Abklärung erhöhter Leberwerte - + Fallbeispiele zur Diagnose von Lebererkrankungen in der Praxis - Labors.at

 
WEITER LESEN
Abklärung erhöhter Leberwerte - + Fallbeispiele zur Diagnose von Lebererkrankungen in der Praxis - Labors.at
Abklärung erhöhter Leberwerte

   + Fallbeispiele zur Diagnose von
   Lebererkrankungen in der Praxis

      Ludwig Kramer, KH Hietzing 1.Med.
      Gasthaus Sodoma "Zur Sonne"
               Tulln, 22.2.2018
Abklärung erhöhter Leberwerte - + Fallbeispiele zur Diagnose von Lebererkrankungen in der Praxis - Labors.at
Wie interpretiere ich Leberwerte?
•   GOT (AST)
•   GPT (ALT)
•   GGT
•   AP
•   Bilirubin
•   NH3
•   Albumin/Cholinesterase/INR
•   (Kreatinin)
•   IgG, IgA
•   MELD-Score (Albumin, Kreatinin, Bilirubin)                   Charles G. Child, MD

•   CHILD-Pugh Score (Albumin, Bilirubin, INR, Aszites, Enzephalopathie)
•   Fibrose- Scores (APRI, Fib-4)
                                                                 Seite 2
Abklärung erhöhter Leberwerte - + Fallbeispiele zur Diagnose von Lebererkrankungen in der Praxis - Labors.at
APRI: GOT, Thrombozyten
• AST to Platelet Ratio Index (APRI)
     – Validiert für Virushepatitis

                             •           Fibrosis-4 Score (FIB-4, www.nafldscore.com)
                             •           NAFLD Fibrosis Score (NFS
                                                     https://gps.camdenccg.nhs.uk/fib-4-calculator
APRI
> 2.0       Leberzirrhose
1.5 - 2.0   signifikante Fibrose
1.0 - 1.5   keine zuverlässige Aussage
                                                      Wai CT, Greenson JK, Fontana RJ et al. Hepatology
0.5 - 1.0   Leberzirrhose unwahrscheinlich
                                                                                      2003; 38: 518-26
< 0.5       Fibrose unwahrscheinlich
                                                                          Seite 3
Abklärung erhöhter Leberwerte - + Fallbeispiele zur Diagnose von Lebererkrankungen in der Praxis - Labors.at
Fall 1 – Email „Leberwerte“ 17.2.2011
Danke, dass ich dir meine seit Weihnachten unerklärlich steigenden Werte mailen darf.

Segmentkernige (rel.): 48 ( 50 – 70 )
Eosinophile (rel.): 5,7 ( < 5.0 )
Glukose (nüchtern): 105 ( 60 – 100 )
GOT (ASAT): 696 ( < 35 )
GPT (ALAT): 1052 ( < 35 )
GGT (Gamma-GT): 187 ( < 40 )
Alkalische Phosphatase: 136 ( < 104 )
LDH: 405 ( < 223 )
Antikörper
Epstein-Barr Virus IgG-AK: Positiv
Epst.Barr Virus EBNA IgG-AK: positiv

Ich muss seit heute Vormittag im Krankenstand sein, für ca. 2 Wochen, so meine Hausärztin.
Es ist organisatorisch sehr schwer: ich bin Klassenvorstand, volle Lehrverpflichtung,
sowie beginnt meine Vorlesung an der Hochschule morgen.
Abklärung erhöhter Leberwerte - + Fallbeispiele zur Diagnose von Lebererkrankungen in der Praxis - Labors.at
Was würden Sie tun?

• Labor wiederholen?
    – Ergänzung- wodurch?
    – Spezielle Blutabnahmen?

•   Genauere Anamnese?
•   Ultraschall?
•   Aufnahme im Krankenhaus?
•   Leberbiopsie?
Abklärung erhöhter Leberwerte - + Fallbeispiele zur Diagnose von Lebererkrankungen in der Praxis - Labors.at
Meine Antwort

