87 AUFBLÜHEN - Citykirche

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87 AUFBLÜHEN - Citykirche
D A S M A G A Z I N D E R E VA N G .- L U T H . I N N E N S TA D T G E M E I N D E N S T. E G I D I E N , S T. J A K O B , S T. L O R E N Z & S T. S E B A L D

                                                                                                                                                  87.
                                                                                                                                                  AUSGABE

                                                                                               APRIL & MAI 2021

   AUFBLÜHEN
87 AUFBLÜHEN - Citykirche
Themenübersicht

                                                                                                                                                                                                Hannes Schott
                                                                                                        EDITORIAL

                                                                                                        Liebe Leserin, lieber Leser,

                                                                                                        „Wenn der Frühling ins Land zieht, wäre es       diesem Corona-Winter. Ich hätte mich sonst       zur „Essbaren Stadt“ und dem „Arbeitskreis
                                                                                                        eine Beleidigung der Natur, nicht einzustim-     nie als stimmungsabhängig von den Jahres-        Schöpfung“ machen Ihnen Lust, sich für die
                                                                                                        men in ihr Jauchzen." (John Milton)              zeiten bezeichnet und wenn ich nach meiner       Natur zu engagieren.
Pfingstplopper                        Die Essbare Stadt stellt sich vor        Digitale Theologie?                                                       Lieblingsjahreszeit gefragt worden wäre, hät-    Wir haben insgesamt in diesem Heft viele
                                                                                                        Sehr gerne habe ich diesem Jahr in das           te ich das Gute in allen Jahreszeiten heraus-    frühlingshafte Artikel versammelt, die in Ih-
Seite 6                               Seite 16                                 Seite 30                 Jauchzen eingestimmt. In vielem war mir          gestellt, aber besonders den Herbst und den      nen vielleicht etwas aufblühen lassen: bei-
                                                                                                        wochenlang mehr zum Klagen und Seufzen           Winter gelobt.                                   spielsweise zu Ostern und Pfingsten und
                                                                                                        zumute – aber dann ...                                                                            deren Verbindung zur Natur. Aber auch zu
                                                                                                                                                         In diesem Jahr ist der Frühling auf jeden Fall   Menschen, die aufblühen. Außerdem verraten
                                                                                                        Es war am ersten frühlingshaften Tag, als        meine Lieblingsjahreszeit und ich genieße        unsere Redaktionmitglieder, was ihre Lieb-
                                                                                                        ich mit meinem Fahrrad bei Sonnenschein          jede Sekunde. Zuzuschauen, wie mit dem           lingspflanzen sind.
          Leitthema: „Aufblühen“                        33 Kirchgeld 2021
                                                                                                        eine kleine Tour machen konnte. Die Son-         Frühling wieder sichtbar Leben in die Natur
          3   Editorial                                 34 Neue geistliche Blüte                        ne glitzerte auf dem Wasser vom Fluss, die       kommt, schenkt mir Hoffnung, dass die Welt       Das Redaktionsteam der Citykirche wünscht
                                                                                                        Vögel zwitscherten und die Menschen, de-         nach Corona wieder voller Leben und Norma-       Ihnen möglichst viele Frühlingserfahrungen
          4   Blühen und Wachsen                        35 Neu im LoLa: Stephanie Betz
                                                                                                        nen man begegnete, strahlten trotz Mund-         lität sein wird.                                 bei der Lektüre, aber natürlich auch in Ihrem
          6   Pfingstplopper                                                                            Nasen-Schutz. Die Sonnenstrahlen wärm-                                                            gesamten Leben!
                                                                                                        ten mich, blendeten mich manchmal und ich        Auch wenn ich noch ein paarmal die Win-
          8   Wenn Menschen aufblühen                   Gottesdienste, Führungen,
                                                                                                        fühlte mich so leicht und froh, wie schon lan-   terjacke wieder aus dem Schrank holen
          10 Einen Baum umarmen                         Gruppen, Kreise & Termine                       ge nicht mehr.                                   musste, zehre ich weiter von meinen ers-         Ihr
                                                        34 Innenstadtgottesdienste und Führungen                                                         ten frühlingshaften Ausflügen des Jahres
          12 Blühende Leidenschaften
                                                                                                        Das war der Tag, an dem ich richtig aufge-       und plane viele weitere. Vielleicht motivie-
                                                           im Überblick
          14 Aufblühen mit dem Oberbürgermeister                                                        blüht bin.                                       ren Sie ja z. B. unsere Artikel zu den He-
                                                        36 Gruppen und Kreise im Überblick                                                               speritengärten und dem Jakober Gärtla, um
          16 Die Essbare Stadt stellt sich vor
                                                                                                        Noch nie war ich so bedürftig nach Sonne,        grüne Inseln in Ihrer Umgebung zu entde-
                                                        38 Kirchenmusik
          19 Himmelfahrt                                                                                nach Natur, nach Außenaktivitäten, wie nach      cken und wahrzunehmen. Oder die Artikel          Pfarrer Hannes Schott aus St. Jakob
                                                        39 Ökumenische Veranstaltungen
          20 Bibelgarten im Lorenzer Pfarrhof
                                                        40 Termine im April und Mai
          22 Der Wald und die Gier
          24 Das Jakobsgärtla
                                                        Aktuelles aus den Gemeinden                                                                                                                                           Innerer Laufer Platz 6-8
          26 Hesperidengärten
                                                        54 Neues aus St. Jakob                       Helgert & Rieger                               Hörgeräteakustik                                                          am Laufer Schlagturm

                                                        56 Neues aus St. Lorenz                                                                                                                                               (0911) 530 68 64
          Nachrichten aus der Innenstadt                                                                                                                                                                                             mail@heriho.de
                                                        58 Neues aus St. Egidien & St. Sebald
          28 St. Lorenz macht (sich) auf
                                                        62 Ansprechpartner, Adressen & Impressum                                                                                                                                  www.heriho.de
          30 Digitale Theologie?
                                                        67 Freunde der Citykirche
          33 Kirchenmusik St. Sebald
                                                                                                                                                                                                                                     Öffnungszeiten:
                                                        Titelbild: iStockphoto.com                                                                                                                                                   Montag bis Freitag
                                                                                                                                                                                                                                        9.00 bis 13.00 Uhr
                                                                                                                                                                                                                                      14.00 bis 18.00 Uhr

                                                        2                                                  H ö r e n . V e r s t e h e n . D a s L e b e 3n g e n i e ß e n .
87 AUFBLÜHEN - Citykirche
BLÜHEN UND WACHSEN                                                                                                                                            BLÜHEN UND WACHSEN

                         Blühen und Wachsen
                         Im Frühling feiern wir das Osterfest. In der Jahreszeit, in der
                         die Welt lebendig wird, in der die Blumen Blüten treiben und
                         die Bäume bunt werden.

                         Es scheint, als solle die ganze Natur im Früh-   Jede wachsende Pflanze, blühende Blume                  Paul Gerhardt hat das (in EG 503 „Geh aus,
                         ling zu einem Symbol für das werden, was wir     und jeder knospende Baum verweist somit                 mein Herz, und suche Freud“) wunderbar be-
                         Christen an Ostern feiern: den Sieg über den     auf das Karfreitags- und Ostergeschehen –               schrieben:
                         Tod, den Sieg des Lebens.                        und von denen gibt es momentan ganz viele
                                                                          zu entdecken.                                           Mach in mir deinem Geiste Raum,
                         Was im Winter in der Natur so ruhig und wie                                                              daß ich dir werd ein guter Baum,
                         tot dalag, das lebt nun wieder.                  Ich will mich von der Natur anstecken lassen            und laß mich Wurzel treiben.
                                                                          und nach dem schwierigen Winter der Coro-               Verleihe, daß zu deinem Ruhm
                         Tod und Auferstehung Jesu werden auch in         na-Zeit selbst aufblühen.                               ich deines Gartens schöne Blum
                         der Bibel mit Beispielen aus der Natur ver-                                                              und Pflanze möge bleiben.
                         glichen: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch:     Es ist wohl kein Zufall, dass der auferstandene
                         Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt      Jesus als Gärtner bezeichnet wird (Joh 20,15) –
                                                                                                                                                          Text:
                         und erstirbt, bleibt es allein; wenn es aber     sodass ich mein Blühen und Wachsen in seine
                                                                                                                                                          Hannes Schott
                         erstirbt, bringt es viel Frucht.“ (Joh 12,24).   Hände legen kann.                                                               Artikelfotos:
                                                                                                                                                          iStockphoto.com

                                                                                                        Bestattungs- und Überführungsinstitut

                                                                                                                                                     Rummel
                                                                                                                                                      BESTATTERMEISTER
                                                                                                                                                      Jederzeit erreichbar
                                                                                                                                                      Alle mit einem Sterbefall
                                                                                                                                                      verbundenen Angelegenheiten
                                                                                                                                                      erledigen wir zuverlässig und
                                                                                                                                                      vertrauensvoll aus einer Hand.
                                                                                                              Mitglied des
                                                                                                          “Landesfachverbandes                              Tel.:0911 / 83 17 87
                                                                                                     Bestattungsgewerbe Bayern e.V.”
                                                                                                                                                            Fax: 0911 / 83 25 270
                                                                                                     Burgschmietstraße
                                                                                                     Oedenbergerstr. 4941– 43                         Fischbacher Hauptstraße 185
                                                                                                     90491 Nürnberg
                                                                                                     90419 Nürnberg                                               90475 Nürnberg
                                                                                                     www.bestattungen-rummel.de                         Email: rummel@maxi-dsl.de
                                                                                                             T H A N AT O P R A K T I K E R   VOM   HANDWEWRK GEPRÜFT

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87 AUFBLÜHEN - Citykirche
PFINGSTPLOPPER                                                                                                                                                                                         PFINGSTPLOPPER

Pfingstplopper
Diese Narzissen, die ab Mitte Februar überall in großen Kartons he-
rumliegen, heißen in meiner Familie „Osterplopper“.

