2020 Philipps-Universität Marburg

Die Seite wird erstellt Leo Scholl
 
WEITER LESEN
2020 Philipps-Universität Marburg
04 | 2020
                                                                                                   08

, Liebe Leserinnen, liebe Leser,
  rund 18 Millionen Tonnen genießbare Lebensmittel landen einer Erhebung des WWF aus dem
  Jahr 2015 zufolge in Deutschland jährlich im Abfall. Dass das zu viel ist, darüber dürften sich alle
  einig sein. Die Deutsche Umwelthilfe (DHU) und der Verein Foodsharing e. V. haben Anfang
  April 2020 auf der Internetplattform change.org eine Petition gestartet, mit der sie mehr Rechts-
  sicherheit bei der Rettung von Lebensmitteln fordern, darunter einen Abbau der Haftungsrisiken.
  Ihnen schweben gesetzliche Rahmenbedingungen wie in Italien vor. Laut einer Kurzstudie der
  DHU werden dort Organisationen, die Lebensmittel kostenfrei umverteilen, nach dem „Gute-Sa-
  mariter-Gesetz“ nicht als Lebensmittelunternehmer eingestuft, sondern gelten als Endverbrau-
  cher. Zudem sind Unternehmen, die Lebensmittel spenden, und Organisationen, die diese weiter-
  geben, größtenteils von der Haftung befreit. So weit sind die Entwicklungen in Deutschland noch
  nicht. Aber auch hier bewegt sich etwas.

Mit der Anfang 2019 verabschiedeten Natio-             scheinverfahren, das die Pflicht zur Rückver-
nalen Strategie zur Reduzierung der                    folgbarkeit gemäß der Verordnung (EG)
Lebensmittelverschwendung möchte das Bun-              Nr. 178/2002 (Basisverordnung) gewähr-
desministerium für Ernährung und Land-                 leisten soll, auch für Spenden gilt, die der
wirtschaft (BMEL) die Lebensmittel-Ver-                Handel an Foodsharing weitergibt.
schwendung pro Kopf auf Einzelhandels- und
Verbraucherebene bis 2030 halbieren.                   INHALT
Erklärungen, wie beispielsweise die im Juni
2020 im Dialogforum des Groß- und Einzel-              1. Kurzmeldungen und Termine
handels zur Reduzierung von Lebens-                    2. LG München I: Irreführende Werbung für
mittelverschwendung unterzeichnete (s. Mel-               Kindermilch
dung Nr. 4), werden dazu sicher ihren Beitrag
leisten. Die Unterzeichner aus dem Groß- und           3. OLG Düsseldorf: Allergeninformationen
Einzelhandel verpflichten sich unter anderem              im Fernabsatz müssen verbindlich sein
dazu, Kooperationen zur Weitergabe noch                4. Lebensmittelverschwendung reduzieren:
verkehrsfähiger Lebensmittel einzugehen.                  Handel unterzeichnet Erklärung
Was das Abkommen jedoch keineswegs löst,
sind bestehende Rechtsunsicherheiten –                 5. LG Hannover: Keine Entschädigung we-
sowohl für Unternehmen, die Lebensmittel                  gen coronabedingten Lockdowns
spenden, wie auch für Organisationen, die              6. EU-Kommission veröffentlich Leitfaden
diese umverteilen wollen. Hier hat vor allem              zur Gefahrenanalyse mit Bezug zu Lebens-
die dezentral organisierte und allein auf das             mittelspenden
Engagement Ehrenamtlicher gestützte Food-
sharing-Bewegung das Nachsehen. Denn                   7. BGH fragt EuGH zu wiederholenden
anders als die seit den 1990er Jahren                     Nährwertinformationen bei Müsli
etablierten TAFELN rücken ihre Aktivitäten             8. BfR veröffentlicht Stellungnahme zu alter-
erst langsam in den Fokus des politischen                 nativen Temperaturempfehlungen zur
Diskurses. Bislang agieren sie in einer                   Heißhaltung von Speisen
rechtlichen Grauzone, die auch die Spenden-
                                                       9. Oxfam-Studie zur Einhaltung der Men-
bereitschaft des Handels sicher nicht fördert.
                                                          schenrechte und sozialer Mindeststandards
So nämlich ist es noch nicht einmal klar, ob das
                                                          im Lebensmitteleinzelhandel
für Lebensmittelspenden gegenüber den
TAFELN akzeptierte vereinfachte Liefer-

