Exportbericht Polen Mai 2017 - Außenwirtschaftsportal Bayern
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Exportbericht Polen Mai 2017 Außenhandel Geschäftsabwicklung Markterschließung Zoll Recht Geschäftsreisen
2 Grundlage dieser Broschüre sind die Länderreports der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA, die uns die Länderreports freundlicherweise zur Verfügung stellt. AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA ist die Außenwirtschaftsorganisation der Wirtschaftskammer Österreich. Die Überarbeitung erfolgte durch das AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUM BAYERN (AWZ). Weitere Exportberichte sind im AUSSENWIRTSCHAFTSPORTAL BAYERN unter www.auwi-bayern.de → Rubrik „Länder“ abrufbar. Bildnachweis: czu_czu_PL/pixabay Herausgeber, Medieninhaber (Verleger) und Hersteller: AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA Wiedner Hauptstraße 63, Postfach 150, 1045 Wien, Redaktion: Kommunikation Inland, Telefon: 05 90 900-4321, 4214, Telefax: 05 90 900-255, E-Mail: aussenwirtschaft.kommunikation-inland@wko.at , http://wko.at/aussenwirtschaft Die Unterlage zu dieser Veröffentlichung stellte das zuständige AußenwirtschaftsCenter zur Verfügung. © AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die Rechte der Verbreitung, der Vervielfältigung, der Übersetzung, des Nachdrucks und die Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege durch Fotokopie, Mikro- film oder andere elektronische Verfahren sowie der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA vorbehalten. Die Wiedergabe - mit Quellenangabe ist vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen gestattet. Es wird darauf hingewiesen, dass alle Angaben trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr erfolgen und eine Haftung der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA ausgeschlossen ist. - Darüber hinaus ist jede gewerbliche Nutzung dieses Werkes der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA vorbehalten. Überarbeitung durch das Außenwirtschaftszentrum Bayern (AWZ) Lorenzer Platz 27, 90402 Nürnberg, Telefon: 0911/23886-42, Telefax: 0911/23886-50 E-Mail: portal@auwi-bayern.de Internet: http://www.auwi-bayern.de - http://www.awz-bayern.de Trotz sorgfältiger Prüfung aller in der vorliegenden Publikation enthaltenen Informationen sind Fehler nicht auszuschließen. Die Richtigkeit des Inhaltes ist daher ohne Gewähr. Eine Haftung des AußenwirtschaftsCenters, der © AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA, der Wirtschaftskammer Österreich und der BIHK Service GmbH ist ausgeschlossen. Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
3 ALLGEMEINE INFORMATIONEN ................................................................................................... 4 WIRTSCHAFT IM ÜBERBLICK ....................................................................................................... 6 AUSSENHANDEL .......................................................................................................................... 12 GESCHÄFTSABWICKLUNG UND MARKTBEARBEITUNG .......................................................... 12 Normen .......................................................................................................................................... 15 Liefer-, Leistungs- und Zahlungsbedingungen ............................................................................... 15 Bank- und Finanzwesen ................................................................................................................. 17 Verkehr, Transport, Logistik ........................................................................................................... 17 STEUERN UND ZOLL ................................................................................................................... 18 Zoll und Außenhandelsregime ....................................................................................................... 22 RECHTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN ..................................................................................... 25 Firmengründung............................................................................................................................. 28 Patent-, Marken- und Musterrecht .................................................................................................. 30 Lizenzvergabe................................................................................................................................ 31 Eigentum und Forderungen............................................................................................................ 31 Vertretungsvergabe ....................................................................................................................... 35 Arbeits- & Sozialrecht..................................................................................................................... 36 Schiedsgerichtsbarkeit ................................................................................................................... 37 Bayerisches Außenwirtschaftsangebot .......................................................................................... 38 INFORMATIONEN FÜR GESCHÄFTSREISEN ............................................................................. 40 WICHTIGE ADRESSEN ................................................................................................................ 44 LINKS ............................................................................................................................................ 49 Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
4 ALLGEMEINE INFORMATIONEN Key Facts Staatsform Parlamentarische Republik mit Zweikammerparlament Fläche 312.685 km² Bevölkerung 38,5 Mio. Städte Warszawa (Hauptstadt) 1,7 Mio. EW, Kraków 756.000, Łódź 737.000, Wrocław 633.000, Poznań 551.600, Gdańsk 457.000, Szczecin 405.600, Bydgoszcz 356.000, Lublin 348.500, Katowice 307.000 (Großraum Katowice ca. 4 Mio. Einwohner) Klima gemäßigtes Kontinentalklima, in der Regel ähnliche Temperaturen wie in Deutschland, Durchschnittstempera- turen im Winter –1º bis 5º C, im Sommer 16º bis 19º C Währung PLN – Polnische Zloty 1 € = 4,19 PLN *Stand 04.05.2017 Historischer Überblick Im Herbst 1989 bildete Premierminister Tadeusz Mazowiecki die erste nichtkommunistische Nach- kriegsregierung. Die Regierung schnürte ein Paket radikaler Maßnahmen, den so genannten „Bal- cerowicz-Plan“ (Leszek Balcerowicz war der damalige Finanzminister), um die zentral gesteuerte Planwirtschaft in ein marktwirtschaftliches System zu überführen. Polen litt zwar zunächst unter einer schweren Wirtschaftskrise, es war jedoch eines der ersten ost- europäischen Länder, das auf einen nachhaltigen Wachstumskurs einschwenkte. Dies gelang dank einschneidender struktureller Maßnahmen, zügiger Privatisierung vor allem kleinerer und mittlerer Unternehmen, der Bildung eines effizienten Bankenapparates, der Liberalisierung des Außenhan- dels, der Schaffung investitionsfreundlicher Rahmenbedingungen und nicht zuletzt auch aufgrund massiver westlicher Unterstützung. Polen ist eine parlamentarische Demokratie, seit 1999 Mitglied der NATO und seit 1. Mai 2004 Mit- glied der Europäischen Union. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Sejm mit 460 Ab- geordneten und dem Senat mit 100 Senatoren. Der polnische Sejm existiert in verschiedenen For- men und mit Unterbrechungen seit 1493 und gehört zu den ältesten Parlamenten der Welt. Seit 1999 ist Polen in 16 Wojewodschaften eingeteilt, die jeweils über eine eigene Volksvertretung (Sejmik) verfügen. Von der Zentralregierung wird ein Wojewode ernannt, der die Finanzmittel, wel- che die Zentralregierung an die Wojewodschaften zuteilt, verwaltet. Die Volksvertretung der Woje- wodschaft wählt einen Vorstand (Zarzad) mit einem Wojewodschaftsmarschall (Marszalek) als Vor- sitzendem. Am 10. April 2010 stürzte bei Smolensk ein Flugzeug der polnischen Luftwaffe ab, in dem sich ne- ben Präsident Lech Kaczynski und seiner Gattin 94 weitere zum Teil hochrangige Personen aus Politik, Militär und Zivilgesellschaft befanden. Die Passagiere, von denen niemand den Absturz überlebte, waren auf dem Weg nach Russland, um anlässlich des 70. Jahrestages den Opfern des Massakers von Katyn zu gedenken, bei dem der sowjetische NKWD rund 22.000 polnische Staats- bürger ermordet hatte. Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
5 Im zweiten Halbjahr 2011 übernahm Polen erstmals die EU-Präsidentschaft, die vor allem im Zei- chen der Euro-Krise stand. Nach herrschender Expertenmeinung war die Präsidentschaft ein Er- folg, und es gelang Polen ausgezeichnet, die Schritte zur Lösung der Euro-Krise zu koordinieren. Die Ernennung des bisherigen polnischen Premierministers Donald Tusk am 1.Dezember 2014 zum Präsidenten des Europäischen Rates sollte das Gewicht Polens innerhalb der EU weiter ver- stärken. Vom 8. Juni bis 1. Juli 2012 war Polen gemeinsam mit der Ukraine Austragungsort der Fußball- Europameisterschaft EURO 2012. Das Eröffnungsspiel fand im neu errichteten Nationalstadion in Warszawa statt. Weitere Spielorte in Polen waren Gdańsk, Poznań und Wrocław. Die EURO 2012 in Polen war lt. Experten, Vertretern der UEFA und Fans gut vorbereitet und Polen bewies die Fä- higkeit, Großevents dieser Art erfolgreich abwickeln zu können. Die seit Herbst 2007 regierende EU-freundliche und wirtschaftsliberale Koalition aus der Bürger- plattform (PO) und der sozialkonservativen Bauernpartei (PSL) wurde von den polnischen Wählern bei den Parlamentswahlen 2011 (als bisher erste Regierung) im Amt bestätigt. Bei den Präsidentenwahlen im Frühjahr 2015 wurde der als Favorit geltende, seit 2010 amtierende und der EU-freundlichen und wirtschaftsliberalen Bürgerplattform (PO) nahestehende Bronislaw Komorowski unerwartet von Andrzej Duda, dem Kandidaten der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), geschlagen. Das durch diesen Überraschungserfolg ausgelöste Momen- tum – zusammen mit einer gewissen Unzufriedenheit in weiten Teilen der Bevölkerung, die ihren Wohlstand angesichts anhaltend starken Wirtschaftswachstums nicht im erwarteten Maße anstei- gen sahen – führten bei den Parlamentswahlen am 25. Oktober 2015 zu einem Erdrutschsieg der PiS. Damit hat diese mit knapp 38 % der Stimmen die absolute Mandatsmehrheit im Sejm (Parla- ment). Die während acht Jahren solide-erfolgreich als Seniorpartner in einer Koalition regierende PO (2011 als bisher erste Regierung im Amt bestätigt) erhielt nur mehr rund 24 %. Zum ersten Mal seit 1989 ist keine Linkspartei im polnischen Parlament vertreten. Die PiS nutzte ihre neugewonnene Macht umgehend, um innerhalb kürzester Zeit zahlreiche z.T. im In- und (EU-) Ausland stark umstrittene Gesetzesvorhaben umzusetzen. So wurden neue Ge- setze verabschiedet, die die Aktionsfähigkeit des Verfassungsgerichtshofs reduzieren, die Unab- hängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks potentiell vermindern und große Supermärkte so- wie Banken und Versicherungen mit einer zusätzlichen Steuer belegen. Gleichzeitig ist geplant, das Pensionsantrittsalter (wieder) herabzusetzen, ein umfangreiches Kindergeld einzuführen und Ge- ringverdiener steuerlich zu entlasten. Als Folge dieser Regierungsinitiativen wurde von der EU- Kommission Mitte Januar der Rechtsstaatsmechanismus zur Überprüfung der Maßnahmen akti- viert und die Bonität Polens von der Ratingagentur Standard and Poor's von A- auf BBB+ gesenkt. Demgegenüber steht, dass Polens Volkswirtschaft weiterhin stabil und gut aufgestellt ist. 2015 konnte erstmals ein Handelsbilanzüberschuss erwirtschaftet werden, das laufende Defizit wurde verringert, das Wirtschaftswachstum ist solide (3,6% in 2015, für 2016 werden 2,7% prognostiziert), und die Arbeitslosigkeit befindet sich auf einem historisch niedrigen Stand. Bevölkerung 38,5 Mio. Einwohner (an 33. Stelle weltweit, 8. Stelle Europa, 6. Stelle Europäische Union), haupt- sächlich Polen (96%), etwa 61% der Bevölkerung lebt in Städten, Bevölkerungsdichte: 122 Ein- wohner/km², ca. 15-18 Mio. Polen im Ausland (USA, Deutschland, Großbritannien, Brasilien, Frank- reich, Kanada, Belarus, Ukraine, Litauen, Australien). Landes- und Geschäftssprachen Landessprache Polnisch Geschäftssprachen Polnisch, Englisch, Deutsch Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
6 Politisches System Parlamentarische Republik (offizieller Name: Rzeczpospolita Polska) Staatsoberhaupt Andrzej Duda (seit 06.8.2015) Premierminister Beata Szydlo (seit Nov. 2015, zuvor: Ewa Kopacz) Parlament Unterhaus (Sejm), Oberhaus (Senat) Das Sejm wird nach Verhältniswahl und der Senat nach relativer Mehrheitswahl gewählt. Die Le- gislaturperiode ist für beide Kammern auf 4 Jahre beschränkt. Das Staatsgebiet besteht aus 16 Wojewodschaften. An der Spitze jeder Wojewodschaft stehen ein von der Zentralregierung ernannter Wojewode und ein gewählter Marschall. Mitgliedschaft in internationalen Organisationen EU (seit 01.5.2004), NATO (seit 12.03.1999), FAO, IAEO, ILO, IWF, NATO, OECD, Schengen (Wegfall der Grenzkontrollen am 21.12.2007), UN, UNCTAD, UNESCO, UNIDO, UNICEF, WHO, WTO. Polen trat Ende 2015 der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) bei und beteiligte sich somit mit 830 Mio. USD an der von China initiierten Finanzinstitution. WIRTSCHAFT IM ÜBERBLICK Kurze Charakteristik Polen hat sich in den letzten Jahren zu einer der wichtigsten Volkswirtschaften in der Region entwi- ckelt. Mittlerweile ist das Land in den Top 25 Volkswirtschaften der Welt angekommen und wird laut Meinung von Experten künftig als eine Art „Deutschland des Ostens“ die Konjunkturlokomotive der mittel- und