Den Namen bekamen sie, als die Kinder noch klein waren und wir
es ein paarmal erlebt haben, dass die Blüten beim Aufgehen ihre
pergamentartige Hülle mit einem deutlich hörbaren „Plopp“ spreng-
ten, um sich dann in Windeseile aufzuplustern. Was für eine Kraft
in diesen (und anderen) Blüten steckt.

                                                                      Von der Jahreszeit her ist das große Aufblühen    im wahrsten Sinne des Wortes mit Energie          Zugegeben, die Bilder der Pfingstgeschichte
                                                                      an Pfingsten vorbei. Was nach dem trüben          und Leben erfüllt.                                sind noch dramatischer, als die aufploppen-
                                                                      Winter unsere Begeisterung erweckt hat, ist                                                         de Narzisse: das Brausen vom Himmel, die
                                                                      an Pfingsten passé. Aber das Thema „Aufblü-       Gibt es ein überzeugenderes Bild für das          Feuerzungen, der Geist der Freude und Kraft.
                                                                      hen“ ist auch nach Ostern noch lange nicht        Aufblühen von Menschen, als dieser Haufen         Aber dass es Gott darum geht, mich aufblühen
                                                                      vorbei. Aufblühen mit Power, mit Plopp, das ist   der Anhänger Jesu, die sich verstört, trau-       zu lassen, mich in meiner unverwechselba-
                                                                      Pfingsten (und wer weiß, vielleicht verwandelt    rig, angefochten und mutlos durch ihre Tage       ren Sprache sprechen zu lassen, mich durch
                                                                      sich ja auch die Kugelknospe der Pfingstrose      schleppend plötzlich (mit Plopp) voller Selbst-   seinen unkonventionellen Geist in das Kraft-
                                                                      mit einem Plopp in ihre betörende Fülle).         bewusstsein und Kraft vor die Menschen stel-      feld seiner Liebe hineinzuholen, das lässt sich
                                                                      Seit ich das erste Mal bewusst über Pfingsten     len und die Predigten ihres Lebens halten, um     schon auch am kräftigen Aufblühen der Natur
                                                                      nachgedacht habe, wundere ich mich schon,         dann voller Energie, Freude und Kraft aufzu-      erleben und verdeutlichen.
                                                                      dass dieses Fest nicht noch viel populärer ist.   brechen und Gottes Menschenfreundlich-
                                                                      Es würde doch so gut in unsere Zeit passen,       keit in die Welt zu rufen? So was kennt man       Bonhoeffer schreibt zu Pfingsten 1944: „wir
                                                                      in der ansonsten so viel über „Resilienz“ oder    höchstens von Zeichentrickfilmen: in Windes-      beherbergen gewissermaßen Gott und die
                                                                      „Empowering“ nachgedacht wird. Für mich           eile bekommen Menschen Anschluss an nie           ganze Welt in uns.“ Gottes Geist steuert die-
                                                                      war Pfingsten immer schon wild: krachende         dagewesene und nie versiegende Kraft! Ste-        se Kraftpotenzial in unserem Leben und lässt
                                                                      Geburtsstunde der Kirche, ein Fest des Geis-      cker rein und… Plopp!                             uns aufblühen, wenn wir ihn lassen.
                                                                      tes, der jeden der 365 Tage des Kirchenjahres

                                                                                                                                                                                               Text:
                                                                                                                                                                                               Jan Martin Depner
                                                                                                                                                                                               Artikelfotos:
                                                                                                                                                                                               iStockphoto.com

                                                    6                                                                                       7
87 AUFBLÜHEN - Citykirche
WENN MENSCHEN AUFBLÜHEN                                                                                                                                                                  WENN MENSCHEN AUFBLÜHEN

                                                                                                                         Alexander* ist heute 28. Leicht hatte er es     frühere Freundinnen mit ihr spazieren ge-
                                                                                                                         nicht als Jugendlicher. Seine Eltern haben      hen wollten, lehnte sie ab. Als ihr Sohn vor-
                                                                                                                         ihn zwar nach Kräften unterstützt, aber in      schlug, nach Norddeutschland zu ziehen,
                                                                                                                         der Schule ging es ihm nicht gut. Lernen        um in seiner Nähe zu leben, wollte sie nicht.
                                                                                                                         war nicht „sein Ding“ und Freunde hatte er      Schließlich fasste sie Mut und besuchte eine
                                                                                                                         nur wenige. Dann begann die Abwärtsspi-         Trauergruppe. Nach und nach öffnete sie sich
                                                                                                                         rale: Schlechte Noten, sitzen bleiben, keine    und lernte, über ihre Trauer und Einsamkeit
                                                                                                                         Lust mehr auf Schule. Mit Ach und Krach         zu sprechen. Und lernte auch, den anderen
                                                                                                                         bekam er irgendwann den Mittleren Schul-        zuzuhören und zu erfahren, wie sie mit ihrer
                                                                                                                         abschluss hin – aber das war es dann auch.      Trauer leben und wie sie die Trauer überwin-
                                                                                                                         Eine Lehre im Bereich Technik brach er nach     den.
                                                                                                                         einem Jahr ab. Und begann im Einzelhandel.
                                                                                                                         Seinem Chef war er zu unzuverlässig – ihm       Diese Gespräche gaben ihr Kraft. Barbara
                                                                                                                         wurde gekündigt. Fast zwei Jahre lebte er nur   fasste neuen Lebensmut. Drei Jahre nach
                                                                                                                         in den Tag hinein, ohne Perspektive. Seine      dem Tod ihres Mannes traf sie dann den
                                                                                                                         Eltern verzweifelten.                           Entschluss: Ich beginne noch einmal etwas
                                                                                                                         Dann passierte ein Wunder. Mit den Eltern       Neues. Der Umzug nach Norddeutschland
                                                                                                                         fuhr Alexander für eine Woche Urlaub in ein     war ein großer Einschnitt. Im Rückblick sagt
                                                                                                                         Hotel im Bayerischen Wald. Aufmerksam be-       sie: Diese Entscheidung hat mein Leben ge-
                                                                                                                         obachtete er das Geschehen an der Rezep-        rettet. Ich habe die schweren Jahre hinter mir
                                                                                                                         tion, im Restaurant und im gesamten Hotel-      gelassen und auch die Stadt, wo mich jeder
                                                                                                                         betrieb. Er fasste sich ein Herz und sprach     Schritt und Tritt an meinen Mann erinnert.
                                                                                                                         den Besitzer an, ob er hier eine Ausbildung     In ihrem neuen Leben hat sie erstaunlich
                                                                                                                         anfangen könne. Nach einem längeren Ge-         schnell Fuß gefasst. Jede Woche hat sie ihre
                                                                                                                         spräch sagte dieser zu.                         beiden Enkelkinder einen Tag bei sich. Im
                                                                                                                                                                         neuen Haus hat sie sehr schnell Kontakt zu
                                                                                                                         Alexander steht mittlerweile kurz vor der Ab-   anderen Mitbewohnerinnen gefunden und
                                                                                                                         schlussprüfung. Er ist wie verwandelt. Die      sich auch schon einer Wandergruppe ange-
                                                                                                                         Ausbildung begeistert ihn. Mit den Mitar-       schlossen. Barbara ist aufgeblüht. Sie wirkt
                                                                                                                         beitenden im Hotel und den Gästen versteht      viel jünger, obwohl sie schon auf die 70 zu-
                                                                                                                         er sich blendend. Und eine Zusage für den       geht. Letzte Woche hat sie sich ein E-Bike
                                                                                                                         Arbeitsplatz nach der Prüfung hat er schon –    gekauft. Der Sommer kann kommen, sagt sie.
                                                                                                                         trotz Corona! Wer ihm begegnet, sieht einen
                                                                                                                         glücklichen jungen Mann. Wie aufgeblüht.        * Namen von der Redaktion geändert.

                                                                                                                         Alexander hat „sein Ding“ gefunden, wie er
                                                                       Menschen werden geboren, reifen dann vom          selber sagt. Und strahlt.
                                                                       Säugling zum Kind, von der Jugend über die                                                                           Text:
                                                                       Lebensmitte bis zum Alter – und sterben. Das      Barbara* hat ihren Mann über fünf Jah-                             Annette Lichtenfeld
                                                                                                                                                                                            Artikelfoto:
                                                                       ist der Lauf der Dinge, wenn alles gut geht.      re lang gepflegt. Mit 55 Jahren hatte er ei-
                                                                                                                                                                                            iStockphoto.com

 Wenn Menschen aufblühen
                                                                       Aber nicht immer geht alles gut. In fast jedem    nen Schlaganfall bekommen, aus heiterem
                                                                       Leben gibt es Brüche, Krisen oder Verluste.       Himmel. Sie kündigte ihre Arbeitsstelle und
                                                                       Dann fühlt man sich wie verdorrt, wie erstarrt,   war ganz für ihn da.
                                                                       ohne Saft und Kraft. Und hat das Gefühl: Das      Kaum etwas ande-
                                                                       Leben außen um mich herum geht weiter,            res gab es in diesen
  Blumen blühen auf. Das gehört zu ihrer Natur, es geschieht wie von   aber an mir geht es vorüber.                      Jahren noch für sie,
  selbst: Eine Knospe entsteht und wächst und wird größer und dann                                                       Tag und Nacht war
  öffnet sie sich nach und nach zur vollen Blüte.                      Dabei muss es nicht bleiben, Gott sei Dank.       sie für ihren gelieb-

                                                                                                                                                                         Ja
                                                                       Die meisten Menschen finden Wege aus ih-          ten Mann da. Keine
                                                                       rer schweren Krise. Und leben danach an-          Zeit blieb für Freun-
  Können Menschen auch aufblühen? Geschieht das auch wie von
  selbst?
                                                                       ders als vorher. „Ich kann wieder blühen“, sagt   de oder Hobbys. Als       Schöner
                                                                       mir eine Frau nach schweren Jahren. Und sie
                                                                       ist sichtlich aufgeblüht, auch äußerlich. Eine
                                                                                                                         er dann starb, war
                                                                                                                         sie untröstlich und       sagen!
                                                                       Freude, das miterleben zu dürfen.                 vergrub sich immer
                                                                                                                                                   Inspiration für
                                                                       Aufblühen nach Zeiten der Dürre, das gibt         mehr in ihrer Woh-
                                                                                                                                                   Ihre Hochzeitstorte:
                                                                       es immer wieder. Ich kenne Menschen, die          nung und in ihrer         neef-confiserie.de
                                                                       das erlebt haben.                                 Einsamkeit. Wenn

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NAT URMEDITATION                                                                                                                                                                   NAT URMEDITATION

                                                                                                      Gehen Sie nach draußen, in den Wald, auf die Wiese, und nehmen Sie sich mindestens 20

Einen Baum umarmen                                                                                    Minuten Zeit für diese Naturmeditation.

