeschafft. Daraufhin stieg die Schülerzahl

um rasante 66 % an.

Wussten Sie, dass jede Kuh in der EU jeden Tag mit 2 Euro subventioniert wird? Demgegenü-­

ber müssen mehr als die Hälfte aller Menschen weltweit mit einem Tageseinkommen von um-­

gerechnet weniger als 2 Euro auskommen.

Wussten Sie, dass bereits 1,4 Millionen Bauern und Arbeiter vom Fairen Handel, der Alter­native

zum herkömmlichen Welthandel, profitieren?
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Ein Fahrplan gegen weltweite Armut

Die UN - Millenniumsziele
Obwohl Reichtum und Armut räumlich oft dicht beieinander liegen, klafft in vielen Ländern

die Schere zwischen den Habenden und den Nicht-Habenden zunehmend auseinander. Um die

schlimmsten Formen der Armut bis zum Jahr 2015 um die Hälfte zu senken, haben sich die Verein-

ten Nationen im Jahr 2000 gemeinsam mit den Staats- und Regierungschefs von 191 Ländern auf

acht weltweite Entwicklungsziele geeinigt – die Millenniumsziele.

Über die Hälfte der Zeit bis 2015 ist bereits ab-­   wie kam es zu den Zielen?
gelaufen. Einiges ist erreicht worden – vieles       Der Verkündung, den Anteil der Menschen, die
bleibt noch zu tun. Die acht Ziele sind eine Auf-­   in extremer Armut leben, bis zum Jahr 2015
forderung zum Handeln, sowohl in den armen           zu halbieren und den Millenniumszielen (auf
Ländern als auch bei uns. Angefangen mit For-­       englisch „Millennium Development Goals -­
derungen nach „fairen“ politischen Weichen-­         MDGs“) beim Millenniumsgipfel der Vereinten
stellungen, etwa in den Bereichen Welthan-­          Nationen ging ein längerer Prozess voraus.
del oder Klimapolitik, bis zu unserem eigenen
Konsumverhalten können wir in Deutschland            1961 begannen die Vereinten Nationen da-­
Beiträge zum Erreichen dieser Ziele leisten.         mit, alle zehn Jahre Zielvorgaben für eine ge-­
                                                     wünschte Weiterentwicklung der Länder des
Der Verband Entwicklungspolitik Niedersach-­         Südens aufzustellen. Dabei konzentrierte man
sen VEN möchte mit seinem Projekt „Planet            sich bis 1990 vor allem auf die Förderung des
8“ die Inhalte der Millenniumsziele öffentlich       wirtschaftlichen Wachstums.
bekannter machen. Der VEN erinnert daran,
dass wir hier zu Lande ebenso wie die armen          Der erste Bericht über die menschliche Ent-­
Länder der Welt aufgefordert sind, zum Ge-­          wicklung der Vereinten Nationen 1990 zeigte
lingen dieser Entwicklungsziele beizutragen.         dann aber deutlich, dass ökonomisches Wachs­
In dieser Handreichung finden Sie Informati-­        tum allein nicht automatisch zu Verbesse-­
onen über Entstehung und Inhalte der einzel-­        rungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung
nen Millenniumsziele. Es werden Zusammen-­           und Demokratie führt. Zudem wurde durch
hänge zwischen den Zielen aufgezeigt und             die zunehmende Umweltproblematik Ende
Hinweise auf Engagementmöglichkeiten und             der 80er Jahre immer offensichtlicher, dass
weitergehende Informationen gegeben. Quel-­          das Entwicklungsmodell der Industriestaaten
lenangaben finden Sie auf Seite 58.                  nicht zukunftsfähig bzw. nachhaltig ist.
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> Frieden, Sicherheit und Abrüstung               > Entwicklung und Armutsbekämpfung

Die Millenniumserklärung                          Insofern bedeutete 1990 einen Einschnitt in
                                                  die Sichtweise von „Entwicklung“.
Im September 2000 kamen hochrangige Ver-­
treterInnen von 189 Ländern, die meisten von      1992 fand die „Weltkonferenz Umwelt und
ihnen Staats- und Regierungschefs, zu dem bis     Entwicklung“ in Rio de Janeiro statt. Dort wur-­
dahin größten Gipfeltreffen der Vereinten Na-­    de das Konzept der Nachhaltigkeit als zen-­
tionen in New York zusammen.                      trale Forderung für eine anzustrebende Ent-­
                                                  wicklung formuliert und wurde zum neuen
Als Ergebnis des Treffens verabschiedeten sie     Maßstab für politische Entscheidungen und
die Millenniumserklärung. Sie beinhaltet vier     Handlungen. Kernpunkt dieser nachhaltigen
Handlungsfelder für internationale Politik, die   Entwicklung ist die Berücksichtigung von öko-­
thematisch miteinander verbunden sind:            logischen, sozialen, wirtschaftlichen und kul-­
                                                  turellen Entwicklungsfaktoren. Das zentrale
>   Frieden, Sicherheit und Abrüstung             Dokument der Konferenz ist die „Agenda 21“.
>   Entwicklung und Armutsbekämpfung
>   Schutz der gemeinsamen Umwelt                 Diese Entwicklungs-Agenda wurde schon bald
>   Menschenrechte, Demokratie und                in Hunderten von Städten weltweit zum Fahr-­
    „gute Regierungsführung“                      plan für eine nachhaltige Entwicklung.

Aus der Erklärung wurden acht weltweite Ent-­     Der Weltsozialgipfel 1995 in Kopenhagen war
wicklungsziele abgeleitet:                        das erste internationale Gipfeltreffen, das sich
                                                  ausschließlich mit sozialen Fragen befasste.
> Die Millenniums-Entwicklungsziele               Die wichtigste Botschaft des Weltsozialgipfels
                                                  war, dass wirtschaftliche und soziale Entwick-­
                                                  lung gleich wichtig sind. Seither wird die „so-­
                                                  ziale Frage“ als globales Problem angesehen,

Die UN - Millenniumsziele
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> Schutz der gemeinsamen Umwelt                  > Menschenrechte und Demokratie

das nur durch internationale Zusammenar-­        weltweit in absoluter Armut ­leben, mit einem
beit erfolgreich gelöst werden kann.             konkreten Zeitplan verknüpft. An dessen Ziel-­
                                                 marke, das Jahr 2015, muss sich der Erfolg mes-­
                                                 sen lassen. Damit ist eine Überprüfbarkeit für
Was ist das besondere an den Zielen?             alle Unterzeichnerstaaten gegeben.
Die Millenniumserklärung der Vereinten Na-­
tionen aus dem Jahr 2000 verbindet wesent-­
liche Forderungen der großen UN-Konfe-­
renzen der 90er Jahre zu einem Gesamtpaket
und stellt damit eine Neuorientierung in der     Weiterlesen
Entwicklungspolitik dar: Hier kommt das ge-­       Atlas der Globalisierung - Die neuen Daten und
wachsene Verständnis darüber zum Ausdruck,       Fakten zur Lage der Welt Karten und Hintergrund-­
dass zwischen den verschiedenen globalen         informationen zum Thema „Globalisierung“ (Le
Problemen Wechselwirkungen bestehen und          Monde diplomatique, taz-Verlags- und Vertriebs
sie ganzheitlich betrachtet und gemeinsam        GmbH, Berlin 2006)
angegangen werden müssen. Sie definieren
die Werte, Themen und Ziele, an denen sich       Weitersurfen
die Aufgaben der Vereinten Nationen orien-­        www.un.org/millenniumgoals Die vereinten Na-­
tieren.                                          tionen und die Millenniumsziele
                                                   www.8goals4future.at     Sehr   gute      Website
Die acht Millenniumsziele bedeuten für die       zur Entwicklungszusammenarbeit, nicht nur für
Menschen, deren grundlegende soziale Rech-­      ­Jugendliche
te nicht gewährleistet sind, die Chance ei-­       www.millenniumcampaign.de Offizielle UN-Kam­­
ner Verbesserung ihrer Lebensbedingungen.        pagne der Millenniumsziele in Deutschland
Zum ersten Mal sind Ziele zur Verbesserung         www.deine-stimme-gegen-armut.de Kampagne
der Situation der 1,2 Milliarden Menschen, die   zu den Millenniumszielen
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ahimaz
A lles H ä ngt I mmer M it A llem Z usammen
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AHIMAZ

Alles Hängt Immer Mit Allem Zusammen
Armut hat viele Gesichter und die Ursachen sind vielfältig und miteinander verwoben. Die acht

Millenniumsziele stellen nur einen kleinen Ausschnitt von Einzel-Themen dar, die von der UNO

ausgewählt wurden. Dabei tritt jedoch in den Hintergrund, dass alle Themen eng mit­einander

vernetzt sind.

