Abschlussklausur Fachwirtprüfung Fall: "Reichsbürger-WBK"

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Abschlussklausur Fachwirtprüfung Fall: “Reichsbürger-WBK“

Sachverhalt:
Herr Berthold Büchse ist am 01.11.1961 in Berlin geboren. Wohnhaft ist er in 12209 Berlin,
Oberhofer Weg 7 (Verwaltungsbezirk Steglitz-Zehlendorf).
Er ist seit Januar 2019 Mitglied in einem Schützenverein namens „Schuss ohne Kuss“, der
sein Vereinsgelände im Verwaltungsbezirk Spandau, Brunsbütteler Damm 262, 10627
Berlin, hat. Daher ist er auch im Besitz einer sogenannten „Waffenbesitzkarte“ (WBK) und
hat dadurch (rechtlich zulässig nach dem Waffengesetz (WaffG)) zwei Handfeuerwaffen
sowie die entsprechende Munition dafür zu Hause. Diese werden nach den Bestimmungen
des WaffG in seiner Wohnung gelagert und nach den Vorschriften desselben Gesetzes zum
sowie vom Schießstand transportiert.
Am 15. März 2022 erreicht die zuständige Behörde ein Schreiben vom Landesamt für
Verfassungsschutz. Darin wird ihr mitgeteilt, dass Herr Büchse auf einer Mitgliederliste der
Partei „Der III. Weg“ 1 aufgeführt sei. Diese Liste wurde im Rahmen von
Durchsuchungsmaßnahmen aufgefunden und beschlagnahmt. Daraus gehe hervor, dass
die genannte Person ein sogenanntes „Fördermitglied“ sei und im Jahr 2021 zwei Mal eine
Geldsumme in Höhe von jeweils 250,- Euro gespendet habe.
Die durchgeführten Ermittlungen Ihrer Behörde ergaben darüber hinaus, dass Herr Büchse
im Internet (Facebook) diverse Bilder eingestellt hat mit der Überschrift:
„Heldengedenken - In tiefer Trauer für unsere tapferen Soldaten der Wehrmacht; Brüder im
Geiste und verbunden im Blut“
Bei den Bildern ist ein Gedenkstein zu erkennen, der einen Wehrmachtshelm, eine Rose
sowie folgende Innschrift trägt: blood in-blood out C 18 2. Um diesen Gedenkstein stehen
jeweils mehrere, überwiegend männliche Personen, die mit verschränkten Armen,
verbissenen Gesichtern und breitbeinig dastehen.
Außerdem können Sie in Erfahrung bringen, dass die Polizei gegen Herrn Büchse zwei
Strafermittlungsverfahren eingeleitet hat wegen des Verdachts der Volksverhetzung sowie
der Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole.

1 Die Partei wurde am 28. September 2013 in Heidelberg gegründet. Zum ersten Vorsitzenden der Partei wurde der

ehemalige NPD-Funktionär Klaus Armstroff gewählt. Die Partei ist Sammelbecken einer relativ kleinen, aber sehr
aktiven Gruppe von radikalen völkischen Nationalisten, die vorher in den Kameradschaften des Freien Netzes Süd
aktiv waren. Die Partei strebt keine starke Vergrößerung an; ihre jetzigen Mitglieder verstehen sich vielmehr als
„bewusste neonazistische Elite, die nicht auf Wachstum aus ist“. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat einen
deutlichen Einfluss von Neonazis in der Partei festgestellt und die Mehrheit der Mitglieder wird vom
Verfassungsschutz als höchst gewaltbereit eingestuft.
2 „C18“ – Das C steht für „Combat“ (= „Kampf“/„Gefecht"), 18 steht für den ersten und den achten Buchstaben im