osteuropäischen Länder (MOEL) bilden. Seit der Öffnung haben die traditionellen Sektoren Landwirtschaft und Schwerindustrie an Bedeutung verloren, der Dienstleistungssektor hat demgegenüber an Bedeutung gewonnen. Polens Mitgliedschaft bei der Europäischen Union ist ein großer Erfolg. Sie hat polnischen Produkten und Dienstleistungen ungehinderten Zugang zu einem Markt mit einer halben Milliarde Verbrauchern geöffnet, den Zugang zu Fördermitteln zum Ausbau der oft veralteten Infrastruktur ermöglicht und Polen Mitsprache in der Union gegeben. Das Inte- resse an Polen als Investitionsstandort und Absatzmarkt ist seit dem EU Beitritt 2004 deutlich ge- stiegen; weit über 100 Mrd. Euro an ausländischen Direktinvestitionen (ADIs) flossen seitdem nach Polen. Wirtschaftslage und Perspektiven Die polnische Volkswirtschaft wuchs 2015 um beachtliche 3,9%. Ausschlaggebend für das kräftige Wachstum waren u.a. die gestiegene Inlandsnachfrage und die starke Entwicklung der Exporte. Für 2016 wird ein BIP-Anstieg von rund 2,7% prognostiziert. Dies ist nach wie vor ein gesundes Wachstum, allerdings bedeutend weniger als zu Jahresbeginn erwartet. Hauptgrund für die verhal- tene Zunahme sind die im Vergleich zu den Vorjahren deutlich geringeren öffentlichen Investitio- nen, welche ihrerseits aus Verzögerungen bei der Vergabe von EU Fördermitteln resultieren. Das traditionelle Defizit im Warenverkehr wurde über die letzten Jahre kontinuierlich reduziert. 2015 konnte Polen erstmals einen Handelsbilanzüberschuss erwirtschaften! Nach einem deutlichen Ex- portwachstum im Jahr 2014 von +7,0% legten die Ausfuhren auch 2015 im Vergleich zum Vorjah- reszeitraum stark zu (+8,3%). Die Einfuhren stiegen demgegenüber nur um +5,2%; somit ergibt sich für das Gesamtjahr 2015 ein positiver Saldo in Höhe von 2,4 Mrd. Euro. Sowohl die Exporte als auch die Importe werden 2016 um rund 2% zulegen – der Handelsbilanzüberschuss wird somit auch im vergangenen Jahr bestehen bleiben. Die gestiegenen Ausfuhren bescherten auch der (exportorientierten) Industrie in den vergangenen Jahren beachtliche Zuwächse. So stieg ihre Wertschöpfung zuletzt jährlich um mehr als 3%. Insge- samt legten im vergangenen Jahr 27 von 34 Industriebranchen zu, wobei insbesondere die Berei- Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
7 che Transportmittel, Elektrogeräte, Pharmazie und Textilien starke Zuwächse verzeichnen konnten. Daneben lieferten auch die Bauwirtschaft (+4,4%) und der Handel (+3,1%) gute Ergebnisse. Einen neuen Rekord gab es zudem beim Wohnungsabsatz. Aufgrund der Turbulenzen rund um die gemeinsame Währung ist die Einführung des Euro bis auf weiteres nicht geplant. Die Regierung möchte dies erst tun „wenn die Zeit reif ist“. Seit 2007 beurteilte die Ratingagentur Standard & Poor´s Polens Kreditwürdigkeit mit A-. Der Aus- blick war stabil, da Polen als einziges europäisches Land seit 2008 eine Rezession vermeiden konnte und mit einer diversifizierten und belastbaren Wirtschaft sowie einem flexiblen Wechselkurs punkten kann. Aufgrund der umstrittenen Gesetzesinitiativen der PiS Regierung stufte S&P Polens Bonität jedoch am 15.01.2016 erstmalig seit den 90er Jahren von A- auf BBB+ herunter. Die Ab- wertung hat laut Meinung zahlreicher Experten jedoch weniger mit den nach wie vor guten Funda- mentaldaten der Wirtschaft zu tun, sondern drückt eine Besorgnis über die gestiegene Unsicherheit im politischen Bereich aus. Tatsächlich sind von Regierungsseite vermehrt Stimmen zu hören, die den starken Einfluss ausländischer Unternehmen (vor allem im Finanz- und Bausektor) kritisieren und einer „Re-Polonisierung“ des Landes das Wort reden. Wirtschaftsdaten Polen (BIP, Stabilität, makroökonomische Daten) Wirtschaftskennzahlen 2015 2016* 2017* BIP (in Mrd. €) 427,7 432,4* 455,8* BIP (in Mrd. US$) 474,5 481,91* 507,99* BIP/ Kopf (in €) 11.123 11.248* 11.861* Wirtschaftswachstum 3,6 % 3,7 %* 3,6 %* Inflation -0,7 % -0,2 %* 1,3 %* Arbeitslosenquote 7,5 % 6,2 %* 5,6 %* Quelle GTAI, Stand: Dezember 2016, * Schätzungen bzw. Prognosen Seit Anfang 2014 befindet sich die polnische Wirtschaft erneut auf einem steten Wachstumskurs, der sich laut Schätzungen auch in den kommenden Jahren fortsetzen wird - für 2017 und 2018 wird ein BIP-Anstieg von zumindest 3% prognostiziert. Das Wirtschaftswachstum von 3,9% im Jahr 2015 und die guten Prognosen waren ausreichend um das Niveau der Arbeitslosigkeit 2015 substantiell zu senken. Insgesamt waren im Jahresschnitt 2015 weniger als 1,6 Millionen Menschen ohne Job, was einer Arbeitslosenrate von 9,8% ent- spricht (nationale Berechnung; EUROSTAT: 7,5%). Im Vergleich dazu lag die Erwerbslosenquote im vorausgehenden Jahr bei 11,5% und 2013 noch bei 13,5%. Für Jahresende 2016 erwartet man eine weitere Abnahme auf 8,4%. Trotz der starken wirtschaftlichen Entwicklung sank die Inflation in Polen seit 2012 kontinuierlich von 3,7% auf 0,0% im Jahr 2014; während 2015 und 2016 herrschte durchwegs eine moderate Deflation von -0,9% bzw. -0,6% im Jahresdurchschnitt. Die Inflationsrate lag damit zuletzt weit un- ter dem von der Nationalbank angepeilten Ziel von 2,5% (+/- 1%). Dies erleichterte dem geldpoliti- schen Rat der Nationalbank (RPP) auch die Entscheidung, den Referenzzinssatz mehrfach zu sen- ken. Aktuell beträgt er 1,5 %, das ist der niedrigste Wert seit dem Systemwechsel. Seit Ende 2016 geht die Deflation zurück, für 2017 wird wieder mit einer Inflation von 1-2% gerech- net. Als Ursachen für die geringe Preissteigerung der vergangenen zwei Jahre wurden die Mäßi- gung der weltweiten Rohstoffpreise sowie geopolitische Faktoren („Russland-Ukraine-Krise“, Brexit, abgeschwächtes Wachstum in China) genannt. Der Ölpreis ist zuletzt wieder angestiegen, trotzdem Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
8 ist bis auf weiteres aufgrund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank keine Erhöhung des Zinssatzes absehbar. Der Zloty verhielt sich 2015 relativ stabil, die Schwankungsbreite bewegte sich bei 3,97 bis 4,37 zum Euro. 2016 verlor die polnische Währung jedoch (u.a. aufgrund der Unsicherheiten im Zu- sammenhang mit der Programmatik der PiS Regierung) gegenüber dem Euro an Wert. Der jährli- che Durchschnitt lag bei 4,36 mit einem kurzzeitigen Tiefststand Anfang Dezember von 4,50. Zu- letzt erholte sich der Zloty wieder etwas und notierte Mitte Januar 2017 bei 4,37. 