• „Bitte keine Panik. Du hast eine schwere Hepatitis.
  Bitte fax mir alle Befunde oder mach ein Foto davon
  und schick es mir.
• Dringend ausgeschlossen werden sollten Hepatitis A
  und Hepatitis B und Autoimmunhepatitis (ANA, SMA,
  AMA+M2).
• Vielleicht kann man auch einen Ultraschnelltest auf
  ANA machen, um zu entscheiden ob wir Cortison
  brauchen. (Autoimmunhepatitis).
• Wir brauchen auch einen Ultraschall der Leber.
Abklärung erhöhter Leberwerte - + Fallbeispiele zur Diagnose von Lebererkrankungen in der Praxis - Labors.at
Krankenstand (AHS Prof.)?
• Ob Du damit arbeiten kannst kommt auf Deinen
  Gesamtzustand an.
• Früher war Bettruhe obligat, heute nicht. Keine Studien.
   – Das klingt super!! Mir geht das Unterrichten so ab!!! Subjektiv fühle
     ich mich nur etwas müde, ansonsten unterrichte ich weiterhin wie
     immer, aber seit einigen Tagen fühle ich mich so, als ob ich Fieber
     bekäme, aber ich bekomm nie eins, soweit ich denken kann.
   – Übrigens im Herbst habe ich braune Flecken auf beiden Beinen
     bekommen, kein Arzt hat herausgefunden warum.
   – In der Schule habe ich jetzt einmal 14 Tage Krankenstand gesagt –
     darunter würde kein/e Kolleg/in fürs Supplieren einen Cent kriegen ,
     erst ab dem 15. Tag beginnt man, fürs Supplieren Geld zu kriegen.
• Auf jeden Fall solltest Du keinen Sport machen, damit die Milz
  die oft vergrössert ist nicht geschädigt werden kann
Abklärung erhöhter Leberwerte - + Fallbeispiele zur Diagnose von Lebererkrankungen in der Praxis - Labors.at
„Spezielle“ Blutabnahmen

•   ANA 1:2560
•   SMA pos.
•   LKM neg.
•   AMA, M2 neg.
•   IgG4 neg.

• Entscheidung zur Biopsie
Abklärung erhöhter Leberwerte - + Fallbeispiele zur Diagnose von Lebererkrankungen in der Praxis - Labors.at
Histologie – Leberzylinder
Abklärung erhöhter Leberwerte - + Fallbeispiele zur Diagnose von Lebererkrankungen in der Praxis - Labors.at
Histologie – Details
Spektrum der autoimmunen Lebererkrankungen

 • Hepatozyten
   – Autoimmunhepatitis – AIH
 • Cholangiozyten
   –   Primär biliäre Zirrhose, PBC AMA, M2
   –   Primär sklerosierende Cholangitis, PSC pANCA bei 70%
   –   AIH/ sklerosierende Cholangitis overlap Sndrom, ASC
   –   IgG4 assoziierte Erkrankung
Patient 2:
Ein ganz einfacher Fall?
Patient 2 - Anamnese I
• Bei einem 77-jährigen Diabetiker wird ein Routinelabor durchgeführt. Dabei
  zeigt sich folgender Befund:

        GOT 65 U/L (0-50)
        GPT 127 U/L (0-50)
        Alk. Phosphatase 267 U/L (40-129)
        Gamma-GT 921 U/L (0-60)
        Bilirubin 2,1 mg/dL (0-1)
        Gerinnung, Albumin, Cholinesterase, Thrombozyten: normal
        Glucose 245 mg/dL, Hämoglobin A1c 8,3% (4,2-6,3)
        Cholesterin 273 mg/dL (100-200), Triglyceride 177 mg/dL (50-150)
        Ferritin 612 μg/dL (30-400), Transferrinsättigung 38% (16-45)

• Die Leberwerte waren bis vor 5 Jahren normal und stiegen seither kontinuierlich
Patient 2 - Anamnese II und Status
•   DM II seit 15 Jahren – Therapie mit Diät, Metformin und Gliclazid
•   Kontrollen beim HA unregelmäßig
•   Bekannte Carotisstenosen beidseits (etwa 40%)
•   Alkohol: täglich etwa ¼ L Wein und 3 Flaschen Bier
•   Raucher
•   Ansonsten keine Vorerkrankungen erhebbar

