Positionen und Perspektiven - Vereinigung Rohstoffe und Bergbau eV
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// 3 Inhaltsverzeichnis 1 Lage der internationalen 6 5 Fachvereinigung Auslandsbergbau 37 Rohstoffmärkte und internationale Rohstoffaktivitäten in der VRB 2 Rohstoffgewinnung 9 in Deutschland 6 Rechtliche Rahmenbedingungen für 42 die Rohstoffgewinnung in Deutschland 3 Zur Lage der rohstoffgewinnenden 11 Industrie in Deutschland 7 Ausschuss für Berg- 51 Steinkohle 11 und Rohstoffwirtschaft Braunkohle 15 Kalibergbau 20 8 Steuerausschuss 54 Salzbergbau 23 Keramische Rohstoffe und 24 9 Entwicklungen im 57 Industrieminerale Sozialversicherungsrecht Flussspat- und Schwerspatbergbau 25 Erdöl- und Erdgasgewinnung 26 10 FABERG Bergbaunormung – 61 in Deutschland eine Ära geht zu Ende Verband Bergbau, Geologie 27 und Umwelt e. V. (VBGU) 11 Vereinigung Rohstoffe 64 Deutscher Markscheider-Verein e.V. 30 und Bergbau e. V. Mitglieder 64 4 Sanierungsbergbau 31 Vorstand 65 Lausitzer und Mitteldeutsche 31 Ausschüsse 66 Bergbau-Verwaltungsgesellschaft Geschäftsführung 66 mbH (LMBV) Impressum 66 Sanierungsfortschritt Wismut 33
// 5 Vorwort Deutschland als Industrieland mit einem Die Mitglieder der VRB sind für ihre Roh- hohen Exportanteil an der Wirtschafts- stoffaufsuchung und -gewinnung auf das leistung ist auf eine sichere Versorgung Verständnis der rohstoffpolitischen und mit energetischen und nicht-energeti- rohstoffwirtschaftlichen Grundlagen, auf schen Rohstoffen angewiesen. Die hei- eine gute Geodaten-Grundlage, auf eine mische Rohstoffgewinnung trug 2014 angemessene Berücksichtigung in der erneut zu rund zwei Dritteln zur Ver- Raumordnung und auf verlässliche, ge- sorgung von Industrie und Bürgern bei. setzliche Rahmenbedingungen im Berg- Deutschland ist reich an Rohstoffen wie und Umweltrecht angewiesen. Dann Braun- und Steinkohlen, Kali, Salz, Kiesen/ werden sie auch künftig dazu beitragen Bausanden, Natursteinen und einigen können, dass Industrie und Bürger sicher Industriemineralen. und zu stabilen Preisen mit den notwen- digen Bodenschätzen versorgt werden. In der rohstoffpolitischen Diskussion geht es derzeit vornehmlich um Fragen der In diesem Sinne würden wir uns freuen, Ressourceneffizienz und des Recyclings wenn dieser Jahresbericht dazu beitrüge, sowie um die Mitgliedschaft Deutsch- das Wissen über die Bedeutung der Roh- lands in der Extractive Industries Transpa- stoffe und über die Leistungen der heimi- rency Initiative (EITI). Dies ist angesichts schen Rohstoffgewinnung zu verbessern. des erheblichen Forschungsbedarfs für Wir wünschen Ihnen eine angenehme eine Ressourcensubstitution und ange- Lektüre. sichts des politischen Wunschs, für mehr Transparenz auf den internationalen Roh- stoffmärkten zu sorgen, verständlich. Berlin, im September 2015 Dennoch sollten Unternehmen, Politik und Behörden die Notwendigkeit und die Dr. Joachim Geisler Dr. Thorsten Diercks Vorteile heimischer Rohstoffgewinnung Vorsitzender Hauptgeschäftsführer wieder stärker hervorheben. Die heimi- des Vorstands sche Rohstoffgewinnung steht nicht nur für eine zuverlässige Versorgung, son- dern sie sichert auch Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Deutschland. Sie be- rücksichtigt Umwelt- und Nachhaltig- keitsaspekte umfassend, und sie ist ein internationaler Benchmark in Bezug auf die hohen Arbeits- und Sozialstandards. Die laufende Diskussion im Bundestag und im Bundesrat um eine gesetzliche Grundlage für das „Fracking“ zur Erdgas- gewinnung zeigt deutlich, dass der Nut- zen der heimischen Rohstoffgewinnung von vielen unterschätzt und daher gegen- über anderen Aspekten untergewichtet wird.
6 // 1 Lage der internationalen Rohstoffmärkte Seit der Internationalisierung des Berg- baus und des globalen Rohstoffhandels Ressourceneffizienz, zunehmendes Re- cycling und verstärkte Substitution von zu Beginn des 20. Jahrhunderts haben teuren Rohstoffen wurden umgesetzt. sich die Rohstoffmärkte immer zyklisch verhalten. Die Dauer der Rohstoffzyklen Auf der Angebotsseite kam es zu stärkeren variiert dabei und läuft in der Regel in ei- Explorationsanstrengungen und damit nem Rhythmus von 10 bis 15 Jahren. Mit auch zu höheren Explorationsrisiken. Im dem zunehmenden Rohstoffbedarf auf- Ergebnis wurden neue Lagerstätten in An- strebender Staaten wie Brasilien, Russ- griff genommen. Mit den höheren Preisen land, Indien und China ergab sich seit wurden auch niedrighaltige Rohstoffvor- etwa 2002 die Herausforderung, die auf kommen wirtschaftlich. Der Kapitalbedarf längere Sicht steigende Rohstoffnachfra- für die internationalen Rohstoffmärkte ge der Welt zu decken. Zunächst einmal stieg stark an. führte die steigende Rohstoffnachfrage zu einem starken Preisanstieg. Die einsetzende Finanzmarktkrise drückte dann auf die Angebots- und Nachfrage- Auf der Nachfrageseite war dann im Zeit- seite, so dass die vormals gehegten Er- raum zwischen 2004 und 2008 zuneh- wartungen an Bedarfs- und Preisentwick- mend Kreativität der Unternehmen lung nicht eintrafen. Im Ergebnis haben – unter anderem in den Industriestaaten – sich die Rohstoffvorräte insgesamt deut- gefragt, um die Auswirkungen des lich erhöht und die Reichweiten haben Preisanstiegs auf die eigenen Kosten sich verlängert. Insofern besteht derzeit zu begrenzen. Maßnahmen wie höhere keine Verknappung mehr, sondern ein Regelkreis 2010 - 2014 ab 2015 2002 der Rohstoff- größere Vorräte Angebot und Nachfrage erhöhter versorgung längere Reichweite Aufhebung der Verknappung sind im Gleichgewicht Bedarf Preisverfall ab 2003 Okt. 2008/2009 FINANZMARKTKRISE Preisanstieg 2004 - 2008 Ressourceneffizienz menschliche Kreativität zunehmendes Recycling verstärkte Substitution neue Lagerstätten/-typen Steigende Exploration niedrighaltige Vorkommen höhere Explorationsrisiken werden wirtschaftlich Quelle: Deutsche Rohstoffagentur