2.500,00 16,0% 14,0% 4,30% 5,00% 2.000,00 11,50% 4,00% 3,50% 3,80% 3,70% 3,60% 12,0% 3,30% 4,00% 4,30% 1.500,00 10,0% 3,00% 9,80% 2,00% 2,60% 8,0% 1,50% 0,00% 2,00% 1.000,00 6,0% 0,00% 0,90% 1,70% 2009 2010 2011 1,90% 2012 2013 2014 2015 1,00% 4,0% 500,00 -2,00% -0,90%0,00% 2,0% 0,00 0,0% 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Inflationsrate BIP Wachstum real Arbeitslose in Tsd Ew Arbeitslosenrate in % Quelle: GUS Quelle: GUS Bedeutende Wirtschaftssektoren Polen wandelte sich in den letzten zwei Jahrzehnten von einer landwirtschaftlich und schwerindust- riell geprägten zu einer modernen Dienstleistungsvolkswirtschaft. Bedarfsorientierte Industriepro- duktion und ein starker tertiärer Sektor bestimmen die heutige BIP-Struktur. Das Land ist ein wich- tiges Ziel für ausländische Direktinvestitionen und nimmt hinsichtlich wirtschaftlicher Dynamik und Bedeutung eine führende Position in der Region ein. Polens Wirtschaft passt sich zügig den markt- wirtschaftlichen Standards der EU an. Besonders die Städte im Westen und Südwesten des Landes, die nahe der deutschen Grenze lie- gen, profitierten von den politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen und entwickelten sich zu starken Wirtschaftsregionen. Zudem erstreckt sich ein wirtschaftsstarker Korridor von der „Dreistadt“ Danzig-Gdynia-Sopot an der Ostsee über Polens Hauptstadt Warschau bis in den Sü- den nach Katowice und Krakau. Die südpolnischen Gebiete, die traditionell von der Schwerindustrie geprägt waren, konnten im Modernisierungsprozess ebenfalls gut mithalten, nutzten die Privatisie- rungsprozesse und zogen zahlreiche internationale Privatinvestoren an. Die Region Oberschlesien mit dem Industriezentrum Katowice ist für ca. ein Fünftel des industriellen Outputs Polens verant- wortlich. Weitere wichtige Städte sind das ehemalige Textilzentrum Łódz („Manchester des Os- tens“), die Messestadt Poznań sowie Wrocław, der Wirtschaftsmotor im Südwesten Polens. Weniger dynamisch entwickeln sich die an Russland, Weißrussland und die Ukraine grenzenden östlichen und nordöstlichen Regionen des Landes sowie einige nordwestliche Gebiete. Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft und der großen staatlichen Betriebe, fehlende oder schlechte Infrastruktur, Abwanderung und die örtliche Abgeschiedenheit führten in diesen Gegen- den zu Armut und hoher Arbeitslosigkeit. Die Bedeutung des privaten Sektors als Wirtschaftsgenerator lag 1989 bei 18% des BIP, heute beträgt sein Anteil schon weit über 80%. Mittlerweile sind rund 65% aller Arbeitnehmer im privaten Sektor tätig. Trotz der hohen Direktinvestitionen ausländischer Unternehmen ist der Großteil der Privatwirtschaft weiterhin in polnischer Hand. Nichtsdestotrotz sind in letzter Zeit von Seite der nati- onal-konservativen Regierungspartei PiS vermehrt Stimmen zu hören, die vor einem Ausverkauf an Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
9 ausländische Investoren warnen und eine „Re-Polonisierung“ strategischer Wirtschaftssektoren befürworten. Der Wechsel von einer zentral gesteuerten Planwirtschaft hin zu einer freien Marktwirtschaft führte zum Entstehen einer gut verdienenden, gebildeten Schicht von Unternehmern und Arbeitnehmern des Privatsektors, deren Konsumverhalten sich westlichen Mustern anpasst. Ihnen stehen die un- terdurchschnittlich verdienenden Beamten des öffentlichen Sektors, Pensionisten mit Mindestpen- sionen und die häufig von Subventionen lebenden Bauern gegenüber. Landwirtschaft Die Landwirtschaft machte 2015 rund 3% des polnischen BIP aus und beschäftigte 2,3 Mio. Perso- nen – dies sind rund 12,5% aller polnischen Arbeitnehmer. Aktuell gibt es in Polen 1,4 Mio. Bau- ernhöfe, die insgesamt 14,2 Mio. Hektar Nutzfläche bewirtschaften. Die Landwirtschaft hat für das Land einen wichtigen sozialen und wirtschaftlichen Stellenwert. Polen ist der EU-weit größte Pro- duzent von Äpfeln, Geflügelfleisch, Kartoffeln, Pilzen, Himbeeren, Johannesbeeren, Weißkohl und Karotten. Die Rinder- und Geflügelzucht sowie die Getreide- und Obst/Gemüse Produktion zählen zu den dynamischen Sektoren der Agrarwirtschat. Wesentliche strukturelle Probleme aufgrund zu geringer Betriebsgröße beeinträchtigen die Produk- tivität des polnischen Agrarsektors. Trotz der Notwendigkeit zur Restrukturierung und der dafür be- reitstehenden EU-Fördermittel zeigt sich die Landwirtschaft im Gegensatz zu den anderen Sekto- ren allerdings wesentlich resistenter gegenüber strukturellen Veränderungen. Bergbau Aufgrund der reichen Lagerstätten mineralischer Rohstoffe gehört Polen zu den führenden Förder- und Ausfuhrländern von Steinkohle, Schwefel, Kupfer und Silber. Der Bergbau machte 2016 etwa 2,5% des BIP aus. Der Sektor steht unter Anpassungsdruck, damit er auch in Zukunft wettbewerbs- fähig sein kann, jedoch stellen die hohe gewerkschaftliche Durchdringung und die Ertragsschwäche der Unternehmen Hindernisse für eine Strukturreform dar. Verarbeitende Industrie Führend im Produktionssektor ist die verarbeitende Industrie, deren Gesamtanteil am BIP rund 22 % beträgt (2015). Zu den wichtigsten Industriezweigen zählen die Fahrzeug-, die Nahrungs- und Genussmittelindustrie, der Maschinenbau, die Elektrotechnik, die chemische Industrie sowie die Metallindustrie. Auch die Schwerindustrie (vor allem die Stahlproduktion) spielt nach wie vor eine bedeutende Rolle, wenngleich sie sich derzeit durch den Einstieg großer ausländischer Konzerne im Umbruch befindet. Die Industrie ist generell von zahlreichen ausländischen Investitionen ge- prägt. Besonders stark ist der industrielle Output in den südlichen Regionen Polens. Die Automobilindustrie nimmt in Polen eine herausragende Stellung ein. 2016 sind im Land fast 700.000 Fahrzeuge produziert worden, um 3% mehr als 2015. Die starken Produktionszahlen sind in erster Linie dem Opel-Werk in Gleiwitz (mehr als 200.000 hergestellte Fahrzeuge) und dem VW- Werk in Posen (rund 185.000 hergestellte Fahrzeuge) zu verdanken. Die Autofabriken und ihre Zulieferer in Polen haben ihre Exporte 2016 auf über 23 Mrd. Euro erhöht. Deutschland nimmt ca. 30% der Exporte der polnischen Automobilindustrie ab. 45% der polnischen Automobilindustrie- Exporte betreffen Autoteile. Bauwirtschaft Während Mitte der 90er Jahre nur in einigen wenigen Großstädten in bedeutenderem Ausmaß ge- baut wurde, zählt der Bausektor in Polen in den letzten Jahren landesweit zu den wichtigsten Wirt- schaftszweigen. Auch die hohen EU-Mittel und die EURO 2012 trugen zum Bauboom bei, indem sie die dringend nötigen Investitionen in den Ausbau von Verkehrsinfrastruktur (Autobahn, Straßen, Eisenbahn, Flughäfen) ermöglichten. Nach der EM und mit Abkühlung der polnischen Wirtschaft hatte auch die Hochphase der Bauindustrie ein Ende. Es folgten zwei Jahre mit negativem Wachs- tum (2012 -6,2% und 2013 -5,9%). Die neu angelaufene Förderperiode brachte wieder den erhoff- ten Aufschwung und ließ die Bauwirtschaft 2014 um 3,6% und 2015 um 2,8% wachsen. Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
