ADHS und Bipolare Störung - was eint sie und was trennt sie?
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ADHS und Bipolare Störung – was eint sie und was trennt sie? Prof. Dr. Andreas Reif Psychiatrische Neurobiologie / Bipolar Disorder Program Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Klinikum der Goethe-Universität Frankfurt am Main DGBS Jahrestagung 2014 / Würzburg 18. – 20.09.2014
Erscheinungsbilder des „klassischen“ ADHS Hyperaktvität Aufmerksamkeitsdefzit Komorbidität Heinrich Hofmann (1846) UM P Discov eringminds
Das Spektrum der ADHS-Symptome Aufmerksamkeits- Regulatonsdefzit Defzite der Zeitwahrnehmung Hyperaktvität Verändertes Belohnungsverhalten Emotonale Oppositonelles Labilität Trotzverhalten Impulsivität Störung des Sozialverhalten Mod. von Lesch, 2007 UM P Discov eringminds
Adultes ADHD: eine verbreitete Erkrankung (Motorische) Hyper- aktvität, Impulsivität, Unaufmerksamkeit (adultes ADHD: emotonale Labilität) Beginn in der Kindheit Kinder >75% co-morbide Adoleszente Erkrankungen 100 % Erwachsene (afektv, Angst, Abhängigkeit, 75 % 50% teilw., antsozial) 15% voll Psychosoziale 3-7 % DSM-IV-TR (APA, 2000) 4.4% (?), 18 - 44 Jahre Beeinträchtgung (Kessler et al., 2006) Durchschnitliche Adultes ADHD ist eine sehr häufge Erkrankungen, die mit Kosten p.a. 70 Mrd € (adultes ADHD, EU) zahlreichen weiteren (psychiatrischen und körperlichen) Symptomen einhergeht. Es verläuf trotz der relatv einfachen Behandlung häufg sehr ungünstg. UM P Discov eringminds
Wo waren die Patienten in der Vergangenheit ? Suchtleiden / Abhängigkeit Persönlichkeits- Depression ADHS störungen Bipolare bei Angsterkrankungen Erkrankungen Erwachsenen Schlafstörungen Zwang Teilleistungs- störungen Warum wird die Diagnose nicht immer gleich gestellt ? Mod. von Lesch, 2007 UM P Discov eringminds
Gemeinsame Symptome von ADHD und BPD (Manie) ADHS Bipolare Störung Redet exzessiv Redet mehr als gewöhnlich Einfache Ablenkbarkeit, Ablenkbarkeit oder konstanter Symptom-Level! Sprunghafigkeit im Handeln Wechsel in Aktvität und Plänen Impulsivität? Kann Aufmerksamkeit nicht halten Mangelnde Sorgfalt, keine Aufmerksamkeit in Details „Zappelig“ Kann nicht sitzen bleiben, … Unterbricht andere Verlust sozialer Hemmungen Kann Antworten nicht zurückhalten Kann nicht warten Ist immer „auf dem Sprung“ + Depressives Syndrom! Klassen et al. JAD 2010 UM P Discov eringminds
Bemerkenswerte Unterschiede zwischen ADHD und BPD - ADHD beginnt in der Kindheit, BPD normalerweise in später Jugend - Erwachsenenalter - ADHD ist eine „Trait“-Erkrankung – verläuf also eher „chronisch“ - BPD ist eine phasische Erkrankung (BPD-I mehr als BPD-II) - Positver Efekt von Stmulanten bei ADHD (vgl. aber Konzept der Vigilanzregulatons- störung bei Manien, Prof. Hegerl et al.) - Positver Efekt von Lithium bei BPD - Stmmungsschwankungen bei BPD: niedrige Häufgkeit, hohe Amplitude, wenig externe Trigger - Stmmungsschwankungen bei ADHD: hohe Frequenz, niedrige Amplitude, häufg externe Trigger UM P Discov eringminds
