Abschluss Bericht Sonja Siebörger Auslandsjahr 2017/18

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Abschluss Bericht Sonja Siebörger Auslandsjahr 2017/18
Abschluss Bericht
                                      Sonja Siebörger
                                    Auslandsjahr 2017/18

„An exchange year is not a year in your life, it is a life in a year.“

Jeder, der als Austauschschüler für ein ganzes Jahr in einem anderen Land gelebt hat, wird diesem
Sprichwort zustimmen können. Man lernt so viele neue Leute und Freunde kennen, bereist ein
wunderschönes, exotisches Land und taucht in eine fremde Kultur ein.
Doch nach einem Jahr ist aus allem Fremden und Neuen „Zuhause“ geworden.

Mein Name ist Sonja Siebörger und ich war für ein Jahr an dem schönsten Ort der Welt.

                                             Neuseeland!

Ein Auslandsjahr machen. Schon lange bevor ich überhaupt alt genug dazu war, spielte ich mit
diesem Gedanken. Die Idee, ein Jahr von zu Hause weg zu sein und auf eigenen Beinen zu stehen,
faszinierte mich. Als es dann an der Zeit war, sich konkreter mit dem Auslands Aufenthalt meiner
Träume zu beschäftigen, kristallisierte sich recht schnell die Organisation Rotary Youth Exchange
heraus.
Besonders die Tatsache, dass ein ganzer Rotary Club vor Ort für einen da ist und einen unterstützt,
gefiel mir. Bei so vielen Personen gibt es immer einen Ansprechpartner. Nicht wie in anderen
Organisationen, wo man sich nur an seine Gastfamilie wenden kann.
Auch der unvermeidbare Aspekt „Gastfamilie“ ist von Rotary sehr elegant gelöst. Mit Rotary
wechselt man jedes Quartal seine Gastfamilie und lernt auf diese Weise verschiedene Traditionen
und Bräuche unterschiedlicher Familien kennen. Auch wenn irgendwelche Probleme mit der einen
Familie auftreten, gibt es immer einen Notfallplan.
Des weiteren habe ich von so vielen Rotary Rebounds gehört, die berichteten, dass ein Jahr mit
Rotary ins Ausland zu gehen die beste Entscheidung ihres Lebens war und sie nur gute Erfahrungen
mit Rotary als Organisation gemacht haben.
All diese Argumente haben mich letztendlich von Rotary überzeugt und ich entschied mich, mich
zu bewerben.

Nachdem also die Frage der Organisation geklärt war, musste ich mir noch überlegen, in welchem
Land ich gerne ein Jahr leben wollte.
Da ich in Australien geboren bin, mich aber gar nicht mehr an das Land erinnern kann, war meine
erste Idee Australien natürlich nahe liegend.
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Auf Grund der Tatsache, dass von Rotary Australien und Neuseeland nur zusammen angeboten
wird, lautete mein Erstwunsch also Ozeanien.
Nachdem ich meinen Erstwunsch zugesagt bekommen habe, fing ich an, mich auch näher mit
Neuseeland zu beschäftigen. Dabei fielen mir als erstes die wunderschönen Landschaften und die
sagenhaften Strände auf und mir gefiel der Ruf, in Neuseeland würden die freundlichsten Menschen
der Welt wohnen. Und als ich dann hörte, ich würde nicht nach Australien kommen, sondern ein
Jahr in Neuseeland leben, war ich überglücklich.
Australien ist ein Land, das ich zu hundert Prozent in Zukunft besuchen werde, aber Neuseeland ist
ein Ort, den ich vielleicht nie gesehen hätte, wenn ich nicht mein Auslandsjahr dort verbracht hätte.
Als ich schließlich wusste, wohin es für mich gehen würde, ging alles wahnsinnig schnell.
Visa beantragen, Flug buchen, packen und mich von meinen Lieben verabschieden.
Doch erst als ich endlich im Flugzeug saß, wurde mir klar, auf was ich mich eingelassen hatte.
Ich war wirklich allein auf dem Weg in mein großes Abenteuer!

Weil ich Deutschland Mitte Juli verlassen habe war in Neuseeland natürlich Winter. So begrüßte
mich kräftiger Regen und frostiger Wind als ich in Auckland das erste Mal neuseeländischen Boden
betrat. Weiter ging es mit einer kleinen Maschine von Air NZ nach Palmerston North, wo ich von
einer ganzen Rotary Delegation willkommen geheißen wurde.
 Neben meinen ersten Gasteltern und Rotariern des Rotary Clubs of Marton waren auch Mitglieder
des Rotary Youth Committees und sogar der District Governor von Rotary District 9940 da, um mir
die Hand zu schütteln und bei der Gelegenheit auch Fotos für die Rotary Zeitschrift zu machen.
Alles in allem ein unglaublich freundlicher erster Eindruck von Rotary in Neuseeland.