•   Körpergröße: 172 cm, Gewicht: 95 kg, BMI 32
•   RR 130/70, HF 90/min
•   Körpertemperatur: 36,3 C
•   Leber 2 Querfinger unter dem Rippenbogen tastbar
•   Klinisch kein Hinweis auf Aszites
•   Keine Leber-Haut-Zeichen (Spidernävi, Palmarerythem, femininer Behaarungstyp)
Wichtige Lebererkrankungen - Erwachsene
     Erkrankungen des Leberparenchyms                       Extrahepatische Cholestase
•   Alkohol                                           •   Pankreastumor (meist Karzinom)
•   NAFLD (non alcoholic fatty liver disease)
•   NASH (non alcoholic steatohepatitis)              •   Chronische Pankreatitis
•   Medikamente, Toxine                               •   Papillentumor
•   Virushepatitis                                    •   Choledochuskarzinom
•   Autoimmune Lebererkrankungen
          - Autoimmunhepatitis                        •   Kompression durch Lymphknoten
          - PBC (primär biliäre Cholangitis)
          - PSC (primär sklerosierende Cholangitis)   •   PSC (primär sklerosierende Cholangitis)
          - Overlap Syndrom
          - IgG4-assoziierte Cholangitis              •   IgG4-assoziierte Cholangitis
•   Genetisch bedingte Lebererkrankungen              •   Wurminfektionen
          - Hämochromatose
          - Morbus Wilson                             •   Cholangiolithiasis
          - α1-Antitrypsin Mangel
•   Hypoxie, Ischämie
•   Störung des venösen Abflusses
          - Rechtsherzinsuffizienz
          - Budd-Chiari Syndrom
          - Veno-occlusive disease
•   Andere Entzündungen (z.B. Sarkoidose,
    Lues, CMV)
•   Metastasen
•   Kryptogen
Diagnostische Abklärung bei Lebererkrankungen

Ätiologie
• Hepatozellulär (durch Entzündung, Nekrose)
• Cholestatisch (intra- oder extrahepatisch; obstruktiv durch Gallensteine, Tumore,
   Metastasen)
• Gemischte (z.B. toxische) Lebererkrankungen

Schweregrad
• „grading“: aktiv – inaktiv, leicht – mäßig – ausgeprägt

Bestimmung des Krankheitsstadiums
• „staging“: akut – chronisch, früh – spät, fibrotisch – zirrhotisch
Diagnostische Abklärung bei Lebererkrankungen

• Anamnese

• Klinische Untersuchung

• Laborparameter

• Bildgebende Verfahren

• Histologische Untersuchungen (Leberbiopsie),

• Bestimmung Fibrosegrad (Inflammation); Elastografie (Fibroscan®)
Anamnese bei pathologischen Leberwerten

•   Alkoholkonsum (ASH, Zirrhose)
•   Medikamente (DILI, Idiosynkratie)
•   Reise (virale Hepatitiden)
•   Sexualanamnese (virale Hepatitiden)
•   Bluttransfusionen und Drogenkonsum (virale Hepatitiden)
•   Hyperlipidämien (Steatose)
•   Adipositas (Steatose)
•   Diabetes mellitus (nichtalkoholische Steatohepatitis, Hämochromatose)
•   Arthralgien (Hämochromatose, AIH)
•   Autoimmunopathien (AIH, PBC, PSC, IgG4-assozierte Cholangitis)
•   Familienanamnese (hereditäre Hepatopathie)
•   Psychiatrische Erkrankungen, Bewegungsstörungen (Morbus Wilson)
•   Lungenerkrankungen (Alpha-1-Antitrypsienmangel)
•   Eisenmangel, Schilddrüsenerkrankungen (Zöliakie)
Prävalenz von Lebererkrankungen
1:5           – nicht alkoholische Fettleber (NAFLD)

1:75          – alkoholische Steatohepatis (toxisch nutritiv) ASH

1:170         – Hepatitis-C-Virus

1:250         – Hepatitis-B-Virus

1:400         – Hämochromatose

1:3.000       – α-1-AT-Mangel

1:10.000      – toxische Schädigung (Paracetamol etc.)

1:10.000      – AIH (Autoimmunhepatitis)

1:20.000      – PBC (primär biliäre Cholangitis)

1:30.000      – Morbus Wilson

1:50.000      – PSC (primär sklerosierende Cholangitis)
                                              www.bayerischerinternistenkongress/Wiest.pdf.2015
Pathologisch relevante Laborwerte

• Leberzellschaden: GPT, GOT, LDH

• Cholestaseparameter (AP, GGT, (konjugiertes) Bilirubin)

• Syntheseparameter (PTZ, INR, AT III, Faktor V, CHE, Albumin,
  Cholesterin)
   – Bei akutem Leberversagen mitbetroffen:
       •   Harnstoff
       •   Harnsäure
       •   Glukose
       •   ...