                                                                                                      Schritt 1 (silencio):                             Schritt 4 (oratio):
                                                                                                      Versuchen Sie, ganz in der Gegenwart zu sein.     Wenden Sie sich an Gott. Wie auch immer.
                                                                                                      Sitzen ist gut. Werden Sie still und bitten Sie   Sagen Sie ihm, was Sie fühlen und denken.
Vor einigen Jahren wurde ich gebeten, nach draußen zu gehen und dort mit einem Baum gemeinsam         Gott, Ihnen in den nächsten Minuten zu be-        Vermeiden Sie, zu reflektieren oder zu beur-
zu beten. Geht’s noch? Ich dachte, ich sei im falschen Film. Die Aufforderung kam von einer meiner-   gegnen.                                           teilen. Alles ist erlaubt, nichts muss erklärt
seits eigentlich sehr geschätzten Ordensschwester. Sollte ich das Seminar verlassen? Wir sind doch                                                      werden.
                                                                                                      Schritt 2 (lectio):
in der evangelischen Kirche!
                                                                                                      Schauen Sie sich um! Vielleicht gehen Sie         Schritt 5 (contemplatio):
                                                                                                      ein paar Schritte und betrachten Ihr Umfeld       Ruhen Sie sich in Gottes Armen aus, reflek-
                                                                                                      sorgsam. Seien Sie aufmerksam dafür, dass         tieren Sie, was die letzten Minuten mit Ihnen
                                                                                                      ein Teil der Natur seine Aufmerksamkeit auf       gemacht haben. Vielleicht können Sie sich
Inzwischen habe ich Einzelne und Gruppen           eben zu genießen, selbst Teil der Schöpfung zu     sich zieht. Das kann etwas Zauberhaftes oder      Gott ja ganz weit öffnen, über Formulierungen
selbst schon öfters zum Meditieren oder Spre-      sein. Meine Unterhaltungen mit Bäumen liefen       Abstoßendes sein. Vielleicht entdecken Sie et-    und Gedanken hinaus. Idealerweise ist dieser
chen mit Bäumen nach draußen geschickt. Oft        bisher nie so, dass der Baum mir geantwor-         was, das Ihnen Energie gibt. Nehmen Sie sich      Schritt ein Gebet ohne Worte, voller Dankbar-
mit erstaunlichen Rückmeldungen. Nicht erst        tet hätte. Aber oft schon hat er mir geholfen,     Zeit, es still und ohne weiter nachzudenken       keit und Freude. Sonnen Sie sich in der Freude
seit Franz von Assisi wissen wir, dass die Natur   neue Perspektiven zu entdecken und sicher          anzuschauen. Sie dürfen ruhig starren. Und        darüber, wie Ihre menschliche Natur mit der
uns zu Gott ziehen kann. Der Streit, ob Gott       Geglaubtes zu hinterfragen.                        stellen Sie sich vor, Gott schaut mit Ihnen auf   Natur und mit Gott Gemeinschaft hatte.
sich neben seinem Wort auch sonst noch zu                                                             dasselbe Ding, denselben Ausschnitt.
erkennen gibt, ist im 21. Jahrhundert meistens     Hier will ich heute eine Art der Naturmedita-                                                        So weit diese Methode. Vielleicht muss man
ausgestanden, und es hat sich die Erkenntnis       tion vorstellen. Sie ist an eine alte geistliche   Schritt 3 (meditatio):                            sie ein wenig üben, bevor sie aufblüht.
durchgesetzt, dass wir uns heutzutage viel zu      Übung, der „Lectio divina“ angelehnt (daher die    Bleiben Sie bei diesem einen Teil oder Aus-       Viel Spaß!
oft als „von der Natur getrennt“ denken und        lateinischen Bezeichnungen der Schritte). Die-     schnitt; jetzt darf das Denken mit dazukom-
erleben. Dabei sind wir doch Teil der Schöp-       se Methode ist eigentlich für die Betrachtung      men. Gibt es eine Verbindung zu Ihrem Leben,                           Text:
                                                                                                                                                                             Jan Martin Depner
fung, und in der Natur zu beten hilft uns, mit     der Schrift gedacht, aber sie funktioniert auch    jetzt in diesem Augenblick? Achten Sie auf                             Artikelfotos:
unserer menschlichen Natur ganz frisch in          mit der Natur als Lesestoff, um die Großartig-     Gedanken und besonders auch: auf Gefühle!                              iStockphoto.com
Kontakt zu treten und unsere Einzigartigkeit       keit der Natur, Gott in der Natur und uns selbst   Spricht Gott vielleicht gerade zu Ihnen, was
und Gott-Ähnlichkeit zu spüren, aber es auch       als großartigen Teil der Natur zu meditieren.      diese Begegnung mit der Natur betrifft?

                                                                            10                                                11
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BLÜHENDE LEIDENSCHAF TEN                                                                                                                                                                                              BLÜHENDE LEIDENSCHAF TEN

Blühende
Leidenschaften
Welche Pflanze für unsere Redaktionsmitglieder
eine besondere Bedeutung hat
Artikelfotos: iStockphoto.com

                                                                                                                          ANNE T TE LICHTENFELD

                                                                                                                          Kornblume

                                                                                                                          Die Kornblume ist meine Lieblingsblume. Ich liebe ihr leuchten-
                                                                                                                          des Blau in sommerlich wogenden Kornfeldern. Durch Über-
                                                                        BRIGIT TE WELLHÖFER                                                                                                                  MATE JA MA JERLE
                                                                                                                          düngung der Felder ist sie leider sehr selten geworden. Wo sie
                                                                        Gerbera                                           aber aufblüht, zeigt sie ein (wieder) gesünderes Bodenklima                        Mohnblumen
                                                                                                                          an und erfreut mein Herz.
                                                                        Ich verbinde mit der Gerbera die Er-                                                                                                 Das Basteln von kleinen Prinzes-
                                                                        innerung an meine Mutter. Blumen                                                                                                     sinnen aus den noch geschlosse-
                                                                        kaufen war bei uns immer großer                                                                                                      nen Mohnblumen ist für mich eine
                                                                        Luxus, aber zu ihrem Geburtstag                                                                                                      meiner liebsten sommerlichen Kind-
                                                                        hat sie sich orangefarbene Gebera                                                                                                    heitserinnerungen.
                                                                            gewünscht und auch bekommen.

        JAN MAR TIN DEPNER

        Frangipani

        Ein Baum, Inbegriff Asiens, wunderbar
        knochig-knorpelig, hat duftende Blüten,
        die er üppig lange um sich wirft …

                                                                                                               WOLFGANG HEILIG-ACHNECK

                                                                                                               Enzian

                                                  HANNES SCHOT T                                               Berge faszinieren mich, und der Enzian ist da für mich ein
                                                  Oregano                                                      Symbol. Ein ambivalentes allerdings, denn das Blümchen
                                                                                                               wurde doch auch für problematische Heimattümelei und al-
                                                  Meine Lieblingspflanzen sind zum Beispiel                    lerlei heroischen Kitsch missbraucht. Aber dafür kann es ja
                                                  Basilikum, Oregano oder Minze. Sie bereiten                  nichts, ebenso wenig wie für die Verarbeitung zu würzigem                    PAUL SCHREMSER
                                                                                                               Hochprozentigem. Viel wichtiger: In ihrer ganzen Schlicht-
                                                  mir Freude über gleich mehrere Sinne: Sehen,                                                                                              Orchideen
                                                  Schmecken, Riechen.                                          heit ist die Pflanze streng geschützt – und steht damit für
                                                                                                               die elementare Gefährdung der Natur.
                                                                                                                                                                                            Wenn´s im Winter draußen kalt und trist ist,
                                                                                                                                                                                            blüht drinnen meine Orchidee auf.

