Adventisten heute - Advent-Verlag Lüneburg
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Ausgabe Nr. 10/2016 | Oktober | www.adventisten-heute.de | ISSN 2190-0825 adventisten & Die Zeitschr if t der S i e b e n t e n - Ta g s - A d v e n t i s t e n heute Selber denken! Seite 7 „Hier stehe ich“ Seite 20 18 Jahre G‘Camp Seite 22 Ich bin nicht kreativ sein heißt leben ab Seite 8
N e u e B ü c h e r d e s A d v e n t - Ve r l a g s L ü n e b u r g Nahrung für Geist und Seele Jesus von Nazareth – William G. Johnsson Der Unvergleichbare (Bd. 1) sein Leben Jesus von Nazareth – sein Leben D er Theologe William Johnson weiß: „Jesus ist größer als jedes Buch über ihn.“ Er hat es dennoch gewagt, zwei in- 260 Seiten, Softcover, 14 x 21 cm 18,80 Euro (14,80 Euro für Leserkreismitglieder), formative Bände über das Leben und Wir- Art.-Nr. 1962 ken des Unvergleichbaren vorzulegen. Die- ser erste Band beleuchtet Jesus vor dem Hintergrund seiner Zeit und schildert den * Verlauf seines Dienstes. Wie wurden Men- schen durch die Begegnung mit ihm ge- prägt? Wie bildete er seine Jünger aus? * Weitere Infos wie Inhaltsverzeichnis oder Leseproben sind auf www.advent-verlag.de abrufbar. Weshalb kam es zu Konflikten mit dem religiösen Establishment? Und welche Leh- ren lassen sich daraus für heute ziehen? Der zweite Band über Lehre und Leiden von Jesus erscheint im Oktober. Der QR-Code führt Smartphones direkt zur Internetseite des Buches. 25 Jahre im Dienst des Advent-Verlags D iese Sonderausgabe von Glauben heu- te, dem Jahrespräsent für Leserkreis- mitglieder, entstand auf Initiative des Glauben heute 2016 (Sonderausgabe) im Herbst 2015 neu zusammengesetz- Hrsg: Daniel Wildemann 64 Seiten, 14 x 21 cm. ten Verlagsteams. Anlässlich der Pensi- Für Leserkreismitglieder onierung des bisherigen Verlagsleiters kostenlos; Elí Diez-Prida (August 2016) würdigt regulärer Verkaufspreis: diese kleine „Festschrift“ dessen Wir- 5,00 Euro, ken und Schaffen für den Advent-Verlag. Art.-Nr. 1961 In fünf abwechslungsreichen Abschnitten entsteht ein collagenartiges Portrait der vergangenen 25 Jahre des deutschen Ad- * vent-Verlags. Leserkreis- Bestellmöglichkeiten Mitglied werden • Am Büchertisch oder im Onlineshop: www.adventist-media.de • bis zu 30 % Preisermäßigung • Tel.: 0800 2383680, Fax: 04131 9835-500 • automatische Lieferung • E-Mail: bestellen@saatkorn-verlag.de sofort nach Erscheinen • Jahrespräsent-Buch kostenlos Advent-Verlag | www.advent-verlag.de für Leserkreis-Mitglieder www.facebook.com/adventverlag www.advent-verlag.de/leserkreis
editor ial | i nhal t Ist das Kunst, aktuell | Report oder kann das weg? 4 STA-Kurznachrichten / ADRA hilft Erdbeben- opfern in Italien Basteln, Stricken und bunte Tülltücher – Kreativi- 5 Hacksaw Ridge: Kriegsheld ohne Waffe / tät bedeutet viel mehr als das. Auch Ausschneiden, Nigeria: Keine Wahlen mehr an Samstagen Aufkleben, Stricken und Kerzengießen sind nur ein 6 Report: Grundsatzentscheidung des NDV Teil dessen. Lasst euch mitnehmen auf eine ganz zur Ordination von Pastoren neue Entdeckung von Kreativität. Ist das Kunst, oder kann das weg? Mit dieser Frage messen wir künstlerische Betätigung – vor al- Kolumne lem in unserem Gemeindealltag. Geben wir der Kunst und Kreativität Raum, so ganz anders zu sein, oder verbannen wir sie lieber aus unserem Sichtfeld? Ad- 7 „Selber denken. Die Reformierten“ ventistische Künstler aus Bremen stellen ihre Arbeiten regelmäßig öffentlich (Herbert Bodenmann) aus (S. 14). Die Adventgemeinde Düsseldorf verziert ihre Mauern mit Graffiti (S. 17). Das Kunstwerk drückt aus, wozu die Gemeinde da ist: um einen Ort der Thema des Monats: Sicherheit und Geborgenheit anzubieten. Diese Mauern sind gleichzeitig ein Ich bin nicht kreativ sein heißt leben stummer Zeuge und doch eine sprechende Einladung, hineinzugehen. Über die aktuelle Grundsatzentscheidung des Norddeutschen Verbandes zur 8 Im Wesen verankert (Jessica Schultka) Ordination von Pastoren berichten wir auf Seite 6. Durch deren Umsetzung soll 10 G anz kreativ (Julie Guirgis) der Ungleichbehandlung von Männern und Frauen im geistlichen Amt in dieser 13 Am Anfang war die Kreativität Region ein Ende gesetzt und die bestehende Ungerechtigkeit abgeschafft wer- (Daniel Wildemann) den. Wie das funktionieren kann? – Lest selbst nach. 14 Werte kreativ und authentisch gestalten Für diese bunt gemischten Beiträge – passend zur Herbstpracht der Blätter – (Künstlergruppe Plantage) wünsche ich euch einen kreativen Lesegenuss. 16 App-seits von Pokémon Go (Burkhard Mayer) Jessica Schultka 17 Fassade mit Vogelnest Leiterin des Advent-Verlags schultka@advent-verlag.de Adventgemeinde aktuell Seit August leitet Jessica Schultka den Advent-Verlag, Lüneburg und wird künftig im Wech- 18 Lesermeinungen sel mit Thomas Lobitz die Editorials von Adventisten heute schreiben. In einer der kom- menden Ausgaben werden wir die neue Frau an der Spitze des Verlags näher vorstellen. Das Redaktionsteam wünscht ihr Gottes Segen sowie viel Kraft, Kreativität und Freude bei ihrer Adventist World Aufgabe. Liebe Jessica, du kannst voll auf uns zählen! D i e i n t e r n a t i o n a l e Z e i t s c h r i f t f ü r S i e b e n t e n - Ta g s - A d v e n t i s t e n O k tob e r 2 01 6 11 Adventisten und verschreibungs- pflichtige Medikamente 22 Gott heilt betrübte Herzen 26 Was sagte Jesus dem Dieb? IMPRESSUM Die weltweite Zeit- adventisten heute | ISSN 2190-0825 schrift der Siebenten- Herausgeber: Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten (115. Jahrgang) Den Bann Jesus zerstört einen jahrhundertealten Fluch der Animisten brechen Verlag: Saatkorn-Verlag GmbH, Abt. Advent Verlag, Pulverweg 6, Tags-Adventisten 21337 Lüneburg, E-Mail: info@advent-verlag.de, Internet: www.advent-verlag.de; www.facebook.com/adventverlag Freikirche aktuell Redaktion: Thomas Lobitz (Chefredakteur, tl), Jessica Schultka (js), Nicole Spöhr (nsp), Daniel Wildemann (dw). Adresse: siehe Verlag; Tel. 04131 9835-521. E-Mail: info@adventisten-heute.de, Ausgabe Nr. 10/2016 | Oktober | www.adventisten-heute.de | ISSN 2190-0825 19 Reformation und Medien Internet: www.adventisten-heute.de adventisten & 20 „Hier stehe ich“ Formatanzeigen: oKae media, Martin Haase, Postfach 100403, Die Zeitschr if t der S i e b e n t e n - Ta g s - A d v e n t i s t e n heute 22 18 Jahre G’Camp 51404 Bergisch Gladbach, Tel. 02204 917075, Fax 02204 917072, E-Mail: advertising@okae.org Internet: www.okae.org Selber denken! Seite 7 24 Liedprojektion aus glauben-hoffen-singen © SFIO CRACHO / Shutterstock.com „Hier stehe ich“ 26 Was ist Gemeinde? Seite 20 Kleinanzeigen: Dorothee Schildt-Westphal, Tel. 04131 9835-521, 18 Jahre G‘Camp Seite 22 Fax 04131 9835-502, E-Mail: anzeigen@adventisten-heute.de 27 „Wen soll ich senden?“ Bezug: Kostenlos bei Bezug über den Büchertisch der örtlichen Adventgemeinde in Deutschland sowie online (zum Herunterladen, 28 Notizbrett: Termine / Gebet für missiona- Speichern und Drucken) im Internet: www.adventisten-heute.de rische Anliegen / Kreative Urlaubsfotos mit Gestaltung: Ingo Engel, München Ich bin nicht kreativ Adventisten heute Titelgestaltung: Sarah Popa, STIMME DER HOFFNUNG sein heißt leben 29 Projektinformation „Nimm Jesus“ Produktion/Druck: Thiele & Schwarz GmbH, Kassel 31 Anzeigen ab Seite 8 Spendenkonto: Freikirche der STA, IBAN: DE14 6009 0100 0227 3850 04, BIC: VOBADESSXXX, Verwendungszweck: Aheu-Finanzierung Mehr Mut zum Kreativsein. 36 Neu: ADRA heute adventisten heute | Oktober 2016 | 3