Lage der internationalen Rohstoffmärkte // 7 Oil Prozentuale Markt- preisänderung Iron ore ausgewählter Coal Rohstoffe in Nickel 2014 versus 2013 Aluminium Zinc Copper -60 % -50 % -40 % -30 % -20 % -10 % 0% 10 % 20 % 30 % Quelle: GLENCORE Überangebot, das gleichzeitig zu Preisver- den letzten zehn Jahren hat bei einigen fall geführt hat. Offen ist, wann der Markt Rohstoffen (Eisen- und NE-Metalle, Edel- wieder ins Gleichgewicht kommt und ob metalle) zu Überkapazitäten geführt, so ein neuer Zyklus bereits kurzfristig oder dass bei derzeit niedrigem Preisniveau erst mittelfristig beginnt. ein Konzentrationsprozess mit Konzentra- tion auf den Abbau der wirtschaftlichsten Die globale Rohstoffnachfrage stammt in- Lagerstätten eingesetzt hat. Damit ein- zwischen aus wenigen und zum Teil do- hergehend findet ein Downsizing und minierenden Staaten. Insgesamt entfallen die Spezialisierung der großen Konzerne auf fünf Länder rund 70 % des Bedarfs. (Glencore, Rio Tinto, BHP Billiton, Anglo Mit einem Marktanteil zwischen 40 - 50 % American) auf nur noch wenige Rohstoff- ist China der bestimmende Marktteilneh- klassen (vornehmlich Kupfer und Eisen- mer bei wesentlichen Rohstoffen. Dies erz) statt. Gleichzeitig wächst die Zahl der bezieht sich nicht nur auf die Nachfrage, Unternehmensübernahmen im Rohstoff- sondern auch auf die Produktion von Roh- sektor, die zu Synergien und Kostenvor- stoffen, denn China hat bei allen wichtigen teilen führen sollen. mineralischen Rohstoffen in den letzten zehn Jahren eigene Produktionsstätten im Als Ergebnis dieses Prozesses der Konzen- In- und Ausland aufgebaut. Ein schwäche- tration und Spezialisierung der großen Roh- rer Konsum Chinas und der Rückgang der stoffkonzerne wächst die Bedeutung von Wachstumsraten des chinesischen BIP sogenannten „Junior Mining Companies“, auf 6 - 7 % dürften aber zukünftig einen die insbesondere bei Spezialrohstoffen geringeren Rohstoffverbrauch zur Folge (z. B. Seltene Erden Metalle, Molybdän haben. Bei den Energierohstoffen kommt oder Wolfram) zukünftig stärker zum Welt- noch hinzu, dass China im eigenen Land marktangebot beitragen sollen. Kritisch an- aus Umweltschutzgründen langfristig zumerken ist dabei, dass die bestehenden mehr Erneuerbare nutzen will. Schwierigkeiten beim Übergang von der Explorations- in die Produktionsphase sich Der massive Aus- und Aufbau von Pro- aktuell noch verschärft haben. Aufgrund duktionskapazitäten im Rohstoffsektor in der anhaltenden Niedrigpreisphase fehlt
8 // Lage der internationalen Rohstoffmärkte Wert Rohstoff Erwerber Akquisition Land Wichtige Mio. USD GLENCORE + Bergwerk Clermont Rohstoffmerger 1.015 Sumitomo (CH + JPN) (Qld.) Australien 2014 Kohle 496 Jastrzebska (PL) Bergwerk Knurow Polen 437 Westmoreland (US) Coal Valley Resources Kanada 7.000 MMG (CHN) Xstrata Las Bambas Peru Kupfer Freeport Mc MoRan 1.852 Lundin Mining (CAN) Chile (BWs Candelaria + Ojos) Yamana Gold + Agnico 3.591 Osiko Mining Corp. Kanada Eagle Mines (CAN) Gold Altynalmas Gold Kasachs- 619 Polymetal Intern. (UK) (Projekt) tan Baosteel Resources Aquila Resources 1.022 Australien Australia (CHN) (79 %) Eisenerz Quelle: eigene Recherche Minerals Resources Aquila Resources 232 Australien (AUS) (12 %) es den Junior Companies vor allem an der Ungeachtet der Niedrigpreisphase bei den Überbrückungsfinanzierung bis zum end- Rohstoffen beschäftigen Fragen der Ver- gültigen Anlauf der Rohstoffproduktion. sorgungssicherheit Politik und Wirtschaft weltweit. Industrie- und Schwellenländer Bei den Energierohstoffen sieht die Situa- gehen jedoch zum Teil sehr unterschiedlich tion noch etwas anders aus. Der Öl- und damit um. Viele Industriestaaten überlas- Schiefergasboom in den USA geht zu Las- sen die Versorgungssicherheit unter dem ten der US-Kohleverstromung und ver- Primat der Wirtschaftlichkeit weitgehend drängt andere Anbieter im internationalen liberal der Privatwirtschaft und schaffen im Markt von Öl und Gas. Als Reaktion auf Wesentlichen umwelt- und energiepoliti- diese Entwicklung passen sich die Koh- sche Rahmenbedingungen für das Wirken leförderkapazitäten derzeit vor allem im der Marktkräfte. Dagegen treffen manche US-Markt den neuen Gegebenheiten an. Schwellenländer wie China und Indien für Der Verstromungsanteil von Gas liegt der- ihre Industrien zentral gesteuerte und tief zeit mit 31 % vor dem der Kohle (30 %). in die Marktprozesse eingreifende staat- Im internationalen Öl- und Gassektor ver- liche Entscheidungen und planen weit im sucht insbesondere die OPEC, durch Bei- Voraus; insbesondere China verschafft behaltung ihrer hohen Fördermengen sich durch die vorausschauende, interna- (Förderquote 30 Mio. Barrel je Tag) die tional und langfristig angelegte Sicherung Marktpreise auf niedrigem Niveau zu hal- von Energierohstoffen strategische Vortei- ten, um eigene Kostenvorteile gegenüber le. Hierzu kauft sich die Volksrepublik welt- den US-Produzenten auszuspielen und weit in Bergbauprojekte ein und verhandelt sie zur Aufgabe von Förderkapazitäten zu bilaterale Abkommen auf Staats- und Un- bewegen. Die Preis- und Kostengrenzen ternehmensebene. Die ökonomische Per- liegen dabei in der Bandbreite zwischen spektive dieser Vorsorge-Strategie bleibt 40 und 60 USD/bbl. dabei zunächst zweitrangig.
// 9 In Deutschland werden jährlich rund 1,3 Mrd. t an energetischen und minera- Rohstoffgewinnung in Deutschland der heimischen Rohstoffgewinnung und stellen die Eigenversorgung mit diesen 2 lischen Rohstoffen benötigt. Die Wirt- Rohstoffen ganz oder anteilig sicher. Erze schaftszweige Bauindustrie (Steine und und metallische Rohstoffe sowie Seltene Erden), Verkehrsinfrastruktur (Keramik), Erden müssen vollständig importiert wer- chemische Industrie (Salz), Landwirt- den. Bei Erdöl und Erdgas trägt die deut- schaft (Kalidünger) und weitere Teile der sche Produktion zumindest zu etwa 10 % industriellen Wertschöpfungskette fragen des Verbrauchs bei. Rohstoffe nach und werden durch die deutsche Rohstoffwirtschaft kontinuier- Bei den metallischen Rohstoffen, die in lich versorgt. Auch die Primärenergiever- Deutschland seit etwa 20 Jahren nicht sorgung basiert heute zu einem Drittel mehr gewonnen werden, und bei Ener- auf heimischen Quellen (Braunkohle, gierohstoffen (Öl, Gas und Steinkohle) Steinkohle, Erdgas, Kernenergie und Er- besteht damit eine weitgehende Abhän- neuerbare). Der größte Teil dieser Roh- gigkeit von ausländischen Produzenten. stoffe, im Jahr 2014 rund 765 Mio. t plus Die Rohstoffimportabhängigkeit gerade rund 9 Mrd. m³ Erdgas, stammen aus bei den metallischen Rohstoffen, deren Gebr. Natursteine 207 Mio. t* Kalk- und Rohstoff- Braunkohle 178 Mio. t Mergel- Ziegel- gewinnung steine 37,2 Mio. t * und Deutschland Spezialtone Kalk/ Kies/ 24,6 Mio. t * Dolomit 2014 Bausande 236 Mio. t* 23,7 Mio. t * Steinsalz/ Sole 15,5 Mio. t * Basis Zahlenwerte 2013 Erdgas 9,2 Mrd. m 3 Quarz/ Kali-/Magnesium Quarzsande 6,9 Mio. t 9,7 Mio. t * Steinkohle 7,6 Mio. t Kaolin 4,3 Mio. t Feldspat 5,4 Mio. t Quarzit 3,0 Mio. t Gipssteine/Anhydrit Bentonit 4,35 Mio. t 0,3 Mio. t Erdöl 2,4 Mio. t Quelle: VRB, VKS, BBS, MIRO
