34 Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr - ein Blick in die Werkstatt une visite de l'atelier transports publics - Stratégie énergétique ...

Die Seite wird erstellt Sibylle-Angelika Buck
 
WEITER LESEN
34 Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr - ein Blick in die Werkstatt une visite de l'atelier transports publics - Stratégie énergétique ...
HIVER 2 0 16

                                                                                                       34
                                                                                                       Série jaune
                                              G EL BE S E RI E 34 / W I N T ER 2 016
                                                                                        Stratégie énergétique 2050 des
                                                                                        transports publics –
                                                                                        une visite de l’atelier

                                              LI TRA
                                                 LI TRA
ein Blick in die Werkstatt
im öffentlichen Verkehr –
Energiestrategie 2050
                Gelbe Serie

                                                 S É RI E JA U N E 34 / H I VE R 2016
                34

                              W I NTER 2016
34 Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr - ein Blick in die Werkstatt une visite de l'atelier transports publics - Stratégie énergétique ...
Impressum
Stratégie énergétique 2050 des transports publics – une visite de l’atelier
Berne, le 12 décembre 2016
Cette publication a été soutenue dans le cadre de la stratégie énergétique 2050
des transports publics par l’Office fédéral des transports.
Rédaction : Infrakom AG, Berne
Collaboration à la rédaction : Thomas Sauter-Servaes, zhaw und Rémy Chrétien,
geelhaar consulting gmbH
Réalisation : Michael Ruefer, LITRA
Maquette et composition: KALUZA+SCHMID GmbH
Imprimerie: A. Walpen AG
Copyright: LITRA
Tirage: 500
                                                                                  Auflage: 500
                                                                                  Copyright: Litra
                                                                                  Druck: A. Walpen AG
                                                                                  Layout: KA LUZA + SCHMID GmbH
                                                                                  Realisation: Michael Ruefer, LITRA
                                                                                  Redaktionelle Mitarbeit: Thomas Sauters zhaw, Rémy Chrétien, geelhaar consulting gmbH
                                                                                  Redaktion: Infrakom AG, Bern
                                                                                   vom Bundesamt für Verkehr unterstützt.
                                                                                   Diese Publikation wurde im Rahmen der Energiestrategie 2050 des öffentlichen Verkehrs
                                                                                                                                                Bern, 12. Dezember 2016
                                                                                                 Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr – ein Blick in die Werkstatt
                                                                                                                                                              Impressum
34 Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr - ein Blick in die Werkstatt une visite de l'atelier transports publics - Stratégie énergétique ...
Vorwort

Der öffentliche Verkehr als Teil der Lösung
Gemäss der Schweizerischen Gesamtenergiestatistik des Bundesamtes für Energie sind 36 Prozent des ge-
samten Energieverbrauchs auf den Verkehr zurückzuführen. Von diesen 36 Prozent werden 70 Prozent vom
Personenverkehr auf der Strasse verursacht.
    Schon diese Zahlen zeigen auf, dass der öffentliche Verkehr (öV) einen sehr kleinen Teil des schweizeri-
schen Gesamtenergieverbrauches verursacht. Das ist aber noch lange kein Grund, sich nicht für eine bessere
Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu engagieren. Besonders wichtig: Pro Personenkilometer im öV
wird weniger Energie verbraucht als im Privatverkehr. Die Transportunternehmen des öV tun bereits heute
sehr viel, um ihre Energieeffizienz zu steigern. Sie realisieren meist unspektakuläre Projekte, aber solche mit
Wirkung. Eine lose Übersicht über solche Projekte gibt die vorliegende Publikation. Sie zeigt auf, dass die
öV-Branche die Energiestrategie 2050 des Bundes mit vereinten Kräften umsetzt.
    Die Transportunternehmen stehen allerdings nicht alleine da. Sie sind in ein System von Partnern einge-
bettet, z. B. die Kantone oder die Bundesämter für Verkehr und Energie. Wollen wir unsere Energieeffizienz
weiterhin steigern, müssen alle Beteiligten am gleichen Strick ziehen. Insofern reichen auch die verschärften
Energievorschriften und Anreize zur Verbrauchssenkung nicht aus. Die Branche will darüber hinaus Innova-
tion suchen und Vorbild sein. Zu diesem Zweck sind auch ein brancheninterner Know-how-Transfer und ein
Austausch nötig.
    Hier gilt es zu entscheiden, ob man eine kurzfristige oder eine langfristige Perspektive einnimmt: Kurzfris-
tige Effizienzmassnahmen sind oft mit Anfangsinvestitionen verbunden. Beispiel: Die bewährten Trolleybusse
verursachen im Betrieb kein CO2. Sie haben aber höhere Investitions- und Infrastrukturkosten als Dieselbusse.
Hier stellt sich die Frage für alle Beteiligten: Wo investieren wir unser Geld? Werden diese Investitionen von
den Bestellern abgegolten oder nicht? Viele Transportunternehmen fühlen sich von den Bestellern (zu) wenig
unterstützt. Die Besteller möchten ihrerseits das Geld lieber in den Angebotsausbau investieren. Allerdings
sind ihre finanziellen Mittel begrenzt. Das kann dann dazu führen, dass man auf kurzfristig angelegte und
durchaus sinnvolle Investitionen verzichtet, die langfristig Wirkung erzielten. Das kann den Pioniergeist be-
hindern und gute Lösungen bremsen.
    Wir stehen also in der Pflicht: Insbesondere im Bereich des Fahrbetriebes sind die Potenziale bei der Bahn
wie auch bei den Bussen noch bei weitem nicht ausgeschöpft. Daran arbeitet die öV-Branche. Neue Bedürfnis-
se, z. B. Fahrgastinformationssysteme oder flächendeckende Klimaanlagen, fressen zwar einen Teil der Ener-
gieeinsparungen wieder auf. Gleichzeitig versprechen aber Innovationen wie stromsparende Gesamtsysteme
(Rekuperation) oder Hybrid- oder Brennstoffzellen-Busse noch mehr Energieeinsparungen.
    Der öffentliche Verkehr ist die bei weitem energieeffizienteste und umweltfreundlichste Mobilitätsform.
Wir stehen aber auch im öffentlichen Schaufenster und in der Verantwortung. Zudem wollen wir auch Ener-
giekosten reduzieren. Wir sind also motiviert, unsere Energiebilanz weiter zu verbessern. In diesem Sinne
versteht sich die öV-Branche als Teil der Lösung der Energieeffizienzfrage.

Ueli Stückelberger                                 Mirjam Bütler
Direktor                                           Vizedirektorin
Verband öffentlicher Verkehr                       Verband öffentlicher Verkehr

G E L B E S E R I E NR . 3 4                                                                                  3
34 Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr - ein Blick in die Werkstatt une visite de l'atelier transports publics - Stratégie énergétique ...
Zu dieser Publikation

Die vorliegende Publikation befasst sich mit Energie-     gieeffizienzmassnahmen unterschiedlichster Trans-
effizienz im öffentlichen Verkehr. Die Broschüre ist in   portunternehmen. Nicht alle Massnahmen, nicht alle
die Kapitel «Städtischer Verkehr – Tram und Trolley-      Akteure konnten berücksichtigt werden. So liegt hier
busse», «Regionalverkehr – Strasse», «Regionalver-        auch keine wissenschaftliche Studie vor, sondern ein
kehr – Schiene» und «Fernverkehr» gegliedert. Nicht       Panoptikum verschiedener Teilaspekte des grossen
berücksichtigt ist der Bereich Cargo.                     Felds Energieeffizienz im öffentlichen Verkehr. Der
     Den einzelnen Kapiteln ist eine Vision (kursiv)      Abschluss der Kapitel ist jeweils einer Innovation oder
vorangestellt. Sie beschreibt, wohin die Reise in Zu-     mehreren Innovationen gewidmet.
kunft gehen könnte. Beispiele im Hauptteil eines              Das Schlusskapitel thematisiert die Treiber von
jeden Kapitels dokumentieren die Vielfalt von Ener-       Energieeffizienzmassnahmen.

