Bipolar - mit extremen Emotionen leben - Wege zur Hilfe und Selbsthilfe bei manisch-depressiver Erkrankung - humboldt Verlag
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... bringt es auf den Punkt. D R. ME D. E B E RH ARD J. WORME R Wegweiser durch das Labyrinth der Emotionen Bipolar – mit extremen Wormer Ein turbulentes Leben im Strudel extremer Emotionen: Manie und De- Emotionen leben pression. Bipolare Stimmungsstörungen sind eine häufig unerkannte und missverstandene, mitunter lebensbedrohliche psychische Erkrankung. Wer über die Anzeichen, Diagnosekriterien und Therapien, über die Mög- Bipolar – mit extremen Emotionen leben lichkeiten der Hilfe und Unterstützung Bescheid weiß, erreicht heute in den meisten Fällen eine erfolgreiche Kontrolle der manisch-depressiven Wege zur Hilfe und Selbsthilfe bei Erkrankung: manisch-depressiver Erkrankung • Die Kennzeichen und Merkmale bipolarer Störungen, die in diesem Buch vorgestellt werden, erlauben eine genauere Bewertung der vielfältigen Symptome. • Stimmungsstabilisierer und Neuroleptika sowie neue Arzneistoffe helfen dabei, die psychische Stabilität zu verbessern und extreme Stimmungsschwankungen in den Griff zu bekommen. • Patienten profitieren von Psychotherapie, Krisenmanagement und der Unterstützung durch Selbsthilfegruppen. • Praktische Hinweise zur Problemlösung stärken das Selbstbewusstsein und verhindern, dass Betroffene zum Spielball des Medizinbetriebs werden. Die rechtzeitige Diagnose und Therapie eröffnet bipolaren Patienten die erfreuliche Perspektive auf ein fast normales Leben mit ihrer Krankheit. Dieses Buch zeigt Wege zur Hilfe und Selbsthilfe auf – es kann auch ein Wegweiser durch das Labyrinth der eigenen Emotionen sein. www.humboldt.de ISBN 978-3-86910-331-0 Ein Buch, das Wege zur 19,99 EUR (D) Hilfe und Selbsthilfe aufzeigt.
Der Autor Dr. med. Eberhard J. Wormer studierte Das Buch spricht offen alle Fragen an, die den Betroffenen, Germanistik, Geschichte, Sozialwissenschaf- sein Umfeld und die Psychiatrie betreffen: ten und Medizin. Nach der Approbation und Promotion arbeitete er als Arzt und in Seite 10: Stimmungsvokabular: von himmelhoch jauchzend bis zu Tode betrübt medizinischen Verlagen. Er veröffentlichte Ratgeber zu fast allen Gesundheitsthemen Seite 14: Steckbrief bipolare Störung: So häufig tritt sie auf, so verläuft sie für ein Millionenpublikum. Schwerpunkte Seite 20: Was ist Hypomanie? sind unter anderem Herz-Kreislauf, Psyche, Seite 23: Warum die Suizidgefahr bei Menschen mit bipolarer Störung hoch ist Naturheilkunde, gesunde Bewegung und Ernährung. Seite 24: Symptome der Depression Seit 2001 befasste er sich auch intensiv Seite 29: Warum es so oft zu Fehldiagnosen kommt mit dem Thema bipolare Störungen. Seine Seite 48: Welche Medikamente sind erfolgversprechend? Beiträge hierzu wurden mehrfach mit Preisen ausgezeichnet. Seite 61: Heilkräuter und Vitalstoffe, die die Behandlung unterstützen Seite 73: Elektrokonvulsive Therapie: antidepressiv hoch wirksam Seite 93: Stress aktiv abbauen und die Stimmung stabilisieren Seite 99: Schwierige Diagnose bei Kindern: Hyperaktiv oder bipolar? Seite 115: Wie Sie von einer Ernährungsumstellung profitieren Seite 117: Was tun, wenn sich manische oder depressive Episoden ankündigen? Seite 126: Wie Sie als Angehöriger oder Partner unterstützen können Seite 128: Ihre Rechte als Patient Seite 132: Selbstbeurteilung Hypomanie Seite 136: Selbstbeurteilung Depression Ebenfalls vom Autor erschienen: Seite 139: Ihr Stimmungskalender ISBN 978-3-89993-941-5 € 19,99 [D]
2 Inhalt 3 VORWORT 85 WEGE ZUR STABILEN STIMMUNG 87 Medikamentöse Therapie 5 DAS KONTINUUM DER 90 Interpersonelle und soziale E MOTIONEN Rhythmustherapie 91 Psychosoziale Therapie 9 WAS SIND BIPOLARE 93 Stressabbau S TÖRUNGEN? 10 Normale Stimmungsschwankungen 97 BIPOLARE BESONDERHEITEN 11 Stimmung außer Kontrolle 98 Bipolare Störungen bei Kindern 12 Bipolare Störungen 99 Bipolare Störungen bei Frauen 15 Phasen bipolarer Stimmung 102 Mehr als eine Krankheit: Komorbidität 105 Club der unruhigen Geister 27 IM LABYRINTH DER DIAGNOSEN 29 Fehldiagnosen 111 LEBEN MIT BIPOLAREN 29 Die richtige Diagnose: bipolare S TÖRUNGEN Störungen 112 Konfrontation und Akzeptanz 31 Die Diagnosebibeln DSM-5 und ICD-10 115 Stimmungspflege 32 Bipolar-I-Störung 118 Das Netz der Unterstützung 34 Bipolar-II-Störung 119 Notfall und Krise bewältigen 35 Zyklothymie 120 Angehörige und Partner: Was tun? 38 Rapid Cycling 128 Die Rechte des Patienten 38 Schizoaffektive Störung/Psychose 39 Melancholie und Manie 131 INFORMATION UND HILFE 132 Selbstbeurteilung: Hypomanie 47 BIPOLARE STÖRUNGEN 134 Selbstbeurteilung: Manie B EHANDELN 136 Selbstbeurteilung: Depression 48 Medikamente 139 Stimmungskalender 61 Heilkräuter 140 Kontaktadressen 64 Hormone und Vitalstoffe 141 Bücher und Filme 73 Nicht-medikamentöse Therapie verfahren 78 Psychotherapie
Vorwort 3 VORWORT Liebe Leser, was haben Marylin Monroe, Ludwig van durch Verständnis zu ersetzen – ein Bei- Beethoven, Amy Winehouse und Vincent trag gegen die Stigmatisierung unserer be- van Gogh gemeinsam? Richtig, sie waren troffenen Mitmenschen. weltbewegende Künstlernaturen, die wir Sie finden in diesem Buch ein reichhal- niemals vergessen werden. Sie haben aber tiges Angebot an Information und Hilfe auch ein turbulentes Leben im Strudel der für Patienten, Angehörige, Partner, Freun- Emotionen durchlitten, Manie und De- de, Bekannte, Kollegen und Interessierte – pression: große Gefühle – zutiefst mensch- verbunden mit der Hoffnung, die Gene- lich. sung der Betroffenen zu unterstützen und Viele große Persönlichkeiten, die das einen nützlichen Beitrag für das bessere Erscheinungsbild unserer Welt unver- Verständnis bipolarer Störungen zu leis- wechselbar geprägt haben, hatten keine ten. Wahl: Sie mussten – ob sie wollten oder Die meisten Menschen, die von bipola- nicht – mit der Raserei ihrer Gefühle le- ren Störungen betroffen sind, möchten ben. Jeder, der das „Gelächter der Manie“ wahrscheinlich nichts lieber als einfach und die Seelenqual der Depression selbst nur zur Arbeit gehen und mit ihren Fami- durchlitten oder als Beobachter miterlebt lien ein normales, glückliches und erfüll- hat, kennt die Sprengkraft bipolarer Stim- tes Leben führen. Im Vergleich zur Situati- mungszustände. on noch vor wenigen Jahrzehnten sind Noch immer führen Vorurteile, falsche die Chancen, dieses Ziel zu erreichen, heu- oder überholte Vorstellungen, Furcht und te so gut wie nie zuvor. Unkenntnis dazu, dass Manisch-Depressi- Viele Wege führen in die dunkle Nacht ven der ausgrenzende Stempel der „Ver- der Depression und das Inferno der Manie rücktheit“ aufgedrückt wird. Dieses Buch – es gibt aber auch viele Wege zur wirksa- kann dabei helfen, die Furcht vor unbe- men Hilfe und Selbsthilfe. greiflichen psychischen Phänomenen durch aktuelles Wissen und Vorurteile Eberhard J. Wormer