10 // Rohstoffgewinnung in Deutschland Preise sich auf den internationalen Märk- Aufsuchungs- und Erkundungsgenehmi- ten sehr volatil verhalten, gibt Anlass für gungen beantragt und auch erteilt wor- geeignete Rohstoffsicherungsstrategi- den. Es wäre wünschenswert, dass diese en auf der Ebene der Länder, des Bun- Dynamik einer aktiven Rohstoffsicherung des und der EU. Die Rohstoffstrategien auch in anderen Regionen Deutschlands enthalten zahlreiche Vorschläge zur Er- um sich greift. Wir sind der Auffassung, höhung der Rohstoffsicherheit in der Zu- dass die beispielsweise im Freistaat kunft. Wesentlich für die VRB ist dabei Sachsen bestehende Rohstoffstrategie vor allem die Rückbesinnung auf die hei- sehr dazu beiträgt, neue Gewinnungsvor- mische Rohstoffgewinnung als eine zen- haben anzugehen. Denn es bleibt dabei, trale Maßnahme zur Rohstoffsicherung dass Deutschland bei der Versorgung mit für Deutschland. In diesem Zusammen- kritischen Rohstoffen auf Importe ange- hang kommt dem Zugang zu heimischen wiesen ist. Der Wert der Rohstoffimporte Rohstofflagerstätten besondere Bedeu- nach Deutschland belief sich allein im Jahr tung zu. Dies wird unter anderem auch im 2014 auf rund 130 Mrd. Euro. Insbesonde- jüngsten BDI-Grundsatzpapier Rohstoff- re der Bezug von schweren Selten-Erden- politik aus dem Januar 2015 bestätigt. Metallen wird weiterhin kritisch gesehen, Der BDI schließt sich der Forderung nach denn 93 % der Seltenen Erden kommen Rohstoffstrategien einzelner Bundeslän- aus der Volksrepublik China. der, die in Raumordnungsfragen die Ent- scheidungshoheit haben, an. Eine kontinuierliche Rohstoffprojektent- wicklung erfordert den ungehinderten Zu- Die derzeit niedrigen Rohstoffpreise ha- gang zu digitalen Rohstoffinformationen. ben dazu geführt, dass neue Bergbau- Daran arbeitet unter anderem die Kom- aktivitäten in Deutschland überwiegend mission für Geoinformationswirtschaft, ruhen. Schwerpunkte der Entwicklung die im Auftrag des BMWi neue Nutzungs- neuer Bergbauaktivitäten liegen bisher plattformen für Geo- und Rohstoffinfor- in den Bundesländern Sachsen und Thü- mationen entwickelt und Partnern aus der ringen. Die Beurteilung der Gewinnungs- Wirtschaft zur Verfügung stellt. Ziel ist und Aufbereitungsmöglichkeiten dieser dabei, den Wirtschaftsstandort Deutsch- teilweise sehr komplexen Lagerstätten land zu sichern und neue zukunftsfähige hat sich mit den technologischen Ver- Arbeitsplätze zu schaffen. besserungen und unter dem Eindruck der weltweit eingeschränkten Verfügbar- keit in den letzten Jahren gewandelt. Im Ergebnis sind in Sachsen und Thüringen in den letzten Jahren bereits zahlreiche
// 11 Zur Lage der rohstoffgewinnenden Steinkohle Industrie in Deutschland Vorgaben für das sozialverträgliche Auslau- fen der Steinkohlenförderung in Deutsch- 3 Der deutsche Steinkohlenmarkt verzeich- land 2014 planmäßig vorübergehend sta- nete 2014 nach den Erhebungen der Ar- bil. Die Produktion heimischer Steinkohle beitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) betrug mit 7,8 Mio. t SKE so viel wie im gegenüber dem Vorjahr mit einem Ver- Vorjahr. 2014 waren wie 2013 noch drei brauchsvolumen von 56,2 Mio. t SKE aktive Steinkohlenbergwerke in Deutsch- einen Rückgang um fast 8 %. Damit land in Betrieb; die nächste Stilllegung er- leistete der Energierohstoff Steinkohle – folgt zum Jahreswechsel 2015/16 mit der importierte und heimische Steinkohle zu- Schließung des traditionsreichen Berg- sammen genommen – gleichwohl weiter werks Auguste Victoria in Marl. Dann den drittgrößten Versorgungsbeitrag im wird es noch je ein aktives Steinkohlen- Energiemix (nach Mineralöl und Erdgas). bergwerk im Ruhrrevier (Prosper-Haniel in Der Anteil der Steinkohle am gesam- Bottrop) und in Ibbenbüren geben, die bei- ten Primärenergieverbrauch lag 2014 bei de bis Ende 2018 fördern und den bis da- knapp 13 %. Auch bei der Stromerzeu- hin verbleibenden Beitrag der heimischen gung lag die Steinkohle 2014 weiter auf Steinkohle sicherstellen. Bereits 2015 dem dritten Rang, hier mit einem Anteil wird die heimische Steinkohlenproduktion von fast 18 % hinter den erneuerbaren ein weiteres Stück geringer werden. Energien und der Braunkohle, aber mit Abstand vor der Kernkraft, dem Erdgas Da der Steinkohlenverbrauch 2014 ins- und sonstigen Energiequellen. gesamt zurückging, haben sich die Stein- kohleneinfuhren nach Deutschland im Vergleich zum Vorjahr um rund 3 % auf 45,7 Mio. t SKE verringert. Angebot und Nachfrage Wichtigstes Lieferland für Deutschland Auf der Aufkommensseite blieb die Inlands- war erneut Russland (mit leichter Zunah- förderung gemäß den kohlepolitischen me der Lieferungen) vor den USA (mit Mineralöl 35,0 % Primärenergie-Mix Deutschland 2014 Sonstige 1,7 % 446,2 Mill. t SKE Erdgas 20,5 % Erneuerbare 11,1 % Kernenergie 8,1 % Steinkohle 12,6 % Braunkohle 12,0 % Quelle: AGEB
12 // Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland allerdings deutlich rückläufigen Liefer- daran nichts ändern, blieben aber 2014 mengen). Weitere signifikante Anteile an bestehen, dies auch unter Berücksichti- den Steinkohlenimporten nach Deutsch- gung des CO2-Preises im Europäischen land hatten 2014 Kolumbien, Südafrika, Emissionshandelssystem. Australien und Polen. Die Produktion von und der internationale Handel mit Stein- Demgegenüber nahm der Absatz von kohle stagnierten 2014 erstmals seit Kokskohle und Koks an die deutsche vielen Jahren. Die Preistendenz am Welt- Stahlindustrie 2014 infolge der besseren markt war dabei mit gewissen Schwan- Konjunkturentwicklung um 1,1 % auf 17,8 kungen (weiter) abwärts gerichtet, und Mio. t SKE leicht zu. Im reinen Wärme- zwar bei Kraftwerkskohle ebenso wie bei markt (Fernheizwerke, Gießereikoks, Kokskohle und Koks. Hausbrand und Kleinverbrauch), in dem die Steinkohle (insbesondere Anthrazite) Die Nachfrageseite des deutschen Stein- nur noch Nischenfunktionen erfüllt, be- kohlenmarktes war 2014 im Vergleich trug der Verbrauch 2014 rund 1,5 Mio. t zum Vorjahr durch eine gegenläufige Ten- SKE und blieb damit nahezu stabil. denz gekennzeichnet. Der Verbrauch von Steinkohle zur Strom- und Wärmeerzeu- Der Absatz heimischer Steinkohle belief gung in Kraftwerken nahm 2014 gegen- sich 2014 auf rund 7,8 Mio. t SKE. Davon über dem Vorjahr kräftig um fast 12 % gingen beinahe 90 %, nämlich 6,9 Mio. t auf 36,9 Mio. t SKE ab. Hauptursachen SKE an die Kraftwirtschaft und nur noch für diesen sehr deutlichen Rückgang 0,5 Mio. t SKE an die Stahlindustrie. der Stromerzeugung aus Steinkohle war die weitere Zunahme der regenerativen Stromerzeugung bei gleichzeitig in diesem Jahr stabilem Kernenergiebeitrag und ins- Steinkohle und Energiewende gesamt vermindertem Stromverbrauch. Die großen Preisvorteile der Kraftwerks- Der deutsche Steinkohlenmarkt wird im kohle gegenüber dem Erdgas konnten Bereich des Verstromungsabsatzes, auf Aufkommen von Steinkohle in 7,8 Deutschland 2014 2013 47,2 in Mill. t SKE Inländische Förderung Importe 7,8 2014 46,2 Quelle: RAG, GVSt
Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland // 13 den rund zwei Drittel des Steinkohlen- Widerstände und gute Argumente, doch verbrauchs entfallen, weiter maßgeblich die 2014 gestartete und 2015 heftig ge- durch die Ziele und die Umsetzung der führte Kontroverse über den so genann- Energiewende bestimmt. Auch wenn der ten Klimabeitrag, mit dem ein zusätzlicher Steinkohleneinsatz zur Stromerzeugung Emissionsminderungsbeitrag von 22 Mio. phasenweise auch wieder einmal zuneh- t CO2 bis 2020 im Kraftwerkssektor her- men kann, ist davon auszugehen, dass beigeführt werden sollte, haben nicht nur der Steinkohlenverbrauch tendenziell wei- der Stromerzeugung aus Braunkohle, son- ter zurückgeht. Der politisch so immens dern auch der Steinkohlenverstromung geförderte, weiterhin mit Einspeisevor- einen erheblichen Vorgeschmack auf die rang versehene Ausbau der erneuerba- künftig zu erwartenden Auseinander- ren Energien in der Stromerzeugung wird setzungen vermittelt. Für die Kohlenver- – zumal bei günstigen Witterungsbedin- stromung nicht minder bedeutsam sind gungen und tendenziell rückläufigem überdies die Entscheidungen über das inländischem Stromverbrauch – den ver- künftige Strommarktdesign in Deutsch- bleibenden Raum für die Steinkohlenver- land. Das im Herbst 2014 vom BMWi stromung zunehmend einengen. Derzeit vorgelegte Grünbuch „Ein Strommarkt gibt es kein konkretes Kraftwerksneubau- für die Energiewende“ hat die Optionen projekt auf Steinkohlenbasis in Deutsch- dafür vorgezeichnet, mit dem nachfolgen- land und auch viele Bestandskraftwerke den „Weißbuch“ wird die neue Ordnung verzeichnen weiter Rentabilitätsproble- des deutschen Strommarktes hin zum me. Hinzu kommen politische Bestrebun- flexiblen „Strommarkt 2.0“ konkretisiert. gen, nach dem bis 2022 zu vollendenden Eine wichtige Rolle dürfte in diesem Zu- Atomausstieg in Deutschland unter ei- sammenhang auch der künftige Rahmen nem energiepolitischen Primat der Klima- für die Kraft-Wärme-Kopplung spielen. ziele die Stromerzeugung aus fossilen Energieträgern zu beschränken. Dies ist Offen ist, in welchem Ausmaß künftig zwar noch keineswegs politisch beschlos- eine rohstoffliche Verwendung von Stein- sen und dagegen gibt es weiter starke kohle in Deutschland erfolgen kann, für Heimische Steinkohle 0,4 Absatz 2014 in Mio. t SKE 0,5 7,8 Mio. t SKE 6,9 Kraftwerke Stahlindustrie Sonstige Quelle: RAG, GVSt
14 // Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland die neben dem Kokskohlen- und Koks- sozialverträgliche Auslauf zum Ende des bedarf der Eisen- und Stahlerzeugung Jahres 2018. Daher sind die Planungen noch einige weitere industrielle Nutzun- konsequent darauf gerichtet, dass der gen, etwa in der chemischen Industrie, Steinkohlenbergbau bis Ende 2018 seine möglich sind. Eine Reihe von industriellen Lieferverpflichtungen zuverlässig erfüllen Projekten widmet sich zudem der CO2- und die Kapazitäts- und Belegschaftsan- Verwertung, womit nicht CCS-, sondern passung sozialverträglich erfolgen kann, CCU-Technologien, also „Carbon Capture dies ohne Einbußen beim Arbeits-, Um- und Utilisation“ eine erhöhte Bedeutung welt- und Gesundheitsschutz. Eine ganz bekommen könnten. besondere und keineswegs leichte He- rausforderung bleibt dabei die syste- Außerdem zeigen die maßgeblichen matische Sicherung, Vermittlung und Szenarien für den Stromsektor unver- Weitergabe des erforderlichen techni- ändert, dass konventionelle Ausgleichs- schen und betrieblichen Wissens im Zuge und Reservekapazitäten nicht zuletzt auf des stetigen Anpassungsprozesses. Steinkohlenbasis noch lange notwendig bleiben, wenn die Versorgungssicherheit Der den deutschen Steinkohlenbergbau hinreichend gewährleistet und der Preis- tragende RAG-Konzern trifft gleichzei- anstieg begrenzt werden soll. Davon geht tig die nötigen Vorbereitungen für einen auch die Koalitionsvereinbarung der Ende verantwortungsbewussten, nachhaltigen 2013 im Bund gebildeten Großen Koaliti- Übergang in die „Nachbergbauzeit“. on aus, in der es ausdrücklich heißt: „Die Dazu gehören die strategische und ope- konventionellen Kraftwerke (Braunkohle, rative Ausrichtung des verbleibenden Steinkohle, Gas) als Teil des nationalen Bergbaubereichs auf die so genannten Energiemixes sind auf absehbare Zeit un- Ewigkeitsaufgaben (Wasserhaltung, Was- verzichtbar. Durch den kontinuierlichen serreinigung, Poldermaßnahmen) sowie Ausbau der erneuerbaren Energien benö- die nach 2018 verbleibenden Aufgaben tigen wir auch in Zukunft hocheffiziente der Altlastensanierung, einschließlich der und flexible konventionelle Kraftwerke. Bergschadensregulierung. Besonders im Solange keine anderen Möglichkeiten … Fokus der Öffentlichkeit, wenngleich nicht zur Verfügung stehen, kann Stromerzeu- immer mit sachgemäßer Diskussion, ste- gung aus Wind- und Sonnenenergie nicht hen seit 2014 die Grubenwasserkonzepte entscheidend zur Versorgungssicherheit für die Nachbergbauära in Verbindung mit beitragen. Daraus ergibt sich das Erfor- Besorgnissen über die Umweltrelevanz dernis einer ausreichenden Deckung der früher untertägig verbrachter oder verblie- Residuallast.“ Ein teilweiser oder sogar bener Reststoffe. Auch wenn bisher keine totaler Ausstieg aus der Kohlenverstro- ernsthaften Umweltbelastungen nachge- mung ist somit nicht verabredet worden wiesen worden sind, wurden verschie- – im Gegenteil. dene weitere Untersuchungen in Auftrag gegeben und Transparenz bezüglich al- ler Messergebnisse zugesagt. Darüber hinaus wurde und wird die zukunftsori- Auslauf im Plan entierte Entwicklung der Beteiligungs- bereiche der RAG weiter vorangebracht, Für die inländische Gewinnung von wobei ein Schwerpunkt in der Nutzung Steinkohle gilt weiterhin der 2007 be- von Bergbau-Infrastruktur für erneuerbare schlossene und seither rechtlich fixierte Energien als Beitrag zur Energiewende
Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland // 15 und zum regionalen Strukturwandel liegt Zur Nutzung der Braunkohle und zur Ver- (Windkraft auf Halden, Solaranlagen auf stromung verfügt Deutschland weiterhin Freiflächen, Biomasseparks auf Brach- über auch im Weltmaßstab bedeutende geländen, Fortsetzung der Grubengas- Vorkommen. Davon ist nach dem Stand verwertung, Nutzung von Schacht- und der Tagebautechnik und bei heutigen Grubenwasserwärme etc.). Mit derarti- Energiepreisen ein großer Teil als wirt- gen Projekten beteiligt sich die RAG, wie schaftlich gewinnbar klassifiziert. Die der- 2014 angekündigt, u. a. auch an der klima- zeit zum Abbau vorgesehenen Vorräte metropole RUHR 2022. Und schließlich reichen für mehrere Jahrzehnte. laufen nicht erst seit 2014 intensive Vor- bereitungen zur Bewahrung des industrie- geschichtlichen und kulturellen Erbes des Steinkohlenbergbaus für die Nachberg- Braunkohle: Sichere und wett- bauzeit ab 2019. bewerbsfähige Stromversorgung Rund 90 % der 2014 in Deutschland ge- förderten Braunkohle wurde an die Kraft- Braunkohle werke geliefert, die daraus rund 156 Mrd. kWh Strom erzeugt haben. Weiterhin ba- Bei der Stromerzeugung ist Kohle – Stein- siert jede vierte in Deutschland erzeugte und Braunkohle – weltweit mit 40 % An- kWh Strom auf dem Einsatz heimischer teil der wichtigste Energieträger. Erdgas Braunkohle (25,4 %). Entsprechend hoch folgt mit 23 % erst mit großem Abstand. ist die Bedeutung der Braunkohle für die Wesentlicher Grund ist, dass Kohle welt- Stromversorgung Deutschlands. Zudem weit, in Europa aber auch in Deutschland wurden 2013 etwa 7 Mio. t Veredlungs- für Versorgungssicherheit und gleichzeitig produkte wie Wirbelschichtkohle, Braun- für akzeptable Strompreise steht. Nach kohlenstaub und Briketts hergestellt. den Ölkrisen der 70er Jahre haben daher insbesondere die OECD-Länder entschie- Trotz der beabsichtigten Veränderung des den, im Stromsektor im Wesentlichen deutschen Stromsystems hin zu einer auf Kohle und Kernenergie zu setzen und verstärkten Nutzung erneuerbarer Ener- diesen lebenswichtigen Bereich von den gien hat die heimische Braunkohle auch Risiken der Öl- und Gasversorgung unab- für die kommenden Jahre und Jahrzehnte hängiger zu machen. eine gute Perspektive. Wenn erneuerba- re Energieträger bis zum Abschluss des In Deutschland ist Braunkohle seit 130 Kernenergieausstiegs Ende 2022 den Jahren ein verlässlicher Begleiter der in- heutigen Versorgungsbeitrag der Kern- dustriellen und sozialen Entwicklung. Ihre energie von annähernd 100 TWh/a erset- Gewinnung und Nutzung ist langfristig an- zen, bleibt der Versorgungsbeitrag der gelegt. Die Regionen und die Unternehmen konventionellen Kraftwerke zunächst auf wirken an der erforderlichen Planung und vergleichbarem Niveau wie heute. Dabei an deren Umsetzung frühzeitig und inten- werden die Erneuerbaren nur sehr we- siv mit. Die Tagebaue, Kraftwerke und Ver- nig zur Versorgungssicherheit beitragen. edlungsbetriebe des Braunkohlenbergbaus Die Windenergieerzeugung beispielswei- bilden ein hochproduktives Gesamtsystem, se betrug 2013 nur in 184 Stunden oder das die erforderlichen hohen Investitionen an 7 ½ Tagen mehr als 20 GW, und die der Unternehmen rechtfertigt. ständig vorhandene Leistung lag bei nur
16 // Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland Brutto- 25,4 % Stromerzeugung 1,0 % 9,5 % 17,8 % Braunkohle Steinkohle Mineralöl 614,0 Mrd. kWh Erdgas Kernenergie Erneuerbare Energien 15,8 % Sonstige 26,2 % Quelle: AGEB Angaben vorläufig, z. T. geschätzt 4,4 % 0,1 GW. Selbst eine Verdoppelung der gesamte EU politisch fest; dieses Ziel soll Windkapazitäten würde daher nicht zu si- volkswirtschaftlich möglichst preisgünstig gnifikant erhöhter Versorgungssicherheit erreicht werden. Zusätzliche Instrumente führen. Dies allein zeigt, dass Deutsch- zur Begrenzung von Treibhausgasemis- land nicht zusätzlich zur Kernenergie auch sionen sind für die ETS-Sektoren nicht die Braunkohle infrage stellen kann, wenn zweckmäßig. So wirken sich weiterrei- es eine verlässliche Stromerzeugung und chende nationale Vorschriften zur Be- wettbewerbsfähige Strompreise behal- grenzung der CO2-Emissionen – etwa ten möchte. Eine aktuelle Forsa-Umfrage Maßnahmen, die Kraftwerksschließun- vom Juli 2015 zeigt, dass die Bevölkerung gen verursachen würden – oder nationa- diese realistische Einschätzung mit deut- le CO2-Ziele im ETS-Bereich nicht auf die licher Mehrheit teilt: 63 % der Deutschen CO2-Bilanz der EU aus. Stattdessen wer- hielten es für falsch, wenn nach den Kern- den sie innerhalb der EU verlagert. kraftwerken auch die Kohlekraftwerke ab- geschaltet würden. Die fehlende Zweckmäßigkeit zusätzli- cher nationaler klimapolitischer Maßnah- men war ein Grund dafür, dass die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Braunkohlenutzung und Klimapolitik Energie im März 2015 vorgeschlagene Kli- vertragen sich maabgabe u. a. für Braunkohlenkraftwer- ke ab mittlerem Alter auf breite Ablehnung Die Braunkohlenutzung ist auch mit ei- gestoßen ist. Im Braunkohlenbergbau, ner ambitionierten Reduzierung der CO2- in den Revieren, in der Industrie insge- Emissionen vereinbar. Für den Bereich samt, in den Gewerkschaften, bei den Kraftwerke hat die EU das europäische betroffenen Landesregierungen und bei Emissionshandelssystem (ETS) als Leit- führenden Wissenschaftlern sowie Wirt- instrument der CO2-Minderung beschlos- schaftspolitikern stieß auf Unverständnis, sen. Es legt die absolute Menge der dass der Beitrag der Braunkohle zur wirt- CO2-Emissionen der ETS-Sektoren für die schaftlichen und sozialen Entwicklung
Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland // 17 Deutschlands wegen einer relativ kleinen Rheinisches Braunkohlerevier Lücke bei der Erfüllung eines nur natio- nalen Klimaschutzziels mutwillig in Frage Die Gewinnung von Braunkohle im rhei- gestellt wurde. nischen Revier liegt seit vielen Jahren in einer Bandbreite von 90 – 100 Mio. t im Um das angestrebte Ziel einer Treibhaus- Jahr. Die RWE Power AG betreibt die Ta- gasminderung in Deutschland von 40 % gebaue Hambach, Garzweiler und Inden, im Zeitraum 1990 bis 2020 zu erreichen, deren Braunkohlengewinnung zu etwa folgten die Koalitionsspitzen Anfang Juli 90 % zur Stromerzeugung in die vier gro- 2015 schließlich einem deutlich weniger ßen Braunkohlenkraftwerke des Rhein- belastenden und sozialverträglicheren lands geht. Dabei ist der Tagebau Inden Vorschlag der IG BCE. Sie beschlos- mit dem Kraftwerksstandort Weisweiler sen ein Maßnahmenbündel aus Über- als so genannter Inselbetrieb verbunden, führung von Kraftwerksblöcken in eine während die Kraftwerke Niederaußem, Kapazitätsreserve mit anschließender Frimmersdorf sowie Neurath und die drei Stilllegung, Förderung der Kraft-Wärme- Veredlungsbetriebe über ein Bahnsystem Kopplung und Effizienzmaßnahmen im durch die Tagebaue Garzweiler und Ham- Gebäudebereich. bach versorgt werden. MW Flexibilität 1.100 moderner GuD- 1.000 Anlagen und 800 600 Braunkohlen- 400 kraftwerke im 200 Min. Kapazität ** Vergleich Min. Kapazität ** 0 0 5 10 15 20 25 30 Minuten Durch große und schnelle Leistungsänderungen kann die schwankende Einspeisung der * bei 2-Kessel-Betrieb erneuerbaren Energien aufgefangen werden ** bei 1-Kessel-Betrieb Moderne Braunkohlenkraftwerke sind dazu ebenso in der Lage wie moderne GuD-Anlagen. BoA 1 bis 3 GuD-Anlage Lingen BoAplus Max. Kapazität Max. Kapazität Max. Kapazität ~ 1.000 MW ~ 2 x 440 MW ~ 2 x 550 MW Min. Kapazität Min. Kapazität Min. Kapazität ~ 500 MW ~ 520*/260** MW ~ 350*/175** MW Max. Laständerungs- Max. Laständerungs- Max. Laständerungs- geschwindigkeit geschwindigkeit geschwindigkeit +/- 30 MW/min +/- 32 MW/min +/- 30 MW/min Quelle: DEBRIV