4                                                                                           G ELBE SERI E N R. 34
34 Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr - ein Blick in die Werkstatt une visite de l'atelier transports publics - Stratégie énergétique ...
Inhalt

Städtischer Verkehr – Tram und Trolleybusse ......................................................................................................                                      6
     Vision: Die Stadt der Zukunft fährt elektrisch ....................................................................................................                                6
     Beispiel: Rekuperationsfähige Trams sparen einen Drittel ..............................................................................                                            6
     Beispiel: Erster Schritt – eigenes Unternehmen durchleuchten .....................................................................                                                 7
     Beispiel: Wärme-Dämmung bei Trolleybussen ...................................................................................................                                      8
     Innovation: Schnelle Lader für Genf.....................................................................................................................                           8
     Innovation: Schnelle Lader für Bern .....................................................................................................................                          9

Regionalverkehr – Strasse............................................................................................................................................                  10
Vision: E-Mobilität statt fossile Treibstoffe ....................................................................................................................                     10
      Beispiel: Kinderkrankheiten von Diesel-Hybriden sind ausgemerzt ..............................................................                                                   10
      Beispiel: CZV-Schulungen – neue Antriebstechnologien nahebringen........................................................                                                         10
      Beispiel: LED im Busbahnhof ..................................................................................................................................                   10
      Innovation: Brennstoffzellenpostauto erfüllt Erwartungen ............................................................................                                            12

Regionalverkehr – Schiene ..........................................................................................................................................                   14
Vision: Smartifizieren von Infrastruktur und Rollmaterial ..........................................................................................                                   14
      Beispiel: Gebäude – das unterschätzte Potenzial ..............................................................................................                                   14
      Beispiel: Stromnetz optimieren ..............................................................................................................................                    16
      Beispiel: Heizen, kühlen, klimatisieren – aber energieeffizient ......................................................................                                           16
      Beispiel: Weichen – wetterfühlend und automatisch beheizt........................................................................                                                16
      Beispiel: Rauf und runter mit wenig Energie......................................................................................................                                17
      Beispiel: Kooperieren bei Ausschreibungen – was denn sonst? ....................................................................                                                 17
      Innovation: Sequenzielles Zuschalten – zwei statt vier gewinnt....................................................................                                               17

Fernverkehr ........................................................................................................................................................................   18
Vision: Effizientere Effizienz .............................................................................................................................................           18
      Beispiel: Energiesparend fahren ............................................................................................................................                     18
      Beispiel: Software vor Hardware ...........................................................................................................................                      18
      Beispiel: Optimal belüften.......................................................................................................................................                19
      Beispiel: Kraftwerke auf Rädern ............................................................................................................................                     19
      Beispiel: Ausschreibungen – über Effizienz selektionieren .............................................................................                                          20
      Innovation: ADL – grüne Welle im Bahnverkehr ...............................................................................................                                     20

Effizienz-Treiber ............................................................................................................................................................... 21

Schlusswort ........................................................................................................................................................................ 23

G E L B E S E R I E NR . 3 4                                                                                                                                                            5
34 Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr - ein Blick in die Werkstatt une visite de l'atelier transports publics - Stratégie énergétique ...
Städtischer Verkehr –
Tram und Trolleybusse

Vision: Die Stadt der Zukunft fährt elektrisch         Tango-Trams beschafft. Diese fahren einen Drittel
Die Entwicklung der Elektromobilität schreitet         effizienter als die bisherigen Trams. Die BLT hat die
schnell voran. In verschiedenen europäischen Städ-     Energiedaten des Tango-Trams über eine Strecke von
ten gibt es Pilotprojekte zum Einsatz von Elektro-     184’041 Kilometern analysiert. Im Folgenden sind die
bussen. In Fachpublikationen und an Fachtagungen       Details aufgelistet (gerundet):
ist die Elektromobilität ein zentrales Thema. Dank
Elektrifizierung sollen der CO2-Ausstoss reduziert
                                                                                                MWh
und gesetzte Klimaziele erreicht werden. Die städ-
tischen Transportunternehmen verfolgen verschie-       Aufgenommene Energie                  1099
denste technische Ansätze. Ökologisch kann die
Vision nur erreicht werden, wenn der Strom aus         – davon für Antrieb                              790
erneuerbaren Quellen stammt: Wasser, Sonne,
Wind, Biomasse oder (längerfristig) Geothermie.        – davon für Hilfsbetriebe,
                                                                                                        309
Die Verkehrsunternehmen können diese erneuerba-          Heizung, Klima
re Energie im Sinne der Nachhaltigkeit auch selbst
                                                       Zurückgewonnene Energie               - 347
produzieren. Städte und Agglomerationen verfü-
gen strukturell über günstige Voraussetzungen für      – davon Abgabe an eigenen
                                                                                                         55
eine Elektrifizierung. Der Taktfahrplan ist eng, das     Hilfsbetrieb
Liniennetz dicht. Und für die Stadtbewohnerinnen
und -bewohner sind die Vorteile elektrisch betrie-     – davon Abgabe an andere
                                                                                                        292
bener Fahrzeuge eklatant: Abgase und Lärm lassen         Fahrzeuge
sich stark senken oder beinahe vermeiden.              Tatsächlich verbrauchte
                                                                                              752
                                                       Energie

Beispiel: Rekuperationsfähige Trams sparen
                                                       Tabelle: Energieverbrauch und Rekuperation der
einen Drittel
                                                       Tango-Trams
Bei Zügen ist die Rekuperation bereits weit verbrei-
                                                       (Quelle: BLT)
tet, bei Trams noch nicht. Baselland Transport (BLT)
will das ändern. Seit 2008 hat sie entsprechende

6                                                                                       G ELBE SERI E N R. 34
34 Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr - ein Blick in die Werkstatt une visite de l'atelier transports publics - Stratégie énergétique ...
Abb. 1: Städte setzen auf Elektrifizierung – zugunsten der Umwelt, der Passagiere und des eigenen
Budgets. (Quelle: BLT)

Ein besonderer Vorteil: Das Tango-Tram verfügt über
eine Isolierdoppelverglasung mit wärmereflektie-
render Beschichtung sowie eine Heizung respektive
Kühlung mit hohem Umluftanteil. Dies führt dazu,
dass der Heiz- und Kühlbedarf sinkt und bei Türöff-
nungen aufgrund eines geringeren Überdrucks im
Fahrzeug weniger Raumluft nach aussen verloren
geht. Die Beleuchtung erfolgt über energiesparende
Leuchtdioden.
     Rekuperation hat aber auch Grenzen: Fredi
Schödler, BLT-Vizedirektor und Leiter Betrieb & Tech-
nik, meint: «Man darf nicht nur die Energieeffizi-      Abb. 2: Das BLT-Tango-Tram verbraucht einen
enz eines Fahrzeugs betrachten. Vielmehr braucht        Drittel weniger Energie als die Vorgängergeneration.
es ein gesamtes Energieeffizienz-Konzept. Das ist       (Quelle: BLT)
matchentscheidend.» Es geht um die Frage, wie die
beim Bremsen freigewordene Energie sinnvoll ein-        senergie neu auch an Fahrzeuge abgeben, die sich
gesetzt werden kann. Wird die Energie gespeichert       an einem weiter entfernten Punkt im Netz bewegen.
oder ins Netz zurückgespeist? «Bei der Rückspeisung     Zudem hat die BLT die Idee geprüft, am Ende ihres
ins Netz muss man darauf achten, dass die Netzsta-      Liniennetzes eine Speicherstation (Batterie oder Su-
bilität nicht gefährdet wird. Ohne die Abstimmung       percaps) zur Aufnahme der Rekuperationsenergie zu
von Fahrzeugen, Netz und Fahrplandichte kann ein        installieren. Dieser Ansatz wird im Zusammenhang
Grossteil der rekuperierten Energie gar nicht genutzt   mit der Erneuerung der BLT-Strecke zwischen Liestal
werden», so Schödler. «Deshalb ist ein integriertes     und Waldenburg weiterverfolgt.
Konzept so wichtig.»
     Mit ihrem dichten Netz und dem engen Fahrplan
nutzt die BLT die rekuperierte Energie selbst. Um       Beispiel: Erster Schritt – eigenes Unternehmen
Verluste zu reduzieren, wurden die Fahrleitungsquer-    durchleuchten
schnitte auf 700 Quadratmillimeter erhöht. Mit der      Abklärungen der Transports publics lausannois (TL)
Längskupplung der Fahrleitung lässt sich die Brem-      im Jahr 2011 zeigen: Energiesparpotenziale gibt es