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INTERVIEW                                                                                                                                                                                                 INTERVIEW

Aufblühen mit dem
Oberbürgermeister
Wie kann unsere Nürnberger Innenstadt aufblühen? Unser Ober-
bürgermeister Marcus König hat zum Thema dieser Citykirche mit
Daniela Bock (Kirchenvorsteherin und Durchführende von LORENZ
GRÜN) und Pfarrer Jan Martin Depner 25 Minuten geplaudert.                       Oberbürgermeister
                                                                                                                                                                          Pfarrer
Hier ein paar Highlights aus dem Gespräch.                                       Marcus König
                                                                                                                                                                          Jan Martin Depner

                                                                                                                        Kirchenvorsteherin
                                                                                                                        Daniela Bock

                                                                 Während der Aktion LORENZ GRÜN hatte der            Und dann müssen wir dieses Aufblühen auch         Seine Antwort war, dass er viele Kraftquellen
                                                                 Oberbürgermeister (OB) im letzten Spätsom-          schützen, mit positiver Energie verknüpfen,       habe. Etwa Spaß daran, mit anderen Dinge
                                                                 mer richtig Lust auf Stadtbegrünung in der          sagt Daniela Bock. „Dann kann es fliegen.“        zu gestalten und zu verändern. Es baue auf,
                                                                 Innenstadt gemacht. Und jetzt legt er nach:                                                           Sachen hinzubekommen. Beten, sich mal ru-
                                                                 „Das klappt auch in einer mittelalterlichen         Der OB freut sich, dass die Kirche dabei ist,     hig auf den Boden zu legen, Joggen zu gehen,
                                                                 Stadt und das ist wichtiger als je“. Gerade jetzt   „das ist unsers!“ zu sagen. Allein kann die       die Familie zu genießen ... Wie sein Vorgänger
                                                                 bekommt das Thema Aufenthaltsqualität ganz          Stadt es nicht stemmen. Es muss sich das          wolle er unbedingt er selbst bleiben.
                                                                 neue Bedeutung, wenn wir überlegen, wie wir         Gefühl durchsetzen: Es ist unser Aufblühen,
                                                                 das Thema Einkaufsstadt neu erfinden. Nach          unsere Lebensqualität, unser Grün! Nachdem        Und unsere letzte Schleife zum Thema des
                                                                 dem Lockdown wird das Einkaufsverhalten             ich nochmal von der Freude berichtet habe,        Heftes hat unser OB mit Sätzen wie diesen be-
                                                                 sicher nicht wieder wie vorher sein. Menschen       aktiv aus der Kirche in die Stadt hineinge-       endet: „Wir brauchen diese Kraft des Frühlings.
                                                                 werden weniger zum gezielten Einkaufen, da-         wirkt zu haben, bestätigt Marcus König: Wir       Da müssen wir hinschauen und uns aufmun-
                                                                 für mehr zum Bummeln und Leben-Genießen             brauchen alle Innenstadtkirchen. „Wir sollten     tern lassen. Corona wird uns lange heraus-
                                                                 in die Stadt gehen. Darum will Marcus König         nicht vergessen: Geschichtlich waren Kirchen      fordern. Wir brauchen die Kraft der Knospen,
                                                                 die Aufenthaltsqualität in Nürnberg spürbar         die Impulsgeber neben den Patriziern unse-        dieses: ‚Ach, schau mal, aus diesem alten Ast
                                                                 erhöhen. LORENZ GRÜN habe fast alle be-             rer schönen Stadt!“ Nachdenklich fragt er, ob     kommt auch wieder was raus!‘ Wir müssen
                                                                 geistert, wie er feststellt: „Wir müssen uns        wir als Christen uns zu sehr versteckt hätten.    immer daran glauben, dass jederzeit etwas
                                                                 viel öfter etwas trauen.“ Mehr Mut zu Projek-       „Das ist jetzt nicht mehr die Zeit dazu, sich     Neues aufblühen kann.“
                                                                 ten in der Hoffnung haben, dass dann auch           mit sich selbst zu beschäftigen!“ Kirche muss
                                                                 ein Teil davon dauerhaft werden kann … und          Impulsgeber für das Aufblühen der Stadt sein
                                                                 die Leute dann zu der attraktiven Mischung          und bleiben.
                                                                 aus Grün und Kultur und Lebensgenuss in die
                                                                 Stadt kommen.                                       Ich fand mutig, dass Marcus König sagte, dass                          Text und Artikelfoto:
                                                                                                                                                                                            Jan Martin Depner
                                                                                                                     jede Zeit und jede Epoche ihre Spuren hinter-
                                                                                                                                                                                            Porträts: Christine Die-
                                                                 Dabei ist uns schnell aufgefallen, dass es nur      lassen würde. „Und wenn wir in unserer Zeit                            renbach / Stadt Nürnberg
                                                                 gemeinsam geht. „Jan Martin Depner muss             die Stadt grüner machen und die Lebensqua-                             für das Bürgermeisteramt
                                                                                                                                                                                            und Madame Privé
                                                                 wie bei LORENZ GRÜN auch gelegentlich mit-          lität in dieser mittelalterlichen Stadt aufwer-
                                                                 gießen …“ Und diese wunderbare Initiative,          ten, – mit Grün, mit zeitgemäßen Ideen – dann
                                                                 die in diesem Jahr wieder auf dem Lorenzer          kann das nicht verkehrt sein.“
                                                                 Platz stattfinden wird und bei der Daniela Bock
                                                                 wieder vorne dabei ist … „die muss Schule ma-       Wir haben uns dann noch erkundigt, woher der
                                                                 chen!“ sagt Marcus König. „Nürnberg muss            Bürgermeister und Mensch seine Kraft her-
                                                                 aufblühen!“.                                        nimmt. Was bringt Marcus König zum Blühen?

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87 AUFBLÜHEN - Citykirche
ESSBARE STADT

                                                                        Wer will, kann sich verkriechen, den gesell-
                                                                        schaftlichen Traditionen und Treffpunkten den
                                                                        Rücken zukehren, ganz für sich sein. Zurzeit
                                                                        werden wir im Sinne des Gesundheitsschutzes
                                                                        sogar dazu aufgerufen.
                                                                        Dass uns dabei etwas abhandenkommt, etwas
                                                                        verblasst, was uns zum Menschsein ermutigt,
                                                                        ist für viele inzwischen spürbar geworden.
                                                                        Persönliche Verbindung und Verbundenheit
                                                                        sind ein Gegenpol. Persönliche Verbindung
                                                                        und Verbundenheit entstehen seit Juni 2019
                                                                        am Jakobsplatz hinter der Jakobskirche und
                                                                        am Egidienplatz gegenüber der Egidienkirche
                                                                        auf den Flächen der „Essbaren Stadt Nürn-
                                                                        berg“. Dies auf innerstädtischen Plätzen, die
                                                                        davor nur von parkenden Autos oder sich ih-
                                                                        rer Notdurft entledigenden Hunden genutzt
                                                                        wurden.

                                                                        Seit bald zwei Jahren treffen sich dort nun re-
                                                                        gelmäßig Menschen, die das blühende Leben
                                                                        in die Stadt zurückholen. Es klettern im Som-     tet wird und der Mensch sich hier ganz zei-
                                                                        mer Beerensträucher an ihrem Gerüst empor,        gen darf.
                                                                        es wachsen Kürbisse und Auberginen und es         Wer sich fragt, ob die knappe Fläche in der
                                                                        ranken Bohnen. Rosmarin und Lavendel zie-         Innenstadt denn wirklich nun auch noch als
                                                                        hen Insekten an. Die fruchtbaren Pollen wer-      Acker fungieren muss, dem sei gesagt: ja, sie
                                                                        den weitergetragen und bestäuben Sorten, die      muss.
                                                                        sonst weniger interessant für Insekten wären.     Sie muss, denn sie ist ein Vorbild. Und was
                                                                        Das Ganze passiert im Sinne der Permakultur.      nützt uns ein Vorbild an Orten, die keiner
                                                                                                                          kennt.
                                                                        Zurück zur Verbundenheit. Sie entsteht, weil
                                                                        Menschen mit Muße einander begegnen –             Was die „Essbare Stadt“ vorbildhaft macht –
                                                                        über Alter, Nationalität und Freundeskreise       nebst der geschaffenen Verbundenheit – ist
                                                                        hinweg. Weil gemeinsam Wege gefunden              schon zu sehen, wenn Sie sich einmal einge-
                                                                        werden, wie sich alle einbringen können – und     hend das Schild ansehen, das auf beiden Flä-
                                                                        das können sie. Und weil aufeinander geach-       chen Menschen willkommen heißt. Jede und
                                                                                                                          jeder darf so viel ernten, wie er oder sie braucht.
                                                                                                                          Es geht hier also nicht darum, diejenigen zu
                                                                                                                          belohnen, die besonders fleißig mithelfen.
                                                                                                                          Nein, diese Gärten sind für alle! Sie dienen
                                                                                                                          dem Gemeinwohl, also dem Wohlbefinden aller
                                                                                                                          Menschen. Und dem Wohlbefinden allen Le-
                                                                                                                          bens in unserer Umwelt. Denn wenn wir uns
                                                                                                                          dieser Einsicht öffnen, merken wir, wie sehr
                                                                                                                          unser menschliches Wohlbefinden von der
Wo das Menschsein einen ungewohnten Platz findet.
                                                                                                                          Funktionalität unserer Umwelt abhängig ist.