                                                   1
1. Kurzmeldungen und Termine
DGE-Leitfaden zur nachhaltigen Betriebsver-              7,2 Prozent und erreichte damit das niedrigste
pflegung: Die Deutsche Gesellschaft für Ernäh-           Niveau seit der ersten Erfassung im Jahr 2011
rung (DGE) hat auf ihrer Website einen kosten-           mit 1.706 Tonnen. Auch bei den Abgabemengen
freien Leitfaden veröffentlicht, der Verantwortli-       von Fluorchinolonen sowie Cephalosporinen der
che in der Betriebsverpflegung dabei unterstüt-          3. und 4. Generation, die für die Therapie bei
zen soll, ihr Speisenangebot nachhaltiger zu ge-         Menschen besonders wichtig sind, zeigt sich ein
stalten. Der Leitfaden bündelt die Ergebnisse des        sinkender Trend. Ihre Abgabe liegt ebenfalls auf
DGE-Projektes „NACHHALTIG B|UND GE-                      dem niedrigsten Wert seit 2011. Die Daten beru-
SUND“. Darin wurde in zwei Modellkantinen er-            hen auf Angaben der pharmazeutischen Industrie
probt, wie eine nachhaltigere Zubereitung ge-            in ein zentrales Register nach der DIMDI-Arz-
sundheitsfördernder Mahlzeiten nach den DGE-             neimittelverordnung. Das BVL ist mit der jährli-
Qualitätsstandards umgesetzt werden kann. Im             chen Auswertung dieser Daten betraut.
Fokus liegen dabei die Erhöhung des Bio-Anteils
und Verringerung vermeidbarer Lebensmittelab-            Ergänzungen des EU-Hygienerechts im An-
fälle.                                                   marsch: Die Europäischen Kommission hat An-
                                                         fang Juli einen Entwurf zur Ergänzung der Ver-
Oft Hygienemängel bei Milchshakes aus eige-              ordnung (EG) Nr. 852/2004 über allgemeine Le-
ner Herstellung: Betriebliche Hygienemängel              bensmittelhygiene vorgelegt. Kernelemente des
zählen seit Jahren zu den häufigsten Anlässen            Entwurfs sind verbindliche Vorgaben für ein Al-
amtlicher Beanstandungen. Dass es um die Hygi-           lergenmanagement-System sowie konkrete Be-
ene vieler Eisdielen und Gaststätten, die Milchs-        dingungen für die Abgabe von Lebensmitteln als
hakes aus eigener Herstellung anbieten, nicht            Lebensmittelspende. Darüber hinaus definiert er
ums Beste steht, belegen Untersuchungsergeb-             Anforderungen, die Lebensmittelunternehmer
nisse des Bundesweiten Überwachungsplans                 erfüllen müssen, um eine angemessene „Kultur
(BÜp) aus dem Jahr 2018. Bei rund einem Fünf-            der Lebensmittelsicherheit“ im Betrieb zu etab-
tel der knapp 800 Proben ließen sich Hefepilz-           lieren und auch nachzuweisen.
Gehalte von mehr als 1.000 koloniebildenden
Einheiten pro Gramm (KbE/g) nachweisen.                  Marburger        Lebensmittelrechts-Workshop
Ebenfalls fast jede fünfte Probe enthielt zudem          und Symposium 2020: Am 25. und 26. Novem-
Enterobakterien oberhalb des Warnwertes der              ber 2020 findet zum 12. Mal der Marburger
Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikro-            Workshop zum Lebensmittelrecht statt, in dem
biologie (DGHM) für Speiseeis. Beide Befunde             neuste Entwicklungen der lebensmitterechtli-
lassen auf eine mangelnde Betriebshygiene                chen Gesetzgebung und Rechtsprechung präsen-
schließen. Auch krankmachende Keime wie Lis-             tiert und diskutiert werden. Im direkten An-
terien und Bacillus cereus wurden ebenfalls, je-         schluss daran findet am 26. November 2020 das
doch nur in geringen Menge,n nachgewiesen.               14. Marburger Symposium zum Lebensmittel-
Salmonellen waren in keiner der untersuchten             recht statt. Das diesjährige Symposium steht un-
Proben enthalten.                                        ter dem Thema „Organisationsmodelle für die
                                                         Lebensmittelsicherheit“. Je nach aktueller Be-
Sinkender Trend bei der Abgabe von Antibi-               wertungslage der Corona-Pandemie wird die
otika in der Tiermedizin: Die Menge der in der           Lebensmittelrechtsakademie (20.-25. Sept.;
Tiermedizin abgegebenen Antibiotika in                   26.-30. Okt.; 22.-26. Nov.) evtl. als interaktive
Deutschland ist im Jahr 2019 erneut zurückge-            Online-Konferenz durchgeführt.
gangen, so eine Meldung des Bundesamtes für              Weitere Informationen finden Sie bald unter
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit             www.forschungsstelle-lebensmittelrecht.de.
(BVL). Sie sank im Vergleich zum Vorjahr um