G E L B E S E R I E NR . 3 4                                                                               7
34 Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr - ein Blick in die Werkstatt une visite de l'atelier transports publics - Stratégie énergétique ...
beim Fahrzeugpark (85 %) und bei den Gebäuden             Innovation: Schnelle Lader für Genf
(15 %). In beiden Bereichen hat die TL optimiert.         100 Prozent elektrisch, geräuscharm und umwelt-
Seither gibt es jährliche Meetings zum Energiema-         schonend – das sind die TOSA-Gelenkbusse in Genf.
nagement. Daraus werden jährliche Aktionspläne            Die Abkürzung steht für «Trolleybus Optimisation
abgeleitet. So setzt die TL beispielsweise im Fahr-       Système Alimentation». Der Bus der Zukunft hat aber
zeugpark auf EcoDrive-Schulungen. Ferner wurden           nur noch dem Namen nach mit einem Trolley zu tun,
die Energieeffizienzkriterien zur Beschaffung neuer       fehlt ihm doch die elektrische Oberleitung. Die Trans-
Fahrzeuge geändert. «Mit diesen beiden Massnah-           ports publics genevois (TPG) haben 2013/14 auf einer
men konnten wir zwischen 2010 und 2015 rund               Teststrecke zwischen dem Kongresszentrum Palexpo
zehn Prozent des Treibstoffs einsparen», freut sich       und dem Flughafen Genf-Cointrin einen TOSA-Pro-
Jérôme Grand, Projektleiter bei TL. Die internen Per-     totypen getestet.
sonal- und Finanzkapazitäten hat das Unternehmen               Batterien liefern den Strom für den Betrieb. Ein
durch verschiedenste Partnerschaften ergänzt. Part-       mechanischer Arm auf dem Dach des Busses ist mit
ner sind unter anderen das Bundesamt für Energie,         einem Lasersensor ausgestattet. Er ermöglicht, innert
der Kanton Waadt, die Lausanner Stadtwerke und            weniger als einer Sekunde an der Ladestation anzu-
verschiedene Hochschulen.                                 docken und ladebereit zu sein. Eine regelmässige
                                                          Teilladung der Batterie erfolgt so jeweils an den Hal-
                                                          testellen, wenn Passagiere ein- und aussteigen. Die
Beispiel: Wärme-Dämmung bei Trolleybussen                 Schnellladung benötigt bloss 15 bis 20 Sekunden.
Die Transports publics lausannois (TL) haben den          Die Wirkleistung ist mit 600 Kilowatt hoch. An der
Energieverbrauch ihrer Trolleybusse unter die Lupe        Endstation kann die Batterie in drei bis vier Minuten
genommen. Die Universität Basel hat das Messsystem        komplett geladen werden. Der vollständig erneuer-
entwickelt. Ergänzende Studien haben die EPFL und         bare Strom stammt aus Wasser- und Sonnenkraft.
die Fachhochschule Luzern beigesteuert. Untersucht             Da der TOSA-Bus immer wieder Strom-Kicks er-
wurde der Swisstrolley 4 der Marke HESS. Die For-         hält, genügt eine kleinere und leichtere Batterie. Das
scher wollten wissen, wie viel Energie die Zugkraft       schafft gegenüber konventionellen Batteriebussen 15
absorbiert und wie viel die Heizung respektive Kli-       bis 30 Prozent mehr Platz für Fahrgäste. Die Leicht-
matisierung. Die Untersuchung ergab folgende Er-          bauweise senkt den Energieverbrauch um weitere 10
gebnisse:                                                 Prozent. Eine Rekuperationsbremse gewinnt die Brem-
· Im Winter (Dezember 2014 bis Februar 2015) ent-         senergie zurück und speichert sie im Bus. Fährt der Bus
  fielen je 40 Prozent des Energieverbrauchs auf die      los oder beschleunigt er von 20 auf 30 Kilometer pro
  Zugkraft und auf die Heizung. Der hohe Verbrauch        Stunde, liegt der Geräuschpegel bei 60 Dezibel. Ein-
  für die Heizung erstaunte. Er wird scheinbar durch      mal in Fahrt, reduziert sich der Lärm im Vergleich zum
  eine schlechte Dämmung des Fahrzeugs und des            konventionellen Trolley (70 dbA) um rund die Hälfte.
  Heizsystems verursacht. Die Hochschule Luzern           Da keine Oberleitungen nötig sind, ist der TOSA äu-
  untersucht nun Möglichkeiten, um die thermische         sserst flexibel und kann von der üblichen Route abwei-
  Hülle der Fahrzeuge zu verbessern.                      chen. Und: TOSA-Busse produzieren weder CO2 noch
· In den Sommermonaten (Juni bis August 2015)             andere Schadstoffe. Selbst die Infrastrukturkosten sind
  wurden bis zu 10 Prozent der Energie für die Kli-       gegenüber konventionellen Trolleys tiefer.
  matisierung verbraucht. Dieser Verbrauch lag tiefer          TOSA hat bereits viele Innovationspreise gewon-
  als erwartet, obwohl der Sommer 2015 sehr warm          nen wie etwa den Prix OMPI 2012, den Smart Award
  war. Das Ergebnis belegt die hohe Effizienz des ein-    und den prix EBUS 2014. Städte und Gemeinden aus
  gesetzten Klimasystems.                                 der ganzen Welt interessieren sich dafür.
Jetzt suchen die TL nach Lösungen, um die Heizung              Die Innovationskraft entfaltet sich durch die enge
der Fahrzeuge effizienter zu gestalten, ohne dabei        Kooperation verschiedener Akteure. TOSA ist ein Ge-
den Komfort der Passagiere zu verringern. Weiter          meinschaftsprojekt von TPG, ABB und den Services
wollen die TL die Energieeffizienz bei Tram und Metro     Industriels de Genève (SIG). Die Wirtschaftsförderung
bis 2025 erhöhen. Um das Bewusstsein für Energie-         (OPI) übernahm die Koordination des Pilotprojekts.
effizienz im Unternehmen zu verankern, werden die         Die Kosten von rund 5 Millionen Franken teilten sich
Mitarbeitenden sensibilisiert, geschult und involviert.   ABB (zwei Drittel) sowie TPG, SIG, Kanton Genf und
Zum Auftakt der Aktion fand dazu auch eine kleine         Bund (einen Drittel). Das System ist als Alternative zu
Ausstellung statt.                                        den heutigen Trolleybussen mit den visuell störenden
                                                          Oberleitungen und als Ersatz für Dieselbusse konzi-
                                                          piert. «Elektromobilität wird in Zukunft das Kernstück
                                                          einer nachhaltigen Mobilität in Genf sein», ist Thierry
                                                          Wagenknecht, Technischer Direktor TPG, überzeugt.

8                                                                                           G ELBE SERI E N R. 34
34 Energiestrategie 2050 im öffentlichen Verkehr - ein Blick in die Werkstatt une visite de l'atelier transports publics - Stratégie énergétique ...
Abb. 3: TOSA-Bus: Mit Elektro-Kicks durch Genf (Bildquelle: Fabrice Piraud / tpg)