6 Das Kontinuum der Emotionen Wir alle sind Menschen. Gefühle und Mit- bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. von dem gefühl, Lachen und Weinen machen uns griechischen Arzt Hippokrates beschrie- erst zu wahren Menschen. Ist aber das ben und fast 2000 Jahre später von dem empfindliche Gefüge der Emotionen un- deutschen Psychiater Emil Kraepelin als serem Einfluss entzogen, das Gleichge- „manisch-depressives Irresein“ neu defi- wicht der Gefühle gestört, dann leidet die niert wurden. Psyche, dann leidet der Mensch. Es kann Manie und Depression sind Extremzu- jeden treffen. stände im Kontinuum menschlicher Ge- Schätzungen zufolge erleiden bis zu fühlsäußerungen, die in unterschiedli- fünf Prozent aller Frauen und Männer chen Abstufungen oder als Mischzustände weltweit, das ist jeder Fünfzigste, einmal auftreten können. Forschungsergebnisse in ihrem Leben bipolare Stimmungsstö- belegen, dass bipolare Stimmungsstörun- rungen. In Deutschland sind bis zu vier gen als Erkrankung zu betrachten sind, die Millionen meist junge Menschen betrof- erfolgreich behandelt werden kann, wenn fen. Wie ernst diese Erkrankung genom- sie korrekt diagnostiziert wird. Damals wie men werden muss und wie hoch der Ver- heute werden leider viele Patienten als lust an Lebensqualität ist, verdeutlicht „neurotisch“, „psychotisch“, „schizo- folgende Einschätzung: Eine Frau, die mit phren“, „persönlichkeitsgestört“, „schizo- 25 Jahren (durchschnittliches Erkran- affektiv“ oder „depressiv“ etikettiert – in kungsalter) von bipolaren Störungen be- Wahrheit sind sie häufig bipolar, manisch- troffen ist, hat eine um neun Jahre ver- depressiv. Es dauert oft Jahre, bis die rich- kürzte Lebenserwartung und verliert zwölf tige Diagnose gestellt wird – mit schlim- Jahre ihres normalen gesunden Lebens men, wenn nicht gar tödlichen Konse- sowie 14 Jahre beruflicher und familiärer quenzen. Detaillierte Diagnosekriterien Lebensaktivität. Zeit zu handeln. erlauben heute eine bessere Bewertung der Psychischen Erkrankungen stand die vielfältigen Symptome als in früheren Zei- Menschheit immer mit großer Unsicher- ten. heit gegenüber: Entweder wurden Betrof- Bipolare Störungen beruhen auf einer fene als „Heilige“ mit großem Respekt be- chronischen Erkrankung des Nervensys- handelt oder man empfand sie als so be- tems, hervorgerufen unter anderem durch unruhigend, dass sie aus der Gemeinschaft Funktionsstörungen bestimmter Nerven- der „Normalen“ ausgestoßen wurden. botenstoffe, genetische Anfälligkeit, Stress Dies gilt auch für bipolare Störungen, die und äußere Einflüsse, die die Psyche leich-
Das Kontinuum der Emotionen 7 ter verletzbar machen. Was die Ursachen troffenen selbst, sondern auch seine Fami- betrifft, handelt es sich um ein multifakto- lienangehörigen, Freunde und Kollegen. rielles Geschehen – mit einem Wort: Wir Manische oder depressive Episoden kön- kennen die Ursache bipolarer Störungen nen zu zwischenmenschlichen Konflik- nicht. ten, zur Zerstörung des Familienzusam- Mit fortschreitender Zeit und ohne Be- menhalts oder der Partnerschaft, zum fi- handlung kommt es immer öfter zu im- nanziellen Ruin und zum Ende der mer heftigeren Phasen extremer Stim- beruflichen Laufbahn führen. Und – bipo- mung, und die Phasen psychischer Stabili- lare Störungen können tödlich enden: Je- tät verkürzen sich. Vergleichbar mit der sechste Betroffene tötet sich selbst, je- Diabetes, der durch Insulin kontrollierbar der zweite versucht es zumindest einmal. geworden ist, kann die manisch-depressi- Das kann in sehr vielen Fällen verhindert ve Erkrankung mit Stimmungsstabilisie- werden, denn es gibt sehr wirksame Thera- rern oft erfolgreich behandelt werden. Da- piemöglichkeiten. rüber hinaus profitieren Betroffene von Die manisch-depressive Erkrankung ist neuen verträglicheren Arzneistoffen, von in der breiten Öffentlichkeit, bei Betroffe- Alternativtherapien sowie Psychothera- nen und deren Umfeld sowie Medizinern pie, Psychoedukation, Krisenmanagement und Therapeuten noch immer viel zu we- und der Unterstützung durch Selbsthilfe- nig bekannt. Information, Fortbildung gruppen. Rechtzeitige Diagnose und The- und Aufklärung sind deshalb dringend rapie bieten bipolaren Menschen tatsäch- nötig: für Ärzte und Apotheker, für Psy- lich die erfreuliche Perspektive eines wei- chotherapeuten und Seelsorger, für Behör- testgehend normalen Lebens. den und Polizei, für Eltern und Lehrer, für Wie bei anderen Erkrankungen betref- die Massenmedien und die breite Öffent- fen bipolare Störungen nicht nur den Be- lichkeit.
9 WAS SIND B IPOLARE S TÖRUNGEN?
10 Was sind bipolare Störungen? Hauptkennzeichen bipolarer Störungen Normale Stimmungs- sind abnorm veränderte Stimmungen mit auffällig verändertem Antrieb. Die ma- schwankungen nisch-depressive Erkrankung wird in der Stimmung kann im übertragenen Sinn als Psychiatrie zur Gruppe der sogenannten „Temperatur“ der Emotionen beschrieben affektiven Störungen gezählt. werden – ein Bündel von Gefühlen hoher Was aber ist eigentliche eine normale oder niedriger Temperatur, das unser Wohl- Stimmung? Was sind extreme Emotionen? behagen oder Unbehagen zum Ausdruck Wie erkennt man Stimmungsstörungen? bringt. Es ist ganz normal, dass unsere Stimmung nicht immer gleich und in be- Stimmungsvokabular grenztem Umfang Schwankungen unter- worfen ist: Glücksgefühl und Trauer, Wut • Stimmung – Gefühlszustand, den eine Person selbst erlebt und Gleichgültigkeit, Zufriedenheit und • Affekt – Stimmungszustand einer Person, Unzufriedenheit oder Optimismus und der beobachtet werden kann Pessimismus wechseln sich je nach Lebens- • unipolar – ausschließlich ein extremer situation ab. Auch körperliche Empfindun- Stimmungszustand (Depression) gen wie Müdigkeit oder tatkräftige Energie • bipolar – zwei extreme Stimmungszu- werden von der Stimmung beeinflusst. stände (Depression und Manie abwech- Sind wir guter Stimmung, fühlen wir selnd) uns zufrieden und optimistisch. Wir sind • Depression – von lat. deprimere = entspannt und aufgeschlossen, geduldig, niederdrücken, „Melancholie“ • Manie – von gr. mainesthai = rasen, voller Neugier und ausgeglichen. Mit ei- „Ekstase“, „Verrücktheit“ nem Wort: Wir sind glücklich. Wir sind • Hypomanie – abgeschwächte Form von voller Energie und fühlen uns wohl in un- Manie serer Haut. Wir schlafen tief und erholsam • bipolare Störungen – manisch-depressive und essen mit gesundem Appetit. Ein gut Erkrankung gestimmter Mensch wirkt attraktiv auf an- dere Menschen. Die Zukunftsperspektiven sind hervorragend, und die Zeit ist reif, mit außergewöhnlichen Projekten zu be- ginnen. Wer gut gestimmt ist, für den ist die Welt der bestmögliche Ort. Es ist wun- derbar, hier zu leben.