a ktu e l l Na c h r ic h t e n Kurznachrichten ADRA hilft Erdbebenopfern in Italien Ein Beispiel aus der Adventgemeinde Rieti n Russland: Kirche will Gemeindegliedern beistehen Ehrenamtliche Helfer der Adventistischen Entwicklungs- und Katastrophenhil- Das im Rahmen des „Anti-Terror-Gesetzespa- fe ADRA-Italien kümmern sich zusammen mit Mitgliedern der Adventgemeinde kets“ am 6. Juli von Präsident Putin unter- in Rieti um eine Gruppe Vertriebener aus den Erdbebengebieten. Am 24. Au- zeichnete neue Gesetz, welches die „Missions- gust hatte ein Erdbeben mehrere Dörfer und Weiler der Provinz Rieti in der tätigkeit“ einschränkt, trat am 20. Juli in Kraft. Region Latium zerstört. Dies teilte der Newsdienst „Notizie Avventiste“ (NA) Adventistische Kirchenleiter in Russland äußer- der Kommunikationsabteilung der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten ten die Hoffnung, dass dieses Gesetz nicht ge- in Italien mit. gen evangelistische Bemühungen ihrer Kirche 16 Menschen seien derzeit im adventistischen Kirchengebäude unterge- angewendet werde. Sie seien aber bereit, Ge- bracht. Die Freiwilligen von ADRA und der Kirchengemeinde bieten den Ver- meindegliedern, die der Übertretung angeklagt © ThH-Friedensau triebenen drei Mahlzeiten pro Tag an, so NA. ADRA-Italien habe das Angebot würden, beizustehen, teilte die nordamerikani- von Mahlzeiten auch den ehrenamtlichen Helfern anderer Hilfsorganisationen sche Gemeindezeitschrift Adventist Review (AR) gemacht, die in den umliegenden Gebieten arbeiten. „Wenn die an der Erdbe- unter Berufung auf eine Stellungnahme der ben-Notfallhilfe beteiligten Organisationen diesen Service benötigen, werden Euro-Asien-Division (ESD, Sitz Moskau) mit. sie sich mit uns in Verbindung setzen“, teilte ADRA-Italien gegenüber NA mit. Das neue Gesetz beschränke religiöse Akti- Eine LKW-Ladung mit Grundversorgungs- und Hilfsgütern sei ebenfalls im vitäten auf registrierte kirchliche Gebäude und Kirchengebäude in Rieti untergebracht, da die Warenlager der anderen Verbän- verbiete das freie Verteilen religiöser Literatur. de bereits voll sind. „Wir werden dieses Material für die Bedürfnisse unserer Übertretungen könnten bei Einzelpersonen mit Gäste und für andere Bedürfnisse nutzen“, erklärte ADRA-Italien. „Die Ehren- Bußen bis 50.000 Rubel (700 Euro) und bei Or- amtlichen haben auch eine Bestandsaufnahme der erhaltenen Medikamente ganisationen bis zu einer Million Rubel (14.000 gemacht, die an das Rote Kreuz geschickt wird“. Euro) bestraft werden. APD/tl Laut ESD würden lokale Kirchenleiter unver- züglich Kontakt mit den zuständigen örtlichen Behörden suchen, um Bedenken bezüglich der Verletzung verfassungsmäßiger Rechte von Kir- chenmitgliedern anzusprechen und gemeinsam mit ihnen nach Lösungen zu suchen. „Wenn die verfassungsmäßigen Rechte der Gläubigen verletzt werden, wird die Kirchenleitung jede erdenkliche Hilfe und Unterstützung bieten.“ Die Leitung der ESD dazu auf, für Putin und Russland zu beten. (APD) n „Jedes Kamel in Somalia kennt ADRA“ Im Rahmen eines Beitrags zum Themenschwer- punkt des ZDF in der Woche 18. bis 22. Juli über das Klimaphänomen „El Niño“ beschrieb Frank Brenda, Abteilungsleiter Nothilfe von ADRA-Deutschland, wie in Somalia die Aus- wirkungen des Klimaphänomens gelindert wer- den können. Er kam in einem Beitrag zu den Dürreperioden in Somalia ausführlich zu Wort: „Wenn es in der Regenzeit trocken bleibt, rei- hen sich Trockenzeiten aneinander – das bringt Tiere und Menschen in eine lebensbedrohliche © Notizie Avventiste Situation.“ In den 1990er Jahren habe ADRA in Somalia fast 150 Brunnen gebaut. „Jedes Kamel kennt ADRA, lautete ein Gerücht, das man sich in So- malia erzählte“, so Brenda. Denn die zahlrei- chen Brunnen seien mit dem Namen der Orga- nisation versehen worden. (APD) Essensausgabe in Rieti. 4 | adventisten heute | Oktober 2016
akt uel l Nac h r i c ht en Kriegsheld ohne Waffe Kinofilm Hacksaw Ridge würdigt Adventisten Desmond Doss Nach zehn Jahren Pause ist Mel Gibson auf den Im Zuge der Dreharbeiten hatte der Regiestuhl zurückgekehrt und hat sich einem le- (katholische) Regisseur Mel Gibson gendären Kriegshelden gewidmet. In seinem Film (Braveheart, Die Passion Christi) mit den Hacksaw Ridge inszenierte er die wahre Geschich- Nachlassverwaltern von Desmond Doss te des ersten Kriegsdienstverweigerers der USA – zusammengearbeitet. Rohfassungen da- Desmond T. Doss. Während des Zweiten Weltkriegs von wurden Adventisten in den USA vor- von der US-Armee eingezogen, weigerte sich die- gespielt, ihre Reaktionen waren positiv, ser aufgrund seines Glaubens als Siebenten-Tags- trotz der enthaltenen Gewaltszenen. Adventist eine Waffe in die Hand zu nehmen und Die Weltpremiere von Hacksaw Ridge © Public Domain gegen Menschen zu richten. Statt als Soldat wurde wurde am 4. September während der er schließlich als Sanitäter eingesetzt und rettete Filmfestspiele in Venedig gefeiert. In während eines schweren Gefechts in Japan 75 Men- Deutschland wird das Kriegsdrama am schen das Leben. Dafür wurde er unter anderem 12. Januar 2017 in die Kinos kommen. mit der höchsten militärischen Auszeichnung, der Dadurch dürfte die Bekanntheit der Adventisten Desmond Doss emp- Medal of Honor, geehrt, die ihm Präsident Harry S. hierzulande steigen und es könnten sich Möglich- fängt die Ehrenmedaille Truman 1945 überreichte. keiten zum missionarischen Zeugnis ergeben, die aus den Händen des Die Rolle des tapferen, christlichen Helden im Adventgemeinden nutzen können. Ein Filmtrailer in US-Präsidenten Harry S. Film übernahm „Spiderman“-Star Andrew Garfield. der Originalsprache Englisch mit deutschen Unter Truman. Neben ihm gehören weitere bekannte Schauspieler titeln ist im Internet (Youtube) unter dem Shortlink wie Vince Vaughn, Sam Worthington, Hugo Wea- http://bit.ly/2bOn5Vl zu sehen. ving und Teresa Palmer zur Besetzung. nsp/tl Keine Wahlen mehr an Samstagen Forderung der Adventisten in Nigeria Pastor Oyeleke A. Owolabi, Vorsteher des