     Ab März 2018 startet die nächste, eineinhalbjäh-    Die Linie 17 weist ideale Voraussetzungen für einen
rige Testphase im kommerziellen Betrieb. 12 Busse        Pilotbetrieb auf: Sie ist relativ kurz, hat eine einfache
werden in den regulären Fahrplan auf der 12 Kilome-      Topografie und ausreichende Wendezeiten, um die
ter langen TPG-Linie 23 eingegliedert. Die Wirtschaft-   Batterien nachzuladen. Das erleichtert eine rasche
lichkeit der neuen Technologie soll nun unter realen     Umstellung. Evaluiert wurden Plug-in-Hybrid-Fahr-
Bedingungen belegt werden. Die Kosten betragen           zeuge, Schnelllader, Einmallader sowie Trolleybusse.
zwischen 24 und 28 Millionen Franken. Das Bundes-        Die Vorstudie zeigte: Schnelllader sind die beste Op-
amt für Energie (BFE) unterstützt dieses Projekt für     tion für die Linie 17.
die Technologieentwicklung und das Monitoring im              BERNMOBIL setzt auf Schnelllader, die am Lini-
Rahmen seines Leuchtturm-programms mit 3,4 Mil-          enende im Betrieb und über Nacht in der Garage
lionen Franken.                                          Strom tanken. Mit solchen Bussen lässt sich auf der
                                                         geprüften Linie 17 der CO2-Ausstoss um rund 600
                                                         Tonnen pro Jahr reduzieren. Das sind etwa 6 Prozent
Innovation: Schnelle Lader für Bern                      des gesamten CO2-Ausstosses aller Stadtberner Bus-
Seit Jahrzehnten ist Elektromobilität bei BERNMOBIL      linien. Zudem sind die Busse erheblich leiser. Thomas
Alltag: Trolleybusse und Trams prägen das Strassen-      Ledergerber, Leiter Netzmanagement BERNMO-
bild. Diese Elektromobilität soll noch weiter ausge-     BIL, ergänzt: «Wir sind überzeugt, dass sich mittel-
baut werden. 2018 soll eine Buslinie im Pilotbetrieb     und längerfristig die Elektromobilität durchsetzen
auf elektrischen Antrieb umgestellt werden, um Er-       wird.»
fahrungen im fahrplanmässigen Betrieb mit Gelenk-             Bei allen Vorteilen: Kostenmässig sind Elektrobus-
bussen zu sammeln. Ab 2020 – so das Ziel – sollen        se noch immer teurer als Diesel- oder Gasbusse. Mit
die Gas- und Dieselbusse sukzessive durch einen          Blick auf die Technologieentwicklung und die Serien-
möglichst hohen Anteil an Elektrobussen abgelöst         produktion von Bussen und Batterien rechnet BERN-
werden. Damit leistet BERNMOBIL einen wichtigen          MOBIL aber mit sinkenden Kosten. Dabei spielt auch
Beitrag, um die Ziele der «Energie- und Klimastrate-     die Entwicklung der Energiepreise eine Rolle. Die
gie 2025» der Stadt Bern zu erreichen.                   Schweiz hat heute wenig Erfahrung mit Schnellla-
    Um herauszufinden, was sich für Bern am besten       dern. Deshalb will BERNMOBIL ihre Erfahrungen auch
eignet, wurde in einer Vorstudie evaluiert, welches      anderen Verkehrsbetrieben zur Verfügung stellen.
System auf der Linie 17 zum Einsatz kommen soll.

G E L B E S E R I E NR . 3 4                                                                                    9
Regionalverkehr – Strasse

Vision: E-Mobilität statt fossile Treibstoffe            Interessierten unter anderem auf einer Website zur
Immer mehr Fahrzeughersteller beschäftigen sich          Verfügung. Projektpartner sind der Fachverband für
mit der Frage, wie Mobilität ohne fossile Treibstoffe    Elektro-, Energie- und Informationstechnik (electro-
in Zukunft sichergestellt werden kann. Als Ideal gilt    suisse) und das Bundesamt für Verkehr (BAV).
zurzeit der Elektrobus. Er stösst lokal keine Emissio-   Weitere Informationen zur Hybrid-Technologie:
nen aus, ist leistungsstark und komfortabel für die      www.swisshybridbus.ch
Fahrgäste. Wird die Batterie mit erneuerbarem Strom
aufgeladen, dann ist die Bilanz der grauen Energie
nahezu CO2-frei. Weshalb dennoch nicht mehr Elek-        Beispiel: CZV-Schulungen – neue Antriebstech-
trobusse auf überregionalen Strassen fahren, liegt an    nologien nahebringen
der ungenügenden Kapazität der Batterien. Daraus         PostAuto bietet CZV-Schulungen (Weiterbildungskur-
resultiert eine geringere Reichweite. Auf dem Weg        se für Fahrpersonal) an. In der Schulung wird dem
vom klassischen Verbrennungsmotor zum vollstän-          Fahrpersonal der Umgang mit der Technik in der The-
dig elektrifizierten Überlandbus sind Diesel-Hyb-        orie und durch aktives Fahren nahegebracht. Weiter
rid-Fahrzeuge eine gute Alternative zu Dieselbussen.     wird der Umgang mit Hochvolt-Komponenten ge-
                                                         schult. Ende 2016 soll es auch CZV-Kurse für rein mit
                                                         Batterie betriebene Busse geben. Die Schulungen ste-
Beispiel: Kinderkrankheiten von Diesel-Hybri-            hen dem Personal aller Transportunternehmen offen.
den sind ausgemerzt
Diesel-Hybrid-Antriebe hatten vor Jahren noch viele
Schwachstellen. Hohe Anschaffungskosten, hohes           Beispiel: LED im Busbahnhof
Eigengewicht, geringere Leistung, hohe Wartungs-         Nicht nur im Busbetrieb, sondern auch bei der Inf-
kosten und mässige Zuverlässigkeit machten die           rastruktur lässt sich energieeffizienter arbeiten. Die
Technik zu wenig attraktiv. Das hat sich geändert.       Transports publics fribourgeois (TPF) haben im Bus-
Die Kinderkrankheiten sind ausgemerzt. Doch das          bahnhof Fribourg 216 LED-Lampen installiert. Das
schlechte Image haftet dem Antrieb noch immer an.        vorherige Beleuchtungssystem war 16 Jahre alt und
Heute hat PostAuto 35 Maxibusse und einen Gelenk-        bestand aus 370 Natriumdampflampen und Leucht-
bus im Einsatz. Die gewonnenen Erkenntnisse rund         stoffröhren. Mit den neuen LED-Lampen konnten
um das Thema alternative Antriebe stellt PostAuto        zwischen August 2015 und August 2016 insgesamt

10                                                                       G ELBE SERI E NR. 34 FRÜH JAH R 2017
Abb. 4: Hybrid-Fahrzeuge bieten für überregionale Autobuslinien gute und effiziente Möglichkeiten.
(Quelle: PostAuto)

                                            Antriebsvarianten

                                                                         g
                                                                       un
                                                                   zier                    Verbrennungsmotor
                                                              trifi ite
                                                          Elek hwe
                                                        e      ic
                                                      nd     Re
                                                  eige iger
                                                st en                      Diesel-Hybrid
                                                  =w
             fossile Treibstoffe

                                                 Batterie              Brennstofzelle                          Angestrebtes
                                   Abgase

                                                                                                                  Ideal
      Lärm

                                                         200 km                   600 km                        über 1200 km

                                            Reichweite

Abb. 5: Reichweiten und Umweltbelastung von Bussen – weg vom Verbrennungsmotor hin zum Elektro-
bus, aber mit grosser Reichweite. Die Grafik basiert auf Daten eines Maxibusses (12 Meter lang) mit einer
Tankfüllung (Quelle: PostAuto).

G E L B E S E R I E NR . 3 4 FR ÜHJ AHR 2 0 1 7                                                                                11
Abb. 6: Brennstoffzellenbus – ausgezeichnet mit dem Energieeffizienz-Preis «Watt d’or» des Bundesamts
für Energie. (Quelle: PostAuto)

                                                     130 Megawattstunden Strom gespart werden. Das
                                                     ist eine Einsparung von 44 Prozent. Die Umstellung
                                                     kostete 210‘000 Franken. Dazu gab es eine Unter-
                                                     stützung von 37’000 Franken aus dem Auktionspro-
                                                     gramm Tygr-Ench von Pro-Kilowatt. Unter alleiniger
                                                     Berücksichtigung der Stromkosten rechnen die TPF
                                                     mit einer Payback-Dauer von zehn Jahren. Werden
                                                     auch die niedrigeren Wartungskosten einbezogen,
                                                     sinkt der Payback auf fünf Jahre. Ausserdem freuen
                                                     sich Angestellte und die Kundschaft über die schöne-
                                                     re, regelmässigere und angenehmere Beleuchtungs-
                                                     qualität.