Stimmung außer Kontrolle 11 Sind wir gedrückter Stimmung, neigen wir hin. Dann ist es Zeit, einen Heizungstech- dazu, uns in uns selbst zurückzuziehen. niker anzurufen. Gedanken kreisen in unserem Kopf und Vermutlich verfügt auch das Gehirn beunruhigen uns. Wir sind traurig oder des Menschen über ein Regulierungssys- fühlen uns leer und verloren. Die Zukunft tem der Stimmungstemperatur. Allerdings erscheint düster. Pessimismus drängt sich ist dieses System sehr viel komplizierter auf, macht uns Angst. Wir verlieren aufgebaut als eine Heizungsanlage. Erbfak- schneller die Fassung und empfinden toren (Gene), Chromosomen, Biorhyth- Schuldgefühle, wenn wir uns haben hin- men (Schlaf-Wach-Rhythmus), Kommuni- reißen lassen. Offenheit oder Herzlichkeit kationsfunktionen des Nervensystems gegenüber anderen bereiten große Mühe. (Neurotransmitter), die Balance körperei- Wir ziehen es vor, die Gesellschaft der gener Biostoffe, Hormone und die Psyche Menschen zu meiden und lieber allein zu sind Faktoren, die das Gleichgewicht der bleiben – und unsere Niedergeschlagen- Stimmung beeinflussen. Störungen in die- heit zu verbergen. Wir fühlen uns schwach sem Regelwerk erhöhen die individuelle und müde, zweifeln mehr und mehr an psychische Verletzlichkeit, die sogenannte uns selbst. Mit einem Wort: Wir sind un- Vulnerabilität. Bei abnorm veränderten glücklich. Die Welt ist ein grauenhafter Stimmungslagen gibt es offensichtlich Ort. Besser, man flieht ihn. Probleme mit der Einstellung und Stabili- tät der emotionalen Temperatur. Die Stimmung der betroffenen Person Stimmung außer Kontrolle ist dann abgekoppelt von Lebenssituatio- nen oder Reizen, die normale Stimmungs- Wenn der Thermostat einer Heizungsanla- reaktionen hervorrufen: etwa Trauer nach ge versagt oder defekt ist, wird die Raum- dem Verlust einer geliebten Person oder temperatur unkontrollierbar. Sie haben so überschäumende Freude nach einer er- etwas vielleicht schon erlebt. Sie können folgreich bestandenen Prüfung. Glücks- am Thermostat drehen, wie Sie wollen: empfinden und Trauer führen nun ein un- Entweder die Heizung läuft ständig auf kontrollierbares Eigenleben. Hochgefühle vollen Touren und Sie fühlen sich wie in oder Depressionen können ohne besonde- der Sauna, oder es tut sich gar nichts und ren Anlass immer wieder auftreten. Die Sie frieren wie in der Tiefkühltruhe – oder Stimmung schwankt in unterschiedli- die Anlage heizt stur lauwarm vor sich chem Grad, leicht bis extrem. Gelegent-
12 Was sind bipolare Störungen? lich ist der Stimmungszustand so stark gedrückter Stimmung, schwere Depressio- verändert, dass die Realität verzerrt wahr- nen und Euphorie oder Hochstimmung genommen wird: Wahnideen oder bizarre (Manie). beunruhigende Sinnestäuschungen tau- Solche Phasen extremer Stimmungs- chen auf. schwankungen sind seit Langem bekannt, Menschen, die solchen unbeeinflussba- beobachtet und beschrieben worden. Zu ren Stimmungsschwankungen ausgesetzt Beginn des 20. Jahrhunderts wurden diese sind, sind weder „geisteskrank“ noch krankhaften Zustände als „manisch-de- „selbst schuld“. Sie sind keine „schwachen“ pressives Irresein“ (so nannte es der deut- oder „instabilen“ Persönlichkeiten. Auch sche Psychiater Emil Kraepelin 1899) oder die Fehlinterpretationen „Pubertät“ oder „manisch-depressive Erkrankung“ bezeich- „Teenagerverhalten“ bei Jugendlichen ver- net. Heute spricht man von „bipolaren zögert nur die Diagnose und die wirksame Störungen“, Begriffe, die auf unkontrol- Hilfe. Die Betroffenen haben in erster Linie lierbare Stimmungszustände zwischen den ein „technisches“ Problem mit der Regulie- extremen Polen Depression und Manie Be- rung ihrer emotionalen Temperatur. Ein zug nehmen. Die Betroffenen erleben aber Problem, das behandelt werden sollte und auch Schwankungen zwischen den Polen erfolgreich behandelt werden kann. „akut krank“ und „gesund“, also ohne Be- schwerden. Darüber hinaus werden be- stimmte leichtere Stimmungsschwankun- Bipolare Störungen gen und bipolare Mischzustände unter diesen Bezeichnungen zusammengefasst. Das Grundproblem der manisch-depressi- Bipolare Störungen verlaufen phasen- ven Erkrankung ist eine Regulierungsstö- haft, mit in der Regel wiederkehrenden rung der Stimmung, die äußerst unter- Episoden dreier Stimmungslagen: schiedliche Symptome zu unterschiedli- •• eine Phase gehobener Stimmung, die chen Zeiten und von unterschiedlicher Manie genannt wird Dauer verursacht. Darüber hinaus sind •• eine Phase gedrückter Stimmung, die meist auch das Verhalten, das Denkver- Depression genannt wird mögen und der Antrieb für die alltägliche •• eine Phase normaler Stimmung, in der Lebensaktivität abnorm verändert. Bei der weder manische noch depressive Be- klassischen Form der Erkrankung zeigen schwerden vorliegen, das beschwerde- sich ausgeprägte Schwankungen: Phasen freie Intervall
Bipolare Störungen 13 Klinische Beobachtungen haben gezeigt, mindestens vier solche Episoden treten dass bipolare Erkrankungen kein einheit- innerhalb eines Jahres auf. lich definiertes Krankheitsbild sind, son- •• Die Zyklothymie wird als abgeschwäch- dern dass vor allem zwei Haupttypen in- te Form bipolarer Störungen betrach- nerhalb eines sogenannten „Spektrums tet. Zwar kommt es zu keiner ausge- bipolarer Störungen“ vorkommen: prägten Manie oder schweren Depres- Eine Bipolar-I-Erkrankung liegt dann vor, sion, allerdings schwankt die wenn der Betroffene mindestens 14 Tage Stimmung doch fortwährend zwischen lang eine gehobene Stimmungslage erlebt leicht gehoben und leicht gedrückt. Es hat, die die Kriterien einer Manie erfüllt. ist schwer zu entscheiden, ob diese Darüber hinaus muss er bereits mindes- chronischen Stimmungsschwankun- tens eine Depression erlebt haben. gen durch äußere Faktoren beeinflusst Eine Bipolar-II-Erkrankung liegt dann vor, oder verursacht werden oder quasi von wenn der Betroffene mindestens einmal selbst entstehen. eine Depression erlebt hat und wenn min- destens einmal eine sogenannte „Hypo Wenn auch vieles, was die medizinische manie“-Episode nachweisbar ist, eine ab- Klassifizierung dieser abnormen Stim- geschwächte Form der Manie. mungsstörungen betrifft, noch unklar ist Weitere Stimmungsstörungen des bipo- – eines ist klar: Menschen mit bipolaren laren Spektrums sind Zustände mit ra- Stimmungsstörungen leiden unter ihrer schem Wechsel von Depression und Manie Krankheit, die belastende Symptome her- („Rapid Cycling“), depressive Stimmungs- vorruft, die Lebensaktivität stark beein- lagen ohne manische Episoden sowie an- trächtigt und die Lebensqualität mindert. haltende leichtere Stimmungsschwankun- Nicht nur extrem gehobene oder gedrück- gen (Zyklothymie). te Stimmungen, sondern auch enthemm- •• Rapid Cycling kennzeichnet einen Ver- ter Antrieb oder völlige Antriebslosigkeit lauf von bipolaren Störungen mit rasch sowie Denkstörungen und zahlreiche kör- wechselnden manischen/hypomani- perliche Befindlichkeitsstörungen machen schen und depressiven Episoden – den Betroffenen das Leben zur Hölle.