10 Zuletzt kam es aufgrund verzögerter Vergabe von EU Mitteln allerdings zu einem Rückgang der erbrachten Bauleistungen in Polen um ca. 12% im 1. HJ 2016. Der Wert der im Rahmen von öffent- lichen Ausschreibungen im gleichen Zeitraum insgesamt erteilten Bauaufträge sank um 23% ge- genüber dem 1. HJ 2015 auf ca. Euro 2 Mrd. Gerade im Bereich des Straßen- und Gleisbaus las- sen Aufträge auf sich warten. Der Investitionsbedarf in den Bereichen Energie, Verkehrsinfrastruk- tur und Abfallbehandlung bleibt aber weiter hoch. 100,00% 63,90% 64,00% 75,00% 57,30% 50,00% 37,40% 32,80% 32,60% 25,00% 5,30% 3,30% 3,40% 0,00% 1995 2000 2014 Landwirtschaft Industrie Dienstleistungen Quelle: Weltbank Einzelhandel Global Players dominieren den Einzelhandelsmarkt mit Hyper- und Supermarktketten, wo ca. 40% des gesamten Einzelhandelsumsatzes erzielt werden. International bekannte Namen wie Tesco, Carrefour, Auchan und Real sind im polnischen Lebensmitteleinzelhandel ebenso präsent wie die deutschen Diskonter Lidl und Aldi oder das portugiesische Unternehmen Jeronimo Martins mit der Lebensmittelkette Biedronka. Auch im Möbel-, Bekleidungs- und Elektronikmarkt haben bekannte europäische Schwergewichte den Einstieg seit Langem vollzogen. Der Einzelhandelsverkauf wächst seit längerem konstant um 3-4% jährlich. Laut einem Ranking der attraktivsten Märkte für internationale Retailer von CBRE lag Polen im Jahr 2016 weltweit auf Rang 26. Ca. 35% der internationalen Einzelhandelsunternehmen sind bereits in Polen aktiv. Diese posi- tive Dynamik könnte sich allerdings durch ein von der PiS Regierung entworfenes Gesetz zur Be- steuerung des Einzelhandels vermindern. Gemäß den geplanten Bestimmungen sollten Ladenge- schäfte mit monatlichem Umsatz zwischen 17 und 170 Mio. PLN künftig eine zusätzliche Steuer in Höhe von 0,8% des Umsatzes zahlen, bei Einkünften über 170 Mio. PLN sogar 1,4% des Umsat- zes. Das Gesetz musste allerdings nach einem Einspruch der Europäischen Kommission im Sep- tember 2016 suspendiert werden und ist seitdem in Überarbeitung. Medien Auflagenstärkste Tageszeitung ist das von Axel Springer herausgegebene Boulevardblatt Fakt (ca. 280.000 Exemplare/Monat). Die führenden Qualitätszeitschriften sind die eher konservative Zeitung Rzeczpospolita (im Staatsbesitz; ca. 53.000 Exemplare) und die liberale Gazeta Wyborcza (ehema- liges Sprachrohr der Solidaritäts-Bewegung, ca. 154.000 Exemplare). Die 2009 aus einer Ver- schmelzung der etablierten Wirtschafts-Tageszeitung Gazeta Prawna und der erst 2006 vom Axel Springer Verlag gegründeten Qualitäts-Tageszeitung Dziennik hervorgegangene Dziennik Gazeta Prawna hat eine monatliche Auflage von ca. 49.200 Exemplaren. 2012 hat Axel Springer außerdem 75 % des größten polnischen Internetportals www.Onet.pl übernommen. Im Fernseh- und Rundfunksektor gibt es zahlreiche erfolgreiche Sender. Der traditionelle Platz- hirsch unter den Fernsehsendern ist das staatliche (öffentlich-rechtliche) Fernsehen Telewizja Polska (TVP) mit über 20% Marktanteil (die wichtigsten Sender sind TVP1 mit 12,3% und TVP2 mit Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
11 8,6%). Ernsthafte Konkurrenz erfährt TVP allerdings durch die Privatsender, allen voran Polsat (11%) und TVN (10,5%). Aktuell erfolgt auf Betreiben der PiS Regierung eine weitreichende Um- gestaltung der polnischen Medienlandschaft, mit dem erklärten Ziel, die Berichterstattung der Me- dien wieder „unabhängig“, d.h. in der Praxis regierungsfreundlich zu machen. Die langfristigen Auswirkungen dieser Reformen auf den polnischen Medienmarkt sind zurzeit noch nicht absehbar, allerdings sinken die Zuschauerzahlen, Einschaltquoten und privaten Werbeeinnahmen beim staat- lichen Fernsehen TVP, seit die Regierung dort verstärkt eingreift. Die Werbegelder durch staatsna- he Unternehmen sind demgegenüber stark gestiegen. Finanzsektor Polens Finanzsektor war lange Zeit stark durch ausländische Unternehmen geprägt, auch wenn die größte Bank - die PKO Bank Polski - in mehrheitlich staatlichem Eigentum steht. Im Bank- und Ver- sicherungsbereich sind die großen international bekannten Namen aus Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Spanien, den USA und Österreich zu finden. Derzeit ist der gut regulierte und zum Großteil privatisierte Sektor noch zu 60 Prozent in der Hand von ausländischen Instituten. Die polnische Regierung hat es sich allerdings zum Ziel gesetzt, den Finanzsektor wieder verstärkt in polnische Hand zu bringen. Die Warschauer Börse GPW hat sich in den letzten Jahren gut entwickelt und ist die größte in Zent- ral- und Osteuropa. Im November 2010 ging die GPW selbst an die Börse, als erste in MOEL. Die Marktkapitalisierung der an der Börse Warschau notierten Gesellschaften wuchs 2014 um 412,2 Mrd. (+33%) und erreichte mit PLN 1.253 Mrd. (300 Mrd. Euro) Die Marktkapitalisierung von polni- schen Firmen machte dabei PLN 591 Mrd. aus. Seit dem Regierungswechsel im Herbst 2015 hat der WIG20 mit den wichtigsten polnischen Unternehmen allerdings rund 20% an Wert eingebüßt. Am Januar 2017 notierten an der Warschauer Börse 486 Unternehmen und an der Alternativbörse New Connect 405. Sonstige Dienstleistungen Abgesehen vom Gesundheits-, Ausbildungs- und Transportwesen (Luft, Schiene) ist der Dienstleis- tungssektor zum größten Teil privatisiert. Polen hat sich in den letzten Jahren zu einem bedeuten- den Standort für Service Center für die Ausgliederung von Business Services (BPO und SSC) westlicher Firmen entwickelt. Weiterführende Informationen bietet die Website der Polnischen Agentur für Information und Aus- landsinvestitionen. Im Telekommunikationssektor gibt es neben vier Mobilnetzbetreibern, einigen virtuellen Anbietern und dem einstigen Monopolisten TP Telekomunikacja Polska S.A. bereits zahlreiche private regio- nale und überregionale Festnetzanbieter. Zu den bekanntesten privaten Anbietern zählen T-Mobile und Orange. Das aktuelle polnische Telekommunikationsgesetz ist seit 2001 in Kraft und setzt die weitgehende Liberalisierung des Marktes um. Der internationale Reiseverkehr hat mit der starken Präsenz von Billigfluglinien deutlich zugenom- men; dieser Trend setzte sich mit den Eröffnungen neuer Flughäfen wie z.B. Warszawa Modlin wei- ter fort. Jedes Jahr werden auf den Hauptflughäfen des Landes neue Fluggast-Rekorde gefeiert. Zuletzt nahm auch der nationale und internationale Tourismus in Polen stark zu. Die Hotelinfra- struktur hat ebenfalls stark aufgeholt, Investitionen in den Hotelbau und in die Gastronomie heben das Niveau für ausländische Besucher weiter kontinuierlich. Investitionen (allgemeine, öffentliche etc.) Vor allem der EU Beitritt war mitverantwortlich dafür, dass sich Polen heute diverse Programme zum Ausbau der Infrastruktur und zur Stärkung der Volkswirtschaft leisten kann. Öffentliche Mittel – in erster Linie Mittel aus dem EU-Strukturfonds (67 Mrd. Euro von 2007 bis 2013) – wurden gut ausgenützt und flossen vor allem in den Ausbau der Transportinfrastruktur, den Umweltschutz, die ländlichen Gebiete Polens und ganz generell in Projekte, die der Steigerung der Wettbewerbsfähig- keit Polens dienen. Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