                                                     Innovation: Brennstoffzellenpostauto erfüllt
                                                     Erwartungen
                                                     Wasserstoff betriebene Busse mit Brennstoffzellen
                                                     erreichen heute schon akzeptable Reichweiten. Die
                                                     Brennstoffzellentechnologie ist weit fortgeschritten.
                                                     Sie ermöglicht heute ähnliche Reichweiten wie Die-
                                                     selbusse und eine angemessene Klimatisierung des
                                                     Fahrgastraums. Deshalb engagiert sich PostAuto in
                                                     einem von der EU unterstützten Projekt. Im Rahmen
                                                     von «Clean Hydrogen in European Cities (CHIC)» hat
                                                     PostAuto in Brugg (AG) fünf Brennstoffzellenpostau-
                                                     tos im regulären Linienbetrieb getestet. Die Bilanz der
                                                     fünfjährigen Projektdauer (2011 – 2016) kann sich
                                                     sehen lassen: Bis heute wurden in rund 55’000 Be-
                                                     triebsstunden 1.2 Millionen Kilometer zurückgelegt
Abb. 7 Auswahl verschiedener Brennstoffzellen-       und in 6’700 Betankungen 102’000 kg Wasserstoff
busprojekte in Europa. (Quelle: Clean Hydrogen in    in die Tanks gefüllt. Im Test verbrauchten die Brenn-
European Cities, CHIC)                               stoffzellenbusse durchschnittlich acht Kilogramm

12                                                                    G ELBE SERI E NR. 34 FRÜ H JAH R 2017
Wasserstoff auf 100 Kilometer. Das entspricht der             Die Feedbacks von Fahrpersonal, Fahrgästen und
Energie von ca. 30 Litern Diesel/100km.                   Anwohnenden waren durchwegs positiv. Der Fahrer-
    «Schon heute ist klar, dass sich das Ziel des         platz ist leiser und vibriert nicht. Die Busse sind ange-
CHIC-Projekts realisieren lässt: Unabhängigkeit von       nehmer zu fahren. Die Klimatisierung kann konstant
fossilen Treibstoffen und eine emissionsfreie Mobili-     eingeschaltet bleiben, weil die Voraussetzungen an-
tät», sagt Nikoletta Seraidou, bei PostAuto für neue      ders sind als bei einem Dieselbus, wo der Motor stets
Fahrzeugtechnologien zuständig. Das Projekt zeigt         in Betrieb sein muss. Fahrgäste und Anwohnende
auch, dass wasserstoffbetriebene Busse Dieselbusse        schätzen die Lärmreduktion. Einzig die Abrollgeräu-
ersetzen können. Weiter ist der Betrieb einer Was-        sche der Reifen sind noch zu hören. Und: Wenn ein
serstofftankstelle in der täglichen Praxis praktikabel,   Diesel-Bus durch enge Gassen fährt, vibrieren in den
denn Wasserstoff lässt sich vor Ort produzieren und       angrenzenden Gebäuden bisweilen die Scheiben. Bei
abfüllen.                                                 Brennstoffzellen-Bussen gibt es das nicht.

G E L B E S E R I E NR . 3 4 FR ÜHJ AHR 2 0 1 7                                                                 13
Regionalverkehr – Schiene

Vision: Smartifizieren von Infrastruktur und            Anlagen der RhB. 2014 begann die RhB mit der Un-
Rollmaterial                                            tersuchung der grossen Standorte und Gebäude.
Regionalbahnen verfügen zum Teil über Infrastruk-       Die Betriebswerkstatt Landquart verbraucht jähr-
turen, die zwar nicht mehr zu den jüngsten gehö-        lich 2’350 Megawattstunden Energie, die Betriebs-
ren, aber sich dennoch in gutem Zustand befinden.       werkstatt Samedan 918 Megawattstunden und der
Oft ist es gar nicht nötig, die allerneusten techni-    Verladebahnhof Klosters Selfranga 590 Megawatt-
schen Lösungen am Markt einzusetzen. Dennoch            stunden pro Jahr. Im ersten Schritt wurden 2014 der
ist der Blick in die Zukunft zu richten: Es gilt, das   Verbrauch gemessen und die vorhandenen Daten
Bestehende für weitere Betriebsjahre fit zu machen      gelesen. Gleichzeitig gab es eine Besichtigung vor
und die heutigen Möglichkeiten der Technik ge-          Ort. Danach folgte die Analyse. Im zweiten Schritt
schickt zu nutzen, zum Beispiel durch neue Soft-        wurden auf den Winter 2014/15 die Parameter der
ware zur Steuerung vorhandener Komponenten.             Steuerungen optimiert. In der Nachbearbeitung wur-
Infrastruktur und Rollmaterial der Regionalbahnen       den die Verbraucher weiter beobachtet.
ermöglichen eine pragmatische Entwicklung, bau-              Umgesetzt hat die Analyse ein externes Bera-
en auf verlässlichen Komponenten auf und bieten         tungsbüro. «Im Fokus standen überraschenderweise
Möglichkeiten für künftige Entwicklungen. Innova-       nicht nur kostenintensive Investitionen an Gebäuden
tive Ideen und technologische Impulse dürfen je-        und Anlagen, sondern auch relativ einfach umzuset-
doch nicht aus dem Blick gelassen werden – sie sind     zende Massnahmen. So etwa die Veränderung ein-
ebenfalls verstärkt zu nutzen, um auf die Herausfor-    zelner Parameter bei bestehenden Heizungsreglern
derungen der Zukunft frühzeitig zu reagieren.           oder das Abschalten einzelner Anlagenteile», stellt
                                                        Reto Sidler fest. Anschauliches Beispiel ist die Wärme-
                                                        pumpe in der Werkstatt Samedan. Dort wurden die
Beispiel: Gebäude – das unterschätzte Potenzial         Einstellungen der ganzjährig betriebenen elektrischen
Die Rhätische Bahn (RhB) hat ihre Werkstätten über-     Grundwasser-Wärmepumpe optimiert. Angepasst
prüft. Dabei wurde speziell der Energieverbrauch        wurden unter anderem die Temperaturüberhöhung,
berücksichtigt. «Durch Anpassung der Parameter der      die Heizgrenze, die Heizkurve und die Mischüberhö-
Steuerungen von grossen Verbrauchern (Öl, Strom         hung. Der Effekt ist beeindruckend. Seit der Anpas-
usw.) kann Energie ohne Komforteinbusse gespart         sung lassen sich jährlich über 20 Megawattstunden
werden», sagt Reto Sidler, Leiter Elektrotechnische     Strom oder über 44’000 Franken einsparen. Im Detail:

14                                                                                        G ELBE SERI E N R. 34
Abb. 9: RhB-Werkstatt Landquart: In Gebäuden
                                                        liegen mehr Effizienzpotenziale als angenommen.
                                                        (Quelle: RhB)

                                                        ein.» So hat das Unternehmen unter anderem auch
                                                        Lüftungsanlagen, Heizungsunterverteilungen und
                                                        Warmwasserboiler energieoptimiert. 2015 konnte
                                                        ein weiterer Nachhaltigkeits-Schritt umgesetzt wer-
                                                        den: Das Direktionsgebäude und die Heizzentrale für
                                                        die Betriebswerkstätten in Landquart wurden an das
                                                        Fernwärmenetz der Kehrichtverbrennung Untervaz
                                                        angeschlossen.
Abb. 8: Regionalbahnen stellen die Hebel für intelli-
gente Steuerungen bestehender Komponenten und
machen sich so fit für die Zukunft. (Quelle: RhB)       Beispiel: Stromnetz optimieren
                                                        Die Transports publics fribourgeois (TPF) prüfen spe-
                                                        ziell Energieeffizienzmassnahmen im 900-Volt-Mit-
    Um Energiesparpotenziale nutzen zu können,          telspannungsgleichstromnetz ihrer Schmalspurbahn.
müssen Betreiber, Planer, Nutzer und Instandhalter      Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat eine entspre-
eng zusammenarbeiten. RhB-Projektleiter Roland          chende Studie mitfinanziert.
Pethö resümiert: «Wir haben die Energieeffizienz in          In der ersten Phase des 2014 gestarteten Pro-
unseren Werkstätten erheblich verbessert. Dies ist      jekts wurde der Energieverbrauch erfasst. Die TPF
ökologisch sinnvoll und finanziell lukrativ. Ein ge-    interessierten sich insbesondere für die Energiebilanz
lungenes Beispiel für das Prinzip, mit wenig viel zu    des Verbrauchs. Basierend auf den von Energiever-
erreichen.»                                             sorgern gelieferten Daten erhoben die TPF die Ver-
    Übrigens: Das Bündner Energiegesetz verpflichtet    bräuche von Antrieb und Hilfssystemen. Zurzeit läuft
Energie-Grossverbraucher von mehr als 500 Mega-         die zweite Phase: Die TPF erstellten dazu ein Modell
wattstunden jährlich, den Verbrauch zu analysieren      des existierenden Netzes. Aufgrund der Daten aus
und reduzieren. Reto Sidler sagt: «Das Energiege-       der ersten Phase lässt sich die Wirksamkeit mögli-
setz war der Anstoss, jetzt weiten wir die Analysen     cher Massnahmen bei der Reduktion des Energiever-
auch auf die weiteren Gebäude aus. So fliessen die-     brauchs, des Energieverlusts und bei der effizienten
se Erfahrungen am Schluss in alle Gebäude der RhB       Energieverwertung simulieren und errechnen. Diese

                                              Menge                    Preis                Einsparung
                                             (in kWh)               (CHF/kWh)                  (CHF)

 Monatliche Reduktion des                         120                  7.50                      900
 Spitzenverbrauchs

 Monatliche Energieeinsparung                 20’000                   0.14                    2’800
 Monatliche Einsparung total                                                                   3’700
Tabelle: Einsparungen bei Standorten / Stationen bei der RhB.