Die Ziele bedingen und beeinflussen sich ge-­     Das Beispiel Klimawandel
genseitig, in positiver wie negativer Hinsicht.   Ein Beispiel für die Vernetzung der Welt und
Die Probleme und Ursachen sind vielfältig und     die Auswirkungen der Politik und Handlungen
lassen sich in acht Zielen nicht ausreichend      der Industriestaaten auf andere Länder lässt
zusammenfassen. Der Begriff „AHIMAZ“ (Ab-­        sich am Beispiel des Klimas zeigen. Der Kli-­
kürzung von „Alles hängt immer mit Allem zu-­     mawandel wird durch Treibhausgase (insbe-­
sammen“) - soll zum Ausdruck bringen, dass        sondere CO2 ) bewirkt, die vor allem durch das
die Probleme miteinander zusammenhängen           Verbrennen von fossilen Brennstoffen wie z.B.
und damit auch komplexer Lösungen bedür-­         Erdöl oder Kohle entstehen. Es gilt inzwischen
fen. Das Erreichen eines einzigen der Millen-­    als erwiesen, dass dies zu einer Erwärmung
niumsziele hätte auch direkte Auswirkungen        der Atmosphäre, zum Schmelzen der Polkap-­
auf die Erreichung anderer Ziele. Anders­herum    pen und damit zum Anstieg des Meeresspie-­
kann kein Ziel allein ohne die Berücksichti-­     gels führt.
gung der anderen Ziele erreicht werden.
                                                  Für den weitaus größten Teil der Treibhaus-­
Auch das politische und wirtschaftliche Han-­     gase sind die wirtschaftlich entwickelten Län-­
deln einzelner Staaten hat Auswirkungen auf       der Europas und Nordamerikas verantwort-­
die übrigen Länder der Welt. Wir in den Indus-­   lich, in zunehmendem Maße auch China und
trieländern haben Möglichkeiten, positiv auf      Indien. Jeder Deutsche verbraucht bis zu 100
eine Veränderung hinzuwirken und stehen           mal mehr Energie als die Menschen in Afrika
auch in einer besonderen Verantwortung,           oder in den armen Ländern Asiens. Infolge der
einen globalen Wandel (z.B. in der weltwei-­      Erderwärmung kommt es zu den uns schon
ten Handelspolitik oder in unseren Konsum-­       bekannten Sturmfluten in Küstengebieten,
mustern) herbei zu führen. Auch hier gilt also    häufigeren und stärkeren Orkanen und star-­
­AHIMAZ - Alles hängt immer mit Allem zu-­        ken Niederschlägen.
 sammen!
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> Jeder Deutsche verbraucht bis zu 100-mal ...    ... mehr Energie als die Menschen in ...

Je wärmer es wird, desto rascher steigt der       vielen Menschen das Leben. Aufgrund der Kli-­
Meeresspiegel. Im 20. Jahrhundert ist der glo-­   ma-Erwärmung geht man davon aus, dass am
bale Meeresspiegel schon um knapp 20 cm           Ende des 21. Jahrhunderts ein Drittel Bangla-­
angestiegen und nach Schätzungen des Pots-­       deschs unter Wasser stehen wird, weil es als
damer Instituts für Klimafolgenforschung          armes Land kaum Möglichkeiten hat, sich der
wird er voraussichtlich bis zum Jahr 2100 um      neuen Situation anzupassen. Die Finanzmittel
50-140 cm steigen. Nach aktuellen Prognosen       für ein Deichbauprogramm wären nicht auf-­
werden ca. 30 % der nahrungsreichen Küsten-­      zubringen. Somit ist Bangladesch, wie viele
regionen durch den Anstieg des Meeresspie-­       andere flache Küsten- oder Inselstaaten, sehr
gels verloren gehen. Allein in Bangladesch        stark vom Klimawandel betroffen und würde
leben 40 Millionen Menschen in von Fluten         schwere menschliche und materielle Verluste
bedrohten Gebieten. Der Verlust von Landge-­      erleiden.
bieten ist besonders für flache Küstenstaaten
wie die Niederlande, Dänemark und Bangla-­        Auf der anderen Seite dehnen sich durch die
desch und für Inselstaaten wie z.B. die Male­     Verschiebung der Klimazonen und die zuneh-­
diven oder viele Länder im Pazifik bedeutsam.     mende Erwärmung die Wüstengebiete der
                                                  Welt aus. Hitzewellen und Dürren vernichten
Die Niederlande und Dänemark wären auf            Ernten, es kommt vermehrt zu Waldbränden.
Grund ihrer finanziellen Möglichkeiten in der     Den Menschen wird durch den Verlust von
Lage, sich anzupassen, Deiche auszubauen          nutzbarem Boden ihr Lebensraum entzogen,
und damit Schaden an Menschenleben und            sie sind gezwungen in andere Regionen oder
Wirtschaft abzuwenden. Im Gegensatz hier-­        gar Länder umzusiedeln. Aufgrund der Er-­
zu steht Bangladesch, einer der ärmsten Staa-­    wärmung vergrößern sich die Verbreitungs-­
ten und mit 147 Millionen Einwohnern das          gebiete von Unterernährung, Durchfall und
siebt­bevölkerungsreichste Land der Welt. Die     Infektionskrankheiten und es werden höhere
Landwirtschaft ist der Haupterwerbssektor.        Sterberaten durch Hitzewellen, Fluten und
Fluten sind die Regel und kosten regelmäßig       Dürren erwartet. Eine Studie der Universität

AHIMAZ - Alles Hängt Immer Mit Allem Zusammen
11

... Afrika oder in den armen Ländern Asiens.

Hamburg von Juni 2007 rechnet bis zum Jahr         HIV/AIDS wird in einigen Gebieten die Sterb-­
2035 mit bis zu 200 Millionen Klimaflücht­         lichkeitsrate von Kindern (Ziel 4) und Müttern
lingen weltweit.                                   (Ziel 5) gleichermaßen zunehmen.