14 Was sind bipolare Störungen? Steckbrief bipolare Störungen Begriffe bipolare Störungen, bipolar disorder (engl.), bipolare Erkrankungen, manisch-depressive Erkrankung bipolare Störungen Bipolar-I-Erkrankung, Bipolar-II-Erkrankung, Zyklothymie Krankheitsepisoden Manie, Hypomanie, Depression, Mischzustände, Rapid Cycling Häufigkeit weltweit: etwa 2 bis 5 Prozent aller Erwachsenen Deutschland: mindesten 3 Millionen Menschen betroffen Frauen und Männer sind gleich häufig betroffen Beginn durchschnittliches Erkrankungsalter: 25 Jahre während oder nach einer Schwangerschaft Verlauf 85 bis 95 Prozent der Betroffenen erleben nach einer ersten Krank- heitsphase noch 8 bis 10 weitere Episoden Unbehandelte Manien dauern etwa 2 bis 3 Monate an. Unbehandelte Depressionen dauern etwa 4 bis 6 Monate an. Ohne Behandlung verkürzen sich die beschwerdefreien Intervalle zunehmend. Begleitprobleme Mehr als 80 Prozent der jugendlichen und etwa 40 Prozent der (Komorbidität) erwachsenen Maniepatienten haben noch weitere Diagnosen: • Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHD) • Angststörungen (Phobien) • Zwangsstörungen • Substanzmissbrauch (Alkohol, Drogen) • körperliche Erkrankungen (Migräne, Multiple Sklerose, Schilddrüsen- überfunktion) Suizidrisiko Bis zu 80 Prozent der Betroffenen sind suizidgefährdet! Etwa 15 Prozent töten sich selbst (2 bis 5 Jahre nach der Diagnose)! Lebenserwartung etwa um 9 Jahre verkürzt Kosten in Deutschland etwa € 1 Milliarde pro Jahr direkte (Therapie) und indirekte (Arbeitsausfall) Krankheitskosten (aus US-amerikanischen Daten abgeleitet)
Phasen bipolarer Stimmung 15 Spektrum bipolarer Störungen Bipolar-I-Störung mindestens eine manische oder gemischte und depressive Episode in der Vorgeschichte sowie beschwerdefreie Intervalle Bipolar-II-Störung wiederkehrende Depressionen und Episoden leicht ausgeprägter Manie (Hypomanie) sowie beschwerdefreie Intervalle Zyklothymie mindestens zwei Jahre andauernde Stimmungsschwankungen (leicht gehoben bzw. leicht depressiv) Phasen bipolarer beginnt langsam, fast unmerklich und heizt sich über Tage und Wochen auf, wird Stimmung zunehmend stärker, unangenehmer und Das Kennzeichen der bipolaren Erkran- unzweideutig abnorm. kung ist ihr phasenhafter Verlauf von Zunächst hebt sich die Stimmung der himmelhoch jauchzend bis zu Tode be- Betroffenen, und sie fühlen sich von einer trübt. Die Stimmung während solcher Flut angenehmer Gefühle überwältigt. Phasen kann extreme Episoden der Manie Wohlbefinden und Selbstvertrauen neh- oder Depression, aber auch geringer aus- men zu, dehnen sich aus und münden all- geprägte Stimmungsschwankungen wie mählich in den Zustand der Euphorie – die Hypomanie oder gemischte Stim- ein Zustand, in dem man sich zunächst mungslagen umfassen. Wechseln sich ex wirklich sehr viel besser fühlt als sonst. treme Stimmungszustände innerhalb von Tagen, Wochen oder Monaten häufiger ab, spricht man von Rapid Cycling. Ich fühlte mich großartig. Nicht nur großartig, Manie ich fühlte mich wirklich großartig. Alles Wenn der Thermostat der inneren Stim- machte absolut Sinn und befand sich auf mungstemperatur anhaltend auf „hoch“ wunderbare Weise im kosmischen Einklang. gestellt ist, kommt es zur extremsten und Meine Gedanken rasten mit blitzartiger dramatischsten Ausprägung der bipolaren Geschwindigkeit von einer Idee zur nächsten. Erkrankung: Manie. Der manische Zu- Ich machte mir von allem, was geschah, Tag stand und Nacht Notizen. Kay Redfield Jamison
16 Was sind bipolare Störungen? Im Frühstadium der Manie verändert sich Das für die Manie typische Gefühl der auch das Denken: Man glaubt, klarer und Selbstüberschätzung kann zahlreiche ris- rationaler denken zu können als sonst – kante Verhaltensmuster erzeugen: Kaufor- oftmals nicht gerade ein Anlass zu vermu- gien, sexuelle Promiskuität und Enthem- ten, dass etwas schiefläuft. Aber auch die mung, Missbrauch von Alkohol oder Dro- Denkprozesse selbst beschleunigen sich gen. Im Kaufrausch werden hemmungslos zunehmend, werden schnell und schnel- extravagante Dinge erstanden. Die finan- ler, bis die Gedanken unaufhörlich durch zielle Katastrophe zeigt sich erst bei der den Kopf rasen – wie auf einem ungezügel- Kreditkartenabrechnung, wenn der Be- ten wilden Pferd sitzend, das in rasendem troffene keine Ahnung mehr davon hat, Galopp dem Weg des geringsten Wider- wofür das Geld eigentlich ausgegeben stands folgt, von verwegenen Impulsen wurde. Die sexuelle Überaktivität führt getrieben, die die Gedanken von einer in nicht selten zu Erschöpfungszuständen, die nächste Richtung lenken. Je länger die- manch einer will eine Zufallsbekannt- se sogenannte Ideenflucht anhält, desto schaft sofort heiraten, oft werden auch belastender wird sie empfunden. unterdrückte bisexuelle oder homosexuel- Fast immer kommt es zur Beschleuni- le Neigungen ausgelebt. Der Missbrauch gung der Sprache. Die Betroffenen spre- von Alkohol oder Drogen ist ein häufiges chen mehr und schneller, je weiter sich Begleitproblem bei Manie und als untaug- die manische Episode entwickelt hat. Und licher, verzweifelter Selbsthilfeversuch ge- die Sprache klingt zunehmend gepresst. gen die schwer belastende Stimmungsstö- Im Rahmen eines Sprechversuchs bemerk- rung zu verstehen. te man, dass manische Patienten 180 bis Fast immer verändern sich Schlaf- und 200 Silben pro Minute sprechen können, Essgewohnheiten. Eines der ersten Symp- nicht-manische Personen schaffen nur tome der Manie ist ein vermindertes 122 bis 150 Silben! Schlafbedürfnis – ein wichtiges Zeichen, dass mit der nächsten akuten Episode zu rechnen ist. Die Nahrungsaufnahme ist Ich vergaß: Manischsein bedeutet, dass du viel stark eingeschränkt und man nimmt ab, Geld ausgibst. Es ist toll. Ich kaufte fast ein weil schlicht und einfach keine Zeit zum Blumengeschäft auf. Ich füllte die Badewanne Essen bleibt: Man ist viel zu beschäftigt. mit Blumen. Ich tanzte auf dem Dach und Die euphorische Stimmung und das nahm Mondbäder. Hannah Z. beschleunigte Denken verstärken sich im