                                                     2
2. LG München I: Irreführende Werbung für Kindermilch
Mehrdeutige Werbeaussagen auf sogenannter               generell nicht die erforderlichen Mengen an
Kindermilch zu einem vermeintlich höheren Vi-           Nährstoffen liefere und dass deshalb die bewor-
tamin D- und Calciumbedarf von Kindern gegen-           bene Kindermilch besonders wertvoll sei. Eben
über Erwachsenen sind irreführend und daher un-         dies verstoße gegen Art. 3 der Verordnung (EG)
zulässig. Das hat das Landgericht München I             Nr. 1924/2006        (Health-Claims-Verordnung,
(LG) mit Urteil vom 19. Mai 2020 entschieden.           HCVO). Als irreführend wertet das Gericht kon-
Die Beklagte stellt Säuglings- und Kindernah-           kret auch die in der Werbung verwendete Formu-
rung her und vertreibt unter anderem verschie-          lierung „7 x mehr brauchst du als ich“. Hier fehle
dene Kindermilchen. Diese bewirbt sie auf ihrer         es an einer konkreten Bezugsgröße, die jedoch
Internetseite mit einem Spot und dem Hinweis:           erst durch Klicken eines weiteren Buttons er-
„7 x mehr brauchst du als ich, wirst groß, gesund       sichtlich sei. Ohne die Bezugsgröße „pro kg KG“
– ganz sicherlich“. Erst durch weiteres Klicken         wecke die Angabe den unzutreffenden Eindruck,
folgt unter anderem die Erklärung: „Kleinkinder         ein Kind bräuchte das 7fache der für einen Er-
benötigen bis zu 3 x mehr Calcium und sogar 7 x         wachsenen empfohlenen Vitamin D-Menge. Die
mehr Vitamin D als Erwachsene pro kg Körper-            Aufklärung über die Bezugsgröße, die für ein
gewicht“. Auf der Packung der streitgegenständ-         richtiges Verständnis der Werbung erforderlich
lichen Produkte heißt es: „In der Zusammenset-          sei, erfolge nur zufällig, weshalb das Gericht die
zung […] wird berücksichtigt, dass ein Kleinkind        Werbung als mehrdeutig und somit irreführend
durchschnittlich 3 x mehr Calcium1 und 7 x mehr         beurteilt. Ebenfalls irreführend ist nach Ansicht
Vitamin D1 als ein Erwachsener benötigt.“ Erst          des Gerichts die Packungsangabe „In der Zusam-
über die hochgestellte Eins ist dieser mit einer        mensetzung von […] wird berücksichtigt, dass
Erklärung verbunden, die lautet: „Mehrbedarf an         ein Kleinkind durchschnittlich 3 x mehr Cal-
Nährstoffen Kleinkinder vs. Erwachsene pro              cium1 und 7 x mehr Vitamin D1 als ein Erwach-
kg/KG (EFSA 2013, Männer 80 kg, Kleinkinder             sener benötigt“. Das Gericht geht nicht davon
12 kg). Der Verbraucherzentrale Bundesverband           aus, dass Verbraucher die für ein zutreffendes
e. V. (vzbv) hält die fragliche Werbung für irre-       Verständnis der Aussage erforderlichen Rechen-
führend und klagte auf Unterlassung, nachdem            operationen vornehmen und im Ergebnis erken-
die Herstellerin an der Werbung festhalten              nen können, dass ein Kind im Durchschnitt die-
wollte. Das LG gab der Klage in vollem Umfang           selbe Menge eines bestimmten Vitamin D-halti-
statt. Nach Ansicht des Gerichts erwecke die            gen Lebensmittels benötigt wie ein Erwachsener.
Werbung insgesamt den Eindruck, dass eine aus-          Quelle: LG München I, Urt. 19.05.2020, Az. Az. 39 O
gewogene und abwechslungsreiche Ernährung               15946/19.

3. OLG Düsseldorf: Allergeninformationen im Fernabsatz müs-
   sen verbindlich sein
Informationen über Allergene und andere Zuta-           Produktinformationen im Internet davon abwei-
ten, die im Fernabsatz vor Vertragsabschluss an-        chen können. So entschied das Oberlandesge-
gegeben werden, müssen verlässlich und zutref-          richt (OLG) Düsseldorf am 7. Mai 2020. Die Be-
fend sein. Die lebensmittelrechtlichen Informati-       klagte vertreibt Tiefkühlprodukte, die im Internet
onspflichten sind jedenfalls dann nicht erfüllt,        präsentiert und online bestellbar sind. Die Pro-
wenn im Online-Angebot darauf hingewiesen               duktpräsentationen enthalten Informationen über
wird, dass allein die auf der Verpackung angege-        Allergene und Zutaten. Im Anschluss an diese In-
benen Informationen maßgeblich sind und die             formationen erhält der Kunde den folgenden
                                                        Hinweis: „Unterschiede zwischen den Angaben