Insbesondere die armen Länder, denen die           Der Zugang zu sauberem Trinkwasser und
technischen und finanziellen Mittel für Schutz-­   ­sanitärer Grundversorgung, die in Ziel 7 das
maßnahmen fehlen, bekommen die Auswir-­             Thema sind, wird ebenfalls durch die klima-­
kungen des Klimawandels bereits jetzt zu           wandelbedingten Dürren, Überschwemmun­
spüren. Trotz des klaren Zusammenhangs von          gen und Migrationsströme massiv erschwert.
Treibhausgas-Ausstoß und Erderwärmung ist
die Bereitschaft zu wirklich durchgreifenden       Ziel 8, der Aufbau einer weltweiten Entwick-­
Reformen im energie- und umweltpolitischen         lungspartnerschaft, bietet bei richtiger Um-­
Bereich noch immer gering. Nach dem AHI-­          setzung gute Chancen für eine Verhinderung
MAZ-Prinzip gefährdet der Klimawandel mas-­        der schlimmsten Folgen des Klimawandels
siv das Erreichen der acht Millenniumsziele.       und ist insofern zentral im Einfluss auf das Kli-­
Durch die Einbußen von Ernten insbesondere         ma in der Welt.
in Gebieten, die schon jetzt unter einer kri-­
tischen Versorgungslage leiden, wird die Ver-­     Dazu müssen aber vor allem die Industrie­
minderung von Hunger (Ziel 1) erschwert.
                                                   länder ihre Verantwortung für eine grundsätz-
Durch Vertreibung der Menschen aufgrund
von Überflutungen oder Dürren wird das Sozi-­      liche Veränderung des Welthandels­systems
algefüge und die Grundversorgung gefährdet,
so dass selbst die Grundschulbildung nicht         sowie eine Neuorientierung im Energiesektor
mehr gewährleistet werden kann (Ziele 2 + 3).­
Durch die Ausweitung von Infektionskrank-­         anerkennen und konsequent umsetzen.
heiten wie z.B. Malaria, Cholera oder auch
1
             Armut und Hunger bekämpfen

2
          Grundschulbildung für alle Kinder

3
    Gleiches Recht für Frauen und Mädchen

      Sterblichkeitsrate von Kindern senken

4
5
            Müttersterblichkeit senken

6
                   Gesundheit für Alle

7
                  Eine intakte Umwelt

8
    Weltweite Partnerschaft entwickeln
M illenniumsziel 1

Armut und Hunger
             bekämpfen

Im Vergleich zu 1990 soll bis 2015 der An-­
teil der Menschen halbiert werden, die
in extremer Armut leben, d.h. deren Ein-­
kommen weniger als 1 Dollar pro Tag be-­
trägt. Im Vergleich zu 1990 soll bis 2015
der Anteil der hungernden Menschen
weltweit halbiert werden.

                                                     1
16

Von den 6,6 Milliarden Menschen weltweit steht ca. 1,2 Milliarden weniger als ein US-Dollar pro

Tag zur Verfügung. Sie gelten damit als extrem arm. Über die Hälfte der Weltbevölkerung hat

weniger als zwei US-Dollar täglich zur Verfügung.

Armut wird in diesem Ziel vor allem als ein
finanzielles Problem gesehen. Aber Armut
hat, abgesehen von dieser rein wirtschaft-­
lich betrachteten „Ein-Dollar-Grenze“, viele
Gesichter und Ursachen, die sich nicht allein
an einem Mangel an Einkommen festma-­
chen lassen. Dazu gehören unzureichende Be­
teiligungsmöglichkeiten am wirtschaftlichen
und politischen Leben, Missachtung der Men-­
schenrechte, mangelnde Bildungsmöglich­kei­
ten, Flucht und Migration, Korruption oder der    > Was sind die wesentlichen Faktoren für
fehlende Zugang zu lebenswichtigen Ressour-­      Lebens­qualität?
cen wie z.B. Wasser und Boden.
                                                  ­ frika zu und konnten auch in Osteuropa
                                                  A
Dies sind wesentliche Faktoren, die über          und Zentralasien nicht vermindert werden.
Lebens­qualität entscheiden, ohne dass sie sich   Auch zeigen sich große Unterschiede in der
zwingend in einer Geldsumme ausdrücken            Armutsverteilung innerhalb der Länder. So ist
lassen oder in direkter Abhängigkeit von der      die Armut innerhalb eines Landes oft in den
zur Verfügung stehenden Geldmenge stehen.         ländlichen Gebieten höher als in den Städten.
Umgekehrt kann man einkommensarm sein             Im südlichen Afrika lebten im Jahr 2001 nach
und trotzdem keinen Mangel leiden, sofern         Angaben der Weltbank 46 % der Bevölkerung
man in einem friedlichen, sozial gesunden         in extremer Armut, drei Viertel davon in länd-­
Umfeld lebt mit freiem Zugang zu natürlichen      lichen Gebieten.
Ressourcen und Bildung.
                                                  Neben der Armutsbekämpfung widmet sich
Die Welt hat bereits große Anstrengungen          Ziel 1 insbesondere dem Kampf gegen den
im Kampf gegen die Armut unternommen.             Hunger. Alle 3,6 Sekunden verhungert ein
Die Anzahl der in extremer Armut lebenden         Mensch darunter sind viele Kinder unter fünf
Menschen ging in den letzten fünf Jahren um       Jahren. Jeden Tag gehen mehr als 850 Millio-­
schätzungsweise 130 Millionen zurück, jedoch      nen Menschen, davon 300 Millionen Kinder,
gibt es enorme Unterschiede zwischen den          hungrig schlafen. Von diesen Kindern ist nur
Ländern. Während vor allem in China eine          ein kleiner Teil Opfer einer akuten Hungers-­
­Reduktion extremer Armut erfolgte, nahmen        not. Mehr als 90 % leiden an langfristiger
 Armut und Unterernährung im südlichen            Mangelernährung.

1 Armut und Hunger bekämpfen
17

Gleichzeitig verbraucht das reichste Fünftel           Die Erfolge beim Kampf gegen den Hunger
der Weltbevölkerung 16-mal so viel Nahrung             sind regional sehr unterschiedlich. Fortschritte
wie das ärmste Fünftel.                                wurden vor allem in China, Indien und Latein­
                                                       amerika erreicht. Entgegen der ansonsten ne-­
Während mehr als eine Milliarde Menschen               gativen Tendenz im südlichen Afrika konnte
in Industrieländern überernährt sind, sterben          in Uganda der Anteil der absolut armen Men-­
täglich rund 30.000 Kinder an den Folgen des           schen im Zeitraum zwischen 1990 und 2005
Hungers.                                               von 56% auf 31% gesenkt werden.

Weiterlesen
  Wirtschaft global - Hunger egal? Grundlagentext        www.2015.venro.org Verband Entwicklungspoli-­
über Armut, Hunger und deren Ursachen (VSA Ver-­       tik Deutscher Nichtregierungsorganisationen: Wei-­
lag, Hamburg 2005)                                     tergehende Information über den aktuellen Stand
  Entwicklungspolitik – Lern und Arbeitsbuch Stan-­    bei der Verwirklichung der Millennniums-Entwick-­
dardwerk zur Entwicklungspolitik (Franz Nuscheler,     lungsziele. „Perspektive 2015 - Armutsbekämpfung
Dietz Verlag, Bonn 2004)                               braucht Beteiligung “:
  Atlas der Weltverwicklungen Schaubilderbuch            www.das-hunger-projekt.de Das Hunger-Projekt:
über Armut, Wohlstand und Zukunft in der Einen         Informationen zum Thema „Welthunger“
Welt (Hrsg: Welthaus Bielefeld, IIZ des DVV, Lan-­       www.welthungerhilfe.de Welthungerhilfe
desinstitut für Schule und Weiterbildung u.a., Peter     www.oxfam.de Internationale Organisation zur
Hammer Verlag, Wuppertal 2001)                         Entwicklungszusammenarbeit - für eine gerechte
                                                       Welt ohne Armut
Weitersurfen
  www.fao.org Die offizielle Website der Welter-­      M u lt i m e d i a
nährungsorganisation der UNO (Englisch)                  basic needs - Eine faire Chance für alle CD-ROM
  www.wfp.org/german Die offizielle Website des        mit Texten, Bildern, Filmen zum Thema mensch-­
UN-Welternährungsprogramms.                            liche Grundbedürfnisse (Diakonisches Werk der EKD,
  www.bmz.de Die offizielle Website des Bundes-­       Hrsg.: Brot für die Welt; in Zusammenarbeit mit dem
ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit        Institut für Friedenspädagogik Tübingen e.V. , 2003)
und Entwicklung BMZ.                                     We feed the world - Essen global Prämierter
  www.fian.de FIAN - FoodFirst Informations- und       Dokumentarfilm über die globalisierte Nahrungs­
Aktions-Netzwerk. Zur Information und zum selbst       mittelproduktion (Regie Erwin Wagenhofer, Produk­
mitmachen: internationale Menschenrechtsorgani-­       tion: Allegro Film / Österreich 2005)
sation, die sich dafür einsetzt, dass alle Menschen
frei von Hunger leben und sich eigenverantwortlich
ernähren können
M illenniumsziel 2

Grundschulbildung
           für alle Kinder

Bis zum Jahr 2015 sollen alle Kinder in
der ganzen Welt, Jungen wie Mädchen,
eine Grundschulbildung voll­ständig­ ab­
schließen können.