• Surrogatparameter (Thrombozyten, Ammoniak)
Pathologisch relevante Laborwerte bei
                 Lebererkrankungen (LE)
• GOT: Cytoplasma und Mitochondrien (nicht nur Leber, sondern auch Herz,
  Muskeln, Nieren, Gehirn und Erythrozyten)
• GPT: 70% Cytoplasma; höchste Aktivität in der Leber, (Muskel, Nieren)

• In Kombination weisen GOT und GPT hohe Sensitivität u. Spezifizität für
  Lebererkrankungenauf

Höhe von GOT, GPT:
• Sehr hohe Werte: bei perakuten Schädigungen (ischämisch, hypoxisch, toxisch)

• Deutlich erhöhte Werte: bei akuter Hepatitis (viral A-E, medikamentös, AIH-
  Schub, akut-auf-chronisch)

• Leicht erhöhte Werte: bei chronischen Virushepatitiden (B, C, D), (N)AFL, (N)ASH,
  Hämochromatose, Morbus Wilson, AIH und Zöliakie
Pathologisch relevante Laborwerte bei
                   Lebererkrankungen (LE)
• Cholestaseparameter: aus Membranen der kleinen und großen Gallengänge

• Ursprung der Cholestase:
    – Hepatozyten (blande Cholestase, Hormone, Medikamente, Schwangerschaft, genetisch,
      cholestatische Hepatitis: Medikamente, Alkohol, viral)
    – kleine Gallengänge (duktuläre Veränderungen, Duktopenie, PBC)
    – große Gallengänge (intra- oder extraluminale mechanische Obstruktionen, PSC)

GGT
• Steatose
• Medikamentöse Enzyminduktion
• Biliäre Erkrankungen (PBC) und Raumforderungen
• Sehr sensitiv
• Leitenzym (mikrosomales Enzym in Hepatozyten und Gallengangsepithelien,
   Pankreas, Niere und Darm exprimiert - somit unspezifisch)
Alkalische Phosphatase
• Leber, Knochen, Darm, Nieren, Plazenta und Tumoren gebildet
Enzymmuster bei Lebererkrankungen
Virushepatitis
Patient 2 – Befunde

OB-Sonographie:
• Hepatomegalie, Leberoberfläche glatt
• Ausgeprägte Steatosis hepatis
• Milz 11 cm
• Keine Zeichen einer portalen Hypertension
Patient 2

                                   Adipositas,
   Alkoholkonsum                Hyperlipidämie,
                                Diabetes mellitus

                                      NAFLD
Alkoholische Fettleber          Nicht-Alkoholische
                                    Fettleber
ASH versus NASH
               Spektrum und Progression

          Alk.Steatose                                NAFLD
                    10-35%                                      5-20%

8-20%         ASH                 1-3%                 NASH
                    20-40%                                     7-25%
        Leberzirrhose                         Leberzirrhose

                                     Diehl et al. Gastroenterology 1988;95:1056
                                     Mateoni et al. Gastroenterology 1994;116:1413
                                     Neuschwander et al. Hepatology 2003;37:1202
                                     Adams et al. Gastroenterology 2005;129:113
Fettleber - Wichtige Ursachen

• Alkoholisch
• Nicht-alkoholisch (NAFLD)
•   Viral (HCV GT3)
•   Hämochromatose
•   Mb. Wilson
•   Medikamente
•   Chemotherapeutika
•   A-/ Hypobetalipoproteinämie …
Patient 2 – Befunde und Diagnosen
OB-Sonographie:
• Hepatomegalie, Leberoberfläche glatt
• Ausgeprägte Steatosis hepatis
• Milz 11 cm
• Keine Zeichen einer portalen Hypertension

Diagnose:

                    NAFL                 BAFL     AFL
                    NASH                 BASH     ASH
                   40-60g/d

Therapie:
• Optimierung der Diabeteseinstellung,
• Gewichtsreduktion
• Alkoholkarenz
Patient 2 – Befunde und Diagnosen
OB-Sonographie:
• Hepatomegalie, Leberoberfläche glatt
• Ausgeprägte Steatosis hepatis
• Milz 11 cm
• Keine Zeichen einer portalen Hypertension

Diagnose:

                     NAFL                BAFL             AFL
                     NASH                BASH             ASH
                    40-60g/d

Therapie:
• Optimierung der Diabeteseinstellung,
• Gewichtsreduktion
• Alkoholkarenz
• Kaffee trinken                                Weitere diagnostische
                                                Maßnahmen sinnvoll?
Patient 2: Befunde und Diagnosen
Ferritinerhöhung bei normaler Transferrinsättigung: Symptom der NAFLD

Weitere Laborparameter:
• HBsAg neg, HBsAk pos, HBcAk pos, HBcAk IgM neg
• Hepatitis C Ak positiv; HCV-RNA: 2,300.000 U/mL, Genotyp 1b