Westnige- Frauenordination, sondern auch im Hinblick auf die rianischen Verbandes, forderte auf einer Konferenz Wahrnehmung des Wahlrechts an Samstagen. Ellen in Ado Ekiti, Südwest-Nigeria, von der unabhän- G. White, eine der Gründerpersonen der Kirche, hat gigen nationalen Wahlkommission, dass Wahlen vor mehr als 100 Jahren in den USA die Teilnahme künftig nicht mehr an einem Samstag abgehalten an Wahlen und Abstimmungen auch am Ruhetag werden sollen. empfohlen, sofern dies nicht anders möglich sei. Es seien schon viele Briefe an die unabhängige nationale Wahlkommission (Independent National Religion in Nigeria Electoral Commission, INEC) geschrieben worden In Nigeria besteht eine kaum überschaubare Viel- mit der Bitte, Wahlen nicht mehr auf einen Sams- falt an religiösen Gemeinschaften. Rund 50 Prozent tag zu legen, so Owolabi. Er sei zuversichtlich, dass der Nigerianer sind Muslime, vor allem in Norden. die nationale Wahlkommission dem Anliegen der Etwa 40 Prozent sind Christen und der restliche Teil © ANN – Ansel Oliver Adventisten entsprechen werde. – rund 10 Prozent – bekennt sich zu einer traditi- Laut der nordamerikanischen Gemeindezeit- onellen afrikanischen Religion. Neben den Adven- schrift Adventist Review hat Pastor Ted Wilson, Prä- tisten halten auch folgende christliche Kirchen in sident der Generalkonferenz (Weltkirchenleitung), Nigeria den Sabbat: Holy Sabbath Church, Seventh- anlässlich einer Pastoralvisite in Nigeria 2014 den Day Baptist Church, Church of God Seventh-Day Der Vorsteher des West damaligen nigerianischen Präsidenten Goodluck und die Sabbath Holy Church. nigerianischen Verbandes, Jonathan gebeten, weder Wahlen noch Examen an Von den 181 Millionen Einwohnern des Landes Oyeleke A. Owolabi, hier staatlichen Institutionen auf Freitag, Samstag oder sind rund 223.000 erwachsen getaufte adventisti- bei einer Sitzung des Sonntag anzusetzen. Dies würde es allen Muslimen sche Christen, die in mehr als 1150 Ortsgemeinden Generalkonferenz- und Christen unterschiedlicher Konfession erlauben, Gottesdienst feiern. Adventisten unterhalten in Ni- Ausschusses in Silver ihrem Glauben entsprechend zu leben, so Wilson. geria 57 Grund- und 18 weiterführende Schulen, vier Spring, USA. Als weltweite Kirche kennen die Adventisten Krankenhäuser und 18 Kliniken oder Ambulanzen. nicht nur kulturelle Unterschiede in Bezug auf APD/tl adventisten heute | Oktober 2016 | 5
Re po r t Segnende Beauftragung für Frauen und Männer Grundsatzentscheidung des NDV zur Ordination von Pastoren D er Norddeutsche Verband der Freikir- sehbar unter www.adventisten-heute.de, Beschluss des NDV von 2012 che der Siebenten-Tags-Adventisten Ausgabe September 2016 Am 23. April 2012 hatte die Leitung des (NDV) hat eine Stellungnahme zur NDV mehrheitlich beschlossen, dass inner- Ordination von Frauen zum Dienst als Pas- Nur männliche Vorsteher möglich halb des NDV auch Pastorinnen wie ihre torinnen veröffentlicht. Zukünftig im Be- Frauen können nach ihrem Theologiestu- männlichen Kollegen ordiniert werden reich des NDV durchgeführte Ordinationen dium in der Kirche der Siebenten-Tags- können. Dieses Votum entsprach nicht der könnten demnach keine weltweite Gel- Adventisten zwar als Pastorin „gesegnet” Beschlusslage der Weltkirchenleitung der tung mehr beanspruchen, sondern seien werden und damit fast alle Amtshandlun- Siebenten-Tags-Adventisten, wurde bisher auf Deutschland beschränkt. Die bisherige gen, wie Taufe, Abendmahl, Trauung und allerdings noch nicht umgesetzt. Form der Segnung von Pastorinnen (seg- Beerdigung, vornehmen; doch ordiniert Der Süddeutsche Verband (SDV) hatte nende Beauftragung) wird nun in gleicher werden nur männliche Geistliche. Damit 2012 keinen Beschluss zur Ordination von Weise auch den männlichen Kollegen zu- ist Pastorinnen grundsätzlich auch der Frauen gefasst. Er praktiziert aber eben- gesprochen. Dienst eines Vereinigungs- oder Verbands- falls die „Segnung“ von Pastorinnen in In einer Grundsatzentscheidung, die vorstehers verwehrt, der eine Ordination Übereinstimmung mit der Weltkirchenlei- vom NDV-Verbandsausschuss bereits im erfordert. Die aktuelle Stellungnahme tung (Generalkonferenz). Deshalb dürfen Juni beschlossen und nun veröffentlicht des NDV öffnet nun auch dieses Amt für von den Kirchenleitungen im NDV „geseg- wurde, wird „Ordination“ nicht wie bisher Frauen, sieht dafür aber eine erneute Or- nete“ Geistliche, sowohl Männer wie Frau- als weltweit gültige Einsegnung verstan- dination vor: „Die Wahl eines Pastors oder en, auch im Gebiet des SDV tätig sein. Im den, sondern auf die Gebiete von NDV und einer Pastorin in den leitenden Dienst als SDV werden bislang nur Männer als Pas- SDV (Süddeutscher Verband) beschränkt. Vorsteher/in wird durch eine erneute Be- toren für den weltweiten Dienst ordiniert. Daher werde diese Form der Beauftragung auftragung/‚Ordination‘ vollzogen.“ auf dem Gebiet des Norddeutschen Ver- Vier Trends bei Befürwortern der bandes ohne Unterschied sowohl Männern Deutsche Freikirchenleitung für Frauen Frauenordination als auch Frauen im Pastorendienst zuge als vollbeauftragte Pastorinnen Auf den Beschluss der Generalkonferenz- sprochen. Die Vorstände des Nord- und Süddeutschen Vollversammlung vom 8. Juli 2015, Regelun Wörtlich heißt es in der Stellungnah- Verbandes der Freikirche der Siebenten- gen zur Ordination nicht den Divisionen zu me: „Der NDV bekennt sich zur biblischen Tags-Adventisten hatten bereits in einer überlassen, haben Verbände und Vereini Praxis der Handauflegung mit Segensgebet Stellungnahme vom 14. Juli 2015 die Ent- gungen, die diese Entscheidung kritisch se- als sichtbarem Zeichen der Kirche, seine scheidung in San Antonio zur Frauenordi- hen, unterschiedlich reagiert. Vier Trends Pastoren und Pastorinnen zum hauptamt- nation bedauert. In ihrer Stellungnahme zeichnen sich bislang ab: 1. Der Beschluss lichen Dienst in den Gemeinden zu beauf- hieß es: „Eine positive Antwort wäre aus wird hingenommen und die eigene abwei- tragen. In diesem Sinn spricht der NDV unserer Sicht angemessen und überfäl- chende Haltung zur Ordinationsfrage in von ‚Ordination‘.“ Diese „wird Männern lig gewesen und hätte dem mutigen (Pi- einer öffentlichen Erklärung dokumentiert. und Frauen ohne Unterschied zugespro- onier-)Geist der Adventbewegung besser 2. Ordinierten und nichtordinierten Pasto- chen und gilt nur im Gebiet des NDV/SDV, entsprochen.“ Während die Vorstände den ren werden generell die gleichen Rechte ein- da unsere Gremien nur für diesen Bereich Willen der Mehrheit der Vollversammlung geräumt. Diesen Weg gingen einige Vereini- entscheiden können“. respektierten, würden sie jedoch entschie- gungen in Nordamerika. 