                                    2

                                                         2
                                        Grundschulbildung für alle Kinder
20

Eine Grundschulbildung gehört bei uns zum Standard. Aber ungefähr 100 Millionen Kinder im

Grundschulalter gehen laut UNESCO weltweit nicht zur Schule. Die große Mehrheit davon sind

Mädchen, wobei ihre Einschulungsrate im ländlichen Raum besonders gering ist.

Die Hälfte aller Kinder ohne Schulbildung lebt    Nach dem AHIMAZ-Prinzip („Alles hängt im-­
in Afrika südlich der Sahara. Weltweit stieg      mer mit Allem zusammen“ - Seite 9) hat das
die Einschulungsrate für die Grundschule von      Erreichen dieses Ziels auch unmittelbar Ein-­
83 % (1999) auf 86 % (2004). Die gestiegenen      fluss auf die Erreichung von Ziel 5, das auf die
Einschulungsraten kamen vor allem den Mäd-­       Verbesserung der Gesundheit von Müttern
chen zu Gute. Doch die Abbrecherquoten sind       abzielt und Ziel 6, bei dem die Bekämpfung
hoch und die Unterschiede zwischen den ein-­      von AIDS im Mittelpunkt steht. Mütter mit
zelnen Regionen groß: ­Lateinamerika und die      Schulbildung lassen ihre Kinder zu 50 % mehr
Karibik stehen mit einer Einschulungsrate von     impfen als Mütter ohne Schulbildung. Inso-­
fast 96 % kurz vor der Verwirklichung der all-­   fern hat die Erfüllung dieses Zieles auch einen
gemeinen Grundschulbildung. Südasien und          erheblichen Einfluss auf die Verringerung der
südliches Afrika sind hingegen noch weit vom      Kindersterblichkeit, die in Ziel 4 angestrebt
angestrebten Ziel entfernt.                       wird.

Die Zahl der erwachsenen Menschen, die            Bildung schafft Perspektiven, sie fördert de-­
nicht lesen und schreiben können, ist seit        mokratische Entwicklungen und hilft, Kriege
1990 um rund 100 Millionen gesunken, den-­        und Umweltzerstörung zu verhindern. Trotz
noch sind derzeit noch immer über 771 Milli-­     des Wissens um diese Zusammenhänge sinkt
onen erwachsene Menschen Analphabeten,            der Entwicklungshilfeanteil, der für Bildung
etwa jeder Fünfte weltweit. Zwei Drittel von      zur Verfügung gestellt wird, seit Jahren. Gera-­
ihnen sind Frauen. Der Rückgang der Zahl der      de Regionen mit den größten Armutsproble-­
Analphabeten weltweit ist vor allem auf eine      men und dem größten Bildungsrückstand wie
deutliche Verbesserung der Bildungssituation      das südliche Afrika sowie Süd- und Westasien
in China zurückzuführen (UNESCO 2007).            werden besonders vernachlässigt.

Die Fähigkeit, lesen und schreiben und damit      Zugang zu Schulbildung ist von vielen Fak-­
an Informationen teilhaben zu können, ge-­        toren abhängig: Bildungshindernisse liegen
hört zu den wichtigsten Voraussetzungen für       insbesondere in der HIV/AIDS-Epidemie, Krie-­
die Bekämpfung von Hunger, Armut und auch         gen, Naturkatastrophen und Armut, die Kin-­
Krankheiten wie HIV/AIDS. AIDS verbreitet sich    der zwingt zu arbeiten, anstatt zur Schule zu
unter Mädchen ohne Schulbildung doppelt so        gehen. In sehr vielen Ländern sind aber auch
rasch wie unter Mädchen, die wenigstens über      Schulgebühren das Haupthindernis für den
eine geringe Schulbildung verfügen.               Schulbesuch.

2 Grundschulbildung für alle Kinder
Zum Beispiel

                                                    Grundschulbildung für
                                                    Kinder in Nordindien
                                                    Mehr als 40 % der Kinder in Nordindien wer-­
                                                    den schon vorzeitig von ihren Eltern aus der
                                                    Schule genommen, um die Familie finan­ziell
                                                    zu unterstützen – oft bevor sie richtig lesen
                                                    und schreiben können. In den Elendsgebieten
                                                    der nordindischen Staaten Rajasthan, Uttar
                                                    Pradesh und Bihar arbeitet die Organisation
> Bildung schafft Perspektiven!                     Oxfam gemeinsam mit der Partnerorganisati-­
                                                    on „Pratham Mumbai Education Initiative“ in
Die Bildungskrise im südlichen Afrika­ und die      rund 600 besonders armen Gemeinden.
HIV/AIDS-Epidemie verstärken sich gegen-­
seitig. Die UNESCO schätzt, dass dort allein        Ziel ist es, allen Kindern zwischen 6 und 14
im Jahr 1999 etwa 860.000 Kinder ihre Leh-­         Jahren eine gute Grundschulbildung zu er­
rerInnen durch AIDS verloren haben. ­ Neben         möglichen und Schulabbrecher wieder in das
dem Mangel an Lehrkräften werden die Kin-­          staatliche Schulsystem zu bringen. Das hilft
der durch AIDS in hoher Zahl zu Waisen und          vor allem den stark benachteiligten Mädchen.
Straßenkindern.
                                                    Oxfam finanziert u.a. Schulbänke, Wandtafeln
                                                    und Arbeitsmaterialien. Außerdem werden
                                                    1.800 LehrerInnen ausgebildet. Sie sollen nicht
                                                    nur unterrichten, sondern auch eine Vorbild-­
Weitersurfen                                        funktion innerhalb der Gemeinde einnehmen.
  www.tdh.de terre des hommes, eine Hilfsorgani-­
sation für Kinder in Not                            Darüber hinaus richtet Oxfams Partnerorga-­
  www.bildungskampagne.org Globale Bildungs-­       nisation Pratham Büchereien ein und bildet
kampagne – deutsche Sektion                         dazu Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus.
  www.plan-deutschland.de Internationale Kinder-­   Dabei setzt die Organisation vor allem auf
hilfsorganisation mit Schwerpunkt Kinderpaten-­     junge Frauen, denen auf diese Weise ermög­
schaften                                            licht wird, aus eigener Kraft ihren Lebensun-­
  www.jugendaktion.de Zwischenfunken: der Bil-­     terhalt zu sichern.
dungspiratensender mit Beiträgen zum Menschen-­
recht auf Bildung                                   www.oxfam.de
  www.rugmark.de Rugmark, eine internationale
Initiative gegen Kinderarbeit
M illenniumsziel 3

Gleiches Recht für
     Frauen und Mädchen

Frauen und Mädchen sollen auf allen
Bildungsebenen gleiche Chancen wie
Männer und Jungen erhalten.

                                         3
24

80% der Armen weltweit sind Frauen und Mädchen. Schon im Bildungsbereich gibt es starke

Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen. Von den 771 Millionen erwachsenen Analpha-

beten weltweit sind zwei Drittel Frauen. Ohne Grundschulbildung haben sie kaum eine Chance,

eigenes Einkommen zu verdienen und damit wirtschaftlich unabhängig zu werden.