Diagnosen:

                        NAFL          BAFL           AFL
                        NASH          BASH           ASH
                       40-60g/d

                   Chronische Hepatitis C – Infektionsmodus unklar
Patient 2 – Take Home Messages

• Bei der Interpretation von Leberwerten systematisch
  vorgehen (Nekrose-, Cholestase-, Syntheseparameter).
• Der erste Schritt bei der Abklärung von Lebererkrankungen ist
  eine genaue Anamnese.
• Die NAFLD ist inzwischen die häufigste Lebererkrankung in
  Österreich.
• Eine alkoholische und/oder nicht-alkoholische Fettleber kann
  andere Lebererkrankungen „verdecken“.
Patientin 3:
Mysteriöse Cholestase
Patientin 3 - Anamnese I

• Bei einer 69-jährigen Patientin wird zur Abklärung von seit etwa 2
  Monaten bestehender Oberbauchschmerzen ein Routinelabor
  durchgeführt. Dabei zeigt sich folgender Befund:

        GOT 65 U/L (0-50)
        GPT 89 U/L (0-50)
        Alk. Phosphatase 832 U/L (40-129)
        Gamma-GT 589 U/L (0-60)
        Bilirubin 2,0 mg/dL (0-1)
        Gerinnung, Albumin, Cholinesterase, Thrombozyten normal
        Bz und Blutfette im Normbereich
        Ferritin 491 μg/dL (30-400), Transferrinsättigung 25% (16-45)
        Lipase 120 U/L (0-60), CRP 6,2 mg/L (0-5)

• In einem Labor, das ein Jahr zuvor durchgeführt worden war, fanden sich
  nur minimal erhöhte Cholestaseparameter
Patientin 3 - Anamnese II und Status

•   Hypertonie: eingestellt auf Ramipril und Amlodipin
•   St. p. Colonkarzinom vor 10 Jahren (Therapie durch Sigmaresektion)
•   Kein Alkoholkonsum
•   Keine Autoimmunerkrankungen bekannt

•   Körpergröße: 165 cm, Gewicht: 67 kg (Gewichtsverlust von 5 kg während der
    vergangenen 2 Monate)
•   RR 135/80, HF 85/min
•   Körpertemperatur: 36,5°C
•   Geringer Druckschmerz im gesamten Oberbauch
•   Klinisch kein Hinweis auf Aszites
•   Keine Leber-Haut-Zeichen (Spidernävi, Palmarerythem,….)
•   Rötung und Schwellung der Tränendrüse des rechten Auges (laut Patientin seit
    2 Wochen)
Patientin 3 – Befunde I
OB-Sonographie:
• „Geringgradiger diffuser Leberparenchymschaden“, Leberoberfläche glatt
• Ductus choledochus mit 8 mm gering dilatiert, Wand imponiert verdickt
• Milz 9 cm
• Keine Zeichen einer portalen Hypertension
• Pankreas wegen Darmgasüberlagerung nicht beurteilbar
Patientin 3 – Befunde II
OB-Sonographie:
• „Geringgradiger diffuser Leberparenchymschaden“, Leberoberfläche glatt
• Ductus choledochus mit 8 mm gering dilatiert, Wand imponiert verdickt
• Milz 9 cm
• Keine Zeichen einer portalen Hypertension
• Pankreas wegen Darmgasüberlagerung nicht beurteilbar

OB-CT:
• Leber weitgehend unauffällig
• Ductus choledochus unregelmäßig bis 8 mm gering dilatiert, Wand
  imponiert verdickt
• Pankreas in gesamter Ausdehnung „wurstförmig“ aufgetrieben

MRCP (Magnetresonanz-Cholangiopancreaticographie):
• Ductus choledochus in seiner gesamten Ausdehnung unregelmäßig
  dilatiert, multiple Stenosen
• Pankreas in gesamter Ausdehnung „wurstförmig“ aufgetrieben
Enzymmuster bei Lebererkrankungen
Wichtige Lebererkrankungen beim Erwachsenen
     Erkrankungen des Leberparenchyms                       Extrahepatische Cholestase
•   Alkohol                                           •   Pankreastumor (meist Karzinom)
•   NAFLD (non alcoholic fatty liver disease)
•   Medikamente, Toxine                               •   Chronische Pankreatitis
•   Virushepatitis                                    •   Papillentumor
•   Autoimmune Lebererkrankungen
          - Autoimmunhepatitis
                                                      •   Choledochuskarzinom
          - PBC (primär biliäre Cholangitis)
          - PSC (primär sklerosierende Cholangitis)
                                                      •   Kompression durch Lymphknoten
          - Overlap Syndrom
          - IgG4-assoziierte Cholangitis
                                                      •   PSC (primär sklerosierende Cholangitis)
•   Genetisch bedingte Lebererkrankungen              •   IgG4-assoziierte Cholangitis
          - Hämochromatose
          - Morbus Wilson
                                                      •   Wurminfektionen
          - α1-Antitrypsin Mangel
•   Hypoxie, Ischämie
•   Störung des venösen Abflusses
          - Rechtsherzinsuffizienz
          - Budd-Chiari Syndrom
          - Veno-occlusive disease
•   Andere Entzündungen (z.B. Sarkoidose,
    Lues, CMV)
•   Metastasen
•   Kryptogen
Immunologische Lebererkrankungen