Die ersten Wochen waren dann davon geprägt, mich in meiner neuen Familie und der Schule
einzuleben.
Wobei sich besonders die Schule in Neuseeland oder zumindest Rangitikei College, das ich
besuchte, sehr vom deutschen Standard unterscheidet.
Natürlich ist da erst einmal das Offensichtlichste, die Schuluniform.
Tag für Tag die gleiche Uniform zu tragen war für mich schon eine Umstellung. Allerdings, nicht
jeden Morgen vor dem Kleiderschrank stehen zu müssen und zu entscheiden, was man anziehen
soll, war auf jeden Fall einfacher und schneller. Andererseits aber auch sehr eintönig.
Ein gravierenderer Unterschied ist jedoch der Unterricht selbst.
In Neuseeland wählt jeder Schüler sechs Fächer, die er oder sie belegen möchte. Da für mich weder
Noten noch Qualifikationen, die ich in Neuseeland erlangen konnte, in Deutschland von Relevanz
sind, habe ich mich nur auf die Fächer beschränkt, die mir wirklich Spaß machten. So besuchte ich
Fächer wie Mathematik und Englisch, aber auch Kunst, Drama, Design and Visual Communication
und Sport Science.
Neben der fremden Sprache und dem Einleben in meine neuen Klassen fiel es mir glücklicher
Weise recht leicht, Kontakte zu knüpfen und Freundschaften zu schließen.
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Dabei geholfen hat sicherlich auch mein Beitritt zur Girls Rugby Schulmannschaft.
In Neuseeland ist es üblich, nach der Schule an verschiedenen Teamsportarten teilzunehmen und
sich in Turnieren mit anderen Schulen zu messen.
Da Rugby in Neuseeland ungefähr so populär ist, wie Fußball in Deutschland, war für mich klar,
dass ich diese Sportart definitiv ausprobieren musste. Mit der Schulmannschaft zu trainieren war
eine gute Gelegenheit, nicht nur Rugby als Sportart kennen zu lernen, sondern auch gleich die
Mitglieder der Mannschaft als Freunde zu gewinnen.

Mit all meinen Gastfamilien hatte ich eine ausgesprochen gute Beziehung.
Wie von Rotary Youth Exchange geplant, wechselte ich regelmäßig und hatte so insgesamt vier
Gastfamilien, die mich alle herzlich aufgenommen und mich wie ein Familienmitglied behandelt
haben.
Zusammen leben, essen und eigentlich die ganze Freizeit gemeinsam zu verbringen, verbindet
natürlich ungemein und ich kann gar nicht glauben, wie viel meine Gasteltern für ein Mädchen
gegeben und getan haben, das gerade mal ein paar Wochen mit ihnen gelebt hat.
Ich bin dankbar für jeden meiner Gastfamilien Wechsel. So wurde mir ermöglicht in vier tollen,
unglaublich netten Familien zu Hause zu sein.
Als wäre dies nicht genug, waren all meine Gasteltern auch sehr darauf bedacht, mir Neuseelands
schönste Orte zu zeigen.