Phasen bipolarer Stimmung 27 IM LABYRINTH DER DIAGNOSEN
28 Im Labyrinth der Diagnosen Die bipolaren Störungen klar voneinander und mögliche Mangelzustände oder abzugrenzen ist schwierig genug. Schwerer Hormonstörungen berücksichtigen. wiegt aber, dass ein Großteil der Ärzte- •• Er wird alle Untersuchungsergebnisse schaft und die Öffentlichkeit über bipolare auswerten und überschauen, um zu ei- Störungen gar nicht ausreichend infor- ner die Symptomatik und den Verlauf miert ist. Dies kann katastrophale Konse- der Erkrankung treffenden Diagnose quenzen haben: gefährliche Fehlbehand- zu kommen. lungen, fälschliche Klinikeinweisungen, •• Er wird eine Diagnose stellen, eine Aus- Stigmatisierung und Suizid. sage zum weiteren Verlauf der Erkran- Die psychiatrische Diagnose bipolarer kung machen und die individuell best- Störungen stützt sich nicht auf Röntgen- mögliche Behandlung vorschlagen befunde oder Blutuntersuchungen. Bis und durchführen. heute gibt es weder ein bildgebendes Ver- fahren noch einen Bluttest, mit dem eine „Nur“ depressiv oder bipolar? – bipolare Erkrankung sicher identifiziert Was ist gesichert? werden könnte. Der Psychiater muss sich Nach dem heutigen Stand der Erkenntnis nach wie vor auf seine Augen und Ohren kann man festhalten: und seine Erfahrung verlassen, um zur Di- • Eine eigenständige Erkrankung, bei der agnose zu kommen: ausschließlich manische Symptome •• Er wird den Betroffenen, Angehörigen auftreten, gibt es nicht. oder Bezugspersonen zuhören und sie • Bei einer unipolaren Depression treten zu aktuellen Beschwerden, zum Beginn niemals manische Symptome auf. Frauen und Verlauf der Stimmungsstörungen sind häufiger von unipolarer Depression befragen (Anamnese). betroffen und das Ersterkrankungsalter •• Er wird eine Untersuchung des „men- ist höher. talen Status“ durchführen: Er beobach- • Bei bipolaren Störungen treten immer tet Sprachmuster und Verhalten, stellt manische Symptome auf. Frauen und Fragen zur Stimmung und zu Denkpro- Männer sind gleich häufig betroffen und zessen, prüft Konzentrations- und Ge- das Ersterkrankungsalter ist niedriger. dächtnisleistungen. •• Er wird eine körperliche Untersuchung (inklusive Labor, EKG) durchführen
Die richtige Diagnose: bipolare Störungen 29 Fehldiagnosen Störungen gestellt wird. Dies verzögert die wirksame Therapie und eine Rückfallpro- In der Allgemeinmedizin sind bipolare phylaxe. Zu wenig Ärzte sind über die Störungen meist diagnostische Exoten. Symptome, die Diagnose und die Behand- Das Wissen von Hausärzten über bipolare lung der bipolaren Erkrankung informiert. Störungen ist nach wie vor recht begrenzt: Auch heute bleibt demnach sachgerechte •• Zwei Drittel der Ärzte dachten bei der Aufklärung eine Herausforderung – für Diagnose psychiatrischer Erkrankun- Ärzte, Betroffene und die interessierte Öf- gen nicht an bipolare Störungen. fentlichkeit. Es geht darum, Betroffene vor •• Knapp die Hälfte der Ärzte bemerkte Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen zu typische Symptome überhaupt nicht. schützen. •• Frauen wurden besonders häufig als „unipolar depressiv“ eingestuft. •• Männer wurden besonders häufig als Die richtige Diagnose: „schizophren psychotisch“ eingestuft. bipolare Störungen •• Häufigste Fehldiagnosen: rezidivieren- de Depression, Schizophrenie, schizo- Die qualifizierte Diagnose und Differenti- affektive Störung, Alkohol- und Dro- aldiagnose (die Abgrenzung zu anderen genabhängigkeit und Hyperaktivität/ Erkrankungen mit ähnlichen Sympto- Aufmerksamkeitsdefizit (ADHD). men) erfordern vom Arzt die Beachtung bestimmter Regeln. Um die Diagnose zu Studien aus Deutschland zeigten, dass 30 sichern oder auszuschließen, müssen fol- bis 80 Prozent der als „akut schizophren“ gende Informationen gewonnen werden: (1970–1990) und 50 bis 70 Prozent der als •• Symptome der akuten Episode mit „psychotisch“ diagnostizierten Patienten Stimmungsstörung (Querschnittdia (1990–2000) tatsächlich an bipolaren Stö- gnose) rungen litten. Schätzungen zufolge wer- •• im Langzeitverlauf aufgetretene Episo- den von 800 000 Bipolar-I-Patienten in den von Stimmungsstörungen (Längs- Deutschland weniger als 200 000 korrekt schnittdiagnose) diagnostiziert – noch weniger werden an- •• Intervall ohne Stimmungsstörungen gemessen behandelt. (Intervalldiagnose) In der Regel dauert es fünf bis zehn Jahre, bis die richtige Diagnose bipolare
30 Im Labyrinth der Diagnosen Querschnittdiagnose Es muss auf die Art regelrecht („normozyklisch“), häufig („po- der Stimmungsstörungen geachtet wer- lyzyklisch“, Rapid Cycling) oder perma- den, auf Zustände der Manie, der Depressi- nent. Psychotische Merkmale einzelner on oder Mischzustände sowie auf atypi- Episoden dürfen nicht vorschnell als Schi- sche oder gering ausgeprägte Symptome. zophrenie eingestuft werden! Die Zeitspanne zur Beurteilung der akuten Intervalldiagnose In Bezug auf das be- Episode darf nicht zu kurz gewählt wer- schwerdefreie Intervall bei bipolarer den. Erkrankung muss auf den Grad der Rück- Längsschnittdiagnose Im Langzeitverlauf bildung der Stimmungsstörungen (Remis- bipolarer Störungen muss auf die Häufig- sion), auf Begleiterkrankungen (Komorbi- keit wiederkehrender Episoden von Stim- dität), auf die Persönlichkeit und das Tem- mungsstörungen geachtet werden: selten, perament sowie auf Bewältigungsprobleme Life-Chart depressiver und manischer Episoden sowie beschwerdefreier Intervalle über 40 Jahre: die Betroffene erkrankte erstmals im Alter von 25 Jahren.