ADHD & Bipolare Störung – Entwicklungsperspektive Lithium Non-Responder sind die „Problemgruppe“ Duffy, Br J Psychiat 2014 UM P Discov eringminds
Epidemiologie BPD / adultes ADHS Co-morbidität Primäres Sample bipolar Autor/Jahr n (BPD) Rate Dx Bip Dx ADHD Sonstges Nierenberg 2005 919 9.5% MINI MINI STEP-BD, akute Ph. Kessler 2006 Pop. 21% CIDI Semistr. NCSR Tammam 2006 44 16% SCID-I DSM-Crit., WURS Remitert Bipolar-I McIntyre 2010 175 18% MINI+, MDQ, ASRS, WURS Akute Phase Bernardi 2010 100 10% SCID-I DSM, WURS Euthymie Reif in prep. 43 20% OPCRIT DSM, WURS… Euthymie Primäres Sample adultes ADHD n (ADHD) Rate Wilens 2003 51 47% SCID SCID / DSM-Crit. McGough 2005 79 5.1% SADS DSM-Crit. Selected sample Kessler 2006 Pop. 19% CIDI Semistr. NCSR Faraone 2005 127 18% SCID SCID / DSM-Crit. Halmoy 2009 510 51/32% MDQ ICD-10 RC, ASRS Screening/Interv. Park 2010 69 (pop.) 9% CIDI ASRS Laien-Interview Friedrichs 2010 227 (pop.) OR=8 -- Selbstreport nach DSM-IV - UM P Discov eringminds
Meta-Analyse Familien-basierter Studien Primäres Sample bipolar Primäres Sample adultes ADHD Meta-Analyse familienbasierter Studien (Anwesenheit der jeweils anderen Erkrankung bei Angehörigen) legt eine gemeinsame genetsche Basis für BPD und ADHD nahe (Sub-Gruppe?) Faraone et al. 2012 Am J Psych UM P Discov eringminds
Bipolare Störung und ADHD sind hoch heritabel Multfaktorielle Ätopathogenese 100 Gen x Gen und Gen x Umwelt 90 -Interaktonen ADHD 80 Häufge Varianten vermiteln Teil der 70 Erblichkeit 60 Größere genetsche veränderungen 50 (CNVs) unterliegen machen raren 40 Formen von ADHD, aber nicht BPD 30 Rare Varianten noch nicht entdeckt 20 Rolle von epigenetschen 10 Modifkatonen etc. unklar 0 GAD Panic UPD Alc Schiz Agora Bip Chorea Komplexe genetsche % der Varianz die durch genetsche Faktoren Erkrankungen erklärt wird Faraone et al., 2005; IMpACT Mol Psychiat 2012 UM P Discov eringminds
Gemeinsame Risikogene? UM P Discov eringminds
Genomweite Studie ADHD – BPD Reif et al., in preparation UM P Discov eringminds
Neuropsychologie: Impulsivität, ADHD und bipolare Störung UM P Discov eringminds
Kognitives Profil psychiatrischer Erkrankungen Millan et al. Nat Rev Drug Disc 2012 UM P Discov eringminds
Impulsivität als gemeinsamer Phänotyp? Größere Krankheitslast & höhere Impulsivität bei Patienten, die gleichzeitig an bipolarer Erkrankung und ADHS leiden Bernardi et al. 2010 World J Biol Psychiat UM P Discov eringminds
Impulsivität als gemeinsamer Phänotyp? Strackowski et al. 2005 Bip Disord UM P Discov eringminds
Impulsivität als gemeinsamer Phänotyp? Zusammengefasst: - wenig psychophysiologische Daten, Fragebogen-Befunde fraglich - BIS-11-Skala und Stop-Signal-Zeit als Maß für Impuslivität sind bei Manie erhöht = erhöhte IMP bei Manie - bipolare Depression scheint mit verminderter Stop-Signal-Zeit einherzugehen - euthyme bipolare Patenten: erhöhte oder unveränderte Impulsivität. Einfuss sub- sydromaler Symptome? Einfuss von co-morbidem ADHD? - Co-morbides ADHD und BPD – erhöhte BIS-11-Skala und Krankheitslast Lewis et al., 2009 Eur Psychiat UM P Discov eringminds