                                                    3
im Internet und der Verpackung sind möglich.            Düsseldorf. So widerspreche der Hinweis auf et-
Maßgeblich sind immer die Angaben auf der               waige Unterschiede zwischen den Angaben im
Verpackung.“ Wird auf einen Button für nähere           Internet und der Verpackung lebensmittelrechtli-
Informationen geklickt, erscheinen detaillierte         chen Vorgaben und verstoße somit gegen §§ 3
Erklärungen zu etwaigen Abweichungen der an-            Abs. 1, § 3a des Gesetzes gegen unlauteren Wett-
gegeben und tatsächlichen Rezepturen. Sollte der        bewerb (UWG). Art. 14 LMIV verpflichte Un-
Kunde Zweifel oder Fragen haben, wird er zu ei-         ternehmer, die Waren im Fernabsatz verkauften,
ner persönlichen Kontaktaufnahme aufgefordert.          vor dem Abschluss des Kaufvertrages bestimmte
Er wird zudem darüber informiert, dass im Falle         Informationen gemäß Art. 9 LMIV zur Verfü-
einer Bestellung via Postversand die Bestellung         gung zu stellen, darunter Informationen über Zu-
unmittelbar verbindlich wird. Dieser Service ist        taten sowie bestimmte Allergene. Die von der
ab einem Bestellwert von 50 Euro kostenfrei; im         Gegenseite vorgetragenen Praktikabilitäts-
Falle eines Widerrufs entstehen dem Kunden kei-         gründe, weshalb von dieser Pflicht abgewichen
nerlei kosten. Bei Bestellung über einen Handels-       werden könne, überzeugten das Gericht nicht.
vertreter der Beklagten wird der Kaufvertrag erst       Ausnahmeregelungen seien prinzipiell streng zu
an der Haustür verbindlich geschlossen. Dieser          handhaben und dürften nicht über ihren Wortlaut
Service ist kostenfrei, sofern keine Ware oder          der Vorschrift hinausgehen, heißt es in den Ur-
Ware im Wert von mehr als 12 Euro abgenom-              teilsgründen. Das OLG stellte zudem klar, dass
men wird. Andernfalls wird eine Servicepau-             die verpflichtenden Angaben generell vor der
schale von einem Euro berechnet. Der Verbrau-           Bestellung verfügbar sein müssten – im Falle ei-
cherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv) hält das        nes Postversandes genauso wie bei Lieferung bis
Geschäftsgebaren des Lieferservice-Unterneh-            vor die Haustür. Dass Kunden die Waren wieder
mens für unzulässig, da damit gegen die Verord-         zurücksenden oder er sich die Verpackung bei ei-
nung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinforma-           ner Belieferung durch den Handelsvertreter an-
tionsverordnung, LMIV) verstoßen werde. Diese           schauen können, ändere an der Rechtslage nichts.
schreibt vor, dass Verbraucher vor Abschluss des        In beiden Fällen erfolge die Information jedoch
Kaufvertrags über die Zutaten der angebotenen           nicht vor dem Abschluss des Kaufvertrages, so
Produkte und die darin enthaltenen Allergene            das OLG.
verbindlich und zutreffend informiert werden            Quelle: OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.05.2020, Az. I 15 U
müssen. Diese Auffassung vertritt auch das OLG          82/19, nicht rechtskräftig.

4. Lebensmittelverschwendung reduzieren: Handel unterzeich-
   net Erklärung
Im Rahmen der Nationalen Strategie zur Redu-            triebe eingehen, um die Weitergabe noch ver-
zierung der Lebensmittelverschwendung haben             kehrsfähiger Lebensmittel zu verbessern. Sie
sich 16 Unternehmen des Lebensmittelgroß- und           verpflichten sich mit ihrer Unterschrift auf der
-einzelhandels mit einer schriftlichen Erklärun-        Erklärung außerdem dazu, aussagekräftige Daten
gen dazu verpflichtet, in ihrem geschäftlichen          zu Lebensmittelabfällen zu erfassen und damit zu
Wirkungskreis konkrete und verbindliche Maß-            einer Verbesserung der Datenlage beizutragen.
nahmen zur Verringerung der Lebensmittelver-            Ergänzend zu diesen beiden Pflichtaktionen ent-
schwendung zu ergreifen und daran mitzuarbei-           hält die Erklärung außerdem dreizehn Wahl-
ten, Lebensmittelabfälle entlang der Lebensmit-         pflichtmaßnahmen in drei Kategorien, von denen
telversorgungskette bis hin zum Verbraucher zu          die Unterzeichner mindestens vier umsetzen und
reduzieren. Als verbindliche Maßnahme ist vor-          dabei alle drei Kategorien abdecken müssen.
gesehen, dass die Unternehmen Kooperationen             Diese betreffen erstens Verbesserungen bei der
mit einer sozialen Einrichtung eingehen oder mit        Weitergabe nicht mehr verkaufs- aber noch ver-
anderen Organisationen etwa Gastronomiebe-              zehrfähiger Lebensmittel, zweitens Veränderun-
                                                        gen bei Schnittstellen zu den Lieferanten sowie

                                                    4
drittens interne Markt-Maßnahmen. In der ersten           Waren, etwa mit knappem MHD oder von Ultra-
Kategorie sollen beispielsweise innovative De-            frischwaren wie Brot, Obst und Gemüse zum La-
monstrations- und Modellvorhaben mit Start-               denschluss beziehen. Denkbar ist in dieser Kate-
Ups zur besseren Verwertung von Lebensmitteln             gorie auch eine nachfrageorientierte Auffüllung
forciert oder Prozessroutinen bei der Bereitstel-         des Frischwarenangebots besonders zu frequenz-
lung und Abholung von Produkten auch mit Hilfe            schwachen Tageszeiten sowie die Integration des
digitaler Technologien etabliert werden. Auch             Themas „Reduzierung von Lebensmittelver-
eine finanzielle Unterstützung zur Verbesserung           schwendung“ in Mitarbeiterschulungen und auch
der Infrastruktur in sozialen Einrichtungen ist als       der Kundenkommunikation. Die Beteiligungser-
Beitrag denkbar. Die Schnittstellen zu Lieferan-          klärung wurde im Rahmen des Dialogforums
ten sollen unter anderem beeinflusst werden, in-          Groß- und Einzelhandel erarbeitet. Dieses Forum
dem ein Verkauf von Obst und Gemüse mit                   läuft zunächst bis August 2022 und wird vom
„Schönheitsfehlern“ gefördert sowie die Zusam-            Collaborating Centre on Sustainable Consump-
menarbeit im Umgang mit Retouren verbessert               tion and Production (CSCP) in Zusammenarbeit
werden soll. Als interne Markt-Maßnahmen be-              mit dem Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut
inhaltet die Erklärung Vorschläge, die sich auf           durchgeführt.
Preisreduzierungen beim Verkauf bestimmter                Quelle: BMEL-Pressemeldung vom 19.06.2020, online un-
                                                          ter:         www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilun-
                                                          gen/DE/2020/102-lebensmittelverschwendung.html.