18 // Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland Die Landesregierung von Nordrhein- etwa 7.000 MW sowie des Kohlenvered- Westfalen hat im März 2014 die ener- lungsstandorts Schwarze Pumpe. giewirtschaftliche Notwendigkeit des Tagebaus Garzweiler bestätigt und in Mit dem Abschluss der Braunkohlenplan- das laufende Umsiedlungs-Braunkohlen- verfahren zur Weiterführung des Tage- planverfahren für die Ortschaften des baus Nochten in das Abbaugebiet 2 und 3. Umsiedlungsabschnitts eingebracht. des Tagebaus Welzow-Süd in den räum- Auf großes Unverständnis ist gestoßen, lichen Teilabschnitt II sind die Grundlagen dass die Landesregierung gleichzeitig und für die langfristige Sicherung der Brenn- überraschend angekündigt hat, bis Ende stoffbasis des bestehenden Kraftwerks- 2015 eine neue Leitentscheidung zur Er- parks in Boxberg und Schwarze Pumpe forderlichkeit der Braunkohlengewinnung und des Veredlungsbetriebes in Schwar- im Tagebau Garzweiler II zu erarbeiten ze Pumpe gelegt. Der Braunkohlenplan und sich gegen einen vierten Umsied- für das Abbaugebiet Nochten 2 ist geneh- lungsabschnitt politisch zu entscheiden. migt; das Rahmenbetriebsplanverfahren Sie hat dazu eine Metastudie zur ener- hat begonnen. Die Genehmigung wird giepolitischen Notwendigkeit der rheini- für 2016 erwartet. Für den räumlichen schen Braunkohle nach 2030 in Auftrag Teilabschnitt II von Welzow-Süd fand der gegeben sowie Expertengespräche zu Scoping-Termin zum Rahmenbetriebsplan Themen wie „Energie“, „Geologie und statt; der Antrag soll 2016 beim zustän- Restsee“ und „Planungen Dritter“ ge- digen Bergamt eingereicht werden. Die führt. Das Unternehmen RWE Power AG Planungen stehen in Übereinstimmung hält an der planmäßigen Entwicklung des mit den energie- und umweltpolitischen Tagebaus im Rahmen der bestehenden Strategien und Programmen der Länder Abbaugrenzen und auf Basis der gültigen Brandenburg und Sachsen. landesplanerischen und bergrechtlichen Genehmigungen fest. Wie die anderen Braunkohleunternehmen Mitteldeutsches und hat die RWE Power AG den Braunkohle- Helmstedter Braunkohlerevier Kraftwerkspark modernisiert und deutlich flexibler gemacht. Die Gesamtleistung Im Südraum Leipzig, dem mitteldeutschen von etwa 10.000 MW kann in 30 Minuten Revier, lag die Braunkohlenförderung der um gut 50 % eingesenkt bzw. hochgefah- Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft ren werden. mbH (MIBRAG) im Jahre 2014 bei 20,9 Mio. t. Das Unternehmen beliefert damit vor allem die beiden Kraftwerke Schko- pau und Lippendorf; weitere Abnehmer Lausitzer Braunkohlerevier sind zum Beispiel die Südzucker AG Zeitz sowie die Stadtwerke in Dessau und Im Lausitzer Revier hat Vattenfall Europe, Chemnitz. Hinzu kommen Wärme- und Business Unit Mining & Generation, 2014 Dampflieferungen. 61,8 Mio. t Braunkohle gewonnen. Die Lausitzer Braunkohle ist Grundlage für Die genehmigten Kohlevorräte in den mit- den langfristigen Betrieb der Kraftwerke teldeutschen Tagebauen Profen (Sach- Jänschwalde, Schwarze Pumpe und Box- sen-Anhalt) und Vereinigtes Schleenhain berg mit einer Kapazität von insgesamt (Sachsen) reichen derzeit etwa drei
Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland // 19 Förder- SKE-Fak- Braun- Leistungszahlen Abraum- Braunkohlen- bewegung gewinnung verhältnis Heizwert tor* kohlen- des Braunkohlen- A/K kg SKE gewinnung 1.000 t bergbaus sowie 1.000 m 3 1.000 t m 3 /t kj/kg je kg SKE Heizwerte der Rheinland 452.861 93.621 4,8 : 1 9.059 0,309 28.938 geförderten Kohle nach Revieren im Jahr 2014 Lausitz 362.427 61.814 5,9 : 1 8.523 0,291 17.976 Mittel- 59.252 20.931 2,8 : 1 10.675 0,364 7.624 deutschland * 1 kg SKE entspricht 29.308 kJ Helmstedt 4.483 1.812 2,5 : 1 10.616 0,362 656 Insgesamt 879.023 178.178 4,9 : 1 9.079 0,310 55.194 Quelle: Statistik der Kohlenwirtschaft Jahrzehnte. Sie können aber durch Feldes- ist die stoffliche Nutzung von Braunkoh- arrondierungen ergänzt werden. Darüber le ein Forschungsschwerpunkt, der unter hinaus sind perspektivisch weitere Lager- anderem mit dem Forschungsvorhaben stätten verfügbar. „Innovative Braunkohlenintegration“ (ibi) vorangetrieben wurde. Im Helmstedter Revier förderte die MIBRAG 2014 etwa 0,5 Mio. t Braun- kohle und nutzte sie im Kraftwerk Busch- haus. Die MIBRAG belieferte von Ja- Regionalwirtschaftliche Bedeutung nuar 2014 bis März 2015 zusätzlich die ROMONTA in Amsdorf mit insgesamt Die heimische Braunkohle hat eine gro- ca. 0,5 Mio. t Braunkohle, nachdem der ße regionalwirtschaftliche Bedeutung. In Grubenbetrieb der ROMONTA wegen ei- den Revieren arbeiten 22.000 Menschen nes geotechnischen Ereignisses vorüber- direkt in der Braunkohle. Mittelbar gehen gehend eingestellt werden musste. Die von dem Industriezweig beachtliche po- ROMONTA GmbH beliefert nunmehr wie- sitive regionale und gesamtwirtschaft- der ihre Kunden mit Montanwachsproduk- liche Impulse aus. Man geht davon aus, ten aus bitumenhaltiger Rohbraunkohle, dass die Beschäftigungswirkung des jetzt aus dem Baufeld Kupferhammer. Wirtschaftszweigs mehr als 70.000 Ar- Das Unternehmen plant, die Gewinnung beitsplätze umfasst. Darin eingeschlos- bitumenhaltiger Rohbraunkohle sowie von sen ist noch nicht die große Anzahl der Rohmontanwachs bis 2030 fortzusetzen. Arbeitsplätze, die dadurch erhalten wird, dass die Braunkohle in Deutschland im Der Standort Amsdorf ist ein Beispiel für internationalen Vergleich wettbewerbs- die Möglichkeit, Braunkohle sowohl stoff- fähige Erzeugungspreise und damit eine lich als auch energetisch zu nutzen. Nicht Versorgung der energie- und strominten- nur bei der ROMONTA, sondern insge- siven Industrie zu angemessenen Preisen samt im deutschen Braunkohlenbergbau in Deutschland sichert.