12 Auch in der aktuellen EU-Förderperiode 2014 bis 2020 ist Polen mit einem zugesagten Fördervo- lumen von 82,5 Mrd. Euro wieder der größte Nettoempfänger der EU Staaten. Schwerpunktmäßig gefördert werden mit den umfangreichen Mitteln hauptsächlich Projekte in den Bereichen Infra- struktur & Umwelt, Smart Development, F&E und Digitalisierung. Arbeitsmarkt (Arbeitskräfte, Arbeitslosigkeit, Ausbildung, etc.) Die polnische Volkswirtschaft ist bekannt für ihre gut ausgebildete und produktive Arbeiterschaft. Das Land investiert intensiv in seine Arbeitskräfte und ist dabei bemüht, das Potenzial an Innovati- onskraft und Unternehmergeist der Polinnen und Polen voll zu nutzen. Polen befindet sich bei- spielsweise mittlerweile laut einem aktuellen Report weltweit unter der Top 10 Nationen mit den besten Englischkenntnissen. Die Arbeitslosigkeit betrug 2015 nach der nationalen Berechnungsmethode 8,4% und lag damit 1,4 Prozentpunkte unter dem Wert des Vorjahres. Nach der harmonisierten EU-Methode ist die Arbeits- losigkeit 2015 mit 6,2% jedoch deutlich geringer. 2016 wird die Arbeitslosigkeit weiter sinken und nach nationaler Berechnung um die 8% betragen. Arbeitskosten, Lohnniveau Das Lohnniveau ist in Polen nach wie vor vergleichsweise gering, allerdings kontinuierlich im Stei- gen begriffen. Die Bruttolöhne wuchsen 2016 nominell um 4,1%. Der Durchschnittsbruttolohn 2016 betrug im Unternehmenssektor in absoluten Zahlen 4.646 PLN (rund 1.065 Euro). Im Jahr 2015 waren die Löhne nominell um 3,5% gestiegen. Aufgrund der Deflation von -0,9% 2015 und -0,6% 2016 stiegen die Reallöhne somit in den letzten zwei Jahren um 4,4% bzw. 4,7%. Polnischen Arbeitgeber – laut einer Studie ganze 45% - haben zunehmend Probleme, weitere qua- lifizierte Mitarbeiter zu finden. Ein Grund dafür ist nicht zuletzt, dass rund 150.000 Polinnen ihre Erwerbsarbeit aufgegeben haben, weil der Staat seit April 2016 pro Kind 500 PLN Kindergeld zahlt. AUSSENHANDEL Alle Informationen zum polnischen Außenhandel finden Sie unter GTAI - Wirtschaftsdaten kompakt - Polen. GESCHÄFTSABWICKLUNG UND MARKTBEARBEITUNG Wirtschaftspolitik Polen ist durch seine Marktgröße (über 38 Mio. Einwohner), seine räumliche Nähe zu Deutschland und das große Nachfragepotenzial in nahezu allen Branchenbereichen für deutsche Unternehmen ein wichtiger Markt. Das Land zeichnet sich durch eine nachhaltig positive Wirtschaftsentwicklung seit dem EU-Beitritt aus. Polens Wirtschaftswachstum liegt konstant über dem EU-Durchschnitt. Schlüssel für eine erfolgreiche Marktbearbeitung sind neben der permanenten persönlichen Kon- taktpflege ein effektiver Vertrieb. Dies entweder in Form eines effizienten polnischen Geschäfts- partners oder mit einer Präsenz vor Ort (Repräsentanz, Filiale, eigene Firma). Gezielte Werbung ist ein wesentliches Element einer erfolgreichen Marketingstrategie. Polnische Fachmessen und -ausstellungen bieten einen guten Überblick über die Konkurrenzsituation und die Möglichkeit der Kontaktherstellung mit potenziellen Vertretern und Importeuren. Für individuelle Firmenbedürfnisse bieten wir maßgeschneiderte Projekte an, beispielsweise Markt- recherchen, Kontakterstellung mit potentiellen Geschäftspartnern oder Unterstützung bei Personal- und Vertretersuche. Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
13 Empfohlene Vertriebswege Die Auswahl der Marktbearbeitungsform ist von Faktoren wie der geplanten Intensität des Enga- gements, den verfügbaren personellen und finanziellen Ressourcen, der bisherigen Exporterfah- rung, vom geschätzten Marktpotenzial, von den Absatzchancen und vom Marktrisiko abhängig. Grundsätzlich sind folgende Formen der Marktbearbeitung möglich: 1) Bearbeitung von Deutschland aus Dies ist auf Dauer nur dann zielführend, wenn es sich um Einmalaufträge oder einem kleinen, klar umrissenen Kundenkreis handelt, der mit Dienstreisen abgedeckt werden kann. 2) Einschaltung eines Vertreters/Importeurs Die Einschaltung eines Vertreters oder Importeurs vermeidet die relativ hohen Fixkosten einer Fir- mengründung. Zu bemerken ist jedoch, dass es in Polen keine vergleichbaren Strukturen von Han- delsvertretern wie in Deutschland gibt. Vertreter können beispielsweise bei Messen und Branchen- veranstaltungen oder durch Zeitungsinserate in Fachmedien gesucht und gefunden werden. 3) Repräsentanzen Repräsentanzen führen den Namen des deutschen Unternehmens mit der polnischen Übersetzung der Rechtsform des Unternehmens und dem Zusatz „Przedstawicielstwo w Polsce“ (Vertretung in Polen). Sie können nur für Marketingzwecke gegründet werden, sind nicht rechtsfähig und dürfen nicht im eigenen Namen als Verkäufer auftreten. 4) Niederlassungen Die Tätigkeit einer Niederlassung muss mit den Aktivitäten des deutschen Unternehmens identisch sein. Niederlassungen sind eine organisatorische Einheit der Mutter und selbst nicht rechtsfähig. Werden Verträge abgeschlossen, so verpflichtet sich der deutsche Unternehmer. Niederlassungen sind mit dem Zusatz „Oddzial w Polsce“ (Niederlassung in Polen) versehen, der dem Namen des Unternehmens in deutscher Sprache folgt. Danach ist die Übersetzung der Rechtsform in polni- scher Sprache anzuführen. 5) Tochterunternehmen Tochterunternehmen ermöglichen die intensivste und nachhaltigste Form der Marktbearbeitung aufgrund der Nähe zu Kunden, Markt und zu Bezugsquellen. Allerdings sind Firmengründungen mit einem höheren finanziellen Engagement verbunden. Die GmbH (Sp. z o.o. – Spólka z ograniczoną odpowiedzialnoscią) ist die mit Abstand beliebteste Rechtsform ausländischer Investoren. Für ein ernsthaftes, langfristiges Engagement in Polen empfiehlt sich die Einschaltung eines polni- schen Vertreters oder die Gründung einer Tochterfirma. Oft nutzen Firmen Vertreter als Mittel zur Abschätzung und Öffnung des Marktes, bevor sie sich zur kapitalintensiveren Unternehmensgrün- dung in Polen entscheiden. Werbung Der polnische Werbemarkt verzeichnete in der jüngeren Vergangenheit konstante Rückgänge, be- sonders im Printbereich, steigt jedoch seit 2014 wieder an. 2016 wuchs der Markt um rund 3% auf fast 7 Mrd. Zloty (rund 1,6 Mrd. Euro). Bedeutendstes Werbemedium ist in Polen weiterhin das Fernsehen (39%), gefolgt vom Internet (25%) und den Printmedien (13%). Während sich traditio- nelle Medienwerbung (Printmedien, Radio, Außenwerbung) in einer Krise befindet, gewinnt die Werbung im Internet immer mehr an Bedeutung und soll bis 2017 auf 34% Marktanteil wachsen (mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 7,7%). Insbesondere im Investitionsgüterbereich haben vor allem Einschaltungen in Fachzeitschriften gro- ße Bedeutung. Radiowerbung im staatlichen Radio und in den verschiedenen Privatstationen eig- net sich in erster Linie zur Bewerbung von Konsumgütern. Werbewirksam ist auch die Teilnahme an internationalen Messen und Ausstellungen sowie Seminaren. Die Außenwerbung nimmt im Ver- gleich zu Deutschland eine deutlich größere Bedeutung ein. Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