Von „The Far North“ über „Tauranga“, „Taupo“ und „Mt Ruapehu“ bis hinunter zur Südinsel habe
ich unwahrscheinlich viele Orte bereist, gesehen und habe unvergessliche Eindrücke gewonnen.
Neuseeland ist ein Land der Extreme.
So ist man im tiefsten neuseeländischen Busch, fährt eine halbe Stunde weiter und findet sich in
karger Hochlandschaft im weißen Schnee wieder. Noch eine halbe Stunde später steht man
zwischen unzähligen Schafen auf den charakteristischen grünen Rolling Hills. Trotzdem gibt es
nicht einen Punkt in Neuseeland von dem aus das Meer nicht in maximal zwei Stunden erreicht
werden kann. Einfach sagenhaft!
Und ich war dort und durfte Neuseeland hautnah erleben und habe mehr Orte bereist, als die
meisten Einheimischen wahrscheinlich je sehen werden.
Sogar meine Geburtsstadt Melbourne in Australien durfte ich eine Woche lang mit meiner Rotary
Mentorin besuchen. Sie erfuhr nämlich, dass ich in Melbourne geboren bin und meinte daraufhin,
dass Australien ja nicht sooo weit weg sei und sie mich gerne auf einen Trip in das Land meiner
Geburt einladen würde. Welch unbeschreiblich besondere Reise!
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Aber nicht nur meine Rotary Mentorin war so herzlich, generell Rotary in Neuseeland hat mich
positiv überrascht.
Zu Gast war ich im Rotary Club of Marton und musste jeden Montag zu den Meetings anwesend
sein. Das erschien mir zu Beginn sehr häufig, da ich weder mit Rotary noch mit den Leuten vertraut
war.
Schnell stellte sich heraus, dass durch das wöchentliche Treffen und meiner obligatorischen fünf
Minuten Präsentation über meine vergangene Woche, ich die Rotarier und die Rotarier mich sehr
gut kennen gelernt haben. So wurden weite Bande geknüpft.
Viele Rotarier waren sehr offen und haben sich immer gefreut, etwas mit mir zu unternehmen.
Sei es ein Wochenendausflug, ein Besuch bei der Arbeit oder zu Hause oder einfach eine Einladung
zu einem abendlichen Spaziergang. Insgesamt bin ich sehr glücklich sagen zu können, dass der
ganze Rotary Club of Marton zu einer großen Familie für mich geworden ist.
Außerdem ist mir Rotary auch durch das Rotary Youth Comittee begegnet.
An verschiedenen Wochenenden und natürlich der unglaublichen, fast dreiwöchigen Südinseltour
war es mir möglich, Rotarier kennen zu lernen, die ehrenamtlich dafür gesorgt haben, dass das
ganzes Exchange Year so reibungslos verlaufen konnte.
Und nicht zu vergessen die anderen Exchange Students. Im Rotary District 9940 waren wir sechs
Mädchen, alle aus Europa. Schon nach dem ersten Abend waren wir die besten Freundinnen und
konnten es gar nicht erwarten uns am nächsten Rotary Wochenende wiederzusehen.
Ich bin stolz alle diese Menschen meine „Whanau“ nennen zu dürfen.

„Whanau“ ist Maori und ein übergeordneter Begriff für Freunde, Familie und einfach alle, die
einem wichtig sind. Ein Wort, das mir definitiv in der deutschen Sprache fehlt.
Maori sind die Ureinwohner Neuseelands.
Als die Europäer Neuseeland besiedelten, kam es zu großen Auseinandersetzungen und die Kultur
der Maori wurde lange Zeit unterdrückt.
In der heutigen Zeit fangen viele Maoris wieder an, stolz auf ihre Herkunft und ihre Kultur zu sein.
Auch die Sprache, die fast verloren gegangen ist, wird wieder gelehrt. Inzwischen ist Maori zweite
Amtssprache in Neuseeland und Details, wie beispielsweise die Nationalhymne in Maori oder der
typische Hakatanz vor den „All Blacks“ Rugbyspielen gehören einfach dazu.
Selbst im Alltag ist die Maorisprache zu finden. So sind Begriffe wie: „Aroha = Liebe“, „Whanau =
Freunde und Familie“, „Rangimarie = Frieden“, „Mahi = Arbeit“ geläufige Wörter und in den
englischen Sprachgebrauch eingegliedert.
Für mich als Exchange Student war es sehr spannend, traditionellen Tänze wie den Haka zu tanzen,
Maori Lieder, genannt Waiata, zu erlernen und Hangi zu essen .
Sogar in eine Marare, die religiöse Städte der Maori, wurden wir als Exchange Students traditioniell
mit Begrüßungsritual eingelassen und durften dort ein Wochenende mit den Maoris verbringen.
Da Neuseeland an sich sehr europäisch beeinflusst ist, waren diese Begegnungen wirklich sehr
besonders für mich. Und wer kann schon von sich behaupten, echte Lieder auf Maori singen zu
können?
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Erstaunt war ich darüber, mit welchem Patriotismus die Einwohner von ihrem Land geredet haben.
Seien es die Maori, die stolz darauf sind, Maori zu sein und in Neuseeland zu wohnen oder die
Pakeha (Maori für weißer Mann), die voller Ehrgefühl die neuseeländische Nationalhymne singen
und überzeugte „Kiwis“ sind.
In Deutschland zeigt man diese Vaterlandsliebe nicht in dem Ausmaß. Vielen Neuseeländern ist dies
unbegreiflich. Andere jedoch haben mich mit diesem typischen abwertenden Blick bedacht,
nachdem ich mich vorgestellt hatte und sagte: „I am from Germany.“
Es ist schwer zu beschreiben, aber sogar in unserer Zeit habe ich es als nicht einfach empfunden,
mich als Deutsche in einem fremden Land vorzustellen und diesen Ausdruck über das Gesicht
meines Nachbarn huschen zu sehen.
Doch an dieser Hürde bin ich gewachsen und habe mehr als einmal den Leuten klar machen
können, dass Deutschland zwar eine schwere Geschichte hat, aber die heutige Generation nicht
dafür verantwortlich gemacht werden kann. In Deutschland wird sehr viel über den Krieg -
beispielsweise in der Schule - geredet, um sicherzustellen, dass so etwas nie wieder passieren wird.
Immerhin kann ich diese schweren Erlebnisse als Erfahrung verbuchen.
Ich bin stolz, wenn sich wenigstens einer an mich erinnert und sich in Zukunft zweimal überlegt, ob
er Vorurteile glauben soll.