G E L B E S E R I E NR . 3 4                                                                               15
Gesparte Heizenergie in MWh
900
800                                781                                                  773
                          734                                                                    744
700
         603     624                                                                                      620
600
                                           494
500
400
300                                                 258                        273

200
                                                              97       98
100
     0
         Jan     Feb      Mär      Apr     Mai      Jun       Jul     Aug      Sep      Okt      Nov      Dez

Abb. 10: Gesparte Heizenergie im Jahr 2014 durch optimierte Heizung, Lüftung und Klimatisierung
bei der RhB. (Quelle: RhB)

potenziellen Massnahmen werden einer Kosten-Nut-              Der Spareffekt beider Massnahmen ist beachtlich.
zen-Analyse unterzogen, so dass daraus auch andere        Bei den 250 konventionellen RhBPersonenwagen
Bahnunternehmen Anregungen ableiten können.               können in den kälteren Monaten pro Wagen zwi-
Diese Detailergebnisse werden Ende 2016 vorliegen.        schen 500 und 800 Megawattstunden Energie ge-
Schon heute lässt sich eine erste Tendenz ausma-          spart werden. Das entspricht insgesamt jährlichen
chen: Durch eine Erhöhung der zugelassenen Span-          Einsparungen von rund 6’100 Megawattstunden
nung über das gesamte 900-Volt-Stromnetz könnte           oder rund 670‘000 Franken.
mehr zurückgewonnene Bremsenergie ins Netz ge-
langen und durch andere Zugkompositionen in der
Nähe genutzt werden.                                      Beispiel: Weichen – wetterfühlend und auto-
                                                          matisch beheizt
                                                          Im Winter 2010/11 hat die Rhätische Bahn (RhB)
Beispiel: Heizen, kühlen, klimatisieren – aber            Systeme für die Automation von Weichenheizungen
energieeffizient                                          getestet. Entschieden hat sie sich für ein System mit
Bis anhin steuert die Rhätische Bahn (RhB) Heizung,       integrierter Wetterstation. Die Station ermittelt fort-
Lüftung und Klimaanlagen bei älteren Einzelwagen          laufend Temperatur und Niederschlag. Ob an einem
über die Zeitschaltuhr und die Innenbeleuchtung.          windigen Tag, bei schönem Wetter mit Flugschnee
Wird die Beleuchtung ausgeschaltet, wechseln Hei-         oder bei Schneefall und Nässe – die automatische
zung, Lüftung und Klimaanlagen nach einer Weile           Weichenheizung weiss aufgrund der gesammelten
automatisch in den Sparbetrieb. Wird das Licht einge-     Daten, wie sie sich regulieren muss, damit die Schie-
schaltet, setzt sich das Ganze wieder in Betrieb. Die-    nen funktionieren. Auch weitere Bahnen wie etwa
ses System hat zur Folge, dass die Anlagen bisweilen      die Südostbahn (SOB) oder die Matterhorn Gotthard
ohne ausgewiesenen Bedarf unnütz laufen. Anders           Bahn (MGB), nutzen diese Weichenheizung.
bei modernen Fahrzeugen. Bei Allegra-Triebzügen               Um die intelligente Weichenheizung installieren
zum Beispiel erfolgt die Steuerung über die manuelle      zu können, musste die RhB neue Kabel für die Fühler
Eingabe der Betriebsbereitschaftszeit am Bildschirm.      im Gleisbereich und für die Wetterstation verlegen.
Das heisst: Die Fahrzeug und Klimaleittechnik über-       Vor allem die Kabelarbeiten sind kostenintensiv, so
nehmen neu die Einleitung des Schlummerns und die         dass die Investitionskosten in grosser Abhängigkeit
rechtzeitige Aktivierung des Vorbereitungsbetriebs.       zur Anlagegrösse stehen. Kleinere Anlagen sind der
    Der Sparbetrieb lässt im Winter abgestellte Schie-    hohen Fixkosten wegen wesentlich teurer als grö-
nen-Fahrzeuge auf eine Mindesttemperatur von 5°           ssere. Bei Stationen können die Kosten pro Weiche
C bis 8° C abkühlen. Damit ist der Frostschutz der        zwischen 5000 (bei vielen Weichen auf einer Stati-
WC-Anlagen mit Wasser sichergestellt. Im Sommer           on) und 20’000 Franken (bei nur zwei Weichen auf
wird bis zu einer Maximaltemperatur von 27° C nicht       einem Bahnhof) variieren. Kleines Trostpflaster: Die
gekühlt. So wird Energie gespart und die Wagen blei-      Automatisierung wird teilweise durch Förderbeiträge
ben dennoch schnell einsatzbereit.                        unterstützt.