14 E-Business Polen ist nach einem aktuellen Report einer der am schnellsten wachsenden E-Commerce Märkte in Europa, mit einer stabilen jährlichen Wachstumsrate von ca. 25%. Der Umsatz im Internethandel („e-commerce“) stieg von 2,5 Mrd. Euro im Jahr 2009 auf 5,2 Mrd. Euro 2013. 2014 machte der E- Commerce Markt bereits mehr als 6 Mrd. Euro aus und Schätzungen gehen von einem weiteren starken Anstieg auf 25 Mrd. Euro im Jahr 2020 aus. Zurzeit kaufen ca. 18,5 Mio. Polinnen und Po- len online ein. Während 47% der polnischen Internetuser nur bei polnischen Shops kaufen, kaufen 10% auch in ausländischen Online Geschäften. 2016 gab es in Polen 25,6 Mio. Internetnutzer, das sind ca. 76,6% der Gesamtbevölkerung. Der Prozentsatz der Bevölkerung, die im Internet einkauft, betrug 2016 bereits fast 50%. 30% dieser online Käufer sind zwischen 15 und 24 Jahre alt, weitere 30% zwischen 35 und 49 Jahre. Die Mehrzahl lebt in einem urbanen Umfeld (75%) und ist Gut- bzw. Besserverdiener. Während Frauen (52% der E-Commerce Shopper) hauptsächlich Kleider & Accessoires, Bücher, Musik & Filme und Tickets für z.B. Kono und Theater im Internet kaufen, erwerben Männer (48% der Online-Käufer) überwiegend elektronische Geräte & Haushaltsgeräte, Bücher, Musik & Filme und Computer. Laut Informationen der OECD besitzen mehr als 75,5% der polnischen Haushalte einen Internetan- schluss. Über kabelfreies mobiles Breitband verfügten 2015 knapp 60% der Polinnen und Polen. Eine Besonderheit beim Internethandel in Polen liegt daran, dass viele Kunden es noch bevorzu- gen, die online bestellten Waren persönlich vom Lager/Geschäft abzuholen. Dies liegt meist an den relativ hohen Kosten der Lieferung, dem eher unzuverlässigen Service der polnischen Post sowie einem immer noch vorhandenen generellen Misstrauen gegenüber Onlineshops. Zu den bekanntesten Online-Shopping-Portalen zählen in Polen Allegro, OLX und Zalando. Füh- rend am polnischen E-Commerce Markt ist das Auktionsportal Allegro. Dieses wurde 2014 von rund 12,5 Mio. Internetusern benutzt und hatte eine Reichweite von 58%. Ebenfalls beliebt in Polen sind die Seiten ceneo.pl und zalando.pl. Amazon hat in den vergangenen Jahren mehrere große Logistikzentren zur Belieferung des westeuropäischen Marktes in Polen errichtet. Ein Markteintritt des Unternehmens mit einer eigenen Seite amazon.pl erfolgte jedoch erst 2016. Wichtigste Zeitungen Die größte polnische Tageszeitung ist das Boulevardblatt FAKT mit einer Auflage von rund 280.000 Stück. Gazeta Wyborcza (www.gazeta.pl) erscheint mit verschiedenen Regionalausgaben in ganz Polen; wichtigste, unabhängige polnische Tageszeitung; großer Anzeigenteil (Auflage ca. 154.000 Stk.). Rzeczpospolita (www.rzeczpospolita.pl) mit aktuellen Informationen zu Gesetzen und Verordnun- gen (Auflage ca. 53.000 Stück). Daneben gibt es eine Reihe renommierter Wochen- und Fachzeitschriften wie z.B. Wprost, Newsweek Polska, Focus etc. Alle Daten Stand Ende 2016, Auflage Print-Ausgabe. Weitere Informationen zu den Auflagen und Verkaufszahlen der Zeitungen und Zeitschriften in Polen bietet die Webseite www.teleskop.org.pl (Englisch). Wichtigste Messen Seit dem EU-Beitritt Polens sind auf den polnischen Fachausstellungen die Anzahl der Aussteller, die vermietete Standfläche und die Anzahl interessierter Fachbesucher gestiegen. Nach Aussteller- zahlen ist die Posener Internationale Messegesellschaft die bedeutendste Messegesellschaft Po- lens, die auch den höchsten Anteil an ausländischen Ausstellern verzeichnet. Neben der Messe- Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
15 stadt Posen etablieren sich zunehmend Kielce, Warschau, Katowice und Gdańsk als Messezen- tren. Auf der Internet-Seite http://www.polfair.pl sind englischsprachige Informationen über Messe- veranstaltungen nach Branchen gegliedert abrufbar. Normen Fast alle polnischen Normen stimmen mit jenen der EU überein. Die in Polen bereits eingeführten EU-Normen sind auf der Internetseite des Polnischen Normungsinstitutes auch auf Englisch abruf- bar: Polski Komitet Normalizacyjny Swietokrzyska 14, 00-050 Warszawa T (+48 22) 556 75 91 F (+48 22) 556 77 86 W www.pkn.pl/index.php?m=katalog&cmd=clrr Informationen sind auch beim Polnischen Institut für Maße erhältlich: Glowny Urzad Miar Elektoralna 2, 00-139 Warszawa T (+48 22) 581 93 99 F (+48 22) 620 83 78 W www.gum.gov.pl/en/home-page/ Europäische und internationale Normen erweitern Absatzmärkte. Normen senken Transaktions- kosten und fördern die Zusammenarbeit. Die DIN ist die für die Normungsarbeit zuständige Institu- tion in Deutschland und vertritt die deutschen Interessen in den weltweiten und europäischen Nor- mungsorganisationen. Rund um die zentrale Dienstleistung der Normung bietet das DIN, in der Regel über den Beuth Verlag, eine Reihe von Dienstleistungen an, die den Zugang zur Normung und zu Normungsverfahren, zu den Normen und Norminhalten erleichtern: Kongresse, Tagungen, Lehrgänge, Seminare, Beratung und Auskunft. Kontakt: Deutsches Institut für Normung e. V., Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin, T +49(0)30-26010, F +49(0)30-26011231, E info@din.de W www.din.de. Liefer-, Leistungs- und Zahlungsbedingungen Incoterms® sind Auslegungsregeln für die elf am häufigsten verwendeten, mit drei Buchstaben ab- gekürzten Handelsklauseln. Sie sind weltweit einheitlich verwendbar und helfen dem Anwender die Errichtung internationaler Kaufverträge zu vereinfachen. Sie regeln die Pflichten für Käufer und Verkäufer im Hinblick auf Transportorganisation, Beladung, Entladung, Kosten, Versicherung und Zollabwicklung. Der wohl wichtigste Regelungsinhalt ist jedoch der des Risikoüberganges, also welche Vertragspartei zu welchem Zeitpunkt das Risiko des zufälligen Verlustes, der zufälligen Be- schädigung oder einer sonstigen Verschlechterung der Ware zu tragen hat. Die Wahl des richtigen Incoterms® hängt u.a. von der Wahl des Transportmittels, der Zahlungs- kondition, dem optimalen Risikomanagement und dem tatsächlichen Umfeld eines Geschäftes ab. Verwenden Sie niemals EXW, wenn der Käufer nicht in der Lage ist, zu verladen oder die Lieferung steuerfrei in ein Drittland erfolgen soll. Sehen Sie als Verkäufer von FOB ab, wenn hinter dem Ver- trag ein Akkreditiv steht und verwenden Sie DDP höchstens im B2C- Bereich. CPT gibt dem Ver- käufer ein hohes Maß an Kontrolle über den Transport, bedeutet aber auch hohes Risiko für den Käufer, welches jedoch durch entsprechende Transportversicherungen abgefangen werden kann. Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