Die Diagnosebibeln DSM-5 und ICD-10 31 des Betroffenen geachtet werden. Auf Be- 5 und ICD-10. In Deutschland benutzt gleiterkrankungen (etwa Drogenmiss- man die ICD-10. brauch) beruhende Symptome dürfen DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of nicht als „Restsymptomatik“ bipolarer Mental Disease) ist die von der amerikani- Störungen fehlgedeutet werden! schen Psychiatrievereinigung (American Life-Chart In sogenannten „Life-Charts“ Psychiatric Association) entwickelte und werden alle erfragten Stimmungsstörun- 2013 publizierte Liste psychischer Erkran- gen (Episoden und Intervalle), die der Be- kungen sowie deren Diagnose- und Be- troffene im Lauf seines bisherigen Lebens griffskriterien (Kategorie: Bipolare und durchgemacht hat, auf einer Zeitachse verwandte Störungen). dargestellt. Sie sind ein sehr nützliches ICD-10 (International Classification of Dis Hilfsmittel – darauf weist bereits Kraepe- eases), die Internationale statistische Klas- lin, der „Erfinder“ der manisch-depressi- sifikation der Krankheiten und verwand- ven Erkrankung, hin: „Vor allem ist es ter Gesundheitsprobleme, 10. Revision wichtig, den gesamten Lebenslauf unserer 2016, ist ein von der Weltgesundheitsor- Kranken im Auge zu behalten.“ ganisation (WHO) aufgestellter mehrstel- Life-Chart-Vorlagen sind als Download liger Diagnoseschlüssel mit Diagnose- und (unter „LifeCharts“ auf www.bipolar-vade- Begriffskriterien. Bipolare Störungen fin- mecum.de) und als App (www.bipolar.de/ den sich im Kapitel V (Psychische und plc2.htm) verfügbar. Eine Vorlage für ei- Verhaltensstörungen) unter F30 bis F39 nen sogenannten Stimmungskalender fin- (Affektive Störungen). den Sie auf S. 139. Ein Arzt, der psychiatrische Diagnosen stellt und bipolare Störungen richtig dia gnostizieren möchte, sollte zumindest die Die Diagnosebibeln ICD-10-Kriterien kennen. Diese Klassifika- tionen bieten viele Anhaltspunkte, kön- DSM-5 und ICD-10 nen aber nicht alle Formen bipolarer Stö- Die Diagnose bipolarer Störungen ist nicht rungen erfassen. einfach. Eine Hilfestellung bieten zwei Die wissenschaftliche Medizin befindet Kriterienkataloge, die die Erscheinungs- sich in ständigem Wandel. So lange die Ur- formen der mit Stimmungsstörungen ver- sachen bipolarer Störungen unklar sind, bundenen Erkrankungen auflisten und bleiben die Klassifikationssysteme nützli- mehr oder minder genau definieren: DSM- che Bestandteile der diagnostischen Praxis.
32 Im Labyrinth der Diagnosen Stimmungsstörungen – schwer diagnosti- Bipolare Störungen in der ICD-10 zierbar und schwer behandelbar. F30, F31 bipolar I (Manie, Depression) Anders als bei einer bakteriellen Infek- F31.8 bipolar II (Hypomanie, tion, bei der Antibiotika die Krankheits Depression), Rapid Cycling ursache (Bakterien) beseitigen und den F31.6 gemischte/dysphorische Manie Erkrankten heilen, gibt es bei bipolaren F32 depressive Episode Störungen nicht die Abfolge von Krank- heitsbeginn, Krankheitskrise und Heilung. F34 Zyklothymie Bipolare Störungen haben viele Anfänge und viele Enden. Sie können plötzlich auf- Bipolar-I-Störung treten und dann – sogar ohne Behand- lung, spontan – wieder verschwinden und Die Bipolar-I-Störung ist die klassische jahrelang verschwunden bleiben. Die Form der bipolaren Störungen – die ma- Krankheit geht in eine beschwerdefreie nisch-depressive Erkrankung. Von einer Phase über, die Remission. Während die- Bipolar-I-Störung spricht man, wenn der ser Phase ist der Betroffene weder „ge- Betroffene eine sieben bis 14 Tage dauern- sund“ noch „geheilt“. de Krankheitsphase hat, die die Kriterien Ohne vorbeugende Behandlung (Rezi- der Manie erfüllt, gefolgt von mindestens divprophylaxe) kann die Erkrankung je- einer depressiven Phase. Das Muster der ab- derzeit wieder aus der Remission „erwa- normen Stimmungsphasen kann individu- chen“ – egal, wie gut sich der Betroffene ell stark variieren. Jeder Betroffene hat hier (mit oder ohne Behandlung) fühlt. Die „seinen“ Rhythmus wiederkehrender Pha- Symptome können zurückkommen, jeder- sen von Stimmungsstörungen. Erste Symp- zeit! Hier wird deutlich, wie wichtig die tome treten meist kurz vor dem 20. Lebens- vorbeugende Behandlung ist: Nur durch jahr oder bis zum 30. Lebensjahr auf. korrekte, konsequente Prophylaxe bleibt Die Bipolar-I-Erkrankung ist eine rezi- die „schlafende“ Krankheit unter Kontrol- divierende affektive Störung, das heißt, sie le. Ist die Diagnose gestellt, kann man un- „kommt und geht“. Zwischen akuten möglich voraussagen, ob weitere, zwei Krankheitsphasen liegen in der Regel be- oder drei oder gar 20 Krankheitsepisoden schwerdefreie Phasen (Intervalle), die kommen werden. Krankheit „schläft“. Dieses Verlaufsmuster Studien aus einer Zeit ohne Psycho- macht die Bipolar-I-Erkrankung – wie alle pharmaka, erlauben den Blick auf den
Die Rechte des Patienten 131 INFORMATION UND HILFE
132 Information und Hilfe Grundsätzlich können Sie viele Quellen Selbstbeurteilung: zur Information über die bipolare Erkran- kung nutzen: Ihren behandelnden Arzt, Hypomanie (Quelle: HCL-32, Jules Angst et al., Zürich 2006) Ihren Psychiater, Ihren Psychotherapeu- ten oder Psychologen, Selbsthilfe-, Betrof- Die folgenden Fragen sind ein Auszug aus fenen- und Angehörigengruppen, Inter- HCL-32, einem Fragebogen zur Hypoma- net-Ressourcen, Fachbücher, Fachzeit- nie. Ihre Antworten können dabei helfen, schriften, Ratgeber, öffentliche und herauszufinden, ob und wie stark eine hy- institutionenbezogene Bibliotheken sowie pomanische Phase vorliegt. Die vollstän- CD- oder DVD-Medien und Filmbeiträge. dige Version finden Sie auf www.yumpu. Ihr persönlicher Einsatz und Ihr Im- com, wenn Sie in der Suchmaske „Hypo- provisationstalent sind gefragt. Um an manie“ eingeben. sachgerechte und aussagekräftige Infor- mationen und Hilfsangebote zu kommen, müssen Sie selbst aktiv werden: Bestehen Sie Ihrem Psychiater oder Arzt gegenüber auf voller Information über diagnostische und therapeutische Sachverhalte – beste- hen Sie auf der Einsicht in Ihre Kranken- akten! Sie haben das Recht dazu! Nachfolgend finden Sie Checklisten zur Selbstbeurteilung von Stimmungen, eine Vorlage für einen Stimmungskalen- der, eine Zusammstellung natürlicher An- tidepressiva sowie Kontaktadressen für Hilfsangebote und Empfehlungen für Bü- cher und Filme.
Selbstbeurteilung: Hypomanie 133 ja nein 1. Ich brauche weniger Schlaf. □ □ 2. Ich habe mehr Energie oder Tatkraft. □ □ 3. Ich habe mehr Selbstvertrauen. □ □ 4. Ich habe mehr Spaß an meiner Arbeit. □ □ 5. Ich bin geselliger (mehr Telefonate, ich gehe mehr aus). □ □ 6. Ich bin reiselustiger und reise mehr. □ □ 7. Ich fahre eher schneller oder risikofreudiger. □ □ 8. Ich gebe mehr oder zu viel Geld aus. □ □ 9. Ich nehme mehr Risiken auf mich (geschäftlich oder im Alltag). □ □ 10. Ich bin körperlich aktiver (Sport usw.). □ □ 11. Ich mache mehr Pläne. □ □ 12. Ich habe mehr Ideen, bin kreativer. □ □ 13. Ich bin weniger schüchtern oder gehemmt. □ □ 14. Ich ziehe mich farbiger oder extravaganter an, einschließlich Make-up. □ □ 15. Ich will mehr Leute treffen oder tue es auch. □ □ 16. Ich bin mehr an Sex interessiert und/oder habe ein stärkeres Verlangen. □ □ 17. Ich flirte mehr und/oder bin sexuell aktiver. □ □ 18. Ich bin gesprächiger. □ □ 19. Ich denke schneller. □ □ 20. Ich mache mehr Witze oder Wortspiele. □ □ 21. Ich lasse mich leicht ablenken. □ □ 22. Ich beginne ständig mit neuen Dingen. □ □ 23. Meine Gedanken springen von einem Thema zum anderen. □ □ 24, Alles fällt mir leichter und/oder geht schneller. □ □ 25. Ich bin ungeduldiger und/oder reagiere leichter gereizt. □ □ 26. Ich kann andere überfordern oder „nerven“. □ □ 27. Ich gerate leicht in Auseinandersetzungen mit anderen. □ □ 28. Meine Stimmung ist deutlich besser und optimistischer. □ □ 29. Ich trinke mehr Kaffee. □ □ 30. Ich rauche mehr. □ □ 31. Ich trinke mehr Alkohol. □ □ 32. Ich nehme mehr Drogen (Beruhigungsmittel, Stimulantien ...). □ □ Je mehr Ja-Antworten, desto wahrscheinlicher kann eine hypomanische Phase vorliegen.