3. Pastoren werden Die Leitung des NDV möchte dadurch der den jeder Form der Diskriminierung von nicht mehr ordiniert. Diesen Weg haben z. B. bereits bestehenden Beschlusslage auf ih- Frauen entgegentreten. „Wir glauben, dass die Adventisten in Norwegen, Dänemark, rem Gebiet Rechnung tragen, ohne formal Männer wie Frauen mit denselben Gaben Belgien und Schweden gewählt. Auch der gegen die weltweit gültigen Arbeitsricht- ausgestattet werden, die für den Dienst als Beschluss des NDV entspricht in etwa dieser linien (Working Policy) der Generalkonfe- Pastor/Pastorin erforderlich sind. Deshalb Richtung. 4. Der Beschluss wird ignoriert renz (Weltkirchenleitung) zu verstoßen. werden wir alle Möglichkeiten ausschöp- und Pastoren werden unabhängig vom Ge- Die Stellungnahme des NDV zur Ordinati- fen, um Frauen als vollbeauftragte Pas- schlecht ordiniert. So wollen zwei Verbände on von Frauen zum Dienst als Pastorin ist torinnen in unseren Gemeinden einzuset- in Nordamerika und die Adventisten in den in deutscher und englischer Sprache ein- zen“, so die Vorstände. Niederlanden verfahren. APD/tl 6 | adventisten heute | Oktober 2016
Ko l u m n e „Selber denken. Die Reformierten“ Mit Zweifeln umgehen – aber wie? W er eine Kolumne wie diese schreibt, soll Persönlichkeit entspreche und bei dem auch Raum Ausgabe Nr. 11/2011 | November | www.adventisten-heute.de | ISSN 2190-0825 seine Meinung äußern. So steht es in ei- für Fragen bleibe. Seine Aussage hat mir damals adventistenheute & Die Zeitschrift der S i e b e n t e n - Ta g s - A d v e n t i s t e n nem Blog zum Verfassen von Kolumnen. gut getan und Mut gemacht: Selber denken! Selber Weiterhin soll man die Lesenden von Anfang glauben! an emotional ansprechen, zum Beispiel durch Mit wem teilst du solche „heimlichen“ Fragen, Fragen. die dich umtreiben? Mit wem kannst du reden, ◗ Stärker als der Tod Seite 7 Wie wär’s also damit: Fragst du dich immer öfter, wenn du dich „wund geglaubt“ hast oder an deiner ◗ Rettet die Kindheit! Seite 19 ◗ Euro(pa) – was nun? wohin sich ein entscheidender Teil deiner Freikir- Gemeinde leidest? Das Kritisieren anderer bringt ei- Seite 23 che entwickelt? Kannst du heute nicht mehr ge- nen ja nicht wirklich weiter. Zudem fühlt man sich nau so glauben, wie früher? Stellst du einige der danach nicht besser. ◗ Zweifelnd glauben? ab Seite 8 28 adventistischen Glaubenspunkte infrage? Hast Ich habe kürzlich ein Buch aus adventistischer du dich schon länger als einen Bruchteil einer Se- Feder (auf Englisch) gelesen gelesen, das ich al- In der Novemberausgabe kunde gefragt, ob die Sache mit Gott überhaupt len empfehlen kann, die sich mit diesem Thema 2011 wurde ausführ- wahr sein kann? Oder gar, ob der „Himmel“ – hor- auseinandersetzen wollen: Facing Doubt. A Book for lich auf das Thema ribile dictu – leer ist? Bist du hinsichtlich deiner Adventist Believers „on the margins“. (Dem Zweifel „Zweifel“ eingegangen. Ortsgemeinde oder der Freikirche ein Randsiedler, begegnen. Ein Buch für adventistische Gläubige, (Im Internet unter eine Randsiedlerin? Hast du den Austritt aus der die am Rand stehen.) adventisten-heute.de Gemeinde schon einmal erwogen? In wohltuender Offenheit spricht der Verfasser zu lesen, Shortlink: bit. Im Jahr 2000 hat die reformierte Kirche in der Reinder Bruinsma, ein adventistischer Pastor, Mis- ly/2bbVvwc). Ein neues Schweiz eine Imagekampagne gestartet: „Selber sionar und Kirchenleiter im Ruhestand, Trends und Buch von Reinder Bruins- denken. Die Reformierten.“ Entwicklungen im Adventismus aber auch generell ma setzt sich ebenfalls Selbstbewusst, leicht trotzig und provokativ sei im christlichen Glauben an: Inspiration; Dreieinig- damit auseinander. dieser Spruch, kommentierte ein römisch-katho- keit; Natur Christi; Heiligtum; 1844; Endzeitpro- lischer Kommunikationsberater. Er fühle sich als phezeihungen, Ellen White, Lebensstil. Nichtreformierter provoziert, schließlich wollten Reinder Bruinsma hält bezüglich Trends in der alle eigenständig denken. Ich finde bis heute, dass Gemeindepolitik und bei theologischen Fragen dieses Motto auch gut zum Adventistsein passen mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Er bie- würde, zumindest wie ich es verstehe. Das Selber- tet Nachdenkenswertes zu einem wortwört lichen denken wurde bei der Reformation vor 500 Jahren Bibelverständnis, zu Frauenordination; adven- mit dem Selberlesen der Bibel in Verbindung ge- tistischen Glaubensüberzeugungen, Schöpfung; bracht, was ungemein befreiend wirkte. Feindbildern; Homosexualität. Der aus den Nie Vor vielen Jahren sprach Alden Thompson, ein derlanden stammende Theologe äußert sich auf Theologieprofessor an der adventistischen Walla den 191 Seiten aber auch über grundsätzliche Walla Universität, USA, als Referent bei einem Fo- christliche Themen, wie Wunder oder die Frage, rum, das für adventistische Studenten und Akade- wie ein liebender Gott es zulassen kann, dass gu- miker in der Deutschschweizerischen Vereinigung ten Menschen Böses (Leid) widerfährt (Theodizee- veranstaltet wurde. frage). Er sagte damals, dass wir nicht meinen sollten, Reinder Bruinsma benennt im ersten Teil des Bu- wir glaubten nicht oder glaubten falsch, wenn wir ches unverstellt die Probleme, die im christlichen Fragen oder Zweifel hätten und unser Glaube nicht und adventistischen Glauben auftauchen können. so einfach funktioniere, wie dies im Erfahrungsteil Deshalb kann man ihm am Schluss besser folgen, Herbert Bodenmann des Gottesdienstes oft geäußert werde. Er riet uns, wenn er einfühlsam seinen reflektierten Glauben lebt in Basel und betreut die andere, uns möglicherweise fremd gewordene bezeugt und nachvollziehbar beschreibt, weshalb verschiedene Abteilungen Art des Glaubens der Mehrheit der Gemeindeglie- er in der Adventgemeinde bleibt. der Deutschschweize- der nicht infrage zu stellen. Wir sollten vielmehr Wie wäre es mit dem Leitsatz: „Selber denken. rischen Vereinigung und einen eigenständigen Glauben suchen, der unserer Selber glauben. Die Adventisten“? ■ der Schweizer Union. adventisten heute | Oktober 2016 | 7