Die Essbare Stadt stellt sich vor                                                                                         Gemeinwohl – davon zu sprechen, haben wir
                                                                                                                          fast schon verlernt. Zu wichtig ist der Privat-
                                                                                                                          besitz geworden. Und was nicht privat ist,
                                                                                                                          ist öffentlich. Darum brauchen wir uns doch
                                                                                                                          wirklich nicht zu kümmern, wozu gibt es denn
Willkommen in den 20er Jahren des 21. Jahrhunderts. Willkommen                                                            schließlich Steuergelder!?
in einer Zeit, in der Essen auf Rädern Alltag geworden ist – egal für                                                     Gemeinwohl zu leben, haben wir wohl erst
                                                                                                                          recht verlernt. Angefangen von der Serviette,
welches Alter; in der Informationen überall und immer zugänglich
                                                                                                                          die auf den Boden fällt und mit den Fuß achtlos
sind; in der Unterricht online stattfinden kann.                                                                          beiseitegeschoben wird. Weiter zum Umgang
                                                                                                                          mit Luft und Wasser und mit unserem Klima,
                                                                                                                          die wohl wichtigsten Gemeingüter, die wir zum

                                            16                                                                                                 17
87 AUFBLÜHEN - Citykirche
ESSBARE STADT

                                                                                                      INFO

                                                                                                                                                      Himmelfahrt,
                                                                                                      Der Ernährungsrat für Nürnberg und Umge-
                                                                                                      bung ist eine Gruppe engagierter Menschen,
                                                                                                      die sich für ein sozial gerechtes und ökolo-
                                                                                                      gisches Ernährungssystem einsetzt und den
                                                                                                      Einfluss von Bürger*innen auf die städtische
                                                                                                      Lebensmittelversorgung stärken möchte.
                                                                                                                                                      seine Jünger sahen es:
                                                                                                      Im Frühjahr 2018 haben sie sich zum ersten
                                                                                                      Mal getroffen und arbeiten seither am Auf-      40 Tage nach Ostern fuhr Jesus auf zum Himmel
                                                                                                      bau eines Ernährungsrates für Nürnberg und
                                                                                                                                                      Eine Wolke nahm ihn auf
                                                                                                      Umgebung: Sie vernetzen sich mit anderen
                                                                                                      engagierten Menschen und Initiativen in der     Nein, es ist die Wahrheit
                                                                                                      Region, arbeiten in verschiedenen Gruppen
                                                                                                      zusammen und starten erste Projekte (z. B.      Dass Jesus immer noch tot ist
                                                                                                      Essbare Stadt Nürnberg), um ihren Zielen nä-
                                                                                                      herzukommen. Alle Interessierten sind herz-     Dass er niemandem mehr helfen kann
                                                                                                      lich eingeladen, den zukunftsfähigen Wandel
                                                                                                                                                      Sie irren, die sagen:
                                                                                                      des Ernährungssystems mitzugestalten!
                                                                                                                                                      Dass zwei Engel den Jüngern erschienen
                                                                                                                                                      Dass Jesus einmal aus dem Himmel zurückkommt
                                                                                                                                                      Dass er sein Reich des Friedens schafft
                                                                                                                                                      Dass alles Böse einmal ein Ende hat
                                                                                                                                                      Dass er jetzt zur Rechten des Vaters sitzt
                                                                                                                                                      Dass Jesus uns hört
                                                                                                                                                      Ich bin mir sicher
Leben brauchen. Wer sich bewusst ist, welche       Was die innerstädtischen Flächen der Ess-         Z-Bau, Vischers Hochbeete und viele andere
Auswirkung unsere Einstellung als Konsumie-        baren Stadt noch zum Vorbild macht, ist die       mehr, Vorbilder zu schaffen.                     Dass es heute allenfalls bei der Taufe mit Wasser bleibt
rende auf endliche Gemeingüter hat, die dem        Möglichkeit, besser zu verstehen, wie wir als
Gemeinwohl dienen sollten, kann sich ent-
                                                                                                                                                      Dass es kein Pfingsten gab
                                                   Menschen mit unserer Umwelt verbunden             Wer mehr über uns erfahren will, wer mit- oder
scheiden, dagegen anzukämpfen. Das muss            sind. Es eröffnet uns die Möglichkeit, die oben   nachmachen will, schaut am besten einfach        Dass er niemals den Heiligen Geist schickte
nicht umfassen, dass man in Schulen Erkennt-       genannten Gemeingüter auf anderem Weg na-         mal im Sommer vorbei. Wir freuen uns über
nisse weitergibt. Nein, die Verbreitung des Ge-    hezukommen, als durch das Trinkwasser aus         alle Menschen, die ihr Menschsein im Aus-        Dass er nicht in unseren Herzen leben will
meinwohlgedankens fängt dort an, wo wir auf-       dem Wasserhahn. Wussten Sie zum Beispiel,         tausch mit uns beim gemeinsamen Gärtnern
merksam hinhören, wenn er verletzt wird, wo        dass in einem Kubikzentimeter fruchtbaren         spüren wollen.                                   Dass man ihn nicht einladen kann
wir nachfragen, warum er verletzt wird, und        Bodens eine Milliarde Lebewesen wimmeln?
wo wir vormachen, wie wertschätzend im Sin-
                                                                                                                                                      Es kann nicht sein
                                                   Diese Milliarde braucht er, um fruchtbar zu       Organisationsteam: Tina Löhr und Julia Schra-
ne des Gemeinwohls gehandelt werden kann.          bleiben, Pflanzen und Bäumen Nahrung zu           der, Bluepingu e.V.                              Dass Pfingsten auch heute noch erfahrbar ist
                                                   spenden, Wasser zu speichern. Und wussten         Kontakt: kontakt@essbare-stadt-nuernberg.de
Im Rahmen der Essbaren Stadt kann öffentli-        Sie auch, dass es Kinder gibt, die Tomaten an     essbare-stadt-nuernberg.de                       Dass wir beten und zuversichtlich auf Jesus warten können
cher Raum wieder zu einer aktivierenden Um-        der Pflanze nicht erkennen und denken, diese
gebung werden. Es entstehen Orte, an denen         seien giftig? Wussten Sie, dass von den mit       Auf der Homepage finden sich viele weitere       Dass wir von Christus zeugen sollen
Gemeinwohl wächst und wo Selbstwirksam-            Hilfe unserer Gemeingüter produzierten Le-        Infos zur „Essbaren Stadt Nürnberg“
keit erfahren wird. Sie sind Lernflächen für uns
                                                                                                                                                      Es gibt keinen Zweifel
                                                   bensmitteln fast 40 Prozent in privaten Haus-
als Individuen und als Gesellschaft.               halten weggeworfen werden?                                                                         Dass es umsonst ist, ihm zu dienen
                                                                                                                        Text:
Hier können wir wieder deutlich spüren, dass       All das bewegt uns von Bluepingu e.V., die Ess-                      Julia Schrader                Ich glaube niemals
wir nicht Spielball privater Werbung sind,                                                                              Artikelfotos:
                                                   bare Stadt in der Nürnberger Innenstadt zu
die in uns zahlreiche Verlangen auslöst. Wer       pflegen. Es bewegt uns, andere anzuregen, es
                                                                                                                        Sebastian Lock                Jesus kommt wieder
Selbstwirksamkeit in seinem Menschsein er-         uns gleichzutun. Es bewegt den Bund Natur-
fährt, wird dagegen ein Stück weit immun – die     schutz, es bewegt Bluepingu-Projekte wie Die
Essbare Stadt ist dafür keine Voraussetzung,       Wiese und den Stadtgarten, es bewegt den                                                           Und nun den Text bitte von unten nach oben lesen. Blickwechsel sind etwas Feines.
sondern ein niederschwelliges Angebot.             Wolfsgarten, Kollekt Jardín, den Nordgarten im                                                     aus: Christliche Perlen

                                                                           18
BIBELGAR TEN IM
                                                                                                                                                                             LORENZER PFARRHOF

                                                                      Was ist ein Garten? Ein begrenztes Stück           Ein anderer Zugang zu Bibelgärten ist die Men-
                                                                      Land vom Menschen kultiviert und gepflegt,         ge der einheimischen Pflanzen, die christliche/
                                                                      meist privat genutzt oder mit einem Thema          biblische Namen haben und damit den kultu-
                                                                      verbunden.                                         rellen Einfluss der Bibel bis in die Pflanzenwelt
                                                                      Der Lorenzer Pfarrhof war vor dem Neubau ein       aufzeigen.
                                                                      Nutzhof; Garagen, Parkplätze und Teer domi-        Die Pflanzen im Innenhof bilden einen
                                                                      nierten den Hof. Nur ein Baum erinnerte noch       Dreiklang: die Bibel im Bibel Museum Bayern,
                                                                      an den blühenden und leicht verwilderten Gar-      die heutigen einheimischen Pflanzen, welche
                                                                      ten vor dem Krieg.                                 in ihrem Namen Bezug auf die Bibel nehmen,
                                                                      Beim Neubau wurde von Anfang an eine grüne         und dann die Pflanzen, die auf den Tafelbildern
                                                                      Gestaltung bedacht und als dann klar war, dass     in St. Lorenz zu sehen sind. Die Auswahl wur-
                                                                      das Bibel Museum Bayern ebenfalls mit in den       de dann an die klimatischen Bedingungen im
                                                                      Pfarrhof einzieht, bot sich der Gedanke an, hier   Innenhof angepasst.
                                                                      einen Bibelgarten anzulegen.                       Und wann blüht es im Pfarrhof?
                                                                      Momentan gibt es in Deutschland mehr als           Momentan ist erst die Herbstpflanzung ge-
                                                                      160 Bibelgärten. In der Bibel finden sich eine     setzt. Sie hat die erste Blüte hervorgebracht,

Im Lorenzer Pfarrhof erblüht                                          Fülle verschiedener Pflanzen. Sie veranschau-
                                                                      lichen die Umwelt der Bibel, insbesondere die
                                                                                                                         die Christrose. Der Garten wird wachsen und
                                                                                                                         werden.

ein neuer Bibelgarten
                                                                      Landschaft Palästinas. Oft werden die Pflanzen     Der neue Baum im Hof hat schon Knospen
                                                                      in ihrer alltäglichen Nutzung beschrieben, wie     angesetzt. Für ihn, den Bibelgarten und das
                                                                      z. B. Zedern als Bauholz für den Salomonischen     Leben im Lorenzer Pfarrhof gilt: „Ich aber bin
                                                                      Tempel (1. Kön. 6,9f), oder die Pflanzen nehmen    wie ein Ölbaum, der in Gottes Haus grünt und
                                                                      selbst einen aktiven Teil des Geschehens ein,      blüht.“ Psalm 52,10 (BasisBibel)
Nürnberg hat viele Gärten: Die Hesperidengärten, barocke Gar-
                                                                      wie z. B. in Jona 4 die Rizinusstaude. Eben-
tenanlagen in St. Johannis, die Gärten hinter der Veste, welche ur-   so werden sie auch symbolhaft erwähnt, wie                             Text: Astrid Seichter,

sprünglich ebenfalls barocke Anlagen waren und heute nur noch im      der Wermut in Amos 6,12 als Sinnbild für Leid                          Leiterin Bildung und
                                                                                                                                             Vermittlung im Bibel
Stadtteilnamen zu finden sind sowie die Gartenstadt, in der jedes     und Unrecht. Die Bibel ist ohne die Nennung                            Museum Bayern
                                                                      von Pflanzen nicht vorstellbar. Somit ergän-                           Artikelfotos:
Haus einen Garten und jede Wohnung einen größeren Balkon hat.                                                                                Archiv St. Lorenz und
                                                                      zen lebendige Pflanzen jede Ausstellung zum
                                                                                                                                             Astrid Seichter
                                                                      Thema Bibel, da sie im Kleinen die biblische
                                                                      Umwelt präsentieren und damit direkt erleb-
                                                                      bar machen.