16                                                                                          G ELBE SERI E N R. 34
Die intelligenten Weichenheizungen ermöglichen       luskosten (LCC) eingefordert. Darin ist der Energie-
der RhB Energieeinsparungen zwischen 50 und 70           verbrauch des Zugs separat auszuweisen. Um die An-
Prozent. Wie viel eingespart werden kann, hängt von      gebote bewerten zu können, hat die SOB einheitliche
der geografischen Höhe ab. Im tiefer liegenden Raum      Vorgaben für die Energieverbrauchsberechnungen
Chur sind rund 50 Prozent möglich, im höher gelege-      definiert. Zusammen mit der BLS und weiteren Ex-
nen Engadin gar 70 Prozent. Die RhB zählt in ihrem       perten hat die SOB eine Spezifikation zur Berechnung
Netz über 550 Weichen mit einer Leistung von rund        der Energiekosten ausgearbeitet. «Die Kooperation
2,7 Megawatt. Bei einer mittleren Einsparung von         unter den Bahnen bei der Ausarbeitung technischer
60 Prozent und einer jährlichen Einschaltdauer von       Anforderungen ist wichtig, erleichtert sie doch der
1900 Stunden können so rund 3000 Megawattstun-           Fahrzeugindustrie die Standardisierung ihrer Produk-
den pro Jahr gespart werden. Das sind das jährlich       te und trägt damit letztlich zur Kostensenkung bei»,
330‘000 Franken.                                         sagt Peter Bruderer, Projektleiter Rollmaterialbeschaf-
                                                         fung SOB.
                                                             Die Vorgaben wurden anhand realer Strecken
Beispiel: Rauf und runter mit wenig Energie              und Betriebsprofile des künftigen Fahrzeugeinsatzes
Der Regionalverkehr Bern Solothurn (RBS) schult sei-     auf dem Netz der SOB definiert. Die vorgegebenen
ne Lokführerinnen und Lokführer mit einem EcoDri-        Fahrzeiten sind bei der Berechnung des Energiever-
ve-Modul. Der das Netz abbildende Fahrsimulator          brauchs einzuhalten. Für die Klimatisierung, Beleuch-
zeigt den Energieverbrauch des fahrenden Zugs in         tung, Informations- und Unterhaltssysteme wird der
Echtzeit. So kann ein Gespür dafür entwickelt wer-       Jahresverbrauch durch Aufsummierung einer Anzahl
den, wie der Fahrplan eingehalten und gleichzeitig       genau definierter Betriebsfälle bestimmt. Dazu sind
Energie gespart werden kann. So kann es sich loh-        Vorgaben zu realistischen meteorologischen Um-
nen, das Terrain auszunutzen. Das heisst: Mit mög-       gebungsbedingungen und zur Fahrgastbelegung
lichst wenig Energie wird die höchste Erhebung           gemacht worden. Werden die von der Industrie zu-
erfahren, um dann das Gefälle ohne Energiebedarf         gesagten Verbrauchswerte überschritten, sind ver-
zum Beschleunigen zu nutzen. Auch als kleineres          traglich definierte Entschädigungszahlungen fällig.
Transportunternehmen will der RBS nachhaltig das         So hat der Hersteller einen Anreiz, die Energieeffi-
Verständnis für energieoptimiertes Fahren verankern      zienz der Fahrzeuge auch nach Auslieferung weiter
und durchsetzen.                                         zu optimieren, bis die Zielwerte erreicht sind. Die
                                                         so beschaffte neue Flotte nimmt die SOB 2019 in
                                                         Betrieb.
Beispiel: Kooperieren bei Ausschreibungen –
was denn sonst?
Die BLS und die Südostbahn (SOB) müssen in den           Innovation: Sequenzielles Zuschalten – zwei
nächsten Jahren Teile ihrer Flotte erneuern. Statt al-   statt vier gewinnt
leine, sind sie gemeinsam unterwegs. So erarbeiteten     Die Rhätische Bahn (RhB) hat Lokomotiven so um-
sie zum Beispiel in enger Zusammenarbeit den Anfor-      gerüstet, dass ein Teillastbetrieb möglich ist. Lange
derungskatalog für die Beschaffung. Dort spielt die      fuhr eine Lokomotive mit allen vier zur Verfügung
Energieeffizienz eine wichtige Rolle.                    stehenden Motoren. Neu fährt der Triebwagen nur
     Beide Bahnen gehen davon aus, dass in Zukunft       mit zwei Motoren. Sobald mehr Zugkraft gefordert
die Trassenpreise den effektiven Energieverbrauch        wird, schalten sich die anderen Motoren sequenziell
der Züge berücksichtigen werden. Heute wird ledig-       zu. So können die ersten Motoren mit einem besse-
lich eine gewichtsabhängige Pauschale berechnet.         ren Wirkungsgrad betrieben werden. Kombiniert mit
Damit wird die Energieeffizienz des Rollmaterials        weiteren Massnahmen spart dies bei den 20 Allegra-
künftig zu einem zentralen Kostenfaktor im Betrieb.      Triebzügen rund 950 Megawattstunden Strom pro
Bei der Neubeschaffung des Voralpen-Expresses hat        Jahr. Das entspricht dem Energiebedarf von rund 210
die SOB diesem Aspekt grosse Beachtung geschenkt.        durchschnittlichen Schweizer Einfamilienhäusern.
     Bei der Ausschreibung hat die SOB von den           Finanziell lassen sich dadurch jährlich gut 100’000
Herstellern verbindliche Zusagen zu den Lebenszyk-       Franken einsparen.

G E L B E S E R I E NR . 3 4                                                                                 17
Fernverkehr

Vision: Effizientere Effizienz                         Markus Halder, Leiter Energiemanagement Traktion.
Seit gut 150 Jahren verkehrt die Bahn auf Schienen.    EcoDrive heisst das Stichwort. Lokführer werden ge-
Verglichen mit anderen Verkehrsarten hat die Schie-    schult, vorausschauend und energiesparend zu fah-
ne spezifische Vorteile. Die Bewegung von Stahl        ren. «Bremst ein Lokführer bei der Ausfahrt aus der
auf Stahl minimiert Reibungsverluste. Züge haben       Neubaustrecke zwischen Bern und Olten rechtzeitig
einen tiefen Luftwiderstand pro transportierter Per-   von 200 km/h elektrisch auf 160 km/h, produziert der
son. Schwere Batterien sind unnötig. Beim Bremsen      Zug 82 Kilowattstunden Strom. Das ist so viel Strom,
freiwerdende Energie kann in Strom umgewandelt         wie ein typischer Haushalt in einer Woche verbraucht
und ins Netz eingespeist werden (Rekuperation).        oder ein Solarpanel (1 m2) in einem halben Jahr er-
Elektromotoren haben einen hohen Wirkungsgrad.         zeugt», sagt Halder.
Der Bahnstrom in der Schweiz stammt zudem zu               Geschult werden auch die Disponenten. Um ener-
rund 90 Prozent aus Wasserkraft.                       gieeffizient fahren zu können, ist die Kommunikati-
     Also: Schon heute ist der Schienenverkehr         on zwischen Betriebsleitzentrale und Lokführenden
äusserst energieeffizient und klimaschonend. Das       entscheidend. Ineffiziente Stopps vor roten Signalen
heisst aber nicht, dass das Ende der Fahnenstange      lassen sich vermeiden, wenn das Tempo frühzeitig ge-
erreicht ist. Mit ihrem Energiesparprogramm will die   drosselt wird. Eine eigens entwickelte Software unter-
SBB ihren Energie- und Leistungsbedarf bis 2025        stützt die Betriebsleitzentrale für die «richtigen» Tipps
um 20% gegenüber 2008 senken und ihre Züge             an die Lokführerinnen und -führer im Führerstand.
ausschliesslich mit Strom aus erneuerbarer Energie     Diese Software «denkt» die Energieeffizienz mit.
betreiben. Die SBB ist überzeugt: Was effizient ist,
kann noch effizienter werden.
                                                       Beispiel: Software vor Hardware
                                                       Sollen Fahrzeuge auf Energieeffizienz getrimmt wer-
Beispiel: Energiesparend fahren                        den, gilt meist «Software ist billiger als Hardware.»
Ein wirkungsvoller Hebel für mehr Energieeffizienz     Es ist einfacher, Verbraucher optimierter zu steuern
sind Schulungen. Sie setzen weder am kalten Metall     als gleich ganze Loks auseinanderzunehmen und
noch an elektronischen Schaltkreisen an und lassen     energieeffiziente Komponenten einzubauen. Klar,
sich günstig umsetzen. «Der Faktor Mensch ist in der   zwischen Software und Hardware bestehen gegen-
täglichen Arbeit zentral», unterstreicht SBB-Mann      seitige Abhängigkeiten, die nicht immer voneinander

18                                                                                        G ELBE SERI E N R. 34
Abb. 11: Der Fernverkehr ist zwar schon heute effizient unterwegs, aber weitere Einsparungen sind noch
möglich. (Quelle: © SBB CFF FFS)