20 // Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland Kalibergbau Produkt bei weltweit begrenzter Verfüg- barkeit zu verzeichnen. Der deutsche Kalibergbau erfolgt durch die K+S Kali GmbH der K+S Gruppe. Diese Entwicklung setzte sich zur Jah- Deutschland war im Jahr 2014 weltweit resmitte fort, wenngleich das Preisni- der fünftgrößte Kaliproduzent mit einem veau weiterhin deutlich unter dem des Anteil von 8,3 % am Weltkaliabsatz. Der Vorjahres blieb. Die Nachfrage nach Kali- Absatz von Kali- und Magnesiumpro- umsulfat zeigte sich überaus robust; die- dukten belief sich auf rund 6,87 Mio. t se sowie Produktionsschwierigkeiten bei und lag damit auf dem Niveau des Vor- verschiedenen Wettbewerbern führten zu jahres. Die Weltkaliproduktion betrug steigenden Preisen. Im zweiten Halbjahr 2014 insgesamt 66,7 Mio. t. Die sechs belasteten die Preisrückgänge für Agrar- größten Produzenten zusammen liefer- rohstoffe die Nachfrage nach Kaliumchlo- ten etwa 75 % des weltweiten Bedarfs. rid nur leicht. Während die Abnehmer in Europa saisonbedingt zurückhaltend wa- Der Markt für kaliumhaltige Produkte ren, herrschte vor allem in Südamerika stabilisierte sich nach den Turbulenzen eine weiterhin gute Nachfrage. Der welt- 2013 zu Beginn des Jahres 2014 deut- weite Absatz des Gesamtjahres 2014 lich. Die nordamerikanischen und russi- stellt einen neuen Rekord dar. Es kam zu schen Produzenten konnten Vertragsab- einem deutlichen Abbau der Bestände schlüsse mit chinesischen und indischen auf Seiten der Produzenten. Abnehmern erreichen, wodurch sowohl die Nachfrage als auch die internationa- Auch zukünftig kann der aufgrund einer len Preise für Kaliumchlorid anzogen. In stetig wachsenden Weltbevölkerung und den Hauptabsatzregionen Europa und sich verändernder Ernährungsgewohn- Brasilien war vor allem im ersten Halbjahr heiten steigende Bedarf an Agrarroh- eine hohe Nachfrage nach granuliertem stoffen bei der begrenzten Verfügbarkeit Weltkaliproduktion 22,6 33,2 und -absatz nach 19,4 Regionen 2014 11,7 7,2 6,2 4,3 14,8 Kalimarkt in Mio. t 12,0 (vorläufig) Einschl. Kaliumsulfat und 2,7 1,0 Kalisorten mit niedrigerem K 2O-Gehalt Weltkaliproduktion Weltkaliabsatz Quelle: IFA, K+S 66,7 Mio. t 68,4 Mio. t
Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland // 21 von Ackerflächen nur durch eine Inten- die zur Auskristallisation der Sole benutzt sivierung der Landwirtschaft abgedeckt werden. K+S ist auf bestem Wege, das werden. Ein ausgewogener Einsatz mine- Werk wie geplant im Sommer 2016 in ralischer Pflanzennährstoffe ist dabei un- Betrieb zu nehmen und dabei das Inves- erlässlich und dürfte tendenziell zu einer titionsbudget von 4,1 Mrd. kanadischen erhöhten Nachfrage führen. Dollar einzuhalten. Das Legacy Projekt ergänzt das bestehende deutsche Pro- Für 2015 wird mit einer leicht rückläufi- duktionsnetzwerk um einen bedeutenden gen Weltkalinachfrage gegenüber dem nordamerikanischen Standort und wird Rekordwert des Jahres 2014 gerechnet, die internationale Wettbewerbsfähigkeit welcher durch besonders niedrige An- stärken. Der neue Standort in der kanadi- fangsbestände in der Wertschöpfungs- schen Provinz Saskatchewan wird zukünf- kette begünstigt war. Die Preise für tig vor allem die Ausgangsbasis für den Kaliumchlorid erholten sich im Berichts- Absatz in den aufstrebenden Wachstums- jahr schrittweise und sollten im Jahres- märkten Asien und Südamerika sowie in durchschnitt 2015 oberhalb des Vorjahres Nordamerika sein. liegen. Darüber hinaus überprüft die K+S Grup- Von großer Bedeutung für die K+S Gruppe pe, ob sich auch deutsche Lagerstätten insgesamt war im Jahr 2011 der Erwerb für den Ausbau der Produktionskapazitä- der kanadischen Potash One und das ten eignen könnten. So hat K+S die tech- damit verbundene so genannte Legacy nischen, betriebswirtschaftlichen und Projekt – angesiedelt in der neu gegrün- marktseitigen Aspekte einer möglichen deten Gesellschaft K+S Potash Canada. Wiedereröffnung des Reservebergwerks Ziel ist die Errichtung eines Solungsberg- Siegfried-Giesen in einer umfangreichen werks in der Provinz Saskatchewan. Die- Machbarkeitsstudie untersucht. Im Er- ses Projekt soll bereits im Jahr 2016 in gebnis haben die Entscheidungsgremi- einer ersten Stufe in Betrieb gehen und en des Unternehmens im Juni 2012 das in den Folgejahren bis 2023 auf eine Ka- Projekt grundsätzlich als aussichtsreich pazität von fast 3 Mio. t/a Kaliumchlorid bewertet. Mit der Landesplanerischen ausgebaut werden. In einer dritten Aus- Feststellung vom November 2013 hat der baustufe nach weiteren zehn Jahren wird zuständige Landkreis Hildesheim das er- ein Produktionsziel von 4 Mio. t jährlich forderliche Raumordnungsverfahren für angestrebt. Im Geschäftsjahr 2014 wur- das Reservebergwerk Siegfried-Giesen de eine erste Testkaverne zur Förderung abgeschlossen. Als nächster Schritt ist von kalihaltiger Sole in etwa 1.500 Meter das nach Bundesberggesetz notwendi- Tiefe fertiggestellt. Zum Bau und Betrieb ge Planfeststellungsverfahren vorgese- einer neuen Umschlags- und Lageranlage hen, für das der erforderliche Antrag der im Hafen von Vancouver (Kanada) konnte zuständigen Genehmigungsbehörde, ein langfristiger Exklusivertrag mit Pacific dem Landesamt für Bergbau, Energie Coast Terminals Co. Ltd. (PCT) unterzeich- und Geologie, vorliegt. Der Antrag befin- net werden. Darüber hinaus wurde ein det sich derzeit in der Phase der öffent- Camp für die Versorgung und Unterkunft lichen Beteiligung. Erst nach Abschluss der Arbeitskräfte am Standort eröffnet. des Verfahrens und bei einem positiven Im November erfolgte die erste Liefe- Planfeststellungsbescheid kann K+S auf rung von tonnenschweren Verdampfern, Basis der dann nochmals abschließend
22 // Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland Kaliproduktion in Deutschland 6,1 3,2 5,6 5,8 5,6 5,5 5,7 Kalimarkt Mio. t Ware 2 3 1 4 6 5 7 1 Zielitz 2 Sigmundshall 3 Bergmanns- segen-Hugo 4 Wintershall 5 Unterbreizbach 6 Hattorf Quelle: K+S Gruppe 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 7 Neuhof-Ellers zu überprüfenden wirtschaftlichen und der Gewässerqualität in Werra und We- marktseitigen Rahmenbedingungen eine ser sowie zum Schutz des Grundwassers Investitionsentscheidung treffen. erfüllt. In Hattorf wurde eine zusätzliche Produktionsanlage für die abwasser- Im Oktober 2011 erfolgte der erste Spa- freie Gewinnung von Kieserit errichtet, in tenstich für die umfangreiche Umsetzung Wintershall entstanden neue Eindampf- des „Maßnahmenpakets zum Gewäs- anlagen für Kainit und in Unterbreizbach serschutz“. Es umfasst eine Vielzahl wurde dem Lösebetrieb eine zusätzliche von technischen Einzelmaßnahmen zum Verarbeitungsanlage (Kalte Vorzerset- Grundwasser- und Gewässerschutz so- zung) vorgeschaltet. Ende März 2014 er- wie die Prüfung weiterer Maßnahmen. folgte der offizielle Betriebsstart von drei K+S verfolgt mit dem Maßnahmenpaket Großprojekten. Die Investitionen für das das Ziel, die Menge der bei der Kalipro- Maßnahmenpaket zum Gewässerschutz duktion unvermeidbar anfallenden Salzab- an der Werra belaufen sich insgesamt auf wässer bis zum Jahr 2015 auf 7 Mio. m3 rund 400 Mio. Euro und werden planmä- zu halbieren. 2006 waren noch 14 Mio. ßig Ende 2015 erfolgreich abgeschlossen m3 angefallen. Nach dem Baustart für die sein. neuen Anlagen im Oktober 2011 wurden die Arbeiten an allen Produktionsstandor- Ende September 2014 hat sich K+S mit ten des Werkes Werra – Hattorf und Win- dem hessischen Umweltministerium auf tershall in Hessen sowie Unterbreizbach Eckpunkte für einen Vier-Phasen-Plan in Thüringen – zeitgleich aufgenommen zur dauerhaften Salzwasser-Entsorgung und während des laufenden Produkti- im Werra-Kalirevier verständigt. Die vor- onsbetriebes termingerecht zu Ende ge- gestellten Punkte umfassen einen Re- führt. Damit werden die mit den Ländern gelungszeitraum bis zum Jahr 2075 und Hessen und Thüringen getroffenen Ver- sollen in einem öffentlich-rechtlichen einbarungen zur weiteren Verbesserung Vertrag festgeschrieben werden. Ziel
Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland // 23 der verschiedenen Maßnahmen ist es, Spitzengruppe der Salzproduzenten welt- den Naturraum Werra-Weser im Sinne weit. Unter Berücksichtigung der Werke der Umwelt und des europäischen Was- in Nord- und Südamerika ist die deutsche serrechts weiter zu entlasten und die Zu- K+S Gruppe, zu der auch esco gehört, kunftsfähigkeit der dortigen Arbeitsplätze derzeit mit weitem Abstand der weltweit zu sichern. Geplant sind dafür ab dem größte Salzproduzent. Jahr 2018 weitere Investitionen in Höhe von rund 400 Mio. Euro. Die esco – european salt company GmbH & Co. KG – betreibt drei Steinsalzbergwer- ke, zwei Solbetriebe sowie mehrere Sie- desalzanlagen in Deutschland, Frankreich, Salzbergbau den Niederlanden, Portugal und Spanien. Bei Salzprodukten für den Lebensmit- Mit den heimischen Salzwerken der K+S telbereich, Salzen für industrielle bzw. Gruppe, der Südwestdeutschen Salzwer- gewerbliche Anwendungen und Auftau- ke AG sowie den Bergwerken Stetten und salzen ist esco einer der führenden euro- Sondershausen gehört Deutschland zur päischen Produzenten. K + S Gruppe (D) esco 9,4 K+S Chile* 8,5 Morton Salt 13,9 31,8 Die weltweit China National Salt (CHN) 17,6 größten Salzproduzenten Compass Minerals (USA) 16,3 Salzmarkt Cargill (USA) 14,0 Kapazität in Mio. Tonnen (Festsalz und Salz in Sole; Dow Chemical (USA) 12,5 einschließlich captive use) Solvay (B) 12,0 *vormals SPL (einschl. SDB in Brasilien) Dampier Salt (AUS) 10,3 Exportadora del Sal (MEX) 8,0 Artyomosol (UKR) 7,5 AkzoNobel (NL) 6,6 Texas Brine (USA) 5,0 Soda Sterlitamak (RUS) 5,0 Russalt (RUS) 5,0 SWS (D) 5,0 Quelle: Roskill 2014
24 // Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland Zu Südwestdeutsche Salzwerke AG gehö- Ressourcen theoretisch noch für Jahrhun- ren die Bergwerke Heilbronn und Berch- derte gesichert. Dennoch gilt auch hier, tesgaden sowie die Solegewinnung aus dass Nutzungskonkurrenzen mit anderen dem natürlichen Solevorkommen in Bad Arten der Gebietsausweisung bestehen Reichenhall. Das Bergwerk Stetten ge- und eine entsprechende Standortwahl hört zur Wacker Chemie AG. Am Stand- für etwaige Anschlussprojekte aus- ort Sondershausen wird Steinsalz von der schließlich nach bergtechnisch und GSES GmbH gewonnen. wirtschaftlich sinnvollen Kriterien kaum möglich ist. Im Gegensatz zu den meisten anderen Bergwerksbetrieben, in denen das Roh- salz in der Regel mittels Bohren und Sprengen abgebaut wird, werden am Keramische Rohstoffe und Standort Heilbronn mittlerweile rund 80 % Industrieminerale der Salzgewinnung schneidend mit Conti- nuous Minern durchgeführt. Keramische Rohstoffe und Industriemi- nerale sind Grundsteine der industriellen Die Saline Luisenhall ist die letzte noch in Produktion Deutschlands. Sie werden Betrieb befindliche Pfannensaline Euro- beispielsweise als Basisrohstoffe in der pas. Salz wird als konzentrierte Sole aus Fein- und Grobkeramik (Geschirr, Zierke- 450 m Tiefe gefördert. Oben angekom- ramik, Fliesen, Mauer- und Dachziegel, men wird diese Sole in riesigen flachen Steinzeugrohre), in der Sanitärkeramik, Pfannen erhitzt, bis das Salz kristallisiert der technischen Keramik, der Feuer- und abgeschöpft werden kann. Dieses fest-, Gießerei- und Stahlindustrie, der Verfahren ist rund tausend Jahre alt. Baustoffindustrie, in der Papier- und Au- tomobilindustrie sowie im Bereich des Das Geschäftsjahr 2014 war geprägt Umweltschutzes eingesetzt. von einem schwachen Wintergeschäft sowohl in Deutschland als auch in Eu- Konjunkturell waren bei den Unterneh- ropa. Die milde Witterung zu Jahresbe- men der keramischen Rohstoffe und In- ginn und am Jahresende führte zu einer dustrieminerale im Geschäftsjahr 2014 unterdurchschnittlichen Nachfrage von leichte Rückgänge in der Produktion zu Auftausalz im Vergleich zum Vorjahr, verzeichnen. der Frühbezug war rückläufig und nicht zuletzt infolge am Markt vorhandener Die Ursachen hierfür sind vielfältig, wobei Überkapazitäten stiegen Wettbewerbs- sich eine konjunkturelle Schwäche euro- und Preisdruck. päischer Nachbarländer auch auf die hei- mische Wirtschaftslage auswirkte. Das Segment für Industriesalze war in Europa von einer leichten Konjunktur- Bei den Tonversandzahlen ins Ausland belebung der chemischen Industrie posi- (Benelux und Frankreich, Italien, Rest Eu- tiv beeinflusst. In den Bereichen Speise- ropa/Welt) waren im Geschäftsjahr 2014 salz und Gewerbesalz bewegten sich die leichte Schwankungen erkennbar. Wäh- Absatzmengen auf Vorjahresniveau. rend hinsichtlich Italien ein leichter An- stieg festzustellen war, kam es insgesamt Die Salzgewinnung in Deutschland zu einem moderaten Rückgang gegen- ist wegen der zahlreich vorhandenen über dem Geschäftsjahr 2013.
Zur Lage der rohstoffgewinnenden Industrie in Deutschland // 25 60 Gewinnung von Quarz/Quarzsand, 50 Spezialtonen, Feldspat, Kaolin 40 und Quarzit in Mio. t 30 20 Quarz, Quarzsande Spezialtone Feldspat 10 Kaolin Quarzit 0 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Quelle: BMWi, 2014 Fachliche Schwerpunkte der Tätigkeit des Als sein Nachfolger wurde einstimmig BKRI lagen im vergangenen Geschäftsjahr Dr. Hendrik Huppert, geschäftsführen- insbesondere in den Bereichen Rohstoff- der Gesellschafter der Saarfeldspatwerke sicherung und Genehmigungsverfahren, H. Huppert GmbH & Co. KG, zum neuen Umwelt, Energie sowie Steuern und Ab- Vorsitzenden gewählt. gaben. Hierbei sind vor allem die Themen Bundesberggesetz, REACH/CLP-Verord- nung/Einstufung und Kennzeichnung von Rohstoffen, die Landes- und Regional- Flussspat- und Schwerspatbergbau planung sowie Quarzfeinstaub hervor- zuheben. Die Erzgebirgische Fluss- und Schwer- spatwerke GmbH (EFS) – ein Tochterun- Wie in den Vorjahren engagierte sich der ternehmen der Nickelhütte Aue GmbH – Bundesverband Keramische Rohstoffe hat 2014 mit der Gewinnung von Fluss- und Industrieminerale e.V. (BKRI) auch im und Schwerspat in ihrer Grube in Nieder- Geschäftsjahr 2014 aktiv im Bereich der schlag bei Oberwiesenthal begonnen. Öffentlichkeitsarbeit, um die Relevanz Der gewonnene Fluss- und Schwerspat heimischer Rohstoffe in Wirtschaft und wird in der nassmechanischen Aufbe- Gesellschaft aufzuzeigen. reitung der EFS am Standort Aue auf- bereitet. Das neue Bergwerk samt Beim BKRI stand 2014 die Neuwahl des Aufbereitung wird in den nächsten Jah- BKRI-Vorsitzenden an. Walter Steiner, der ren bis zu 45 Mitarbeitern Beschäftigung als Vorstandsvorsitzender 12 Jahre er- geben. Flussspat (CaF2) wird haupt- folgreich die Interessen des BKRI vertre- sächlich zur Herstellung von Flusssäure ten hatte, kandidierte aus Altersgründen (HF), als Halbfabrikat in der Fluorchemie nicht mehr für das Amt des Vorsitzenden. sowie als Metallurgiespat verwendet.
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