                                                   20                                                               21
DER WALD UND DIE GIER                                                                                                                                                                                                                                                               DER WALD UND DIE GIER

Der Wald und die Gier
                                                                                                                                                                                                     Damals ist sie Hannelore Borchers begegnet,         INFO
                                                                                                                                                                                                     die als Geschäftsführerin dafür gesorgt hat,
                                                                                                                                                                                                     dass das eckstein-Haus schon frühzeitig die         Der AK Schöpfung ist einer von drei Ar-
                                                                                                                                                                                                     landeskirchliche Umwelt-Zertifizierung des          beitskreisen des Nürnberger evangelischen
                                                                                                                                                                                                     „Grünen Gockels“ bekommen hat. Auch Bor-            Forums für den Frieden (NEFF). Dort enga-
Samstagnachmittag im Wald bei Buchenbühl: Vom Gesang angezogen blicken ein paar Wanderer auf                                                                                                         chers engagiert sich inzwischen im AK Schöp-        gieren sich Menschen ehrenamtlich für den
die kleine Lichtung beim Predigtstein. Radler steigen ab und schauen interessiert hinüber. 20 oder 30                                                                                                fung.                                               „Konziliaren Prozess“. Das ist eine weltweite,
                                                                                                                                                                                                                                                         ökumenische Initiative für Frieden, Gerech-
Leute stehen da im Halbkreis, hören einer kurzen Predigt zu, sprechen ein Gebet.
                                                                                                                                                                                                     Jetzt hat mit der Schwedin Greta Thunberg           tigkeit und Bewahrung der Schöpfung.
                                                                                                                                                                                                     und den „Fridays for Future“ das Klimathema
                                                                                                                                                                                                     für viele junge Menschen an Aktualität gewon-       Sechsmal im Jahr veranstaltet der AK das
                                                                                                                                                                                                     nen. Nachdem die Schülerdemonstrationen             Schöpfungsgebet für den Erhalt des Bann-
                                                                                                                                                                                                     gegenwärtig schwer zu organisieren sind, er-        waldes im Norden des Flughafens, zum Bei-
                                                                                                                                                                                                     innert das „Klima-Camp“ auf dem Platz vor           spiel am Samstag, 29. Mai und am 31. Juli,
                                                                                                                                                                                                     der Sebalduskirche an die Bedrohung für das         jeweils um 15 Uhr bei Buchenbühl. Er orga-
                                                                                                                                                                                                     Leben, sofern sich am CO2-Ausstoß nichts            nisiert die Schöpfungswege, auf denen sich
                                                                                                                                                                                                     ändert.                                             die Natur mit allen Sinnen erleben lässt. Da-
                                                                                                                                                                                                                                                         mit Großstadtkinder kreativ und spielerisch
                                                                                                                                                                                                     Trotzdem gebe es keine enge Zusammenar-             den Wald rund um Nürnberg kennenlernen
                                                                                                                                                                                                     beit mit den „Fridays“. „Der Altersunterschied      und erleben können, bietet der Arbeitskreis
                                                                                                                                                                                                     ist ein großes Problem“, erklärt es Hans-Gün-       Walderlebnistage für Kitas an. Bei der Akti-
                                                                                                                                                                                                     ter Schramm. Es ist eben eine andere Gene-          on „Blattsalat“ wird Vorschulkindern anhand
                                                                                                                                                                                                     ration, meint Hans-Jürgen Krauß und ergänzt         von Blättern erklärt, welche verschiedenen
                                                                                                                                                                                                     dann: „Die machen ihre Sachen anders als wir.“      Baumarten im Reichswald vorhanden sind.
                                                                                                                                                                                                     Aber er sehe das Engagement der Jugend mit          Außerdem wird jeden Montag um 15 Uhr zur
                                                                                                                                                                                                     sehr großer Sympathie.                              Mahnwache „Fukushima mahnt“ aufgerufen
                                                                                                                                                                                                                                                         und damit an die Folgen der Katastrophe des
                                                                                                                                                                                                                                                         japanischen Atomkraftwerks vom März 2011
                                                                                                                                                                                                                        Text und Artikelfotos:           erinnert.
                                                                                                                                                                                                                        Paul Schremser

                                                                                                                                                                                                                                                         Termine und Informationen unter
                                                                                                                                                                                                                                                         neff-netzwerk.de und Telefon 0911 95668773

Die Versiegelung der Böden schreitet voran. Vorher (links) und nachher: Baumfällarbeiten der Stadt Nürnberg, die hier eine Straße bauen will.       Schöpfungsgebet für den Erhalt des
                                                                                                                                                    Reichswaldes.

Der Egidienchor war schon dabei und auch das    mals hatte ich keine Zeit, mich mit Umweltfra-    allem wirtschaftliche Interessen, betont der      Sympathie für die „Fridays for Future“
Fernsehen: Mehr als 75-mal hat das Schöp-       gen zu beschäftigen.“ Im Ruhestand will er den    68-jährige Theologe. „Obwohl der Wald eine
fungsgebet zum Erhalt des Reichswalds un-       Stadtmenschen zeigen, wie sehr sie von der        wichtige Ressource für den Menschen ist, wird     Das ist weit weg von uns. Wirklich? Auch in
ter einer alten Eiche schon stattgefunden.      Natur abhängig sind und sogar ein Teil von ihr    an den Rändern des Reichswalds geknabbert.“       der Großstadt Nürnberg nehme die Versiege-
Ursprünglich ging es um die geplante Nord-      sind: „Die Natur ist etwas Elementares. Daran                                                       lung der Böden zu, erklärt Chris Mößner. Sie
anbindung von der Autobahn A3 zum Flugha-       will das Schöpfungsgebet erinnern.“               Bis zu seinem Ruhestand war Zeller Referent       hat Biologie studiert und weiß daher: „Wo die
fen. Der Schnellstraße sollten Dutzende alter                                                     für Lateinamerika bei „Mission EineWelt“ in       Bäume stehen, ist die Luft besser.“ Gerade in
Bäume zum Opfer fallen. „Der politische Wil-    Am Reichswald wird geknabbert                     Neuendettelsau und davor viele Jahre Pfar-        der Altstadt müssten deshalb mehr Bäume
                                                                                                                                                                                                                                              Zuhause kann immer
le ist inzwischen nicht mehr vorhanden“, sagt                                                     rer in Brasilien. Er weiß, dass „die Hälfte des   gepflanzt werden. Aber das Gegenteil sei der
                                                                                                                                                                                                                                              etwas passieren.
Hans-Jürgen Krauß. Aber die Baupläne dafür      Denn der Reichswald rund um Nürnberg              Regenwalds am Amazonas bereits abgeholzt          Fall, ärgert sich Hans-Günter Schramm. Er hat                                             Malteser Hausnotruf
existieren bis heute im Verkehrsministerium.    ist bedroht. Hier die Nordspange, anderswo        ist“. Nicht nur in Brasilien, auch in Bolivien    den Eindruck: „Die Bäume stehen im Weg und
Das Schöpfungsgebet alle zwei Monate ist        soll Platz für ein neues ICE-Werk geschaffen      und Peru dringe der Mensch immer weiter in        müssen weg.“ Der 79-Jährige ist das älteste
einer der Schwerpunkte des Arbeitskreises       werden. Und immer stehen die Bäume dem            den Wald vor. Zwar sei bekannt, dass der Kli-     Mitglied des AK Schöpfung.
(AK) Schöpfung, der zum Nürnberger Evange-      menschlichen Planen im Weg. In diesem Zu-         mawandel eine Folge dieser Handlungen sei,        Chris Mößner hatte viele Jahre ihr Büro im
lischen Forum für den Frieden (NEFF) gehört.    sammenhang spricht Hans Zeller von „der           „aber es wird so weiter gewirtschaftet wie zu-    eckstein-Haus der evangelischen Kirche. Ih-
Krauß gehört dem AK seit vier Jahren an. Der    Gier des Menschen“, die ihn immer weiter          vor“, kritisiert Zeller.                          ren Glauben habe sie nie verloren, obwohl sich
                                                                                                                                                                                                                                                      Jetzt unverbindlich anrufen und mehr erfahren:
70-jährige Diakon war früher Geschäftsführer    vordringen lasse in die natürlichen Kreisläufe,                                                     die Kirche mit dem Schöpfungsthema schon                                                      09 11/ 96 89 10 oder unter www.malteser-hausnotruf.de

des Nürnberger Kirchengemeindeamts. „Da-        die das Leben schützen. Dahinter stehen vor                                                         immer schwertue.

                                                                        22                                                                                                                                              23
JAKOBER GÄR TL A                                                                                                                                                                                                                 JAKOBER GÄR TL A

Das Jakobsgärtla
– ein verborgenes Kleinod
Nicht nur in den Räumen der Jakobskirche, sondern auch direkt
daneben finden in normalen Zeiten zahlreiche Konzerte und Feste
statt – im „Jakobsgärtla“ oder „Jakober Gärtla“.