Generell kann ich sagen, dass ich in meinem Auslandsjahr unglaublich viel gelernt habe.
Inzwischen fällt es mir deutlich leichter, auf Personen zuzugehen und Kontakte zu knüpfen. Vor
allem im Umgang mit Erwachsenen bin ich sicherer geworden. Außerdem ist mir klar geworden,
wie wichtig es ist, wertzuschätzen, wenn andere etwas für mich tun und nicht alles als
selbstverständlich zu erachten. Ferner habe ich gelernt, welch einen Unterschied ein „Danke“
bewirken kann und vor allem, was ein echtes Lächeln ausmacht.
Ich freue mich wirklich, dass mein Auslandsjahr mich positiv verändert hat und wie es mich geprägt
hat.
Jetzt würde ich mich als fröhlichen, selbstsicheren und weltoffenen Menschen beschreiben, voller
Vorfreude auf das, was die Welt für mich noch in Zukunft bereit hält.
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Zwar bin ich mir sicher, dass ich in Zukunft die Welt bereisen möchte, wohin es mich allerdings in
beruflicher Richtung verschlägt, ist für mich noch offen.
Was Rotary betrifft, so kann ich mir sehr gut vorstellen, in Zukunft bei der Auswahl der neuen
Outbounds zu helfen und meine Erfahrungen über mein Auslandsjahr zu teilen.
Außerdem finde ich die Arbeit, die Rotary übernimmt, sehr wichtig. Die Idee, etwas der
Gesellschaft zurück zu geben und zu helfen einen lebenswerten Ort zu gestalten, gefällt mir.
In Neuseeland hat es mir viel Freude bereitet, mich an Aktionen, wie dem Rotary
Weihnachtsbaumverkauf oder dem Community Health-Check Day aktiv zu beteiligen.
Auch hier in Deutschland könnte ich mir sehr gut vorstellen, mich in einen Roteract Club
einzubringen.

Zurückblickend frage ich mich, wie dieses eine Jahr meines Lebens so wahnsinnig schnell vergehen
konnte.
Selbst für mich ist es unglaublich, was ich alles erleben durfte und wie viele Freunde und für mich
äußerst wichtige Menschen in mein Leben getreten sind.

Auch wenn ich jetzt wieder in Deutschland bin,
schweifen meine Gedanken noch so oft an einen Ort auf der anderen Seite der Welt.
Einen Ort an dem grüne Hügel die Landschaft dominieren,
Menschen sich mit „What‘s up Mate?“ oder „How is it going?“ begrüßen
und Schüler in schrecklich hässlichen Uniformen zur Schule gehen.
Einen Ort an dem ein Stück meines Herzens für immer bleibt und den mein Kopf zu Hause nennt.
Neuseeland, das wahrscheinlich immer das Land meiner Träume bleibt.
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Schlussendlich bleibt mir nur noch, mich von tiefsten Herzen bei der Organisation Rotary Youth
Exchange zu bedanken.
Danke, dass ich die Möglichkeit hatte, ein Jahr in Neuseeland zu sein, dort die Zeit meines Lebens
zu verbringen und mich in eine völlig fremde Kultur zu verlieben.

                                          Sonja Siebörger

                                    Rotary Exchange Student
                                    Exchange Year 2017/ 2018
                                      Rotary Distrikt 9940
                                          Neuseeland
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