134 Information und Hilfe Selbstbeurteilung: Manie weisen Ihre individuellen Warnsignale sind. Mit der Manie-Selbstbeurteilungsskala Bitte kreuzen Sie für jede der folgenden nach Stephanie Krüger, Peter Bräunig und Aussagen an, ob sie in dem Monat vor der Gerald Shugar, Beltz Test GmbH, Göttin- stationären Aufnahme (der zu beurteilende gen, können Verhaltensweisen manischer Zeitraum kann je nach klinischer Frage- Personen für die klinische Beurteilung er- stellung auch auf die Woche vor Anwendung fasst werden. Sie können mithilfe der Skala der Skala bezogen werden) auf Sie zutraf aber auch herausfinden, für welche Berei- oder nicht. Beziehen Sie sich bei der Be- che der manischen Symptome Sie beson- antwortung darauf, wie Sie sich „norma- ders anfällig sind und welche Verhaltens- lerweise“ verhalten würden. (*.) ja nein Erhöhte Energie 1. Ich hatte mehr Energie als sonst. □ □ 2. Ich konnte nicht ruhig sitzen bleiben □ □ 3. Ich bin schneller Auto gefahren als sonst. □ □ 4. Ich habe mehr Alkohol getrunken als sonst. □ □ 5. Ich habe mich mehrmals täglich umgezogen. □ □ 6. Ich habe buntere Kleidung/auffälligeres Make-up getragen als sonst. □ □ 7. Ich habe Musik lauter gehört als sonst. □ □ 8. Ich habe hastiger gegessen als sonst. □ □ 9. Ich habe mehr gegessen als sonst. □ □ 10. Ich brauchte weniger Schlaf als sonst. □ □ 11. Ich habe viele verschiedene Dinge angefangen, ohne sie zu beenden. □ □ Geldausgaben/Großzügigkeit 12. Ich habe Dinge, die mir gehörten, einfach weggegeben. □ □ 13. Ich habe viele Geschenke gemacht. □ □ 14. Ich habe mehr Geld ausgegeben als sonst. □ □ 15. Ich habe Schulden gemacht. □ □ 16. Ich habe unkluge/unüberlegte Geschäftsentscheidungen getroffen. □ □ Hypersexualität 17. Ich bin häufiger auf Partys gewesen als sonst. □ □ 18. Ich habe mehr geflirtet als sonst. □ □ 19. Ich habe mich öfter als sonst selbst befriedigt. □ □ 20. Ich war mehr an Sex interessiert als sonst. □ □ 21. Ich hatte Sex mit Frauen/Männern, die sonst für mich als Sexualpartner gar nicht in Frage kämen. □ □
Selbstbeurteilung: Manie 135 Rededrang 22. Ich habe häufiger telefoniert als sonst. □ □ 23. Ich habe lauter gesprochen als sonst. □ □ 24. Ich habe oft so schnell gesprochen, dass man mich gar nicht richtig verstehen konnte. □ □ 25. Es hat mir mehr Spaß gemacht als sonst, Witze zu erzählen oder zu reimen. □ □ 26. Ich habe mich einfach in Unterhaltungen eingemischt, obwohl das sonst eigentlich gar nicht meine Art ist. □ □ 27. Ich habe pausenlos geredet, ohne dass mich jemand unterbrechen konnte. □ □ Gehobene Stimmung 28. Ich fand es gut, im Mittelpunkt zu stehen, obwohl ich das sonst nicht so wichtig finde. □ □ 29. Ich habe mehr herumgealbert und gelacht als sonst. □ □ 30. Die meisten Leute fanden mich unterhaltsamer als sonst. □ □ 31. Ich fühlte mich vollkommen obenauf. □ □ 32. Ich war fröhlicher als sonst. □ □ Reizbarkeit 33. Ich war schneller genervt und ungeduldiger als sonst. □ □ 34. Ich habe mich häufiger als sonst gestritten. □ □ Beschleunigtes Denken/Konzentrationsstörungen 35. Ich hatte gar nicht genug Zeit, alle meine Ideen in die Tat umzusetzen. □ □ 36. Mir sind dauernd irgendwelche Gedanken durch den Kopf geschossen. □ □ 37. Ich konnte mich nicht länger als ein paar Minuten auf eine Aufgabe konzentrieren. □ □ Größenideen 38. Ich dachte, ich wäre etwas ganz Besonderes. □ □ 39. Ich glaubte, die Welt verändern zu können. □ □ 40. Ich war der festen Überzeugung, immer recht zu haben. □ □ 41. Ich glaubte, den meisten anderen Menschen haushoch überlegen zu sein. □ □ 42. Ich habe mir Aufgaben zugetraut, denen ich eigentlich gar nicht gewachsen war. □ □ Paranoides/psychotisches Erleben 43. Ich glaubte zu wissen, was andere denken. □ □ 44. Ich glaubte, andere könnten meine Gedanken lesen. □ □ 45. Ich war der festen Überzeugung, dass mir jemand etwas antun wollte. □ □ 46. Ich habe Stimmen gehört, obwohl niemand in der Nähe war. □ □ 47. Ich habe mich für jemand anderen gehalten, als für den, der ich tatsächlich bin. □ □ Krankheitseinsicht 48. Ich wusste, dass ich krank war. □ □ Auswertung Jedes Ja zählt einen Punkt, jedes Nein null Punkte. Die Minimalanzahl der Punkte ist 0, die Maximalanzahl 48.