5. LG Hannover: Keine Entschädigung wegen coronabedingten
   Lockdowns
Nach dem Urteil des Landgerichts (LG) Hanno-              die Maßnahmen gegen sogenannte „Störer“, bei-
ver vom 9. Juli 2020 gibt es für Gewerbetrei-             spielsweise Ausscheider eines Virus, Besitzer
bende, darunter Gastwirte, keine Anspruchs-               von verseuchten Gegenständen ermöglichten. Da
grundlage für einen Entschädigungsanspruch                von seinem Restaurant selbst keine virusbedingte
aufgrund des coronabedingten Lockdowns. Der               Gefahr ausgegangen sei, habe das Land eine An-
Kläger betreibt ein größeres Fischrestaurant am           steckungsgefahr aus generalpräventiven Grün-
Steinhuder Meer und begehrt die Feststellung,             den nur vermuten können. Daraus resultiert ein
dass das Land Niedersachsen für seine Einnah-             „Sonderopfer“, das er als Restaurantbetreiber zu
meausfälle und Gewinneinbußen während des                 leisten verpflichtet worden sei. Dieses müsse
sogenannten „Lockdowns“ im März und April                 ausgeglichen werden. Das LG Hannover wies die
2020 schadenersatz- beziehungsweise entschädi-            Klage ab. Zur Begründung führen die Richter
gungspflichtig ist. Infolge des erzwungenen Still-        aus, dass sich aus dem IfSG keine Anspruchs-
standes der Geschäftstätigkeit habe er bereits im         grundlagen ableiten ließen. So sei der klagende
März 2020 für seine siebzehn Mitarbeiter Kurz-            Gewerbetreibende nicht selbst erkrankt und so-
arbeit anmelden müssen. Daraufhin sei sein Be-            mit ein Gefahrenherd für andere gewesen. Zu-
trieb unverschuldet in eine existentielle Notlage         dem unterscheide das IfSG zwischen Maßnah-
geraten. Als Adressat der auf das Infektions-             men zur Verhütung und Maßnahmen zur Be-
schutzgesetz (IfSG) gestützten „Niedersächsi-             kämpfung übertragbarer Krankheiten. Ersatzan-
schen Verordnung über infektionsschützende                sprüche seien jedoch nur im Falle von Maßnah-
Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-               men der Verhütung geregelt. Die Anordnung des
Virus“ sei ihm das Land als Verordnungsgeber              Landes Niedersachsen zur Betriebsschließung
zur Entschädigung verpflichtet, so seine Rechts-          sei jedoch ausdrücklich als Maßnahme der Infek-
auffassung. Zwar enthalte das IfSG keine aus-             tionsbekämpfung erfolgt und auch so betitelt ge-
drückliche Entschädigungsregelung, jedoch                 wesen. Entsprechend könne das Land hier auf
folge die Ausgleichspflicht aus einer entspre-            Grundlage des IfSG keine Ersatzansprüche ge-
chenden Anwendung derjenigen Vorschriften,                währen. Ebensowenig könne der Kläger seinen

                                                      5
Zahlungsanspruch aus einer analogen Anwen-              fes vermag das LG nicht zu erkennen. Zwar spre-
dung der im IfSG geregelten Entschädigungstat-          che einiges für einen Eingriff in das grundgesetz-
bestände gemäß § 56 beziehungsweise § 65 IfSG           lich geschützte Eigentumsrecht gemäß Art. 14
herleiten. Diese würde nach der ständigen Recht-        Grundgesetzt. Jedoch sei die entsprechende Ver-
sprechung des Bundesgerichtshofes vorausset-            ordnung der niedersächsischen Landesregierung
zen, dass im Gesetz eine planwidrige Regelungs-         zur Bekämpfung der Corona-Pandemie rechtmä-
lücke bestehe, was indes nicht der Fall sei. Auch       ßig. Zudem fehle es hier an dem erforderlichen
Ansprüche aufgrund eines enteignenden Eingrif-          individuellen Sonderopfer.
                                                        Quelle: LG Hannover, Urt. v. 09.07.2020, Az. 8 O 2/20.