Neuropsychologie & Bildgebung UM P Discov eringminds
Stop-signal / GoNoGo Test bei Bipolarer Störung - Sample, Studie 1: - 37 Patienten mit bipolarer Depression - 14 davon in Remission - 30 Kontrollen - Sample, Studie 2: - 44 euthyme bipolare Patienten - 12 davon mit ADHD in der Kindheit - 9 davon mit adultem ADHD (erhöhtes Persistenzrisiko bei BPD?) - Methoden: Funktionelle Nahinfrarot-Spektroskopie (fNIRS) UM P Discov eringminds
Behavioral inhibition task Stop-Signal • Inhibition bereits iniitierter Bewegung • „Rennen“ zwischen „go“ und „stop“ • Fixe Go Reaktionszeit • Variable Stop- Signal Reaktions- zeit (SSRT) NoGo • Inhibition der gesamten motorischen Antwort einschl. Planung UM P Discov eringminds
Studie 1: bipolare Patienten vs. Kontrollen * * Omission errors SSRT Kontrast Kontrast Kontrast akut vs. remittiert remittiert vs. Kontrolle vs. akut Kontrolle Kopf, Glöckner et al., in Vorbereitung Korrigierter p
Take-home Message BPD vs. ADHD - (adultes) ADHD und BPD können in co-morbid vorkommen (ca. 15-20%) - Bip-II > Bip-I? - Teilweise auch schwierige Diferentaldiagnose - kein adultes ADHS ohne ADHS in der Kindheit! – Screening-Fragen - Diagnostsches Einschätzung sollte DSM-IV Kriterien, WURS, CAARS beinhalten - eine vorläufge Diagnose der Co-Morbidität kann evlt. bei einer bipolaren Depression, aber nicht in einer Manie oder einem Mischzustand gestellt werden. Die Diagnose sollte während Euthymie bestätgt werden. - falls klinisch relevant, sollte ein co-morbides ADHD mit Stmulanten (=Methylphenidat) (plus Stmmungsstabilisator!) behandelt werden - Impulsivität scheint kein gemeinsamer Endophänotyp zu sein - Emotonale Labilität als gemeinsamer Endophänotyp von aADHD und BPD? - Psychoedukaton und Psychotherapie (coping, awareness, skills)! UM P Discov eringminds
Adultes ADHS oder bipolare Störung? Entscheiden Sie sich! Therapeutsche Konsequenzen! Aber manchmal bringt es auch nur die Zeit. UM P Discov eringminds
Neue, individualisierte Behandlungskonzepte der bipolaren Störung DAS ist keine gute Idee der Manie-Behandlung. UM P Discov eringminds
Behandlungskozept: „mood disorder clinic“ Kessing et al., Br J Psychiat 2013 UM P Discov eringminds
Staging-Modell bipolarer Störungen Leitliniengerechte Diagnostik und Therapie, Langzeitbeobachtung Therapie bei Suizidalität, Komorbidität,Therapieresistenz Einbindung von Selbsthilfe Früherkennung und Frühintervention Erste Krankheitsverlauf Erste Erst- Erneute affektive Symptome manifestation Episoden Chronifizierung Episode (Phasenübergreifende) Biomarker: Auswahl aus: Schlaf/Rhythmik, Immunantwort, Kognition, Neurophysiologie, Emotionen/ Amygdala-Aktivität/neuronale Netzwerke, Stress-Hormon-System, Genetik/Epigenetik Öffentlichkeitsarbeit: altersadaptierte Aufklärungs- und Antistigmaarbeit Nach Bauer, 2013
Dauer von Auftreten erster Symptome bis Diagnosestellung bei Bipolarer Störung Je länger eine Bipolare Störung unbehandelt bleibt, desto … länger dauern die Krankheitsphasen schlimmer sind die Symptome mehr Episoden solcher Phasen treten auf weniger und kürzer sind die gesunden Phasen Pfennig et al., Nervenheilkunde 2011 UM P Discov eringminds