T he m a d e s M o na ts Im Wesen verankert Kreativität ist mehr als Basteln und Stricken W enn ich an Kreativität denke, fällt mir Dabei möchte ich hier für die Kreativität eine in erster Linie dazu ein, dass ich an Kin- Lanze brechen – ich glaube, sie ist in unserem dergeburtstagen, im Kindergarten oder Menschsein angelegt. Inzwischen weiß ich: Kreati- im Kunstunterricht etwas basteln, malen, kleben vität ist mehr als Basteln und Stricken. musste. Und zwar immer so, wie es die Erzieherin oder der Kunstlehrer vorgegeben hatte. Meine in- Kreativität als Schöpfungsauftrag dividuellen Interpretationen der Aufgabenstellung, Gleich in den ersten Kapiteln der Bibel können wir gepaart mit handwerklichem Ungeschick meiner- einen Gott entdecken, der sich kreativ betätigt. seits, wurden meist mit schlechten Noten oder Seine Schöpferkraft ist nicht auf den reinen Zweck ignoranter Nichtbeachtung gestraft. Wenn jemand des Lebenschaffens begrenzt. Er erschuf nicht nur mich gefragt hätte, ob ich gern kreativ bin, hätte Lebewesen, sondern eine Welt, die sein großes ich dieser Person vermutlich all meine schief und Herz für Vielfalt, Phantasie und Kreativität wider Was wären wir ohne schräg zusammengeklebten Basteleien um die Oh- spiegelt. In der Schöpfung entdecken wir einen kreative Einfälle? ren gehauen. Gott, der so kreativ ist, dass wir Menschen diese Welt, in der wir leben, noch lange nicht erschlos- sen haben. Die Schöpfung wie wir sie sehen und erleben, ist ein Ausdruck seiner Kreativität, an der wir teilhaben und uns erfreuen können. Dabei ist Gottes Geschmack und Verständnis von Schönheit so ganz anders als unsere Vorstellung, die durch Mode- und Zeitgeist geprägt ist. Als Gott den soge- nannten „hässlichsten Fisch der Welt“ (den Blob- fisch) erschuf, war das der Ausdruck seiner großen Bandbreite an Geschmack, der von mehr Phantasie, Kreativität und Humor zeugt, als wir uns vorstellen können. Wir sind nach Gottes Ebenbild geschaffen. Ein Aspekt dieser Ebenbildlichkeit steckt im Schöp- fungsauftrag an uns, die Erde zu bevölkern und sie in Besitz zu nehmen (1 Mo 1,28 NLB). Das heißt letztlich, das Leben kreativ zu gestalten. Genau wie Gott Dinge geschaffen hat, die in erster Linie keinem bestimmten Zweck dienen (die Vielfalt an Farben, Formen, Flora, Fauna, Land- schaft), so strebt auch der Mensch danach, sich – neben der Arbeit zum Lebenserhalt – schöpferisch zu betätigen und Dinge zu schaffen, die nicht le- bensnotwendig sind. Dieses kreative Schaffen ist im Menschsein angelegt – es wurde von Gott in uns hineingelegt. © Sunny studio – Fotolia.com Staunen lernen Aufgrund meiner verstörenden Bastelerfahrungen habe ich mich lange Zeit als wenig kreativ einge- schätzt. Ich bewundere die Kreativität der ande- ren. Ich staune und lasse mich gern inspirieren. 8 | adventisten heute | Oktober 2016
I c h bin nic ht kreat iv sein heiß t l eb en Durch das Betrachten eines Kunstwerkes bekomme ich oft einen anderen Blick auf die Welt. Ein Mu- sikstück lässt mich die Tiefe der Sehnsucht nach Gott erspüren. Ein Theaterstück greift die Macken des Menschseins auf und ich fühle mich ertappt. Ich erfreue mich an der Schönheit von Töpferware, staune über antike Möbelstücke, die Menschen mit viel Herzblut gebaut haben, spüre Ehrfurcht, wenn ich große Kirchen betrete und wundere mich über die Aussagekraft von Architektur. Kreativität und Kunst helfen mir, von meinem gewohnten Denken und Leben ein Stück zurück zutreten. Ich sehe mich selbst – und auch Gott – in einem anderen Licht, meine Grunderfahrungen als Mensch werden aufgezeigt, und mir bietet sich die Gelegenheit, ganz neu über Gott nachzudenken. © Alexander Raths – Fotolia.com Ich muss selbst nicht mehr tun, als dafür offen zu sein und die Eindrücke auf mich wirken zu lassen. Die Kreativität der anderen erfreut mich, sie hilft mir oft, mich besser zu verstehen, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen – ja, sie darf mich sogar kritisieren. Nach einem solchen Erleb- nis werde ich oft selbst kreativ und möchte meine Erfahrungen ausdrücken. Auch heute stehen wir vor der Herausforderung, das Zeugnis der Heiligen Schrift in das Leben und An Erntedank ist die Viel- Mehr als Basteln den Alltag der Menschen von heute sprechen zu falt der Gaben und der Basteln ist – ohne Frage – auch ein Ausdruck von lassen. Hier wünsche ich mir viel mehr Kreativität Geschmackshorizont Gottes Kreativität. Inzwischen weiß ich aber, dass Krea- in unseren Ortsgemeinden und Gottesdiensten. besonders augenfällig. tivität so viel mehr ist. Wer kreativ ist, kann aus gewohnten Mustern ausbrechen und sie neu zu- Kreativität im Gemeindeleben sammensetzen. Ich habe für mich entdeckt, dass Ich wünsche mir, dass Menschen mit ihren Gaben ich gut darin bin, Lösungsansätze zu finden, wenn auf vielfältige Weise Gott dienen können und die es ein Problem gibt. Auch dafür muss man kreativ Gemeinde dadurch beleben. und unkonventionell denken, um weiterzukommen. Gerade bei scheinbar unlösbaren Fragen kann Kreativität kann bedeuten, andere Worte für ein ein gelassen-kreativer Blick auf die Situation bekanntes Phänomen zu finden. Ja, es erfordert helfen. Statt Druck aufzubauen und immer mehr manchmal sogar einiges an Kreativität, das Gute im festzuhalten, hilft es, loszulassen, einen Schritt anderen, der gerade nervt, zu entdecken. zurückzutreten. Vielleicht erscheint dadurch eine ganz andere Idee, die sich als hilfreich erweist. Wir Kreativität in der Bibel können anders aufeinander zugehen und den ande- Gottes Kreativität drückt sich auch in der Art und ren ganz neu kennenlernen. Weise aus, in der er sich uns offenbart. So lesen wir Ich wünsche mir, dass wir kreativ werden, wenn in der Bibel über Propheten, die den Auftrag hat- es darum geht, von Gott zu reden und unsere Er- ten, die Botschaft Gottes für ihre Zeit zu verkün- fahrungen mit ihm teilen – mit Worten, aber auch den. Hosea war ein lebendiges Beispiel für die Güte in Kunst, Musik, Theater und vielen anderen Dar- und Gnade Gottes – sein Leben war geprägt von stellungsmöglichkeiten. Dadurch geben wir einen symbolischen Handlungen, mit denen er den Willen Eindruck von Gottes Herz weiter, der ja unser kre- Gottes zum Ausdruck brachte. Jesus ist für mich ativer Schöpfer ist. ein großes Vorbild in der kreativen Verkündigung. Kreativ sein bedeutet weit mehr, als zu basteln Ich staune darüber, wie es ihm gelungen ist, den oder zu stricken. Die eigene Kreativität zu entde- Menschen zu erklären, wer und wie Gott ist. Er griff cken, kann unser Inneres öffnen und neue Mög- Alltagsbegebenheiten auf und schaffte es, sie nicht lichkeiten zeigen. Gott ist ein Gott der Freiheit und banal klingen zu lassen, sondern darin Gottes tiefs- der Kreativität. Wenn ich jetzt gefragt werde, ob Jessica Schultka tes Anliegen zum Ausdruck zu bringen – nämlich, ich kreativ bin, kann ich das inzwischen bejahen. Pastorin, zuletzt in dass die Menschen sich ihm wieder zuwenden. In Ich habe einen Gott kennengelernt, dessen Herz Leipzig, leitet seit August Gleichnissen kritisierte er die Scheinfrömmigkeiten für Schönheit schlägt und der mich immer wieder 2016 den Advent-Verlag, einiger Zeitgenossen. auf seine Sicht der Dinge aufmerksam macht. ■ Lüneburg. adventisten heute | Oktober 2016 | 9