Global gesehen verrichten Frauen zwei Drittel       Wirtschaftlich sind Frauen eher in unterbe-­
aller geleisteten Arbeit. Sie erhalten dafür aber   zahlten Bereichen tätig und erhalten für die
nur ein Zehntel des Einkommens und besitzen         gleiche Arbeit in der Regel geringere Löhne als
nur 1 % des Eigentums. Häufig sind sie zudem        ihre männlichen Kollegen.
durch die Betreuung ihrer ­ Familien und die
Erwirtschaftung von Einkommen einer Mehr-­          Auch dieses Ziel ist, nach dem AHIMAZ-Prinzip
fachbelastung ausgesetzt.                           mit Ziel 2 (Förderung der Grundschulbildung),
                                                    Ziel 4 (Senkung der Kindersterblichkeit) und
                                                    Ziel 6 (Bekämpfung von AIDS) vernetzt.

                                                    Die Fortschritte auf dem Weg zur Gleichbe-­
                                                    rechtigung der Geschlechter reichen nicht
                                                    aus, um bis 2015 die Geschlechterdefizite im
                                                    Bildungsbereich zu überwinden. Bisher haben
                                                    nur zwei Drittel von 181 Ländern eine Gleich-­
                                                    berechtigung im Zugang zur Grundschulbil-­
                                                    dung erreicht.
> Global gesehen verrichten Frauen zwei Drittel
 aller geleisteten Arbeit

Zugleich haben Frauen oft eine zentrale Rolle       Weitersurfen
in der Landwirtschaft, im Bildungs- und Ge-­          www.terre-des-femmes.de         Die   Frauenrechts­
sundheitswesen und für den Zusammenhalt             organisation Terre des Femmes
von Familien und Dorfgemeinschaften.                  www.wgnrr.org Women’s Global Network for
                                                    ­Reproductive Rights (Englisch)
Frauen sind in vielen Ländern benachteiligt,          www.forumue.de Forum Umwelt & Entwicklung:
werden nicht respektiert oder werden diskri-­       NRO mit Arbeitsgruppe zu Frauenthemen
miniert. In zahlreichen nationalen Parlamen-­         www.becauseiamagirl.org Initiative für Mädchen
ten sind sie weniger oder gar nicht vertreten.      von Plan International (Englisch)

3 Gleiches Recht für Frauen und Mädchen
Zum Beispiel

Bildung für Frauen im Senegal: Wissen ist kein
Privileg der Männer
Nur wenige senegalesische Frauen haben in ihrer Kindheit eine Schule besucht und auch ihren
Töchtern geht es heute kaum besser. Das verringert nicht nur ihre Chancen auf dem engen for-­
mellen Arbeitsmarkt, es erschwert auch andere wirtschaftliche Aktivitäten wie den Kleinhandel
oder die Herstellung und Vermarktung landwirtschaftlicher und handwerklicher Produkte.

ASAFODEB, die „Senegalesische Vereinigung zur Unterstützung von Ausbildung zu basisorien-­
tierter Entwicklung“, bietet deshalb Alphabetisierungskurse an, in denen die Frauen weitere
nützliche Kenntnisse und Fertigkeiten erwerben. Sie erfahren etwas über Malariavorsorge oder
ökologischen Landbau und lernen, Stoffe zu färben oder Nahrungsmittel weiter zu verarbeiten.

Erwünschter Nebeneffekt: Die Frauen werden selbstbewusster und stehen für ihre Interessen
ein. Awa Fall aus dem Dorf Keur Issa sagt: „Früher blieb ich still, auch wenn es um meine eigenen
Probleme und Hoffnungen ging. Jetzt hat sich das geändert. Ich bearbeite mit anderen Frauen
einen Garten. Wir haben gemerkt, dass wir Vieles können und haben Verantwortung übernom-­
men. Heute kommt im Dorf niemand mehr an unserer Meinung vorbei.“

www.aswnet.de
M illenniumsziel 4

Sterblichkeitsrate von
           Kindern senken

Die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf
Jahren soll zwischen 1990 und 2015 um zwei
Drittel gesenkt werden.

                                            4
28

Jährlich sterben weltweit 11 Millionen Kinder vor ihrem fünften Geburtstag - 30.000 Kinder pro

Tag. Die Hauptursachen für den Tod vieler Kinder unter 5 Jahren sind Krankheiten wie Durchfall,

Erkältung, Masern. Krankheiten, die durch Impfschutz, ausreichende Ernährung, sauberes Wasser,

Hygienemaßnahmen und einfache Medikamente verhindert oder behandelt werden können.

Etwa zwei Drittel der Todesfälle im Kindesal-­     Frauen mit Schulbildung bekommen meist
ter könnten durch kostengünstige Maßnah-­          weniger Kinder und können diese besser ver-­
men verhindert werden. Sechs Millionen Kin-­       sorgen. Die Überlebensrate von Kindern, de-­
der sterben jährlich allein an den Folgen von      ren Mütter über eine fünfjährige Grundschul-­
Unter­ernährung, unter der immer noch über         bildung verfügen, ist über 40 % höher als bei
150 Millionen Kinder unter fünf Jahren leiden.     den Kindern von Müttern ohne Schulbildung.
Die Beseitigung der extremen Armut (Ziel 1)        Auch auf Grund der AIDS-Epidemie ist die Kin-­
und Senkung der Kindersterblichkeit hängen         dersterblichkeit wieder angestiegen; in man-­
also unmittelbar zusammen.                         chen Ländern so extrem, dass dort jetzt so
                                                   viele kleine Kinder sterben, wie schon seit 30
Insgesamt ist der Anteil der Kinder, die vor       Jahren nicht mehr.
dem fünften Lebensjahr sterben, in den letz-­
ten Jahren zwar gesunken, aber in 16 Ländern       Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen
(14 davon in Afrika) sind die Sterblichkeitsra-­   der Gesundheit von Kindern und der Umwelt,
ten von Kindern unter fünf Jahren heute hö-­       die in Ziel 7 im Zentrum steht. Wie die Weltge-­
her als 1990. Dort wird dieses Millenniumsziel     sundheitsorganisation WHO im Jahr 2006 be-­
nicht termingerecht erreicht. Dementspre-­         richtet, werden 24% aller Krankheitsfälle und
chend hat auch der Anteil der unterernährten       23% aller Todesfälle weltweit durch mensch-­
Menschen in den Ländern im südlichen Afrika        lich verursachte Umweltbelastungen hervor-­
und in Südasien zugenommen.                        gerufen.

Armut, Unterernährung und schlechte Ge-­           Einen großen Einfluss auf das Überleben und
sundheit sind ein Kreislauf. Dabei steht die       die Gesundheit von Kindern haben Kriege und
Kindersterblichkeit in unmittelbarem Zusam-­       bewaffnete Konflikte. In mehr als 40 Staaten
menhang mit der Müttergesundheit, da sich          herrscht derzeit Krieg oder Bürgerkrieg. Nach
der schlechte Ernährungszustand der Mutter         Angaben der Menschenrechtsorganisation
oft in Mangelernährung der Neugeborenen            Terre des Hommes starben im vergangenen
fortsetzt. Wichtige Maßnahmen zur Senkung          Jahrzehnt zwei Millionen Kinder in Kriegen
der Kindersterblichkeit liegen im Bereich der      und durch bewaffnete Konflikte. Mehr als
Bildungsarbeit mit werdenden Müttern und           dreimal so viele wurden verletzt oder trugen
Eltern. Die Kindersterblichkeit sinkt, je länger   Behinderungen davon.
die Mütter zur Schule gegangen sind.

4 Sterblichkeitsrate von Kindern senken
29

Selbst viele Jahre nach offiziellen Friedens-­
verträgen leiden Kinder unter den Folgen
von Krieg und Gewalt. Auseinander gerissene
­Fami­lien und Gemeinschaften, verminte Feld-­
 er, zerstörte Dörfer, zu wenig Schulen, man-­
 gelhafte Infrastruktur und Flucht verursachen
 eine rasant steigende Zahl von Straßenkin-­
 dern, deren Gesundheit und Überleben beson-­
 ders gefährdet ist.