Alphabet: AH (Adolf Hitler). „C18“ kann man als „Kampfgruppe Adolf Hitler“ übersetzen. Es handelt sich um den
bewaffneten Arm von „Blood & Honour“. Die Parole „Support C18!“ (= „Unterstütze die Kampfgruppe Adolf Hitler!“)
ist eine Aufforderung zur Unterstützung der terroristischen Gruppierung.
Er soll demnach bei einer Demonstration im Januar 2022 gegen eine Flüchtlingsunterkunft
über einen Handlautsprecher geäußert haben „Syrerpack, alle abschlachten, unsere
Steuergelder werden hier verschleudert“.
Im weiteren Verlauf soll er noch eine von ihm öffentlich gezeigte Deutschlandfahne
verbrannt haben. Die Ermittlungen dauern allerdings noch an.
Sie suchen Herrn Büchse am 18.März 2022 in dem o. g. Schützenverein auf und machen
ihm den Vorhalt auf Grundlage Ihrer gewonnenen Erkenntnisse. Vor Ort gibt Herr Büchse
an, dass er weder Sie, noch Ihre Behörde als Institution des Staates Bundesrepublik
Deutschland anerkennen könne, da aus seiner Überzeugung diese im noch bestehenden
Deutschen Reich keine anerkannte Reichsbehörde sei. Mit dem Hinweis, dass Sie sich
vielmehr um das „widerrechtlich errichtete Flüchtlingsheim in seiner Nachbarschaft“
kümmern sollten und ergänzt mit der Bemerkung, er selbst werde „jedenfalls nicht tatenlos
zusehen, wie das deutsche Volk vernichtet wird“ fordert er Sie auf, sich zu entfernen.
Nur wenige Tage später erreicht Sie ein Brief von Herrn Haupt. Dieser gibt darin an, die
rechtlichen Interessen des Herrn Scholz zu vertreten und dem Briefkopf ist folgendes zu
entnehmen:
                                   Reichsanwalt Haupt
             Mitglied im Nationalsozialistischen Rechtswahrerbundes (NSRB) 3
                                        Kantstr. 111
                                        10627 Berlin

In dem Schreiben legt er dar, dass sein Mandant eigentlich die angeschriebene Behörde als
Institution des Staates Bundesrepublik Deutschland nicht anerkennen könne. Aus seiner
Überzeugung wäre diese im noch bestehenden Deutschen Reich keine anerkannte
Reichsbehörde. Allerdings habe er feststellen müssen, dass sich sein Anliegen
ausschließlich über die angeschriebene „Organisation“ regeln ließe. Daher hätte er, nach
Rücksprache mit Mitgliedern der „Kommissarischen Reichsregierung“ (KRR) 4 beschlossen,
rechtlichen Beistand bei Herrn Haupt zu suchen und diesem ein Mandat erteilt; dieses läge
dem Schreiben auch bei.
Inhaltlich geht es in dem Schreiben darum, das Herr Büchse darin schriftlich klarstellt, die
Partei „Der III. Weg“ sei nicht verboten und er hätte als Deutscher Reichsbürger auch
Rechte, die es zu beachten gäbe. Auch das Veranstalten von Treffen unter „Kameraden“
sei schließlich ebenfalls nicht verboten.

3 Der Nationalsozialistische Rechtswahrerbund (NSRB) war die Berufsorganisation der Juristen im

nationalsozialistischen Deutschen Reich von 1936 bis 1945 mit Sitz in Berlin. Hervorgegangen ist die Organisation aus
dem Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen (BNSDJ), der von 1928 bis 1936 unter diesem Namen bestand.
Der Rechtswahrerbund wurde mit dem Kontrollratsgesetz Nr. 2 vom 10. Oktober 1945 vom Alliierten Kontrollrat
verboten und sein Eigentum wurde beschlagnahmt.
4 „Klassische“ Reichsbürger berufen sich darauf, dass ihrer Meinung nach das Deutsche Reich statt der Bundesrepublik

weiterhin fortbestehe, entsprechend ihrer Ideologie entweder in den Grenzen des Deutschen Kaiserreichs oder in
denen von 1937. Dieses werde als Organisation durch eine „kommissarische Reichsregierung“ (KRR) oder Ähnliches
vertreten
Er würde sich keine Vorschriften machen lassen von einer Institution, die es in seinem
Rechtsverständnis ohnehin nicht gäbe. Er sei ein freier Bürger des Reiches. Abschließend
äußerte er, dass Sie sich zukünftig an seinen Anwalt wenden sollten, da dieser ja von ihm
bevollmächtigt sei.

Aufgabe
Sie sind Sachbearbeiter*in der zuständigen Behörde.
Prüfen Sie Sach- und Rechtslage in einem Vermerk.
Fertigen Sie die Verfügung zur Gefahrenabwehr. Die Verfügung enthält nur die
anzuwendenden Ergebnisse Ihres Vermerks.