T he m a d e s M o na ts Ganz kreativ Gibt es einen Zusammenhang zwischen Kreativität und Gesundheit? D ie populären Medien begünstigen eine Kultur äußerst geschäftiger, jedoch passiver Konsu- menten. Durch deren Nutzung fühlen sich viele von uns reizüberflutet und zerstreut. Immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass die Kreativität einer der Schlüssel zum Wohlfühlen und zur Ganzheitlichkeit ist. Wir alle werden als kreative Wesen geboren. Kreativität ist in unserem Erbgut verankert. Wir alle haben einen göttlich inspirierten Drang zum kreativen Schaffen. Die Bibel teilt uns mit: „Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn; als Mann und Frau schuf er sie.“ (1 Mo 1,27 EB) Wenn wir auf göttlich inspirierte Weise krea- tiv sind, freut sich Gott, da er sein Ebenbild in uns widergespiegelt sieht und er es liebt, wenn sein Bild in dieser Welt offenbar wird. Unsere Kreativität drückt sich jedoch bei jedem anders und in unterschiedlichem Maß aus, selbst wenn wir mit einer Veranlagung zu einem bestimm- ten Talent geboren sind. Noch wichtiger als Talent ist die Bereitschaft, das zu entdecken, was uns begeistert. Durch das Fördern der eigenen Kreativität wecken wir einen angeborenen Teil in uns auf und bringen ihn zum Ausdruck. Das regt unseren Geist an und das stei- gert Wohlbefinden. Kreativität definieren Bei Kreativität geht es um Ausdrucksformen und darum, neue Dinge zu probieren. Sie umfasst Vor- stellungskraft, Originalität, die Fähigkeit, Dinge infrage zu stellen und auszuprobieren, zu ris- kieren, mit Ideen zu spielen und einen offenen Geist zu bewahren. Der kreative Prozess hierbei ist wichtiger, als das Produkt oder das konkrete © okalinichenko – Fotolia.com Ergebnis. Er hilft dabei, uns weiterzuent wickeln in dem er uns lehrt, wer wir sind, was wir lieben und was wir der Welt geben können. Ruth Richards, Professorin für Psychologie an der Saybrook-Universität (Kali- fornien), sagte einmal: Kreative Betätigung „macht uns wider- standsfähiger, aufmerksamer für 10 | adventisten heute | Oktober 2016
© Rawpixel.com – Fotolia.com I c h bin nic ht kreat iv sein heiß t l eb en den Augenblick und lässt uns gleichzeitig verbun- des letzten Jahrzehnts haben Psychologen zu un- Gemeinsam entwickelt dener mit unserer Umwelt sein.“1 tersuchen begonnen, wie die Kunst genutzt werden man oft die besseren kann, um emotionale Verletzungen zu heilen, die Ideen. Forschungsergebnisse Fähigkeit zur Selbstreflexion zu fördern, Stress zu 2010 veröffentlichte das American Journal of Pub- reduzieren sowie Verhaltens- und Denkmuster zu lic Health (Amerikanisches Journal für öffentliche verändern. Gesundheit) eine Studie über die Zusammenhänge Die Beschäftigung mit kreativen Kunstformen zwischen Kunst, Heilung und öffentlicher Gesund- hilft Menschen dabei, kommunikativer zu werden. heit.2 Forscher werteten über 100 Studien über den Ein größeres Bewusstsein für die Notwendigkeit, Einfluss der Kunst auf die Gesundheit und die Fä- sich selbst auszudrücken, stößt Veränderungen an. higkeit zur Selbstheilung aus. Die Studie schloss Kreativtherapien werden dazu verwendet die dabei die ganze Vielfalt ein – von Musik und emotionale, geistige, körperliche, geistliche und Schreiben, bis hin zu Tanz und Darstellender Kunst. soziale Integration eines Menschen weiterzuentwi- Jede Studie untersuchte über 30 Patienten, die ckeln. Das kann durch Musik, Kunst, Tanz, Bewe- mit einer chronischen Krankheit oder Krebs kämpf- gung und andere kreative Tätigkeiten geschehen. ten. Die Forscher fassten die Vorteile wie folgt zu- Sie helfen dabei, Konflikte zu bewältigen, Verhal- sammen: tensweisen zu ändern, Selbstvertrauen zu stärken, • Kunst gleicht fehlende berufliche Erfüllung aus, die Selbstwahrnehmung und -erkenntnis zu entfal- und zerstreut krankmachende Gedanken. ten und zwischenmenschliche Fähigkeiten zu ent- • Sie verbessert das Wohlbefinden, indem sie nega- wickeln. tive Gefühle verringert und positive steigert. Künstlerischer Ausdruck und unsere Anbetung • Sie führt zu besseren medizinischen Ergebnissen, Gottes können durch alle Werke der Kunst – durch und verringert die Tendenz zu Depressionen. Malen, Zeichnen, Handwerk, Bildhauen, Fotogra- • Sie verringert Stress und Sorgen, steigert positi- fieren, Schreiben und Schauspiel – kultiviert wer- ve Gefühle. den. Bei der Anbetung Gottes durch die Kunst geht • Sie verringert Leiden und negative Gefühle. es darum, etwas zur Ehre Gottes zu schaffen und • Sie begünstigt „Verbesserungen im Gedanken- sich selbst für Gottes Schönheit und Heiligkeit zu fluss und der Spontaneität, das Ausdrücken von öffnen. Kummer, positiver Identität und sozialer Ver Die körperliche Betätigung durch Tanz und Be- netzung.“ wegungen hilft sowohl dem Körper als auch dem Geist, weil dadurch Endorphine (Hormone, die das Kreative Therapieformen Schmerzgefühl lindern und die Stimmung verbes- Während ärztliche Behandlungen und die Psy- sern) ausgeschüttet werden. Sie ist ein heilsames chotherapie nachweislich erfolgreich sind, haben Mittel zur Reduzierung von Stress und Sorgen. Im kreative Therapieformen mehr Erfolg auf anderen Psalm 149,3 lesen wir: „Loben sollen sie seinen Na- Gebieten, als traditionelle Behandlungen. Während men beim Reigen, mit Tamburin und Zither sollen adventisten heute | Oktober 2016 | 11
T he m a d e s M o na ts Vorteile der Kreativität KÖRPERLICH GEISTIG EMOTIONAL SOZIAL GEISTLICH Fördert die Verringert Stress Fördert positive Verbessert Verbindet mit Bewegung und und Sorgen. Gefühle. Beziehungen einer tieferen die fein- und durch Zusammen- Weisheit, als der grobmotorische arbeit. eigenen. Entwicklung. Hilft chronische Fördert die Macht zuweilen Erweitert Fördert die Schmerzen zu Konzentrations- aus Verlust, die sozialen Selbstkenntnis. verringern. fähigkeit. schlechten Beziehungen und Erfahrungen und die Gemeinschaft. Depressionen etwas Positives. Reduziert Hilft bei Problem- Schenkt eine Entwickelt bessere Verbindet mit Bluthochdruck. lösungen und größere Lebens- Kommunikation Gott. der Suche nach zufriedenheit durch Schreiben, anderen Lösungen. Sprechen, Zuhören oder Malen. Fördert Stärkt das Hilft bei der Pflegt und ent unabhängiges Wohlbefinden. Konfliktlösung. wickelt einen Denken. tieferen Sinn der Integrität. Fördert Fantasie hilft, Schafft Ausge- Selbstbeherr- neue Ideen wogenheit schung und entstehen zu und Ordnung. Disziplin. lassen. sie ihm spielen!