                                Beim Wiederaufbau nach den Zerstörungen           Auch wurden nach den Oster-Familiengottes-      „Zu Gast in St. Jakob“ – dieses Motto der Kir-
                                durch den 2. Weltkrieg beschloss der damalige     diensten Ostereier versteckt und die anwesen-   chengemeinde wird auch im „Gärtla“ gepflegt.

                                                                                                                                                                                        Zu Hause in
                                Kirchenvorstand, dass eine Grünfläche direkt      den Kinder durften suchen. Alle Gruppen und     Wenn wieder die Tore geöffnet werden können,
                                neben der Kirche wertvoll und wichtig sei. So     Kreise in St. Jakob feiern ihre Sommerfeste     freut sich das Team auf alle Besucherinnen
                                entstand das „Gärtla“, in dem laut Zeitzeugen     im „Gärtla“ und auch der Kindergarten kommt     und Besucher, die das „Gärtla“ schon regel-
                                zum Beispiel die ersten ökumenischen Ge-
                                meindefeste Nürnbergs stattfanden und re-
                                gelmäßig mit der Jakobskirchweih um den Ja-
                                                                                  regelmäßig hierher.

                                                                                  Zu einem Geheimtipp entwickelten sich die
                                                                                                                                  mäßig besuchen oder neu entdecken wollen.
                                                                                                                                                                                        guten Händen
                                kobstag (25. Juli) herum gefeiert werden.         „Sommerabende im Gärtla“ mit selbstge-                                                                Unterwegs in:    Ambulanter Pflegedienst
                                                                                                                                                     Text:                                  Innenstadt   Diakonie Team Noris
                                                                                  machten Leckereien wie Bowle und Hugo, bei                         Hannes Schott
                                                                                                                                                                                           Gebersdorf    Bertha-von-Suttner-Str. 45
                                Die Gemeindefeste mit St. Elisabeth wurden        denen schon über 200 Personen den Weg ins                          Artikelfotos:
                                                                                                                                                     Beate Emter                             Großreuth   90439 Nürnberg
                                von Posaunenchor, dem Chor von St. Elisa-         „Gärtla“ fanden.
                                                                                                                                                                                          Röthenbach     T. (0911) 660 910 80
                                beth und Bands begleitet und standen unter
                                                                                                                                                                                           Schweinau     info@diakonie-team-noris.de
                                Ländermottos, z. B. Spanien, Italien oder Grie-   Das ist der besondere Reiz dieses Ortes: von
                                                                                                                                                                                         St. Leonhard
                                chenland. Dank internationaler Gottesdiens-       außen kaum einsehbar, ist das „Gärtla“ eine
                                                                                                                                                                                         Sündersbühl     www.diakonie-team-noris.de
                                te und anschließender Feiern gab es bereits       wunderschöne Oase mitten in der Stadt.                                                                   Hasenbuck
                                Speisen aus vielen Ländern hier zu verkosten.

                                                        24                                                                                                                         25
HESPERIDENGÄR TEN                                                                                                                                                                                                                                                    HESPERIDENGÄR TEN

                                                                                                                  Die Idee, wenigstens einen oder zwei der his-   Rande, mit der CSU votierte auch der damals                              Diese Schätze zu rauben, gehörte zu den
                                                                                                                 torischen Gärten wieder auferstehen zu lassen    einzige kommunistische Stadtrat für das Pro-                             zwölf Heldentaten des Herakles (Hercules).

Grüne Oasen
                                                                                                                 und einen Eindruck der reichen Geschichte zu     jekt in St. Johannis. Dagegen fanden vor allem                           Viel Energie und Herzblut steckten Cantzler
                                                                                                                 vermitteln, fand Cantzler einfach bestechend.    Ratsmitglieder aus der führenden SPD-Frak-                               und der Bürgerverein denn auch in die gedul-
                                                                                                                 Zumal sich der Stadtteil damals anschickte,      tion andere Vorhaben viel wichtiger. Am Ende                             dige Suche zur Finanzierung von entsprechen-

in jahrhundertealter                                                                                             sein 750-jähriges Bestehen zu feiern. Dabei
                                                                                                                 gab es nur die Möglichkeit, die Gärten nach
                                                                                                                                                                  aber gelang es mit geduldiger Sacharbeit und
                                                                                                                                                                  der Unterstützung etwa von Fachleuten aus
                                                                                                                                                                                                                                           dem Gartenschmuck, allen voran, einer Hera-
                                                                                                                                                                                                                                           kles-Statue sowie allegorischen Figuren von

Tradition
                                                                                                                 historischen Vorlagen und Mustern neu an-        dem Gartenbauamt, mit sorgfältiger Neuge-                                Tugend und Laster, der Erdteile und der Jah-
                                                                                                                 zulegen.                                         staltung eine Ahnung der einstigen Pracht zu                             reszeiten (jeweils als Repliken). Aus der Nach-
                                                                                                                                                                  vermitteln.                                                              barschaft hierher versetzt wurde ein Brunnen
                                                                                                                 Um sie überhaupt zum Blühen zu bringen,                                                                                   mit einer Figur des Dichters Arion, der un-
                                                                                                                 war echte politische Kärrnerarbeit gefragt:      Am Ausgang des 17. und Beginn des 18. Jahr-                              ter Seeräuber geraten war und nach einem
                                                                                                                 Mit einigen Mitstreitern erreichte es Cant-      hunderts waren es wohlhabende Bürger ge-                                 Sprung über Bord von einem Delfin gerettet
                                                                                                                 zler, dass die Stadt die Anwesen übernahm        wesen, die sich nach den Wirren und den                                  wurde. Zu den weit über Nürnberg hinaus be-
                                                                                                                 und den Bebauungsplan so anpasste, dass          verheerenden Zerstörungen des 30-jährigen                                achteten Sehenswürdigkeiten gehört schließ-
                                                                                                                 die Grünflächen auf Dauer gesichert wurden.      Krieges größere Gartengrundstücke vor den                                lich eine Sonnenuhr aus Buchs, wie sie schon
                                                                                                                 Bei der Entscheidung im Stadtrat habe da-        Stadtmauern anlegen ließen. Als gepflegte An-                            bei Volkamer beschrieben war.
                                                                                                                 mals, erinnert sich Cantzler, allein die Stim-   lagen, auch als Ort der Sommerfrische und Al-
                                                                                                                 me von Oberbürgermeister Urschlechter den        ternative zur engen, stickigen Stadt, erstreck-                          Mit der Ruhe, der Vielfalt an Pflanzen und dem
                                                                                                                 Ausschlag gegeben. Und, kurioses Detail am       ten sie sich auf beiden Uferseiten der Pegnitz                           historischen Flair haben die Hesperidengärten
                                                                                                                                                                  mindestens bis zur Großweidenmühle. Ein                                  natürlich auch Cantzler ganz privat in ihren
                                                                                                                                                                  weiterer Garten existiert, neben den erwähn-                             Bann gezogen. „Das ganze steht und fällt aber
                                                                                                                                                                  ten, bei Hausnummer 13, ist aber nur selten                              mit den Gärtnern und ihrem Einsatz“, meint
                                                                                                                                                                  zugänglich.                                                              er. Wo immer möglich, habe er sich Zeit für
                                                                                                                                                                                                                                           einen Plausch mit ihnen genommen. Und weil
                                                                                                                                                                  Die Bezeichnung „Hesperiden“ verweist auf                                die Anlagen empfindlich sind und besondere
                                                                                                                                                                  die antike Mythologie: Sie geht zurück auf                               Pflege benötigen, sind sie nicht von ungefähr
                                                                                                                                                                  den Nürnberger Kaufmann Johann Chris-                                    als einziger Nürnberger Park nur in der war-
                                                                                                                                                                  toph Volkamer – an seine Familie erinnern in                             men Jahreszeit zugänglich.
                                                                                                                                                                  St. Lorenz ein großes Fenster im Chor und
                                                                                                                                                                  eine Empore. Selbst Besitzer eines ausge-
                                                                                                                                                                  dehnten Gartengrundstück, schilderte er in                                                  Text:
                                                                                                                                                                  einem 1708 erschienen Prachtwerk die „Nürn-                                                 Wolfgang Heilig-Achneck
                                                                                                                                                                                                                                                              Artikelfotos:
                                                                                                                                                                  bergischen Hesperides“. In dem Göttergarten
                                                                                                                                                                                                                                                              Jan Martin Depner
                                                                                                                                                                  im fernen Westen wuchsen goldene Äpfel,
                                                                                                                                                                  bewacht von einem Drachen. Gemeint waren
                                                                                                                                                                  wohl Zitronen und Orangen (Pomeranzen), die
                                                                                                                                                                  schon damals im hiesigen Klima nur mit ho-
                                                                                                                                                                  hem Aufwand gediehen.