Hinweise

Beschreiben Sie nicht Heft- (mind. 2cm) und Korrekturrand (mind. 5cm)
Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auszuformulieren!
Sie sind Schlusszeichner*in.
Eventuelle strafrechtliche Aspekte sind nicht zu bearbeiten!

Hilfsmittel:
Kirchner, Die Gesetze über die Berliner Verwaltung
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Auszug aus dem Waffengesetz (WaffG)
Auszug aus dem Waffengesetz (WaffG)
                           Abschnitt 2: Umgang mit Waffen oder Munition
       Unterabschnitt 1: Allgemeine Voraussetzungen für Waffen- und Munitionserlaubnisse
§ 4 Voraussetzungen für eine Erlaubnis
(1) Eine Erlaubnis setzt voraus, dass der Antragsteller
1. das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 2 Abs. 1),
2. die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5) und persönliche Eignung (§ 6) besitzt
§ 5 Zuverlässigkeit
(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen Personen nicht,
1.die rechtskräftig verurteilt worden sind
a) wegen eines Verbrechens oder
b) wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr,
wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen
sind,
2. bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie
a) Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden werden,
b) mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände
nicht sorgfältig verwahren werden,
c) Waffen oder Munition Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt
über diese Gegenstände nicht berechtigt sind.
(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht,
1.
a) die wegen einer vorsätzlichen Straftat,
b) die wegen einer fahrlässigen Straftat im Zusammenhang mit dem Umgang mit Waffen, Munition
oder explosionsgefährlichen Stoffen oder wegen einer fahrlässigen gemeingefährlichen Straftat,
c) die wegen einer Straftat nach dem Waffengesetz, dem Gesetz über die Kontrolle von
Kriegswaffen, dem Sprengstoffgesetz oder dem Bundesjagdgesetz
zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe, Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder
mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe rechtskräftig verurteilt worden sind oder bei
denen die Verhängung von Jugendstrafe ausgesetzt worden ist, wenn seit dem Eintritt der
Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
2.die Mitglied
a) in einem Verein, der nach dem Vereinsgesetz als Organisation unanfechtbar verboten wurde
oder der einem unanfechtbaren Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz unterliegt, oder
b) in einer Partei, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht nach § 46 des
Bundesverfassungsgerichtsgesetzes festgestellt hat,
waren, wenn seit der Beendigung der Mitgliedschaft zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
3.Bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie in den letzten fünf Jahren
a) Bestrebungen einzeln verfolgt haben, die
aa) gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind,
bb) gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche
Zusammenleben der Völker, gerichtet sind oder
cc) durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige
Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
b) Mitglied in einer Vereinigung waren, die solche Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat, oder
c) eine solche Vereinigung unterstützt haben,
§ 10 Erteilung von Erlaubnissen zum Erwerb, Besitz, Führen und Schießen
   (1) Die Erlaubnis zum Erwerb und Besitz von Waffen wird durch eine Waffenbesitzkarte oder
       durch Eintragung in eine bereits vorhandene Waffenbesitzkarte erteilt. Für die Erteilung
       einer Erlaubnis für Schusswaffen sind Art, Anzahl und Kaliber der Schusswaffen
       anzugeben.

§ 45 Rücknahme und Widerruf
(1) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass
die Erlaubnis hätte versagt werden müssen.
(2) Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten,
die zur Versagung hätten führen müssen. Eine Erlaubnis nach diesem Gesetz kann auch
widerrufen werden, wenn inhaltliche Beschränkungen nicht beachtet werden.
§ 46 Weitere Maßnahmen
(1) Werden Erlaubnisse nach diesem Gesetz zurückgenommen oder widerrufen, so hat der
Inhaber alle Ausfertigungen der Erlaubnisurkunde der zuständigen Behörde unverzüglich
zurückzugeben. Das Gleiche gilt, wenn die Erlaubnis erloschen ist.
(2) Hat jemand auf Grund einer Erlaubnis, die zurückgenommen, widerrufen oder erloschen ist,
Waffen oder Munition erworben oder befugt besessen, und besitzt er sie noch, so kann die
zuständige Behörde anordnen, dass er binnen angemessener Frist die Waffen oder Munition
dauerhaft unbrauchbar macht oder einem Berechtigten überlässt und den Nachweis darüber
gegenüber der Behörde führt. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist kann die zuständige Behörde die
Waffen oder Munition sicherstellen.
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