“ (EB) Der Tanz bietet die Möglich- anzuregen. Im Austausch mit anderen, die ähnliche keit, durch den Gebrauch von Musik, Worten und künstlerische Leidenschaften teilen, erfährst du, Bewegungen eine Geschichte zu erzählen. was andere denken und tun, was wiederum deine Ausdrucksstarkes Schreiben kann die Regulie- eigene Kreativität entfachen wird. rung von Schmerz und Depression verbessern. Sei- Das neu entstehende Feld der Ökotherapie bestä- ne eigene Stimme durch das Schreiben zu finden, tigt, dass der Aufenthalt in der Natur die Stimmung eröffnet eine Möglichkeit, sich selbst auszudrü- in Schwung bringen kann, das Stresshormon Corti- cken, die über Alltagsgespräche hinausgeht. Der sol reduziert, Zuversicht und innere Ruhe schenkt Psychologe James Pennebaker schrieb: „Es besteht und die Kreativität steigert. Nimm Gegenstände aus wenig Zweifel daran, dass Schreiben positive ko- der Natur mit nach Hause, die dir als Andenken an gnitive Auswirkungen hat, und die Untersuchung die Gefühle der Ruhe und Aufgeschlossenheit die- von Tagebüchern weist darauf hin, dass das Schrei- nen, die dein Aufenthalt dort geschenkt hat. ben über erschütternde Erfahrungen zur anhalten- Wenn es bereits viele Jahre her ist, dass du ei- den Verbesserung der Stimmung und Gesundheit nen Stift, einen Pinsel oder ein Musikinstrument führt.“3 zur Hand genommen hast, versuche dich neuen kreativen Reizen auszusetzen, um dein Denken Wege, kreativ zu sein dafür zu öffnen. Unternehme Spaziergänge in der Kreativität, Fantasie und Eingebungen kommen uns Natur, höre Musik, betrachte Gemälde und Fotogra- Julie Guirgis gewöhnlich in Momenten des Spiels. Das Spielen ist fien. Das Ausleben der Kreativität ist angenehm, ist freischaffende für Kinder der natürliche Weg des Selbstausdrucks. herausfordernd und bringt uns tiefere Schichten Autorin und lebt mit Handwerken oder Zeichnen mit Kindern, die eine unseres Wesens näher. ■ ihrer Familie in Sydney, Freude am puren Schaffen spüren, kann auch uns 1 Carlin Flora, „Everyday Creativity“, Psychology Today, 6/2009. Australien. Ihr Artikel dazu inspirieren, Kreativität als etwas Spaß und 2 Heather L. Stuckey/ Jeremy Nobel, „The Connection Between Art, Healing, erschien ursprünglich Freude Spendendes zu sehen. and Public Health: A Review of Current Literature“, in American Journal of Public Health, 2/2010, S. 254–263. im Adventist Review Sich einer Gruppe mit gleichgesinnten Kreativen 3 James Pennebaker, „Writing About Emotional Experiences as a Therapeutic 1/2016. anzuschließen, kann ebenfalls helfen, die Fantasie Process“, Psychological Science, 3/1997, S. 162–166. 12 | adventisten heute | Oktober 2016
I c h bin nic ht kreat iv sein heiß t l eb en Am Anfang war die Kreativität Freiheit statt Knechtschaft D er Schöpfungsbericht erzählt von der Er- Zusammenhänge, die jeweils mitgedacht und in der schaffung der Welt und des Menschen. Hier mündlichen Überlieferung besprochen wurden.4 lesen wir, dass Gott alles durch sein Wort Folgt man dieser Überlegung, die neuerdings durch schuf. Den Menschen machte Gott, männlich und Wissenschaft und neue Formen der Therapie zu- weiblich, „zu seinem Bilde“ (1 Mo 1,27).1 Diese sätzliche Bestätigung erfährt,5 so ist jener Mensch Ähnlichkeit drückt sich nicht allein darin aus, dass gesund und heil, der seine Kreativität auslebt. der Mensch sprachfähig ist und so durch das Wort Das entsprechende Wort für „krank“ (hebr. schaffen kann – sie ist grundlegender. In vielen chol), kann auch mit „gewöhnlich“ oder „ge- Sprachen, wie z. B. dem Englischen, ist die Schöp- mein“ übersetzt werden. Der Mensch, der sich fung der Welt (engl. creation) mit dem künstleri- dem Gewöhnlichen und der Routine hingibt, schen Schaffen (creativity) verknüpft. So war es von der sich der Norm und Normalität anpasst und Gott vorgesehen und „es war sehr gut“ (1 Mo 1,31). dadurch seinen göttlichen Ursprung verleug- © okalinichenko – Fotolia.com Der Mensch ist demnach aus Kreativität heraus zur net, wird krank. Das wissen nicht nur die Kreativität hin entstanden. Sein Auftrag war es, Deutsche Rentenversicherung und die das Erschaffene zu bewahren und selber zu erschaf- Krankenkassen, die jährlich unzäh- fen („seid fruchtbar und mehret euch“). Ausdruck lige Reha-Maßnahmen genehmigen.6 der ultimativen „Kreativität“ des Menschen war es, Die Seele spürt instinktiv: Das Banale, selbst neues Leben hervorzubringen. das Langweilige, das Graue, der Zwang machen krank. Der heile Mensch steht Kreativität ist Leben im Zeichen des Schöpferischen. Damit gehört Kreativität grundsätzlich zum Le- ben, ja sie identisch mit Leben. Im Umkehrschluss Kreative Adventisten? bedeutet das auch, dass der Verlust des kreativen Gegenwärtig lässt sich ein kulturel- Paradieses mit Tod und Sterben zu tun hat – wie les Erwachen („creative turn“) in die Geschichte des Sündenfalls zu berichten weiß. der Gesellschaft beobachten. Welche Dort, wo der Mensch diesen Ursprung vergisst und Räume bietet unsere Freikirche krea- im Widerspruch zu seiner Bestimmung lebt, tötet tiven Prozessen, jenseits der Kinders- er eine entscheidende Seite in ihm. Er tauscht abbatschule? Institutionen sind notwendig, neigen seine Freiheit gegen Zwänge und Knechtschaft. aber zur „Gleichmachung“ und zur Ausschaltung Der Ausspruch „im Schweiße deines Angesichtes“ der Kreativität. Sie benötigen daher immer wieder (1 Mo 3,19) bis hin zur Selbstausbeutung gilt auch kreativer, geist-geleiteter Korrekturen. Es geht um – und vielleicht besonders hier – für das produktive Leib und Seele. Der Leib ohne die Seele ist tot. Die Individuum der Industrie- und Informationsgesell- Seele ohne den Leib ist ein Gespenst, ohne Zugriff schaft, mit seinem Ideal des schaffenden Menschen2 auf die Wirklichkeit. Ich träume von einer Gemein- und den Auswüchsen zum Arbeitstier. de, die den Mut hat, tiefen Glauben mit künstleri- Erschöpfung hat die Schöpfung längst abgelöst. schem Wagemut und Kreativität zu verbinden. ■ Anders als in der Sprache der Bibel. Daniel Wildemann 1 Bibelübersetzung nach Luther (1984). seit September 2015 in Schöpferisch gesund 2 Lat. homo faber. 3 Bekannt als Masoretischer Text. der Redaktion des Advent- Das Wort für „schaffen“ (hebr. bara) kann als „ge- 4 Im Übrigen ein schöpferischer Akt; dem an sich „toten Buchstaben“ wurde Verlags, Lüneburg, mit so durch den Geist des Lesers der Lebensodem eingehaucht. Die Bibel spricht sund“ (hebr. bria) gelesen werden. Die althebräi- demnach nicht „für sich“, sondern bedarf immer wieder neu der Interpretati- dem Schwerpunkt Buch- sche Bibel besteht nur aus Konsonanten, die Vokale on und muss so zum Leben erweckt werden: „Denn der Buchstabe tötet, aber lektorat. Zuvor Pastor in der Geist macht lebendig.“ (2 Kor 3,6) wurden für den gottesdienstlichen Vortrag erst seit 5 Vgl. den vorigen Beitrag von Julie Guirgis. Pforzheim und Freiburg. dem 8. Jahrhundert fixiert.3 Die Bibelleser davor 6 Im Jahr 2012 waren es 1,1 Mio. und damit 25 Prozent mehr als 2005. Mit Paola verheiratet, stol- Spiegel Online: „Immer mehr Erwerbstätige brauchen eine Reha“, 23.07.2013. mussten die Vokale jeweils selbst setzen. Es erga- (www.spiegel.de/karriere/berufsleben/immer-mehr-arbeitnehmer-brauchen- zer Vater von Giulia. Er ben sich unterschiedliche Bedeutungsnuancen und eine-reha-a-912663.html) begeistert sich für Kunst. adventisten heute | Oktober 2016 | 13