6. EU-Kommission veröffentlich Leitfaden zur Gefahrenanalyse
   mit Bezug zu Lebensmittelspenden
Der im Juni 2020 von der EU-Kommission ver-             was die Lebensmittelsicherheit beeinträchtigen
öffentlichte „Leitfaden für Managementsysteme           kann. Auch birgt die Weitergabe von Lebensmit-
für Lebensmittelsicherheit“ soll bestimmte Ein-         teln an fachferne Akteure in Lebensmittelbanken
zelhandelsunternehmen durch den „vereinfach-            oder Wohltätigkeitsaktionen Risiken, die einer
ten Ansatz“ bei der Anwendung der Verordnung            besseren Beherrschung bedürfen. Das rechtlich
(EG) Nr. 852/2004 unterstützen. Der Leitfaden           unverbindliche Dokument der EU-Kommission
gibt kleineren Unternehmen eine Hilfestellung           berücksichtigt unter anderem Empfehlungen aus
für eine vereinfachte Umsetzung der im EU-Hy-           dem Bericht des ehemalige Lebensmittel- und
gienerecht geforderten Gefahrenanalyse nach             Veterinäramtes (FVO) der Generaldirektion Ge-
HACCP-Grundsätzen und geht dabei auch auf               sundheit und Lebensmittelsicherheit von 2015,
branchenspezifische Besonderheiten, etwa von            der sich mit der praktischen Umsetzung der
Bäckereien oder Fleischereien sowie Waren-              HACCP-Grundsätze befasst. Darüber hinaus
gruppen wie Fisch, Obst und Gemüse ein. Er fo-          fußt es auf den wissenschaftlichen Empfehlun-
kussiert dabei auch auf den Wunsch insbeson-            gen zweier Gutachten der Europäischen Behörde
dere kleinerer Lebensmitteleinzelhändler, darun-        für Lebensmittelsicherheit von 2017 und 2018,
ter neben Lebensmittelgeschäften auch Bäcke-            die sich unter anderem mit potenziellen zusätzli-
reien, Fleischereien oder Restaurants unverkäuf-        chen Gefahren im Falle von Lebensmittelspen-
liche Lebensmittel zu wohltätigen Zwecken zu            den im Einzelhandel befassen.
spenden. Denn sie tun dies gegenwärtig noch mit         Quelle: Bekanntmachung der Kommission Leitfaden für
einem hohen Maß an Rechtsunsicherheit. Dies             Managementsysteme für Lebensmittelsicherheit im Le-
                                                        bensmitteleinzelhandel, einschließlich Lebensmittelspen-
zum einen, weil im Zuge der Spendenaktion eine          den (ABl. EU v. 12.06.2020, C 199/01).
weitere Umverteilung der Lebensmittel erfolgt,

7. BGH fragt EuGH zu wiederholenden Nährwertinformationen
   bei Müsli
In dem Streit um die Frage, ob sich die auf der         (EuGH) zwei Fragen zur Auslegung der Verord-
Vorderseite einer Müslipackung wiederholte              nung (EU) Nr. 1169/2011 (Lebensmittelinforma-
Nährwertinformation auf das zubereitete Müsli           tionsverordnung, LMIV) vorgelegt. Der beklagte
oder das Müsli zum Zeitpunkt des Verkaufs be-           Müslihersteller hatte auf der Seitenfläche der Pa-
ziehen muss, hat der Bundesgerichtshof (BGH)            ckung die Nährwerte je 100 g des nicht zuberei-
mit Beschluss vom 23. Juli 2020 das Verfahren           teten Müslis angegeben und daneben die Nähr-
ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof             werte einer aus 40 g Müsli und 60 ml fettarmer