• AIH primär hepatisches Erscheinungsbild (GPT>GOT)

• PBC

• PSC

• Überlappungen möglich (Overlap Syndrom)

• IgG4-assoziierte Cholangitis
Immunologische Lebererkrankungen
AIH
• immun-mediierte, chronisch-entzündliche LE unklarer Ätiologie
• Anamnese, klinischem Status, extrahepatischen Manifestationen,
• Geschlecht (w > m)
• IgG/γ-Globuline, Autoantikörper (ANA, SMA, LKM, SLA; 80% pos.)
• Histologie (Interfacehepatitis, Rosettenbildung, ..)
• Score: Autoantikörper, IGG, Histologie, neg. Hepatitisserologie
         (≥ 6: wahrscheinliche AIH, ≥7: definitive AIH)
Immunologische Lebererkrankungen
PBC (Cholangitis)
• Immunmediiert
    – Umweltfaktoren ?
• Destruierende Cholangitis der kleinen, intrahepatischen Gallengänge
• Anamnese
• Klinik (Pruritus, Müdigkeit, extrahepatische Symptome: Sicca-
  Symptomatik, Arthritis, Thyreopathie, Sklerodermie, Raynaud, CREST)
• Geschlecht (f/m 9:1)
• Antinukleäre Antikörper (AMA: 95% pos.)
• Histologie: portale Infiltrate, Duktopenie/VBD, floride duktale Läsionen,
  Proliferationen
• 2 von 3 Kriterien: AP und yGT, AMA, Histologie
Immunologische Lebererkrankungen
PSC
• Chronische Entzündung der Gallenwege
• Betrifft im Gegensatz zur PBC die großen Gallengänge
• Sonderform small duct PSC (bessere Prognose – kein CCC)
• In Schüben verlaufend
• Histologie: typisch obliterative Fibrose (zwiebelschalenartig)
• ERCP, MRCP
• PSC ist häufig assoziiert mit Colitis ulcerosa (75%) und Autoimmunphänomenen
• pANCA: 70% pos.
• Vermehrt cholangiozelluläre Karzinome
• Ursodeoxycholsäure
• Lebertransplantation
• Nord-Süd Gefälle
IgG4-assoziierte Cholangitis
• Zunehmend in westlicher Welt beobachtet
• Entzündung, der großen und/oder kleinen Gallengänge
• Symptome: Ikterus (77%), Gewichtsverlust (51%), abdominelle Schmerzen
  (26%), Steatorrhoe (15%), Diabetes (8%)
• Symptome teilweise durch begleitende AIP bedingt
• Rasch progredienter Verlauf in Richtung Zirrhose aber auch spontane
  Remissionen möglich
• Diagnose: HISORt-Kriterien

 Histology             Periduktales lymphoplasmazelluläres Infiltrat mit
                       obliterierender Phlebitis; >10 IgG4+ Plasmazellen/HPF
 Imaging               Diffuse Vergrößerung des Pankreas, Gangstenosen, fokale
                       Herde
 Serology              Erhöhtes IgG4
 Other organs          Gallengänge, Pankreas, Lymphknoten, Speicheldrüsen etc.
 Response to           Deutliche Verbesserung unter Steroiden
 Steroid treatment
IgG4-assoziierte systemische Erkrankung

•   Autoimmunpankreatitis
•   IgG4-assoziierte Cholangitis
•   Cholecystitis
•   Gastritis, Ulcus ventriculi
•   Papillitis
•   IgG4-Hepatopathie
•   Tubulointerstitielle Nephritis
•   Retroperitoneale Fibrose
•   Sicca-Syndrom
•   Lymphadenopathie
•   anderes
IgG4-assoziierte Cholangitis - DD