In Afrika waren Straßenkinder lange Zeit ein
praktisch unbekanntes Phänomen. Bürger-­
kriege, extreme Armut sowie die rasante Aus-­
breitung von HIV/AIDS haben jedoch dazu ge-­      > Verbesserung der Kindergesundheit
führt, dass auch dort immer mehr Kinder auf
der Straße leben.                                 Alle diese Faktoren, die zunächst einmal nicht
                                                  direkt mit dem Ziel der Verbesserung der Kin-­
UNICEF schätzt, dass 33 Millionen Kinder welt-­   dergesundheit in Verbindung gebracht wer-­
weit auf der Straße leben. Sie halten sich mit    den, spielen bei näherem Hinsehen eine große
legalen und illegalen Tätigkeiten über Was-­      Rolle. Zur Erreichung von Ziel 4 reichen Impf-­
ser. Um sich „auf der Straße“ behaupten zu        programme und medizinische Versorgung al-­
können, übernehmen die Kinder oft auch die        leine nicht aus.
Ver­haltensweisen von Erwachsenen aus dem
Straßenmilieu: Sie „organisieren“ Geld durch      Genauso müssen Armut vermindert (Ziel 1),
gewaltsamen Diebstahl, Prostitution und Dro-­     Bildung gefördert (Ziel 2 und 3), HIV/AIDS be-­
genhandel. Straßenkinder sind dadurch extre-­     kämpft (Ziel 6) und umfassende friedenspoli-­
men Risiken ausgesetzt, viele von ihnen sind      tische Maßnahmen umgesetzt werden.
selbst drogenabhängig. Gesundheitliche Ver-­
sorgung haben sie nicht.

Kriegerische Auseinandersetzungen haben           Weitersurfen
oftmals zur Folge, dass Kinder in Gefahr sind,      www.unicef.de Das Kinderhilfswerk der Verein-­
von Militärs oder Rebellen zwangsrekrutiert       ten Nationen
zu werden. Manchmal gehen entwurzelte               www.tdh.de terre des hommes, eine Hilfsorgani-­
Jungen und Mädchen jedoch auch freiwillig zu      sation für Kinder in Not
ihnen – denn dort gibt es etwas zu essen und        www.savethechildren.de Save the children, eine
eine Art Gemeinschaft. Weltweit wird die Zahl     internationale Kinderrechtsorganisation (deutsche
der Kindersoldaten auf 300.000 geschätzt.         Sektion)
M illenniumsziel 5

Müttersterblichkeit senken

Zwischen 1990 und 2015 soll die Müttersterblichkeits-
rate um drei Viertel gesenkt werden.

                                               5
32

In Entwicklungsländern stirbt in jeder Minute eine Frau während der Schwangerschaft oder bei

der Entbindung, das heißt, dass täglich insgesamt 1.400 Frauen an schwangerschaftsbedingten

Ur­sachen sterben - mehr als eine halbe Million Mütter pro Jahr. 99 % dieser Todesfälle treffen

Frauen in Entwicklungsländern.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO nennt         Benachteiligung von Frauen und starke Ab-­
dieses Sterben der Mütter eine „unsichtbare       hängigkeit gehen häufig einher mit der
Epidemie“. Sie müsste sich nicht ereignen - die   ­Ver­wehrung elementarer Grundrechte:
meisten der Todesfälle sind auch in den Län-­
dern des Südens vermeidbar. Dennoch tragen        > Das Recht der freien Entscheidung zur Ehe.
Frauen in den ärmsten Ländern ein Risiko von
1 : 16, bei der Geburt zu sterben. Bei uns ist    > Das Recht auf freie Entscheidung über die
dieses Risiko geringer als 1 : 2.000.             Zahl der Kinder und freie Entscheidung über
                                                  die Abstände zwischen Schwangerschaften
                                                  und deren Zeitpunkt.

                                                  > Das Recht auf Zugang zu bestmöglichen
                                                  Diensten der reproduktiven Gesundheit, um
                                                  notwendige Informationen und eine gesunde
                                                  Mutterschaft und eine sichere Geburt zu ge-­
                                                  währleisten.

                                                  > Das Recht auf Freiheit vor sexuellem Zwang
                                                  und sexueller Gewalt sowie Schutz vor Sex
                                                  mit fehlenden Verhütungsmitteln.

                                                  Die gesundheitliche Versorgung der Schwan-­
                                                  geren ist in vielen Ländern schlecht. Mehr als
> Das Recht auf freie Entscheidung über die       die Hälfte aller Frauen in armen Ländern ent-­
  Zahl der Kinder                                 binden ohne die Hilfe eines Arztes oder einer
                                                  Hebamme. Im südlichen Afrika entbinden nur
Müttersterblichkeit hat vielfältige, mitein­      39 % und im südlichen Asien nur 36 % der Frau-­
ander verflochtene Ursachen. Der geringe          en mit medizinischer Betreuung. Hier spielt
gesellschaftliche Status von Mädchen und          traditionelles Wissen bei der Geburtshilfe­ oft
Frauen und mangelnde Aufklärung sind die          eine wichtige Rolle.
Hauptursachen für zu frühe, zu häufige und
ungewollte Schwangerschaften.

5 Müttersterblichkeit senken
33

Unsichere Abtreibungen, aber auch Infekti-­      Weitersurfen
onen durch sexuell übertragbare Krankheiten        www.bmz.de Bundesministerium für wirtschaft-­
einschließlich HIV/AIDS gehören neben einer      liche Zusammenarbeit und Entwicklung (u.a. Infor-­
höheren Sterblichkeit zu den fatalen Folgen      mationen zum Thema Genitalverstümmelung und
der unausreichenden Gesundheitsversorgung        Müttersterblichkeit)
und der starken Abhängigkeit von Frauen in­        www.medico.de medico international, eine Men­
­finanzieller und sozialer Hinsicht.             schenrechtsorganisation mit dem Schwerpunkt
                                                 Gesund­heitssicherung für Menschen in Not und Ar-­
Neben der Betreuung während Schwanger-­          mut
schaft und Geburt spielt folglich die Verhü-­      www.wgnrr.org Women’s Global Network for
tung ungewollter Schwangerschaften und die       Reproductive Rights (Englisch, Französisch und Spa-­
Reduzierung unsicherer Schwangerschafts-­        nisch)
abbrüche eine wichtige Rolle bei der Verrin-­      www.lebenschancen-international.de       Beispiel-­
gerung der Müttersterblichkeit. Ungewollte       projekte und Informationen zur Müttersterblichkeit
Schwangerschaften, die durch sexuelle Ge-­       in Südländern und
walt im Rahmen von Kriegen und gewalt-­            www.aswnet.de Aktionsgemeinschaft Solida-­
samen Konflikten entstehen, sind dabei für       rische Welt: diverse Projekte u.a. zu Gesundheits-,
Frauen besonders dramatisch.                     Kinder- und Frauenthemen

Nach Schätzungen der WHO sind immer noch
130 Millionen Frauen weltweit Opfer von Geni­
talverstümmelungen und jedes Jahr kommen
zwei Millionen Mädchen und Frauen hinzu.
Geburten dieser betroffenen Frauen ver­laufen
häufig mit lebensgefährlichen Komplika­
tionen für Mutter und Kind und tragen so zu
einer Erhöhung der Müttersterblichkeit bei.

Die Stärkung der gesellschaftlichen Rechte von
Frauen und Mädchen ist der Schlüssel zur Sen-­
kung der Müttersterblichkeit. Können Frauen
ihre Rechte einklagen, zieht dies oftmals eine
Verbesserung des Zugangs zu Gesundheits-­
diensten nach sich. Zudem tragen Bildung
und Frauenförderung indirekt zur Senkung
der Müttersterblichkeit bei. Mädchen mit
Schulbildung können später mit einer erheb-­
lich besseren Schwangeren- und Wochenbett-­
betreuung und einer höheren Überlebensrate
bei der Entbindung rechnen.
M illenniumsziel 6

Gesundheit für Alle

Bis 2015 soll die Ausbreitung von HIV/
AIDS, Malaria und anderen schweren
Krankheiten zum Stillstand gebracht und
allmählich umgekehrt werden.