136 Information und Hilfe Selbstbeurteilung: Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, sehe ich nur Versagen. 2 Depression Als Mensch fühle ich mich als kompletter Versager (etwa als Elternteil, Ehemann, Ehefrau). 3 Die Checkliste nach der südafrikanischen Unzufriedenheit Psychologin Susan Musikanth kann Ihnen Ich bin nicht besonders unzufrieden. 0 Die meiste Zeit langweile ich mich. 1 dabei helfen, den Schweregrad einer de- Ich genieße die alltäglichen Dinge nicht pressiven Stimmung zu beurteilen – oder mehr so wie sonst. 2 Sie stellen fest, dass Sie keine Depression Nichts kann mich mehr zufriedenstellen. 2 haben. Ich bin mit allem unzufrieden. 3 Schuldgefühl Ich fühle mich nicht besonders schuldig. 0 Stimmung Ich fühle mich schon eine gewisse Zeit lang Ich fühle mich nicht traurig. 0 schlecht und unwürdig. 1 Ich fühle mich niedergeschlagen Ich fühle mich ziemlich schuldig. 2 oder traurig. 1 Ich fühle mich jetzt praktisch die ganze Ich fühle mich die ganze Zeit Zeit schlecht und unwürdig. 2 niedergeschlagen oder traurig und werde dieses Ich habe das Gefühl, dass ich sehr Gefühl einfach nicht mehr los. 2 schlecht und nutzlos bin. 3 Ich bin so traurig oder unglücklich, dass es wehtut. 2 Gefühl der Bestrafung Ich bin so traurig oder unglücklich, dass Ich fühle mich nicht so, als ob ich bestraft würde. 0 ich es nicht mehr aushalte. 3 Ich habe das Gefühl, dass mir etwas Pessimismus Schlimmes passieren wird. 1 Ich bin nicht besonders pessimistisch oder besorgt, Ich habe das Gefühl, dass ich gestraft bin was die Zukunft betrifft. 0 oder bestraft werde. 2 Ich mache mir Sorgen über die Zukunft. 1 Ich habe das Gefühl, dass ich es verdiene, Ich fühle mich so, als ob ich nichts hätte, bestraft zu werden. 2 was mir Freude machen könnte. 2 Ich möchte bestraft werden. 3 Ich fühle mich so, als ob ich niemals meine Sorgen Selbsthass los werden könnte. 2 Ich habe nicht das Gefühl, dass ich von mir Mein Gefühl sagt mir, dass die Zukunft hoffnungslos selbst enttäuscht bin. 0 ist, und dass sich die Lage Ich bin von mir selbst enttäuscht. 1 nicht verbessern kann. 3 Ich mag mich nicht. 2 Versagergefühl Ich widere mich selbst an. 2 Ich fühle mich nicht als Versager. 0 Ich hasse mich. 3 Ich fühle mich so, als ob ich häufiger Selbstanklage versagt hätte als jeder andere. 1 Ich habe nicht das Gefühl, dass ich Ich fühle mich wie jemand, der sehr wenig schlechter bin als irgendein anderer. 0 zustande gebracht hat, was der Mühe Wert gewesen oder irgend etwas bedeutet hätte. 2
Selbstbeurteilung: Depression 137 Wegen meiner Schwächen oder Fehler Unentschlossenheit stehe ich mir selbst sehr kritisch Ich treffe Entscheidungen wie sonst auch. 0 gegenüber.1 Ich bin meiner selbst weniger sicher und Ich mache mich selbst für alles versuche, Entscheidungen vor mir verantwortlich, was schiefgeht. 2 herzuschieben.1 Ich habe das Gefühl, dass ich sehr Ohne fremde Hilfe kann ich keine viel Schuld auf mich geladen habe. 2 Entscheidungen mehr treffen. 2 Suizidalität Ich kann überhaupt keine Entscheidungen Ich denke überhaupt nicht daran, mehr treffen. 3 mir etwas anzutun. 0 Körperwahrnehmung Ich habe schon daran gedacht, mir etwas anzutun, Ich habe nicht das Gefühl, dass ich schlechter aber ich würde es nicht ausführen. 1 aussehe als sonst. 0 Ich habe das Gefühl, es wäre besser, tot zu sein. 2 Ich mache mir Sorgen darüber, dass ich alt oder Ich habe genaue Selbsttötungspläne. 2 unattraktiv aussehe. 1 Ich würde mich töten, wenn ich könnte. 3 Ich habe das Gefühl, dass sich an meinem Weinerlichkeit Aussehen ständig etwas ändert, und das macht Ich weine nicht mehr als sonst. 0 mich unansehnlich. 2 Ich weine jetzt mehr als sonst. 1 Ich habe das Gefühl, dass ich hässlich und Ich weine jetzt die ganze Zeit, es hört abstoßend aussehe. 3 nicht auf. 2 Arbeitshemmung Eigentlich sollte ich weinen können, Ich kann genauso gut arbeiten wie sonst. 0 aber jetzt kann ich überhaupt nicht mehr weinen, Ich muss mich besonders anstrengen, wenn ich selbst wenn ich wollte. 3 anfange, etwas zu tun. 1 Reizbarkeit Ich arbeite nicht so gut wie sonst. 1 Ich bin jetzt nicht gereizter als sonst. 0 Ich muss mich sehr stark überwinden, Ich bin schneller verärgert oder gereizt als sonst. 1 um irgend etwas zu tun. 2 Ich fühle mich die ganze Zeit gereizt. 2 Ich kann überhaupt nicht mehr arbeiten. 3 All das, was mich sonst aufgeregt hat, reizt mich Schlafstörungen überhaupt nicht mehr. 3 Ich schlafe so gut wie sonst auch. 0 Sozialer Rückzug Morgens wache ich müder auf als sonst. 1 Ich habe das Interesse an anderen Menschen Ich wache ein bis zwei Stunden früher auf nicht verloren. 0 als sonst und kann dann kaum mehr Ich bin jetzt weniger an anderen Menschen einschlafen.2 interessiert als sonst. 1 Ich wache jeden Tag sehr früh auf und bekomme Ich habe das Interesse an anderen Menschen nicht mehr als fünf Stunden Schlaf. 3 fast ganz verloren und empfinde kaum Müdigkeit etwas für sie. 2 Ich ermüde nicht schneller als sonst. 0 Ich habe kein Interesse mehr an anderen Ich ermüde schneller als sonst. 1 Menschen, sie sind mir vollkommen Egal was ich mache, ich ermüde. 2 gleichgültig.3 Ich bin zu müde, um etwas zu tun. 3
138 Information und Hilfe Appetitverlust Auswertung Mein Appetit ist nicht schlechter als sonst. 0 Addieren Sie die markierten Zahlen. Der Mein Appetit könnte besser sein. 1 Mein Appetit ist jetzt viel schlechter. 2 Summenwert zeigt dann den Schweregrad Ich habe überhaupt keinen Appetit mehr. 3 der Depression an. Gewichtsverlust 0 bis 9 keine Depression In letzter Zeit habe ich, wenn überhaupt, kaum 10 bis 18 leichte Depression Gewicht verloren. 0 In letzter Zeit habe ich habe ich mehr als 2 kg 19 bis 25 mittelschwere Depression abgenommen.1 26 bis 35 mittelschwere bis schwere In letzter Zeit habe ich habe ich mehr als 5 kg Depression abgenommen.2 36 und mehr schwere Depression In letzter Zeit habe ich habe ich mehr als 7 kg abgenommen.3 Befindlichkeitsstörungen Ich bin in Bezug auf meine Gesundheit nicht besorgter als sonst. 0 Schmerzen und Wehwehchen, Magenbeschwerden, Verstopfung und andere unangenehme körperliche Empfindungen beunruhigen mich. 1 Ich bin so darüber besorgt, wie ich mich fühle und was ich fühle, dass ich kaum an etwas anderes denken kann. 2 Meine Befindlichkeit nimmt mich vollkommen in Anspruch. 3 Libidoverlust In Bezug auf mein sexuelles Interesse habe ich in letzter Zeit keine Veränderung bemerkt. 0 ich bin weniger an Sex interessiert als sonst. 1 Sex interessiert mich jetzt kaum mehr. 2 Das Interesse an Sex habe ich vollkommen verloren.3
Stimmungskalender 139 Stimmungskalender Quelle: Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. (DGBS), (Download: www.dgbs.de) So füllen Sie den Stimmungskalender der •• Notfallmedikament: ankreuzen, wenn Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störun- Sie es eingenommen haben gen e.V. aus: •• Krankenhausaufenthalt: ankreuzen, •• Monat und Jahr eintragen, für jeden falls zutreffend Monat eine neue Seite •• Gearbeitet: Tage, an denen Sie gearbei- •• Stimmung und Antrieb: die zutreffen- tet haben de Stimmung markieren •• Tage der Menstruation: ankreuzen •• Schlaf in Stunden: Anzahl der Stun- •• Gereiztheit: ankreuzen den, die Sie in dieser Nacht geschlafen •• besondere Ereignisse, die sich auf Ihre haben Stimmung auswirken: Stichworte mit •• Schlafstörungen: ankreuzen bei Unru- Datum he und Unterbrechungen •• Medikamente: Namen/Wirkstoffe, die Sie regelmäßig nehmen; die Tage der Einnahme ankreuzen
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