• Cholangiozelluläres Karzinom (Klatskin-Tumor): 32/185
  Patienten, bei denen wegen Verdacht auf maligne
  Gallengangsstenose eine Resektion durchgeführt wurde,
  hatten benigne Histo (bei etwa 50% davon handelte es
  sich um AIC)                     Erdogan D et al. Br J Surg 2008; 95: 727-734

• PSC: 9% der „PSC-Patienten“ haben erhöhtes IgG4; diese
  haben nur selten CU und raschere Progression Richtung
  LTX
                                    Mendes DF et al. Am J Gastroenterol 2006; 101: 2070-2075

• Bei 23% der Patienten mit LTX wegen PSC zeigten sich in
  explantierter Leber IgG4 pos. periduktale entzündliche
  Infiltrate (korrelierend mit kurzem, raschen
  Krankheitsverlauf und hoher Rezidivrate nach LTX)
                                                     Zhang L et al. Am J Pathol 2010; 34: 88-94
Patientin 3 – Befunde III und Diagnose

Autoimmunserologie:
• ANA, ASMA, LKM negativ
• AMA, ANCA negativ

IgG4 im Serum:
• 5,74 g/L (0,003-2,00)

Diagnose:
• IgG4-assoziierte Erkrankung mit
        - Autoimmunpankreatitis
        - IgG4-assoziierter Cholangitis (Autoimmuncholangitis)
        - Dakryoadenitis
Patientin 3 – Take Home Messages
• Bei der Interpretation von Leberwerten sollte man systematisch vorgehen
  (Nekrose-, Cholestase-, Syntheseparameter).
• Der 1. Schritt bei der Abklärung von Lebererkrankungen ist eine genaue
  Anamnese.
• Die NAFLD ist inzwischen die häufigste Lebererkrankung in Österreich
• Eine alkoholische oder nicht-alkoholische Fettleber kann andere
  Lebererkrankungen „verdecken“.
• Bei Cholestase muss zunächst zwischen intra- und extrahepatischer
  Cholestase differenziert werden.
• Die IgG4-assoziierte Erkrankung ist häufiger als man denkt. Häufigstes
  Symptom ist eine Autoimmunpankreatitis. Die IgG4-assoziierte Cholangitis
  kann eine PSC imitieren.
Patientin 4:
Eine „leberkranke“ Familie
Patientin 4 - Anamnese I
• Eine 67-jährige Patientin sucht wegen zunehmender Müdigkeit und
  Schmerzen im Bereich der Hände und Finger ihren Arzt auf. Im
  Routinelabor zeigt sich folgender Befund:

        GOT 72 U/L (0-50)
        GPT 99 U/L (0-50)
        Alk. Phosphatase 120 U/L (40-129)
        Gamma-GT 123 U/L (0-60)
        Bilirubin 0,5 mg/dL (0-1)
        Gerinnung, Albumin, Cholinesterase, Thrombozyten normal
        Bz und Blutfette im Normbereich
        CRP im Normbereich
        Erythrocyten und Hämoglobin normal
        Ferritin 2.149 μg/dL (30-400), Transferrinsättigung 72% (16-45)

• Ein Vergleich mit älteren Befunden zeigt, dass auch vor 5 Jahren die
  Transaminasen bereits gering erhöht waren
Patientin 4 - Anamnese II und Status

• Keine relevanten Vorerkrankungen
• Alkohol: täglich etwa 1/8 L Wein
• Keine Medikamente außer gelegentlich Diclofenac wegen der
  Gelenksschmerzen
• Patientin berichtet, zwei ältere Brüder zu haben: Der eine sei mit 70
  Jahren an einer Leberzirrhose verstorben, der andere sei ebenfalls
  „leberkrank“

•   Körpergröße: 163 cm, Gewicht: 61 kg
•   RR 120/70, HF 80/min
•   Körpertemperatur: 36,5°C
•   Leber 1 Querfinger unter dem Rippenbogen tastbar
•   Klinisch kein Hinweis auf Aszites
•   Keine Leber-Haut-Zeichen (Spidernävi, Palmarerythem,….)
Patientin 4 – Befunde I
OB-Sonographie:
• „Geringgradiger diffuser Leberparenchymschaden“, Leberoberfläche glatt
• Intra- und extrahepatische Gallengänge normal
• Milz 10 cm
• Keine Zeichen einer portalen Hypertension, kein Aszites
• Pankreas unauffällig