Studie zur frühen Psychotherapie - earlyCBT Teilnehmen können Personen - im Alter zwischen 15-30 Jahren -die einen Angehörigen haben, bei dem eine afektve Erkrankung (Depression, Manie, Bipolare oder schizoafektve Störung) diagnostziert wurde - und die unter Stmmungsschwankungen leiden Das Gruppentraining Die wöchentlichen Trefen fnden im Uniklinikum Würzburg in einer Gruppe von 3-5 Teilnehmern stat und erstrecken sich über einen Zeitraum von 14 Wochen. Jedes Trefen dauert ca. 1,5 Stunden und wird von einem Psychotherapeuten geleitet. Es werden aktuelle Anliegen und störungsrelevante Themen (z.B. Umgang mit Stress) besprochen und Raum für persönlichen Austausch geboten. Ablauf der Studie -persönliches Gespräch im Früherkennungszentrum mit einer Psychologin/Ärztn unter völliger Anonymität! - Voruntersuchungen, Studieneinschluss - Teilnahme am Gruppentraining - Nachuntersuchungen und Weiterbetreuung Ziel der Studie Ziel ist es, durch eine frühzeitge Behandlung die Wahrscheinlichkeit des Aufretens von depressiven oder manischen Phasen im späteren Leben zu verringern. Untersucht wird insbesondere, wie sich das Funktonsvermögen im Alltag und die Stmmung verändern. UM P Discov eringminds
Hilft Psychoedukation? Ja! Colom et al., 2009 BrJP UM P Discov eringminds
Neuropsychologie und kognitive Remediation UM P Discov eringminds
Identif ikation einer kognitiven “Def izit-” vs. “Non-def izit” Subgruppe Zwar konnten im Mittel signifikante kognitive Defize gefunden werden; jedoch hatten 28 (40 %) der bipolaren Patienten überhaupt keine unterdurchschnittliche Werte in der neuropsychologischen Testbatterie. In welchen Variablen unterscheiden sich die Patienten mit und ohne kognitive Defizite voneinander? Demographische Variablen ? Krankheitsvariablen ? Medikation ? Es zeigt sich, dass die Defizit-Subgruppe älter ist, signifikant mehr sub-syndromal depressive Symptome und häufiger von Schlafstörungen berichten. Außerdem werden Patienten mit kognitiven Defiziten häufiger mit Antipsychotika behandelt und haben häufiger ko-morbide Angst- störungen und ADHS, was zu kognitiven Störungen beitragen kann. Volkert et al., EJNPP 2014 UM P Discov eringminds
BMBF BIPO-LIFE UM P Discov eringminds
Dank an… KJP & Erwachsenenpsychiatrie, UKW Würzburg Bipolar & ADHD Teams J. Kopf L. Weißflog K.-P. Lesch J. Volkert A. Post & Kollegen S. Kittel-Schneider A. Alttoa C.P. Jacob F. Freudenberg M. Romanos J. Heupel T. Töpner & Kollegen S. Glöckner E. Stassek PGC CDA Subgroup Bioinformatik, UKW Wü KJP, Uni Frankfurt PGC ADHD Subgroup C.-J. Scholz C. Freitag S. Faraone & Kollegen. H. Weber PGC Bipolar Subgroup Donders Institute J. Kelsoe & Kollegen Nijmegen Psychologie, Uni Frankfurt B. Franke K. Van Hulzen T. Hahn A. Arias Vasquez K.f. Psychiatrie, Uni Tübingen A.J. Fallgatter T. Dresler A.-C. Ehlis UM P Discov eringminds
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