zu trennen sind. Grundsätzlich lohnen sich umfang-        ganze Nacht hindurch geheizt, damit sie die erste
reichere technische Energieeffizienz-Optimierungen        Morgenfahrt mit angenehmer Raumtemperatur un-
vor allem im Rahmen von Refit-Programmen und              ter die Räder nehmen konnten. Heute hingegen sind
Neubeschaffungen. Das bis 2014 umgesetzte Refit           die Heiz- und Klimaanlagen im Schlummerbetrieb,
der EuroCity-Reisezugwagen brachte jährliche Stro-        sobald der Zug abgestellt ist. Bei einem schlummern-
meinsparungen von 6’700 Megawattstunden. Die              den Zug beträgt die Innentemperatur nur noch 10° C
Energiekosten des Personenverkehrs werden damit           bis 12° C als Frostschutz. Zusätzlich werden alle nicht
um 800’000 Franken pro Jahr reduziert.                    nötigen technischen Geräte abgeschaltet.
                                                              Insgesamt spart die SBB heute mit den Fahr-
                                                          zeug-Optimierungen bei Heizung, Lüftung und Kli-
Beispiel: Optimal belüften                                ma rund 48’000 Megawattstunden pro Jahr. Dies
Heizen, Lüften und Klimatisieren sind neben dem do-       entspricht dem Stromverbrauch von rund 12’000
minierenden Antrieb zusätzliche Energieverbraucher        typischen Haushalten.
eines Personenzugs. Der Energieverbrauch von Kli-
maanlagen lässt sich etwa mit CO2-Sensoren senken,
indem die Aussenluftmenge der effektiven Passagie-        Beispiel: Kraftwerke auf Rädern
ranzahl angepasst wird. Die SBB rüstet zum Beispiel       Alle elektrischen Lokomotiven und Triebzüge der SBB
die ICN-Fahrzeuge entsprechend auf.                       können beim Bremsen Strom erzeugen, der wieder
     Die CO2-Sensoren in den einzelnen Wagen erfas-       ins Netz eingespeist werden kann (Rekuperation).
sen die Luftqualität. Unterschreitet diese ein bestimm-   Angestrebt wird, möglichst viel Bremsenergie nutzen
tes Mass, passen die Klimaanlagen den Aussenluft-         zu können. Hier setzen Massnahmen an, die die Lok-
strom automatisch an. So wird weniger Energie zum         führerinnen und -führer beim Einsatz der elektrischen
Heizen oder Kühlen eingesetzt als wenn die Lüftung        Bremse unterstützen. So wurde das Bremsblending
auf die maximal mögliche Passagierzahl ausgerichtet       beim Intercity Neigezug ICN und beim Doppelstock-
wäre. Mit der auf die Passagierzahl ausgerichteten        triebzug DTZ der Zürcher S-Bahn angepasst. Der im
Luftsteuerung wird die SBB alleine bei den ICN-Fahr-      Regional- und Fernverkehr eingesetzte Regio-Dos-
zeugen rund 3000 MWh pro Jahr einsparen.                  to-Zug weist zudem eine weitere mechanische Neu-
     Aber auch weggestellte Züge verbrauchen Ener-        erung auf: Das Lokpersonal merkt durch eine kleine
gie. Früher wurde ein Teil der älteren Wagen die          Raste, wo der Übergang vom elektrischen zum pneu-

G E L B E S E R I E NR . 3 4                                                                                  19
Abb. 12: ADL-Anzeige im Führerstand. (Quelle: © SBB CFF FFS)

matischen Bremsen liegt. So können die Lokführerin-      bei Offertstellungen Energieeffizienzanreize gesetzt
nen und -führer die elektrische Bremse noch geziel-      werden können. Aktuell läuft eine Weiterentwick-
ter einsetzen und ihr Zugpferd als Kraftwerk wirken      lung und Umwandlung in die Europäische Norm EN
lassen.                                                  50591. Die SBB ist daran aktiv beteiligt und bringt
                                                         ihre Erfahrungen aus den letzten Beschaffungspro-
                                                         jekten für eine branchenweite Lösung ein.
Beispiel: Ausschreibungen – über Effizienz
selektionieren
Bei Neubeschaffungen sollte die Energieeffizienz         Innovation: ADL – grüne Welle im Bahnverkehr
künftig eine noch stärkere Bedeutung erhalten. Statt     Die adaptive Lenkung (ADL) dient als Software-Ver-
auf die Industrie zu warten, geht die SBB aktiv vor:     bindung zwischen Disponenten und Lokführenden.
Sie definiert eine für den Zugseinsatz typische Refe-    Ihr Zweck: eine an die Betriebssituation angepasste
renzstrecke und lädt die Schienenfahrzeughersteller      Lenkung der Züge. ADL baut auf dem bestehenden
dazu ein, den Energiebedarf auf dieser Strecke für die   Rail Control System (RCS) der SBB auf, das für den Di-
offerierten Züge anzugeben.                              sponenten in Echtzeit den gesamten schweizerischen
    Der Energiebedarf dient als zusätzliches Kriterium   Verkehrsfluss auf der Schiene abbildet. Es deckt Kon-
für den Beschaffungsentscheid. Damit erhalten die        flikte auf und liefert Lösungen zu deren Vermeidung.
Hersteller einen Anreiz, möglichst effiziente Züge zu    Die ADL-Software sendet dafür Geschwindigkeits-
offerieren. Bei der Abnahme des neuen Zugs wird der      empfehlungen in den Führerstand.
Energiebedarf auf der definierten Strecke gemessen.           Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Lokführe-
So lassen sich die Energieangaben des Herstellers in     rinnen und -führer erhalten Informationen, die sie für
der Praxis überprüfen. Werden die Energie-Verspre-       eine vorausschauende Fahrweise nutzen können. So
chungen nicht eingehalten, muss nachgebessert wer-       werden unnötige Halte vor roten Signalen und ener-
den oder der Hersteller hat für den Energiemehrbe-       giefressendes Bremsen und Wiederbeschleunigen
darf aufzukommen.                                        vermindert. Gleichzeitig verbessern sich Pünktlich-
    Die von der SBB angewandte Methodik ist in der       keit und Fahrkomfort. Mit ADL will die SBB jährlich
Norm «TecRec 100_001» des Internationalen Eisen-         bis zu 72’000 Megawattstunden Strom sparen. Das
bahnverbandes (UIC) und des Verbands der euro-           entspricht dem Stromverbrauch von 18’000 Haushal-
päischen Bahnindustrie (UNIFE) eingeflossen. Diese       ten oder 60-mal der Stromproduktion der Fotovol-
Beschaffungsnorm definiert die Art und Weise, wie        taik-Anlage auf dem Stade de Suisse in Bern.

20                                                                                        G ELBE SERI E N R. 34
Effizienz-Treiber

Sich vertieft mit Energieeffizienz auseinanderzuset-      «TOP-Programm Energiesparen» ins Leben gerufen.
zen, kann viele verschiedene Gründe haben. Zu den         2016 werden bereits 235’000 Megawattstunden
wichtigsten gehören:                                      Energie eingespart. Massnahmen im Umfang von
                                                          540’000 Megawattstunden per 2025 sind identifi-
                                                          ziert oder in Umsetzung, womit das Ziel übertroffen
Energieeffizienz rechnet sich                             würde.
Energieeffizienz rechnet sich. Christian Florin, stell-        Oder: Auch städtische Regierungen sind aktiv
vertretender Direktor und Leiter Infrastruktur bei der    und verpflichten ihre Transportunternehmer zu ei-
RhB, ist überzeugt: «Eine zukunftsorientierte Nach-       nem effizienten Umgang mit Energie. Zum Beispiel
haltigkeit und ein effizienter Einsatz von Energie ist    Zürich: Im Rahmen ihrer 2000-Watt-Strategie will die
für die RhB auch ein wirtschaftlicher und finanziel-      Stadt den motorisierten Individualverkehr reduzieren
ler Faktor.» Energieeffizienz ist bei der RhB deshalb     und gleichzeitig dem steigenden Mobilitätsbedürfnis
schon seit geraumer Zeit ein wichtiges Thema. In den      Rechnung tragen. Die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ)
Rechnungen der Energielieferanten sind die Energie-       setzen dabei auf eine Zweifachstrategie: den Ausbau
sparmassnahmen erkennbar.                                 des Tramnetzes und den vermehrten Einsatz von Trol-
                                                          leybussen. So sollen etwa die Dieselbusse der Linien
                                                          80 und 69 aufgrund der grossen Nachfrage durch
Energieeffizienz dank Strategievorgaben                   Doppelgelenk-Trolleybusse ersetzt werden.
Sowohl auf Bundes- und Kantonsebene wie auch auf
lokaler Ebene beeinflussen die strategischen Vorga-
ben von Eignern und Unternehmen den Umgang mit            Energieeffizienz dank Know-how
Energieeffizienz stark.                                   Energieeffizienz wird künftig eine gewichtigere Rolle
    So schreibt der Bundesrat in seinen strategischen     spielen als heute. Wer auch künftig mit dabei sein
Zielen der SBB unter anderem Effizienzsteigerungen        will, muss sich das nötige Know-how erarbeiten.
im Bahnstromverbrauch vor. Deshalb hat sich die           Welche Technologie sich zum Beispiel bei den Bussen
SBB das ambitionierte Ziel gesetzt, bis 2025 rund         durchsetzen wird, ist noch unklar. Daher baut PostAu-
600’000 Megawattstunden Energie einzusparen und           to mit verschiedenen Pilotprojekten Know-how auf.
die Energiekosten um 70 Millionen Franken jährlich        «Wir wollen für die Zukunft gewappnet sein», sagt
zu reduzieren. Dazu hat das Unternehmen 2012 das          die für neue Fahrzeugtechnogien zuständige Niko-

G E L B E S E R I E NR . 3 4                                                                                21
Sie können auch lesen