                                                    6
Milch zubereiteten Portion (insgesamt 100 g).             Wortlaut des Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2 LMIV,
Auf der Produktvorderseite wiederholt er Nähr-            als danach die Nährwertangaben nur „gegebe-
wertinformationen zur zubereiteten Portion, den           nenfalls“ auf das zubereitete Lebensmittel bezo-
Brennwert von 100 g des nicht zubereiteten Müs-           gen werden dürften.
lis jedoch nicht. Darin sah der Kläger, ein Ver-          Die zweite Frage stellt der BGH für den Fall,
braucherschutzverein, einen Verstoß gegen                 dass sich die wiederholende Nährwertinforma-
Art. 33 Abs. 3 Unterabs. 2 LMIV. Das Landge-              tion auch bei Lebensmitteln mit unterschiedli-
richt gab der Klage statt, u. a. weil ein mit Milch       chen Möglichkeiten der Zubereitung auf das zu-
vermischtes Müsli nicht zubereitet i. S. v. Art. 31       bereitete Lebensmittel beziehen dürfe. Der BGH
Abs. 3 Unterabs. 2 LMIV sei. Eine Zubereitung             möchte wissen, ob sich die in diesem Fall nach
in diesem Sinne erfordere umfangreichere Ar-              Art. 33 Abs. 2 Unterabs. 2 LMIV erforderliche
beitsschritte wie Erhitzen oder Kochen. Das               zusätzliche Angabe des Brennwertes je 100 g
Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen.               ebenfalls auf das zubereitete Lebensmittel bezie-
Der BGH möchte nun vom EuGH (Rs. C-                       hen dürfe oder ob neben den Nährwertinformati-
388/20) wissen:                                           onen zu einer Portion des zubereiteten Lebens-
    „1. Ist Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2 LMIV da-           mittels auch der Brennwert von 100 g des unzu-
    hin auszulegen, dass diese Regelung allein            bereiteten Lebensmittel angeben werden müsse.
    für Lebensmittel gilt, bei denen eine Zube-           Für letzteres spreche einerseits, dass nach Erwä-
    reitung erforderlich und die Zubereitungs-            gungsgrund 35 Satz 1 LMIV der Verbraucher Le-
    weise vorgegeben ist?                                 bensmittel in verschieden großen Packungen ver-
    2. Falls Frage 1 zu verneinen ist: Meint die          gleichen können solle. Eben dies ermögliche die
    Wortfolge ‚je 100 g‘ in Art. 33 Abs. 2 Un-            Angabe des Brennwert je 100 g des unzubereite-
    terabs. 2 LMIV allein 100 Gramm des Pro-              ten Lebensmittels. Denn letztlich entscheide der
    dukts zum Zeitpunkt des Verkaufs oder                 Verbraucher, ob er das Müsli wie auf der Verpa-
    aber – zumindest auch – 100 Gramm des                 ckung mit fettarmer Milch, mit Vollmilch oder
    zubereiteten Lebensmittels?“                          mit Joghurt zubereite. Andererseits könnte es den
Mit der ersten Frage möchte der BGH wissen, ob            Verbraucher verwirren, wenn auf der Verpa-
sich die Nährwertinformation bei allen Lebens-            ckung eines Lebensmittels Nährwertangaben mit
mitteln, die zubereitet werden müssen, auf das            unterschiedlichen Bezugsgrößen direkt nebenei-
zubereitete Lebensmittel beziehen dürfe - und             nander stünden. Dies könnte der in Erwägungs-
zwar auch dann, wenn das Lebensmittel auf un-             grund 41 LMIV formulierten geforderten Ein-
terschiedliche Weise zubereitet werden könne.             fachheit und Verständlichkeit der Nährwertinfor-
Dafür spräche der Regelungszusammenhang von               mation zuwiderlaufen.
Art. 31 Abs. 3 Unterabs. 2 LMIV, schließlich              Positioniert hat sich der BGH allerdings hinsicht-
werde gemeinhin unter einen „zubereiteten Le-             lich der Frage, was unter einer „Zubereitung“ im
bensmittel“ jedes Produkt verstanden, dass ess-           Sinne der LMIV zu verstehen sei. Entgegen der
fertig sei. Nach den Erwägungsgründen 35 und              Ansicht des Landgerichts seien dazu keine „um-
41 der LMIV solle jedoch die Nährwertinforma-             fangreiche[n] Arbeitsschritte“ wie Erhitzen oder
tion einen Vergleich zulassen und leicht ver-             Kochen notwendig. Dazu gebe es in der LMIV
ständlich sein. Beides würde aber erschwert,              keinerlei Anhaltspunkte.
wenn sich die Nährwertinformationen auf ver-              Quelle: BGH, Beschl. v. 23.07.2020, Az. I ZR 143/19; vor-
schieden zubereitete Lebensmittel beziehen                gehend OLG Hamm, Urt. V. 13.06.2019; LG Bielefeld, Urt.
                                                          v. 08.08.2018, 3 O 80/18.
könnten. In diese Richtung deute insofern der

                                                      7
8. BfR veröffentlicht Stellungnahme zu alternativen
   Temperaturempfehlungen zur Heißhaltung von Speisen
Seit vielen Jahren wird zur Heißhaltung zuberei-        Lage, gesundheitsschädliche Stoffwechselpro-
teter Speisen in der Gastronomie und Gemein-            dukte zu bilden, die zu Durchfall oder Erbrechen
schaftsverpflegung stets empfohlen, dass dabei          führen können. Nach den Ergebnissen seiner Un-
Temperaturen von mindestens 65 °C eingehalten           tersuchung stellt das BfR aktuell fest, dass bei
werden müssen. Eine entsprechende Stellung-             Temperaturen ab 57 °C ein Wachstum von Bacil-
nahme des Bundesinstituts für Risikobewertung           lus cereus, Bacillus cytotoxicus oder Clostridium
(BfR) von 2008 fand Eingang in mehrere DIN-             perfringens unwahrscheinlich ist. Gleichwohl
Normen (Deutsche Industrienorm) und Hygiene-            deuten einige Studien darauf hin, dass selbst bei
Leitlinien von Wirtschaftsbeteiligten. Nun hat          höheren Temperaturen bis 60 °C ein geringes
das BfR am 7. Juli 2020 unter dem Titel „Schutz         Wachstum in Lebensmitteln möglich ist. Auf Ba-
vor lebensmittelbedingten Erkrankungen beim             sis dieser Ergebnisse rät das BfR jetzt, erhitzte
Heißhalten von Speisen“ erneut eine Stellung-           Speisen bis zum Verzehr so heiß zu halten, dass
nahme veröffentlicht, mit der eine Abkehr von           sie an allen Stellen eine Temperatur von mindes-
diesem Gebot diskutiert wird. Auf Basis einer           tens 60 °C aufweisen. Eine Empfehlung, die sich
umfangreichen Literaturrecherche sowie mathe-           gut in die Ergebnisse des BIO-HAZ Panel der
matischer Simulationen rät das BfR dazu, er-            Europäischen Behörde für Lebensmittelsicher-
hitzte Speisen bis zum Verzehr so heiß zu halten,       heit von 2016 einfügen. Festgestellt wurde sei-
dass sie an allen Stellen eine Temperatur von           nerzeit, dass die meisten durch Bacillus cereus
mindestens 60 °C aufweisen. Das Kernproblem             verursachten lebensmittelbedingten Krankheiten
bei der Heißhaltung von Speisen stellen Bakte-          entweder in Verbindung mit rohen oder gekoch-
rien dar, die stabile Dauerformen, sogenannte           ten Lebensmitteln stehen, die nicht unterhalb von
Sporen, bilden. Zu den Sporenbildnern zählen            4 °C bzw. nicht die oberhalb von 60 °C aufbe-
beispielsweise Bacillus cereus oder Clostridium         wahrt wurden.
perfringens. In Form von Sporen können sie              Quelle: BfR-Stellungnahme Nr. 29/2020 vom 07.07.2020,
beim Kochen, Braten oder Backen der Lebens-             online unter: www.bfr.bund.de/cm/343/schutz-vor-lebens-
                                                        mittelbedingten-erkrankungen-beim-hei%C3%9Fhalten-
mittel überdauern und sich unter bestimmten Be-         von-speisen.pdf.
dingungen zu wachstumsfähigen Bakterien ent-
wickeln. Einige dieser Bakterien sind in der