                                            6
36

Gesundheit gehört zu den Grundrechten eines jeden Menschen. Aber auch am Anfang des 21.

Jahrhundert wird einem Drittel der Menschheit dieses Grundrecht vorenthalten.

Nach Angaben von Oxfam haben 880 Mil-­            bereich zu großen Problemen geführt. Die UN-­
lionen Menschen keinen Zugang zu medi-­           ESCO schätzt, dass im südlichen Afrika allein
zinischer Basisversorgung und 17 Millionen        im Jahr 1999 etwa 860.000 Kinder ihre Lehre-­
Menschen sterben jährlich an heilbaren Krank-­    rInnen durch AIDS verloren haben.
heiten wie Durchfall, Malaria und Tuberkulose,
fünf Millionen davon wegen des mangelnden         Bildung hat wiederum einen großen Einfluss
Zugangs zu sauberem Trinkwasser.                  auf die HIV-Verbreitungsrate. AIDS verbreitet
                                                  sich unter Mädchen ohne Schulbildung dop-­
Nach Angaben der Weltgesundheitsorgani-­          pelt so rasch wie unter Mädchen, die wenigs-­
sation WHO starben im Jahr 2005 jeden Tag         tens über eine geringe Schulbildung verfügen.
weltweit rund 8.500 Menschen an AIDS, das         Drei Viertel der neu infizierten Menschen in
sind 3,1 Millionen pro Jahr.                      Afrika und Asien sind Mädchen und Frauen.

Die Anzahl der HIV-infizierten Menschen stieg     Den stärksten Zuwachs bei Neuinfektionen
zwischen den Jahren 2003 und 2005 von 36,2        gab es in den letzten Jahren in Osteuropa,
auf 40,3 Millionen. Täglich werden weltweit       Zentral- und Ostasien. Besonders betroffen
14.000 Menschen mit HIV infiziert, 2000 da-­      sind dabei die Ukraine, Russland und China. In
von sind Kinder unter 15 Jahren. Weltweit         Deutschland gab es Ende 2006 56.000 Men-­
müssen zur Zeit 2,3 Millionen Kinder unter 15     schen, die mit HIV/AIDS leben müssen, mit
Jahren mit dem Virus leben. Tuberkulose ist       zurzeit 2.700 HIV-Neuinfektionen pro Jahr.
die Haupttodesursache im Zusammenhang
mit AIDS.                                         AIDS bringt Leid über Millionen Familien, zer-­
                                                  stört ganze Gesellschaften und macht müh-­
Das südliche Afrika bleibt das Zentrum der        sam erreichte Entwicklungsfortschritte zu-­
Epidemie und dort ist AIDS die häufigste vor-­    nichte. HIV/AIDS wirkt sich unmittelbar auf
zeitige Todesursache. Hier leben zwar nur ­­      die Ernährungssicherheit aus (Ziel 1). Erkrankt
10 %­ der Weltbevölkerung, aber über 60 %         oder stirbt ein Erwachsener, verliert die Fami-­
aller HIV-infizierten Menschen und 90 % al-­      lie häufig genau die Person, die für den Unter-­
ler HIV-positiven Kinder. Infolgedessen ist die   halt sorgt. Nach Angaben von UNAIDS haben
Lebenserwartung dort dramatisch gesunken:         bisher schon mehr als elf Millionen Kinder in
Während Anfang der neunziger Jahre die Be-­       Afrika mindestens ein Elternteil verloren.
völkerung mit einer Lebenserwartung von bis
zu 60 Jahren rechnen konnte, werden dieje-­       Wirksame und vor allem günstige Medika-­
nigen, die zwischen 2005 und 2010 ­ geboren       mente sind nötig, um den katastrophalen Fol-­
werden, im Schnitt 15 Jahre früher sterben.       gen zu begegnen. In Afrika liegt die Behand-­
Die HIV/AIDS-Epidemie hat im Bildungs­            lungsrate kaum über 10 %. In Argentinien,

6 Gesundheit für alle
37

Brasilien, Chile und Kuba werden mittlerweile    Es gibt viele Ursachen für diese humanitäre
mehr als 80 % der Behandlungsbedürftigen         Katastrophe, die Hauptursache ist jedoch Ar-­
mit der antiretroviralen Therapie behandelt.     mut und mangelnde Bildung. Krankheiten
Mitte des Jahres 2005 hatte jedoch gerade        sind oft eine direkte Folge von Armut; Armut
einmal knapp eine Million der Betroffenen in     ist gleichzeitig oft die Folge von Krankheiten.
den Ländern des Südens Zugang zu einer The-­     Erfolge bei der Armutsbekämpfung sind eine
rapie. Geld wird zudem dringend für Aufklä-­     der Voraussetzungen dafür, dass die Bekämp-­
rung, Prävention und die beschleunigte Ent-­     fung von Krankheiten gelingen kann.
wicklung von günstigeren Impfstoffen und
Medikamenten benötigt.

Nach Angaben der WHO erkranken jedes Jahr
weltweit etwa 300 bis 500 Millionen Menschen     Weitersurfen
an der tropischen Infektionskrankheit Malaria      www.who.org Die Weltgesundheitsorganisation
- zwischen einer und drei Millionen Menschen       www.unaids.org HIV/AIDS-Programm der Verein-­
sterben daran. Die gefährlichste Form, Malaria   ten Nationen
Tropica, kann insbesondere bei kleinen Kindern     www.medico.de medico international, eine Men-­
innerhalb weniger Stunden zum Tod führen. In     schenrechtsorganisation mit Schwerpunkt Gesund-­
Afrika stirbt nach UNICEF-Angaben alle 30 Se-­   heitssicherung für Menschen in Not und Armut
kunden ein Kind an Malaria.                        www.bukopharma.de BUKO Pharmakampagne,
                                                 unabhängige und kritische Beleuchtung von Ge-­
                                                 schäftspraktiken deutscher Pharmakonzerne in den
                                                 Ländern des Südens
                                                   www.phmovement.org People´s Health Move­
                                                 ment, eine Nichtregierungsorganisation mit Schwer­
                                                 punkt: „Gesundheit für Alle“ (auf Englisch, Spa-­
                                                 nisch)
                                                   www.haiweb.org Health Action International Eu-­
                                                 rope (auf Englisch)
                                                   www.difaem.de Deutsches Institut für Ärztliche
> Die Malariamücke                               Mission e.V.. Unterstützt Organisationen der Ent-­
                                                 wicklungszusammenarbeit bei der Verwirklichung
Malaria trifft vor allem die Armen, die häufig   von interessanten Gesundheitsprojekten weltweit.
in beengten und unsauberen Verhältnissen           www.aerzte-ohne-grenzen.de Informationen zur
und in der Nähe stehender Gewässer leben,        Gesundheitssituation in Entwicklungsländern
dem Lebensraum der Malariamücke. Recht-­
zeitig behandelt kann die Krankheit meist
geheilt werden. Die meisten Medikamente
sind jedoch für die arme Bevölkerung auf dem
Land unbezahlbar.
38

> Menschen in den armen Länder, die an ...        ... medikamentös behandelbaren Krankheiten...

Der internationale Medikamentenmarkt

Profite vor Patienten?

Ein wichtiger Punkt in der Bekämpfung von HIV/AIDS und anderer Krankheiten ist die Neu­

regelung des internationalen Medikamentenmarktes: Durch komplizierte Regelungen über

das Patentrecht auf Medikamenten-Wirkstoffe von Seiten der Welthandelsorganisation WTO

wird es Entwicklungsländern unnötig schwer gemacht, überlebensnotwenige Medikamente zu

bezahl­baren Preisen zu kaufen oder selber zu produzieren.