                                                            Dass sie sich heute als blühende Oasen prä-
Sie gehören zu den Perlen unter den Nürnberger Grünanla-
                                                            sentieren, ist allerdings alles andere als selbst-
gen und haben eine jahrhundertealte Tradition – auch wenn   verständlich, vielleicht sogar ein kleines Wun-
diese zwischendurch ziemlich verschüttet und in Verges-     der. Noch vor 50 Jahren waren die Flächen
senheit geraten war: die Barockgärten, auch Hesperiden-     hinter den Anwesen mit den Hausnummern
                                                            43, 45 und 47 an der Johannisstraße nicht zu-
gärten genannt, im Stadtteil St.Johannis.
                                                            gänglich, zum Teil als Kleingarten genutzt,
                                                            zum Teil verwahrlost. „Es gab sogar Pläne, die
Aus der Perspektive der Altstadt heraus sind sie so etwas   Altbauten abzureißen und durch neue Häuser
                                                                                                                     Mit uns gesund g
wie ein Bindeglied zwischen dem Stadtgraben und dem         zu ersetzen und auch die Südseite der Grund-
                                                            stücke für neue Anwesen zu nutzen“, erinnert              in den Frühlin                                                                 Im Trauerfall sind wir Tag
historischen Johannisfriedhof.
                                                            sich Roland Cantzler. Der frühere CSU-Stadt-                                                                                             und Nacht für Sie erreichbar
                                                            rat war ab 1976 auch 25 Jahre lang Vorstand
                                                            des Bürgervereins St. Johannis – und kann sich
                                                                                                                                                                                                     0911 221777
                                                                                                                                                                                                     Beratungszentrum Spitalgasse 1
                                                            an den traurigen Anblick der Flächen noch gut
                                                                                                                   Äußerer Laufer Platz 20 · 90403 Nürnberg                                          90403 Nürnberg
                                                            erinnern. „Von den ursprünglichen Gartenanla-                                                                                            Vorsorgetelefon
                                                                                                                   Telefon 0911 221999 · Fax 0911 222002
                                                            gen waren leider keinerlei Reste oder Spuren                                                                                             0911 231 8508                                          www.bestattungsdienst.de
                                                                                                                   E-Mail: info@apotheke-sebalder-hoefe.de
                                                            mehr erhalten.“
                                                                                                                                                                                             GRA U BA L A N C E GMBH | 4 C | 1 6 0 9 0 8

                                                  26                                                                                                                                  27
BUCHTIPP                                                                                                                           ST. LORENZ MACHT (SICH) AUF

                St. Lorenz macht (sich) auf

                Als das letzte Magazin „Citykirche 86“ erschienen ist, da war der Artikel über die Lorenzkirche schon
                nicht mehr aktuell. Die Entwicklung ist einfach zu dynamisch. Damit das nicht mehr passiert, hat die
                Gemeinde St. Lorenz auf ihrer Website einen Faktenfuchs installiert.

                Wenn Sie auf den Fuchs klicken, sehen Sie, was sich gerade aktuell in Sachen Einbau tut. Wenn Sie
                dann nach unten scrollen, finden Sie auch die ganz grundsätzliche Geschichte dieses Projekts, die ich
                auch hier jetzt skizziere.

                Schon seit über zehn Jahren war klar, dass         und wichtig unsere Kirche den Menschen aus       EINE ANDERE BAUSTELLE

                sich in der Kirche etwas tun muss. Brand-          nah und fern ist. Und dass einige Stimmen
                schutz, Elektrik, Mesnerstube … Es wurde ge-       vielleicht ein wenig zu empört klangen, liegt    Was Sie momentan an Baustelle(n) sehen
                prüft und geplant und überlegt, Modelle für        sicher auch an dem Missverständnis, dass hier    und noch über den Sommer sehen werden,
                Lageraum außerhalb der Kirche wurden aus-          schon der letzte Plan gezeichnet oder Ent-       hat nichts mit dem Umbau des Eingangs-
                geschrieben und mussten verworfen werden.          schlüsse gefallen sein könnten. Wenn der Plan    bereichs zu tun. Sondern das ist weiterhin
                Vor etwa zwei Jahren kam dann Bewegung in          da ist, muss geprüft werden, ob er den An-       unsere Dachsanierung, und ein paar Pfeiler
                die Sache: Die bayerische Landeskirche wollte      forderungen überhaupt entspricht. Erst dann      im Hallenchor sollen auch noch dort fertig
                uns bei unseren Vorhaben unterstützen und          kann die Diskussion mit der Öffentlichkeit       gereinigt werden, wo die Restaurierung 2010
                kam mit der Idee, alles in einem Entwurf zu        so richtig beginnen. Nur wenn am Ende eine       abbrach. Wir sind froh, dass wir die Kirche
                vereinen. Sie nannte uns ein Architekturbüro,      raumverträgliche Lösung steht, die histori-      zunächst doch nicht schließen mussten. Al-
                und herausgekommen ist eine Vision, die jetzt      schen und geistlichen Anforderungen unserer      lerdings kann es weiter auch kurzfristig er-
                auch bald als Plan und Modell vorgestellt wer-     Bürgerkirche Rechnung trägt und die den Ge-      forderlich sein, dass die Lorenzkirche für ei-
                den soll. Hier zum Beispiel ist der Faktenfuchs    samteindruck der Kirche nicht beeinträchtigt,    nige Zeit geschlossen werden muss. Wenn
                hilfreich, denn bei Redaktionsschluss war          soll gebaut werden. Im Sinne unserer Vision      es geht, nur unter der Woche. Aber: Es bleibt
                noch nicht klar, wann genau das sein würde.        soll die Kirche klarer und aufgeräumter in al-   dabei, dass wir hier keine sicheren Vorher-
                                                                   ter Pracht Andacht und Kunstgenuss ermög-        sagen treffen können. Unsere Baustelle ist
                Der Kirchenvorstand war ziemlich begeistert.       lichen und sich mutig in die Zukunft öffnen.     und bleibt ausgesprochen dynamisch, aber
                Der Entwurf schien zu unserem Plan „Lorenz                                                          wir sind glücklich, dass wir in dieser Zeit der
                macht (sich) auf“ zu passen. Wir wollen die                                                         wenigen Besucher so schnell vorankommen.
                Lorenzkirche und ihre Kunstwerke bewahren,                              Text und Artikelfotos:      Bis jetzt sind Zeit- und Kostenrahmen ein-
                                                                                        Jan Martin Depner
                die Kirche stärker zur Stadt hin öffnen und                                                         gehalten.
                sie aufräumen.
                Auch die heftige Reaktion auf die Pläne in der                                                      Termine und Informationen unter
                Presse hat uns gerührt, zeigt sie doch, wie lieb                                                    neff-netzwerk.de und Telefon 0911 95668773

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DIGITALE THEOLOGIE?                                                                                                                                          DIGITALE THEOLOGIE?

                                         vater unser,                                     Ähnliches hatte Kurt Marti hinter sich, als        ihr fragt

        Digitale Theologie?              der du bist die mutter,                                                                             was ist die auferstehung der to-
                                                                                          er Mitte der 50er Jahre mit seiner theologi-
                                                                                          schen und persönlichen Existenz nicht mehr
                                         die du bist der Sohn,                                                                               ten?
                                                                                          zurechtkam.
                                         der kommt,                                       Er schreibt: „Durch das ständige öffentliche       ich weiß es nicht
        Kurt Marti zum 100. Geburtstag   um anzuzetteln                                   Reden hatte ich das Gefühl mir selber ent-
                                         den himmel auf erden                             fremdet zu werden, langsam mein Ich, meine         ihr fragt
                                                                                          Identität zu verlieren.“ Mit etwa 35 Jahren fing
                                                                                                                                             wann ist die auferstehung der
                                                                                          er an, neben seinem Pfarr-und Predigtdienst
                                         Der so unorthodox betet, hat zeitlebens ange-
                                                                                          Gedichte zu schreiben, später auch Geschich-       toten?
                                         eckt und viele genervt. Auf der Suche nach ei-
                                                                                          ten. Verrückte Gedichte – in Mundart, in Bär-      ich weiß es nicht
                                         nem Gewährsmann für digitale Theologie bin
                                                                                          ner Umgangsschprach:
                                         ich auf ihn gestoßen. Ende Januar 2021 hätte
                                         der Dichter und Schweizer Pfarrer Kurt Marti                                                        ihr fragt
                                         seinen 100. Geburtstag.                          wo chiemte mer hi                                  gibt’s
                                                                                          wenn alli seite                                    eine auferstehung der toten?
                                         Digitale Theologie – bisher Spielwiese – wur-
                                         de letztes Jahr in Zeiten von Corona zum Not-    wo chiemte mer hi                                  ich weiß es nicht
                                         programm. Dass es, um Gregor von Nyssa           und niemer giengti
                                         vor 1.600 Jahren zu zitieren, dabei nicht um     für einisch z’luege                                ihr fragt
                                         „Technologia“ geht, sondern allen Ernstes um
                                                                                          wohi dass me chiem                                 gibt’s
                                         „Theologia“, zeichnet sich immer mehr ab. Wir
                                         haben in dieser Zeit auf geradezu urkirchliche   we me gieng                                        keine auferstehung der toten?
                                         Weise gespürt, was uns laut Kurt Marti längst                                                       ich weiß es nicht
                                         abhanden kam: Die Körperkirche.                  Wo kämen wir hin,
                                                                                          wenn alle sagten,                                  ich weiß
                                         die kirche des geistes
                                                                                          wo kämen wir hin,                                  nur
                                         sind unsere körper
                                                                                          und keiner ginge,                                  wonach ihr nicht fragt:
                                         darum dann:
                                                                                          um zu sehen, wohin wir kämen,                      die auferstehung derer die leben
                                         umarmungen, küsse
                                                                                          wenn wir gingen.
                                         und heilige mähler
                                                                                                                                             ich weiß
                                         erst später:
                                                                                                                                             nur
                                         kirchen aus stein                                Dieses Schreiben war Notprogramm zur Be-
                                                                                                                                             wozu Er uns ruft:
                                                                                          wältigung seiner Midlife-Crisis. Für ihn ein
                                         Wir haben das Unbehagen gespürt, dass sich       neues, anderes Paradigma als die konventi-         zur auferstehung heute und jetzt
                                         einiges an unserer Sprache, unserem Auftre-      onellen, eher etwas langen Predigten, die er
                                         ten, an den Abläufen unseres Pfarreralltags      seiner Gemeinde nach wie vor hielt. Wäre es
                                         ändern muss – ein Quantensprung gerade-          nicht zu diesen kargen, radikalen Gedichten
                                         zu, entweder alles beim Alten zu lassen und      gekommen, was wäre uns, seinem Lese- und
                                         Dienst nach Vorschrift zu machen, oder uns       Lernpublikum, da entgangen! Kurt Marti ist
                                         auf die neuen Herausforderungen des Social       neben Dietrich Bonhoeffer der zweithäufigs-
                                         Distancing einzulassen.                          te Autor der Texte in unserem Gesangbuch.

                                                                                                              31
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