9. Oxfam-Studie zur Einhaltung der Menschenrechte und sozia-
   ler Mindeststandards im Lebensmitteleinzelhandel
In Bezug auf die Achtung der Menschenrechte             deutscher Supermarkt mehr als ein Drittel der
und sozialer Mindeststandards gibt es im deut-          möglichen Punkte. Die Edeka-Gruppe erzielte le-
schen Lebensmitteleinzelhandel noch viel Ver-           diglich 3 Prozent der auf insgesamt knapp
besserungspotential. Das zeigen die Ergebnisse          100 Bewertungskriterien verteilten Punkte.
des aktuellen Supermarkt-Checks von Oxfam.              Oxfam versteht seinen Check ausdrücklich nicht
Zum dritten Mal in Folge prüfte die Menschen-           als Einkaufsratgeber. Kernziel ihres jährlich
rechtsorganisationen das Engagement von Aldi,           durchgeführten Supermarkt-Checks sei es viel-
Edeka, Lidl und Rewe in Bezug auf die Einhal-           mehr die Marktverantwortlichen dazu anspor-
tung von Arbeitsrechten, Transparenz, Frauen-           nen, bei sich und ihren Lieferanten für die Ach-
rechten und einem fairen Umgang mit Kleinbau-           tung der Menschenrechte zu sorgen. Ein Ansatz
ern in der Lieferkette. Das Ergebnis 2020: Lidl,        der durchaus Früchte trägt, wie sich insbesondere
Rewe und Aldi Süd sowie Aldi Nord haben sich            am Beispiel Lidl zeigt – innerhalb eines Jahres
zwar verbessert, doch noch immer erreicht kein          konnte der Discounter seine Bewertung von

                                                    8
9 Prozent auf 32 Prozent der Gesamtpunktzahl          rechte zeigen nun, dass dies allein nicht zielfüh-
steigern. Doch der Druck für den Handel, der          rend sein wird, denn laut einer zweiten Unterneh-
Durchsetzung von Menschenrechten und sozia-           mensbefragung kommen aktuell deutlich weni-
len Mindeststandes in den eigenen Lieferketten        ger als 50 Prozent der deutschen Unternehmen
mehr Beachtung zu schenken, kommt nicht allein        ihrer unternehmerischen Sorgfaltspflicht nach.
von Oxfam. Auch die Bundesregierung hatte sich        Bundesentwicklungshilfeminister Müller und
das Thema über den Lebensmitteleinzelhandel           Bundesarbeitsminister Heil haben daraufhin an-
hinaus in ihren Koalitionsvertrag geschrieben.        gekündigt, gemäß dem Koalitionsvertrag nun ein
Zunächst stand dabei noch die Idee im Raum, den       Lieferkettengesetz auf den Weg bringen zu wol-
bestehenden Missstand durch eine freiwillige          len. Ziel ist ein Abschluss noch in dieser Legis-
Selbstverpflichtung der Unternehmen zu lösen.         laturperiode.
Die Anfang Juli 2020 von der Bundesregierung          Quelle: Oxfam-Supermarkt-Check 2020, online unter:
vorgestellten Ergebnisse zur Umsetzung des Na-        www.oxfam.de/system/files/documents/oxfam_super-
                                                      markt-check_2020.pdf; Gemeinsame Pressemeldung des
tionalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschen-        BMZ und des BMAS vom 14.07.2020, online unter:
                                                      http://www.bmz.de/20200714-1.

                                                         IMPRESSUM

                                                         Herausgeber:
                                                         Verein zur Förderung der Forschungsstelle für
                                                         Europäisches und Deutsches Lebens- und
                                                         Futtermittelrecht an der Philipps-Universität Marburg
                                                         Universitätsstraße 6
                                                         35037 Marburg

                                                         Erscheinungsweise:
                                                         12-mal jährlich, kostenlos für Mitglieder des
                                                         Fördervereins der Marburger Forschungsstelle für
                                                         Lebensmittelrecht e.V.

                                                         Redaktion:
                                                         Dr. jur. Christina Rempe, kontakt@c-rempe.de
                                                         Steffen Düsterloh, leminew@staff.uni-marburg.de

                                                  9
Sie können auch lesen