Hepatitisserologie:
• Serologie auf HAV, HBV und HCV negativ

Autoimmunserologie:
• ANA, ASMA, LKM negativ
• AMA, ANCA negativ

Kontrolle von Ferritin und Transferrinsättigung (im Nüchternzustand):
• Ferritin 2.1215 μg/dL (30-400), Transferrinsättigung 69% (16-45)
Morbus Wilson

• Hereditär, Inzidenz 1:30.000
• Kann sich mit Steatose präsentieren
• Cu-Akkumulation > Inflammation > Fibroseprogression > evtl. Zirrhose
• Durch extrahepatische Cu-Akkumulation in Auge Kayser-Fleischer-Ring, in
  ZNS neurologische und psychiatrische Symptome
• Labor: Coeruloplasmin erniedrigt, Genanalyse (komplex – Vielzahl von
  Mutationen beschrieben)
• Leberbiopsie wichtig (Quantifizierung Cu in Leber), aber: Auch Cholestase
  geht mit Cu-Retention einher
M. Wilson - Präsentation

      Merle U, Schaefer M, Ferenci P, Stremmel W, Gut 2007
Alpha-1-Antitrypsinmangel

•   Autosomal rezessiv (SERPINA1 Gen Chromosom 14q32.1)
•   Alpha-1-Antitrypsin: Akutphaseprotein, Proteaseinhibitor
•   Ungehinderte Proteolyse, Lunge > Zirrhose, Lungenemphysem
•   Therapie: Nikotinkarenz, Substitutionstherapie, Transplantation
Familiäre Hyperbilirubinämiesyndrom:
          M. Meulengracht, M. Gilbert

• Konjugationsstörung durch verminderte UDP-
  Glucuronyltransferase, autosomal dominant
• Erhöhtes indirektes, unkonjugiertes Bilirubin
• Manifestation um 20. Lebensjahr, leichter Ikterus, harmlos
   – Manche Patienten entwickeln bei Fasten, Sport, Infektionen oder anderen
     systemischen Erkrankungen schmerzhafte abdominelle Symptome
   – Korrelation mit Höhe von Bilirubin
       • Versuch Enzyminduktion (z.B. Barbiturat)
Hämochromatose

• Mutationsanalyse einfach (HFE-1, C282Y, H63D)
• Transferrinsättigung ausschlaggebend für Diagnose, Ferritin für
  Monitoring wichtig (
Häufige Symptome bei
         primärer Hämochromatose

• Erhöhte Leberwerte               75%
• Müdigkeit                        74%
• Hyperpigmentierung der Haut      70%
     („Bronzediabetes“)
• Diabetes mellitus                48%
• Arthralgie                       44%
• Impotenz, Libidoverlust          45%
• EKG-Abnormitäten                 31%
Hyperferritinämie – differentialdiagnostische Abklärung

                              Brissot P et al. J Hepatol 2016; 64: 505-515
Patientin 4 – Befunde II und Diagnose

MR-Abdomen:
• Deutlich vermehrte Eisenspeicherung in der Leber
• Keine vermehrte Eisenspeicherung in der Milz

Genetische Untersuchung des HFE-Gens:
• Homozygot für C282Y-Mutation

Diagnose:
• HFE-assoziierte Hämochromatose
Genetische Hämochromatose
Take Home Messages
• Bei der Interpretation von Leberwerten systematisch vorgehen
  (Nekrose-, Cholestase-, Syntheseparameter).
• Der 1. Schritt bei der Abklärung von Lebererkrankungen ist eine
  genaue Anamnese.
• Die NAFLD ist inzwischen die häufigste Lebererkrankung in
  Österreich.
• Eine alkoholische oder nicht-alkoholische Fettleber kann andere
  Lebererkrankungen „überdecken“.
• Bei Cholestase muss zunächst zwischen intra- und extrahepatischer
  Cholestase differenziert werden.
   • Ausschluss Lebermetastasen
• Die IgG4-assoziierte Erkrankung ist häufiger als man denkt und kann
  eine PSC imitieren. Häufigste Begleiterkrankung ist eine
  Autoimmunpankreatitis.
• Die primäre Hämochromatose ist bei uns die häufigste genetische
  Lebererkrankung (Genotyp 1:200 bei Kaukasiern).
   • Schlechte Genotyp-Phänotyp Korrelation
Richtlinien zur Abklärung erhöhter Leberwerte im niedergelassenen Bereich (Newsome PN, et al. Gut 2018;67:6–19.
doi:10.1136/gutjnl-2017-314924)
Sie können auch lesen