T he m a d e s M o na ts Werte kreativ und authentisch gestalten Kunst in der Plantage (Bremen-Findorff) W ir sind eine kleine Gemeinde mit einer großen Adresse: Plantage 22 (in Bremen). Hier soll etwas wachsen. Hier sollen sich Menschen mit unterschiedlichen Anlagen entwi- ckeln, die ihren Platz im Leben finden. In der Freiheit, die die Gemeinde jedem Mitglied und jedem Gast zugesteht, konnte sich seit 2003 eine Künstlergruppe etablieren. Neben originellen Gottesdienstformen sind Kunstausstellungen in- zwischen ein herausragender Bestandteil unserer Gemeindearbeit. Elf Ausstellungen hat unsere Adventgemein- de Bremen-Findorff inzwischen veranstaltet, mit jeweils etwa 50 Exponaten, einem begleitenden Ausstellungskatalog, Abendveranstaltungen und besonderen Gottesdiensten. Einige unserer Ausstellungstitel: „Pater Noster“, „Selig ist anders“, „Unterwegs“, „Gerechtigkeit“, „Fischer, Fischer, wie tief ist das Wasser“, „Genesis“. Die Ausstellungen dauern drei bis vier Wochen und finden großes Interesse bei unseren Freunden, Bekannten und Künstlerkollegen, zum Teil in den umliegenden Gemeinden und inzwischen auch im Stadtteil. Unsere Künstlergruppe hat etwa zehn Mitglie- der, sie trifft sich einmal monatlich zum Diskutie- ren und Planen. Gearbeitet wird zuhause, wo wir im Schaffensprozess unsere Reflexion über wesent- liche Themen bildhaft wiedergeben. Dabei geht es nicht um die Bebilderung biblischer oder religiö- ser Zusammenhänge. Es geht um das Neudenken dieser Inhalte mit allen Implikationen unserer Zeit; wir wollen und dürfen allgemeine und spiri- tuelle Themen für uns authentisch und relevant gestalten. Dabei werden wir uns unserer Traditionen be- wusst, wir verstehen unsere Herkunft, gestalten aber unsere Werte kreativ neu, sodass sie zu den unsrigen werden. Das Schöne an der Arbeit mit darstellender Kunst ist, dass wir beim Diskutieren und Gestalten auch © Künstlergruppe Plantage uns selbst auf die Spur kommen, dass wir unsere eigenen Bedürfnisse, unsere Ängste und Visionen „Mit dem Kopf durch die Wand“: entdecken. Wir dürfen fragen, zweifeln, suchen, Skulptur aus Holz und Marmor von Heinz Ottschoffsky. unseren Standpunkt finden und dementsprechend ausstellen. 14 | adventisten heute | Oktober 2016
I c h bin nic ht kreat iv sein heiß t l eb en Was wir in diesen Jahren über Kreativität erfahren • Kreativität braucht Neugier. haben: Kreativität ist die Sprache Gottes in das Chaos • Kreativität braucht Freiheit. und in die Leere hinein, ein Vermächtnis des 1 Die Kunstausstel- • Kreativität braucht Hingabe. Schöpfers an die Menschen. Somit ist kreatives lungen finden regel • Kreativität braucht Wahrhaftigkeit. Denken und Handeln ein wesentlicher Baustein für mäßig guten Zuspruch. • Kreativität braucht Ruhe und Rückzug. die Gemeinde und ihre gesellschaftsrelevante Ent- 2 Heinz Ottschoffsky • Kreativität braucht Anerkennung und Wertschät- wicklung. bei der Arbeit. zung. Künstlergruppe Plantage 3–6 Einblicke in das • Kreativität verbindet Menschen. in der Adventgemeinde Bremen-Findorff Atelier des Künstlers • Kreativität braucht Schutz vor Übergriffen. www.kuenstlergruppe-plantage.de Heinz Ottschoffsky. 1 2 3 4 © alle Fotos: Künstlergruppe Plantage 5 6 adventisten heute | Oktober 2016 | 15
T he m a d e s M o na ts App-seits von © Patrick Meider – Fotolia.com Pokémon Go gezogene April immer ganz schnell von seiner Wet- termutti aus dem Juli abgeholt wurde. Trockene Hitze, keine monsunartigen Überschwemmungen. Viel Capri-Eis! Man musste uns nicht überlisten, mal nach draußen zu gehen. Fahrradtouren, Hüt- ten bauen im Wald, auf Kirschbäumen sitzen, statt bei McDonalds, auf sandigen Bolzplätzen spielen, Tischtennis unter der großen Birke, die inzwi- schen gefällt ist, Hippie-Nachbarn am Lagerfeuer beobachten – im hohen Gras versteckt, als sie Gras rauchten. Es gab genug Gründe, gemeinsam drau- ßen zu sein. Pokémon, das hätte für uns irgend- wie nach Windpocken geklungen oder nach einer Mohnsorte, die schlecht schmeckt. Smartphones und Apps gab‘s ja noch nicht, sondern noch viele Wählscheibentelefone. Aber Schluss jetzt mit der Kindheitsschwelgerei. Es geht ja um die tiefere Dimension von Pokémon Go, die ich erfassen möchte. Okay, ich habe nachge- dacht. Kleine virtuelle Monster finden und fangen! © peter verreussel – Fotolia.com Worin liegt der Reiz, das Suchtpotenzial? Vielleicht einfach darin, dass die großen Monster einfach zu groß sind: Umweltzerstörung, Kriege, Terror, Kor- ruption, Armut, Klimawandel. Sind die kleinen Monster nur das Übungsfeld im Kampf gegen das Böse? Hat man sie gefangen, dann kann man es, gestärkt, mit den großen Monstern aufnehmen. E Einfach mal raus an die in Pokémon-Go-Spieler hat tatsächlich 145 Nur die passende App – die muss noch entwickelt frische Luft … Länder bereist, um die kleinen virtuellen werden. Ich denke aber, dass sie nur „App-seits“ Monster zu fangen. Muss stimmen, stand ja von unseren Ideen, Plänen und Rettungsfantasien in der Zeitung. In Deutschland haben rund sieben zu finden ist. Millionen Menschen die Pokémon-App herunter- In der Apokalypse, dem letzten Buch der Bibel, geladen. Das Meinungsforschungsinstitut YouGov werden große Mächte in Gestalt von Raubtieren fand heraus, dass 40 Prozent der Nutzer zwischen beschrieben. Der Sieger über diese Mächte wird 18 und 24 Jahre alt, aber mehr als ein Drittel (35 ebenfalls als ein seltsames Tiersymbol gezeigt: Prozent) schon über 35 Jahre alt sind. Es gibt – ein Lamm, dass wie geschlachtet aussieht und auf neben Kritikern – auch viele Stimmen, die Poké- dem Thron sitzt (Offb 5,6). Ein paradoxes Bild, das mon Go preisen: Es verbinde ganz unterschiedliche haften bleibt, das herausfordert: Nur Jesus, dieses Menschen und bringe die Leute dazu an die frische Lamm, das in den Augen vieler als „totgesagt“ gilt, Luft zu gehen, die eigene Stadt zu erkunden. Ist hat die Schlüssel zum Verständnis dafür, worauf es Burkhard Mayer doch toll und gesund! Auch Kindheitserinnerungen wirklich ankommt, was Zukunft hat – und zeigt Pastor in Bad Schwartau spielen durchaus eine Rolle. uns, dass die großen Monster Hass, Gewalt und Be- bei Lübeck und Koordi- Ach ja, die Kindheit, die eigene. Erinnerungen trug zugrunde gehen werden. Der große Drache Sa- nator für Begegnungs- tauchen auf – unverpixelt. Wir sind damals, in den tan schnaubt und lamm-mentiert aus gutem Grund: tage in den norddeut- 1970ern, oft freiwillig draußen gewesen – damals, Die Monster müssen weichen. Jesus Christus, unser schen Adventgemeinden. als ein Sommer noch ein Sommer war und der un- Befreier und Meister, lebt und kommt. 16 | adventisten heute | Oktober 2016
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