Dieses rein auf Profit ausgerichtete Patent-­     zieren und zu vertreiben, wird in vielen Fällen-­
recht ermöglicht es den Herstellerfirmen, neu     mit aufwändigen und teuren Klageverfahren
entwickelte Medikamente über Jahrzehnte           durch die großen Pharmakonzerne verhindert.
mit einem Monopol zu belegen und einen            Folge ist, dass auch weiterhin Menschen und
entsprechend hohen Preis für den Verkauf zu       insbesondere Kinder an medikamentös be-­
verlangen. Die Investitionskosten, die die In-­   handelbaren Krankheiten leiden und sterben
dustrie dabei für Forschung ausgibt, wird da-­    werden, weil sie keinen Zugang zu den ent-­
bei oft noch mit öffentlichen Mitteln (Steuer-­   sprechenden Medikamenten bekommen.
geldern) unterstützt.
                                                  Dies zeigt, dass die Senkung der Kindersterb-­
Die Möglichkeit der armen Länder, gleich gute,    lichkeit (Ziel 4) und die Bekämpfung von HIV/
aber wesentlich billigere Nachahmer-Medika-­      AIDS, Malaria und anderen Krankheiten (Ziel
mente (so genannte Generika) selbst zu produ-­    6)­ ohne die Bildung einer weltweiten Entwick-­

6 Gesundheit für alle
39

... leiden, haben keinen Zugang ...                 ... zu den entsprechenden Medikamenten.

lungspartnerschaft auf gleicher Augenhöhe           ungefähr 200.000 AIDS-Patienten des Landes
und ohne eine umfassende Neuregelung der            verteilt. Langwierige Verhandlungen mit der
Handelsbeziehungen nicht erreicht werden            Herstellerfirma waren zuvor gescheitert. „Es
können. Auch sollte die öffentliche Förderung       kann nicht sein“, so der Präsident, „dass eini-­
von Forschung an neuen Wirkstoffen verbind-­        ge mit dem Unglück anderer reich werden.“
licher an die Bekämpfung lebensbedrohlicher         Brasilien stellt weitere Schritte in Aussicht:
Krankheiten gebunden werden.                        „Heute ist es Efavirenz, morgen kann es jede
                                                    andere Tablette sein. Wenn es keine gerechten
Dass dies möglich ist, zeigt der Alleingang Bra-­   Preise gibt, nicht nur für uns, sondern für den
siliens gegen die derzeitige Handelspraxis der      gesamten Planeten, dann müssen wir diese
Pharmakonzerne und die ungerechte Patent-­          Entscheidung treffen“. Lula schlägt sogar vor,
rechtsregelung der WTO: Brasiliens Strategie        lebenswichtige Arzneien zu einem Gemeingut
der Aufklärung und Therapie gegen AIDS gilt         zu erklären. Die Gesundheit sei wichtiger als
international als vorbildlich; die Ausbreitung      das Geschäft. (Quelle: Süddeutsche Zeitung,
der Seuche wurde zumindest gebremst.                5.5.2007)

Die Finanzierung von patentgeschützten              Abgesehen von diesem mutigen Einzelbeispiel
AIDS-Medikamenten         für    die     ausrei-­   verhalten sich die Länder des Südens generell
chende medikamentöse Versorgung war                 sehr zurückhaltend bzgl. der Missachtung der
für Brasilien jedoch nicht leistbar. Am ­­          Handelsrechte, da sie negative Konsequenzen
5. Mai 2007 unterzeichnete der brasilianische       und Druck von Seiten internationaler Kredit-­
Staatspräsident Lula da Silva ein Dokument,         geber bei der Vergabe von neuen Krediten
nach dem das formell bis 2012 gültige Patent        fürchten. Des weiteren können sie sich auch
des US-Pharmakonzerns Merck Sharp & Dome            die teuren Klageverfahren und Sanktionen
auf das AIDS-Medikament Efavirenz gebro-­           von der WTO nicht leisten.
chen wird. Der Originalpreis von 1,59 Dollar pro
Kapsel ist der Regierung zu teuer, seitdem wer-­
den billigere Kopien für 0,44 Dollar pro Kapsel
aus Indien importiert und gratis an 75.000 der
M illenniumsziel 7

Eine intakte Umwelt

Die Umweltverschmutzung soll auf­ge­hal­
ten werden: Bis 2015 soll der Anteil der
Menschen um die Hälfte gesenkt werden,
die keinen Zugang zu sauberem Trinkwas-­
ser haben. Bis 2015 soll der Anteil der Men-­
schen halbiert werden, die keinen Zugang
zu sanitären Einrichtungen haben.

                                                7
42

Die ökologische Situation und Entwicklungschancen stehen in einem engen Zusammenhang:

Laut Weltgesundheitsorganisation WHO werden 24% aller Krankheitsfälle und 23% der Todes-

fälle weltweit durch vermeidbare Umweltbelastungen hervorgerufen. Menschen in armen Län-

dern sind erheblich höheren umweltbedingten Krankheitsrisiken ausgesetzt als Menschen in

den Industrieländern.

Spitzenplatz bei den Erkrankungen nimmt der       Ein Leben in Armut zwingt die Menschen
Durchfall ein, der zu 94% durch unsauberes        dazu, Raubbau an ihrer Umwelt zu betreiben,
Trinkwasser und fehlende Kanalisation verur-­     um z.B. an Feuerholz und Ackerland zu kom-­
sacht wird. Mehr als eine Milliarde Menschen,     men. Gleichzeitig tragen gerade die Industrie-­
also etwa 20% der Weltbevölkerung, haben          länder durch weltweiten, massiven Abbau na-­
keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser,            türlicher Rohstoffe, hohen Energieverbrauch
mehr als doppelt so vielen fehlt es an grund-­    und CO2-Ausstoß in großem Maß zur Zerstö-­
legenden sanitären Einrichtungen wie Ab-­         rung der globalen Umwelt bei. Insbesondere
wassersystemen oder Latrinen. Fünf Millionen      die rasche Ausbreitung von Wüstengebieten
Menschen, zumeist Kinder, sterben jedes Jahr      bedingt durch Waldrodungen und den Klima-­
an Krankheiten, die durch unsauberes Wasser       wandel haben Wasserknappheit, Versalzung
übertragen werden. Auch bei der Verbreitung       sowie die drastische Zerstörung von Vegeta-­
von Malaria spielen Umweltbedingungen             tion und fruchtbaren Böden zur Folge. Sie be-­
eine große Rolle, da eine unzureichende Stadt-­   trifft weltweit 36 Millionen Quadratkilometer
planung, schlechtes Wassermanagement und          in mehr als 110 Ländern. In Folge der abneh-­
eine fehlende Kanalisation das Ansteckungsri-­    menden Bodenfruchtbarkeit und der AIDS-
siko erhöhen.                                     Epidemie ist die Nahrungsmittel­produktion
                                                  pro Kopf in den letzten 25 Jahren um 23 %
Umweltbedingte Infektionen der Atemwe-­           gesunken, obwohl die Welt­bevölkerung dras-­
ge sind ebenfalls sehr häufig. Aus Mangel an      tisch angewachsen ist.
Alternativen werden in Ländern des Südens
zum Kochen und Heizen Brennholz, Holzkoh-­        Fehlende Überlebensmöglichkeiten in länd-­
le, Dung und Kohle oft innerhalb von Innen-­      lichen Regionen zwingen viele Menschen
räumen verbrannt. Die damit verbundene            zur Flucht in die überbevölkerten und unter-­
Luftverschmutzung führt zu Krankheiten, an        entwickelten Slums der großen Städte oder
denen jährlich 1,6 Millionen Menschen ster-­      auch in andere Regionen der Welt. So leben
ben. Die Wahrscheinlichkeit, umweltbedingt        heute eine Milliarde Menschen in Slums, vor
an Durchfall oder Infekten zu erkranken, ist      allem im südlichen Afrika sowie in Südasien
in den ärmsten Regionen 120- bis 150-mal so       und ­ Lateinamerika. Die Auswirkungen, wie
hoch wie in den entwickelten Ländern.             Mangel­ernährung, Armut und Flüchtlings­

7 Eine intakte Umwelt
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