16 Zahlungskonditionen Insbesondere bei Erstgeschäften empfehlen wir die Lieferung von Waren auf Basis gesicherter Zahlungskonditionen, vor allem Vorauszahlung, Bankgarantie oder unwiderrufliches, durch eine deutsche Bank bestätigtes Akkreditiv. Bei guten Erfahrungen mit dem Geschäftspartner können die Zahlungsbedingungen gelockert werden (teilweise Vorauszahlung, Zahlungsziel). Bankgarantien sollten von renommierten Banken ausgestellt werden. Schecks und Wechsel sind aufgrund der damit verbundenen formellen Vorschriften nicht verbreitet. Barzahlungen waren früher üblich, erfuhren aber im Jahr 2004 eine Einschränkung durch das Ge- setz über die Freiheit der wirtschaftlichen Tätigkeit („Ustawa o swobodzie działalności gospo- darczej“), wonach Transaktionen ab einem Gegenwert von Euro 15.000 auch im Falle einer Raten- zahlung mittels Banküberweisung zu begleichen sind. Banküberweisungen sind die üblichste Form der Bezahlung von finanziellen Forderungen, wobei sich die polnischen Banken durchwegs des SWIFT-Systems bedienen. Das System der EU- Überweisungen mit International Bank Account (IBAN) des Begünstigten und Bank Identifier Code (BIC) ist ebenfalls gebräuchlich. Hinweis: Eigentumsvorbehalte sind ausdrücklich und schriftlich zu vereinbaren (siehe Abschnitt Eigentumsvorbehalt). Die Zahlung von Verzugszinsen kann ab dem 31. Tag nach Lieferung des Produkts oder der Leis- tungserbringung eingefordert werden. Verzugszinszahlungen sind üblich und bedürfen keiner ge- sonderten Vereinbarung. Wir empfehlen dennoch, die Höhe der Verzugszinsen im Vertrag festzu- schreiben. Nur 15% aller Schuldner zahlen ihre Verzugszinsen auf gütlichem Weg. Der gesetzlich festgehaltene, allerdings nicht verpflichtende Zinssatz beträgt derzeit 7%: http://hlb- poland.com/de/hlb-poland-news-de/hlb-poland-steuer-rechts-updates/neue-vorschriften-bezuglich- zinsen-ab-2016/. Verzugszinsen können sowohl höher als auch niedriger vereinbart werden, wobei bei einem höheren Zinssatz die Rechtsprechung Schranken eingezogen hat, die sich im Wesentli- chen an den guten Sitten orientieren und auf den Einzelfall abstellen. Zu beachten ist auch die Möglichkeit einer Exportkreditversicherung. Dafür steht Ihnen in Bayern der private Versicherungsmarkt (Atradius, AKA, Coface) sowie die LfA Förderbank Bayern und das staatliche Exportgarantiesystem Euler Hermes oder KfW zur Verfügung. Während der private Ver- sicherungsmarkt schwerpunktmäßig im Bereich der sog. „marktfähigen“ Risiken tätig ist, können bei Euler Hermes „nicht marktfähige“ Risiken unter Deckung genommen werden. Als „nicht marktfähig“ gelten Risiken außerhalb der EU und OECD mit Ausnahme von Südkorea, Mexiko und Türkei bzw. wenn die Risikodauer (Produktionszeitraum + Kreditlaufzeit) mehr als zwei Jahre beträgt. Bonitätsauskünfte Tochterfirmen ausländischer Wirtschaftsauskunfteien wie Coface und Dun&Bradstreet erstellen Bonitätsauskünfte in deutscher oder englischer Sprache. Forderungseintreibung Im polnischen Geschäftsverkehr sollte auf sichere Zahlungsbedingungen (Vorauskasse, Bankga- rantie, bestätigtes unwiderrufliches Akkreditiv) bestanden und die Forderung nach Möglichkeit ver- sichert werden. Gerichtliche Forderungseintreibungen sind noch immer recht langwierig, und es kann durchaus zwei Jahre dauern, bis es zu einem Vollstreckungsbefehl kommt. Daneben gibt es ein summari- sches Verfahren (ähnlich dem deutschen Mahnverfahren samt Zahlungsbefehl), das sich in den letzten Jahren recht gut bewährt hat; wenn allerdings der Richter nicht von der Schuld des Beklag- ten überzeugt ist, muss der Gläubiger das ordentliche Verfahren durchlaufen. Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
17 In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass die Verjährungsfrist für gewöhnliche Schulden aus Geschäften zwischen Kaufleuten bei nur zwei Jahren liegt. Es ist daher notwendig, dass der Gläubiger ein ordentliches Forderungsmonitoring und -management betreibt, um nicht unliebsame Überraschungen zu erleben. Essentiell ist eine entsprechende Dokumentation der For- derung – daher ist bei Geschäftskontakten mit polnischen Unternehmen darauf zu achten, dass jeder Geschäftsvorgang schriftlich dargestellt wird. Eine klar nachvollziehbare Dokumentation ist Voraussetzung zur gerichtlichen Eintreibung der Forderung. Sollte eine Forderung trotz mehrmaliger Mahnungen nicht beglichen werden, kann die Deutsch- Polnische Industrie- und Handelskammer (AHK) in Warschau mündlich und/oder schriftlich beim polnischen Schuldner intervenieren. Bleibt auch diese Vorgangsweise ohne Erfolg, dann können deutsch- oder englischsprachige Rechtsanwälte namhaft gemacht werden, welche ein weiteres Interventionsschreiben verfassen und gegebenenfalls gerichtliche Schritte einleiten. Dies ist emp- fehlenswert bei größeren Summen sowie bei realer Chance auf Einbringung der Forderung. Preiserstellung Erstellt ein deutsches Unternehmen eine Rechnung an einen polnischen Kunden, ist die Preiser- stellung in Euro möglich. Erfahrungsgemäß bevorzugen polnische Unternehmen eine Rechnung in PLN, um das Kursrisiko zu vermeiden. In einer Rechnung in Euro kann neben dem Euro-Betrag zusätzlich ein Betrag in PLN angegeben werden. Bei der steuerlichen Abrechnung der Transaktion werden die Kursdifferenzen zwischen dem Ausstellungsdatum der Rechnung und der tatsächlichen Bezahlung für die Leistung/Ware be- rücksichtigt. Im Sommer 2008 trat ein neues Gesetz in Kraft, welches Binnen-Finanztransaktionen in Auslands- währung auch in Polen ermöglicht. Bank- und Finanzwesen Das Bankensystem besteht aus der Polnischen Nationalbank („Narodowy Bank Polski“, NBP) und 38 Banken (ausgenommen Genossenschaftsbanken und Vertretungen von Kreditinstituten). Der Bankensektor ist durch eine recht hohe Konzentration gekennzeichnet, und Beobachter rechnen mit weiteren Fusionen und Übernahmen. Die Anschriften aller Banken in Polen sind auf der Internetseite der polnischen Finanzaufsichtsbe- hörde KNF abrufbar. Die KNF veröffentlicht auch regelmäßig Berichte (Polnisch / Englisch) zur Per- formance des Banken- und Versicherungssektors. Geschäftsbanken In Polen gibt es ein gut ausgebautes Netz an Geschäftsbanken. Verkehr, Transport, Logistik Auf Grund seiner geographischen Lage ist Polen ein klassisches Transitland; sowohl für die Ver- bindungen Ost-West als auch Nord-Süd. Polen verfügt über 13 aktive Flughäfen, 14 größere Häfen, 3.655 km befahrbare Wasserstraßen, 413.500 km öffentliche Straßen und 19.200 km an Schienen (alle Daten 2014; Quelle: GUS). 2012 wurde der zweite Flughafen in Warschau (Warsaw Modlin Airport) eröffnet. Mit dieser Transportinfrastruktur liegt Polen im internationalen Mittelfeld. Zwar wurde das Straßen- netz in den letzten Jahren großflächig ausgebaut, es besteht aber nach wie vor noch Nachholbe- darf. Derzeit (2015) gibt es in Polen nur 1.559 km Autobahn und 1.492 km Schnellstraße. Bis 2020 ist der Ausbau auf jeweils 2.200 km und 5.300 km geplant. Ein Service des AUSSENWIRTSCHAFTSZENTRUMS BAYERN in Zusammenarbeit mit AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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